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beträchtliche Nachlasse an ihren Ablösungs - Kapitalien gewährt, son= dern auch auf die bisherige Freiheit seiner Besitzungen von der Ge⸗ meindesteuer gänzlich verzichtet.“ . ; .

Der Ober Prokurator zu Elberfeld hat an die Fabrik- Arbei⸗

r des Landgerichts⸗-Bezirkes Elberfeld folgenden Aufruf erlassen:

„Fabrik⸗Arbeiter! Die letzten Tage sind 9 schwerer Vergehen ge⸗ wesen, deren Ihr Euch schuldig gemacht habt. Ich weiß, daß nur eine Minderzahl von Euch sich dabei betheiligt hat; ich kenne und bedaure die Umstände, welche Euch zu diesen Gesetzwidrigkeiten verleitet haben; ich mache Euch aber darauf aufmerksam, daß ungeachtet dieser Umstände Eure Hand- lungen strafbar sind. Ihr kennt meinen Beruf, das Ansehen des Gesetzes aufrecht zu erhalten. Ich werde meine Pflicht, die ich ohne Ansehen des Klägers und des Verklagten stets erfüllt habe, wo es den Schutz der Per- son oder des Eigenthums galt, auch gegen die Schuldigen unter Euch er füllen. Ich habe aber noch eine angenehmere Pflicht, es ist die Pflicht, durch Rath und Zusprache Euer Bestes zu befördern. Ich hoffe, daß Viele unter Euch anerkennen werden, daß ich dies nach Kräf⸗ ten gethan habe. Hört die Stimme Eures Freundes! Laßt ab von Unternehmungen, die Euren bisher anerkannten Sinn für Gesetzlichkeit be— flecken würden! Laßt ab von Unternehmungen, die, Unheil für Andere be— reitend, Euer eigenes Elend nur vermehren können! Was Ihr zerstört, ist Eure eigene Nahrungsquelle! Oder wähnt Ihr, Euren Zustand zu ver= bessern, wenn Ihr Eure Arbeitgeber ruinirt und Maschinen zerstört? Ihr befindet Euch alsdann in einem argen Irrthume. Eure Arbeitgeber werden gezwungen sein, sich und ihr Vermögen von hier fort und in andere Gegen= den zu flüchten, wo sie größere Sicherheit genießen. Maschinen, die Ihr hier zerstört, werden in anderen Gegenden neu erstehen und zu arbeiten fortfahren. Eure Verdienstlosigfeit hat einen anderen Grund, er kann nicht in wenigen Tagen und niemals in Stürmen des Aufruhrs beseitigt werden, Vertraut Eurem Könige! Vertraut den bald zusammentretenden Ständen! Vertraut Euren Behörden! Bedenkt Euer und Eurer Familien Wohl! Hört die Stimme Eures Freundes. Elberfeld, 23. März 1848. Der Ober⸗ Prokurator von Kösteritz.“

Deutsche Gundesstaaten.

Königreich Sachsen. (D. A. 3.) Se. Majestät der König hat dem Staats-Minister Dr. von der Pfordten, unter Ent— hebung desselben von der Leitung des Ministeriums des Innern, das Departement des Kultus und öffentlichen Unterrichts, so wie das von demselben provisorisch verwaltete Departement der auswärtigen An⸗ gelegenheiten, nunmehr desinitiv, dem Stadtrath Martin Gotthard Oberländer aber, unter Ernennung desselben zum Staats⸗Minister, das Ministerium des Innern übertragen.

Königreich Württemberg. (Schwäb. Merk.) Auf den Antrag des Abg. Binder hat die Kammer der Abgeordneten be⸗ schlossen, eine Bitte an die Staats⸗Regierung zu richten um Ein⸗ bringung eines Gesetzes zur Abstellung des Wildschadens noch auf diesem Landtage.

Großherzogthum Baden. (Karlsr. Ztg.) In der Sitzung der zweiten Kammer am 24. März wurde unter allseitiger lebhafter Zustimmung folgender Antrag des Abgeordn. Bassermann einstimmig angenommen:

„Die Vertreter des badischen Volkes erklären für sich selbst und er— warten von ihren Mübürgern, daß sie sowohl für die schleunigste Herstellung

eines freien, einigen Deutschlands und eines wahrhaft freien Rechtszustan— des in Baden, als auch gegen jede diesem edlen Streben der Nation hin— derliche Störung der gesetzlichen Ordnung aus allen Kräften wirken. Sie erklären zugleich und erwarten von ihren Mitbürgern, daß sie der Regie— rung, so lange dieselbe auf dem Wege der Verfassung wandelt, den kräftig⸗ sten Beistand leisten werden in der Erfüllung ihrer Pflicht, diejenigen zur gesetzlichen Verantwortung zu ziehen, welche die Sache der Freiheit durch freventliche Handlungen gegen Personen und Eigenthum gefährden.“

Großherzogthum Mecklenburg ⸗Schwerin. Das Wochenblatt vom 25. März enthält nachstehende Proclamation des Großherzogs:

„An Meine Mecklenburger. ö :

„Die gewaltige Wendung der politischen Verhältnisse veranlaßt Mich, Meinem theuren Lande zu sagen, wie Ich's meine und was Ich will.

„Daß der deutsche Bund einer Reorganisation bedarf, dringend bedarf, kann nach den Stimmen, die in allen Theilen des gemeinsamen deutschen Vaterlandes laut geworden sind, nicht mehr bezweifelt werden. Ein freies, einiges und darum starkes Deuischland, wie es die von außen drohenden Gefahren so gebieterisch erheischen, kann aber nur unter Mitwirkung volksthümlicher Ele— mente wieder geboren, nur auf dieser Basis befestigt werden. Es ist eine Bundes Verfassung zu erstreben, worin neben den Regierungen auch die Stände aller deutschen Lander vertreten sind. Durch sie sollen dem Volke die den Bedürfnissen der Gegenwart entsprechenden Institutionen gewähr leistet werden; sie wird Garantieen darzubieten haben, daß die Grundsätze der Einigung, Kräftigung und Freiheit des deutschen Volkes, worauf sie selbst basirt ist, sich auch in den Verfassungen der einzelnen Bundesländer wiedersinden.

