1848 / 66 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

orte hinzuzufügen. Ich habe beim schlesischen Provinzial-Landtage * 1 He 8 6 ausgesprochen, und erkläre mich mit dessen Inhalt im Allgemeinen auch heute nicht einverstanden, halte es aber in diesem Moment nicht für angemessen, die Einschaltung des Amendements zu beschließen.

(Ruf nach Abstimmung.)

Marschall: Abgeordn. Zimmermann.

(Verstärkter Ruf nach Abstimmung.)

Abgeordn. Zimmermann: Ich verzichte auf das Wort, da der allgemeine Wunsch auf Abstimmung gerichtet ist.

Marschall: Fürst Radziwill.

(Nochmaliger Ruf nach Abstimmung.)

Fürst Wilhelm Radziwill: Nur ein paar Worte. Ich werde die Geduld der Versammlung nicht lange in Anspruch nehmen.

Es ist vielfach Bezug genommen worden auf das Landrecht, auf die frühere Gesetzgebung. In dieser Zeit stand die Regierung von der Kontrole der Oeffentlichkeit unabhängig da. In der Zeit sind die Gesetze gegeben, auf welche man sich jetzt beruft. Sie waren damals die einzige Garantie. Die Zeiten haben sich geändert, meine Herren. Wir haben ständische Institute, denen die Krone Vorrechte und Oeffentlichkeit gewährt hat, Vorrechte bei Berathung der Legisla⸗ tion, Oeffentlichkeit dieser Berathung. Wir haben jetzt ein Kriminal⸗ gesetz zur Begutachtung vorliegen, das nicht anders eingeführt wer- den wird, als mit öffentlichem, mit mündlichem Verfahren. Hierin sehe ich, meine Herren, eine vollkommene Ausgleichung der Garantieen, vons enen man glauben könnte, daß sie durch das Disziplinargesetz erschüttert werden könnten, und die sich auf eine frühere Zeit be⸗ ziehen. Mit Einführung einer ausgedehnten Oeffentlichkeit, mit Ein⸗ führung des ständischen Beraths zur Gesetzgebung muß ich dafür stimmen, daß der Staatsgewalt eine ausgedehntere Disziplinargewalt, als in früheren Zeiten, zuerkannt werden muß,

(Unruhe in der Versammlung.) und deshalb bin ich Gegner des Antrages. Marschall: Wir können nun zur Abstimmung kommen über die Frage:

Stimmt die Versammlung dem Antrage der Abtheilung bei? Abgeordn. Heinrich: Ich trage auf namentliche Abstimmung an. Marschall: Es fragt sich, ob dieser Antrag die erforderliche

Unterstützung findet?

. (Es erheben sich mehr als 8 Mitglieder.)

Er hat sie gefunden, und die Abstimmung wird durch namentlichen Aufruf bewirkt werden. Die Frage heißt:

Stimmt die Versammlung dem Antrage der Abtheilung bei?

Für Ja haben gestimmt: Abegg, Kommerzien⸗Rath. Allnoch, Erbscholtisei⸗Besitzer. von Auerswald, General -Land⸗

schafts⸗Direktor.

Für Nein haben gestimmt: von Arnim, Oberst⸗Lieutenant a. D. und Kreis ⸗Deputirter.

Brämer, Landschaftsrath. Brassert, Geheimer Bergrath. Graf von Bismark⸗Bohlen, Pro⸗ Brown, Bürgermeister. vinzial⸗Landtags⸗Marschall. von Brünneck, Ober⸗-Burggraf und von Bodelschwingh, Regierungs⸗ Provinzial⸗Landtags⸗Marschall. Vice Präsident. . von Byla, Landrath.

Becker, Ortsrichter.

Camphausen, Handels-Kammer⸗ Präsident.

Dansmann, Erbschulzenguts⸗? Graf zu Dohna⸗-Lauck, Kammer⸗ sitzer. herr.

Diethold, Bürgermeister. Dolz, Kruggutsbesitzer.

Dittrich, Bürgermeister.

von Donimierski, Landschafts⸗D putirter.

von Eynern, Kaufmann.

Fabricius, Bürgermeister.

von Flemming, Gutsbesitzer.

Freiherr von Friesen, Landrath.

Graf von Fürstenberg, Kammer- herr.

Freiherr von Gaffron, Geheimer Regierungs-Rath.

Graf von Galen, Erbkämmerer.

Graf von Gneisenau, Major a. D.

Giesler, Schultheiß.

Freiherr von Gudenau, Landrath.

von Hagen, Landschafts-Rath.

Grabow, Kriminal⸗Rath.

Hausleuiner, Apotheker.

Heinrich, Kaufmann.

Freiherr Hiller von Gärtringen, Kammerherr und Provinzial Landtags⸗Marschall.

Graf von Hompesch-Rurig, Rit— tergutsbesitzer.

Hüffer, Kommerzien-Rath.

Jordan, Freigutsbesitzer.

Kersten, Bürgermeister.

Knoblauch, Geheimer Finanzrath.

Krause, Gerichtsschulz.

von Kurcewski, General-Land— schaftsrath.

Kuschke, Bürgermeister.

von Katte, Ritterschafts-Rath. von Krosigk, Domprobst.

Linnenbrink, Landwirth.

Graf zu Lynar, K therr . . . ammerherr. Lucanus, Dr., Stadtrath. f

Graf von Löben.

von Miszewski, Rittergutsbesitzer. Meyer, Ortsvorsteher. Freiherr von Mylius, Staats- Müller, Freischulze. Prokurator. von Münchhausen, Landrath.

Naumann, Geheimer Regierungs⸗ Rath und OberBürgermeister.

Neitsch, Stadt⸗Syndikus.

Neumann, Bürgermeister.

von Olfers, Stadtrath.

Freiherr von Patow, Regierungs-Rath. Fürst zu Putbus.

