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der auf Zeit, welche, wenn sie ausgesprochen ist, den Verlust der 6 9 ber Veruͤrtheilte bekleidet, als Folge nach sich zieht, da die unterbrochene Fortdauer der entsprechenden Fähigkeit die nothwendige Bedingung ist, ohne welche man ein Amt nicht beklei⸗

kann. ; * Die Fähigkeit, ein öffentliches Amt zu bekleiden, gehört aber unstreitig auch zu den Ehrenrechten eines unbescholtenen Bürgers, und muß gewiß in allen Fällen verloren gehen oder suspendirt wer⸗ den, wo der Verlust oder die Suspension der übrigen Ehrenrechte eintritt; es stellt sich daher als eine durch die Natur der Sache ge⸗ botene Anforderung dar, daß sie unter die Ehrenrechte des §. 33 mit aufgenommen werde. .

Wenn dieses geschähe, so wäre für alle Fälle, in welchen auf Verlust oder Suspension der Ehrenrechte erkannt wird, zugleich der Zweck erreicht, welchen die besondere Androhung der Cassation oder der Amtsentsetzung nur haben kann. Erschiene bei gewissen Ver⸗ brechen der Verlust oder die Suspension aller Ehrenrechte als nicht geeignet, so könnte die Strafandrohung auf die immerwährende oder zeitige Unfähigkeit zu öffentlichen Aemtern beschränlt werden. Für die Fälle, in welchen das Gesetz weder den Verlust oder die Sus⸗ pension aller Ehrenrechte, noch die immerwährende oder zeitige Un⸗ fähigkeit zu öffentlichen Aemtern verhängt, oder in welchen es diese Strafe nur fakultativ androhte und der Richter darauf nicht erkannte, bliebe die Amtsentsetzung im Disziplinarwege vorbehalten; jedoch stände, um den Zweck des §. 616 zu erreichen, einer besonderen Be⸗ stimmung des Inhalts nichts entgegen, daß die Verurtheilung zu einer längeren als einjährigen Freiheitsstrafe, so wie jede wegen ge⸗ wisser Verbrechen ausgesprochene Verurtheilung den Verlust des Amtes nothwendig nach sich ziehe.“

Weil ich ef Ansicht für richtig halte, und der Meinung bin, daß das Verhältniß zwischen den Beamten und dem Staate einen civllrechtlichen Charakter hat, so glaube ich, daß die Amtsentsetzung im Kriminalrechte nicht ausgesprochen werden kann, sondern daß dies im Disziplinargesetz geschehen muß. Ich weiß, daß ich in Wider⸗ spruch gerathen werbe mit der Meinung, welche in den alten Pro— vinzen Wurzel gefaßt hat, wo man einem jeden Disziplinarwege ab⸗ geneigt ist, also auch die Ansicht, welche ich hier vertheidigt habe, sich schwerlich Beifall erwerben wird. Ich habe mich aber nicht ent⸗ halten können, sie auszusprechen, und die Gründe vorzutragen, und wiederhole den Antrag, den Paragraphen zu streichen. Würde die Regierung darauf eingehen, so wären alle Zweifel beseitigt.

Justiz-Minister von Savigny: Ich muß vor allem bestreiten, daß das Verhältniß der Beamten zum Staate als ein civilrechtliches, als ein Kontraktverhältniß betrachtet werden dürfe. Es ist nicht blos eine eigenthümliche Ansicht unserer alten Provinzen, sondern eine Ansicht, welche im Staatsrechte aller anderen Staaten anerkannt ist, daß nämlich dieses Verhältniß ein dem öffentlichen Rechte angehö— rendes und vom Civilrechte verschiedenes Verhältniß ist. Wenn man davon ausgeht, so fällt der Grund des Antrags hinweg und es bleibt nothwendig, diese Strafen als eigentliche Kriminalstrafen bei⸗

zubehalten, wie es auch von jeher in unserer Gesetzgebung gehalten worden ist. ; - Regierungs⸗-Kommissar Bischeff Der S. 402 kann aus mehr⸗ achen Gründen nicht fortfallen. Bei einzelnen Verbrechen ist speziell im Gesetzentwurf gesagt, daß sie Cassation oder Amtsentsetzung nach sich ziehen; für diese ist eine allgemeine Bestimmung nicht erforder= lich. Eben so wenig bedarf es einer weiteren Bestimmung für die⸗ jenigen Verbrechen, bei welchen der Verlust der Ehrenrechte angedroht

ist, da in einem solchen Falle nach Vorschrift des generellen Theils Allein neben diesen Verbrechen giebt

es andere, die weder zu der ersten noch zu der zweiten Kategorie

von selbst die Cassation eintritt.

ehören, und bei deren Verübung der Beamte gleichwohl nicht mehr in Amte bleiben kann. Zu diesen Verbrechen gehören zum großen Theil die, welche im Titel von den Verbrechen wider die Sittlichkeit erwähnt worden sind. Dort ist bei mehreren Verbrechen nur Straf⸗ arbeit angedroht worden, ohne daß der Verlust der Ehrenrechte hin⸗ zugefügt worden wäre. Man hat bei diesen Verbrechen den Verlust der Ehrenrechte nicht androhen wollen und sich darauf beschränkt, Strafarbeit und Gefängnißstrafe, anzuordnen. Gleichwohl aber sind diese Verbrechen der Art, daß ein öffentlicher Beamter, welcher we⸗ gen derselben verurtheilt wird, nothwendig das Ansehen und die Autorität verlieren muß, deren er zur Ausübung seiner Functionen bedarf. Aehnlich verhält es sich mit anderen Verbrechen, namentlich denen, welche einen Mangel an Unterthanentreue voraussetzen, wie der Hochverrath und Majestäts⸗-Beleidigung. Bei diesen ist nach den Beschlüssen der hohen Versammlung nicht in allen Fällen der Verlust der Ehrenrechte angenommen; gleichwohl aber liegt es in dem Ver— hältnisse der Beamten, daß, wenn sse sich solche Verbrechen zu Schul⸗ den kommen lassen, sie nicht mehr im Dienste bleiben können. Dem nach wird eine subsidiarische Vorschrift, wie sie der 5. 402 enthält, nicht entbehrt werden können. Hiebei ist von dem Herrn Minister für die Gesetzgebung bereits erwähnt, weshalb es nicht wünschens⸗ werth erscheint, die Kasuistik des Entwurfs von 1843 beizubehalten, und alle dort aufgestellte Verbrechen namentlich zu bezeichnen.