„Zur Aufrichtung einer solchen Bundes -Verfassung bin Ich nach Kräften mitzuwirken bereit, und sind die desfallsigen Verhandlungen bereits eröffnet. Mit Vertrauen wird das Ergebniß derselben erwartet werden dürfen. . „In unserem engeren Vaterlande wäre eine Neform der Landes Ver= tretung, auch abgeschen von den Weltereignissen der neuesten Zeit, unver= meidlich gewesen. Sie ist jetzt das dringendste Erforderniß. Es liegt die Nothwendigkeit vor, daß Mecklenburg in die Reihe der constitutioneslen Staaten eintrete, und weil Ich diese Nothwendigkeit erkenne, so ist es Mein ernstlicher Vorfatz, daß der Schriti unverzüglich geschehe, damit die Unge= wißheit, welche zur Zeit über die künftigen Verhältnisse des Landes schwebt, sobald als irgend möglich gehoben werde. —ͤ

„Die bereits verfügte Aufhebung der Censur; die Gestattung von Ver- einigüngen zur Besprechung über allgemeine politische Fragen, so wie über Landes? und Kommunal-Angelegenheiten; die dort, wo sie gewünscht wurde, nicht nur gebilligte, sondern auch gern von Mir beförderte Bürgerbewaff⸗ nung sind Momente, die schon im Geiste der Repräsentativ-Verfassung

en. e . 7 Der weiteren Entwickelung zeitgemäßer Reformen in der Landes-Ver-= waltung wird aber die Reform der Landes ⸗-Vertretung selbst voranzugehen haben; diese ist Aufgabe des außerordentlichen Landtages, wozu die Aus- schreiben in wenigen Tagen ergehen werden. .

„Den Grundsätzen des einzuführenden Repräsentativ- Systems getreu, werde Ich dem Landtage nur solche Beschlüsse empfehlen, wodurch ständi sche Organe geschaffen werden, die unter sich gleichberechtigt sind, und worin alle Landestheile, so wie alle Interessen des Landes und der Landes -Ein— wohner, ihre Vertretung finden. ; .

„Den dergestalt reorganisirten Ständen werde Ich alsobald die aus dem veränderten Systeme sich als nothwendig ergebenden Gesetze für die Vollendung des Verfassungswerkes und für die verschiedenen Zweige der Berwaltung vorlegen lassen. . . .

„Auch werden sich dieselben unverzüglich mit Maßregeln zur gründli— chen Verbesserung der Justizpflege, insbesondere mit einer neuen Organisa— tion der Gerichte und mit Einführung des Anklage⸗-Prozesses bei öffentlich⸗ mündlichem Verfahren zu beschäftigen haben.

„Dies ist die Bahn der Reformen, welche Ich, mit vollem Bewußt⸗ sein der Gewichtigkeit des Schrittes, bereits betreten habe, und die Ich durch alle Mir als Landesherrn zustehenden Mittel zu verfolgen entschlos⸗— sen bin. ̃ „Die Wünsche und Bitten, welche Mir in Veranlassung der Zeit— Ereignisse von Behörden und vielen Landes-Einwohnern in besonderen Adressen dargelegt sind, finden durch diese Meine Entschließungen ihre Er ledigung. ;

„Mögen aber Alle, die es mit Mecklenburg wohl meinen, bei der Ver⸗ wirklichung derselben Mir zur Seite stehen, damit sie in ihren Folgen dem Lande zum Segen gereichen.

Schwerin, am 23. März 1848. . Friedrich Franz.“

Herzogthum Braunschweig. (Hannov. Ztg.) Am 25. März ist nachstehende Bekanntmachung erschienen:

„Wilhelm, Herzog 2c. Mit innigem Bedauern haben Wir vernommen, daß auch in Unserem Lande Störungen der gesetzlichen Ordnung und Ge waltthätigkeiten vorgekommen sind. So fest Wir entschlossen sind, mit allen Unseren Kräften zu der Verwirklichung der schönen Aussichten beizutragen, welche sich für das geliebte deutsche Vaterland eröffnet haben, so fest sind Wir auch überzeugt, daß dieses Ziel nur dann mit Sicherheit erreicht wer⸗ den kann, wenn die Gesetze von Allen geachtet und befolgt werden. Wir richten daher an alle Bewohner des Landes die dringende Aufforderung, jeder Gesetzwidrigkeit ernst und bestimmt entgegenzutreten und erklären zu gleich, daß auch Wir Unsere landesfürstliche Pflicht erfüllen und keine Uebertretungen der Gesetze dulden werden. Braunschweig, den 24. März 1848. Wilhelm, Herzog. von Schleinitz. F. Schulz. von Geyso.“

Die Stände⸗Versammlung ist auf den 31sten d. M. einberufen.

Herzogthum Holstein. (Alt. Merk.) Kiel, 24. März, Abends. Die provisorische Regierung hat heute ihren Sitz von Kiel nach Rendsburg verlegt und wird einstweilen dort bleiben. Rends⸗ burg ist also provisorische Hauptstadt der Herzogthümer. .

Nachdem heute früh 6 Uhr die provisorische Regierung auf of— fenem Markte und unter dem Geläute der Glocken ihre (gestern mit⸗ getheilte) Proclamation feierlich verkündigt hatte, begaben sich der Prinz von Augustenburg und Beseler nach Rendsburg mit dem um 7 Uhr abgehenden Bahnzuge, begleitet von dem zu der neuen Ord⸗ nung übergetretenen Jäger-Corps und von einer Anzahl bewaffneter Freiwilligen aus Kiel. In Neumünster schlossen sich diesem Zuge einige Hundert Männer an, die unbekannt mit den neuesten Er⸗ eignissen aus Segeberg u. s. w. abgegangen waren, um sich von Rendsburg Waffen behufs Organisation der Bürgergarden zu holen. In Rendsburg wurden die Ankommenden von den bereits unterrichteten Bürgern durch die Ausfallpforte beim Bahn⸗ hofe in die Stadt geführt. So kam es, daß der Prinz von Augu⸗ stenburg mit den Jägern u. s. w. auf dem großen Parade -Platze stand, fast ehe die Militair-Behörde von dieser Ankunft, wie von den Ereignissen der letzten Nacht, eine Ahnung hatte. Der kommandirende

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General von Lützow erklärte, dem Vernehmen nach, sogleich auf die vom Prinzen unter Mittheilung der Proclamation an ihn erlassene Aufforderung, daß er die Nutzlosigkeit jedes Widerstandes einsehe und abtrete. So kam, ohne daß ein Tropfen Blutes vergossen wäre, die re, n,. mit ihrer Bewaffnung, Zeughaus, der Landes kasse u. s. w. in den Besitz der provisorischen Regierung. Das Verhalten des Militairs hatte man richtig beurtheilt. Unter den Offizieren sind die geborenen Dänen alle abgetreten, meistens sofort nach Norden abge⸗ reist, die übrigen und alle Soldaten haben sich der provisorischen Re⸗ gierung unterworfen. Nur das 14. Bataillon (zum Theil aus Nord= Schlegwigern bestehend) soll länger mit seinem Entschlusse gezaudert haben. Diese Nachrichten trafen Nachmittags 5 Uhr mit einem Extra -Zuge hier ein. Man hört auch, daß vom Lande große Menschenhaufen, zum Theil bewaffnet, heute in Rendsburg eingetroffen sind. Von hier gingen Vormittags noch das Studenten-Corps und ein Turnerverein wohlbewaffnet auf der Eisen

bahn dahin ab. Der Prinz Ober-Befehlshaber will für alle Even

tualität eine möglichst große Militairkraft in Rendsburg sammeln und: hat demnach auch die übrigen Corps und Regimenter dahin beordert. Die Freiwilligen bleiben nicht nur dort, sondern es werden deren fortwährend neue dazu gezogen. Von Glückstadt ist ein Theil des 17ten Bataillons heute schon auf der Eisenbahn eingetroffen, man sagt auf Veranlassung des Oberst-Lieutenants, Postmeisters Fabri— cius, welcher zur Zeit der Demonstration vom 21sten in Kopenhagen war und sofort (zu Lande) mit dieser Nachricht nach Glückstadt zu⸗ rückeilte. So entwickelt sich diese für die staatliche Selbststän⸗ digkeit der Herzogthümer und gegen das Dänenthum (in diesem Gebiete) unternommene Bewegung mit einer unglaublichen Geschwin

digkeit. Die Autorität der provisorischen Regierung ist, soweit bisher die Nachrichten gehen, überall ohne die geringste Schwierigkeit aner⸗ kannt, namentlich auch in Glückstadt, ö