Petschow, Kaufmann. Geheimer

Plange, Justiz⸗Kommissarius.

von Platen, Landrath.

von Pogrell, Rathsherr.

von Potworowskfi, Rittergutsbe⸗

sitzer.

Prüfer, Rathsherr.

Przygodzki, Freigutsbesitzer. Fürst Wilhelm von Radziwill. Fürst Boguslaw von Radziwill. Herzog von Ratibor.

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Für Nein haben gestimmt:

Graf von Redern, Wirklicher Ge⸗ heimer Rath.

Graf von Renard, Wirklicher Ge⸗ heimer Rath.

von Rochow, Oberst- Lieutenant a. D. und Provinzial⸗Landtags⸗ Marschall.

von Saucken⸗Julienfelde, General⸗ Schulze⸗Dellwig, Amtmann und Landschafts⸗Rath. Gutsbesitzer.

von Saucken - Tarputschen, Ritt- Graf zu Solms-⸗Baruth. meister a. D. Stägemann, Bürgermeister.

Schier, Bürgermeister und Justi⸗ tiar.

Graf von Schwerin, Landrath.

Siegfried, Landschafts⸗Rath.

Graf von Skorzewski.

Sperling, Bürgermeister.

Steinbeck, Geheimer Bergrath.

Für Ja haben gestimmt:

Urra, Bürgermeister. Vahl, Schulze.

von Weiher, Landschafts⸗Rath.

von Werdeck, Geheimer Regie⸗ rungs⸗Rath.

Freiherr von Wolff⸗-Metternich, Regierungs⸗Vice⸗Präsident.

Wulff, Landwirth.

von Witte, Ritterschafts⸗Rath.

Graf von Zech⸗Burkersrode, Kam merherr und Provinzial-Land⸗ tags⸗Marschall.

Zimmermann, Bürgermeister.

Fürst zu Solms, Landtags⸗Mar— schall.

g Bauck, Rittergutsbesitzer. von Bro— dowski, General- Landschafts-Direktor. von Kessel, Kreis⸗ Deputirter. Freiherr von Lilien, Landrath. Paternowski, Bürgermeister. Freiherr von Rothkirch, Ober-Landesgerichts—⸗ Rath. Stöpel, Bürgermeister und Syndikus. von Uechtritz, Konsistorial-Präsident. Wodiczka, Justizrath.

Das Resultat der Abstimmung ist folgendes: Mit Ja haben gestimmt: 50, mit Nein: 43. Wir kommen nun zu §. 402.

Fehlende Mitglieder:

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (iest vor): §. 1402.

Wegen gemeiner Verbrechen der Beamten ist neben der sonst be— gründeten Strafe auf Cassation oder Amtsentsetzung zu erkennen:

1) wenn das Verbrechen eine Verletzung der Unterthanentreue oder eine grobe Nichtachtung der Religion oder der Sittlichkeit in sich schließt, ohne Unterschied, ob dasselbe vor oder nach der An⸗ stellung des Beamten begangen worden ist;

2) wenn der Beamte sein amtliches Verhältniß zur Verübung sol⸗ cher Verbrechen benutzt hat, zu deren Verhinderung er be— stellt war.“

„Zu §. 402.

Die Abtheilung hat mit 14 gegen 1 Stimme beschlossen:

die Nr. 1. desselben in der allgemeinen Fassung, wie dies im Ent⸗—

wurfe geschehen, zum Wegfall in Vorschlag zu bringen,

da es jedenfalls zwemäßiger sei, die einzelnen Paragraphen bestimmt zu bezeichnen, in welchen wegen der Art der strafbaren Handlung es gerechtfertigt, außer der Strafe des gemeinen Vergehens Cassation öder Amtsentsetzung gegen den Beamten eintreten zu lassen.

Gegen den zweiten Satz des Paragraphen fand sich nichts zu erinnern.“

Nach einer heute in der Abtheilung abgegebenen Erklärung seitens des Gouvernements hat man sich in der Abtheilung über diejenigen Paragraphen geeinigt, welche als solche bezeichnet sind, wo es sich um gemeine Verbrechen handelt. Es war zuerst im Entwurfe von 1843 im §. 106 des hochverrätherischen Unternehmens gedacht; es ist aber dieser Paragraph in diesem Gesetz⸗-Entwurfe nicht aufge= nommen, und dieses Allegat aus dem Gesetz-Entwurfe von 1843 erledigt. Als gemeine Verbrechen würden nach der Ansicht der Re⸗ gierung zu bezeichnen sein alle Handlungen des Hochverraths oder Landesverraths, selbst wo blos Strafarbeit angedroht ist, und die Abtheilung hat sich damit einverstanden erklärt. Ferner würden als gemeine Verbrechen zu betrachten sein: Majestätsbeleidigung, in den Fällen der S§s. 199 und 201 des Entwurfs. Die Abtheilung hat dagegen Nichts zu erinnern. Ferner würde als gemeines Verbrechen zu bezeichnen sein die Verleitung der Desertion nach §. 132. Es ist vorgeschlagen, als gemeines Verbrechen zu bezeichnen die Verletzung des Ansehens der Obrigkeit in den Fällen des §. 125; es hat jedoch die Abtheilung sich der Ansicht des Gouvernements nicht anschließen können, sondern ist der Meinung gewesen, daß im S. 125 so geringe Fälle vorkommen, wo die Amtsentsetzung nicht gerechtfertigt erscheint, und war daher der Ansicht, daß dieser Paragraph hier nicht allegirt werde. Dann ist im §. 112 der Aufruhr als gemeines Verbrechen bezeichnet worden, und die Abtheilung hat sich der Ansicht des Gouvernements angeschlossen. Bei 5§. 17, Aufforderungen zum Aufruhr, war die Abtheilung der Meinung, daß die Anwendung des Gesetzes in gewissen Fällen gerechtfertigt erscheine, die Strafe aber nur fakultativ auszusprechen sei. Reden in Volksversammlungen, nach §. 130, betreffend, war die Abtheilung der Ansicht, daß die Amts- entsetzung gerechtfertigt erscheine, da dieser Fall auch in die Polizei vergehen verwiesen worden ist.