; ö Wird der Antrag unterstützt, den 8. 402 wegfallen zu lassen? (Es erheben sich zu wenig Mitglieder.)

Er ist nicht unterstützt worden.

Abgeordn. Grabow; Ich kann nicht der Ansicht sein, daß durch den Vorschlag der Abtheilung eine Kasuistik in den §. 204 hinein⸗ gebracht werde. Es sind in dem vorgelegten Paragraphen mehrere allgemeine Kategorieen von gemeinen Verbrechen zusammengefaßt worden, in welchen Cassation und Amtsentsetzung eintreten soll. Der §. 616 des Entwurfs von 1843 enthält dieselben Kategorieen. Ich will mir erlauben, zum besseren Verständniß den betreffenden Passus aus demselben vorzulesen: „Wird ein Beamter zur Zuchthausstrafe verurtheilt, so trifft ihn die Cassation ꝛc. Auch bei anderen Stra⸗ fen ist zugleich auf Cassation und Amtsentsetzung zu erkennen, wenn:

1) die strafbare Handlung die Verletzun besonderer Unterthanen⸗ pflichten in sich schließt (68. 157, 150, 166, 179, 183, 265, 209, 216.)

2) in dem Verbrechen eine grobe Nichtachtung der Religion oder Sittlichkeit liegt (68. 238— 241, 244, 257, 259 Nr. 2, 386, 392, 395 - 398)

3) dadurch ein besonderer Mangel an Ehrliebe an den Tag ge⸗ legt wird (88. 405, 4096, 417, 425, 426, 4144, 419, 450, 1452, 453, 464, 466, 479, 485) oder 4) der Beamte sein amtliches Verhältniß zur nn von Verbrechen benutzt hat, zu deren Verhinderung er bestellt war. ꝛc.“ Nach dieser Fassung sind im Entwurfe vom Jahre 1843 bei den einzelnen Kategorieen der in demselben gedachten gemeinen Verbrechen die die Letzteren enthaltenden Paragraphen allegirk. Ich glaube, daß man auf ähnliche Weise, ohne daß man sagen könnte, die Bestim= mung enthalte eine Kasuistik, mit dem neuen §. 402 des jetzigen Entwurfs verfahren könnte. Ich glaube, daß seitens der Abtheilung der §. 402 nur so weitläufig präzisirt worden ist, um der hohen

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Versammlung die Beschlußnahme darüber zu erleichtern, ob Amts⸗ entsetzung oder Cassatlon in den betreffenden Fällen hinzutreten solle. In einer Beziehung dürfte sodann nur f eine Disposition dem 5. 102 hinzuzufügen sein, welche festsetzt, ob in allen Fällen jedes— mal Caffation oder Amtsentsetzung eintreten sol le, oder ob nicht für Cr s⸗ leichte Vergehen die fakultative Fassung ausreichen dürfte. les Letztere hat die Abtheilung nach ihren Vorschlägen für nöthig erachtet. Ich glaube hiernach, daß die ganze Proposition sich auf eine Fassungssache reduzirt, und wird die hohe Staats - Regierung, wenn die einzelnen proponirten Paragraphen durchgegangen sein wer⸗ den, bei den einzelnen Kategorieen die beste Zassung leicht selbst wählen können, insofern nur die hohe Versammlung, darüber einig ist, daß nur die hervorgehobenen Paragraphen allegirt werden sollen, und daß und bei welchen von ihnen dispositio und fakultativ die Cassation oder Amtsentsetzung nebenbei ausgesprochen werden soll. Mit diesen Beschränkungen glaube ich, können wir der hohen Staats⸗ Regierung die weitere Fassung überlassen. ;

Marschall: Es wird zweckmäßig sein, ehe wir zur Abstimmung über die Frage kommen, ob der Paragraph in der ursprünglichen Fassung oder in der Fassung angenommen werde die den letzten Vorschlägen der Abtheilung entsprechend ist, dieselbe ausgesetzt sein zu lassen, bis die einzelnen Vorschläge durchgegangen sind, zu welchen wir jetzt übergehen. . ; ; .

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius erliest die Vorschläge der Abtheilung zu 8. 402):

„Zu S§. 102.

Die Abtheilung war der Ansicht, daß als Verbrechen oder Ver= gehen, mit deren Strafe Cassation oder Amtsentsetzung unter allen limständen verbunden, zu bezeichnen, die Zuwiderhandlungen gegen

1) die Strafbestimmungen in den Titeln über Hochverrath und Landesverrath, selbst in den Fällen, wo nur Strafarbeit und nicht Zuchthausstrafe angedroht;

2) die Strafbestimmungen in dem Titel über Beleidigungen der Majestät und der Mitglieder des Königlichen ö in gleichen Fällen.

3) Die §§. 132. (Verleitung zur Desertion).

112. (Aufruhr).

4) Gegen die Strafbestimmungen im 9ten Titel (Verbrechen wider die Sittlicheit) in den Fällen der Blutschande, der mehr- fachen Ehe und der Nothzucht.

53) Gegen alle Strafbestimmungen wegen der Verbrechen oder Vergehen, des Diebstahls, der Unterschlagung, der Erpressung, so wie des Betruges im Falle des 8. 293. .

6) Gegen die §§. 180, 182, 183, 184, 185, Verführung, Mißbrauch zur Unzucht, widernatürliche Unzucht, grobe Angriffe auf die Schamhaftigkeit, öffentliche Verletzung der Scham⸗ haftigkeit.)“ .

Allerdings ist hier ein Vergehen begangen worden, welches ich mit der Raschheit des Druckes zu entschuldigen bitte. Nach meinem Erachten ist beschlossen worden, daß bei der Amtsentsetzung nöthig sei, daß sie fakultativ ist. Das würde also zu berichtigen sein, daß sie hier wegfiele und in den zweiten Satz käme. Man war der Meinung, daß mitunter solche Dinge vorkommen konnten, bei Be⸗ amten, wo Amtsentsetzung noch eine zu schwere Strafe wäre.

Die Abtheilung war ferner der Ansicht, daß die Strafe der Cassation oder Amtsentsetzung nur fakultativ anzudrohen, bei Ver⸗ gehen gegen folgende Paragraphen.

