1848 / 65 p. 5 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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ablenden sie gar nicht oder in geringerem Betrage zu zahlen 28 mit . bis zu 5090 Rthlrn. bestraft; es ken zugleich auf zeitige Untersagung des Rechtes, öffentliche Aemter zu beflei⸗

den, erkannt werden.“ 8

Es ist dadurch ein wissenschaftlicher Begriff gebildet worden.

Justiz Minister von Savigny: Da die Abtheilung hier blos eine Berücksichtigung der Fassung wünscht, so ist dagegen nichts ein⸗ zuwenden; übrigens kann ich mich nicht überzeugen, daß in dem Aus⸗ druck: „Vorsätzlich Abgaben erheben, welche der Entrichtende nicht zu leisten hatte /, irgend ein Zweifel liegen kann.

Marschall: 5. 392.

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (liest vor):

„§. 392.

Die Amts- Entsetzung oder Cassation nebst einer Geldbuße von funfzig bis zu eintausend Thalern soll eintreten, wenn ein Beamter, welcher Steuern, Gebühren oder andere Abgaben für eine öffentliche Kasse zu erheben hat, hierbei Abgaben, welche der Entrichtende ent⸗ weder gar nicht oder nur in geringerem Betrage zu leisten hatte, er⸗ hebt und das rechtswidrig Erhobene ganz oder zum Theil vorsätzlich in Einnahme zu stellen unterläßt.“

Die Abtheilung hat nichts erinnert.

Abgeordn. Gießler: Da die Steuer-Erheber, beispielsweise auf dem Lande, nach den von den Regierungen festgestellten Klassen⸗= Grund? und Gewerbesteuer-Erhebungsregistern einnehmen müssen und deshalb dasjenige, was sie vorsätzlich zu viel erheben würden, nicht in Einnahme stellen können, und da in anderen Fällen das zu viel Erhobene auch dann, wenn es in Einnahme gestellt werden könnte, immer eine unrechtmäßig erhobene Abgabe :c. bleiben würde, so trage ich darauf an, die letzten Worte des Paragraphen „und das rechtswidrig Erhobene ganz oder zum Theil vorsäßlich in Einnahme zu stellen unterläßt“, zu streichen.

Regierungs- Kommissar Bischoff: Ich würde Bedenken tragen, den erwähnten Zusatz fortzulassen. Das Verbrecherische liegt gerade darin, daß der Beamte das Erhobene in Einnahme zu stellen unter läßt, daß er es also für sich selbst behält. Wenn er das nicht thut, so ist nicht der Fall des S. 293 vorhanden, sondern alsdann hat er nur im öffentlichen Dienst erzedirt und sich einer Handlung schuldig gemacht, welche im Disziplinarwege gerügt werden kann.

Marschall: Es fragt sich, ob der gemachte Antrag die erfor⸗ derliche Unterstützung findet.

(Wird nicht unterstützt.) Er hat sie nicht gefunden. 5. 393. Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor): .

Mit gleicher Strafe (8§. 392) sind die Beamten zu belegen, welche bei amtlichen Ausgaben an Geld oder Naturalien den Empfãän gern vorsätzlich rechtswidrige Abzüge machen und die Ausgaben als vollständig geleistet in Rechnung bringen.“

Das Gutachten der Abtheilung lautet:

„Zu §. 393

hat sich nichts zu erinnern gefunden.“

Marschall: F. 394.

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (liest vor):

„§. 394.

Ein Beamter, welcher Geld oder andere Sachen, die er in amt— licher Eigenschast empfangen hat, unterschlägt, soll mit Cassation und mit Straͤfarbeit bis zu fünf Jahren belegt werden.

Die Absicht, das Unterschlagene wieder zu erstatten, soll die An⸗ wendung dieser Strafe nicht ausschließen.

Findet man das Geld oder die Sachen, welche ein Beamter in amtlicher Eigenschaft empfangen hat, und die noch in seiner Gewahr—

sam besindlich sein sollten, bei ihm nicht vor, so wird augenommen, daß er dieselben unterschlagen habe, es fei denn, daß diese Annahme durch die Umstände widerlegt werde,“

Das Gutachten der Abtheilung lantet:

„Zu 5§. 394.

Es ward darauf angetragen, das letzte Alinea desselben zu strei⸗ chen, indem dasselbe eine nicht zu rechtfertigende praesumtio doli enthalte; ob das Vergehen verübt oder nicht, habe in jedem einzel nen Falle der Richter zu erwägen, in allen Fällen, in welchen der Beweis nicht geführt, sei auch eine Strafe nicht gerechtfertigt. Ver= muthungen der Schuld seien niemals statthaft, am wenigsten die Stelle für sie im materiellen Strafrecht. Wenn auch andererseits die Be⸗ stimmung vertheidigt ward, weil sie von Zweckmäßigkeit, ja von Un⸗ entbehrlichkeit für die Verwaltung, so hat die Abtheilung mit 8 gegen 7 Stimmen beschlossen,

Ten Wegfall des Alinea in Vorschlag zu bringen.“

Die AÄbtheilung ist der Ansicht gewesen, daß Zweckmäßigkeits⸗ gründe der Verwaltung niemals im Stande seien, eine solche prae— vumtio doli zu rechtfertigen, sondern daß es in jedem einzelnen Falle bewiesen werden müsse, ob Schuld vorhanden gewesen sei oder nicht.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Von den Central Verwaltun⸗ gen, welche mit Kassenbeamten zu thun haben, wird Werth auf die Beibehaltung dieser Bestimmung gelegt. Es muß anerkannt werden, daß sie mehr in den Prozeß, als in das materielle Recht gehört, so wie, daß sie gegenwärtig nicht bestehenden Rechtens ist. Indessen hat das bestehende Gesetz zu Uebelständen Anlaß gegeben; es ist häufig der Fall vorgekommen, daß Kassenbeamte, wenn sie Defekte begangen hatten, die Ausrede machten, es sei bei ihnen eingebrochen und Jestoh— len worden, oder der Bote, den sie mit dem Gelde auf die Post ge⸗ schickt, hahe das Geld verloren u. dgl. m. Hat, man nun keinen Anhalt im Gesetze, so muß den Angeschuldigten nachgewiesen werden, daß das, was sie anführen, unrichtig sei, was nicht selten unbegrün⸗= deterweise die Straflosigkeit herbeiführt. Es ist deshalb im §. 394 gesagt worden, daß, wenn das Geld oder die Sachen sich nicht mehr vorfinden, angenommen werden solle, daß die Unterschlagung stattge⸗ funden habe. Indessen ist, um jede Härte zu vermeiden, hinzugefügt worden, daß, wenn nach den Umständen sich als wahrscheinlich ergiebt daß eine Unterschlagung nicht anzunehmen sei, aledann das e bre⸗ chen auch nicht präsumirt werden solle. Mit Rückscht auf das Tem⸗ perament, welches hiernach am Schlusse des Paragraphen aufgestellt . dürfte vielleicht kein Bedenken entgegenstehen es dabei zu be— lassen.

