1848 / 70 p. 7 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

menberufen, um zu diesem Behufe eine Kommission von 40 Mit⸗ gliedern zu ernennen.

Der Gesellschaft der Literaten erklärte die provisorische Regierung, als jene vor ihr erschien, um derselben ihre Zustimmung zu ertheilen, man wolle vor Allem die Würde, die Bedeutung und den glücklichen Erfolg der Wissenschaften schützen. Die Negierung forderte zugleich die Gesellschaft auf, das Beiwort republikanisch vor ihren Namen zu setzen. Dem Handelsgerichte wurde die Versicherung gegeben, daß man bemüht sein werde, dem Verkehr Frankreichs eine größere Aus⸗ dehnung zu sichern, ihn auf allen Punkten der Erde zu schützen und die dazu geeignetsten Konsuln zu wählen; die Akademie der Medizin wurde ersucht, sich Nationalakademie der Heilkunde zu neunen.

Der Moniteur meldet, daß Herr Berard in Montpellier seine Functionen als Dekan der medizinischen Fakultät wieder antritt. Er war vom ehemaligen Unterrichtsminister Salvandy derselben entlassen worden, weil er an einer liberalen Manifestation Theil genommen hatte. Der Constitutionnel bemerkt unter rühmender Anerkennung dieser Wiedereinsetzung, daß er eben so erfreut sein werde, Herrn Rousselle wieder an die Spitze der Akademie von Paris gestellt zu sehen; 25 Jahre habe derselbe seine Stellung zu Aller Zufriedenheit inne gehabt, als Herr von Salvandy ihn „durch einen seiner Ukase“ vor 14 Tagen wegen seines „würdevollen“ Benehmens während der letzten Stürme an der Universität entlassen habe. Der Constitu⸗ tonne erinnert daran, daß auch die Restanration, als sie am Vor⸗ abend ihres Sturzes den öffentlichen Unterricht den Jesuiten habe überliefern und an der Spitze der pariser Akademie einen Vollstrecker ihrer Willkürmaßregeln haben wollen, Herrn Rousselle der oberen Verwaltung der Alademie enthob.

Herr E. Longouvé ist auf sein Gesuch autorisirt worden, Vorle—⸗ sungen über „die moralische Geschichte der Frauen“ zu halten.

Den Deputationen der Schulen hat Herr von Lamartine sehr eindringlich die Erhaltung der Ordnung empfohlen. Zu Macon, dem Geburtsort Lamartine's, ist dessen Büste mit einer Eichenkrone ge⸗ schmückt, in Begleitung der Nationalgarde und vieler Musikchöre unier dem Jubel der Bevölkerung durch die Stadt getragen worden.

Der Minister des Innern, Ledru-Rollin, hat gestern die Ver⸗ wundeten in allen Spitälern befucht; es zeigte sich, daß ein Viertel der Verwundeten Knaben von 12 bis 14 Jahren waren.

Gestern Nachmittag war die mobile Nationalgarde zum ersten Male vor dem Kirchhofe Montmartre aufgestellt. Sie hatte sich als Fahnenjunfer ein Mädchen gewählt, das ungefähr wie die Mar— ketenderinnen der Linie gekleidet war, jedoch den Kopf mit einer phrygischen Mütze bedeckt.

Eine große Anzahl der Brandstifter und Plünderer, welche die Stationsgebäude und Brücken der Eisenbahnen zerstörten, sind durch die Natiönalgarde der Umgebung eingefangen und in die hiesigen Gefängnisse gebracht worden. ̃

Eine heute Nachmittag angeschlagene Verordnung des Polizei— Präfekten Caussidisre besiehlt allen Kleiderhändlern und Waffen⸗ schmieden, Uniformen, Equipirungs-Gegenstände und Waffen nicht anders zu kaufen und zu verkaufen, als indem sie den Kauf und Ver⸗ kauf in ein eigenes Register, mit Angabe des Namens und der Adresse des Käufers oder Verkäufers, eintragen und die Zahlung nur in dessen Wohnung leisten oder erhalten. ; ;

Die Tuilerieen und das Palais-Royal werden ausgebessert, und die Spuren der Zerstörungen verschwinden immer mehr; es sind nur noch die eingeschlagenen Fensterscheiben zu ersetzen.

Auf den Boulevards und in mehreren Quartieren sind jetzt mehr als 50) Roulettes aufgestellt, um die sich Arbeiterhaufen, von Gewinn sucht getrieben, drängen. Man hofft, daß diesem Skandal bald ein Ende gemacht werden wird.

In dem Büreau des Herrn Higonnet werden jetzt die Arbeiten organisirt und die Arbeiter angewiesen. Die Zöglinge der Central⸗ schule der Gewerbe und Manufakturen helfen die neue Organisation bewerkstelligen. Die Säle des Museums sind den Studien wieder geöffnet.

Die Arbeiter in den Shawlfabriken haben, da es mit diesem Geschäft jetzt schlecht geht, auf eine Erhöhung ihres Lohns verzichtet.

Der National ruft den Arbeitern zu: Es soll das Programm der neuen Regierung sein: einerseits Anerkennung und praktische Be—⸗ stätigung der Volksrechte, welche durch den Sieg proklamirt wurden, und andererseits Achtung vor ehemals eroberten Rechten, deren Aus⸗ übung auf kein Privilegium begründet ist, und vor Allem, wir er⸗ klären es laut, Achtung vor den unbeweglichen, ewigen Negeln, auf welchen jede Gesellschaft beruht, Achtung vor der menschlichen Frei⸗ heit und jener unverletzlichen Eroberung des freien Mannes: dem Eigenthume! Zu den Staats-Maximen, welche wir in den Tagen des Kampfes anempfahlen, ohne daß man hören wollte, müssen wir vor Allem an folgende erinnern: Verwalten ist Wissen und Vorher— sehen. Eine weise Regierung muß immer voranschreiten, aber mit geregeltem Schritte. Es ist ihre Pflicht, allen Bedürfnissen, welche sich im Schoße des Staates kund geben, zu genügen, alle Wünsche, welche aus dem Volksbewußtsein hervorgehen, zu hören und zu er— hören, aber auch das bestehende begründete Interesse, die Nothwen— digkeit der Ordnung in Anschlag zu bringen. Habt also Zutrauen zu der Negierung, die Ihr proklamirt habt, Ihr, die Kämpfer der ersten Stände, Vürger, Arbeiter, deren Rechte von einer unterdrücken⸗ den Gesetzgebung verkannt wurden. Ihr werdet binnen kurzer Zeit in die Primärversammlungen berufen werden und alsdann zu freien Vertretern in der National-Versammluug die Männer wählen, die Euer Vertrauen besitzen. .

