1848 / 68 p. 8 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

die Republik und die Grundsätze die ihr als Basis dienen müssen. Sie begrüßen die neugeborene Macht als eine Art schützender Polizei. Diese Ergebenheit fordert kein Opfer, und sie giebt den FJactionen die Zeit, sich im Dunkeln zu organisiren, um die Herrschaft wieder zu erringen. Es ist das ein Schirm gegen den Sturm; man ruht anter demselben eine Zeit lang aus, um ihn nachher in Brand zu stecken. Man klage uns nicht an, von dem Gesammtheerde des Va⸗ terlandes Bürger ausschließen zu wollen, die mehr oder weniger ge= gen die Freiheit gesündigt haben. Die gesellschaftliche Ordnung, die wir herzüstellen süchen, soll selbst von ihren Feinden Nutzen ziehen, Aber wir wollen nicht, daß sie sich des Heiligthumes der Republik bemächtigen. Sie mögen ihre Gäste sein, wenn sie das wollen: sie sind es schon; leiden wir nicht, daß sie ihre Herren seien!“ Ein Mitarbeiter desselben Blattes, Herr Aug. Barbet, warnt andererseits vor den „Systemen“ der Organisation der Arbeit, wodurch das In⸗ dividuum nur an die Staatsmaschine gefesselt werde. Vorerst möch— ten die Arbeiter sich damit begnügen, die Tagesarbeit auf 10 Stun⸗ den herabgesetzt zu sehen; sie möchten an die Verhandlungen der Na— tional-Versammlung, an denen sie selbst Theil nehmen würden, ap—⸗ pelliren und von dieser die Organisation des Kredites und der Arbeit erwarten. „Mit Kredit“, sagt Herr Barbet weiter, „kann der Ar— beiter die Instrumente der Produrtion herbeischaffen; mit Kredit kann er diese in Thätigkeit setzen und findet Zeit, sie auszutauschen. Ohne Kredit fällt er dem Jinswucherer anheim, der die Arbeit seiner Hände absorbirt und ihn verhindert, seine Bedürfnisse zu befriedigen.“ Diese beiden Auszüge geben Ihnen eine Idee der Richtung, die das Peuple Constituant befolgt. Es ist neben dem Ami du Peuple Raspail's bis jetzt das bedeutendste neue Organ. Es verlangt mit diesem und mit fast allen Blättern, außer einer strengeren Wahl in den neuen Anstellungen, auch die rasche Zusammenberufung der Na— tional⸗Versammlung.

Der National ist jetzt das Haupt⸗Organ der herrschenden Partei und hat daher in seiner Art eine konservative Haltung ange⸗ nommen; an ihn schließt sich die mehr sozialistische Reforme. Da Herr Thlers, der Führer des ehemaligen linken Centrums, und Herr Odilon Barrot, der Führer der ehemaligen Linken, der provisorischen Regierung ihre Unterstützung zugesagt haben, so folgen ihre Blätter, der Constitutionnel und das Sicle, natürlich deren Ansichten.

Die Haltung, welche das Journal des Debats von Seiten der französischen Republik dem Auslande gegenüber beobachtet zu sehen wünscht, deutet es in folgenden Worten an:

„Wir glauben, daß nach dieser plötzlichen Konvulsion, nach die⸗ ser dußersten Anstrengung, welche das Land bis in seine innersten Tiefen anfgeregt hat, sein erstes und gebieterischstes Bedürfniß die Wiederherstellung der Ordnung ist. Das ist nothwendig für seine eigene Sicherheit, nothwendig aber auch für die Sicherheit der gau— zen Welt. Denn man muß wohl darauf gefaßt sein; das Gefühl, mit welchem Europa die Nachricht der französischen Revolution be⸗ grüßen wird, wird mit Entsetzen gepaart sein. Wenn dieser furcht⸗ bare Donnerschlag an die Thüren aller Reiche klopft, wird er wirre und verschiedenartige Echo's erwecken. Mit einem unwiderstehlichen Stoß wird er taiusend sinstere Gespenster aus den Gräbern eistehen machen, in deren Mitte die Freiheit selbst erscheint, ihre noch bluten⸗ den Wunden zeigend. Wir sprechen hier nicht von den Königen, sondern von den Völkern. Alle werden emporschnellen bei diesem Signal und sich ängstlich nach der Stadt des Schicksals kehren, von welcher es ausgegangen. Millionen Blicke, glühend und unruhig, in denen Zweifel sich mit Hoffnung mischt, werden sich gierig auf Paris heften. Die Welt, die da wartet, weiß noch nicht, was wir sind und was wir sein wollen. Es ist nothwendig, daß sie es sogleich erfahre, am ersten Tage, in der ersten Stunde. Hier, mitten unter uns, hat die Revolution sich zu reinigen begonnen. In diese Feuersbrunst, welche so viel Ver⸗ gangenes verzehrt, hat sie das politische Schaffott gestürzt und seine Asche in alle Winde gestreut. Sie hat edel und muthig das einfar⸗ bige Banner zurückgewiesen, welches das Problem des Blutes und des Gemetzels war. Was sie für sich selbst gethan, muß sie auch für die Anderen thun. Der Aufruf, den sie an die Welt richtet, sei der Aufruf zur Freiheit und zur Ordnung, nicht zur Anarchie und Zer⸗ störung. Sie hat sich selbst beruhigen wollen, sie möge es auch ver⸗ fuchen, die Nationalitäten und die ganze Menschheit zu beruhigen. Die gerechteste und rechtmäßigste Propaganda ist die Propagagda der Ideen; möge unser Land in seinem Schooße die Gerechtigkeit, das Recht, die Freiheit, die Ordnung, die Humanität, die Civilisation triumphiren machen, und es wird sein wie der Fels der Liebenden, welchen die Fabel mitten ins Meer versetzt und welcher die Schiffe aller Nationen mit unwiderstehlichem Zuge zu sich lockt. Deshalb predigen wir Eintracht und Frieden. Wir thun es für uns, wir thun es fur Alle. Wir wünschen, daß die Welt, wenn sie hört, daß Frank⸗ reich sich erhoben hat in seinem Zorn und in seiner Kraft, zu gleicher Zeit höre, daß es sich in Ordnung und in noch größerer Kraft wie⸗ der zur Ruhe begeben, daß ihr diese beiden Nachrichten Schlag auf Schlag zukommen, die eine, um sie zu warnen, die andere, um sie zu beruhigen.“

Die Maler, Bildhauer, Kupferstecher und Baumeister der Haupt⸗ stadt erschienen am Dlenstag auch als Körperschaft auf dem Stadt⸗ hause, und eine, Deputation überreichte der provisorischen Regierung eine Petition, in welcher sie darauf antragen, daß die Beamten, welchẽ unmittelbar und direkt auf die schönen Künste einwirken, von der Corporation der Künstler in allgemeiner Versammlung gewählt würden. „Die Künstler wissen“, heißt es in dieser Petition, „daß sie Arbeiter sind, sie stellen sich den Arbeitern, nicht den Beamten gleich; sie bitten, die Regierung wolle den Tag und den Ort der allgemeinen Versammlung bestimmen.“ Die Regierung erklärte, sie werde die Petition berücksichtigen, und sie „betrachte die Mitwirkung der Künste als wesentlich für die Verwirklichung des demokratischen Gedankens in der Gesellschaft.“

In Bordeaux hat die erste Nachricht von dem Sturze Ludwig Philipp's einen großen Schrecken hervorgebracht, der sich namentlich fn einem allgemeinen Andrange gegen die Bank kundgab; die Inha⸗ ber von Bankzetteln wollten ihr Papier sofort in klingende Münze umsetzen, und es kam dabei zu unruhigen Auftritten.