, Justiz-Minister von Savigny: Ich muß den Gründen, die der Herr Regierungs⸗Kommissar vorgebracht hat, vollständig beilreten und erinnerc' noch daran, daß allerdings dieses Verbrechen eine sehr eigenthümliche Natur hat. Worin besteht die Handlung der Unter= schlagung von Seiten eines Beamten? Sie besteht darin, daß er Gelb' aus einer öffentlichen Kasse wegnimmt und es in seine Kasse legt oder es verschwendet oder sonst ausgiebt; diese Handlung ist die eigentliche Umnterschlagung. Ich frage aber, ob er zu dieser Handlung Zeugen zuziehen wird? Gewiß nicht; es ist also ihrer Natur nach diese Handlung des unmittelbaren Beweises fast gar nicht empfäng= lich. Außer dem Falle aber, der bereits angeführt worden ist, daß ein Kassen⸗Beamter es ist das ein sehr gewöhnlicher Fall sich darauf beruft, er sei bestohlen worden, kommt auch ein anderer Fall oft vor, daß er überhaupt gar keine Thatsachen angeben kann; er be behauptet auch nicht, daß er bestohlen sei, man findet nur das Geld bel ihm nicht vor, und er kann sich darüber nicht ausweisen. Wenn

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.

nun in einem solchen Falle der Paragraph annimmt, daß die Sache so angesehen werden solle, als wäre die Unterschlagung konstatirt, so ist diefes, wie ich glaube, der Natur des hier vorliegenden Verbre⸗= chens sehr angemessen. Da ferner daneben der Zusatz gestellt ist, daß eine mistere Behandlung der Sache aus besonderen Gründen eintre- ten kann, unter welche der Umstand gehört, wenn man es mit einem völlig unbescholtenen und bisher in der größten Achtung stehenden Manne zu thun hat, so glaube ich, daß man mit dieser Milderung den Paragraphen nicht nur zulassen kann, sondern daß er auch kaum entbehrlich ist.

Korreferent Abgeordn. Naumann: Es ist wohl nicht zu ver⸗ kennen, daß im administrativen Interesse eine solche Präsumtion et⸗ was ganz Gutes ist; es wird in sehr vielen Fällen ein Beamter, von dem man die Ueberzeugung hat, er sei ein Verbrecher, leichter zur Bestrafung gezogen werden können; aber ich glaube, aus diesen Nütz⸗ sichkeitsgründen kann man doch eine solche Präsumtion nicht in das Gesetz hineinbringen. Allerdings wird, wie ich eben erwähnt habe, es leichter sein, eine strafbare Unterschlagung an dem Verbrecher zu bestrafen, aber auf der anderen Seite giebt die Präsumtion dazu Veranlassung, daß Personen, welche nicht unterschlagen haben, den⸗ noch zur Strafe gezogen werden können. Ich weiß nicht, ob bei Kassen⸗ Verbrechen der Fall oft vorgekommen ist, daß, wenn derglei⸗ chen Ausflüchte, wie von dem Herrn Minister angeführt worden sind, von Beamten geltend gemacht wurden, diese dennoch nicht zur Strafe gezogen worden seien. Allerdings ist es eine ganz gewöhnliche Aus⸗ flucht der Kassen⸗Beamten, daß sie bestohlen worden seien, aber es wird doch dann Sache des Kassen-Beamten sein, das Faktum, wor auf er die Ausflucht gründet, zu erweisen, und geht aus den Umstän⸗ den nicht hervor, daß dies ausreichend geschehen sei, dann bleibt al⸗ lerdings die Präsunition gegen ihn, daß er das Geld unterschla⸗ gen hat.

Wenn erwiesen wird, der Beamte habe das Geld empfangen, so wird nicht anzunehmen sein, daß das Geld durch Zufall oder durch Ver⸗ brechen verloren gegangen sei. Die Folge, davon ist, daß er es haben muß. Hat er es nicht, und sind nicht Gründe vorhanden, wonach zu schlleßen wäre, daß das Geld ohne Schuld des Beamten verloren gegangen ist, so liegt ja auf der Hand, daß ihm die Schuld beigemessen werden muß, daß er das Geld in seinem Nutzen verwen⸗ det hat. Dieser Schluß ist ein so nothwendiger, daß er in dem Gesetz nicht durch eine gefährliche Präsumtion ausgesprochen werden darf. Ich bin der Meinung, daß dies den Antrag der Abtheilung vollständig motivire.

Justiz-Minister von Savigny: Der Herr Korreferent hat be— merkt, es sei Sache des Kassenbeamten, zu beweisen, was aus dem Gelde geworden sei, und wenn er das nicht beweisen könne, so existire eine Präsumtion gegen ihn. Mehr will auch der Ent⸗ wurf nicht.

(Abstimmung wird verlangt.)

