1848 / 92 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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Bildung eines Gesammt-Staats⸗Ministeriums eine feste Bürgschaft für die Erfüllung dieses sehnlichsten Wunsches. 7) Die Fürsorge für die Staats- diener und ihre Hinterbliebenen wird eine wichtige Klasse in der gesell— schaftlichen Ordnung vor Noth und Verkümmerung schützen und ihr die dem Gemeinwohl so förderliche Berufsfreudigkeit wie- dergeben. 89) Möge sich das von Ew. Majestät angekündigte Ge— setz über die Verbesserung der Verhältnisse der Israeliten zu dem höheren Grundsatze der Gleichberechtigung aller Konfessionen und ihrer Be⸗ kenner in allen Verhältnissen zum Staat erheben, damit der Gleichheit des Gesetzes auch die Gleichheit vor dem Gesetze entspreche. 9) Der Ruf, der in elf Versammlungen der baperischen Stände wiederhelt erklungen, er ist erfüllt. Das Lotto fällt; die öffentliche Sittlichkeit hat einen mächtigen Schritt vorwärts gethan. Ew. Majestät haben sich dadurch ein unvergäng-— liches Denkmal gesetzt. 10) Doppelt ist der Zweck der Vollsbewaffnung. Festen Schutz gewähre sie der inneren Ordnung des Landes, um deren schnelle Wiederherstellung und Aufrechthaltung wir Ew. Majestät ehr⸗ furchtsvollst bitten. Eine Macht aber, unüberwindlich durch den belebenden Gedanken der Einheit, wird sie Jedem entgegentreten, der mit freveln— der Hand die kostbare Frucht der Zeit, das theuer erworbene gemeinsame deutsche Vaterland bedrohen möchte. Also gerüstet wird Deutschland, fein von jeder Einmischung in die inneren Angelegenheiten fremder Staaten, in seiner Stellung nach außen Achtung gebietend und mächtig genug sein, zu hindern, daß nicht Schleswig ⸗Holsteins treues Volk oder die edlen Wachten der deutschen Ehre am Rhein und an der Weichsel fremden Eingriffen un— terliegen. Denn Gut und Blut auch für das lleinste Stück deutscher Erde. Zugleich möge eine gemeinsame Vertretung deutscher Interessen die deutsche Flagge aufrichten, durch krästigen Schutz den deutschen Gewerbefleiß und Handel frei machen und groß, damit er fremder Utlibermacht nimmer erliege. 11) Alles, was zur vollen Entwickelung des constitutionellen Prinzips beiträgt, was im Le— ben als heilsam sich bewährt, möge unser Eigenthum werdein. Deshalb er— bitten wir von Ew. Majestät ehrfurchtsvollst die Gewährung der Initiative zu Verfassungs-Gesetzen gleichheitlich für beide Kammern; ferner eine Mo— dification des Tit. VII. §. 29 der Verfassungs- Urkunde zur Ermöglichung eines schnelleren Vollzugs berathener Gesetze und Anträge, eine Reform der Steuer-Gesetzgebung, so wie kürzere Budget⸗Perioden, welche dem Staats⸗ haushalte größere Sicherheit gewähren, und durch die damit bedingte öftere Wiederkehr der Landtage das so nöthige politische Bewußtsein im Volke beleben werden. Auch die Bestimmung des 8. XII. Tit. 6 der Verfassungs⸗ Urkunde, in Ansehung der Folgen strafrechtlicher Untersuchungen, bedarf dringend einer Modification. Wir richten Ew. Majestät Blicke auf die mangelhaften Zustände der Volksbildung und auf die nothwendige Freiheit der Lehre mit der innigen Ueberzeugung, daß durch Gewährung unserer Bitten am besten jede auflösende Tendenz fern gehalten werde. 12) Auch unserer tapferen Armee, deren Mäßigung und Pflichttreue das Vaterland anerkennt, und die nunmehr durch Ablegung des Eides auf die Verfassung zum gemeinsamen Ganzen vereint ist, haben die Vertreter des Volkes zu ge— denken. Mögen Ew. Majestät geruhen, über pragmatische Dienstrechte der Offiziere, der Militair-⸗Beamten und ihrer Hinterlassenen gesetzliche Bestim= mungen zu veranlassen. Die gesicherte Zukunst des Einzelnen wird mit Macht den Geist der ganzen Armee neu beleben. 13) Nicht dem Geiste der Vemichtung, sondern der Freiheit und Gesetzmäßigkeit, die Ew. Majestät als Wahlspruch erklärt haben, müssen alle Vorrechte zum Opfer gebracht werden, die mit der Einheit der Gerichts-Organisation und der Gleichheit vor dem Gesetze unvereinbar sind. Für das Vaterland ist kein Opfer zu schwer, wenn sein wahres Wohl es erheischt. 14) Und so treten wir mit Muth und Gewissenhaftigkeit die schwere Arbeit an, zu der wir berufen, mit dem sesten Vertrauen, daß die Vorsehung, die uns so große Güter, unbefleckt vom Blute unserer Brüder, gewährt, das Werk kröne und segne mit Erfolg, Bavern, Deutschland zum Heil, Ew. Majestät zum unvergäng⸗ lichen Ruhme! In üefster Ehrfurcht Ew. Königl. Majestät 2c.“ ;