Die Fälle der 58. 148 und 152 betreffen die Störung des Gottesdienstes und Beleidigung religiöser Gesellschaften, so war man in der Abtheilung der Ansicht, daß für diesen Fall, die Amtsent⸗ setzung ganz ausgeschlossen sei. Die Majorität war nicht beigetreten, sondern der Meinung, daß der Fall nur fakultatis zu stellen sei. §. 159, den Eidbruch betreffend, war die Abtheilung der Mei⸗ nung, daß nur fakultativ die Amtsentsetzung auszusprechen sei. Dann kommen die Verbrechen gegen die Sittlichkeit. Hier sind Blutschande, mehrfache Ehe, Nothzucht, betrügliche Verleitung zum Beischlaf gemeine Verbrechen, wo die Amtsentsetzung ausgesprochen werden müß, namentlich in Rücksicht auf die Art der angedrohten Strafe. Dagegen war die Abtheilung der Meinung, daß wegen des Verbrechens der Verführung die Amtsentsetzung nur fakultativ ge⸗ stellt werden müsse, indem an leichterer Art vorkommen, bei denen sie nicht gerechtfertigt erscheine. In den Fällen des 5. 183, und selbst des §. 184, betreffend die widernatürliche Unschuld und grobe Verletzung der Schamhaftigkeit, war die Abtheilung der Meinung, daß sie unter allen Umständen eintreten, bei 8. 259, daß sie fakulta⸗ tis gestellt werden, bei 8. 260 aber ganz ausfallen müsse. Hinsicht= lich derjenigen Verbrechen, die als dienstliche geahndet werden, wie Unterschlagung, Erpressung, war die Abtheilung mit der Regierung einverstanden, daß sie unter allen Umständen stattfinden müsse. Bei F§. 294 war die Abtheilung der Meinung, daß sie nur beim Betruge fakultativ sein müsse für die Fälle geringfügiger Betrügereien, wo

der Entwurf sagt⸗ daß sie nicht mit Verlust der Ehrenrechte zu be⸗

strafen seien. Im Fall des s. 335 endlich würde die fakultative An—

drohung der, Strafe stattfinden, da es sich nur um die Entwendung

. Sachen handelt, wo die Amtsentsetzung nicht gerechtfertigt eint.

Marschall: Der Antrag der Abtheilung sindet sich aufgelöst in den verschiedenen 2 welche wir gehört haben. Wenn keine Bemerkung erfolgt, so ist es anzusehen, als stimme die Versammlung dem Anträge der Abtheilung bei.

Vice⸗Marschall Abgeordn. von Rochow: Es scheint unmöglich, auf diese einmalige Vorlesung ein Urtheil zu begründen, wenigstens würde jeder einzelne Fall zur Berathung gestellt werden müssen. Man ist nicht im Stande, so für das Ganze ein Votum abzugeben.

Marschall: Wir wollen die Mitglieder der Abtheilung hören. Es ist nicht zu verkennen, daß, wenn dem Antrage der Abtheilung beigestimmt wird, man sich im Falle befindet, der Abtheilung ein ge? wisses Vertrauen zu schenken. Es wird sich fragen, ob man dem Vortrage der Referenten so genau gefolgt ist, wie es nothwendig ist, um sich zu einem solchen Vertrauen zu entschließen. z

Vice⸗Marschall Abgeordn. von Rochow: Ich habe das aller⸗ größte Vertrauen zu der geehrten Abtheilung, es könnte aber doch einmal geschehen, daß ich verschiedener Meinung von ihr wäre, und um mir und jedem Anderen die Freiheit des Urtheils zu bewahren, muß ich doch dafür halten, daß ein etwas näheres Eingehen in die Sache nöthig sei.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Ich nehme auch meinerseits dieses Vertrauen nicht in der Weise in Anspruch, daß ohne Weiteres der Ansicht der Abtheilung überall beigepflichtet werde, ich kann vielmehr die einzelnen Bestimmungen noch einmal wiederholen, und dann wird aus der Beschlußnahme der hohen Versammlung darüber, ob eine Diskussion erforderlich ist, zu entnehmen sein, ob die Versammlung der Abtheilung beistimmt.

Justiz Minister von Savigny: Die Abtheilung sagt zu §. 402, daß es jedenfalls zweckmäßiger sei, die einzelnen Paragra— phen bestimmt zu bezeichnen, aber einen eigentlichen Grund für diese angebliche Zweckmäßigkeit habe ich nicht gehört. Im Entwurfe von 1813 ist bekanntlich der Weg eingeschlagen worden, den die Abthei lung hier bevorwortet und einige Paragraphen mehr oder weniger machen keinen Unterschied. Später hat man sich davon überzeugt, daß solche kasuistische Bestimmungen weniger angemessen sind, als eine allgemeine prinzipielle Bestimmung, welche lautet:

„Wenn das Verbrechen eine Verletzung der Unterthanentreue, oder

eine grobe Nichtachtung der Religion oder der Sittlichkeit in sich

schließt, ohne Unterschied, ob dasselbe vor oder nach der Anstel

lung des Beamten begangen worden ist.“

„Zu §. 402. Die Abtheilung hat mit 14 gegen 1 Stimme beschlossen:

die Nr. 1 desselben in der allgemeinen Fassung, wie dies im Ent

wurfe geschehen, zum Wegfall in Vorschlag zu bringen, da es jedenfalls zweckmäßiger sei, die einzelnen Paragraphen be stimmt zu bezeichnen, in welchen wegen der Art der strafbaren Hand lung es gerechtfertigt, außer der Strafe des gemeinen Vergehens Caffationꝰ oder Amtsentsetzung gegen den Beamten eintreten zu lassen. ; . .

Gegen den zweiten Satz des Paragraphen fand sich nichts zu erinnern.“ .