Abgeordn. Dittrich: Die Kassenbeamten sind ohnedies in einer bedauernswerthen Lage, weil sie ein gewisses Mißtrauen im Allge⸗ meinen gegen sich haben. Stellt man dieses nun noch im Gesetze fest, so sind sie noch schlimmer daran. Außerdem hat der Herr Korreferent schon angeführt, was gegen die Präsumtion zu sagen ist; wenn aber weiter behauptet worden, daß die Handlung des Weg nehmens schon Unterschlagung sei, so kann ich das nicht anerkennen. Die Handlung des Wegnehmens muß keinesweges nothwendig in böser Absicht geschehen sein, es kann der Beamte zufällig das Geld anderwärts hingelegt haben; es kann dasselbe nicht in der Kasse sein. Darin aber ist noch keine Unterschlagung enthalten.

Abgeordn. Sperling: Ich kann mich ebenfalls nicht mit dem Geiste einverstanden erklären, welcher den 8. 394 diktirt hat. Fehlt in der Kasse, welche der Beamte verwaltet, Geld, so würde er nach bekannten Disziplinargesetzen, wenn nicht anders, wegen Nachlässigkeit Bestrafung und nach Umständen Dienstentsetzung erfahren. Aber damit will man noch nicht zufrieden sein und deshalb zur Präsum⸗ tion der Unterschlagung greifen. Beim Diebe hat man schon davon abgesehen, ob er die Absicht des Gewinnes habe, das aber noch für nothwendig gehalten, daß er die gestohlene Sache im Besitze habe. Bei dem Kassenbeamten will man viel weiter gehen. Ihn will man härter behandeln, als den Dieb, indem man die Bestimmung trifft, daß, sobald Geld feble, die Präsumtion eintreten soll, daß er, der Beamte, es in Besitz genommen habe. Ich halte den Antrag der Abtheilung für vollkommen gerechtfertigt.

Der Ruf nach Abstimmung wiederholt sich.)

Abgeordn. Steinbeck: Die Präsumtion, um die es sich handelt, kann eine doppelte sein, die Praͤsumtion einer Culpa oder die eines Dolus. Wenn die Präsumtion einer Culpa gemeint wäre, so könnte man dies nicht mit der Präsumtion des „Unterschlagens“ bezeichnen, denn Unterschlagen bezeichnet allemal einen Dolus, und darum geht der Paragraßh zu weit. Wir haben so viele Fälle, wo Kassenbeamte auf die merlwürdigste Weise betrogen und bestohlen worden sind und die Defekte stillschweigend ersetzten, weil sie fehlten und weil sie fürch⸗ teten, ihre Unschuld nicht beweisen zu können. Ich erinnere an die Kriminal- Untersuchungen vor längeren Jahren gegen eine Diebsbande am Rheine, welche vorzugsweise Kassen beraubte. Man wurde das Prin⸗ zip verletzen, wenn, man die Präsumtion eines Dolus hier eintreten lassen wollte. Die Präsumtion der Culpa aber würde, wenn der Richter sie unter Umständen eintreten lassen wollte, nie die harte Bestrafung wie die des Dolus nach sich ziehen, und darum trete ich der Abtheilung bei.

Maärschall: Wir können abstimmen. Soll auf Wegfall des letzten Alinea im §. werden?

Die dafür sind, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Ein großer Theil der Versammlung erhebt sich.)

Die Majorität hat sich dafür ausgesprochen.

§. 3951

Referent Abgeordn. Frhr. ö. Mylius lliest vor):

59.5.

Die Frage heißt: 3h04 angetragen

ö auf eine Unterschlagung (5. 394) die zur Eintragung oder Kontrolle der Einnahmen oder Ausgaben bestimmten Rechnungen, Register oder Bücher unrichtig geführt, verfälscht oder unterdrückt, oder sind unrichtige Abschlüsse oder Auszüge aus diesen Rechnungen, Registern oder Büchern, oder unrichtige Beläge zu den selben vorgelegt, oder ist auf den Fässern, Beuteln oder Paketen der Geldinhalt fälschlich bezeichnet, oder sind dabei andere Fälschungen

Sind in Beziehung

begangen worden, so soll auf Cassation und auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden.“

Bas Gutachten lautet:

„Zu §. 396.

Der Paragraph gab zu keinen Bedenken Veranlassung.“

Marschall: 5. 396. ̃

Referent Abgeordn. Frhr. an, ,. lliest vor):

„S§. 396.

Post⸗Beamte, welche die der Post, anvertrauten Briefe oder Pakete rechtswidrig eröffnen, oder dergleichen Briefe oder Pakete, welche feinen Geldwerth haben, unterschlagen, sollen ihres Amtes entsetzt und mit Gefängniß oder Strafarbeit bis zu zwei Jahren be— straft werden.“

Das Gutachten lautet:

. „Zu 5§. 396.

Es hatte eine Diekussion darüber statt, ob das Wort „rechts- widrig“ nicht besser wegzulassen, indem durch Beibehaltung desselben es den Anschein gewinnen könne, als sei den einzelnen Post⸗Beam— ten unter gewissen Umständen auch das Recht gegeben, Briefe zu er⸗ öffnen. ö Andererseits ward erläutert, daß allerdings ein solches Recht wenn auch nicht jeder einzelnen Post-Behörde, doch der Post⸗ Ver waltung, 3. B. für die Fälle der als unbestellbar zurückgekommenen Briefe, einzuräumen und die Ausübung desselben an gesetzliche For⸗ men zu knüpfen sei, wie dies durch die Gesetzgebung wirklich ge— schehen. .

Demgemãß ward ein Antrag gestellt, statt des Wortes „rechts- widrig“ die Worte: „In anderen als in dem Gesetz angegebenen Fällen“ zur Aufnahme in Vorschlag zu bringen.

Die Abtheilung ist diesem Antrage mit 14 gegen 1 Stimme beigetreten.“

Regierungs- Kommissar Bischoff: Der würde in diesem Falle wohl zu eng sein; die Vorschriften, die in dieser Beziehung erlassen werden, finden sich in Reglements und In— structionen. Es dürfte statt: „in anderen als im Gesetze angege⸗ benen Fällen“, „in anderen als in Amts-Vorschriften erwähnten Fällen“ heißen müssen.