Königreich Sachsen. (D. A. 3.) Leipzig, 30. März. Gestern Abend versammelte sich eine Anzahl Männer aller Glaubens- bekenntnisse zur Berathung einer Adresse an die zu Frankfurt a. M. zusammenkommenden Vertreter des deutschen Volkes. Gegenwärtig waren: der evangelisch-reformirte Pfarrer Blaß, der evangelisch⸗luthe⸗= rische Archidiakonus Hr. Fischer, der evangelisch-lutherische Licentiat der Theologie Dr. Fricke, der römisch⸗ katholische Pfarrer Hanke, der israelitische Prediger Jellinek, der evangelisch-luthe⸗ rische Rektor J. Kell, der römisch-katholische Ph. Mainoni, der griechisch-katholische C P. Naum, der hhristkatholische Pfarrer F. Rauch, der evangelisch-lutherische Professor Dr. Theile, der evangelisch-lutherische Prediger Dr. Zille. Einmüthig ward die unten⸗ stehende Adresse beschlossen und unterzeichnet, der morgende Abend aber bestimmt, um in einer großen öffentlichen Versammlung die leitenden Gedanken weiter zu entwickeln und das größere Publikum zur Unter zeichnung aufzufordern, worauf dann die Adresse sofort an den säch— sischen Bundestags-Gesandten, Bürgermeister Todt aus Adorf, abge⸗ sendet und von diesem den zu Frankfurt a. M. versammelten Volks⸗ vertretern übergeben werden soll. Die Zuschrift lautet:

„An die Abgeordneten des deutschen Volls zu Frankfurt am Main. Deutsche Brüder! Der Ruf einer großen Zeit und eines großen Volks ist an Euch ergangen. Ihr habt Euch versammelt im Namen des Friedens und der Freiheit, um Deutschlands gemeinsames Staats- wesen neu zu begründen. Da tritt sogleich das Verhältniß zwischen Staat und Kirche als grundlegend hervor. Wir halten es für zweck= und zeitgemäß, Euch auf diese Angelegenheit, als eine der wichtig— sten und einflußreichsten des gesammten Vaterlandes, hinzuweisen. Ihr habt Euch versammelt, um Deutschlands Einigkeit und Einheit zu erbauen. Nichts hat mehr die Eintracht unseres Vaterlandes ge— stört und zerstört, als die kirchlichen Zerwürfnisse. Selbst die Ge— genwart seufzt noch in diesem unheilvollen Wirrsale. Aus allen deut— chen Gauen blicken Millionen auf euch, daß ihr die Grundsätze aussprechen möchtet, welche dem ganzen Vaterland auch in kirchlicher Beziehung die frie⸗ denbringende Freiheit und den freiheitbringenden Frieden verheißen. Mil⸗— lionen deutscher Brüder richten mit uns an euch die dringende Bitte: Er— kennet die Zeichen der Zeit und die Forderungen des Augenblicks.

„Hauptquelle aller kirchlichen 3 ist die verschiedene Behand⸗ lung der Konfessionen von Seiten des Staats, indem er Einige bevorzugt, Andere zurücksetzt. .

„Gegen die Zurücksetzung verlangen wir: völlige Rechtsgleichheit für jedes religiöse Befenntniß und jeden kirchlichen Verein, der nicht mit den Gesetzen des Staates in Widerspruch steht. Kein kirchlicher (sogenannter christlicher) Staat; keine bloße Duldung. Gleiche bürgerliche Berechtigung für alle Konfessionen, welche den gleichen Zweck sittlicher Vollendung der Menschheit haben.