Hier in Kiel herrscht die größte Ruhe, alle Geschäfte gingen heute fast ganz ihren gewohnten Gang; im Aeußeren bemerkt man nur an der Thätigkeit der Bürgerbewaffnung eine Spur der großen Ka— tastrophe. ; .

Das Dampfschiff „Kopenhagen“, welches bis gestern Mittag vom Abgange aus der Residenz abgehalten war, ist heute früh um 7 Uhr eingetroffen. Die mitgebrachten Nachrichten lassen die Rückkehr der Stände Deputation morgen am Bord des „Skirner“ erwarten. Ihre Audienz beim Könige hatte gestern Vormittags stattgefunden, in An⸗ laß derselben sollten noch weitere Verhandlungen des Staatsrathes stattfinden, von denen in Kopenhagen Manche ein günstiges Resultat erwarteten. Inzwischen ist freilich die Bewegung der letzten 24 Stun⸗ den zu einer vollendeten Thatsache gewachsen. Mit Sicherheit lassen die neuesten Nachrichten aus Kopenhagen schließen, daß an sofortige Gewalt-Anwendung gegen die hiesige Bevölkerung nicht mehr ge⸗ dacht wurde.

Altona, 25. März, Nachmittags. (Alt. Merk.) Mehrere Privat-Mittheilungen, die hier aus Kopenhagen eingetroffen sind, lauten durchaus versöhnlich. Die extreme Partei selbst schien zu der Einsicht gelangt zu sein, daß auf dem bisherigen Wege nichts zu er⸗ reichen sei und durch kriegerische Maßregeln Alles aufs Spiel gesetzt werde. Als das Dampfschiff „Kopenhagen“ am Donnerstag Morgen von dort abging, war die Deputation noch beim Könige und hatte dem Dampfschiffs-Capitain ein offenes Sendschreiben über den wahr⸗ scheinlich befriedigenden Ausfall der Verhandlungen mitgegeben. Den Tag vorher hatte selbst Orla Lehmann, der mit unseren Deputirten verhandelte, sich fast in allen Punkten nachgiebig gezeigt und sogar die Forderung wegen der Einverleibung Schleswigs in den deutschen Bund nicht als etwas Unmögliches zurückgewiesen; nur schien es ihm billig, daß in den (dänischen?) Kirchspielen Schleswigs dar⸗ über abgestimmt würde; auch sollte die Sache, wie es scheint, erst der zusammenzuberufenden vereinigten schleswig holsteinischen Stände ⸗-Versammlung vorgelegt werden. Die Deputirten hatten aber erklärt, sich auf keine eigentliche Unterhandlungen ein—⸗ lassen zu dürfen, sondern auf bestimmte Entscheidung dringen zu müs⸗ sen. Die Stadt war am Mittwoch aufgeregt, aber es sielen keine Exzesse vor, und die Deputirten hatten, wie es heißt, in dem Hause, wo sich die Bürger⸗-Repräsentanten versammeln, ein Unterkommen ge funden, wo sie aufs beste behandelt wurden. Das Ministerium war zuletzt folgendermaßen zusammengesetzt: W. Moltke als Conseil⸗Prä— sident, von Bardenfleth, Bluhme, Graf Knuth, C. von Plessen (aus den Herzogthümern), Magister Monrad, Lehmann, Hvidt, TÄscherning. Mit Etatsrath Francke, der als Schleswig- Holsteiner seine Bedingun— gen gestellt hatte, wurde wieder unterhandelt, und er wird ohne Zwei⸗ sel der Mann sein, der, wenn es zur Versöhnung kommt, der Ver treter der Regierung sein und die erste schleswig-holsteinische Stände— Versammlung eröffnen wird.

geschlagen, der endlich mit Sicherheit zum Ziele führen muß, und man wird zugeben müssen, er hat ihn ungeachtet mancher Hindernisse und Schwierigkeiten, welche nur der kennt, der sich Aehnliches versucht hat, mit unermüdlichem Fleiße und einer Kraft und Frische des Strebens verfolgt, wie sie eben nicht oft anzutreffen ist.

Das wird der Verfasser selbst nicht behaupten wollen, daß nun jeder Punkt bereits in das klarste Licht gesetzt sei und nirgends ein Zweifel mehr übrig bleibe. Das in Betracht kommende Material liegt erst zum Theil vor, manches ruht noch in den Archiven, und selbst das, was aus dem Dunkel bereits an das Licht gezogen ist, liegt weit zerstreut aus einander und ist in seinem ganzen Umfange schwer dem einzelnen Forscher zugänglich. Der Verfasser hat sehr fleißig gesammelt und namentlich auf die neuere italienische Literatur bei weitem mehr Rücksicht genommen, als es wohl sonst bei uns zu geschehen pflegt; aber es würde nicht schwer sein, eine Zahl von Büchern auzuführen, deren Benutzung neuen Stoff der Untersuchung geboten hätte. Es liegt jedoch in der Natur solcher Arbeiten, daß neues Material nicht ein äußerlicher Anwachs bleibt, sondern auf den Verlauf der Forschung selbst den größten Einfluß übt. Referent. hofft selbst, auf übersehenes Material gestützt, an einem anderen Orte einige Nachträge zu dem Werke des Verfassers binnen kurzem liefern und so hier und da ab⸗ weichende Ansichten motiviren zu können, in der Hauptsache haben ihn frei⸗ lich seine eigenen Studien zu denselben Resultaten geführt, die er in dem vorliegenden Werke dargelegt findet. An dieser Selle muß sich Referent begnügen, nachdem er im Allgemeinen das Verhältniß desselben zu den frü—⸗ heren Arbeiten über denselben Gegenstand berührt hat, die Hauptresultate ber Untersuchung übersichtlich zusammenzustellen. ;