Abgeordn. von Auerswald: Ich kann diese Ansicht nicht theilen, denn gerade das, was die Abtheilung beabsichtigt, würde dadurch wieder vereitelt werden. Es handelt sich hier um das? ostgeheimniß, ein Geheimniß, welches nach der Meinung des Volkes, wie ich ganz offen aussprechen muß, viele Jahre hindurch in unserem Staate, bei vollem Rechtsschutze in allen anderen Verhältnissen, Verletzung erlitten haben soll. Bei einer solch verbreiteten Meinung darüber, welche am letzten Landtage zu einer Erklärung des Herrn Tandtags-Kommissars Ver anlassung gegeben hat, die große Beruhigung herbeiführte, wünsche ich, diese Beruhigung nicht aufs neue erschüttert zu sehen, Wenn der Paragraph in dieser Fassung beliebt werden sollte, würde dies erfolgen; denn gerade der Umstand, daß nicht blos Königliche Post beamte aus Neugierde und Frivolität, sondern auch Postbehörden und mit ihnen in Verbindung stehende höhere Polizeibeamte sich veranlaßt gefunden haben sollen, zu polizeilichen, politischen oder anderen Zwecken Briefe eröffnen zu lassen, ist es, was, wie Viele mir in dieser Ver sammlung bezeugen werden, lange hindurch die Gemüther in unserem Lande beunruhigt hat. Denn es giebt kaum etwas Bedenklicheres, Schmerzlicheres und Gefährlicheres, als nicht sicher zu sein, daß das, was man im vollen Vertrauen und unter Siegel hinstellt, zu unbe fugter Kenntniß gebracht und wohl gar entstellt mitgetheilt wird. Daß diese Besorgnisse bestanden haben, ist gegründet, und daß Me nicht erlöschen können, insofern die Bestimmung des Entwurfes stehen bleibt, glaube ich behaupten zu dürfen. Dergleichen Besorgnisse können aber nur wegfallen, wenn die Eröffnung von Briefen nicht anders, als auf Grund bestehender Gesetze, d. h. nur unter denjenigen Umstän den und durch diejenigen Autoritäten erfolgen kann, die das Gesetz bezeichnet. Wenn im Gesetz gesagt wird, daß die Briefe, die unbe⸗ stellbar zurückgekommen sind, nur von den und den bestimmt dafür verantwortlich gemachten Behörden eröffnet werden dürfen, so ist die Sache festgestellt, und Niemand wird etwas dagegen haben. Wenn ferner bestimmt wird, daß andere Briefe, welche aus Gründen des Verdachtes obwaltender Verbrechen zu eröffnen sind, nur auf Antrag

des höchsten Gerichtes oder des gesammten Staats Ministeriums von

Ausdruck „Gesetze“

der Post⸗ Behörde ausgeliefert werden dürfen, so wird Niemand etwas,

dagegen haben. Wenn aber blos in Verwaltungs Reglements und nicht' auf Grund von Gesetzen einzelnen Briefe zu eröffnen, . und en a dadurch für den Augenblick manche Geschäfts⸗-Unannehmlichkeiten ver

mieden werden; aber es wird das Post⸗-Geheimniß wieder blos

wie sie von dem Herrn Kommissar vorgeschlagen 1,

Fassung,

graph selbst besagt. (Ruf nach Abstimmung.)

Marschall: Die Frage heißt:

Soll beantragt werden, statt des Wortes „rechtswidrig“ die Worte aufzunehmen: „in anderen als in dem Gesetz angegebenen Fällen“?

Die Bejahung ist durch Aufstehen zu erkennen zu geben.

(Es erhebt sich beinahe die ganze Versammlung.)

Mit einer Majorität von mehr als zwei Dritteln ist dem beige- treten. 5. 397.

Referent Abgeordn. Frhr. von Molins (iest vor):

.

Gerichtliche Anwalte oder andere öffentlich bestellte Rechtsbei⸗ stände, welche bei den ihnen in amtlicher Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten vorsätzlich zum Nachtheile ihrer Klienten handeln, oder in einem Rechtsstreite dem Gegner einen Rath oder Beistand gewähren, welcher ihren Klienten Nachtheil bringen kann, sollen kas sirt werden. Zugleich ist gegen dieselben auf Strafarbeit bis zu 5 Jahren zu erkennen.“

Das Gutachten lautet:

6

Die Abtheilung hat ohne Widerspruch beschlossen, zu beantragen, daß statt des Satzes: „welcher ihren Klienten Nachtheil bringen kann“, gesagt werde: „von dem sie wissen, daß er ihren Klienten Nachthell büingen kann“ indem sie der Meinung war, daß es zum Begriff der strafbaren Handlung erforderlich sei, es aus zusprechen, daß der Rathgeber gewußt, daß durch den Rath der mögliche Nach theil seines Klienten hätte herbeigeführt werden können, indem ua mentlich nicht jeder gute und gewissenhafte Rath mit Strafe zu belegen.“

Justiz-Minister von Savigny: Gegen diesen Fassungs⸗ Vorschlag ist seitens der Regierung nichts einzuwenden.

Marschall: S. 398. ö.

Referent Abgeordn. Freiherr 3 Mylius (iest vor):

„S. 398.

Amtsvorgesetzte, welche ihre Untergebenen zu einem Amts ver brechen vorsätzlich verleiten, sollen zu der auf, dieses Verbrechen ange⸗ drohten Strafe und, wenn dasselbe nicht mit Cassation bedroht ist, zugleich zur Cassation verurtheilt werden.“

WMarschall: S§. 399.

Referent Abgeordn. Freiherr 33 Myoylius (iest vor): welcher 93 Amtsverbrechen seines Untergebenen ist mit der auf, dieses Verbrechen ange

Dieselbe Bestimmung findet auch auf

drohten Strafe zu belegen. 2 j diejenigen Anwendung, denen eine Aufsicht oder Kontrolle über die

Amtsgeschäfte eines Mitbeamten, übertragen ist, sofern das von diesem Beamten verübte Verbrechen die zu ihrer Aufsicht oder Kontrolle ge⸗ hörenden Geschäfte betrifft.“

Marschall: 8. 100. 6

Referent Abgeordn. Freiherr . Mylius lliest vor):

„S. 1400.