Ich muß gestehen, daß ich diese Art der Bezeichnung passender und angemessener finde für das Gesetz, als eine kasuistische, und ich kann mich nicht überzeugen, daß diese Bestimmung irgend einen Nach theil mit sich führe. Wenn ein hoher Grad der Nichtachtung der Religion oder der Sittlichkeit oder der Verletzung der Unterthanen treue vom Richter als vorhanden angenommen wird, kann die Amtsentsetzung oder Cassation keine Ungerechtigkeit genannt werden, und ich glaube nicht, daß die Sicherheit des Beamtenstandes dabei gewinnt, wenn einzelne Fälle aufgezählt werden; eine Gefahr sehe ich in diesem Ausdrucke nicht.

Abgeordn. von Auerswald: Ich erlaube mir, einen Vorschlag zu machen, der sich allerdings nicht auf die Frage selbst bezieht, die vom Herrn Minister der Gesetzgebung angeregt worden ist, sondern auf das Bedenken, was mehrere Mitglieder der hohen Versammlung gegen die schnelle Vorlesung der Paragraphen erhoben haben. Ich glaube auch nicht, daß die Abtheilung den Anspruch macht, daß man ihr in Bezug auf diesen Paragraphen ohne Prüfung beistimme. Abge sehen von der Diskussion über das Prinzip selbst, ob der Paragraph in der von der Abtheilung vorgeschlagenen Weise durch einzelne Pa ragraphen ersetzt werden soll, würde ich mir den Vorschlag erlauben, daß diese Paragraphen gedruckt und unter die Mitglieder der Ver sammlung vertheilt würden, so daß es jedem Mitgliede vorbehalten bleibt, die Paragraphen zu prüfen und sich nach Befinden darüber zu erklären. Der Herr Referent hat zwar gesagt, es würde sich durch die Abstimmung bald erledigen, dazu gehört aber, daß jeder Para— graph wieder nachgeschlagen werde und das wird zweckmäßiger zu Hause geschehen, als hier.

Marschall: Der Vorschlag des Abgeordneten von Auerswald erscheint sehr zweckmäßig, und es wird dem Referenten übertragen, den Druck zu veranlassen. Wir kommen zur Berathung von §. 105.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (iest vor):

5. 405.

Der Verlust von Pensionen, welche aus der Staatskasse an ent lassene Staatsdiener gezahlt werden, soll eintreten, wenn der Pensio nair vor oder nach seiner Entlassung eines Verbrechens sich schuldig macht, welches, wenn er noch im Dienste gewesen wäre, die Cassa tion oder Amtsentsetzung zur Folge gehabt haben würde. Auf zen Verlust anderer Pensionen ist nur dann zu erkennen, wenn solches durch besondere Vorschriften bestimmt ist. .

Der Verlust des Gnaden⸗Gehalts der Militair-Invaliden, 0 wie des Anspruchs auf Gnaden⸗-Gehalt, soll eintreten, wenn ein Militair-⸗ Invalide, vor oder nach seiner Entlassung aus dem Dienste, ein Ver brechen begeht, welches während des Militair⸗-Dienstes die Ausstoßung aus dem Soldaten Stande zur Folge gehabt haben würde.

Das Gutachten lautet:

„Zu §5. 405. .

Es war auf Streichung des Paragraphen angetragen. nament⸗ lich weil in der Pensson des Beamten demselben nur die Vergütung bereits geleisteter Dienste gewährt werde, diese Vergütung ihm aber nicht deshalb entzogen werden könne, , er sich gegen den Staat später vergangen. Dazu komme, daß die Entziehung der Pension dem Pensionirten, namentlich aber des Gnsbenge a te bei dem Invaliden, dem Letzteren das letzte Mittel ehrlichen Erhaltung seiner und seiner Familie nehme, ihn zum Bettler und zur Last seiner Gemeinde mache, daß daher kein Grund, vorliege, gegen den nicht mehr im Dienstver⸗ hältniß stehenden, außer der gemeinen Stꝛafe noch eine besondere Strafe zu verhängen, die ihm 3 Anspruch entziehe welchen er sich durch frühere Die nistleistung, theilweise auch durch frühere Zahlungen, erworben habe. Andererseits ward zwar hervorgehoben, daß durch bie Pensionirung das Band, welches zwischem dem Staat und dem

, . bestehe, keinesweges gänzlich aufgehoben sei, die Pen—

sions Beitr ige aber als ein kontraktsmäßiger Abzug betrachtet werden müssen, welche den Pensionirten keinenfalls berechtigen könnten, einen Anfpruch gegen den Staat zu erheben, wenn dieser Anspruch durch

seine Handlungen verlustig gegangen, eben so wenig, wie ein kassirter

Beamter berechtigt sei, die bereits zum Pensions⸗-Fonds gezahlten Beiträge zurückzufordern. Die Abtheilung hat jedoch mit 8 gegen 6 Stimmen beschlossen, ( w.