Der tiefe Verfall der städtischen Verfassung in den späteren Epochen des römischen Kaiserthums wird nach einer kurzen Geschichte der Entstehung und Ausbildung der römischen Munizipien zunächst ausführlich dargelegt. Die städtischen Aemter und Würden waren aufs niesste bis zur Mißachtung herabgesunken, sie erschienen nur als eine drückende Last und eine schwere Bürte, der man sich auf alle Weise zu entziehen suchte. Die Freiheit der Stärte war nur eine scheinbare, in der That seufzten 2 unter dem Druck und der Willkür übermilthiger Kaiserlicher Beamten. Die Herrschaft Odo⸗ aker's und die Eroberung der Ostgothen änderte wenig in den städtischen Verhältnissen, auch Justinian's Reformen , . den Munizipien kein neues, frisches Leben zu geben, wenngleich die Zahl der Pꝛrovinzialrichter und der höheren städtischen Obrigkeiten den Bischöfen und den Einen, der Städte übertragen wurde. In den letzteren sieht der Verfasser schon nicht mehr allein und nur zum geringsten Theil die alten Daklurionen oder Curjalen, die immer mehr an Ansehen und Einfluß verloren, sondern eine neugebildete Aristokratie, die 6d aus dem höheren Klerus, aus den Mit- gliedern der höheren Rangklassen nach der Hof- und Staats Ordnung und

dem Bischof ruhte bereits der Schwerpugkt der gesammten städtischen und Provinzial-Verwaltung, als die Longobärden erobernd in Italien eindran gen. Die Kurien waren bereits in gänzlichem Verfall. „Wer die Kurien unseres Reiches durchgeht“, sagt Justinian selbst, „wird wenige Mitglieder mehr darin finden und Vermögen fast gar nicht.“ . ö Welches war aber weiterhln die Entwickelung der städtischen Verfassung gerade in dem Theile Italiens, der von der longobardischen Eroberung srei blieb, wo sie von den Nechts-Verhältnissen einer fremden, eindringenden Nation nicht berührt wurde? Der Verfasser beschäftigt sich hiermit zuerst und zeigt, wie bei dem fortwährenden Vertheidigungs= und Kriegszustand, in welchem man mehr auf Selbstvertheidigung, als auf wirksamen Beistand vom Kaiser angewiesen war, eine Bürger-Bewaffnung Nothwen digkeit wurde. Die Krieger milites) erscheinen fortan als ein ordentlicher Bestandtheil der Einwohnerschaft in allen größeren Städten. Es hängt hiermit zusammen, daß die Gränzen, welche von Justinian zwischen der Militair⸗ und Civil⸗ Verfassung und Rechtspflege gezogen waren, nicht mehr streng gewahrt wer den konnken und die Mllitair-Behörden allmälig so weit um sich griffen, daß die Civil-Beamten endlich zu ihnen in eine völlig untergeordnete Stel= lung geriethen. Daneben blieben freilich die Bischöfe im höchsten Ausehen bestehen, ja gewannen noch daran, da sie ihre reichen Mittel zur Aufbrin⸗ gung der Krlegs-Bedürfnisse willig hergaben und in diesen Tagen des Un= glücks ost der einzige Beistand für die Bevölkerung der Städte waren. Dies war die Zeit, wo geren; der Große die bischöfliche Herrschaft in Nom begründeie, Aehnliches mochte auch an anderen Orten geschehen. Nur mit Mühe entdeckt man noch Spuren der alten Munizipal-Verfassung in den Briefen dieses Papstes, die Kurien bestanden freilich noch, aber waxen völlig derkümmert und bedeutungslos; am längsten scheint sich die Kurie noch in Ravenna erhalten zu haben, in der nächsten Nähe der Erarchen, wo sie noch in Geschästen freiwilliger Gerichtsbarkeit thätig erscheint. Schon zu den Zeiten Gregor's war demnach die Regierung Italiens und die gesammte städtische Verwaltung bei den militairischen und kirchlichen Gewalten, das Land war in Ducete eingetheilt, und die Duces wurden von dem Exarchen zu Navenna eingesett.

Nun aber eiheben sich während des Bilderstreites die städtischen Mili= zen in einem großen Theile Italiens wider den Kaiser und seinen Exarchen zu Gunsten des Papstes, vertrieben die Kaiserlichen Beamten und wählten sich, eigene Duces. Nom, das Exarchat und die Pentapolis gingen dem Kaiserkhum verloren. Venelsen gewann damals seine Selbstständigteit, Nea= pel blieb in einem schwankenden Verhältnisse. Ueberall bildeten sich mehr oder weniger unabhängige Gewalten, je nach den Umständen wurden die alten Ducete zersplittert, jede einigermaßen bedeutende Stadt wurde der Mittelpunkt einer neuen militairischen Herrschaft, an die Stelle der bürger= lichen trat eine Heeres Verfassung von ähnlicher Art, wie die Longobar—

endlich aus den größeren Gwündbesitzern bildete. Auf dieser Aristokratie und

den sie im oberen Italien begründeten, nur daß in den römischen

Theilen die Bischöfe den größten Einfluß auf die neue Gestaltung der Dinge übten und mindestens in Rom selbst und seinem Gebiet die militairischen Gewalten sich schon völlig unterordneten und so zu einer auch weltlich ganz unabhängigen Stellung gelangten. Zu einer festen, gesetzlichen Ordnung wurden die Verhältnisse erst durch die Pipinische Schenkung und die Kaise⸗ krönung Karl's des Großen gebracht. Der Papst verlor dabei allerdings seine volle Selbstständigkeit in Rom, dehnte aber andererseits seine Herrschaft über das Exerchak und die Pontapolis aus. Von dieser Zeit an ernannte er nun auch hier ohne Zweifel für die einzelnen Städte mit ihren Territorien jene militairischen Beamten, die nun zugleich auch Alle Cioil· Gewalt aus⸗ übten, die Tuces oder Eomites und die ihnen untergeordneten Tribuni. Neben diesen erschienen noch in Rom selbst, die judices palatini als sehr mächtige päpstliche Beamte, eigentlich Zeistliche, denen aber die wichtigsten weltlichen Befugnisse und zugleich Gerichtsbarkeit übertragen war, eins der modernen römischen Prälatur ähnliche Institution. Die ganze Verfassung der Städte zeigte sonst in dieser Zeit vorherrschend einen militairischen Cha⸗ rakter; überall hatten sich städtische Milizen gebildet, die in seholas einge- theilt waren, ähnlich den Genossenschasten der Kaufleute, Handwerker und der Fremden; man kann vermuthen, daß diese Miliz, die nur einen , rechtigten Theil der städtischen Bevölkerung ausmacht, und aus der alle Beamten-Stellen besetzt werden, im Ganzen und Großen aus der ssiiheren Aristokratie der höheren Rangklassen und des großen Grundbesitzes . gegangen sei, jedenfalls aber war sie in ihrer jetzigen Bedeutung finn . lig neues Element in dem römischen Städteleben, das eine , . Aristokratie bis dahin nicht gekannt hatte. Auf ihr und an. i . Regiment beruhte von nun an hauptsächlich die wei n ee , u ö städtischen Verfassung in dem römischen Italien; die 6 26 8 . welche die stehenden Missi und später die Präfekten in wee. . 6. halten sollten, wurde selten und nur vorübergehend mit r. 14 * 8 heit geltend gemacht. Uebrigens durchdraugen enn , nach und nach auch hier die Formen des bürgerlichen Lebens, se . 9 Gerichtsverfahren wurde nach germanischer Weise umgestaltet, und die

ten Jahrhundert häufig im römi

ö 18 it dem neun judices dotivi, welche seit er fass ; ö z schen Italien erwähnt werden, waren, nach dem Verfasser, nichts Anderes,