Wenn bei einem Amtsverbrechen ein Mitschuldiger vorkommt, welcher nicht Beamter ist, so soll die auf das Verbrechen im Gesetze angedrohte Freiheitsstrafe oder Geldbuße auch auf den Mitschuldigen

angewendet werden. Zweite Beilag

Ein Vorgesetzter, w wissentlich geschehen läßt,

Behörden die Erlaubniß, ertheilt werden kann und soll, so können allerdings

zgestellt und das Mißtrauen nicht vollständig beseitigt; ich werde daher der

gegentreten müssen, da sie nichts weiter enthält, als was der Para⸗

5 65.

Wenn auf ein Amtsverbrechen die Amtsentsetzung oder Cassation ohne eine andere Strafe angedroht ist, so soll der Mitschuldige, wel⸗ cher nicht Beamter ist, anstatt der Amtsentsetzung oder Cassation zu einer Geldbuße bis zu fünfhundert Thalern oder zu Gefängniß ver⸗ urtheilt werden.“

„Zu §. 398, 399 und 400.

Diese Paragraphen gaben zu keinen materiellen Erinnerungen Veranlassung, nur ward zu 8§. 409 gewünscht, daß statt der Bezeich⸗ nung „vorkommt“ eine andere passendere gewählt werde

JustizMinister von Savigny: Es ist gegen diese Fassungs⸗ Bemerkung nichts einzuwenden, denn es ist richtig, daß der Ausdruck „vorkommt“ nicht passend ist. Was den 8. 101 betrifft, so hat mein Herr Kollege den Wunsch geäußert, daß die Diskussion darüber ausgesetzt werde, da er heute durch amtliche Verpflichtungen abge⸗ halten ist, der Debatte beizuwohnen. Ich wünsche also, daß dieser Paragraph bis zur nächsten Sitzung verschoben werde. Referent Abgeordn. Freiherr von Mylins: Bei §. 402 han⸗ telt es sich um den Begriff der gemeinen Verbrechen, und da ist ter Abtheilung vom Gouvernement eine Mittheilung versprochen werden, die bis jetzt noch nicht erfolgt ist, und es würde daher auch die ser Paragraph auszusetzen sein.

arschall: S. 1403.

Referent Abgeordn. Freiherr von

. „§. C3.

In der Anwendung der Vorschriften über die Cassation und die Amtsentsetzung soll es, sowohl bei Amtsverbrechen als bei gemeinen Verbrechen, keinen Unterschied machen, ob das Verbrechen ein vollen⸗ detes ober ein versuchtes, ingleichen ob der Verbrecher als Urheber oder als Gehülfe zu betrachten ist.“

Abgeordn. Zimmermann: Es widerspricht im Allgemeinen dem Prinzip des Strafrechts, daß man ein versuchtes Verbrechen für ein Lollendetes annimmt. Wir haben eine ganze Reihe von Verbrechen berathen, und wenn man diesen Grundfatz unbedingt auf alle diese Verbrechen ausdehnen wollte, so würde man, wenn nicht auf die einzelnen Verbrechen näher eingegangen wird, in eine große Gefahr gerathen. Es kommt darauf an, wie weit das Verbrechen oder vielmehr der Bersuch desselben gediehen ist, der Versuch läßt sich sehr entfernt und sehr nahe denken. Sollen nun diese Fälle alle unter eine Kategorie fallen? Soll der entfernte Versuch für ein vollendetes Verbrechen gehalten werden? Soll der, welcher es versucht hat, aber aus freiem Antriebe davon zurückgestanden ist, des vollendeten Verbrechens schul⸗ dig sein? Bevor man nicht auf diese einzelnen Verbrechen eingeht, die zum Theil Zuchthausstrafe, also Entehrung für das ganze Leben zur Folge haben, kann ich mich nicht dafür aussprechen, daß man einen Versuch im Allgemeinen für ein vollendetes Verbrechen annimmt und diesem gleich bestraft. Mancher Versuch setzt allerdings einen sol⸗ chen Grad von Bosheit voraus, wie ihn nur das vollendete Verbrechen irgend erfordert, bei anderen Versuchen sind Milderungsgründe voll⸗ kommen denkbar; da aber ein solcher Unterschied hier nicht aufge⸗ stellt ist, so muß ich der hohen Versammlung dringend empfehlen, den Unterschied zwischen Versuch und Vollendung des Verbrechens festzuhalten. ;

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Bei Berathung des generellen Theiles ist die Gränze des Versuches außerordentlich eng gezogen, man ist auf das rheinische Strafrecht zurückgegangen. Nach letzterem wird der Versuch mit gleicher Strafe, wie das vollendete Verbrechen, bedroht, sofern es sich von eigentlichen Verbrechen (crimes) handelt. Da man die Gränze des Verfuches in dieser Art bestimmt und so eng gezogen hat, ernten Versuche im Sinne

Mylius (iest vor):

so kann von einem entf der älteren Gesetzgebung, im Sinne des Allgemeinen Landrechts nicht mehr die Rede sein. Sodann kommt in Betracht, daß man in die⸗ sen Titel nur die allerschwersten Gesetzesübertretungen aufgenommen hat, in Folge deren Begehung ein Beamter das Vertrauen des Staa⸗ fes verlleren muß und nicht mehr im Amte gelassen werden kann, selbst wenn auch ein Zufall den Versuch des Amtsverbrechens nicht zur Vollendung gelangen läßt. Eben so verhält es sich mit den gemeinen Verbrechen. Es ist Grundsatz, daß, wenn ein Beamter sich eines gemeinen Verbrechens schuldig macht, das den Verlust der Eh— renrechte nach sich zieht, er auch seines Amtes verlustig wird. In Anwendung dieses Grundsatzes darf ein Beamter, der sich des Dieb⸗ stahls der Fälschung u. s. w. schuldig macht, nicht länger im Amte bleiben, auch wenn das Verbrechen nicht zur vollen Consummation gekommen . legt schon durch den bloßen Versuch als solchen eine so ehrlose Gesinnung zu Tage, daß er nicht mehr mit öffentlichen Functionen bekleidet bleiben kann.

Marschall: Ein Antrag ist nicht gestellt.