„117. (Aufforderung zum Aufruhr.) 148. und 152. (Störung des Gottesdienstes und Beleidigung der Religionsgesellschaften.) 159. (Eidesbruch.) 160. (Falsche Anschuldigung.)

§. 294. Die Fälle geringfügiger Betrügereien, in welchen auf. den Berlust der Ehrenrechte nicht nothwendig solle erkannt werden,.“

Vice Marschall Abgeordn. von Rochow: Es will mir nicht scheinen, daß man Cassation oder Amtsentsetzung für diese Verbrechen nur fakultativ vorschreiben dürfe. Jeder Beamte hat vorzugsweise die Verpflichtung, zur Erhaltung von Ruhe, Ordnung und Gesetz⸗ lichkeit mitzuwirken. Wenn er nun aber selbst das Beispiel eines gesetzwidrigen Betragens dadurch giebt, daß er zu Aufruhr, zur An⸗ wendung roher Gewalt gegen das Gesetz aufreizt, so glaube ich, daß das Mindeste, was ihn treffen müsse, die Entsetzung von seinem Amte sei. Mein Antrag geht demnach dahin, dieses Verbrechen in die erste Kategorie, d. h. unter diejenigen Verbrechen zu versetzen, wo allemale und unbedingt Cassation oder Amtsentsetzung eintreten muß.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Der §. 117 lautet: „Jede öffentliche Aufforderung zum Aufruhr oder Landfriedensbruch, so wie jede Aufforderung zur Meuterei unter den Gefangenen ist, wenn sie keinen Erfolg gehabt hat, mit Gefängniß nicht unter drei Monaten oder mit Strafarbeit bis zu zwei Jahren, und zugleich mit Stellung unter besondere Polizeiauffscht zu bestrafen.“

Die Abtheilung war der Meinung, daß Fälle zur Sprache kom—⸗ men können, wo allerdings selbst die Aufforderung zum Aufruhr mehr den Charakter oder die Natur einer leichtsinnigen Redeart hat, als einer ernstlich gemeinten Aufreizung und aufrührerischen Handlung, und daß man es ins Ermessen des Richters stellen möge, zu prüfen, ob das Verbrechen so bedeutend sei, daß er für entsprechend halte, Amtsentsetzung eintreten zu lassen. Sollte die Amtsentsetzung aber unter allen Umständen eintreten, so wäre dies in solchen Fällen offen— bar zu hart.

Abgeordn. Dittrich: Mir sind die zuletzt zusammengestellten Fälle sammtlich solche, bei denen ich Amtsentsetzung und Cassation für nothwendig halte, mit Ausnahme desjenigen des 8. 294.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich muß auch sagen, daß ich glaube, es genüge, daß hier beispielsweise Fälle bezeichnet werden, wo unter allen Ümständen Cassation und Amtsentsetzung eintreten muß. Ich glaube, wir sind über diese Punkte in der Abtheilung etwas eilig hinweggekommen.

Marschall: Wir wollen weiter verlesen, wir kommen nachher zur Abstimmung.

S. 168.

Referent Abgeordn. Freiherr ven Mylius Cliest vor):

„8. 98.

Wer aus Fahrlässigkeit in eigenen oder fremden Angelegenheiten etwas Unwahres eidlich versichert, oder eine unwahre, an die Stelle eines Eides tretende, Versicherung abgiebt, ist mit Gefängniß bis zu Einem Jahre zu bestrafen.

Hat er jedoch durch zeitige Anzeige des Irrthums alle nachthei⸗ ligen Folgen abgewendet, so soll er mit Strafe verschont werden.“

Marschall: 5. 159.

Referent Abgeordn. Frhr. von Hirn (liest vor):

„8. ?

Wer vorsätzlich einer durch eidliches Angelöbniß vor Gericht ge⸗ leisteten Caution oder dem in einem Manifestationseide gegebenen Versprechen zuwiderhandelt, ist mit Gefängniß oder mit Strafarbeit bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“

Vice⸗Marschall Abgeordn. von Rochow: Ich stelle den An⸗ trag, daß hier jedenfalls Amtsentsetzung oder Cassation eintrete, denn

beruft, kann er ost den schwersten Beschuldigungen Geltung ver⸗ schaffen. Soll diese Glaubwürdigkeit erhalten und der Bürger gegen den Mißbrauch derselben geschützt werden, so darf kein Beamter, der sich eines Eidesbruchs schuldig . hat, seine Stellung behalten. (Beifall.) Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius: Von mir ist diese An⸗ sicht nicht ausgegangen in der Abtheilung, aber in Beziehung auf die älteren Provinzen wurde behauptet, daß hier gerade eine Menge Dinge vorgesehen seien, die leicht begangen werden, während das Verbrechen des Eidbruches dem rheinischen Rechte ganz fremd ist. Es heißt in 5§. 159.: „Wer vorsätzlich einer durch eidliches Ange—⸗ löbniß vor Gericht geleisteten Caution oder dem in einem Manifesta= tionseide gegebenen Versprechen zuwiderhandelt, ist mit Gefängniß oder mit Strafarbeit bis zu zwei Jahren zu bestrafen,“ und da ist gesagt worden, daß bei solchen eidlichen Gelöbnissen möglicherweise Fälle denkbar seien, wo Amtsentsetzung oder Cassation zu hart sei. Korreferent Abgeordn. Naumann: Ich halte den Antrag der Abtheilung für vollständig begründet. Die Bezeichnung: ides bruch“ klingt zwar sehr schwer; wenn man aber e n schtiz⸗ daß der Manifestationseid in sehr vielen Fällen gebrochen wird, wenn z. B. zu einer Verlassenschaft nach längerer Zeit noch ein Thaler hinzukommt und in ähnlichen Fällen. Ich will dies nicht vertheidi⸗ gen; ich glaube aber nicht, daß ein gar zu großer Werth darauf gelegt werden muß. Wenn man dem Richter die Fakultät läßt, in solchen Fällen auf Amtsentsetzung oder Cassation erkennen zu dürfen, so ist damit Alles gethan, was das Gesetz verlangen kann. Abgeordn. von Werdeck: Ich glaube doch, daß der geehrte Redner zu wenig Nachdruck auf das Wort „Vorsätzlich“ legt, daß also, wenn ein Manifestationseid durch Jahrlässigkeit verletzt wird, Amtsentsetzung und Cassation gewiß nicht eintreten wird; wenn aber Jemand mit Bewußtsein einen solchen Manifestationseid bricht, so dürfte diese Strafe vollkommen gerechtfertigt erscheinen. Abgeordn. von Auerswald: Ich glaube, daß der Eindruck, der hervorgerufen worden ist, darauf beruht, daß diese Bezeichnung von dem Rubrum des Titels genommen ist; während die einzelnen Paragraphen mehrfach von viel gelinderen Dingen handeln. Zur Aufkluͤrung der Meinung der Abtheilung erlaube ich mir die Bemer⸗ kung, daß sie, bei ihrer sehr sorgfältigen Erwägung namentlich ge⸗ leitet worden ist, durch die Ansicht des geehrten Herrn Vorsitzenden, welcher ausdrücklich darauf aufmerksam machte, daß doch die Strafe der Cassation in einem Verhältnisse zu den übrigen, Strafen stehen müsse, daß also in einem solchen Falle, wo das Minimum der ande⸗ ren Strafe bis auf die mindeste Gefängnißstrafe gestellt ist, doch auch die Fakultät gelassen werde, nicht zu kassiren und des Amtes zu berauben. . . Abgeordn. Graf von Schwerin: Wenn das richtig wäre, so müßte ich mich geirrt haben, ich lasse es aber dahingestellt sein, ob es richtig ist. Abgeordn. von Auerswald: In Beziehung auf den von mir angeführten Grund und daß er angeführt ist hat es gewiß seine