; der Leitung eines vorsitzenden Richters nach dem

Schöff. die unter z ; 6 ben Neichs-Gesetzen urtheilten. Dies war nach der Dar—

f es Zustand des römischen Italiens, wie er sich im neun fring ref, und im Wesentlichen bis zum Ende des elsten Jahrhunderts erhielt. „So sehen wir aàlso“, heißt es S. 254, „in den fömischen Provinzen und Städten die Standes- Verhältnisse in einer merk= würdigen ÜUmbildung begriffen, welche eine sichtbare Annäherung zu den ur= sprünglich germanischen Einrichtungen bewirkte und nach diesern Seit. hin ben nationalen Gegensatz in Italien immer mehr verschwinden ließ. Denn

wie früher, mitten unter dem des lebendernichtenden Despotismus des Kai—

Der Herzog von Augustenburg ist auf der Rückreise von Berlin bereits durch Altona gekommen.

Oesterreichische Monarchie.

Wien, 24. März, Abends. (Bresl. Ztg.) So eben trifft ein Courier aus Mailand vom 20sten d. ein. Die Constitution war dort proklamirt und mit großem Jubel der Bevölkerung aufge⸗ nommen worden. Die Faction, welche eine provisorische Regierung unterstützt hatte, bestand größtentheils aus Fremden. Graf Radetzky hatte die Errichtung der Guardia civica selbst verkündigt. Mailand war Abends illuminirt. Berichte aus Venedig lauten günstig.

Flüchtige Juden, welche gestern aus Preßburg hier ankamen, melden von einer gräßlichen Juden⸗Verfolgung, welche, wenn auch nur ein Theil der erzählten Betails wahr ist, an die finstersten Zei⸗ ten des Mittelalters erinnernd, daselbst ausgebrochen sein soll. Das Verlangen der Juden, in die National-Garde aufgenommen zu wer— den, soll dazu Anlaß gegeben haben (s. Preßburg).

Preßburg, 24. März. (Wien. Ztg.) Gestern machte der Premier-Minister Graf Ludwig Batthyany die Namen der erwählten Minister bekannt. Innere Angelegenheiten Bantalon Szemere; in Wien für äußere Angelegenheiten: Fürst Karl Esterhazy; Finanzen: Ludwig Kossuth; Krieg: Méäszäros; Communication: Graf Stephan Szechänyi; Kultus: Baron Joseph Eötvös; Handel und Industrie: Gabriel Klauzäl; Justiz: Franz Deak.

Die Preßb. Ztg. vom 22sten d. enthält eine Erklärung der versammelten Reichsstände, worin dieselben die Meinung aussprechen, daß die gegenwärtige Reichs⸗Versammlung nicht dazu berufen sei, sich in eine detaillirte Ausarbeitung und Festsetzung aller jener Gesetze einzulassen, welche dem Aufblühen der National⸗-Wohlfahrt im Allge— meinen nothwendig sind. Im Gegentheil sei die Repräsentanten— Tafel überzeugt, daß, nachdem sie durch Gesetze die Grundsätze be— stimmt, in Folge deren schon im Sinne des Repräsentativ- Systems ein in wenigen Monaten in Pesth abzuhaltender Reichstag gegründet wird, die Kreirung aller jener Gesehe, welche hinsichtlich der Garantie des inneren Friedens und der National⸗-Freiheit keine schleunigen An⸗ stalten erfordern, auf den in Pesth abzuhaltenden Reichstag zu ver— schieben seien. In Folge dessen werden folgende Gegenstände als solche erkannt, welche während bieses Reichstages unverzüglich erledigt werden sollen: . . ; 1) Die gesetzliche Bestimmung und Begründung des neuen Regierungs⸗ Systems des verantwortlichen Ministeriums. 2) Die Art und Weise der Coordination des in kurzer Zeit in Pesth abzuhaltenden Reichstages nach dem Grundsatze der Volksvertretung. 3) Die Einführung der allgemeinen Besteuerung und die auf alle Bewohner des Reichs gleichmäßig ausgewor⸗ sene Betheilung an allen öffentlichen Lasten. 4) Die Aufhebung der Ur— barial-Verhältnisse für Privatbesitzer gegen Entschädigung von Seiten des Staates. 5) Die sofortige Errichtung der National Garde zur Aufrecht⸗ haltung des inneren Friedens und der Freiheit. 6) Die Garantirung der . mit Aufhebung der Censur und Einführung der Schwurgerichte Jury).

Die Reichsstände erklären, daß sie nach Schlichtung aller dieser Ge— genstände, welche in den Hauptgrundsaätzen im Laufe weniger Tage bestimmt erfolgen werden, unter gegenwärtigen Verhältnissen ihre Aufgabe als Ge— setzgeber für beschlossen an sehen und die Ueberzeugung haben, daß mittlerQ weile bis der nächste Reichstag in Pesth als der Wille einer auf Volks- vertretung basirten Majorität ausführliche, auf das Wohl wie auf das Auf⸗ blühen hinzielende Gesetze bringen werde, jenes Vertrauen, mit dem die Nation den Erzherzog Statthalter, den Minister— Präsidenten Gr. Ludwig Batthvany wie auch die durch denselben zu erwählenden und von Sr. Mah jestät zu bestätigenden Minister⸗Kollegen beehrt, jeden einzelnen Bürger die ses Staates anfeuern und nebst der unverletzlichen Bewahrung des Eigen thums auch der öffentliche Friede und die gute Ordnung aufrecht erhalten werden.

Am 20. d. Mts. erschien hier nachstehendes Plakat: Bürger und Nationalgarden. Um jeder Aufregung vorzubeugen, wird die Aufnahme der Israeliten in die Nationalgarde, bis das Gesetz anders verfügt, eingestellt. Uebrigens wird die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung jedem Bürger und den Nationalgarden zu Herzen ge— legt. Das Comité der Nationalgarde.“ ;

Ein zweites Plakat meldet, daß die Juden selbst bereits aus den Reihen der Nationalgarde ausgeschieden sind.

Venedig, 16. März. (A. 3.) Vorgestern starb hier Ita⸗ liens größter Geograph, Adriano Balbi, an einem Erkältungsfieber, das er sich auf einer Reise von Wien hierher zugezogen hatte. Er war 64 Jahre alt, hatte sich vor kurzem zum zweitenmal vermählt und hinterläßt aus seiner ersten Ehe einen Sohn, der in die wissen— schaftlichen Fußstapfen seines Vaters tritt.

n Paris, 23. März. Ein Dekret der provisorischen Regierung

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eröffnet dem Minister der öffentlichen Arbeiten einen Krebit von 250 000 Fr. zum Baue des neuen Saales für die Natjonal⸗-Ver— sammlung. Der National protestirt abermals gegen die Hinaus⸗ schiebung der Wahlen für dir National-Versammlung. Auch der Commerce ist für schleunige Vollziehung dieser Wahlen, meint aber doch, daß ein kurzer Aufschub nothwendig befunden werden könne, damit das Wahlwerk seine volle Wirksamkeit erhalte. Zu Laon ist Odilon Barrot in einer vorbereitenden Versammlung einmüthig als Kandidat für die National⸗Versammlung genehmigt worden. Die Wahl der Herren Lherbette und Vivien scheint ebenfalls gesichert.