„Gegen die Bevorzugung verlangen wir: Trennung der Kirche vom Staate. Keine Sin n Der Staat sei unabhängig von der Kirche; er knüpfe an die religiösen Anschauungen, Versammlungen und Handlun— gen keine rechtlichen staatsbürgerlichen Folgen; er führe Geburts-, Schul— entlassungs⸗,, Ehe- und Todten-Verzeichnisse, verwandle den Eid in eine öffentliche und feierliche ,,. und betrachte die kirchlichen Feiertage als bürgerliche Ruhetage. Dies wird den kirchlichen Handlungen ihre reli— giöse Bedeutung nicht nur nicht nehmen, sondern ihren Werth und ihre Würde erhöhen.

„Die Kirche sei unabhängig vom Staate. Jede kirchliche Gemeinschaft habe das Recht der Anordnung und Leitung ihrer Angelegenheit durch aus ihrer Mitte gewählte Vertreter und Beamte; das Recht der Gesetzgebung, der Verwaltung, der Beaussichtigung ihres Gemeinwesens. Das bischöfliche Recht des Landesherrn und das Patronatsrecht sei aufgehoben. Die Kirche erziehe dem Staate sittliche Bürger; der Staat schütze und stütze die Kirche und übe das Recht der Nichtbestäͤtigung und Verbieiung (rotum'negativum, wenn einzelne kirchliche Einrichtungen und Gebote oder ganze kirchliche Ge— meinschaften dem Staatszwecke zuwider sein sollten.

„Deutsche Brüder! Ihr Männer unseres Vertrauens! Die Herzen des ganzen deutschen Volkes, die Augen Europa's sind auf euch gerichtet; das deuische Voll erwartet von euch den Grundriß einer neuen deutschen Staats ver fassun „„die Grundsteinlegung der deutschen Einheit. Vergesset nicht bei der Jeichnung des Grundrisses für das deutsche Staatsgebäude die Herstellung des rechten Verhälmisses zwischen Staat und Kirche;: Tren- nung der Kirche vom Staate! Vergesses nicht, bei der Grundsteinlegung der dentschen Einigkeit den Grund selbst tief zu graben bis zum Felsen=

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grunde der völligen Rechtsgleichheit aller religiösen Bekenntnisse und jedes kirchlichen Vereins, der nicht mit den Gesetzen des Staates im Widerspruch steht. Sorget für den Frieden und die Freiheit Deutschlands nicht nur nach außen und im Aeußern, sondern auch nach innen und im Innern. Keine Freiheit ohne Frieden, kein Frieden ohne Freiheit! Das walte Gott!“

Königreich Württemberg. (Schwäb. Merk.) Ulm, 27. März. Heute Nachmittag ist ein Bataillon des 2ten Infanterie⸗ Regiments und eine Schwadron Reiterei, die bis Feldstetten und Münsingen vorgerückt waren, wieder hier eingerückt; die andere Ko⸗ lonne wird morgen zurückerwartet. Sämmtliche Truppen wurden überall auf das freudigste empfangen, weil die Landbewohner sahen, daß ihnen Schutz gewährt werden würde. In Neu-Ulm und den benachbarten bayerischen Dörfern sind außer den schon gestern Abend von Dillingen angelangten Chevauxlegers heute Nachmittag 2 Com-⸗ pagnieen Infanterie von Augsburg eingetroffen, denen morgen eine Compagnie von Kempten nachfolgen wird. Die übrigen Theile dieser Regimenter sind bereit, auch nach Neu-Ulm aufzubrechen.

Herzogthum Deßan. Am 30. März wurde in Deßau folgende Bekanntmachung ausgegeben: „Nach den Bestimmungen Herzoglicher Landesregierung sind in der Stadt Deßau nach Maßgabe der Häuserzahl 20 Bezirks-Wahlmänner zu erwählen, die wiederum mit den übrigen Bezirks-Wahlmännern des Herzogthums zu dem am 26. April d. J. zusammentretenden Landtage 15 Volksvertreter und deren Stellvertreter zu erwählen haben. Zur Wahl dieser Bezirks⸗ Wahlmänner sind berechtigt und verpflichtet ohne Unterschied der Re⸗ ligion: 1) alle Bürger; 2) alle Haus- und Ackerbesitzer in der Stadt, den Vorstädten und im Weichbilde der Stadt, beiderlei Ge⸗ schlechts, Ehefrauen jedoch nur durch ihre Ehemänner, Unmündige durch ihre Vormünder vertreten; 3) Jeder, der bei dem Hosstaat des Herzogl. Hauses, im Staatsdienst, bei Kirchen und öffentlichen Schulen angestellt ist; 4) alle Gelehrte und Künstler; 5) alle Handwerksmeister; 6) alle Gewerbtreibende, die zu keiner Innung gehören, aber einen eigenen Hausstand bilden; 7) alle verheiratheten Handwerksgesellen und Hand— arbeiter, die einen besonderen Hausstand bilden; 8) Jeder, der von seinem Vermögen oder seinen Einkünften lebt und einen eigenen Haus— stand bildet, und zwar ohne Unterschied des Geschlechts. Die Stadt ist in 109 Bezirke und jeder derselben in zwei Abtheilungen getheilt, von denen jede einen Bezirk-Wahlmann zu erwählen hat.“