Die Bank von Bordeaux hat nun den Personen, welche laufende Konto's haben, angezeigt, daß sie ihre Anweisungen nur in Bank⸗ Billets zählen werde, und daß diese Anweisungen deshalb auf Sum— men lauten müssen, bie in 500 und 190) Fr. aufgehen. Die Mit⸗ glieder der dortigen Handels-Kammer haben, außerdem beschlossen, die an sie zu machenden Zahlungen in Bank⸗Billets, welche sie als baar betrachten wollen, entgegenzunehmen. .

In Rheims legte am 2bsten eine Bande Brandstifter in den Hüttenwerken des Herrn Croutelle Feuer an. Die provisorische Ver⸗ waltung erließ eine Proclamation, in welcher sie die Arbeiter auff or⸗ dert, sich zu bewaffnen, um vereint mit ihr, die Wiederkehr ähnlicher Verbrechen zu verhüten, gegen welche sie mit äußerster Strenge ver⸗ fahren werde. Am 28sten war bereits durch Hülfe der bewaffneten Bürger, größtentheils Arbeiter, die Ordnung wiederhergestellt. Die dortige Behörde fordert alle guten Bürger wiederholt auf, zur Auf⸗ rechthaltung derselben behülflich zu sein. Zugleich erläßt sie eine

roclamatson, der zufolge alle unbeschäftigten Arbeiter sich melden ollen; sie werde sofort für Arbeit Sorge tragen.

3u Maisons-Laffitte hat ein förmliches Gefecht zwischen der

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National Garde von St. Germain und einer Bande stattgefunden, welche das Schloß zu plündern beabsichtigte. Es soll 8 Todte dabei gegeben haben.

Die Handels⸗Kammer von Lille hat bei dem Präfekten eine Pro- rogation der Verfallzeit der Handels⸗-Effekten nachgesucht. Die dor⸗ tige Bank hat für den Augenblick die Umsetzung ihrer Papiere gegen Baar eingestellt.

Armand Marrast, Mitglied der provisorischen Regierung, ist spe⸗ ziell mit der Verwaltung aller Mobilien und Immobilien, welche die frühere Civilliste bildeten, so wie der unter Sequester befindlichen Gü—⸗ ter, welche der Privat- Domaine oder den Prinzen und Prinzessinnen der Familie Orleans gehören, beauftragt. Er bezieht das Hotel der früheren Intendantschaft der Civilliste und führt den Titel: „National- Administrator der Güter der früheren Civilliste.“

Ueber den Angriff auf die Tnilerieen giebt die Reforme jetzt folgenden näheren Bericht:

„Die 5te Legion der Nationalgarde zog auf die Tuilerieen zu, und sie war bis zu der Rue de b'Echelle gckommen, als man das Feuer auf dem Platze des Palais-Roval hörte, denn der Posten des Chateau d' Eau hatte den Kampf wiedez begonnen. Die Legion eilte dahin, während Tausende ihr folgten. Marschall Gerard erschien hier plötzlich mit einem Friedens- zweige in der Hand, um die Kämpfenden zu trennen, was ihm nicht glückte, und der Kampf währte fort. Der Marschall will auf die Ecke der St. Ho⸗ nore-Straße zurück, als plötzlich ein Offizier des Schlosses mit einem Pa- pier in der Hand, „die Abdankung Ludwig Philipp's“, heransprengte. Der Lieutenant der Fien Legion, A. Roche, nahm das Dokument an und über gab es dem Bürger Lagrange aus Loon zur Aufbewahrung. Das Feuer währte fort, und man fürchtete, daß die in den Tuilerieen stehen⸗ den Truppen den Kämpfenden in die Flanke fallen würden, denn es standen dort 3009 Mann Infanterie, 6 Geschütze, 2 Schwadronen Dra— goner, ohne die Munizipalgarden und sonstigen Wachen. Unter dem Schutze des Gitters und der Artillerie konnte sich hier ein furchtbarer Kampf entspinnen, der auf jede Weise zu vermeiden war. Die (ste, 2te, Zte, 4te, 6te und 101e Legion umzingelten schon die Tuilerieen, und die an= deren waren im Anzuge begriffen. Da eilte der Lieutenant A. Roche nach dem Gitter der Rue Rivoli, wohin er den Kommandanten der Tuilerieen rufen ließ. Der Kommandant kam in großer Furcht. „Sie sind verloren“, rief der Lieutenant, „wenn Sie nicht die Tuilerieen räumen und sie der Nationalgarde überliefert.“ Der stommandant ließ die Truppen in Linie gegen das Schloß ausstellen, jedoch ohne Anstalten zu machen, den Platz zu räumen. Als Roche sah, daß man keine Anstalten zum Rück— zuge machte, eilte er mit dem Bürger Lesueur wieder an das Gitter der Nue Rivoli mit einer Friedensfahne. Man öffnete das Gitter, und Beide traten allein mit den Degen in der Hand in den mit Soldaten angefüllten Hof. Der Kommandant trat auf sie zu, mit dem Be— merken, daß er die Truppen habe zurücktreten lassen. „Dies ist nicht ge— nug“, fagte Roche, „der Palast muß geräumt werden, sonst geschieht Un glück.“ Der Kommandanl führte sodann die beiden Offiziere vor den Pa⸗ villon de l'Horloge, wo mehrere Generale bei dem Herzog von Nemours standen. Aller Jüge drückten die tiefste Bestürzung aus. „Monseigneur“, redete der Kommandant den Herzog an, „hier ist ein vortrefflicher Bürger, der Ihnen die Mittel angeben wird, Blutvergießen zu verhüten.“ Was muß geschehen?“ sagte der Prinz mit zitternder Stimme dem Lieutenant. „Sie müssen“, erwiederte dieser, „den Palast in diesem Moment räumen und ihn der Nationalgarde überlassen, sonst sind Sie verloren. Der Kampf wird ein blutiger Kampf sein. Die Tuilerieen sind umringt, die fünste Le= gion, zu der auch ich gehöre, kämpft jetzt vor dem Palais Roval. Ma— chen sie ja, daß die Truppen hier fort sind, ehe jener Kampf zu Ende, wenn nicht der Kampf hier gegen Ihren Willen enibrennen soll.“ „Dies ist Ihre Meinung?“ entgegnete der Herzog, „ich werde die Truppen sich zurück= ziehen lassen.“ Und in demselben Moment gab er in Gegenwart der bei- den Nationalgarde Offiziere den Besehl zum Rückzug. Die Artillerie zog durch das Güter des Palastes, der Stab und der Herzog durch den Pa— villon, so daß die Pferde die Treppe herunter mußten; die Kavallerie folgte, zuletzt die Infanterie. Man vergaß sogar in der Eil, die Posten abzulö— sen. Bürger Roche schickte darauf die Nationalgarde in den Palast, die, begleitet von der neugierigen Menge, dahinströmte. Als der, Kampf ini Palais Royal nach einer Weile zu Ende war, strömten die Kämpfer nach den Tuilericen, um sie erstürmen. ö .