Nach einem anderen Dekret der provisorischen Regierung sollen hier und in anderen Städten, wo das Bedürfniß sich fählbar' macht, allgemeine Magazine errichtet werden, wo die Kaufleute und Indu⸗— striellen Rohstoffe, Waaren und Fabrikate aller Art niederlegen kön⸗ nen, wogegen sie Empfangscheine erhalten, welche sie mittelst Endosse⸗ ments übertragen können. Die Magazine stehen unter Staatsaufsicht.

Einem dritten Regierungs- Dekret zufolge, sollen die Tonnengel⸗ der unter Garantie des Staats in den Schatz eingeschossen werden, die vom Staat dann noch mit 5 pCt. verzinst und zu dem eingeleg— ten Kapital geschlagen werden sollen. .

Laut Beschluß des Justiz-Ministers sollen in Zukunft Richter— stellen nur auf Gutachten des General-Prokurators des Bezirks er⸗ nannt werden.

Auf dem Marsfelde, wo man bei der ersten Revolution das erste Bundesfest beging, wird demnächst ein Fest abgehalten werden, wel⸗ ches, wie ein Journal ankündigt, sowohl die Armee und die National⸗ Garde, als alle Bürger ohne Unterschied des Ranges an der näm— lichen Tafel vereinigen soll. Vorläufig ward gestern unter Leitung des Polizei⸗Kommissars Noel, der an die zahllose Menge eine patrio— tische Anrede hielt, auf dem Marsfelde ein Freiheitsbaum aufgepflanzt. Eine große Masse von Arbeitern zog sodann nach der nächsten Kirche, wo der Pfarrer ihnen den Segen ertheilte. Die Demonstration ging in größter Ordnung vor sich. Es sammelten sich dann um jenen Freiheitsbaum große Massen von Arbeitern, welche viele Fahnen bei sich führten. Auf den ihm durch eine Deputation ausgedrückten Wunsch begab sich der Minister Ledru- Rollin nach dem Marsfelde und hielt eine Rede an das Volk, dem er unter Hinweisung auf die erste Revolution und auf das Maifeld für die Aufpflanzung des Frei⸗ heitsbaumes dankte. Am Schluß seiner Rede erklärte Herr Ledru— Rollin, er werde nicht eher zufrieden sein, als bis er Armee, National—

Garde und Volk bei einem großen Bankett auf dem Marsfelde habe fraternisiren sehen.

Die Studenten der Schulen von Paris haben im National an die österreichischen Studenten ein Schreiben gerichtet, worin sie ihnen ihre Bewunderung aussprechen. ö

Die Banken der Provinzen sind, gleich der Bank der Haupt— stadt, mit Forderungen um baare Einlbsung ihrer Billets bestürmt worden. Da ihr Geldvorrath schnell erschöpft worden wäre, wenn sie alle an sie gestellten Forderungen befriedigt hätten, so mußten sie schon beim Beginne der Krisis ihre Baarzahlungen beschränken. Die Bank von Lille machte den Anfang; die von Nantes, Orleans, Lyon, Bordeaux ꝛc. folgten, von der Nokhwendigkeit zu gleichen Maßregeln gezwungen. Die Regierungs- Kommissare in den Provinzen ergänz— ten diese Erhaltungsmaßregel dadurch, daß sie den gezwungenen Cours der Banknoten in den Provinzen anbefahlen, wie er schoön in Paris verfügt worden war.

Die hiesigen Metallhändler haben großentheils ihre Zahlungen eingestellt.

Vom 19. bis zum 22. wurden durchschnittlich jeden Tag Silber— geräthe im Werthe von 200, 000 Fres. nach der Münze gebracht, um dort geprägt zu werden. . 3.

In mehreren großen Handelsstädten sind bereits mit Geneh⸗— migung der Regierung Diskonto-Comtoirs errichtet worden.

Zu Maubeuge fanden in dem Sten Kürassier Regiment ernste Unruhen statt, indem die Soldaten die Entfernung einiger Offiziere wollten. Aehnliches fand in dem 2ten Husaren Regiment zu Auch statt, wo der Oberst sich flüchten mußte, um Mißhandlungen zu ent— gehen.

Das Dampfschiff „Solon“ ist, nachdem es den Herzog von Au— male und den Prinzen von Joinville zu Dartmouth gelandet hatte, zu Havre eingetroffen.

Mehmed Ali hat, wie früher von Ludwig Philipp, auch von der provisorischen Regierung, da sie von ihm seine Absicht erfuhr, nach Frankreich zu kommen, eine Einladung empfangen. Man glaubt, daß er sich einige Wochen in Paris aufhalten und sodann nach Vernet ins Bad gehen wird.

Großbritanien und Irland.

London, 22. März. Im auswärtigen Amte fand heute ein mehrstündiger Minister⸗Rath statt.

Die Nachrichten vom Kontinent erregen hier große Sensation, doch ist man über die Vorgänge in Berlin noch nicht vollständig unterrichtet. Im . aber machen die Bewegungen der constitulionellen Re- form in Deutschland hier einen guten Eindruck, und der vollständige Bericht über die Ereignisse in Wien hat sogar günstig auf die Fonds ge⸗ wirkt. Consols stiegen heute bis 823. Man ist der Ansicht, daß bie constitutionellen Reformen sich allmälig durch ganz Europa verbreiten werden, ohne von längeren oder heftigeren Erschütterungen begleitet zu sein, und daß in Folge dieser Veränderungen eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Frankreichs unmöglich werde. Dagegen überzeugt man sich immer mehr, daß in Frankreich selbst die Verwit⸗ rung immer ärger werde, und daß in Zeit von drei Monaten ganz Frankreich seine, Zahlungen werde einstellen müssen.

Nach Berichten aus Malta wird Admiral Parker die Küste von Sicilien so bald noch nicht verlassen, da jedes Schiff, welches in Malta einläuft, sogleich Befehl erhält, zu ihm zu stoßen. So hat 8. B. eine Brigg, die nach Süd-Amerika bestimmt war, statt dessen eben⸗ falls nach Sicilien abgehen müssen. Der Beichtvater des Königs von Neapel, Erzbischof Cocle, der aus Neapel fliehen mußte, war in Malta angekommen.