Richtigkeit, ob ich mich aber darin täusche, daß es von dem verehrten

Herren Vorsitzenden angeregt ist, weiß ich allerdings nicht mehr genau. Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: S. 160 sagt: „Wer

bei einer öffentlichen Behörde wider besseres Wissen einen Anderen

wegen eines Verbrechens anschuldigt, oder durch Angabe unwahrer

Thatsachen oder durch andere Handlungen verdächtig zu machen sucht,

soll mit Strafarbeit oder Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft

werden.“ Also falsche Anschuldigung.

Marschall: Ich bitte, weiter zu lesen. ͤ

Referent Abgeordn. Freiherr 3 Mylius (iest vor):

„§. 294.

Die Fälle geringfügiger Betrügereien, in welchen auf den Ver⸗— lust der Ehrenrechte nicht nothwendig solle erkannt werden.“

Das ist also der letzte Fall, wo nach der Meinung der Abthei— lung die Amtsentsetzung nur fakultativ sein soll.

Candtags⸗Kommissar: Nachdem die Nomenclatur der Verbrechen noch einmal an meinen Ohren vorbeigegangen ist, erlaube ich mir,

im Interesse des Beamtenstandes und zur Aufrechthaltung des An—

sehens, welches er in der Monarchie genießt, den Wunsch auszu—

sprechen, daß die hohe Versammlung nicht auf die namentliche Auf⸗ führung der einzelnen Verbrechen einen Antrag richten, sondern zu⸗ geben möge, daß nach dem Grundsatze, welchen die Nomenclatur aus- spricht, bei der Schlußredaction verfahren werde. Sie mag dann vertrauen, daß dem Sinne ihrer Anträge überall werde entsprochen werden. (Zustimmung durch laute Acclamation.)

Abgeordn. Graf von Schwerin: Das meinte wohl auch der

Abgeordnete Grabow?

(Es wird bejaht.) Marschall: Wenn keine weitere Bemerkung erfolgt, so ist gerade hierauf die Fragstellung zu richten: - ; ob die Versaimlung nämlich davon ausgehe, daß die Schluß- Redaction mit Beachtung der hier gemachten Vorschläge den Pa⸗ ragraphen in einer Weise fasse, welche die Befriedigung der Ver⸗ sammlung voraussetzen läßt?

und die das beantragen, werden es durch Aufstehen zu erkennen geben. Abgeordn. von Platen: Es wird sich also voraussetzen lassen, daß in

Betreff der fakultativen Fassung die S8. 117 und 148 hier wegfallen und

unter Nr. 6, dagegen die Bestimmungen ss. 181 und 185 aus dem

1. Absatz ad Nr. 6. in den 2. Absatz, wo die Abtheilung nur fakul⸗

tativ die Strafe der Amtsentsetzung androhte, will versetzt werden.

Geschieht dies, würde ich mich einverstanden erklären. Wenn das

Gouvernement hiermit aber nicht einverstanden sein sollte, müßte ich

auf Abstimmung über jeden Paragraphen antragen. Marschall. Was die Verweisung von Nr. 6. in die zweite

Kategorie und die Verweisung von 8. L147 in die erste Kategorie be⸗

trifft, so ist diese nicht bestritten worden. Blos in Beziehung auf

§. 159 ist es allerdings bestritten worden, ob die Verweisung von

5. 159 aus der zweiten in die erste Kategorie zu beantragen wäre,

und wenn also hierauf fortwährend ein Gewicht gelegt würde, J

wäre darüber die Abstimmung vorzunehmen; geschieht das aber .

so kommen wir über die bereits gestellte Frage zur Abstimmung, un

die diese bejahen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Es erhebt sich fast die ganze Versammlung. . ]

Die Majorität von mehr als zwei Drittheilen hat beigestimmt. Referent Abgeordn. Naumann: (iest vor): . die Einfü „Bevor zur Prüfung des Gesetz⸗ Entwurfes über die Einfü hrung

des Strafgesetzbuches übergegangen wird; ic 1. Fragen

zurückgekommen werden, welche bei DVerathungeg es ter f nr wurfes noch nicht zur definitiven fricbiguizg gekommen sind.

Bei t der Bestimmungen in den 58. 2 und 3 des ee e . e w frais gibs de als: äq emessen sei, err a . 9. spezialisiren, welche hier als Verbrechen gegen

den Preußischen Staat bezeichnet werden. . Die NReglerung hat demzufolge vorgeschlagen, daß als derartige

Verbrechen genannt werden:

jeder Beamte genießt einen höheren Grad von Glauben und die

Grundlage dieses Glaubens ist sein Amtseid. Indem er sich darauf

Zweite Beilage

M 69.

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zweite Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Donnerstag den 9. März.