Die Klubs erganisiren sich rasch, der der „republikanischen Cen⸗ tral-Gesellschaft“ unter A. Vlangüi hielt gestern schon seine vierte Sitzung. Auch ein Klub der „Völker-Emancipation“ ist bereits gebildet und wird morgen seine erste Sitzung im Saale Montesquieu halten. Der Republikaner Raspail ließ seit dem 26. Februar ein Blatt erscheinen, das den Titel von Marats bekanntem Blatte: „Der Volksfreund“ angenommen hatte und in dem die provisorische Regierung als nicht energisch, als nicht republikanisch genug, heftig gu gegriffen war de Vorgestern Abend drangen zahlreiche Haufen in die Druckerei dieses Blattes und zerschlugen die Pressen, und als Raspail das Blatt, das schon gedruckt war, ausgeben lassen wollte, weigerten sich alle Zei⸗ tungsträger, sich kamit zu befassen. Außer diesem Journal machen besonders die Democratie pacifigue und, die Republique Opposition gegen die provisorische Regierung. Erstere greift nament⸗ sich Herrn Eremieur heftig an, dem sie Bevorzugung seiner Freunde vorwirft, und letztere hat sich gegen Ledru⸗Rollin gewendet.

Es sind seit einigen Tagen vierzehn neue Journale entstanden von denen täglich 300,500 Blätter von 5000 Herumträgern derkauft werden. Die Presse allein, welche jetzt, da ihr Redacteur, Emil von Girardin, der entschiedenste Anhänger und. Gesinnungsgenosse Lamartine's ist, die größte Verbreitung hat, beschäftigt täglich 2000 Verkäufer.

Der Fürst von der Moskwa hat in einem Schreiben seine Zu⸗ stimmung zur Republik aus gesprochen; er unterzeichnet sich darin: „La Moskowa.“ Die Fürstin von Lieven, die alte Freundin des Herrn Guizot, hat nunmehr, wie es heißt, der provisorischen Regierung auch ihre Zustimmung zukommen lassen.

Marschall Bugeaud hat Paris verlassen und sich auf sein Gut bei Excideuil in der Dordogne zurückgezogen.

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Der General⸗Post⸗Direktor Etienne Arago, der übrigens in we⸗ nigen Tagen die Direction der Post verlassen und die Direction des Büreaus der schönen Künste übernehmen wird, hat ein Schreiben an die Blätter erlassen, worin er mittheilt, daß er die einzeln mit den Posten eintreffenden Nachrichten nicht mehr veröffentlichen werde. ueberall herrsche Ordnung, die Arbeit organisire sich, und die Han⸗ delsbeziehungen nähmen wieder ihren Lauf. In Rheims ist die Ruhe wiederhergestellt. Zu Nantes zeigte sich die Bürgerschaft nicht ein⸗ stimmig. Die Bourgeoisie will die Regentschaft, die Legitimisten hal⸗ ten ihrerseits Zusammenkünfte, die Truppen sind republikanisch gesinnt. Der dahin entsandte Kemmissar schreibt, die Hauptsache sei, vor dem 6. März eine Million Franken in baarer Münze nach Nantes gelan⸗ gen zu lassen, wovon 300,009 für den General- Einnehmer zu bestim⸗ nien wären. Auch in Marseille ist Finanzuoth. In Lille kehrt all⸗ mälig wieder das Vertrauen zurück, und die Handelsgeschäste nehmen wieder ihren gewöhnlichen Gang. Die Bank zu Lille hat Vorkeh⸗ rungen getroffen, um die Wirkungen der Krisis möglichst zu verrin⸗ gern, und man hofft, daß die Handeltreibenden und Rentner den lmlauf von Banknoten in nichts behindern werden, weil dadurch allein sinanziellen Verlegenheiten vorgebeugt werden kann. Die Bank setzt sich in Bereitschaft, den dringendsten Bedürfnissen zu entsprechen und insbesondere die Lohn-Auszahlungen an die Arbeiter sicher zu stellen. Zu Rouen wird von Regierungs wegen ein Diskonto-Comtoir errich— tet. Aehnliches beabsichtigt man für alle Hauptorte der Departe⸗ ments, um dem Handel Erleichterung zu gewähren.

Die von der Bank von Frankreich am Monatsschlusse eskomtirten Effekten betrugen am 26. Februg! 7 und am 28. Jebruar 14, also im Ganzen 21 Millionen Fr. Von diesen wurden von der Bank nur für 20, 009 Fr. Effekten, als nicht sicher genug, zurückgewiesen. Eine Menge Kaufleute haben von dem in Folge der Umstände ihnen bewilligten Aufschub keinen Gebrauch gemacht. Der Schatz hat ge⸗ stern Tratten im Belaufe von 5o0 O60 Franken ausbezahlt, welche von dem General-Einnehmer der Somme an die Ordre mehrerer Banquiers von Amiens ausgestellt waren. Die Entrichtung der di— rekten Steuern soll sehr regelmäßig erfolgen. Die Listen waren von der vorigen Regierung am 15. Februar eingeschickt und deren Bezah⸗ lung, der außerordentlichen Verhältnisse wegen, bis zum 23sten aus⸗ gesetzt worden.

. Banquierhaus Rothschild in Paris benachrichtigt durch öffent⸗ liche Anzeige die Inhaber Rriechischer Obligationen, daß es vom 4. März die an diesem Tage fälligen Coupons dieser Effekten bezahlt.

Die Compensations-Course der pariser Börse sind noch nicht in Ordnung. Die Coulissiers waren mit 72 für die 3 pCt. Rente und den letzinotirten Preisen der Eisenbahnen schon zufrieden, doch wird die deflintive Bestimmung noch Aufschub leiden.

Tie Geistlichkeit zeigt sich der neuen Ordnung der Dinge ge⸗ neigt und hat an mehreren Orten das Tedeum singen lassen. Pater Lacbrdaire hat in einer Predigt in der Notredame-Kirche ausgeru— fen: „Wollte ich es wagen, Euch das Dasein Gottes zu beweisen, so würden die Pforten dieser Kathedrale von selbst sich öffnen und Euch dies Volk zeigen, wie es, erhaben in seinem Zorne, Gott un⸗ ter Ehrfurcht und Änbetung an seinen Altar trägt.“ Dazu bemerkt das Journal des Débats: „Eine unwiderstehliche Bewegung riß die ganze Versammlung hin, die in Beifallsbezeigungen auebrach, welche die Heiligkeit des Orts nicht zurückzuhalten ver⸗ mochte. Die Vernünstigen mochten dies bedauern, aber sie konnten sich der Theilnahme nicht erwehren; sie war einstimmig. Möge denn mmnerhin die Kirche ihren Platz einnehmen, so wie wir Alle.. Möge sie sich zeigen, das Volk wird sie anerkennen. Gott hat die Welt dem Streit anheimgegeben, tradidit mundum disputationi!“

Ber Kardinal von Bonald, Erzbischof von Lyon, hat an den Klerus seiner Diözese folgendes Rundschreiben erlassen:

„Meine lieben Landsleute! Ihr fennt bereits die politischen Verände- rungen, welche sich in Frankreich ereignet haben. Es kann uns nicht Wun⸗ der nehmen, die wir inimer mit ewigen Interessen beschäftigt sind, zu erfah⸗ ren, daß die Hand Gottes in seiner Gerechtigkeit Throne zu Boden wirft und' Kronen zerstreut. Bleibet gelassen inmitten der Aufregung dieser ersten Tage und stellt all Euer Vertrauen auf die göttliche Vorsehung; gebet den Gläubigen das Beispiel des Gehorsams und der Unterwerfung an die Re— publik. Ihr habt oft den Wunsch geäußert, die Freiheit zu genießen, welche Eure Bruder der Vereinigten Staaten so glücklich macht, und diese Frei⸗ heit wird Euch zu Theil werden. Sollten die Behörden es wünschen, daß die Fahne der Nation von Euren Kirchen wehe, so willigt in dieses Ver= langen ein. Die Fahne der Republik wird immer der Religion ihren Schutz gewähren. Verfolgt mit Eifer, meine theuren Brüder, Eure heilige Sen- dung, wendet Eure Fürsorge den Kranken zu, versagt Eure Mitwirkung fei⸗ ner Maßregel, welche die Lage der arbeitenden Klassen verbessern kann. Es steht zu hoffen, daß man endlich an dem Loose der arbeitenden Klassen ein aufrichtiges und wirksames Interesse nehmen werde. Leset Euren Psarr⸗ findern diesen Brief von der Kanzel vor.“

Eine zahlreiche Deputation von Bürgern, Arbeitern und Stu⸗ denten hat sich zum päpstlichen Nuntius begeben, um ihm eine Adresse zu Ehren des Papstes Pius 1X. zuz. stellen. Der Nuntius hat die Deputation sehr freundlich empfangen und die Adresse mit der Ver— sicherung entgegengenmmen, er werde dieselbe in der möglich kür⸗ zesten Frist nach Rom befördern.

Die in Paris lebenden Engländer unterzeichnen jetzt eine Adresse, in welcher sie ihren Dank zu erkennen geben für die Sicherheit und den Schutz, die sie während der folgeschweren Ereignisse genossen haben, und ihre Hoffnung auf das beste Einvernehmen zwischen Eng— land und Frankreich aussprechen.

John O'Connell, der sich seit einiger Zeit hier aufhält, hat an einen Beamten des Ministeriums des Innern, Herrn Andryane, ein Schreiben gerichtet, worin er seine Sympathieen für die Sache der französischen Republik ausspricht.

Eine Adresse an das französische Volk, im Namen des maroni⸗ tischen Volkes auf dem Libanon, ist gestern von dessen Delegirten, die sich seit längerer Zeit schon in Paris befinden, den Mitgliedern der provisorischen Regierung überreicht worden. Herr von Lamar— tine antwortete, daß er für die so unglückliche maronitische Nation nur freundschaftliche Gesinnungen hege, und daß er es für eine Pflicht erachte, dieselbe zu beschützen.

Herr Drouyn de Lhuys wird, dem Vernehmen nach, sofort von der provisorischen Regierung als Botschafter nach Madrid geschickt werden.

Der Constitutionnel erklärt als bestimmt, daß die Frau Her⸗ zogin von Orleans in Verviers mit ihren Kindern auf der Eisenbahn gewesen und sich nach Deutschland gewandt zu haben scheine. Die Herzogin soll bis zum 29. Februar in Paris in einem Privathause verborgen gewesen und erst am Abend des 29. Februar mit ihren beiden? Kindern und in Begleitung eines verkleideten Lrdonnanz— Offiziers mit dem letzten Zuge auf der Nordbahn abgereist sein.

Die Asche Garnier-Pagés' des Jüngern und Cavaignac's soll neben der Asche Armand Carrel's im Pantheon beigesetzt werden.

Herr Lambert, Direktor der Kron⸗Mobilien Und Oberst einer Legion der National-⸗Garde, hat sich erschossen.

Die Kommis der Mobe-Magazine petitioniren, daß die Läden 11 und nicht 15 Stunden offen, und daß sie am Sonntage ganz ge⸗ schlossen sein sollten.

ö. Rue Coquenarb hat sich den Namen Rue Lamartine bei⸗

Jules Janin erklärt es für eine Erdichtung, daß er der provi⸗·

sorischen Regierung die Mitwirkung des Journal des Débats angetragen hätte.

Der Direktor der Porzellan⸗Manufaktur von Sevres hat dem Minister des Innern angezeigt, daß diese Anstalt von allen Unord— nungen verschont geblieben; er ersucht zugleich um die Befehle zum Wiederbeginn der Arbeiten.

Der Handels-Minister hat bekannt gemacht, daß die Inhaber von Patenten auf Erfindungen darum, weil sie etwa die seit dem 22. Februar fälligen Termin-Zahlungen für dieselben nicht entrichtet ihrer Rechte darauf nicht vergehen sollen, wofern sie nur bis zu einer il. noch zu bestimmenden Frist ihre desfallsigen Verbindlichkeiten erfüllen.

J

3 Madrid, 26. Febr. Während der General Pavia in Barce= lona auf seinen Lorbeeren ruht und die vollständige Ausrottung der Karlisten in Catalonien verkündigt, ging gestern hier die Nachricht in, daß am 2lsten, Abends 7 Uhr, eine Schaar von 100 Karlisten eunter der Anführung von Castells, Borges, Vilella in die bedeutende Fabrikstadt Igualada, auf der großen, von Saragossa nach Barcelona führenden Heerstraße, eindrang. Diese Stadt zählt 15,900 Einwoh⸗ ner und eine Besatzung von 1600 Mann, die erst, nachdem die Kar⸗ listen das Rathhaus und einige andere öffentliche Gebäude besetzt hatten, ihre Anwesenheit gewahr wurde. Es entspann sich in den Straßen ein hartnäckiges Gefecht, und es gelang den Karlisten, sich durchzuschlagen und mehrere Einwohner und Offiziere, so wie auch die öffentlichen Kassen, mit sich fortzuführen. Das Kriegegeschrei der Karlisten lautete: „Es lebe Karl VI.“ Sie zogen in der Richtung von Manresa ab.