Im Marschallsaal in den Tuilerieen soll blos die Büste des Marschall Bugegub vom Volke zerstört worden sein. Nach der Üünion begab sich das Volk in den Tuilerieen auch zu den an die Stabs-Büreaus stoßenden Zimmern des Generals Jacqueminot. Der General war fort; bei der Eil seiner Flucht hatte er aber das Geld und andere Sachen von Werth, die in seinem Kabinet und Schlaf— zimmer waren, nicht mitnehmen können. Man ließ Alles unberührt; blos ein Mann, den man später als freigelassenen Züchtling erkannte, nahm für 80, 000 Fr. Papiere, die an den Inhaber zahlbar waren. Er wurde von den Bürgern festgenommen und nach der Präfektur gebracht, wo er der gesetzlichen Strafe harrt.

Das Journal La Republique berichtet aus Dreux: „Ludwig Philipp kam am 24sten um 113 Uhr mit seiner Gemahlin, der Her⸗ zogin von Nemours und ihren Kindern hier an. Es gelang ihnen, das strengste Inkognito zu bewahren, bis der einzige sie begleitende Lakai den Namen des Königs aussprach. Außerdem waren blos zwei Kammerfrauen bei ihnen. Gegen 1 Uhr langte der Herzog von Montpensier hier an und meldete, dass das Volk von der ganzen Königlichen Familie nichts mehr wissen wolle. Am 25sten um 9 Uhr Morgens fuhr man von Dreux ab. Um die Abreise nicht bemerkbar zu machen, hatte der Lakai, der außen saß, seine Livree abgelegt und andere Kleider angezogen, die zwei Stunden vorher gekauft wurden. Der Unterpräfekt fetzte sich neben ihn und geleitete den Wagen, der bald außerhalb der Stadt war. Als die Gendarmen zu St. André, wo wegen Pferdewechsels Halt gemacht wurde, fragten, wer im Wa⸗ gen sei, stieg der Unterpräfekt ab und flüsterte ihnen etwas zu, woranf sie gleich fortgingen. Ludwig Philipp hatte kaum den Forst von Anette passert, als die Arbeiter einer nahen Papierfabrik in der Absicht an langten, ihn anzuhalten und festzunehmen.

Der Herzog von Nemours soll vor seiner Abreise aus Paris zwei Tage bel Personen sich versteckt gehalten, die er nicht kannte und denen er sich anvertraut hatte, als er sich allein in einem Hofe der Invaliden befand. Unterweges, so erzählt man, sei er trotz sei⸗ ner Verkleidung mehrmals erkannt worden, aber man habe ihm kein Leid zugefügt.

Herr Thiers, der die letzte Sitzung der Deputirten Kammer zu Fuß verließ, wäre, wie man sagt, von einer wüthenden Notte bei⸗ nahe ins Wasser geworfen; Herr Talabot, der ihn in Nationalgarden Uniform begleitete, rettete ihn. Gegenwärtig ist er in sein Hotel zurückgekehrt.

Die Mitglieder des Guizotschen Ministeriums sollen am 24. Fe⸗ bruar von dem Stande der Dinge so wenig unterrichtet gewesen sein, daß Herr Duchatel im Ministerlum des Innern guf Herrn Odilon Barrot gewartet habe, um ihm sein Portefeuille zu übergeben, als Herr von Maleville erschien und ihm anzeigte, daß der König abgedankt habe und genöthigt gewesen sei, zu fliehen.

Der National und mehrere andere Blätter enthalten folgende Zeilen Louis Napoleon's:

„„Paris, 29. Febr. An die Mitglieder der provisorischen a , Meine Herren! Nach dreiunddreißig Jahren des Exils und der Verfolgung, n ich das Recht erworben zu haben, eine Heimat auf dem Boden des

aterlandes wiederzufinden. Sie dagegen denken, daß meine Anwesenheit gegenwärtig ein Gegenstand der Verlegenheit werden könnte. Ich entferne mich daher einstweilen. Sie werden in diesem Opfer die Reinheit meiner Gesinnungen und die Aufrichtigkeit meines Patriotismus erkennen. Em—

ie, meine Herren, 2c. (gez. Napoleon Louis Bonaparte.“

ga Herr von Lamartine, der von jeher für die Traditionen der laiserzeit wenig Neigung gefühlt, soll gegen Louis Napoleon, als die ser der provisorischen Regierung sich vorstellte, sehr kalt gewesen sein, und ihm zwar höflich, aber entschieden bedeutet haben, daß man keines Prätendenten bedürfe. Dies bewog denselben, gestern Frank reich wieder zu verlassen, wo er überhaupt gar keine Sympathien ür sich zu ha ben scheint. z ;

Piecre Napoleon Bonaparte (Sohn Lucian's) hat seinerseits da—⸗ gegen folgendes Schreiben an die provisorische Regierung gerichtet:

„Meine Herren! Sohn Lucian Bonaparte's, genährt in seinen republi= lanischen Ideen und, wie er, abgöttischer Verehrer der Größe und des Glückes Frankreichs, eile ich, ein Kind des Vaterlandes, herbei und stelle mich den hervorrage den Bürgern, welche die provisorische Regierung bilden, zur Ver⸗ fügung. Das Gefühl, das mich beherrscht, ist enthusiastischer Patriotismus und die Ueberzeugung, daß Frankreichs Wohlfahrt und republifanische Zukunft von dem Augenblicke an enischieden waren, wo das Volk Sie an scinẽ Spitze stellte. Gleich meinem Vater, der nie seinem Eide untreu wurde, leiste sch den meinigen für die französische Nepublit in Ihre Hände. Genehmigen Sie, meine Herren, diesen Att tiefer Sympathie und einer Hingebung, die nichts weiter verlangt, als auf die Probe gestellt zu werden.“ .

Einer der Hof⸗-Aerzte soll die Herzogin von Montpensier, die bei der Verwirrung der Flucht im Volksgewühl sich von der Königlichen Familie verloren hatte, in seinen Schutz genommen und glücklich in Sicherheit gebracht haben, so daß sie im Stande war, sich ebenfalls nach England zu flüchten.