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Hochverrath, Landesverrth, Majestätsbeleidigung in den Fällen der

§§. 99 104 und §. 106 und Münzfälschung.

Gegen die Aufnahme des Verbrechens der Majestätsbeleidigung in den Fällen des 5. 106. wurde erinnert, daß derartige im Aus⸗ lande begangene Handlungen nicht füglich im Preußischen Staate geahndet werden können, ohne in erhebliche Inconvenienzen zu kommen.

Andererseits wurde dies Bedenken durch die erfolgte unbedingte Annahme des §. 106 als erledigt erachtet, und ein Antrag, den §. 106 nicht aufzunehmen, mit 10 gegen 4 Stimmen abgelehnt.

Es wird vorgeschlagen: .

sich mit der Proposition der Regierung lediglich einverstanden zu

erklären.“

Marschall: Ich bitte, fortzufahren, denn da keine Bemerkung erfolgt, so ist anzunehmen, daß die Versammlung dem Antrage der Abtheilung beigetreten sei.

Referent Abgeordn. e, (liest vor):

Von dem Königlichen Ministerial-Kommissarius ist der Antrag gestellt worden: entweder

1) bei denjenigen Bestimmungen des 24. Titels, betreffend die gemein⸗-gefährlichen Verbrechen, welche die Todesstrafe anord⸗ nen, nachträglich in Ergänzung der gefaßten Beschlüsse fest⸗ zusetzen, daß dem Richter überlassen werde, neben der Todes⸗ strafe auf den Verlust der bürgerlichen Ehre zu erkennen,

2) oder im §. 8 generell die Bestimmung aufzunehmen, daß in Fällen, wenn das Verbrechen unter besonders erschwerenden Umständen oder mit Verläugnung des Ehrgefühls begangen worden sei, neben der Todesstrafe auf den Verlust der bürger—⸗ lichen Ehre erkannt werden könne. f

Für den Antrag zu 1. wurde geltend gemacht, daß bei den in Rede stehenden Verbrechen die allerniederträchtigsten Absichten leitend sein können, und daß, da in weniger schweren Fällen Zuchthausstrafe festgesetzt sei, es folgerecht sein würde, den Verlust der bürgerlichen Ehre auch neben der Todesstrafe eintreten zu lassen.

Andererseits wurde bemerkt, daß durch Plenarbeschlüsse bereits festgestellt worden sei, diese accessorische Strafe nur in besonders schweren Fällen und namentlich bei Verbrechern, welche sich gegen die Pietät dem Staat oder den Eltern gegenüber vergangen haben, ein= treten zu lassen, daß aber die hier in Rede stehenden Verbrechen in diese Kathegorie nicht fallen.

Die Abtheilung hat den Vorschlag zu 1. mit 12 gegen 2 Stim— men abgelehnt. ;

Für den Antrag zu 2. wurde angeführt, daß es die Bestimmun— gen bei den einzelnen Verbrechen sehr vereinfachen würde, wenn die vorgeschlagene Bestimmung im §. 8 aufgenommen würde; gegen den Antrag aber wurde geltend gemacht, das derselbe bereits durch Ple— narbeschlüsse erledigt sei und auf denselben nicht zurückgekommen wer— den könne.

Die Abtheilung hat den Vorschlag zu 2. men abgelehnt. j

Es wird angetragen:

beide oben erwähnten Vorschläge nicht zu genehmigen.“

Justiz⸗Minister von Savigny: Im Allgemeinen ist bereits an—= genommen worden: daß neben der Todesstrafe zuweilen auf Verlust der Ehrenrechte soll erkannt werden, zuweilen aber nicht, und zwar ist das Erste in Ansehung einzelner Verbrechen auf zweierlei Art an— erkannt worden; bei einigen als absolute Vorschrift, bei anderen als etwas Fakultatives, dem Ermessen des Richters zu Ueberlassendes. Für eine Reihe einzelner Verbrechen ist also die eine oder andere Bestimmung bereits von der hohen Versammlung zu beantragen be⸗ schlossen, dagegen für die anderen und der Zahl nach mehreren Fälle ist dieser Punkt vorläufig mit Stillschweigen übergangen worden. Man hat gleich anfangs, da §. 8 diskutirt wurde, sich vorbehalten, beim Durchgehen der einzelnen Verbrechen darauf zurückzukommen. Ich bitte nun um Erlaubniß, eine kurze Uebersicht zu geben, wie sich das Resultat stellen wird, wenn es ganz bei dem abgedruckten Be⸗ schlusse der Abtheilung verbleiben sollte. Es würde sich folgender gestalt stellen. Zuerst 5. 80 bei dem Hochverrath ist angenommen, daß in dem Falle unter Nr. 1 (Gefährdung des Lebens des Königs) absolut neben der Todesstrafe Verlust der Ehrenrechte ausgesprochen werden soll. Dagegen ist in den drei folgenden Fällen, die sich auf die Staatsverfassung beziehen, (Nr. 2, 3 und 4) nicht einmal von fakultativem Verluste der Ehrenrechte die Rede, und ich behalte mir die Bemerkungen darüber bis zum Schlusse dieser kurzen Uebersicht vor. Eben so oder wenigstens auf ähnliche Weise bei den Fällen des Landesverraths, worauf sich die 55. 87, 88 und 89 beziehen. Für 87 und 89 ist der Beschluß gefaßt, fakultative Entziehung der Ehrenrechte neben der Todesstrafe eintreten zu lassen, für 88 ist dies nicht beschlossen. Bei §. 99, Thätlichkeiten gegen den König, ist von fakultativer Entziehung der Ehrenrechte nicht die Rede. Bestimmte Beschlüsse sind gefaßt worden beim Mord. S. 322 bestimmt absolute Entziehung der Ehrenrechte beim Mord an Aeltern und Ehegatten; für die anderen Fälle ist ausdrücklich beschlossen die fakultative Ent⸗ ziehung der Ehrenrechte neben der Todesstrafe. Darauf folgt §. 225, der Todtschlag an Aeltern, welcher auch mit Todesstrafe belegt wer⸗ den soll, und dabei ist auch nicht einmal fakultative Entziehung der Ehrenrechte eiwähnt, so daß diese ganz wegfallen würde. Ferner folgt 8. 346 u. figde,, wo von mehreren Verbrechen die Rede ist, die als gemeingefährlich bezeichnet sind, und die unter einander einen sehr verwandten Charakter haben, auf Brandstiftung, Gefährdung durch Wassersuoth u. s. w., wenn dabei Menschenleben verloren gegangen, soll die Todesstrafe erfolgen. Dabei ist nicht beschlossen worden, daß