Abgeordn. Zimmermann; Ich habe den Antrag gestellt, den Versuch nach allgemeinen Rechtsregeln, wie bei den übrigen Ver brechen, zu behandeln.

Marschall: Es ist nun zu ermitteln, ob der Vorschlag die er⸗ forderliche Unterstützung findet.

(Es geschieht.)

Er hat sich gefunden.

Regierungs- Kommissar Bischoff: Ich habe zu bemerken, daß das Prinzip des S. 41 durch die hohe Versammlung angenommen wor— den ist. Nach letzterem soll, wenn für das vollendete Verbrechen der Verlust der Ehrenrechte angedroht ist, derselbe auch eintreten im Falle des bloßen Versuches,. Demgemäß enthält der Paragraph nur die Anwendung des allgemeinen Prinzips.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Das allgemeine Prinzip muß natürlich' auch angewendet werden auf die Verbrechen der Beamten.

Referent Abgeordu, Freiberr von Mylius; Ich habe zu bemer- ken, daß nur der Versuch strafbar sein soll, welcher durch einen bloßen Zufall oder durch Umstände nicht zur Ausführung gekommen ist. Wenn also der Beamte Alles gethan hat, um das Verbrechen zu be⸗ gehen, er sich also dem Staate gegenüber in ein Verhältniß gesetzt hal, wo er erklärt, er wolle alles Mögliche thun, um sein Amt zu ; ö ? ; h 13 /. 5 verletzen, da ist die Gleichstellung des Versuches mit dem vollendeten Verbrechen durchaus nothwendig.

Abgeordn. Zimmermann: Indem ich mich dafür ausgesprochen habe, daß es bei dem allgemeinen Grundsatze sein Bewenden haben möchte, habe ich nicht erklärt, daß, wo der Versuch den Ver ust der Ehrenrechte mit sich führt, es bei dem vorliegenden Verbrechen anders gehalten werden solle, sondern eben dafür stimme ich auch. Wo also ein Verbrechen Mangel an ehrliebender Gesinnung mit sich führt und der Versuch an und für sich den Verlust der Ehrenrechte nach sich ziehen soll, da bin ich ganz dafür, daß es auch hier der Fall sei. Es ist nur auffallend, daß, wenn Uebereinstimmung mit dem rheini- schen Rechte herbeigeführt werden soll, bei den Beamten der Anfang gemacht wird.

(Lärm.) Ich hätte es gern gesehen, wenn von dem Herrn Regierungs⸗Kom⸗ missar auch die Gründe aufgeführt worden wären, warum nicht bei allen übrigen Vergehen der Grundsatz durchweg geltend gemacht worden ist. Bevor man über diese Frage ein entscheidendes Votum

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abgeben kann, scheint es mir erforderlich, daß man die Verbrechen näher einsehe, denn darunter ist hier auch der Versuch der Insubor— dination, auch der Versuch der Verletzung der Amtsverschwiegenheit begriffen, auch dieser soll diese Strafe nach sich ziehen. Das sind zwei Fälle, die außerordentlich bedenklich erscheinen; es ist daher sehr wünschenswerth, daß wenigstens auf die einzelnen Fälle zurücge⸗ gangen werde.

3 Regierungs Kommissar Bischoff: Das allgemeine Prinzip findet sich im 5. 41 ausgesprochen. Dort ist hinsichtlich der accessorischen Strafen bestimmt, daß die Strafe auch dann eintreten soll, wenn das Verbrechen nur ein versuchtes ist. Was die Verbrechen im 2bsten Titel betrifft, so würde es schwer fallen, sich einen Versuch der In subordination oder der Verletzung der Amtaverschwiegenheit zu den⸗ ken. Sieht man von diesen Verbrechen ab, so sind die übrigen so schwerer Natur, daß ein Beamter, wenn er sich auch nur des Ver⸗ suchs schuldig macht, unbedingt das Amt verlieren muß.

Abgeordn. Neumann: Dann würde ich doch eventuell den An— trag stellen, daß bei diesen beiden Verbrechen der Versuch anders be⸗ straft werde, da zugegeben werden muß, daß der Versuch wenigstens hier etwas wesentlich Anderes ist, als das vollendete Verbrechen.

Regierungs- Kommissar Bischoff: Es giebt eine Kategorie von Verbrechen, wo ein Versuch nicht denkbar ist, wie Verletzung des amt⸗ lichen Stillschweigens, Insubordination und Ehrverletzung. Bei die⸗ sen Vergehen läßt sich ein Versuch nicht denken.

Marschall: Es fragt sich, ob der Abgeorduete Neumann das, was er angeregt hat, zu einem Gegenstande der Fragestellung ge⸗ macht zu suchen wünscht. ; 3

(Es wird verneint.)

So kommen wir zur Abstimmung über den Vorschlag des Ab⸗ geordneten Zimmermann, welcher dahin ging, den Versuch nach all⸗ gemeinen Prinzipien zu beurtheilen, und die dem beistimmen, würden dies durch Aufstehen zu erkennen geben.

Es erhebt sich keine Majorität.)

Dem Vorschlage ist nicht beigestimmt.

§. 401.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius lliest vor): „§. 404.

Wenn ein entlassener Beamter wegen eines vor oder nach der Entlassung begangenen Verbrechens verurtheilt wird, welches, wenn er während des Amtes verurtheilt worden wäre, den Amts verlust zur Folge gehabt hätte, so soll gegen ihn stets der Verlust des Amts- titels ausgesprochen werden.

Ist das vor der Entlassung begangene Verbrechen von der Art, daß es die Cassation nach sich gezogen hätte, so soll deshalb gegen den entlassenen Beamten, außer dem Verluste des Amtstitels, auch der Verlust der übrigen Ehrenrechte ausgesprochen werden.“

. Marschall; Es liegt im Interesse des schnell zu befördernden Drucks des nächsten Theiles des Gutachtens, daß die Sitzung jetzt geschlossen werde, damit die Abtheilung noch eine kurze Sitzung hal⸗ ten könne. Die nächste Sitzung wird morgen um 10 Uhr statt⸗ finden. ö

(Schluß der Sitzung nach 25 Uhr.)