Dieses Ereigniß giebt den progressistischen Blättern heute Ver— aulassung, die Regierung grober Fahrlässigkeit zu zeihen. In der That scheint die Aufmerksamkeit der Minister ausschließlich durch die Ereignisse Italiens in Anspruch genommen zu sein. Die ministeriellen Blätter ertheilen in langen Aufsätzen den Bewohnern der Lombardei den Rathschlag, „das Joch der Fremden, unter welchem sie seufzen, abzuwerfen und sich der Güter theilhaftig zu machen, deren ihre Brü⸗ der sich erfreuen.“

Die Verhandlung des gegen den des beabsichtigten Königsmor⸗ des angeklagten La Riva eingeleiteten. Prozesses ist auf übermorgen verschoben worden. Der Senat hat ünterdessen die Debatten über den Gesetz- Entwurf begonnen, durch welchen die Fälle, in denen er als Staatsgerichtshof auftreten soll, so wie das dabei eintretende Verfahren, festgesetzt werden. Der erste Artikel des Entwurfes be⸗ stimmt, daß der Senat über schwere, gegen die Person oder die Würde des Königs oder unmittelbaren Thronfolgers begangene Ver⸗ brechen zu erkennen habe solle. Ein von Herrn Silvela beantragtes Amendement, daß diese Gerichtsbarkeit des Senats auch bei schwe⸗ ren gegen die Person oder bie Würde des Gemahls der Königin oder der Gemahlin des Königs, gegen den Regenten oder die Re⸗ gentin begangenen Verbrechen eintreten solle, wurde vorgestern zur Diskussion gestellt. Man stritt sich über die Bedeutung des Wortes Ischwere“ Verbrechen, indem einige Senatoren behaupteten, daß alle gegen den König begangene als schwere betrachtet werden müßten, während Andere auf das Straf-Gesetzbuch verwiesen, welches nur ein Verbrechen gegen den König anerkenne, nämlich den Mord.

Ohne eine weitere Entscheidung über diese Streitfrage zu fassen, ge—

nehmigte der Senat gestern die Zulassung des Amendements.

Vie Regierung hat endlich ein von den Cortes augenommenes Gesetz über auf Actien begründete Handels⸗Gesellschaften in Kraft gesetzt. Schon vor Jahren machte ich in Ihrem Blatte dar—⸗ auf aufmerksam, daß die zahllosen, hier plötzlich auftauchenden Actien⸗ Gesellschaften, in denen man namentlich jenseits der Pyrenäen das Erwachen eines löblichen Associations-Geistes und eine dem Handel und Gewerbfleiße neu geöffnete goldene Bahn erblicken wollte, der Mehrzahl nach weder irgend einen erreichbaren Zweck sich vorgezeich⸗ net, noch auch den Theilnehmern den Schatten einer Gewährleistung für die angelegten Kapitalien dargeboten hätten. Die Erfahrung hat meine AÄnkündigung nur zu sehr bestätigt. Von allen hier be—⸗ gründeten Actien⸗-Gesellschaften sind gegenwärtig kaum noch zwei oder drei vorhanden, deren Actien nicht unter die Hälfte ihres ursprüng⸗ lichen Werthes gefallen wären. Sogar Unternehmungen wie die Unions⸗ bank, in die daͤs volle Stiftungs- NRapital von drei Millionen Piastern eingeschossen war, und die Villa de Madrid, deren zum Verkauf ausgestell ter Waarenvorrath das angelegte Grundkapital wenigstens decken sollte, sehen sich genöthigt, sich für zahlungsunfähig zu erklären, und einige der anderen Gesellschasten vermögen nur insofern ihr Dasein zu fri— sten, als sie sich in einen gemeinschaftlichen Körper zu vereinigen su⸗ chen. Das neue Gesetz schreibt nun vor, daß alle jetzt vorhandenen Actien-Gesellschaften, die mit keiner besonderen Ermächtigung von der Regierung versehen sind, diese binnen zwei Monaten, das heißt, vor dem 18. April, unter Vorlegung ihrer Statuten und Reglements, nachzusuchen haben. Die Ermächtigung soll nur dann ertheilt wer⸗ den, wenn die Mehrzahl der Actien-Inhaber der betreffenden Gesell⸗ schaft auf Fortdauer derselben besteht. Von nun an darf keine Handels⸗ Gesellschaft, deren Kapital zum Theil oder ganz in Actien vertheilt wer—⸗ den soll, anders, als kraft eines Gesetzes oder Königlichen Dekretes, gegründet werden. Ein Gesetz ist erforderlich für die Errichtung von Banken, welche das Ausgeben von Noten bezwecken, für den Bau von Landstraßen, schiffbaren Kanälen, Eisenbahnen und alle Unter⸗ nehmungen von allgemeinem Interesse, für die ein ausschließliches Privilegium verlangt wird. Von letzteren sind die Gesellschaften aus⸗ a en, welche einen erfundenen oder eingeführten Gewerbszweig betreiben, für den die Regierung, in Gemäßheit der bestehenden An⸗ ordnungen ein Privilegium ertheilen kann. ö ö

Der Handels-Minister hat den Cortes einen Gesetz Entwurf über die Konzessionen zu Eisenbahnen vorgelegt. Sie sollen nur kraft eines Gesetzes oder eines Königlichen Dekretes ertheilt wer⸗ den. Gegenstand eines besonderen Gesetzes sind die Eisenbahne! welche von Madrid aus bis an die Gränzen oder Küsten, oder bis zu einer Provinzial⸗Hauptstadt gehen, diejenigen, welche zwei her mehrere Provinzial- Hauptstädte mit einander in Verbindinmg scben, und die, welche mit Zuschüssen aus der Staats⸗Kasse angelegt wer⸗ den sollen. = geuc

In einem anderen, die Anlegung und Verbesserung won Leucht thürmen betreffenden Gesetz- Entwurf beantragt derselbe Min ister daß anstatt der bisher in den spanischen Häfen erhobenen Laternen⸗ Gelder (arbitrios de sanal y linterna) kunftighin 4. allen mit Zoll⸗ Aemtern versehenen Häfen eine bestimmnite Leuchtthurm Abgabe lim puesto de fargs) entrichtet werden solle. Die spanischen und, frem= ben, aus spanischen Kolonieen oder fremden Häfen kommenden Schiffe sollen einen Real pr. Tonne und die fremden Schiffe außerdem eine Differential Abgabe bezahlen, die dem Ueberschuß gleichkömmt, wel- chen spanische Schiffe, in den betreffenden Ländern über obigen Be⸗ trag (von einem Neal pr. Tonne) zu entrichten haben.. ;

Vor estern fand abermals ein glänzender Maskenball im Schlosse statt. Die Königin Isabella erschien als Katharins von Medicis, eine unverheirathete, vierzigjährige Schwester der verwittweten Gräfin To⸗ reno als Sappho.

Dritte Beilage

683 Dritte Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Freitag den 10. März.

Deutsche Bundesstaaten. Königreich Sach sen. Adresse der Statt Dresden und Antwort des Königs.“ Königreich Württem- berg. Einberufung der Stände. Kur fürstenth um Hessen. Ein⸗ berufung der Stände. Adressen von Kassel und Marburg. Groß⸗ herzogthum Hessen und bei Rhein. Priinzessin Karl von einem todten Prinzen entbunden. de putation an den Großherzog. Herzogtbum Nassau. Belannt⸗ machung. Eröffnung der Stände. Landgrafschaft Hessen⸗ Homburg. Adresse. ; ;

Frankreich. Paris. Lamartine's Instructionen an Frankreichs diplo⸗ matische Agenlen. Die Gesandten Preußens und Desterreichs. Depeschen an den englischen BVotschafter. Bestimmungen in Betreff Ter National- Versammlung. Vermischtes. = Schreiben aus Paris. (Die Frage über Krieg oder Frieden und die Stimmung unter den Mit⸗ gliedern der provjsorischen Regierung; Haltung des Cassalionshofes; Miß brauch des Eintritts in die Nationalgarde.)