Die Erlaubniß zur Uebertragung der Gebeine Armand Carrel's vom Kirchhofe nach dem Pantheon ist für jetzt von der provisorischen Regierung noch nicht gestattet worden. Man will erst Anstalten zu dieser Feierlichkeit treffen, damit die ganze Regierung daran Theil nehmen könne. Die Deputation, welcher auf dem Stadthause dieser Bescheid geworden, hat daher einstweilen sich darauf beschränkt, das Grab jenes vor Jahren im Zweikampf mit E. von Girardin gefalle⸗ nen Journalisten, damaligen Redacteurs des National, mit Blu⸗ menkränzen zu schmücken. Uebermorgen sollen die in den Februar Tagen Gebliebenen feierlich bestattet werden.

Heute hat sich ein Zug von Bürgern und eine Deputation der Schulen zu Paris und St. Cyr vom Stadthause auf den Kirchhof von St. Mandé begeben. Marrast, der Maire von St. Mandé und Emil Girardin hielten Vorträge am Grabe Carrel's. Letzte— rer sagte:

„Bürger! Indem ich mich dieser ernsten und schmerzlichen Feier bei⸗ geselle, moge Keiner das Gefühl mißkennen, das mich hierher führt,. Ich entsprach einem edlen Aufrufe, der an mich ergangen. Ein solcher Aufruf konnte mich nur ehren, denn er setzte voraus, daß mein Herz kein gemeines sei. Er bewies, daß man weder an der Aufrichtigkeit, noch an der Dauer meiner Trauer um den Verstorbenen zweifle, die ich schon bei anderer Ge— legenheit an den Tag gelegt. Hätte sich diese Trauer um den Verlust des ausgezeichneten Bürgers steigern können, so würden es die jüngsten Er= eignisse thun. Gestehen, daß Armand Carxrel, denselben fehlt, heißt ihm die glänzendste Anerkennung zollen. Doch ich irre mich. Noch eine Weihe gebührt ihm, und diese ist, von denen, welche die Todesstrafe abgeschafft, auch die Unterdrückung des Duells zu verlangen.“ . .

Die Wunden, welche General Lamoriciere an der Hand und in der Seite erhalten, sind beinahe geheilt, und er wird, wie es heißt, unverzüglich nach der Nordgränze abgehen können, wo er den Auftrag haben soll, ein Observations⸗-Corps zu organisiren. .

Der russische Geschäftsträger hatte gestern eine lange Konferenz mit Herrn von Lamartine, die sich indeß nur auf Feststellung von Paß - Formalitäten bezogen haben soll. .

Es hat heute eine sehr zahlreich besuchte Versammlung von Amerika⸗ nern, welche in Paris wohnen, stattgefunden, um zu beratt en, ob es nicht passend sei, in einer Adresse an die provisorische Regierung ihre „Sympathieen und ihre Bewunderung“ für das französische Volk während und nach seiner Revolution auszusprechen. Den Vorsitz führte Washington Irving. Es wurde sofort eine Adresse in dem beregten Sinne aufgesetzt, und sie wird von den Unterzeichnern der provisorischen Regierung übergeben werden.

Eine große Anzahl von Savoyarden, die in Paris wohnen, ha— ben eine Petition an die provisorische Regierung aufgesetzt, in welcher sie die Vereinigung Savoyens mit Frankreich verlangen.

Es heißt, daß Admiral Baudin, der neu ernannte Befehlshaber der Escadre im Mittelmeere, Befehl hat, sofort unter Segel zu gehen.

In die Departements ist eine telegraphische Depesche des fol— genden Inhalts abgegangen:

„Tagesbefehl. Soldaten! Ich beschwöre Euch, im Namen des Vater landes und der Ehre, Eure Fahne nicht zu verlassen und auf die Stimme der Offiziere zu hören, welche Euch befehligen. Die Nation bedarf des Beistandes und des Patriotismus ihrer Kinder, und vergeßt nicht, daß Ihr eines Tages vielleicht berusen seid, ihre Unabhängigkeit und die Unverletz⸗ lichkeit ihres Territoriums zu vertheidigen. Ihr werdet auf meine Stimme hören, die im Namen der Ehre und des Vaterlandes zu Euch spricht.

Der provisorische Kriegs-Minister, Subervic.“

Zum Gouverneur des Schlosses von Versailles ist Herr Felicien Mallefille und zum Gouverneur des Schlosses von Fontainebleau pro— visorisch Herr Auguste Luchet ernannt.

Während der letzten Kämpfe sind 430 Verwundete, worunter 78 Soldaten, in die pariser Spitäler gebracht worden.

Der Buchhändler Pagnerre ist zum General-Secretair der pro visorischen Regierung ernannt.

Das Dekret wegen Abschaffung der Adels- und anderen Titel scheint noch nicht deutlich genug gewesen zu sein. Der Delegirte der Regierung für die Polizei⸗Verwaltung hat wenigstens in seinen reaus speziell angezeigt, daß die einzige von der Regierung anerkannte Oualification das „Citoyen“ sei und demgemäß sämmtliche Beamte in ihren dienstlichen Akten sich nur dieser Bezeichnung zu bedienen hätten. Der Corsaire charakterisirt die Zusammensetzung der provisori⸗ schen Regierung in folgender Weise: Lamartine; die Kunst und Poesie; Dupont (de bEure): die Redlichkeit; Garnier⸗-Pagis: die Freiheiten des Landes; Marrast: die Presse; Louis Blanc: die Arbeit; Marie und Ledru-Rollin: die Freiheit und das Wort; Cremieux (Israelith: die Gleichheit der Kulte; Albert (Arbeiter): die Volksrechte.

Die Professoren am Konservatorium der Künste und Gewerbe haben am Montag auch ihre Vorträge wieder begonnen.

Am Sonntag Abend wurden mehrere der Theater mit Vorstel⸗ lungen zum Besten der Februar⸗Verwundeten wieder geöffnet. Das Theater franzais, jetzt Theater der Republik genannt, gab „die Ari⸗ stokratieen“ von Etienne Arggo (dem setzigen General ⸗Postmeister) und Molibre's „Arzt wider Willen.“ Man trat ein, ohne ein Billet zu nehmen, und Jedem stand frei, seine Gabe bei der Kontrolle nie⸗ derzulegen. Die Versammlung war zahlreich. Im Zwischenakte sang Vrͤndeau in Ratsonalgarden-UÜnifornt die Marseillaise.

Einer der Adjutanten des Herzogs von Nemours hat den neuen Minister des Innern gestern um die Direction des Theatre frangais

ten x ;

9 Der Legitimist Herr von Larochejacquelin hat an die provisorische Regierung folgendes Schreiben gerichtet: „Eine unermeßliche Be⸗ wegung hat sich so eben erfüllt. Ein großer Alufruf ist an die gauze Nation ergangen. Wir müssen jetzt darauf, antworten. Das bewun⸗ berns würdige Schauspiel, welches die Bevölkerung von Paris bietet,

die Anstrengungen Aller, zur Erhaltung der Ordnung und der Frei⸗

heit geben uns die Ueberzeugung, daß sich die Nation, durch die

ĩ ĩ ĩ 6he i ; Tage und Eintracht aller ihrer Kinder, zu der Höhe ihrer schönsten

ihres größten Nuhmes erheben wird. Achtung dem , ben, Achtung dem Eigenthum, Achtung den , 2 9 Wohlsein den Arbeitern. Ordnung und Freiheit für Eh 2 1. feit zwischen Allen und ohne Rückhalt. Das 26 vor * u ist gegenwärtig der Sammelruf Frankreichs. Zählen 4 1. . Ferner bemerkt man unter den Personen, welche sich . . ani⸗ schen Regierung na el gigen , Napoleon Duchatel, den Bruder

s flüchtigen Ministers des Junern. . . eo, m, am Montag den 6. März die Operationen der

Börse wieder beginnen sollen.