akultativ die Ehrenrechte aberkannt werden können; es ist also hier für alle diese Fälle, für die zahlreichen Klassen von Fällen, die von mir aufgestellt worden sind, der besondere Beschluß nicht gefaßt worden ob es in der Absicht der hohen Versammlung liegt, daß dabei nicht einmal fakultativ die Ehrenrechte aberkannt werden können. Ich er— laube mir, zu bedenken zu geben, ob nicht darin eine etwas auffallende Inkonsequenz liegen möchte. An sich ist diese ganze Sache nicht von großer praktischer Erheblichkeit, aber es scheint darin eine große In⸗ konsequenz zu liegen, wenn man in allen den Fällen, welche ich zu⸗ sammengestellt habe, und bei welchen auf Lebensstrafe erkannt worden ist, den Verlust der Ehrenrechte nicht einmal fakultativ erkennen könnte. Bei alle diesem verhält sich die Sache so, daß, wenn das Verbrechen unter milderen Umständen vorkommt, so daß gar nicht auf Tod erkannt werden darf, doch immer Zuchthausstrafe eintreten muß, (in den meisten Fällen absolut, in den anderen alternativ Zucht- hausstrafe und Strafarbeit). Nün ist aber bereits angenommen wor— den, daß die Zuchthausstrafe nothwendig eine entehrende Strafe ist. Ich frage daher, ob nicht eine auffallende Inkonsequenz darin erschei⸗ nen müßte, daß man in den milderen Fällen die Ehrenrechte aber— kennt, während in den schwersten Fällen, neben der Todesstrafe, die Ehrenrechte nicht abgesprochen werden. Ich will dies an einem Bei⸗ spiel anschaulich zu machen suchen, wo jener Widerspruch am auffal⸗

mit 11 gegen 3 Stim—

worden, der Todtschlag an Vater und Mutter soll mit dem Tode bestraft werden. Wenn dabei die Ehrenrechte nicht abgesprochen wer⸗ den, so wird der Fall in dieser Hinsicht milder behandelt, als jeder andere Todtschlag, in welchem stets Zuchthausstrafe eintritt, oder doch eintreten kann. Dabei werden gewiß die Ehrenrechte aberlannt, aber bei dem viel schwereren Falle, wenn der Todtschlag an dem eigenen Vater und der eigenen Mutter begangen wird, da werden sie nicht aberkannt. Eben so, wenn bei einer Brandstiftung Menschen das Leben verlieren, wird auf Tod erkannt, aber dabei müßte nach der gegebenen Uebersicht nicht der Verlust der Ehreurechte eintreten. Wenn aber kein Mensch dabei das Leben verliert, wird stets auf Zuchthausstrafe erkannt, und dabei gehen die Ehrenrechte nothwendig verloren. Diese Inkonsequenz scheint so auffallend, daß ich die hohe Versammlung bitte, zu bedenken, ob daran nicht Anstoß genommen werden wird. Diese Inkonsequenz wird natürlich ganz verschwinden, wenn zu dem ursprünglich berathenen Antrage zurückgegangen wird, zu dem Antrage nämlich, in den Fällen des Königsmordes, so wie des Mordes an Aeltern und Ehegatten, den Verlust der Ehrenrechte absolut zu bestimmen, in den übrigen Fällen nach Beschaffenheit des einzelnen Falles dem Richter zu überlassen, ob er die Ehrenrechte aberkennen wolle oder nicht. Referent Abgeordn. Naumann: Es ist diese Frage gegenwär⸗ tig nochmals zur Erörterung gezogen werden. Bei gemeingefähr— lichen Verbrechen, wo von Todesstrafe die Rede ist, ist nicht be= schlossen worden, daß zugleich der Verlust der Ehrenrechte neben der Todesstrafe ausgesprochen werden soll, und die Abtheilung ist daher in ihrer Majorität schon aus diesem Grunde der Meinung gewesen, daß man auf jene Verbrechen nicht zurückgehen könne. Der zweite Grund, welcher geltend gemacht worden, ist der, daß bei den ge— meingefährlichen Verbrechen im 24sten Titel nicht die Absicht zu tödten in der Intention des Verbrechers liegt, daß der Tod nur als eine von der Absicht des Verbrechers unabhängige Folge anzusehen ist. Zusammen gehalten mit den früher geäußerten Ansichten, daß man überhaupt den Verlust der bürgerlichen Ehre neben der Todes⸗ strafe als eigentlich nicht recht geeignet ansehen könne, weil nach dem Tode von Ehre nicht weiter die Rede sein könne, und damit, daß damals die Ansicht geltend gemacht wurde, man dürfe nur in den allerschwersten Fällen, in welchen etwa die Pietät gegen den Staat oder gegen die Erzeuger von dem Verbrecher verletzt worden ist, ge⸗ wissermaßen noch die Indignation durch das Erkenntniß auszusprechen, und auf Verlust der bürgerlichen Ehre erkennen lassen, in Berücksich tigung aller dieser Beschlüsse war die Abtheilung der Meinung, daß man nicht auf den 24sten Titel zurückkommen dürfe und nicht bei gemeingefährlichen Verbrechen, in welchen die Todesstrafe eintreten soll, neben der Todesstrafe noch auf den Verlust der bürgerlichen Ehre zu erkennen sei. Dadurch wird meines Erachtens der erste An⸗ trag der Regierung erledigt. Was den zweiten Vorschlag betrifft, nochmals auf §. 8 zurückzukommen und dort generell die Bestimmung aufzunehmen, wonach fakultativ neben der Todesstrafe auch der Ver⸗ lust der bürgerlichen Ehre zulässig sein solle, so muß zuerst bemerkt werden, daß 85. 8 schon angenommen worden ist, und daß die hohe Versammlung damals beschlossen hat, neben der Todesstrafe zwar den Verlust der bürgerlichen Ehre aussprechen zu lassen, aber nur in den im Gesetze ausdrücklich bestimmten Fällen. Dieser Beschluß würde nun, wenn es nach dem Antrage, den der Herr Minister der Gesetzgebung motivirt hat, gehen sollte, umgestoßen werden, was allerdings an und für sich nicht von großer Bedeutung sein würde, allein, und das muß ich bemerken, erscheint mir aus einem anderen Grunde nicht zulässig, eine solche Bestimmung, wie sie jetzt beantragt worden ist, aufzunehmen. Es ist nämlich die Todesstrafe bei meh⸗ reren einzelnen Verbrechen ausdrücklich nicht als eine solche anerkannt worden, neben welcher auf Verlust der bürgerlichen Ehre erkannt werden dürfe, es kann daher auch nicht generell festgesetzt werden, daß neben der Todesstrafe in allen Fällen diese accessorische Strafe eintreten darf. Ich glaube, es rechtfertigt sich dadurch der Antrag der Abtheilung, zu beschließen, daß auf die hier zur Sprache gebrach= ten Anträge nicht eingegangen werden könne. Marschall: Wenn keine Bemerkung erfolgt, kommen wir zur Abstimmung über beide Vorschläge. Die erste Frage heißt: Stimmt die Versammlung dem Vorschlage unter 1 bei? und die beistimmen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben. (Mehrere Stimmen: Ist dies der Vorschlag der Abtheilung?) Die Abtheilung hat den Vorschlag gemacht, beide Vorschläge nicht anzunehmen, es ist aber zweckmäßiger, die Abstimmung zuerst auf . einen, und dann auf den andern Vorschlag der Jiegierung zu richten. ; Abgeordn. Graf von Schiderin: Die Abtheilung hat den An⸗ trag gestellt, die Vorschläge der Regierung zu verwerfen. Marschall: Ich habe es so ausgedrückt, daß die Abstimmung sehr leicht war. Es ist aber dem nichts entgegen, daß es auch so ausgedrückt wird; nicht wie ich sagte, ob dem Vorschlage unter eins zugestimmt wird, das würde die Folge gehabt haben, daß diejenigen, welche nicht beitreten, auch nicht aufstehen, sondern daß gefragt wird: Stimmt die Versammlung dem Antrage der Abtheilung in Beziehung auf den Vorschlag unter eins bei? ; und die das thun, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Es erhebt sich der größte Theil der Versammlung. ) Dem Antrage ist mit mehr als zwei Drittheilen beigestimmt. Die zweite Frage ist: Stimmt die Versammlung dem Antrage der Abtheilung in Beziehung auf den Vorschlag unter zwei bei? z und die das thun, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Es erhebt sich wieder der größte Theil der Versammlung.) Mehr als zwei Drittheile sind der Abtheilung beigetreten. Referent Abgeordn. Lan mn (liest vor): Bei §. N ist die Beantwortung der in der vorgelegten Zusam— menstellung unter Nr. 2. aufgeführten Frage: Soll die geringste Dauer der Zuchthausstrafe auf 3 Jahre be⸗ stimmt werden? von den Beschlüssen abhängig gemacht worden, zu welchen die Be—⸗ rathung über die einzelnen Verbrechen und deren Bestrafung hinsicht⸗ lich der angemessenen Dauer der zu verhäugenden Zuchthausstrafen führen würde. Eine Durchsicht der einzelnen Bestimmungen, in welchen Zuchthausstrafe angedroht ist, lehrt, daß in den meisten Fällen aus— drücklich immer eine längere Dauer als 3 Jahre festgesetzt worden ist nur in den Fällen der z§. 153 187 242 256 257 270 304 und 324 ist kein Minimum bestimmt worden. Es wurde auszuführen gesucht, daß kein Grund vorliege, das Minimum der Zuchthausstrafe auf die Dauer von 3 Jahren zu nor— miren, und es wurde vorgeschlagen, das Minimum auf die Dauer von 1 Jahr festzusetzen. Bei Berathung der Bestimmungen in den vorbezeichneten Paragraphen sei von der Voraussetzung ausgegangen worden, daß die Bestimmung über das Minimum der en, ,