Großbritanien und Irland. London. Kabinets⸗Rath. Flucht, und Landung Ludwig Philipp's. Parlaments-Verhandlungen: Lord

Palmerston und Herr Urquhart. Schreiben aus London.

Niederlande. Aus dem Haag. Das Journal de la Haye über das Verhältniß Hollands und Belgiens zu Frankreich.

Dänemark. Kopenhagen. Ernennungen. Schleswig. Adresse der Stadt Schleswig an den König

Italien. Genug. glums. Messina. Erstürmung einer Citadelle durch das Volk. Bombardement.

Handels⸗ und Börsen⸗Nachrichten.

Deutsche Bundesstaaten.

Königreich Sach sen. (E. 3)

wurde sie von Sr. Majestät dem Könige empfangen. Herr Bürger⸗

meister Hübler richtete zur Uebergade der fraglichen Adresse an Se. j 3 ö ö 34 ? ;. ö 9 , ö stand zerrüttet sieht und, wenn deren Fortdauer besteht, täglich größerer

Majestät einige ehrerbietige Worte, in denen er besonders hervorhob, daß es für Se. Majestät des Ausdrucks der Unverbrüchlichkeit der Liche und Treue der hiesigen Einwohnerschaft nicht bedürfen werde, daß es aber für die hiesige Kommunvertretung Bedürfniß sei, in den

ziellen Artikeln der öffentlichen Blätter entnehmen zu dürfen glaube,

daß Se. Majestät der Gewährung der Bitte bereits entgegengekom⸗

men sei.

Se. Majestät nahm die Adresse aus den Händen des Sprechers an und äußerte sich nach deren Durchlesung ungefähr in folgenden, mit tiefer Bewegung gesprochenen Worten:

„Sie haben recht, daß es der erneuten Versicherung der Mir wohl—

thuenben Treue und Änhänglichkeit der hiesigen Einwohnerschast nicht be,

dürfe. Die Stadt Dresden hat sie, wle stets bisher, so auch namentlich

in den letzten bewegten Tagen, durch Bewahrung der Ordnung und des

Gesetzes bewiesen. Was den Hauptgegenstand Ihrer Wünsche anlangt, so werden Sie sich aus den neuesten öffentlichen Bekanntmachungen überzeugt haben, daß Ich ihn schon vorher zum Gegenstand thätigster Vorbereitungen ge macht habe, und daß es mein eigener sehnlich

sich zu Einberufung der Stände zu verschreiten. Helfen Sie in dieser be wegten Zeit, dem Rechte und Gesetze und der Alles fördernden Ordnung die nöthige Achtung zu bewahren. Vereinigen Sie sich zum Wohle des Ganzen recht innig um Mich und lassen Sie es die Ueberzeugung Aller sein, daß Niemand das Vaterland treuer und inniger lieben könne, als Ich.“ Die Adresse lautete; ‚Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König! Allergnädigster Herr!

Wenn dem Throne Ew. Königl. Masjestät wir, die unterzeichneten ge⸗

setzlichen Vertreter der Königl. Residenzstadt uns zu nähern wagen, um eine allerunterthänigste Bitte an dessen Stufen niederzulegen, so ermuthigt uns dazu das große Königliche Wort: „Vertrauen erweckt wieder Ver⸗ trauen!“ Seit jener Zeit, wo das Scepter in der landesväterlichen Hand Ew. Königlichen Majestät ruht, hat sich dieses Wortes Zau⸗ Perkraft freu bewährt, indem durch dasselbe das Band der Liebe und Treue, welches die sächsischen Bürger zu allen Zeiten an das sächsische Fürstenhaus fesselte, ein ehernes, ein unauflösliches geworden ist· Das sächsische Volk wird daher auch in gegenwärtiger sturmbewegter Zeit, wo hier und da auf europäischer Erde das Wohl der Regierenden von dem der Regierten sich getrennt hat oder zu trennen droht, feinem hochherzigen Könige seine Treue unverbrüchlich zu bewahren wissen. Obwohl wir in den Bewohnern der Residenzstadt Dresden nur einen Theil des gesammten sächsischen Volkes zu vertreten haben, so sind mir doch fest überzeugt, in vorstehenden Worten Das Glaubensbekenntniß unserer übrigen sächsischen Mitbürger ausgesprochen zu haben. Auf unseren Herzen ruhen aber noch andere Wünsche, welche wir zunächst nur bezüglich der von, uns vertretenen Stadt auszusprechen uns erlauben. Es haben sich hier in den letzten Jahren, und vorzüglich seit der Wirksamkeit des letzten ordentlichen Landtags, mancherlei Wünsche, Hoffnungen und Erwartungen durch Wort und Schrift kundgegeben, welche selbst den ruhigsten Beobachter der öffentlichen Zustände von der Thatsache Überzeugt haben müssen, daß im, denkenden besonnenen Theile hiesiger Ein⸗ wohnerschaft ein vollständiges Einverständniß mit der Gefetzgebung unseres Vaterlandes, wie sie ist, noch nicht vorhanden sei. Wenn wir nun einen

Rückblick auf die Vergangenheit unseres Vaterlandes und unserer Vgterstgdt Insbesondere werfen, welche wir unter dem milden Scepter Ew. Majestät purchlebt haben, so treten unseren Blicken die Ereignisse entgegen, welche

Ew. Majestät Regierungsantritte unmittelbar vorangingen. Mit Schmer- zen gedenken wir des Umstandes, daß es der Nachklang jener großen Thron erschütterung in Frankreich war, welcher sich hier in den Ausschreitungen einzelner Unzufriedenen vernehmen ließ, wenn er auch den Grund zur Neugestaltung unseres Staatsgebäudes legte. Die Anfänge jener Wirren wa- ren, so weit sie sich hier ereigneten, nur in dem Mißbehagen an den da— maligen städtischen Zuständen begründet. ö Wenn nun gegenwärtig so manche unvermeidliche, gegen die frühere Zeit erhöhte Lasten einerseits, die Nahrungslosigkeit und die Stockung der Heschäfte andererseits, wieder so manches Gemüth in eine trübe gepreßte Stimmung versetzt, so vermögen wir, eingedenk früherer Vorgänge, den Wunsch nicht zu unterdrücken, daß etwaigen Störungen der öffentlichen Ruhe und Sicherheit in der Residenzstadt zur rechten Zeit begegnet werde, um'so mehr, wenn Ew. Königl. Maßjestät die Ueberzeugung gewinnen soll⸗ ten, daß in anderen Theilen unseres Vaterlandes eine allgemeine Befriedi⸗ gung nicht anzutreffen sei. 2 . Können üun aber die Wünsche und Erwartungen der sächsischen Staatsbürger auf gesetzlichem und segensreichen Wege anders nicht, als durch die Vertreter des sächsischen Volkes zum Throne gelangen, so wagen wir, eingedenk unserer heiligsten Verpflichtungen gegen den Thron wie ge⸗ gen unsere Stadt und unser gesammtes Vaterland und im Vertrauen auf die Weisheit und landes väterliche Huld und Gnade Ew. Königl. Majestät hier die allerunterthänigste Bitte auszusprechen; es möge Ew. Königl. Majestät geruhen, unter thunlichster Beschleunigung der gegenwärtig vorzunehmenden Abgeordneten⸗Wahlen so bald als mög⸗ lich die Stände des Landes zu ihrer verfassungsmäßigen Wirlsamleit