Paris, 3. Män,. ) (i B35 Bz ob) Ter englisch? Vzischaf Tord Normanby, hat dem Minister des Auswärtigen gestern in Depeschen mitgetheilt, welche er von Lord Pal— mirston mit Bezug auf die Stellung England gegenüber der neuen Regierung von Frankreich erhalten. orb. Dehne en, zeigt dem Bot⸗ schafter darin an, daß England keinen Augenblick Anstand nehme, bas Recht der franzbsischen Nation anzuerkennen, ihre Regierungs⸗ form zu ändern. Er fügt hinzu, daß, wenn das diplomatische Her— kommen es dem englischen Gouvernement nicht gestatte, definitive di⸗ plomatische Agenten bei einer provisorischen Regierung zu beglaubi⸗ gen, doch, sobald die provisorische Regierung durch die National— Verfammlung definitiv eingeseßt sei, ein Botschafter bei der franzö⸗ sischen Republik akkreditirt werden würte. Inzwischen ist Lord Nor— manby ermächtigt, mit der provisorischen Regierung nicht blos die herkömmlichen Verbindungen, sondern alle Beziehungen des guten Einvernehmens und der Freundschaft zu unterhalten, welche die bei⸗ den Regierungen beseelen müssen. .

(Aach. Ztg.) Lamartine soll dem belgischen Gesandten ange⸗ zeigt haben, daß die Regierung gern Herrn von Numigny als fran⸗ zössschen Gesandten in Brüssel lassen werde. Herr von Rumigny soll jedoch geantwortet haben, nach seinen langen Diensten sehne er sich danach, auszuruhen und seinen Mitbürgern ein Beispiel des Gehor— sams gegen die Gesetze zu geben.

Ber Kriegs-Minister hät unterm 1. März ein Rundschreiben an die kommandirenden Generale der Militair⸗Divisionen gerichtet, in wel chem er ihnen die unter den gegenwärtigen Umständen zu treffenden Maßregeln vorschreibt. Die Militairs aller Grade und Waffengat— tungen, mit Ausnahme derer, welche der Klasse von 1841 angehören, werden unmittelbar zu ihren Corps einberufen. Die Republik wird in jedem Corps vor den versammelten Truppen proklamirt. Proto- kolle, von der Intendantschaft ausgefertigt, werden diese Solennität konstatiren. Die Adhäsionslisten werden von sämmtlichen Offizieren unterzeichnet. Die National-Farben, so wie die provisorische Regie⸗ rung sie angenommen, sind das einzige Sammel-⸗Zeichen aller Fran⸗ zosen; keine anderen können geduldet werden. Die Generale werden im Einverständniß mit der Cwil-Verwaltung alle nöthigen Maßregeln treffen, um durch die Truppen, in Verbindung mit der National— Garde, die Erhaltung der öffentlichen Anstalten zu sichern.

Die Berathungen der Regierungs-Kommissson für die Arbeiter haben bereits ein Resultat gehabt. Die erste Sitzung derselben, vor⸗ gestern, ist, wie sich erwarken ließ, sehr belebt gewesen. Nach einer einleitenden Rede des Präsidenten Louis Blanc über Zweck und Ab⸗ sicht der Versammlung nahmen mehrere Arbeiter das Wort, um die Wünsche ihrer Kommittenten vorzutragen. Die Hauptpunkte, welche sie berührten, waren die Reduction der Zahl der Arbeitsstunden und die Abschaffung der Marchandage, d. h. der Ausbeutung der Arbei⸗ ter durch Ünter- Entrepreneurs von Arbeiten. Die Arbeiter drohten, sie würden nicht eher in ihre Werkstätten zurückkehren, als bis diese beiden Fragen in ihrem Sinne erledigt wären. Herr Louis Blanc wies auf das Gefährliche eines solchen Beschlusses hin, und Herr Arago appellirte an den Patriotismus der arbeitenden Bevölkerung: vergebens, die Arbeiter beharrten auf ihrer Drohung. So traten denn gestern eine Anzahl großer Fabrikherren, ebenfalls in einem der Säle des Luxembourg, zusammen und beschlossen, jenen Forderungen zu genügen; ihr Entschluß wurde wesentlich beschleunigt durch ver schiedene Arbeiter-Deputationen, welche von Zeit zu Zeit sich nach dem Resultat der Berathungen erkundigten. Heute endlich ist die folgende Bekanntmachung der provisorischen Regierung erschienen:

Auf den Bericht der Regierungs-Kommission für die Arbeiter; in Er⸗ wägung, 1) daß eine zu lange dauernde Handarbeit nicht blos die Gesund⸗ heit des Arbeiters ruinirt, sondern auch, weil sie ihn hindert, seine Intelli⸗ genz auszubilden, die Menschenwürde beeinträchtigt; 2) daß die Ausbeutung der Arbeiter durch die Unter-Entrepreneurs, Marchandeurs oder Tacherons genannt, wesentlich ungerecht, vexatorisch und dem Prinzip der Verbrüderung widersprechend istz beschließt die provisorische Regierung: 1) Der Arbeits- tag ist um eine Stunde vermindert. Er ist demgemäß in Paris, wo er 1 Stunden zählte, auf 10, und in den Provinzen, wo er bis jetzt 12 Stun— den hatte, auf 10 herabgesetzt. 2) Die Ausbeutung der Arbeiter durch Un ter-Entrepreneurs oder Marchandage ist abgeschafft. Es ist übrigens wohl zu verstehen, daß die Arbeiter -Associationen, welche nicht die Ausbeutung der Arbeiter durch einander zum Gegenstande haben, nicht als Marchandage betrachtet werden.“