lendsten erscheint. Es ist nach dem Inhalte des Entwurfes beschlossen

vorbehalten sei, und es würde in den Fällen jener Paragraphen eine

zu große Härte sein, wenn immer mindestens Zjährige Zuchthausstrafe verhängt werden müßte. Dadurch würde das bestehende Strafrecht bedeutend geschärft und das richtige Verhältniß zu den übrigen Frei- heitsstrafen alterirt. Auch scheine es angemessen, kürzere Zuchthaus⸗ strafen zuzulassen, weil es darauf ankomme, auch kürzeren Freiheits- strafen durch die Art der Vollstreckuong den Charakter besonderer Schwere zu geben.

Andererseits wurde bemerkt, daß bei allen Bestimmungen der vorerwähnten Paragraphen ein Minimum von 3 Jahren habe vor- ausgesetzt werden müssen, daß diese Voraussetzung bei den gefaßten Beschlüssen leitend gewesen, und daß daher die Frage bereits als er- ledigt zu betrachten sei. Außerdem sei es nothwendig, der Zuchthaus⸗ strafe nicht durch Verhängung einer zu kurzen Dauer die Bedeutung der besonderen Schwere zu nehmen, zumal für leichtere Vergehen die Strafarbeit die geeignete Strafart sei. Wenn dem Richter die Wahl zwischen Zuchthaus und Strafarbeit zustehe, so werde leicht bei Zu⸗ lässigkeit einer kürzeren Dauer der Zuchthausstrafen eine nicht zu wünschende Verschärfung der Strafen eintreten können, die das Gesetz nicht beabsichtigt habe.

Für die Rheinprovinz besonders sei es nothwendig, ein Minimum von 3 Jahren für die Zuchthausstrafe festzusetzen, weil nach rheini⸗— schem Rechte nur die Assisen über schwere Verbrechen zu entscheiden haben, und zu diesen alle Verbrechen gehören, welche mit Zuchthaus- strafe bedroht sind. Da zu den schweren Verbrechen außerdem alle Verbrechen gezählt werden, welche mit Freiheitsstrafen von mehr als jähriger Dauer bedroht seien, so müsse eine Zuchthausstrafe von weniger als 5sjähriger Dauer wegen ihrer intenstven Schwere einer anderen Freiheitsstrafe von 5jähriger Dauer gleich sein, und dies könne bei einer Zuchthausstrafe unter 3 Jahren nicht wohl angenom- men werden.