Uichtamtlicher Theil. nhalt.

Inland. Berlin. Die Haltung Deutschlands Frankreich gegenüber. Beförderungen und Abschieds Bewilligungen in der Armee.

Deutsche Bundesstaaten. Königreich Sachsen. Adresse an den König. Königreich Württemberg. Bürger ⸗Versammlung. Großherzogthüm Baden, Preß⸗Verordnung. Kammer-Sitzung. Verhaftungen. Die Versammlung in Heidelberg. Schreiben aus Frankfurt a. M. (Große Aufregung in Hanau; Deputation an den Kurfürsten.)

Frankreich. Paris. Einweihung der Republit. Bekanntmachung hinsichtlich der Güter der Eivilliste und der Königlichen Privat- Domai= nen. Die Kulte und Aufforderung an die Geistlichkeit. Organisa⸗ tion der beweglichen Nationalgarde. Der öffentliche Verkehr. Flucht Bu Masa's. Vermischtes. Schreiben Bugeaud's und Jerome und Louis Bonaparte's an die provisorische Regierung. Lamartine's Note an die fremden Gesandten und Antwort des päpstlichen Nuntius. Der Gesandte der Vereinigten Stagten. Nachrichten aus den Provinzen. CGirfular des Kriegs-Ministers. Ernennungen. Plünderungen und Verwüstungen. Der Post- und Eisenbahndienst. Die Flucht der Königlichen Familie. Propagandistische Aeußerungen. Die gegen⸗ wärtigen Gewalthaben und Sozialistentlub. Straßburg. Bewaffnung der Studenten. Tagesbefehl an die Truppen. Programm für die Republik ⸗Proklamirung. Tahesbefehl an die Truppen. Schüler- Adresse. Bank und Handelsgerichts⸗Beschlüsse. Schreiben aus Paris. (Berichte von Augenzeugen über die Scenen bei der Abreise des Königs und der Königin; die Wiederanlegung der drei Farben; ruhigere Stimmung; Haltung der Nationalgarde; die Gendarmerie und die Linie; Gerüchte.)

Großbritanien und Irland. London. Ankunft des Herzogs von Nemours, der Prinzessin Clementine und anderer französischer Flücht= linge. Erklärung Lord John Russell's, daß England nicht in Frank- reich interveniren wird. Vermischtes.

Belgien. Brüssel. Ministerielles Rundschreiben an die Provinzial= Gouverneure. Beschlüsse der liberalen Association von Namur und der Alliance. Rüstungen.

Dänemark. Kopenhagen. Kassen. .

Handels- und Börsen⸗Nachrichten.

Annahme preußischer Thaler bei den

Jnl and.

Berlin, 3. März. Nicht auf unbegründete Hoffnung hin ge⸗ schah es, daß wir vor wenigen Tagen den deutschen Fürsten und den deutschen Stämmen zuriefen: Seid einig und durch Einigkeit stark; daß wir, fern von dem Gedanken einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten Frankreichs, doch mahnen durften: die Deutschen mö⸗ gen scharfen Blicks den Bewegungen des Nachbarstaates folgen und zum Kampfe gerüstet sein, um den Frieden zu erhalten.

Einmüthig im Osten und Westen, Süden und Norden Deutsch⸗ lands hat sich die Presse für diesen Weg ausgesprochen: Keine JIn⸗ tervention, aber die Selbstständigkeit Deutschlands über Alles! So sprechen die rheinischen Zeitungen, so die schlesischen, so die süd⸗ deutsche, die deutsche Zeitung, so spricht man in Berlin und überall, von wo uns bis jetzt Kunde zugekommen. Dies ist ein schöner Be⸗ weis, wie gleichartig und lebendig das Nationalgefühl ist.

Wenn! daffelbe aber die Haltung nach außen so richtig auffaßt, so wird uns die Hoffnung zur Hen chr daß es auch die Rückwir= kung der schwergewichtigen Ereignisse jenseits des Rheins auf unser inneres nationales Leben eben so klar auffasse und in gleichem pa— triotischem Sinne behandle.

Der Sinn, in welchem dies von der hohen Bundes⸗Ver⸗ sammlung geschehen, ist der beste Beweis, daß die deutschen Fürsten und die deutschen Stämme in Einigkeit handeln können und wellen. Dann ist aber kein Zweifel, was auch die Zukunft brin⸗ gen mag: „daß Deutschland auf die Stufe gehoben werden wird, die ihm unter den Nationen Europa's gebührt, auf dem Wege der Eintracht, des gesetzlichen Fortschritts und der einheitlichen Ent⸗ wickelung.“

Berlin, 4. März. Nach dem heutigen Militair⸗Wochen⸗ blatte ist dem Oberst 4. D. von Winning, zuletzt im 2ten Dra⸗ goner⸗Regiment, der Charakter als General? Major beigelegt, und der Rittmeister von der Goltz, Adjutant der 1sten Division, zum Präses der Examinations-Kommission für P. Fähnrichs und zum Di⸗ rektor der Divisions-Schule der 1Isten Diviston ernannt worden. Fer⸗ ner ist dem Hauptmann von Kleist, vom 2lsten Infanterie⸗ Regi⸗ ment, und dem Hauptmann von Ulfert, vom 20sten Infanterie⸗ Regiment, als Majors, dem Letzteren mit der Regiments Uniform mit den vorschriftsmäß gen Abzeichen für Verabschiedete, Aussicht auf Civilversorgung und Pension, so wie bei der Landwehr dem Ritt⸗ meister Bräsike, vom 3 Bataillon 1sten Regiments, als Major, und dem Masor von Gärtner, Führer des 2ten Aufgebots vom 2ten Bataillon 12ten Regiments, als Oberst⸗Lieutenant, mit seiner bisherigen Pension der Abschied bewilligt worden.

Deutsche Bundesstaaten.