5roß Oldenburg. De⸗ J . . n Großherzogthum J die Aufhebung der Censur auch in Sachsen bevorsteht, und daß es

nur noch des Erlasses eines den Ständen vorzulegenden Gesetzes ge⸗

haben, Sachsen aber nicht.

Erstürmung und Plünderung des Jesuiten⸗Kolle⸗

Nachdem die Deputation des Stadt - Raths und der Stadtverordneten von Dresden am Hten; gegen 109 Uhr in den Königl. Vorzimmern sich eingefunden hatte,

zer Wunsch iß, so bald als mög⸗

einberufen und vor der Hand eine beruhigende öffentliche Zusicherung deshalb ertheilen zu lassen. . Allerunterthänigst⸗ gehorsamst verharrend. Dresden, am 3. März 1846.“

Der Leipz. Ztg. wird aus Dresden vom 7. März gemeldet: „Aus zuversichtlichet Suelle wissen wir, daß nach der in der Procla— mation vom gestrigen Tage schon enthaltenen Zusicherung nunmehr

gen den Mißbrauch der Presse bedarf, wie solches Württemberg und Baden in früheren, jetzt nur wieder in Kraft getretenen Gesetzen schon

Ein auf Mündlichkeit und Oeffentlichkeit bes Strafverfahrens gegründeter Gesetz- Entwurf wird den Ständen vorgelegt werden. Weitergehende Wünsche hierbei, namentlich die Einführung von Schwurgerichten, werden bereits reiflich erwogen, und die Regierung wird sich darüber mit den Ständen vereinigen. Auch hier⸗ bei wird wohl der Gang in anderen dentschen Staaten maßgebend sein, so wie denn überhaupt. Maßregeln, welche die Einigkeit, das Wohl und die Kräftigung Deutschlands fördern können, Sachsens Stimme nie entgegen gewesen ist.“

Königreich Württemberg. (Schwäb. Merk.) Die Stände sind zum 13. März einberufen worden.

Kurfürstenthum Hessen. (Kass. 3.) Durch ein Aus⸗ schreiben des Ministeriums des Innern ist die am 22. Februar ver⸗ tagte Stände⸗Versammlung auf den 11. März einberufen worden.

Die (gestern erwähnte) Petition des Stadtrathes und Bürger⸗

Ausschusses zu Kassel an Se. Königliche Hoheit den Kurfürsten lautet

folgendermaßen:

„Allerdurchlauchtigster Kurfürst! Allergnädigster Kurfürst und Herr! Eine Revolution, wie sie in der Geschichte beispiellos ist, hat aufs neue gezeigt, daß keine Macht der Erde eine Krone zu retten vermag, wenn des Fuͤrsten Interesse von dem des Volkes getrennt wird. Die Republik hat sich an Deutschlands Gränzen gelegt und seine Völker wach gerufen. Diese Zeit der Gefahr, die jedem ireuen Bürger Wahrheit an den Thron zu bringen berechtigt und verpflichtet, führt uns vor Ew. Königlichen Hoheit im Namen einer Bevölkerung, die durch so manche Maßregeln ihren Wohl⸗

Sorge entgegengeht. In der gedrückten Stimmung, in der Unzufrieden heit, die dadurch hervorgerufen ist, vernehmen wir den Ruf des Bun— destages, durch das einmüthigste Zusammenwirken der Regierungen und

daß , Bed i Völker Deutschlands Sicherheit zu erhalten und seine einheitliche Entwicke⸗ jetzigen Zeiten der Bewegung dem geliebten Könige sich zu nahen, und daß sie zur Festhaltung der allgemeinen Wohlfahrt und Erwä⸗ gung der hochwichtigen Fragen der Zeit die Beschleunigung der Ein⸗ berufung der Kammern und eine diesfallsige beruhigende Zusicherung

zu erbitten beauftragt sei, wenn sie schondaus den neuesten halboffi⸗ ganze Land sich in den theuersten Interessen gefährdet, einer Fürst und Volk

lung zu fördern. Gern werden dieser Mahnung auch die Unterthanen Ew. Königl. Hoheit folgen, wenn sie nicht durch Allerhöchstihre Regierung von des Fürsten Herz losgerissen werden. Aber schmerzlich ist es für uns, Ew. Königl. Hoheit zu bekennen, daß die Bevölterung der Residenz, daß das