Die beiden Parlamentshäuser vereinigten sich vorgestern zu einem Glückwunsche an die Königin wegen der Geburt einer neuen Prin- zessin. Im Oberhause trug der Marquis von Lansdowne darauf an, daß eine Adresse an Ihre Majestät überreicht werde, um ihr Glück zu wünschen zur Vermehrung ihrer Familie durch eine Prin⸗ zessin. Lord Stanley kündigte darauf an, daß er eine Frage an Lord Lansdowne richten werde in Betreff einer Vermehrung der Bischöfe. Auch im Unterhause ward ein Glückwunsch-Schreiben an die Nönigin beschlossen. Herr Ward, Secretair der Admiralität, trug sodann auf eine Bewilligung von 1,425,308 Pfd. St. an, um für das nächste Jahr 43,900 Mann statt der bisherigen 36,000 Mann auf der Flotte zu unterhalten. Herr Hume wollte keine so große Zahl genehmigen. Nur durch die Erhöhung der Kosten für Heer und Flotte seit 1834 wäre die Einkommensteuer nöthig geworden. Herr Corry, der frühere Secretair der Admiralität, der sich für Verbesserungen in der Flotte lebhaft bemüht hat, fand die Ausgaben für die Flotte durch den gegenwärtigen Zustand Europa's gerechtfer⸗ tigt, fand aber lebhaften Widerspruch bei Herrn Cobden und den Anhängern der Friedens⸗Theorieen desselben. Doch siegten die Ar- gumente Sir James Graham's und Lord Palmerston's für die Verstärkung der Streitkräfte Englands unter den gegenwärtigen Umständen, und der Antrag wurde mit 347 gegen 38 Stimmen an⸗ genommen.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses erklärte, als Ant⸗ wort auf eine desfalls an ihn gerichtete Interpellation, Lord Pal⸗ merston, daß die Gerüchte, als ob Herr von Lamartine sich gegen Lord Normanby über den der ehemaligen Königlichen Familie von Frankreich bereiteten Empfang beschwert, aller Begründung entbehr= ten; wahr sei nur, daß er Tord P.) auf ein konfidentielles Schrei⸗ ben Lord Normanby's, wie die provisorische Regierung jenen Empfang in keiner Weise übel vermerkt, denselben angewiesen habe, Herrn von Lamartine nöthigenfalls die bestimmte Versicherung zu geben, daß die Aufnahme, welche die Mitglieder der vertriebenen Königsfamilie ge⸗ funden hätten und fänden, keine andere sei, als wie sie England im⸗ mer denjenigen gewährt habe, die genöthigt gewesen wären, bei ihm

eine Zuflucht zu suchen; und daß die provisorische Regierung über⸗ zeugt sein dürfe, daß England ihr gegenüber immer offen und loyal verfahren und nie etwas Feindliches gegen sie im Schilde führen würde. Auf eine weitere Frage Lord Dudley's über die Gründe der Abreise des Herzogs und der Herzogin von Montpenster entgeg⸗ nete der Minister, daß diese Abreise ganz das Resultat ihres eige⸗ nen Entschlusses gewesen, und daß die Regierung mit Vergnügen ihren Aufenthalt in England verlängert gesehen haben würde. Auf eine dritte Interpellation endlich erklärte der Lord, daß alle Hoffnung zu dem Abschluß eines neuen Handelsvertrages zwischen Englanb und Brasilien vorhanden sei. ; Der Graf und die Gräfin von Neuilly beabsichtigen, vorläufig in Claremont zu bleiben, obgleich mehrere englische Großen ihnen ihre Landsitze zur Verfügung gestellt haben. t

Der Prinz von Joinville, so wird aus Plymouth gemeldet, schifft in diesem Augenblick, mit Dampf und Segel, im Kanal. Die alte französische Flagge weht vom Stern.

Ein Blatt meldet: „Der bekannte Geschichtsschreiber Herr Guizot

ist auf zwei Monate als Mitglied des Athenäum zugelassen, ein

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serreichs, der Kolonat, ein zwischen Freiheit und Unfreiheit getheilter und der milderen Hörigkeit oder Halbfreiheit der germanischen Liten verwandter Stand sich ausbildete, so ging jetzt aus den Trümmern des Kaiserstaats, durch die Entwickelung eines neuen selbstkräftigen Lebens, wiederum ein Stand der Freiheit heivor, der, wie die freien Germanen, seine Ehre haupt— sächlich in seiner Wahrhaftigkeit erkannte.“

Es scheint undenkbar, daß unter solchen Umständen die alte Munizi— pal-Verfassung hier ein wenn auch nur kümmerliches Dasein gefristet habe, während sie selbst im bozantinischen Reiche bereits eine im Leben verschol lene Antiquität war und endlich Kaiser Leo der Weise alle auf sie bezüg⸗ lichen Verordnungen ausdrücklich aufhob. Und doch wird der römische Se⸗ nat, Konsuln und Senatoren noch so oft in Rom und in den anderen Städten des römischen Italiens werden nicht minder oft Kurien und Ku rialen genannt. Gerade an diese Namen und Bezeichnungen hat sich ja die Meinung geheftet, daß die alte Munizipalverfassung niemals völlig verfallen sei. Hegel sucht dagegen den Beweis zu liefern, daß hier nur aste Ramen auf völlig neue Verhaltnisse übertragen seien. Der römische Senat des Mittelalters ist nichts Anderes als die Gesammtheit des höheren städtischen Adels in Nom, Senator ist gleichbedeutend mit Senior; auch die sränkischen und deutschen Großen werden ja wohl von den Schriftstellern des Mittel⸗ alters zuweilen als Senatores bezeichnet, wie der Adel von Konstan; eben⸗ falls Senat genannt wird. Wenn wir ferner in römischen und ragennati. schen Urkunden noch häufig Konsuln begegnen, so ist dabei nicht an stadtn. sche selbstgewählte Obrigkeiten zu denken, der Konsulat war damals ein leerer, von den Kaisern verliehener Titel, und erst mit dem Ende des 11ten Jahrhunderts gewinnt er in Rom neue Bedeutung. Auch die Erwähnun der Kurien und Kurialen darf nicht irren, da euria in der Sprache ng Mittelalters, wie auch schon Bethmann Hollweg schlagend dargethan hat die Bedeutung von eurtis (Hof) gewinnt, und ausdrückliche Zeugnisse besta⸗ tigen, daß euriales gleichbedeutend mit eortesiani (Hofleute) ist. So hatten manche alten Namen und Titel sich wohl aus dem Alterthum erhasten aber in dem großen Umschwung der Zeiten völlig ihren Gehalt und ihre Bedeu— tung verloren, die alte städtische Verfassung selbst war spurlos unterge⸗ gangen.