Königreich Sach sen. Ceipz. Ztg.) Am 1. März wurde in Leipzig von den Stadtverordneten eine Adresse an Se. Majestät den König berathen und einstimmig angenommen, deren Schlußbitte auf Freiheit der Presse im Umkreise des deutschen Bun⸗— des und auf Berufung von Vertretern sämmtlicher deutschen Völker an den Sitz des Bundestages gerichtet war. Der Stadt⸗ rath trat dem Antrage der Stadtverordneten auf Ueberreichung die⸗ ser Adresse bei. Am folgenden Tage Mittags reiste eine Deputa- tion, bestehend aus drei Mitgliedern des Stadtraths und drei Mit- gliedern der Stadtverordneten, jener Ueberreichung wegen nach Dresden ab.

Königreich Württemberg. (Fröf. J) Am 28. Fe⸗ bruar Nachmittags fand in Stuttgart eine Bürger⸗Versammlung statt, in welcher beschlossen wurde, bei der Regierung die vollständige Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Rechte des Volkes zu bean⸗ tragen, und zwar 1) sofortige Einführung der Preßfreiheit, 2) das unverkümmerte Recht der Volksversammlung zur Berathung öffentli⸗ cher Zustände, 3) allgemeine Volksbewaffnung, 5) Umgestaltung des Bundestages mit Vertretung durch das Volk. In der That befinden sich diese Anträge unter der Presse, um in mehreren Tausenden von Exemplaren in das Land zu gehen und in allen Städten berathen und unterzeichnet zu werden. Die Aufregung in allen Gemüthern ist groß und die abenteuerlichsten Gerüchte sind im Umlauf.

Der Präsident der Abgeordneten- Kammer ließ am 28. Februar Abends sämmtliche hier anwesende Mitglieder der Abgeordneten⸗-Kam⸗= mer zu einer vertraulichen Besprechung zusammenkommen. Etwa 60 fanden sich ein, und es wurde der Vorschlag gemacht, von Seiten kei⸗ ner Partei der jetzt nicht versammelten Kammer eine Adresse an die Regierung zu richten, sondern diese Sorge dem ständischen Aueschusse, der bekanntlich in Württemberg permanent ist, zu überlassen und zu übertragen. Die Oppositions Mitglieder erklärten jedoch sämmtlich, sich zwar einer solchen Adresse des Ausschusses, falls ihnen solche kon⸗ venire, anzuschließen, sich dadurch jedoch keinenfalls abhalten zu lassen, eine abgesonderte, rein in ihrem Sinne abgefaßte Adresse an den Königlichen Thron zu richten. Man spricht davon, es solle von der Bürgergesellschaft aus eine allgemeine Versammlung der hiesigen Bürgerschaft zu einer ähnlichen Kundgebung noch im Laufe die ser Woche veranstaltet werden.

Karlsruhe

Großherzogthum Baden. 1. März. (Karlsr. Ztg.) Heute ist die nachstehende Großherzogliche Ver⸗ ordnung über die Presse erschienen: ;

„Leopold, von Gottes Gnaden, Großherzog von Baden, Her⸗ zog von Zähringen. Nach Ansicht des 8. 17 der Verfassungs⸗Ur⸗ kunde, lautend:

„„Die Preßfreiheit wird nach den künftigen Bestimmungen der Bundes- Versammlung gehandhabt““ und in Erwägung, daß die Bundes-Versammlung die im 5. 18 d der Bundes⸗Akte in Aussicht gestellten „gleichförmigen Verfügungen über die Preßfreiheit“ noch nicht vereinbart, vielmehr inzwischen nur pro⸗ visorische Bestimmungen getroffen hat, diese letzteren aber der jetzigen Lage der Dinge nicht mehr entsprechen; 66.

in fernerer Erwägung, daß der endliche Vollzug des S. 18 d der Bundesakte in neuerer Zeit bei der Bundes Versammlung wieder in Verhandlung begriffen und auf Aufhebung der Censur mit Er⸗ lassung von Repressso⸗Gesetzen angetragen ist, die endliche Erledigung dieser? Sache aber ihrer Ratur nach voraussichtlich noch nicht so schnel eintreten kann, als die gegenwärtigen Umstände erfordern;

sehen Wir Uns veranlaßt, provisorisch für das Großherzogthum einige Anordnungen zu treffen und zu verordnen, wie folgt:

Das Preßgesetz vom 28. Dezember 1831 wird wieder in Wirk⸗ samkeit gesetzt.

Hinsichtlich der mittelst der Presse verübten Verbrechen findet das im Jahre 1845 mit Unseren Ständen vereinbarte Strafgesetz= buch Anwendung.

Gegeben zu Karlsruhe in Unserem Staats“ Ministerium, den 1. März 1848.

Leopold.“ Bekl.

Die heutige Sitzung der Abgeordneten „Kammer war eine sehr bewegte. Die Volksmenge, die aus verschiedenen Landestheilen zu= sammengeslrömt war, um bei der Uebergabe ihrer Petitionen an die Kammer zugegen zu sein, erfüllte die Gallerieen und die Eingänge des Saales, Mann an Mann eng gedrängt. Hunderte. die im In⸗ nern nicht mehr Platz finden konnten, hatten sich im Hofe zusammen⸗ geschaart. Der Beginn der Sitzung war auf 12 Uhr angekündigt; allein die Stunde war längst verstrichen und die gespannte Erwar⸗ tung aufs höchste gestiegen, als endlich der Präsident seinen Stuhl einnahm. Die Träger der Petitionen machten sich müh⸗ sam Bahn durch die Maffen, welche die Eingänge belagerten. Hecker eilte mit der Rolle von, Petitionen, welche ihm Struve überreicht hatte, auf die Rednerbühne, aber noch bevor er das Wort ergriff, erhob sich Staats rath Bekk. Mit kraftvoller, fester, aber von der Gewalt des Momentes tief bewegter Stimme verkündete er, daß das Preßgesetz von 1831 von Stunde an wieder in Kraft ge⸗ treten fei. Ein donnernder Jubelruf der ganzen Versammlung, in welchen sich ein stürmisches Hoch auf den Großherzog mischte, ant⸗ wortete auf diese Freudenbolschaft; der mächtige Jubel pflanzte sich durch die mit Menschen erfüllten Gänge des Gebäudes fort und