. Ein Schreiben der brüsseler Independange aus Paris spricht sich über die Verlegenheiten aus, welche die soziale Mission, die die provisorische Regierung übernommen, ihr bereits zu bereiten beginnt. „Die Arbeiter“, heißt es in diesem Schreiben, „fordern die unver⸗ zügliche Lösung des größten sozialen Problems unserer Epoche und aller kommenden Zeiten, des Problems der Organisation der Arbeit. Es ist eine Regierungs-Kommission niedergesetzt, und sie hat ihre erste Sitzung gehalten. ultat ist das gewesen, daß sie den tiefen Abgrund aufgedeckt hat, der noch zwischen dem Volke und den Männern liegt, welche es am besten verstanden und am meisten studirt zu haben glauben. Herr Louis Blanc, der Präsident der Kommission, schmeichelte sich, eine ganze fertige Lösung bei der Hand zu haben; er ist durch die unvorhergefehe— nen und unwiderlegbaren Einwürfe der zu der Sitzung berufenen Ar— beiter vollständig aus der Fassung gebracht und aus dem Sattel gehoben worden. Die Niedersetzung dieser Kommissson trägt den Keim zu einer fortwährenden Gährung in sich, und große Ereignisse n daraus hervorgehen. Unglücklicherweise will Niemand einsehen, daß man nicht Alles auf einmal thun kann. Die Arbeiter feiern fortwäh! rend, und die Ansteckung hat bereits die Eisenbahnen erreicht. An der Nordbahn hat noch Niemand gearbeitet, und gestern Morgen sind 300 Arbeiter in den Werkstätten von St. Denis erschienen, um die Wiederaufnahme der Arbeiten zu verhindern. Vorgestern haben die Maschinisten und Heizer sämmtlicher Linien den Dienst verweigert wenn nicht unverzüglich alle Fremden fortgetrieben würden. Die BVer⸗ waltung hat vergleichsweise das Versprechen gegeben, in Zukunft nur noch Franzosen anzustellen und keinen Kontrakt mit Ausländern wieder zu erneuern. Nach dem Verlangen, daß der Lohn erhöht und die Arbeit vermindert werde, sind weitere Ansprüche, darunter das Ver⸗ langen einer Ruhestands⸗-Pension für Arbeiter im Alter von 55 Jah— ten, zum Vorschein gekommen, und Proclamationen, welche an die Mauetrn von Paris angeschlagen sind, verlangen, daß die Regierung

ter, orma offiziöser Weise die

Die pariser Post mit den Zeitun i i gen vom 3. März war bis zum 6 N. entf nn 8 un noch nicht eingegangen. Obige Nachrich= m 3ten sind von den iheini Blãä brü Jou no en re en m e,, *. rheinischen Blättern aus brüsseler

Das einzige Resultat dieser Versammlun . 9465 ; rz . . ug fen der Lazzaroni stehen und schrie der National-Garde entgegen:

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sich unverzüglich mit der Frage beschäftige und dafür die 12 Millionen der Civilliste und die Krondiamanten verwende.“

Es bestätigt sich nicht, daß Herr Dupin seiner Stelle als Ge⸗ neral Prokurator entsetzt worden.

Die Börse ist noch nicht eröffnet. Mau erwartet jedoch starken Verkauf. Man schätzt bis zum Sten den Werth der 3pCt. auf 60, 5pCt. 100.

Das Journal des Débats sagt heute: „Eine National- Veisammlung wird zusammenberufen werden; was sie beschließen mag, wir nehmen es im voraus an. Unser einziger Zweck geht in diesem Augenblick dahin, mit ganz Frankreich dazu beizutragen, so weit unsere Einsicht und unsere Kraft reicht, die Ordnung aufrecht zu erhalten, das Vertrauen neu zu gebären, die friedliche Lösung der großen politischen und sozialen Fragen herbeizuführen, welche das Land bewegen. Die letzte Revolution ist wenigstens der eklatante Beweis des unermeßlichen Fortschrittes, welchen unsere Sitten gemacht. Ein Thron ist gefallen, eine ganze Regierung ist aufgelöst, und nicht Ein Akt der Grausamkeit gegen Personen, nicht Eine Gewaltthat hat nachgewiesen werden können. Politisch getrennt vor noch kaum acht Tagen, sind jetzt Alle darin einig, aus dem Sturz der Justitutionen die Eroberungen der Civilisation und der Freiheit zu retten. Auf dem Schutt hat sich die Ordnung erhoben. Unsinnig wären die, die da anstehen würden, ihr Bedauern oder ihren Groll den Anforderun— gen des allgemeinen Interesses zum Opfer zu bringen. Es giebt ge⸗ genwärtig für alle Ehrenmänner nur Eine Pflicht, die Pflicht, ihre Zwistigkeiten zu vergessen und sich in dem Einen Gedanken zu ver— einigen, die Gesellschaft aus den Krisen und Stürmen der Politik zu retten. Wir haben einer Regierung, die wir nicht gewünscht und die wir nicht herbeigerufen, keinen besonderen Beistand zu leihen, aber wir schulden ihr Alle unseren Beistand als Bürger. Thun wir un⸗ seren Dienst, wenn wir National-Garden, öffnen wir unsere Läden und Werkstätten, wenn wir Handels- und Gewerbetreibende, zeigen wir Vertrauen, wenn wir Kapitalisten, verwenden wir unseren ganzen Einfluß, die Herzen und Geister zu verbinden, wenn wir Schriftsteller und Künstler sind. Weihen wir uns einhellig der größten aller Sa chen, der Sache der Ordnung. Monarchie oder Republik, es ist im⸗ mer Frankreich, und Frankreich allein sind wir es ohne Rückhalt schuldig.“

Eine Anzahl Matrosen, die in Paris zu Hause sind, haben sich gestern nach dem Marine -Ministerium begeben und die Abschaffung der Prügelstrafe in der Marine in Anregung gebracht. Es ist ihnen die Antwort gegeben, daß die Regierung bereits damit beschäftigt sei, ihrem Wunsche zu genügen und jene Strafe für immer abzustellen.

Ueber das Schicksal der früheren Minister weiß man noch immer

nichts Bestimmtes. Man will jetzt behaupten, Herr Guizot sei, tödt⸗ lich erkrankt, noch in Paris versteckt, Herrn Duchatel dagegen sei es gelungen, über die spanische Gränze zu gelangen. Der Instructions—⸗ Nichter hat gegen sämmtliche Kollegen der Herren Guizot und Du⸗ chatel, gegen die früheren Minister Dumon, von Salvandy, Hebert, Trezel, Jayr, Cunin-Gridaine und Herzog von Montebello, Vorfüh⸗ rungs⸗Befehle erlassen. . (Köln. Ztg.) Die Revue des Deux Mondes ertheilt jetzt ebenfalls der provisorischen Regierung ihre Zustimmung, indem sie, wie fast alle Organe der Presse, verkündet, daß der Friede nicht blos im Interesse des monarchischen Europa, sondern noch mehr im Interesse des revolutionairen Frankreichs sei. Die Revolution scheint übrigens den Werth der Grundstücke nicht vermindert zu haben. Ge⸗ stern wurden in Paris zwei Bauplätze versteigert und um 20 pCt. höher zugeschlagen, als sie ausgesetzt worden waren.

FJtalien.

Genug, 24. Febr. (A. 3.) Ein österreichisches Bataillon ist von Cremona, nach Ankunft einer Staffette des Herzogs von Parma, in Eilmarsch nach Parma abgegangen. Alle Wachtposten der Stadt, auch die des Herzoglichen Palastes, wurden sogleich den Oesterreichern übergeben. Von weiteren Ruhestörungen ist bis jetzt nichts bekannt geworden.