auf Streichung des S. 05 anzutragen. 33

Regierungs⸗ Fommissar Bischoff: Ich muß um Erlaubniß bit⸗ ten, zubdorderst die Prinzipien der bestehenden Gesetzgebung erörtern zu dürfen. Diese Prinzipien sind niedergelegt in drei verschiedenen Rabinets-Ordres, von welchen die eine die Pensionen der Civilbeam⸗ ten, die andere die Nilitair Pensionen und die dritte die Gnaden⸗ gehalte der Militair⸗ Invaliden betrifft. ö Was zuvörderst die Civil⸗ Pensionaire betrifft, so ist in der Allerhöchsten Kabinets Ordre vom 31. Mai 1825 bestimmt, daß, wenn solche Beamte wegen eines Ver brechens zur Untersuchung und Strafe gezogen werden, welches sie während ihrer Dienstzeit begangen haben, der Verlust der Pension eintreten soll. Werden sie wegen Verbrechen zur Untersuchung ge⸗ zogen, die sie nach bereits erfolgter Pensionirung begangen haben, so soll der Verlust der Pension zwar nicht für immer, aber wohl für Hie Dauer der Strafzeit eintreten. Andere Prinzipien hat die Ge setzgebung in Ansehung der Militair⸗ Pensionen angenommen. Hier ist in der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 12. November 1836 bestimmt, daß, wenn solche Pensionaire wegen begangener Verbrechen zur Untersuchung gezogen werden, es alsdann ermessen werden soll, b der Verlust der Pension für immer oder nur auf die Dauer der Strafzeit eintreten soll; es ist also von der Art und Schwere des Verbrechens abhängig gemacht, ob das Eine oder das Andere ein treten soll. Noch strenger als diese beiden Kabinets Ordres ist die- jenige, welche unterm 25. April 1835 wegen Verlustes des Gnaden⸗ gehäaltes der Militair-Invaliden ergangen ist. Es heißt darin, daß, wenn dieselben zur Untersuchung gezogen werden wegen, Verbrechen, die sie vor oder nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienste begangen haben, der Verlust des Gnadengehaltes eintreten soll, wenn das Verbrechen der Art ist, daß es während des Militairdienstes die Ausstoßung aus dem Soldatenstande zur Folge gehabt haben würde. Bei Abfassung des Entwurfes hat man sich für das letz⸗ tere Prinzip entschieden, und es dürfte dabei im Wesentlichen zu belassen sein. Zuvörderst scheint so viel klar, daß, wenn ein Be⸗— amter, nachdem er bereits pensionirt ist, wegen eines Verbrechens der in Rede stehenden Art zur Untersuchung gezogen wird, das er schon früher, noch während seiner Dienstzeit begangen hatte, ihm die Pension nicht gelassen werden kann. Wäre dieses Verbrechen früher zur Sprache gekommen, so würde er kassirt oder des Amtes entsetzt worden sein und keine Pension erhalten haben; es ist nicht abzusehen, wie die inzwischen eingetretene Entlassung in der Lage der Sache etwas Wesentliches ändern soll. Aehnlich verhält es sich aber auch in Ansehung der Verbrechen, welche Pensionaire nach ihrer Pensioni⸗ rung begehen. Auch hier ist im Wesentlichen dasselbe Verhältniß, als wenn sie während der Dienstzeit begangen wären; es würde der Beamte des Amtes entsetzt worden sein und keinen Anspruch auf Pen- sion gehabt haben. In der That hat es etwas Widerstrebendes, daß der Staat Pensionen und unter Umständen sogar hohe Pensionen an Personen zahlen soll, die sich in schwerer Art gegen das Gesetz und die öffentliche Ordnung vergangen haben. Im Gutachten der Abthei lung sind hauptsächlich zwei Gründe für die Streichung der Bestim⸗— mung angeführt worden. Der erste besteht darin, daß dem pPensio⸗ nair die Mittel ehrlicher Erhaltung seiner Person und Familie nicht genommen werden dürften, da er sonst ein Bettler würde und der Gemeinde zur Last falle. Dies Argument beweist indeß zu viel. Mit demselben Grunde läßt sich dasselbe anwenden auf die noch im Dienst stehenden Beamten, die wegen begangener Verbrechen ihres Amtes entsetzt und dadurch ihres bisherigen Lebensunterhaltes verlustig wer⸗ den. Das zweite Argument beruht darauf, daß ein Beamter durch frühere Einzahlungen sich gewissermaßen ein Anrecht auf Pension er⸗ worben habe. Allerdings werden bei den Gehaltszahlungen Pensions⸗ Abzüge gemacht, diese werden auch verwendet, um zum Theil die Penslonen zu decken; allein ein Jeder weiß, daß diese Pensions⸗Abzüge bei weitem nicht ausreichen, um den Fonds für die Pensionen zu bilden. Jene Pensions-Abzüge stehen gleich einem jeden anderen Abzuge am Ge halte; man kann dieselben nur in der Bedeutung auffassen, daß mit Rück sicht auf das Bedürfniß der Penstonen etwas weniger Gehalt ge zahlt wird. Daraus aber, daß aus dem erwähnten Bestimmungs⸗ grunde weniger an Gehalt gegeben wird, als wohl sonst geschehen würde, kann man noch nicht den Anspruch herleiten, daß die Zah— lung der Pension erfolgen müsse. Und auch hier muß man agen, daß das AÄrgument zu viel beweist. Denn wenn man jenes Prinzip annähme, würde folgerichtig auch ein noch im Dienste stehender Be⸗ amter, welcher kassirt wird, des Anrechtes auf Pension nicht verlustig erklärt werden können.

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Ich kann nicht ganz dem eben gehaltenen Vortrage des Herrn Regierungs- Kommissars beitreten und thue es nur so weit, daß Jedem, der ein Verbrechen noch im Dienste beging, das Recht auf die Pension entzogen werden kann; ist er aber einmal aus dem Dienste ausgetreten und hat die Pension schon erhalten, so kann bei später begangenen Verbrechen die Pension wohl anders betrachtet werden, als ein Gehalt. Ich sehe sie von dem Gesichtspunkte an, als hätte der Mann durch ein langes Dienstleben und treue Pflichterfüllung bei Aufopferung seiner

Kräfte ein kleines Kapital, eine Leibrente sich erworben, dessen Zinsen

er nun genießt. Wir haben die Confiscation des Vermögens abge⸗ wiesen, aber diese Entziehung der Pension scheint etwas sehr Aehn⸗ liches, ja sie erschemt wohl nicht anders als eine Confiscation, we— nigstens hat ste für den Mann dieselbe Wirkung. Bei hohen Pen⸗ sionen ist der Eindruck auf mich allerdings ein anderer, aber weil wir uns einmal gegen jede Consiscation ausgesprochen haben, so, glaube ich, müssen wir es auch hier thun oder wenigstens die Sache modifiziren.