. Während sie aber in dem römischen Italien allmälig in Verfall gerieth so wurde sie in dem longobardischen Theil des Landes noch früher mit Ge? walt ausgerottet. Die freien Römer sanken hier nach dem Verf. es ist er s erwahn daß er sich ziemlich eng an das System Troya's in diesem . , zur Halbfreiheit, in den Stand denn ,n, . 26 ee en Recht behielt keine öffentliche Geltung mehr, 16 bernd d =. unten nicht das bei den Franken übliche Sostem und ln echte, sondern das longobawische Recht galt für Sieger

. gte, „es hatte beinahe () die Bedeutung eines Territorialrechtes.“

Es ist i l ö J st unvereinbar hiermit, daß die alten Bewohner des Landes noch ihre

eigenen Gesetze, ihre eigenen ObriFeiten, ihre städtische Verfassung bewahrt haben könnten. Die Heerverfassung der Longobarden war allgemeine Reichs— verfassung, von der auch die Städte nicht ausgeschlossen waren, sondern vielmehr ein wichtiges Glied in derselben bildeten, da gerade sie der Mittel— punkt der neuen Gau- und Gemeindeverfassung wurden, wie sie früher in anderer Weise die Basis des römischen Staatslebens gewesen waren. „Ita lien war und blieb ein Land der Städte.“ Das öffentliche Eigenthum in denselben ging auf den König und die Herzoge der Longobarden über, und an die Stelle der städtischen Kurie trat die curtis regia oder ducalis. Die Bischöfe selbst verloren in den longobardischen Städten alle politische Bedeu— tung, alle obrigkeitliche Gewalt war bei den Longobarden allein. Frei- lich blieben die Longobarden nicht lange bei der Konsequenz dieses Verfahrens stehen, es erfolgten bald Freilassungen von Römern in großer Zahl und selbst massenweise, und es wurde dann selbst dem römischen Rechte nicht mehr die öffentliche Anerkennung versagt; aber an eine Herstellung der alten Munizipal-Ordnungen war nicht zu denken. „Neben der longobardischen Reichs Verfassung konnte keine römische Stadt

Verfassung bestehen: die Städte erhielten Duces und Gestalden als Richter und Obrigkeiten, wurden Ducate und Gestaldate des Reichs.“

Die fränkische Eroberung und nachher die Herrschaft der deutschen Kaiser brachte wichtige Veränderungen in dieses städtische Leben. Denn einmal wurde der fruher gewaltsam unterdrückte Einfluß der Bischöfe nun auf alle Weise gehoben; von der kirchlichen Immuvität ausgehend, erlang⸗ ten sie allmälig durch immer größere Privilegien der Könige die vollen heits und Regierungsrechte in den meisten Städten. Indem ihnen hier die Rechte der Grafschaft in ihrem ganzen Umfange übertragen wurden, wurde die longobardische Gemeinde-Verfassung völlig gesprengt, es trat nun erst ein durchgreifender Unterschied von Stadt und Land hervor, und die Stadt bildete fortan ein politisch und rechtlich abgeschlossenes Ganzes, das in sich eine selbstständige Entwickelung verfolgen konate. Ferner aber wurde der Gang dieser Entwickelung vorgezeichnet durch das neu aufgenommene dehn z sostem das seit den Jeiten der Sttonen die longobardische Heeres Verfassung völlig verdrängte. Auf der Lehns-Verfassung allein beruhen die Standes —Unterschiede, die sich nur in den longobardischen und tuscischen Städten finden, zwischen den großen Lehnsleuten (eapitanei), den kleinen Lehnsleuten (Calvassores) und den freien Bürgern ohne Lehn (eives), worin man besonders Kaufleute zu sehen hat. Auf dem Kampf dieser Standesgenossenschaften unter einander beruht dann die sernere Entwicke lung des städtischen Lebens, bis sie sich endlich vereinigen, um entweder der bischöflichen Hoheit ganz die Anerkennung zu versagen, oder um mit ihr zu pacisziren und sie wenigstens dem Namen nach bestehen zu lassen. Der Moment dieser Vereinigung bezeichnet die Entstehung der freien Kommunen, * sich nun durch selbstgewählte Obrigkeiten regierten, welche erst unterdem Namen der Zwölfmänner erscheinen, später Konsuln genannt werden. Der

nissen hervorgingen, nur um etwas später. von einigen Namen und Titeln, in den Verfassungs-uständen selbst keine Nachwirkung alnömischer Institutionen, sondern durchweg eine wesentliche Uebereinstimmung mit den lombardischen Einrichtungen.

Verf. setzt dann mit Ausführlichkeit die neu gebildete Verfassung der lom⸗— bardischen und tuscischen Stadte unter den Konsuln aus einander und ent⸗ wickelt die Veränderungen derselben zur Zunft-Verfassung. In dieser gan⸗ zen Entwickelung über die Entstehung der norditalienischen Kommunen trifft er in den wesentlichsten Punkten mik Leo und Bethmann-Hollweg zusam—= men. Doch wird man auch hier auf manche neue und sehr anziehende Forschungen stoßen, wie namentlich die über die sogenannte Lex Romana Uiinensis, deren Heimat Bethmann-Hollweg in Friaul und Istrien ge— sucht hatte, Hegel aber nur in Kur⸗-Rhätien aufzuweisen bemüht sst.

Die Untersuchung schließt endlich mit dem Nachweis ab, daß auch im römischen Italien die Kommunen im Wesentlichen aus denselben Verhalt= Auch hier zeigt sich, abgesehen

Wir würden den uns

. l zugemessenen Raum bei weitem über⸗ schreiten müssen, wenn

wir auch nur in der Summe die Resultate

zusammenstellen wollten, welche die im Anhange niedergelegten Untersuchungen uber die römische Städte⸗Verfassung in den germanischen Reichen außerhalb

Italiens und über den Ursprung der Städtefreiheit in Frankreich und Deutsch⸗ land liefern. Auch hier weicht der Verfasser meist weit von der herkoömmli⸗ chen Ansicht ab, doch finden seine Forschungen über die Stad te⸗Verfassung

im fränkischen Reiche jetzt auch vielfach eine willkommene Bestätigung in den von ihm ganz unabhängigen Untersuchungen, die Waiß in dem zweiten Theil

seiner Versassungs-Geschichte gegeben hat. Daß Hegel die städtische Freiheit auch in Deutschland außer alle Verbindung fetzt mit den Ordnungen der altrömischen Städte am Rhein und an der Donau, ist schon oben berührt,

die Wurzel der deutschen Städte- Verfassung findet er einzig und allein in

der germanischen Gemeinde- Ordnung. Indem der Verfasser hier auf Nürn= berg zu sprechen kommt, durchbricht doch einmal die sonst höchst obsektiv ge⸗ haltene Tarstellung eine Aeußerung warmen versönlichen Gefühls, er gedenkt der eigenen schönen Geburtsstadt. Und so sei denn auch dem Referenten am Schluß dieser vielleicht zu objektiv gehaltenen Anzeige der Ausdruck sei⸗ ner innerlichen Befriedigung und Freude darüber erlaubt, daß durch dieses Werk ein ihm sonst schon so theurer und bedeutender Name für ihn noch inen neuen Werth erhalten hat. Erfüllt von Dankbarkeit gegen den Vater, hat er jetzt auch eine Schuld der Dankbarkeit für vielfache Belehrung ge⸗

zen den Sohn, und gewiß Viele werden mit ihm in gleichem Falle sein. ; 45.