Die Nachrichten aus Neapel reichen bis zum 19. Januar. Es fanden Ruhestörungen von Seiten der Lazzaroni statt, welche inmitten der stürmischen Lebehochrufe auf König und Constitution sich laut be⸗ klagten, daß sie weder Arbeit noch Brod haben. Nach ausgestreuten Gerüchten sollte in der Nacht vom 15ten auf den 16ten eine große Brandstiftung stattfinden, und man bezeichnete namentlich die Häuser del Cartetto, St. Angelo, Campo Basso und de Cristoferis (die beiden letztgenannten Hausbesitzer waren Agen⸗ ten des Polizei⸗-Ministers del Carretto) als den Flammen verfallen. Die National-Garde wurde vom Polizei⸗Präfekten auf— gefordert, ihre Posten zu verstärken. Wie der blinde Volks alles Üebel den Oesterreichern in die Schuhe schieben will, so hieß es auch diesmal wieder, die Brandstifteioseien bezahlte Agenten Oesierreichs, deren Zweck sei, Unruhe und Aufregung zu unterhalten! Am 16ten Morgens versammelte sich ein zahlreicher Lazzaroni-Haufe unter den Fenstern des Königlichen Palastes, ließ König und Constitution leben, verlangte aber Arbeit und Brod. Die Sache ward ernsthaft. Der Lazzaroni-Führer Don Michele suchte vergebens die Menge zu be— schwichtigen. Das Geschrei drang immer von neuem wieder zu den Fenstern des Palastes hinauf. Die National-Garde rückte inzwischen in zahlreichen Reihen von der Toledo⸗-Straße gegen den gro⸗ ßen Platz heran. Fest wie eine Mauer blieb aber der dichte Hau⸗ „Wir weichen nicht von der Stelle.“ Da stürzte ein junger Mensch auf den Fahnenträger der Lazzaroni und entriß ihm das Banner, auf welchem ihr Verlangen nach Arbeit und Brod in großer Schrift zu lesen war. Darüber heftige Erbitterung des Gesindels. Die Na— tionalgarde fällte das Bajonnet, und mit dem Rufe: „Wer ein recht⸗ liche Mann ist, der weiche vom Platz!“ trieb sie den Pöbel aus einander. Von einem Ministerwechsel war bei dem Abgang der Post von Neapel ernstlich die Rede. Die liberale Partei hoffte, Bozzello werde in das neue Ministerium treten. Binnen zwei Monaten sollten die Kammern in Neapel sich versammeln. Am 1hten fand eine große össentliche Spende von Geld, Brod und Lebensmitteln aller Art an die Armen statt. Der König steuerte dazu 5900 Ducati, die Kö⸗ nigin 2000 bei. Nach einem Schreiben der Lega Italiana aus Neapel vom 17ten sollte von dort binnen wenigen Tagen ein außer⸗ ordentlicher Gesandter nach Rom, Florenz und Turin abgehen, um einen politischen italienischen Bund zu Stande zu bringen. .

Aus Messina gehen die direkten Nachrichten bis zum 14. Fe⸗ bruar. Vier kleine Forts waren bereits in den Händen der Sicilia⸗ ner, und die dreifarbige Nationalfahne wehte von ihren Zinnen. Die Citadelle und ein anderes Fort widerstanden noch und drohten mit einem wiederholten Bombardement der Stadt, wenn die Insurgenten einen neuen Angriff versuchen würden. Aus Palermo erwartete man ein Corps von 8000 Mann Hülfstruppen, und nach deren Ankunft sollte sogleich zum Sturm gegen die Citadelle geschritten werden. Auch in Messina wurde ein Theil der gefangenen Gendarmen und Sbirren vom Volk erwürgt. Es existirt in diesem Augenblick weder dort noch anderswo auf Sicilien eine Polizei, und dabei rühmen die Korrespondenten der genueser Blätter, daß Räubereien und Diebstähle

̃nie seltener gewesen, wie gegenwärtig. Außer der Citadelle von Mes⸗

sina war auch das stark befestigte Fort von Syrakus bei Abgang der letzten Berichte noch in der Gewalt der Königlichen Truppen, .

Aus Lioorno vernimmt man nur freudige Stimmen über die neue Constitution, welche namentlich in Bezug auf religiöse Toleranz den Verfassungen aller übrigen Staaten Italiens vorleuchtet. Die jüdische Gemeinde von Livorno war über die ihr ertheilten politischen Rechte so hoch erfreut, daß sie sogleich eine Schenkung von 10,9090 Lire, 200 Betten und 1500 Hemden an die Armen der Stadt machte.

wissenschaftliche und Kunst- nachrichten. Königliches Opernhaus. Euryanthe. Mad. Köster: Euryanthe.

(Den 3. März.)

Nachdem Mad. Vigrdot⸗-Garcia Ende vorigen Monats ihren Gastrollenkreis mit der Valentine in den „Hugenotten“ geschlossen hatte, eröffnete Mad. Köster ihren gegenwärtigen Cyklus am Freitag mit der Eurpanthe. Die Vorstellung nahm sowohl durch die Mitwirkung der letztgenannten Künstlerin als durch das geistvolle Werk selbst das Interesse der Musikfreunde wieder in hohem Grade in Anspruch. Trotz einer gewis⸗ sen (recitativartigen) Abgerissenheit der Musik, die sich sogar in den Arien geltend macht, steht auch diese Schöpfung Weber's als ein höchst bedeu- tungsvolles, echtes Kunstwerk namentlich insofern da, als es dem Kompo- nisten gelang, einen Grad der Charakteristit und dramatischen Wahrheit bei Auffassung der verschiedenen Individualitäten zu erreichen, der wohl in kei= nem anderen neucren dramalischen Werke gefunden werden dürfte. Leider wurde der Genuß des Meisterwerkes bei der diesmaligen Aufführung da- durch im wahren Sinne des Wortes verkürzt, daß Dlle. Marx, welche die Partie der Eglantine inne hatte, nach dem ersten Akte erkrankte, ein störender Unfall, in Folge dessen nicht nur der musikalische Theil des Werkes, sondern auch das Verständniß der (ohnehin nicht sehr sinnreichen) Handlung noth—⸗ wendigerweise leiden mußte. Davon abgesehen, befrie digte die Vorstellung indeß in überwlegendem Maße. Sänger und Orchester leisteten unter der Leitung Tau— bert's meist wahrhaft Verdienstliches, indem sie die nicht gewöhnlichen Schwierig- leiten der Musik mit eben so großem Geschick als Glück bewältigten. Vor zugsweise löste Mad. Köster ihre Aufgabe ausgezeichnet und aufs er⸗ folgreichste. Sckon bei ihrem ersten Erscheinen lebhaft begrüßt, ärndtete die geschätzie Sängerin während der ganzen Vorstellung reiche Lorbeeren. Der Zauber ihrer metallreichen Stimme man möge lagen, was man wolle smmer die Grundbedingung einer Opernleistung wirkte wieder wahr= haft elektrisch. Die Töne gingen so klar und rein wie Gold aus dem Munde der anmuthigen Künstlerin hervor und erfreuten das Ohr des Zu⸗ hörers in wohlthuendster Weise. Alles lauschte ihrem Gesange mit Hinge⸗— bung und sichtlichem Wohlgefallen. Höchst gelungene Momente ihrer Lei- stung bildeten namentlich Musikstücke, wie die reizende Kavatine:

„Glöcklein im Thale“,

dann die graziöse D-dur-Ktavatine am Schlusse des ersten Aktes, die von Mad. Köster technisch vollendet und mit äußerst zarter und dustiger Fär⸗ bung höchst beifällig vorgetragen wurden. Gelingen ihr indeß die melodi⸗ schen Momente vorzugsweise, so bringt sie doch nichtsdestoweniger auch den bramalischen Theil der Rolle zur Geltung. Ueberhaupt, was ein künstleri⸗ sches Durchdringen der Aufgabe vermag, leistet die treffliche Künstlerin in dieser Partie, die wir jedenfalls zu ihren glücklichsten zählen dürfen. Das zahlreich versammelte Publikum zollte dem werthen Gaste den Tribut seines Dankes für den gebotenen Genuß durch rauschenden Beifall und mehrfachen Hervorruf. . . Herr Bötticher als Losiart und Herr Mantius als Adolard sind in ihren Leistungen bekannt. Der Letztere war sehr günstig disponirt und führte die schönwe Romanze:

„Unter blüh'nden Mandelbäumen“ mit weichem, herrlichem Ausdruck nicht minder beifällig und anerkennungs-— werth aus, als die herrliche Arie des zweiten Attes:

„O Seligkeit, dich fass' ich kaum“, die der Sänger jedoch, seiner Stimmlage angemessen, aus As-dur nach A-dur transponirt hatie. Auch Dlle. Marx als Eglantine sang ihre große Arie im ersten Akt:

„O, mein Leid ist unermessen“, lobenswerth und unterstützte Mad. Köster auch in dem folgenden Duett: „Trost der Liebe“ erfolgreich, wenngleich nicht zu leugnen ist, daß die Partie die Stimmmittel

der Sängerin theilweise überschreitet.

2.

Archäologische Gesellschaft.

In der Sitzung der Archäologischen Gesellschaft vom 2. März

d. J. sprach Herr Panofka über den berühmten Marmorkrater der floren⸗ tiner Gallerie, bekannt unter dem Namen der „Mediceischen Vase mit dem Opfer der Iphigenia“: eine Bezeichnung, deren Unhaltbarkeit schon der verstorbene Uhden in den Abhandlungen der berliner Akademie der Wissen schaften 1812 aufs gründlichste nachwies, und an deren Stelle im vorigen Jahre Prof. Jahn (Archäol. Beiträge S. 380 u. ff.) die Vermuthung auf- stellte, es gelte hier das Gericht der achäischen Fürsten über den Frevel, den Ajas an der am Boden sitzenden Kassandra begangen, ein Gegenstand, den Polvgnot in der Poecile zu Athen (Paus. J., 15, 2) und in der Lesche zu Delphi (Paus. X., 26, 3) gemalt; statt des unerläßlichen Palladiums habe der Künstler gedankenlos ein Artemisbild gesetzt. Herr Panofka, den diese Auskunft nicht befriedigen konnte, zieht vor, die sogenannte Iphigenia mit der in gleicher Stellung am Boden sitzenden Manto zu vergleichen, wie sie in Gegenwart der drei delphischen Gettheiten auf einem Altar in Torrent seit längerer Zeit von Gerhard (Ant. Bildw. Taf. XXI.) erkannt worden ist, so wie mit dem Bilde derselben Seherin, welches bei gleichem Lorbeer zweig und entblößter Schulter und rechter Brust auf einem pompejanischen Wandgemälde (Pitt. d'arcol. Vol. Ii. Tav. XVII. Mus. Borbon. VII. Tav. XIX., Archäol. Zeit. J. Taf. XXXIX.) sich findet. Außerdem begün⸗ stigt auch die Siebenzahl der Heroen Herrn P's. Ansicht, welcher dem= nach in der Mediceischen Vase die zur Jungfrauen beschützenden Göttin Artemis auf der Agora von Theben geflüchtete Manto in dem Zeitpunkt erkennt, als die siegreichen Epigonen sie als Kriegsgefangene entführen wollen, um sie nach Delphi dem Apoll als Weihgeschenk zu senden. Der Manto zunächst steht rechts Alkmäon, von dem sie den Amphilochos und die Tisiphone gebar, neben diesem Adra st, der zu dem neuen Zuge gegen Theben aufgereizt hatte; links der Manto zunächst Dio medes. Da Ae gialeus im Kampfe gefallen, so nimmt sein Vater Adrast schicklich hier des⸗ fen Stelle ein. Pausanias (X., 10, 2) erwähnt in Delphi ein Weihge⸗ schenk der Argiver, die Statuen der sieben Epigonen. Hierauf zeigte Herr Panofka die Zeichnung eines unedirten Vasenbildes des Kaiserl. Antiken- Kabineis zu Wlen, wo der in großer Sonnenscheibe eingeschlossene . auf sprengender Quadriga links zur Seite einen geflügelten Blit an r brachte deshalb den Beinamen Ataborigs für denselben 9 Vorsch . Dann legte Herr P. eine Abhandlung des Cas, ne, e n , gi, , e.

n, n , f. Relief im neapler Museum vor, darstellend würdiges lokrisches Terrakotten -Relief im neahler eine Göttin mit Aehren in der Linken und, Hahn in der Rechten, das Haupt mit einer Blumenkröne geschmückt, thronend zur Nechten eines bärtigen Got= tes mit Olivenkranz auf dem Haupt und einem Blumenstengel in der Hand, * 39. b en ottheiten Fer Hahn jedoch, ein Symbol von Licht und

eides offenbar Erdgo⸗ Göttin genehmes Thier, sondern als Opfer für Tag, wohl nicht als ein der 9 n r 1 die Göttin der Nacht. Herr von Qua st gat, nach Mittheilungen de zirchliekten Schmid fernere Nachrichten über die Ausgrabungen im Kaiser. alast vor dem S. Barbarathor zu Trier und legte einen Grundriß des . aufgedeckten Lolals vor.! Von Hernin Zahn wurden nent Prshe. blätter der dritten Folge seines großen Wertes pompejanischer Wandgemalde vorgelegt, darunter eine aus Stabige herrührende pfeilabschießende Diana alterthüͤmlichen Styls. Zuletzt sprach Herr Gerhard über pseudo- phönicische Kunstdenkmäler. Es ward geltend gemacht daß Sieilien, bessen mit punischer Schrift bezeichneten Münzen der schoönsten Ie, e. Kunst angehören, durchaus kein beglaubigtes Berk vpbõnicischer echnik bis jeßt ef hat; die kauernde ithyphallische widderköpfige Figur eines agri=