Jetzt komme ich auf die Militair-Invaliden und Gnadengehalts⸗ Empfänger. Diese werden nicht so sehr reich bedacht, und was sie erhalten, reicht wohl kaum nur hin, das Leben zu fristen. Diese fümmerliche Pension ihnen ganz entziehen, hieße sie dem Hungertode preisgeben oder die Last ihrer Unterhaltung den Kommunen aufbür— den, welche die Invaliden im Vertrauen, daß durch ihre Pensionirung sie vor der Last der Unterhaltung geschützt sein würden, aufgenommen haben. In diesem Falle würde also ein Unschuldiger gestraft, denn der Invalide, der das Verbrechen begangen hätte, würde dann, von der Gemeinde einmal aufgenommen, durch dieselbe auch vor Hunger geschützt werden müssen. Er würde also vor wie nach das Gleiche erhalten müssen. Denn die hier gezahlten Summen sind eben nur so hoch, daß sie hinreichen, um das Leben nothdürftig zu fristen. Dem Invaliden also bleibt der Hauptsache nach unverändert das Gleiche, und es tritt in dem ganzen Verhältnisse blos der Unterschied ein, so lange gab es der Staat, und nun soll es die Kommune aus den Fonds geben, die zur Erhaltung ihrer Armen aufzubringen sind. Es würde also nicht der Schuldige, sondern nur der Unschuldige betroffen. Ich würde also nicht ganz für die Anträge der Abtheilung sein.

Marschall: Der Abgeordnete hat nicht ausgesprochen, ob er hierauf einen Antrag zu stellen beabsichtigt.

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Für die Verbrechen, die vor der Pensionirung begangen worden sind, für deren Bestrafung durch Entziehung der Pension stimme ich, für die Verbrechen aber,

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die nach Ertheilung der Pension verübt worden sind, da würde ich als . die Pensions- Entziehung eintreten zu lassen mich nicht erklären.

Abgeordn. Krause: Ich trete auch der Abtheilung bei, würde aber ein Amendement zum Paragraphen zu stellen mir erlauben, daß in der Gesetzgebung ausgesprochen würde, daß die dem verbrecherischen Invaliden entzogene Pension zur Erziehung seiner Kinder verwandt werde. Ich kenne das Verhältniß der Invaliden. Wenn sie aus dem aktiven Dienste ausscheiden, haben sie sich an müßige Zeit gewöhnt und legen sich dann zuweilen auf den Trunk. Dieser Zustand kann beim Invaliden vielleicht ein Vergehen hervorrufen, welches für ihn die Pensions-Entziehung zur Folge hat, und die Kommune wird dann nicht nur in der Lage sein, einen Bettler mehr zu haben und ver— pflichtet sein, für seinen Unterhalt zu sorgen, sie wird dann auch die ganze Familie mit ernähren müssen. Ich würde also das Amende⸗ ment in Vorschlag bringen, daß die Pension eines Invaliden, der sich eines Vergehens schuldig machte, zur Erziehung seiner Familie ange⸗ wendet werde.

Marschall: Ich frage, ob der Vorschlag die erforderliche Unter⸗ stützung findet.

(Wird nicht hinlänglich unterstützt.)

Er hat sie nicht gefunden.

CLandtags-Kommissar: Es würde zunächst das Amt des Herrn Finanz- Ministers sein, dem Antrage der geehrten Abtheilung auf gänzliche Streichung dieses Paragraphen entgegenzutreten. In seiner Abwesenheit wird es mir erlaubt sein, für ihn das Wort zu er— greifen.

Wie bereits vom Herrn Regierungs-Kommissar bemerkt worden, decken die Pensions-Beiträge nur einen geringen Theil dessen, was der Staat an Pensionen zahlen muß. Der größere Theil muß aus den allgemeinen Staatsfonds bestritten, das heißt von den Untertha⸗ nen getragen werden. Unser Pensions⸗-Reglement enthält aber auch sehr hohe Pensionen, und ich muß bekennen, daß ich nicht glaube, daß es im Interesse der Nation liegen könne, einem Verbrecher, er sei es nun vor oder nach der Pensionirung geworden, er habe vor oder nach derselben ein entehrendes Verbrechen begangen, eine hohe Pen⸗ sion bis ans Ende seiner Tage zu belassen, welche ihn in den Stand setzen könnte, auf Kosten seiner unbescholtenen Mitbürger ein üppiges Leben zu führen. Es ist gleichfalls bereits hervorgehoben, daß das Haupt- Argument der Abtheilung, die Behauptung, die Pension sei ein gleichsam vertragsmäßiges Recht, zu viel beweisen würde, weil derselbe Grund auch auf den Beamten paßt, der, während er im Amte ist, ein Verbrechen begeht und mit der Cassation seinen Pen⸗ sions-Anspruch verliert. Deshalb kann ich die Streichung des Para graphen nicht für angemessen erachten.

.Wenn es sich aber blos darum handelt, die Kommune vor der hier angedeuteten Gefahr zu schützen, daß in einzelnen Fällen der durch Entziehung der Pension bestrafte Pensionair der Versor gung der Ortsarmen⸗-Kasse zur Last fallen könnte, so würde diese Be⸗ sorgniß durch eine Klausel beseitigt werden können, wonach dem Pen— siongir die zu seiner Existenz nothwendigen Alimente belassen werden müssen. Ich glaube, daß dadurch alle Bedenken, die gegen den Pa— ragraphen mit Recht zu erheben wären, gehoben sein würden.