zugleich beherrschenden religiösen Partei sich aufgeopfert glaubt. Daß die Verheißungen der Verfassung, dieses Denkmals der Einträcht zwischen Fürst und Untertanen, der gedeihlichen Entwickelung entbehren, durch welche eine segensreiche Zukunft verbürgt war, daß vielmehr die äußeren Formen der Verfassung benutzt werden, die wöhlthätigen Zwecke derselben bis zu einem Schattenbilde zu verkümmern, daß die Freiheit des Gewissens und der Religions- Uebung gekränkt ist, die Verleihung der Aemter weniger durch Befähigung, als durch politische und religiöse Rich tung bedingt wird, die freie Meinungs⸗Aeußerung unterdrückt ist, die Frei⸗ heit der Presse fehlt, die individuelle Auffassung einer durch die Ansicht der Minister geleiteten Censur entscheidei, ob ein in den Schranken der Gesetze gehaltener Gedanke verkündet werden darf, daß selbst die Stände Versamm⸗ sung durch die Hemmnisse, die ihrer gesetz lichen Vervollständigung entgegen— gestellt werden, ihre wahre Meinung verlauten zu lassen verhindert ist, das sind die Beschwerden, die von Mund zu Mund gehen und auch wir wollen es nicht leugnen eine immer sich steigernde Aufregung hervor- bringen. Durch die Behandlung der landständischen Wahl- und Legitima= tions-Frage hat das Ministerium nun allen Glauben und damit die Fähig= feit verloren, dem Wohle des Landesherrn und dem Lande zu dienen. Die Minister, welche jetzt die Regierung Ew. Königlichen Hoheit bil= den, besitzen nicht das Vertrauen des Landes, mit ihnen ist das ein⸗ müthige Zusammenwirken unmöglich, welches die Bundes ⸗Versammlung im Namen des gesammten Vaterlandes von allen Deutschen fordert. Durch solche Organe glaubt das Volk nicht den wahren Willen seines Fürsten zu erfahren, sieht durch sie nicht bis zu dessen Ohre seine Wünsche dringen. Die jetzigen Minister Ew. Königl. Hoheit sind nicht geeignet, den Wider⸗ wärtigkeiten die Stirn zu bieten, welche der Staats -Verwaltung in der Gegenwart sich entgegenstellen können, vermögen nicht die Eintracht zwischen Fürst und Volk zu befestigen; Und wann wäre dieses nöthiger und drin gender, als in diesem Augenblick, wo das ganze Vaterland, wo alle Für— sten Deutschlands, wo alle Stämme seine Völker des engsten Verbandes bedürsen, um gegenseitig siche gegen fremde Gewalt und fremde Gesinnung zu schützen. Möge Hessen, das schon einmal, so traurige Erfahrungen machte, nich! das Beispiel geben, daß es in diesem Bunde der Eintracht fehle. Doch es wird darin nicht fehlen, wenn Ew. Königliche Hoheit der ehrfurchtsvollen Bitte will— fahren wollten, in Allerhoͤchstihrem Minister-Rathe sich mit Männern zu umgeben, deren Einsicht, Vaterlandsliebe und verfassungsmäßige Gesinnung vollt Gewähr für eine durchgreifende Aenderung des bisherigen Regierungs⸗ Systems, für die Förderung eines nationalen Lebens auch im Innern un— seres Landes leisten. In dem Vertrauen, daß Gott das Herz unseres Für— sten lenken möge, um eine Bitte zu erhören, die das Glück Ew. Königl. Hoh. nicht minder, als das Wohl des Landes sichern wird, verharren wir mit tiesster Ehrfurcht Ew. Königl. Hoh. allerunterthänigste Mitglieder des Stadtraths und Bürger⸗Ausschusses.“ (Die Antwort des Kurfürsten ist be— reits gestern mitgetheilt worden.)

Die Adresse der Stadt Marburg lautet:

„Lediglich von dem Wunsche durchdrungen, daß Ruhe und Ordnung erhalten und eine über Fürst und Vaterland Unglück bringende Katastrophe, welche einbrechen zu wollen scheint, abgewendet werden möge, wagen wir es, die uns hier kundgegebenen Wünsche des Volts Ew. Königl. Hoheit zur Berücksichtigung vorzulegen. Sie sind nachstehende: 1) Die Vertretung Fer deutschen Völter bei dem deutschen Bunde; 2) Oeffentlichkeit und Münd-= lichkeit des Gerichts-Verfahrens, Anklage Prozeß und Geschwornen-Ge⸗ richte; 3) volle Vereins- und Versammlungs - Freiheit 4) wirkliche Ge⸗ währung der im S. 30 der Verfassungs Urkunde zugesicherten vollkomme⸗ nen Freiheit der Religions- Uebung; 5) unbedingte Wahl-Freiheit hinsicht= lich der Orts-Vorstände und Bürger⸗ Garden. Offiziere mit allenthalbiger Uebenragung der Polizei⸗Geschäfte auf die Erstenz,. 6) Gewährung Der im S§. 38 der Verfassungs-⸗Urlunde zugesicherten Freiheit der Presse. Da das Volk weder zu den dermaligen Milgliedern des Staats⸗Ministeriums, noch zu der Mehrheit der Stände,Mitglieder das Vertrauen hat, daß sie für die Verwirklichung seiner Wünsche und sur die Gewährung seiner verfassungs- mäßigen Rechte ernstlich wirken werden, so legen wir an dem Throne Ew. Königl. Hoheit die Bitte nieder, die dermaligen Ministerial ⸗Vorstände zu entfernen und Männer zu solchen zu ernennen, welche das Zutrauen des Volkes besitzen, auch die dermalige Stände⸗Versammlung aufzulösen, die Wahlen zu? einem neuen Landtage anzuordnen und diesen schleunig zusam= menzuberufen, so wie die Presse möglichst bald zu entfesseln. Ehrfurchts⸗ voll verharren Ew. Königl. Hoheit treugehorsamste 2c. Der Stadt Rath und die große Ausschuß · Versammlung. ;

Se. Königl. Hoheit der Furfürst erwiederte hierauf: „Obgleich Ich in der bel mir erschienenen Deputation ein gesetzliches Organ zu Vorbringung von Bitten nicht erblicken kann, welche allgemeine Landes Angelegenheiten betreffen, so habe Ich mich doch aus besonderer landes väterlicher Huld und nabe bewogen gefunden, Ihre Petition entgegenzunehmen Ich behalte

Mir die geeignete Enischließung auf die Mir überreichten Bitten vor, wo-

bei Ich nach Meinem fürstlichen Berufe das Beste Meines Volkes unver- rücks im Auge behalten und vor Allem für die Erhaltung eines verfassungs⸗ mäßigen Zustandes sorgen werde. Es sind übrigens bereits durch den Y neuesten Bundesbeschluß in Betreff der Presse schon nach den verfassungsmäßigen. Vestimmungen insbesonders die Censur be- seitigende Aenderungen in den dermaligen Verhältnissen der einheimischen Presse nöthig geworden, für deren Verwirllichung das Erforderliche alsbald aͤngeordnei werden wird, namentlich die unverzügliche Bearbeitung eines auf, verfassungsmäßigem Wege zu erlassenden Preßgesetzes. Kehren Sie, Meine Herren, in vertrauen er Erwartung Meiner landesherrlichen Ent⸗ schließung in Ihre Heimat zurück und tragen Sie nach Kräften dazu bei, unter Ihren Mitbürgern den Sinn für Gesetzlichkeit und Ordnung zu er— halten und in ihnen die Gesinnungen des Vertrauens und der Einiracht zu beleben, welche in den gegenwärtigen schweren Zeitverhältnissen dem Vater lande so dringend Noth thun.“