Die Abtheilung hat den Antrag:

das Minimum der Zuchthausstrafe auf 1 Jahr festzusetzen,

mit 11 gegen 3 Stimmen abgelehnt, und schlägt vor, sich dahin zu entscheiden, daß das Minimum der Zuchthausstrafe auf die Dauer von 3 Jahren festgesetzt werde.“

Abgeordn. Dittrich: Die Schwere der Zuchthausstrafe liegt nicht allein in der Dauer, sondern vorzüglich in dem jedesmaligen Verluste der Ehrenrechte. Meine Herren, wenn wir den Antrag annehmen, so wird eine große Masse von Strafen, welche wir bis zu einer ge⸗ wissen Anzahl von Jahren angenommen haben, auf einmal sehr erheb⸗ lich geschärft. Ich stelle deshalb den Antrag, das Minimum auf 2 Jahre festzusetzen.

Marschall: Es ist zu ermitteln, ob der Antrag die erforderliche Unterstützung findet.

(Es erhebt sich die erforderliche Anzahl von Mitgliedern.)

Er hat sie gefunden.

Abgeordn. Graf von Renard: In derselben Richtung, wie das geehrte Mitglied vor mir sprach, wollte ich mich, auch äußern. Die größere Schwere der Zuchthausstrafe im Verhältniß zu der Strafarbeit liegt nicht sowohl in der verschiedenen Behandlung der beiderlei Sträflinge, sondern einzig und allein in der Entziehung der Ehre. Wenn diese Verschärfung der Strafe nur eintreten kann, wo die innere Nichtswürdigkeit des Verbrechers klar nachgewiesen wird, so kann doch die äußere Rechtsverletzung, welche stattgefunden hat, eine verhältnißmäßig unbedeutend größere sein. Wir beurkunden und strafen die innere Nichtswürdigkeit durch den Ausspruch der Zucht⸗ hausstrafe überhaupt, bei der Dauer der Strafzeit müssen wir Rück⸗ sicht nehmen auf die Größe der äußeren Rechtsverletzung. Ich werde mich dem Amendement anschließen, daß die kürzeste Strafdauer ein Jahr sei und stimme, wenn dieser Antrag nicht genehmigt ist, dem Vorschlage des geehrten Mitgliedes bei, daß das Minimum zwei Jahre sei.

Marschall: Es ist zu bemerken, daß der Vorschlag, das Mini- mum auf ein Jahr zu setzen, noch nicht gemacht worden ist.

Abgeordn. Graf von Renard: Er ist von der Minorität der Abtheilung bevorwortet worden, und insofern glaube ich, ist er auch schon gestellt.

Marschall: Er ist nur als in dieser Versammlung gestellt an- zusehen, wenn er von einem Mitgliede der Versammlung gestellt, resp. erneuert wird. n

Abgeordn. Graf von Renard: Ich stelle diesen Antrag.

Marschall: Er ist jetzt gestellt, es ist also zu ermittein, ob er die erforderliche Unterstützung findet.

(Es erhebt sich die erforderliche Anzahl von Mitgliedern.)

Er hat sie gefunden. ;

Korreferent Freiherr von Mylius: Ich werde das Gutachten der Abtheilung , und muß die hohe Versammlung bitten zu erwägen, daß sie wirklich mit der Verringerung der Juchth au strafe die Anwendung des Gesetzes mehr erschwert, als erleichtert. frage, was ist die Bedeutung der Zuchthausstrafe? Die Antwort ist: Sie ist nach der Todesstrafe die schwerste Strafe, sie ist namentlich wie von Seiten des geehrten Abgeordneten, der eben gesprochen hat ganz richtig bemerkt wurde, bezeichnend dadurch, daß sie den Verlu st der bürgerlichen Ehre in sich schließt. Diese Rücksicht besonders giebt dem Charakter der Strafe eine eigenthümliche Schwere, wodurch sie von allen anderen Strafen wesentlich unterschieden wird, und ich frage nun, würde man nicht gerade das Wesen dieser Strafe ver⸗ kennen, wenn man sie mit einer zu gelinden Freiheitsstrafe verbände, wäre es nicht eine Verkennung des großen Werthes, welchen wir auf die bürgerliche Ehre legen? Wenn wir diesen Verlust der bürger⸗ lichen Ehre an eine zu geringfügige Freiheitsstrafe, an eine Freiheits- strafe von zwei Jahren knüpfen, so glaube ich, daß es, um die Schwere, welche in der Zuchthausstrafe liegt, unter allen Umständen aufrecht zu erhalten, nothwendig sei, nicht eine zu geringe Strafe mit ihr zu verbinden. Es ist nämlich gesagt worden, es sei die Strafe unter allen Umständen zu hart, ich glaube aber, daß diese Rücksicht den Antrag, der hier gestellt worden ist, nicht motiviren kann, man möge die einzelnen Strafen prüfen und sagen, daß doch nicht die Zuchthausstrafe, sondern eine andere Strafe, die namentlich den Verlust der bürgerlichen Ehre nicht, in sich schließt, z. B. die Strafarbeit, anzunehmen sei. Diese Prüfung ist bereits Hon uns vorgenommen, und wir sind zu dem Resultate gekommen, daß, wo die Zuchthausstrafe ausgesprochen wird, immer ein Ver⸗ brechen vorliegt, welchem der Verlust der bürgerlichen Ehre noth⸗ wendig folgt. Ich erinnere an die Berathung über die Verbrechen gegen Personen und Eigenthum, ob nicht bei allen entschieden der Antrag gestellt worden, ob nicht jedesmal ausdrücklich erwähnt wor- den ist, daß da, wo Zuchthausstrase angedroht werde, eine solche That vorliege, die den Verlust der bürgerlichen Ehre neben der Strafe nothwendig rechtfertigt. Wenn ich das als bereits durch die Abstim- mung festgestellte Thatsache betrachten kann, daß, wo die Zuchthaus⸗ strafe noch im Gesetzbuche steht, überhaupt der Verlust der bürger⸗ lichen Ehre gerechtfertigt sei, so muß ich der Meinung sein, daß in diesem Falle das Heruntergehen auf ein Strafmaß unter drei Jahren

wirklich nicht gerechtfertigt sein würde. Ob nun zwei oder drei