Abgeordn. von Platen: Wenn ich auch vollständig überzeugt bin, daß alle die Fälle, die der Herr Regierungs⸗-Kommissar bezeich— net hat, geeignet sind, die in diesem Paragraphen bestimmte Strafe gegen den Pensionsempfänger zu vollstrecken und ihm die Pension zu nehmen, so giebt es doch noch viele andere Fälle, wo die hier ge machte Bestimmung durchaus zu hart sein würde. Wir wollen nur bedenken, daß der §. 386 in seinen einzelnen Absätzen so geringe Ver⸗ gehen bezeichnet, worauf die Absetzung vom Amte erfolgen soll, daß z. B., wenn ein Gutsbesitzer, der früher Militair oder Beamter war und als solcher eine Pension bezieht, nun in seiner Stellung als Po

lizeigerichtsherr ein solches Vergehen begeht, er der in diesem Para⸗— graphen bestimmten Strafe auch bei irgend einer Ueberschreitung sei⸗ ner Amtsbefugnisse unterworfen sein würde. Ich schlage daher vor, das Wort „Amtsentsetzung“ zu streichen und nur das Wort „Cassa— tion“ stehen zu lassen. Denn lassen wir das Wort Amtsentsetzung stehen, so können wir uns Fälle denken, wo die ausgesprochene Strafe zu hart erscheinen würde. Ich glaube, daß mein Antrag die ersor⸗ derliche Unterstützung finden wird.

Marschall: Ich frage, ob der Antrag des Abgeordneten von Platen die nöthige Unterstützung findet?

(Wird hinreichend unterstützt.)

Er hat sie gefunden.

Regierungs-Kommissar Bischoff: Meines Erachtens würde dies bedenklich sein. Die Amtsentsetzung ist bei Verbrechen angeordnet worden, bei denen, wie bei der Unterschlagung, es nicht die Absicht sein kann, eine Milderung eintreten zu lassen. Was §. 394 betrifft, so ist dort allerdings bestimmt worden, daß die Cassation eintrete. Aber in anderen Fällen ist die Amtsentsetzung zugelassen worden, wie unter Umständen beim Betrug, und hier ist keine Veranlassung zur Milderung vorhanden. Was den §. 386 betrifft, so ist dort im letz ten Alinea schon Fürsorge getroffen, indem in geringfügigen Fällen auf einfaches Gefängniß oder Geldbuße erkannt werden kann, so daß in Fällen dieser Art die Amtsentsetzung nicht eintreten wird.

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Da wahrscheinlich der Antrag der Abtheilung zuerst zur Abstimmung kommen wird, so würde ich mir erlauben, das Amendement zu stellen, daß gesagt würde: Pensionen dürften nur bis zu einem gewissen Betrage entzogen wer— den, und es solle der Empfänger durch den Rest vor Mangel ge⸗ schützt werden und ihm somit der nothwendige Lebensunterhalt ver bleiben.

Abgeordn. von Platen: Ich würde doch bei meinem Antrage stehen bleiben müssen, denn ich wiederhole, wenn ein sicherer Beamter Gutsbesitzer und Gerichtsherr geworden ist und als solcher seine Amts befugniß überschreitet, so würde nach dem 8. 346 bereits Amtsent— setzung eintreten und in Folge deren die bezogene Pension genommen werden können, welche Strafe ich für viel zu hart erklären muß.

Candtags⸗-Kommissar: Vielleicht würde sich diese Differenz da⸗ durch vermitteln lassen, daß neben der Cassation zwar die Amtsent⸗ setzung gestrichen, allein die Belegung mit einer „entehrenden Strafe“ beigefügt würde. Dann blieben dergleichen kleinere Vergehen, wie sie der geehrte Deputirte aus der Provinz Preußen bezeichnet, ausge schlossen, gleichwohl aber wäre dadurch auch der Zweck des Paragra— phen erreicht. .

Abgeordn. von Platen: Ich ziehe meinen Antrag zurück, wenn wörtlich das Zugeständniß des Herrn Landtags-Kommissars in den Paragraphen aufgenommen wird.

Abgeordn. von Brünneck: Ich habe nur erklären wollen, daß ich mich dem Vorschlage des Herrn Landtags⸗Kommissars anschließe. Wenn derselbe aber nicht genehmigt werden sollte, so würde ich bean⸗ tragen, daß das letzte Alinea des §. 105 in Beziehung auf die Gna— dengehalte der Militair-Invaliden gestrichen würde. Ich glaube in— dessen, daß der Vorschlag des Herrn Landtags -Kommissars unserer Absicht entspricht und daher ausreichend ist.

Marschall: Wir kommen nun zur Abstimmung. Frage heißt:

soll auf Wegfall des §. 405 angetragen werden?

Die erste

Die zweite Frage wird sich auf den Vorschlag beziehen, welchen?

der Abgeordnete von Saucken in Folge der Erklärung des Herrn Landtags- Kommissars gemacht hat. Die den Wegfall des Paragra⸗ phen brantragen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Es erhebt sich nicht die erforderliche Anzahl Mitglieder.)

Dem Antrage ist nicht beigestimmt.

Abgeordn. von Platen: Es fragt sich, ob der Herr Landtags- Kommissar damit übereinstimmt, daß statt Amtsentsetzung Cassation gesetzt werde. Ich habe zwar gesagt, daß ich meinen Antrag zurück- nehme, stelle aber dem Herrn Marschall anheim, hierüber dennoch die Abstimmung vorzunehmen, da ähnliche Anträge in Frage geblieben und gestellt worden sind.

CandtagsKommissar: Es könnten vielleicht beide Amendements zusammengefäßt werden: der Vorbehalt wegen der Alimente und die Substituirung der Bezeichnung „Bestrafung wegen entehrender Ver⸗ brechen“ statt der „Amtsentsetzung“.

Abgeordn. Dittrich: Wegen Verlust der Ehrenrechte enthält schon der folgende Paragraph das Nöthige.

Regierungs-Kommissar Bischoff: Es würde der §. 406 fort- fallen, indem er durch den Beschluß seine Erledigung findet.

Marschall: Die Frage ist nun darauf zu richten, ob bei dem Worte „Cassation oder Amtsentsetzung“ der Zusatz beantragt wird, daß Erwähnung geschehe der Verbrechen, wo eine Ehrenstrafe statt⸗ gefunden hat, und ist weiter zu richten auf den Vorschlag, daß in jedem Falle bei der Entziehung der Pension die nothwendigen Alimente vom Staate fortgezahlt werden möchten.