Die Kasseler Zeitung vom 7. März enthält Folgendes: „Der gestrige Tag war ein Tag lebhafter Aufregung; es sprachen sich Gefühle, Gefinnungen und Erinnerungen einer zahlreichen Bevöl- kerung in wichtigen Augenblicken, mit erhöhten Affekten und in ent- fesselter Bewegung mannichfaltig, unverhalten und lebendig aus. Die Bürgergarde versah den Ordnungsdienst mit musterhafter Thätigkeit, Wachsamkeit und Loyalität, und Se. Königl. Hoheit der Kurfürst ge⸗ ruhte dem vor Ihrem Palais kommandirten Detaschement in eigener Person seine Anerkennung in den huldreichsten Ausdrücken zu erkennen zu geben, eine Anerkennung, welcher die Achtung und der Dank ihrer Mitbürger in um so ungetheilterem Maße sich anschloß. Nachmittags entstand in der Nähe des Kastells in Beziehung auf einen verhafteten Offizier einige Bewegung, welche auch einen ungestümen Andrang nach der auf dem Friedrichs - Platze befindlichen Schloßwache zur Folge hatte, jedoch sofort durch die Bürgerwache beschwichtigt wurde, welche die Umgebung des Kastells räumen ließ und die Brücke zu beiden Seiten besetzte, auch die dritte Communication der Altstadt mit dem Friedrichs Platze eine Zeit lang mit starken Detaschements bewachte. Gegen Abend war die Stadt in größter Ruhe; alle öffentlichen Orte waren zahlreich besucht.“

Großherzogthum Hessen und bei Rhein. (HesJ. Ztg.) Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Karl ist am 7. März, Rachts 14 Uhr, von einem todten Prinzen entbunden worden und befinden sich noch sehr schwach.

Großherzogthum Oldenburg. (Nordd. Bl.) Ter Stadtrath von Sldenburg hat beschlossen, eine Deputation mit der Bitte an den Großherzog zu senden die letzten Ereignisse der Ge⸗ genwart nicht ein Hinderniß zur baldigen Publication der lange vor⸗ bereiteten ständischen Verfassung werden zu lassen, da vielmehr die- selben die Beschleunigung des Üeberganges zum constitutionellen Leben wünschenswerth zu machen schienen.

Herzogthum Nassau,. . P. A. 3.) Am 5. März erschien in Wiesbaden die nachstehende Entschließung Sr. Hoheit des Herzogs:

„Geircue Nassauer! Gestern Nachmittag von einer achttägigen Reise zurückgekehrt, habe ich die außerordentliche Lage des Landes erfahren. Ihr

habt von mir gefordert: 1) Allgemeine Volksbewaffnung mit freier Wahl seiner Anführer, namentlich sofortige Abgabe von 2000 Flinten und Mu— nition an die Stadbehörde von Wiesbaden. 2) Unbedingte Preßfreiheit. 3) Sosortige Einberufung eines deutschen Parlaments. 4) Sofortige Ver eidigung des Militairs auf die Verfassung. 5) Recht der freien Vereini⸗ gung. 6) Oeffentlichkeit, öffentliches mündliches Verfahren mit Schwurge⸗ richten. 7) Erklärung der Domainen zum Staatseigenthum unter Kon trole der Verwaltung durch die Stände. 8) Sofortige Einberufung der zweiten Kammer lediglich zur Entwerfung eines neuen Wahlgesetzes, wel⸗ ches auf dem Hauptgrundsatz beruht, daß die Wählbarkeit nicht an einen gewissen Vermögensbesitz gebunden ist. 9) Beseitigung aller Beengungen der uns verfassungsmäßig zustehenden Religionsfreiheit. Diese Forderungen deren Gewährung Euch mein Minister versprochen und meine Mutter und mein Bruder mik ihrem Namen verbürgt haben, genehmige ich und werde ich halten. Habt Vertrauen auf mich, wie ich Vertrauen habe auf Eure Treue und Muth, wenn das Vaterland bedroht ist und Eurer bedürfen sollte. Die erste dieser Forderungen, die Volksbewaffnung, hat sich bereits gestern bewährt durch die muthige und treue Haltung der Bürger-Garde von Wie s⸗ baden, und ich rechne darauf, daß sie auch überall im Lande mit Ordnung in Ausführung gebracht wird. Getreue Nassauer! Jetzt gilt es Ordnung und Ruhe aufrecht zu erhalten; dies ist um so nothwendiger in einer selbst⸗ ständigen freien Gemeinde; Verfassung, die ich Euch gern geben werde. Nassauer! wie ich mich auf Euch verlasse, so verlaßt Euch fest auf Euren Derzog. Wiesbaden, den 5. 1848. Adolph.“

Se. Hoheit der Herzog hat am hten die Versammlung der Land⸗ stände mit nachstehender Rede vom Throne feierlich eröffnet: „Meine Herren und lieben Stände! Ich bin gekommen, diese Versammlung selbst zu eröffnen und gebe Ihnen den Beweis, daß ich mich offen und strenge an den Gang der Bestimmungen halte, welche gestern durch meine Proclamation dem Lande verkündet worden sind. Ihre gegenwärtigen Sitzungen haben nur das besprochene neue Wahlgesetz zum Gegenstand. Ich empfehle diese wichtige Angelegenheit Ihrer forgfältigen Erwägung. Auf Ihre Einsicht und Treue muß ich mich in diesen schwierigen Zeitverhältnissen mehr als je verlassen können; ich verlasse mich darauf. Ihre Sitzungen werden öffentlich sein. Meine Herren und lieben Stände! Ich hoffe und vertraue zu Gott, daß die neuen Institutionen unserem Lande und dem ganzen deut- schen Vaterlande Segen bringen werden.“

Landgrafschaft Hessen Homburg. (O. P. A. 3.) In der am 4. März Abends in Homburg abgehaltenen Bürgerver—= sammlung, zum Behufe der Berathung einer Adresse an Se hoch⸗ fürstliche Durchlaucht den Landgrafen Gustav, wurde eine solche ein- stimmig angenommen, in welcher folgende Punkte ,, . . gehoben und beantragt worden: ) Unbedingte pig fen ., Oeffentlichkeit und Mündlichkeit mit Shrsnger d e., . . deutsches Parlament; 4) Recht der freien Vol sverh titi . Veräthung“ nationaler Angelegenhejten mit sreiem Petitienereght; 3 tische Gleichheit ohne Unterschied des Glaubens; I) bürgerliche und politische Gleichhejt ohne de er Jührer, weshalb w, die hier vorhandenen ,,, oe, m, ) Po⸗

. h icherhe! a . ö der voffentich g u heg n der enz in den Vollgenuß der bürger⸗ itische 23 ine zeitgemäße Gemeindeordnung, mit freier, selbst⸗ lichen dꝛecht tn, indem seither die Bevormundung von Seiten ständiger eg horde 'zu einer wahren Unterdrückung alles selbststän⸗ der bẽ her inet lebens ausgeartet ist; 9) Aufhebung der privilegirten digen arte; 10) die längst versprochene Zurückgahe der sammt⸗ Gerichts gi. Staatskasse fließenden Accise an die Gemeindekassen, n, als eine für alle fünftige Zeiten und Fälle unantastbare = ne rderselben. 11) Einführuͤng der höchsten Orts wiederholt n, , landständischen Verfässang in Ter dandgrafschaft . Homburg, und zwar nach den in der unterthänigsten

Eingabe vom 38. Januar 1841 vorgezeichneten Grundzügen.

Besonders wird noch hervorgehoben, daß den Landständen ein