Ausgeschlossen von der Wahl -Berechtigung sind nur diejenigen, welche sich entehrende Strafen zugezogen haben, und wünschen wir der Unannehmlichkeit ihrer Ausweisung im Wahl⸗-Termine für sie und für uns überhoben zu sein.

Die Wahl- Listen liegen von Donnerstag den 30sten d. M. an auf dem Stadthause zu Jedermanns Ansicht aus, und werden diesel⸗ ben für richtig angenommen, insoweit nicht Erinnerungen dagegen bis zum Tage vor dem Wahl⸗Termine angebracht worden sind.

Deßau, den 27. März 1848.

Der Stadtrath hiesiger Herzogl. Residenz. G. G. Richter.“

Herzogthum Holstein. (Alt. u. Hamb. Bl. Altona, 29. März. Der heute Nachmittag angelangte kieler Bahnzug mel— det, daß die dänische Kriegsmacht sich bei der Königsau konzentrirt. Ein dänisches, armirtes Dampfschiff nahte sich dem flensburger Ha— fen; da es keine Friedensflagge hatte, so wurde von einigen Frei— willigen geschossen, worauf es sich wieder entfernte. Bei Alsen kreuz ten zwei dänische Kriegsschiffe, und auch vor der Förde (dem flens⸗ burger Meerbusen) sollen sich zwei Fregatten gezeigt haben. Heute wurden von Friedrichsort bedeutende Quantitäten Pulver nach Rends⸗ burg geschafft.

Rendsburg, 29. März. Der Eisenbahn-Direktor Olshausen ist in die provisorische Regierung eingetreten und hat das Departe⸗ ment der Polizei (Sicherheits-,, Gesundheits- und Wege- Polizei, Straf⸗Anstalten und Armenwesen) übernommen.

Die in den Herzogthümern befindlichen beurlaubten Land-Solda⸗ ten, so wie die fünf- sechs=, sieben- und achtjährige Mannschaft, ist zum aktiven Dienst berufen worden und hat sich sofort in Rendsburg zum Dienst zu stellen.

Der Capitain von Abercron ist zum Kommandanten der Festung Rendsburg, der Direktor Lütgens zum General-Ordonnateur der Ar⸗ mee und der Major von Dau zum Commandeur des Ingenieur-Corps ernannt worden. Der Herr Etatsrath Langenbeck ist auf Vorschlag des General-Kommando's von der provisorischen Regierung zur Ober— Leitung des Sanitätswesens berufen.

Das Freischaarenwesen ist jetzt vollständig organisirt; der Advo— kat Samwer, gegenwärtig Civil-Adjutant des Prinzen, ist zum Büreauchef desselben ernannt worden. Bereits ist das erste Freicorps von 2560 Mann organisirt und wird morgen ins Feld rücken. Stündlich kommen neue Freiwillige an. so daß dem ersten bald ein zweites folgen wiid. Zum Chef der sämmtlichen Freicorps ist der Advokat Koch, welcher bereits in den deutschen Freiheitskriegen er— probt ist, dem Vernehmen nach designirt.

Aus sicherer Quelle erfährt man, daß Herr Hugues Boulard, französischer Konsular⸗Agent in Kiel, der mit unseren staatsrechtlichen Verhältnissen genau bekannt geworden, nachdem er dieselben zu fei⸗ nem besonderen Studium gemacht hatte, in diesen Tagen eine Denk— schrift an den Chef der provisorischen Regierung in Frankreich, Herrn Lamartine, gesandt hat, in welcher er ihm die wahre Lage der Dinge vorgelegt hat, um die Guizot-Ludwig-Philippeschen Irrthümer und Umtriebe ins rechte Licht zu stellen.

Mittelst Restripts an die schleswig⸗- holsteinische Regierung vom 2sten d. M. ist die im §. 3 des Regulativs für die Gelehrten— Schulen der Herzogthümer Schleswig-Holstein vom 28. Januar d. J. in Betreff des Unkerrichts auf der haderslebener Gelehrten Schule getroffene Anordnung aufgehoben und die schleswig- holsteinische Re—⸗ gierung beauftragt worden, das in dieser Veranlassung Erforderliche zu verfügen.