Die dies beantragen, werden es durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Es erheben sich fast sämmtliche Mitglieder.)

Dem Antrage ist beinahe einstimmig beigetreten.

§. 406.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor):

„§. 406.

Der richterliche Ausspruch des Verlusts der Ehrenrechte soll in allen Fällen den Verlust der Pensionen oder des Gnadengehalts, so wie des Anspruchs auf Gnadengehalt (8. 1405), nach sich ziehen.“

Das Gutachten lautet:

„Zu 5§. 4006.

Derselbe erledigt sich durch die Abstimmung bei den früheren Paragraphen.“

Marschall: §5. 407.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius lliest vor):

„§. 407.

Ist ein preußischer Unterthan im Auslande wegen eines Ver⸗ brechens bestraft worden, welches nach preußischen Gesetzen zugleich die Cassation oder die Amtsentsetzung oder den Verlust einer Pension oder eines Gnadengehalts oder eines Anspruchs auf Gnadengehalt nach sich zieht, so soll ein neues Strafverfahren vor den preußischen Gerichten eingeleitet und von diesen nach Befinden auf die vorge⸗ nannten Strafen nachträglich erkannt werden.“

Das Gutachten lautet:

„Zu §. 407.

In gleicher Weise werden in demselben die Worte: Foder den Verlust einer Pension oder eines Gnadengehalts oder des Anspruchs auf Gnadengehalt“, zu streichen sein. Die Abtheilung ist ferner der Ansicht, daß die Bestimmung wegen Einleitung eines neuen Straf⸗ Verfahrens fakultativ gestellt werden müsse, indem es Umstände ge⸗ ben könne, in welchen die Erfolglosigkeit eines solchen Verfahrens von vorne herein einleuchte und daher die Einleitung desselben als un⸗ zweckmäßig zu unterlassen sein werde.“

Der erste Theil des Gutachtens scheint durch die Beschlußnahme der hohen Versammlung so eben erledigt zu sein; es würde daher die Modification, die bei §. 405 beliebt worden ist, auch hier eintreten. Daß es fakultativ gestellt sein müsse, scheint gerechtfertigt, um der Möglichkeit eines durchaus zwecklosen Verfahrens aus dem Wege zu gehen.

Marschall: §. 108.

Referent Abgeordn. Freiherr von Myplius lliest vor):

„8. 408.

Wenn der Inhaber eines Hoheitsrechts oder Regals dasselbe in eigener Person ausübt und dabei eine solche Handlung begeht, welche bei einem Beamten die Natur eines Amts⸗Verbrechens haben würde, so sollen die in den vorhergehenden Paragraphen über Amts⸗ Verbrechen gegebenen Vorschriften gleichfalls zur Anwendung kommen.

§. 409.

Zieht die erwähnte Handlung (8. 408) bei Beamten die Cassa⸗ tion oder Amts-Entsetzung nach sich, so soll der Inhaber des Hoheits⸗ rechts oder Regals, welcher sich einer solchen Handlung schuldig macht, neben der anderen dafür etwa angedrohten Strafe zur eigenen Ausübung des gemißbrauchten Rechts für unfähig erklärt werden. In diesem Falle geht auf die Dauer seiner Besitzzeit die Ausübung des Rechts auf den Staat über, und die damit verbundenen Lasten und Kosten sind aus dem Vermögen des Verurtheilten zu bestreiten.

§. 410.

Wenn der Stellvertreter eines Inhabers von Hoheitsrechten oder Regalien eine solche Handlung begeht, welche bei einem Beamten die Natur eines Amts-Verbrechens haben würde, so soll gegen denselben neben der anderen etwa dafür angedrohten Strafe die Unfähigkeit zu dem von ihm vertretenen Amte, so wie zu allen Aemtern derselben Art, eintreten.

§. 411.

Die Bestimmungen über das gerichtliche und Disziplinar-Straf⸗ verfahren gegen Beamte sind auf die Inhaber von Hoheitsrechten oder Regalien, so wie deren Stellvertreter, gleichfalls anzuwenden.“

Das Gutachten lautet:

„Zu z§. 408 bis 411.

Es ward bestritten, daß das Gesetzbuch besondere Strafbestim⸗ mungen hinsichtlich der Inhaber von Hoheitsrechten und Regalien zu geben habe. Entweder seien diese Inhaber Beamte, und dann seien auch die gewöhnlichen Strafbestimmungen ausreichend, oder sie han⸗ delten kraft eigenen Rechtes, dann aber sei eine jede Strafe nicht gerechtfertigt. Die Majorität der Abtheilung zog jedoch in Erwã⸗ gung, daß das hier erörterte Verhältniß ein zwar anomales, aber doch in den gegenwärtigen Zuständen des Landes positiv begründetes sei. Strafbestimmungen, wie die hier in Vorschlag gebrachten, seien jedenfalls zweckmäßig, indem sie die häufig, erregten Zweifel vollstän- dig beseitigen würden und geeignet seien, einerseits Staat und Unter- than gegen häufig geübte Mißbrauche sicher zu stellen, andererseits der Meinnug entgegenzutreten, daß der Jihaber des Regals sich der voll- ständigslen Ungebundenheit von der Staatsgewalt zu erfreuen habe.

Aus diesen Gründen hat die Abtheilung den Antrag,

den genannten Paragraphen zu streichen, ; mit 12 gegen 3 Stimmen abgewiesen und hierdurch die siebzehnte der gestellten Hauptfragen bejaht. Gegen die Paragraphen im Ein⸗ zelnen fand sich nichts zu erinnern.“

marschall: Es ist zweckmäßig, die Berathung des XXVII. Titels auszusetzen, weil die neuen Vorschläge der Regierung heute erst an die Mitglieder zur Vertheilung gekommen sind und es ver⸗ muthet werden kann, daß Mitglieder den Wunsch hegen, daß diese Berathung erst morgen vorgenommen werde.

Fürst Wilhelm Radziwill: Ich wollte mir erlauben, darauf an⸗