Von der provisorischen Regierung sind der Etatsrath C. P. Francke zum Präsidenten der schleswig- holsteinischen Regierung, der Nanzleirath C. E. E. Lesser zum Rath in derselben ernannt worden. Zu Mitgliedern der auf den 3. April d. J. einberufenen vereinigten Ständversammlungen wurden ernannt: für die schleswig-holsteinische Nitterschaft der Kammerherr und Verbitter Graf von Moltke in Itzehee, der Kammerherr und Klosterprobst Graf von Rantzau in lletersen, der Kammerherr und Klosterprobst von Bülow zu St. Jo⸗ hannis bei Schleswig, der Landrath von Ahlefeld auf Oehe in Schles⸗ wig und der Geheime Konferenz-Rath Graf von Reventlow auf Altenhof; für die Univerfität Kick: der Professor De. Christiansen und der Professor hr. Ravit; für die Geistlichkeit: der Kirchenprobst Boysen in Schleswig, der Pastor Lorenzen in Adelbye, der Kirchen probst Balemann in Oldenburg, der Pastor Tamsen in Trittau.

Kiel, 27. März. Ein junger Landmann, welcher Sonnabend Nachmittags die nordöstlichste Gegend Schleswigs verließ, bringt die Nachricht, daß auch die eifrigsten Anhänger der dänischen Parte von einer Incorporation Schleswigs in Dänemark nichts mwissen wollen, viel weniger von einer Abtrennung des nördlichen Schleswig vom südlichen. Die einberufene . weigert sich, nach Dänemark zu gehen. Man wolle wohl in Schleswig, aber nicht in Dänemark dienen. In Hadersleben uind Apenrade ist die Stimmung entschieden

deutsch. In Apenrade sieht man überall die deutsche Fahne, in Ha— dersleben, wegen der bisher zweifelhaften Stimmung der Landleute, noch nicht.

Rath und Bürgerschaft in Kiel haben gestern in Betracht der schwierigen Zeitumstände beschlossen, den bisher 6 Mitglieder zählen— den Magistrat einstweilen um 14 neue Mitglieder zu vermehren. Diese Neuerung bezieht sich jedoch zunächst nur auf die außerordent— lichen Fragen der Gegenwart, nicht auf die Justiz und die anderen regelmäßigen Functionen. Es sind demnach drei Departements ge— bildet, für das Bewaffnungs- und Proviantirungswesen und für die Arbeiter.

Unter den aus Kopenhagen hier eingetroffenen Holsteinern be— merkt man den früheren Minister-Residenten in Hamburg, Kammer herrn B. von Bülow, welcher über Land gekommen ist und dem Ver— nehmen nach Kopenhagen am Sonntage nur mit Mühe hat verlassen können.

Aus Ratzeburg vom 26. März wird geschrieben: „Die hiesi gen Behörden haben die provisorische Regierung anerkannt, in Folge dessen die lauenburger Jäger die Stadt verlassen, und sind heute 60 Mann mit der deutschen Fahne nach Rendsburg abgegangen.“ Die Adresse der hiesigen Behörde lautet folgendermaßen:

„Die großen Begebenheiten der Zeit, die sich drängenden Ereignisse rings um uns her, die Reformen in ganz Deutschland bei seiner Wiedergeburt haben auch in unserem speziellen Vaterlande Lauenburg Anforderungen her— vorgerufen, welche theils das Heil von ganz Deutschland, theils die Vertre tung der verschiedenen Interessen in der hiesigen Landes-Repräsentation be— treffen. Wir endesunterzeichneten Landräthe sehen uns in Veranlassung einer an die Ritter⸗ und Landschaft in obigem Betreff eingegangenen Adresse und um weiteren Anfordernngen zu begegnen, veranlaßt, hiermit vor unseren Mitbürgernöffentlich zu erklären: wie wir erkennen, daß die jetzige Landes-Reprä⸗= sentation nicht mehr dem Geiste der Zeit entspricht und deshalb bei unseren Mit— ständen die lautgewordenen Wünsche der Landeseinwohner nach besten Kräften vertreten werden. Wir erklären ferner: daß wir sofort nach der Bekanntwerdung des Resultats der ausgeschriebenen Berathungs⸗-Versammlung in Frankfurt 4. M., welcher auch Mitglieder der Ritter- und Landschaft sich anschließen, eine Versamm lung veranlassen werden, zu welcher nicht allein die Mitglieder der Nitter⸗ und Landschaft, sondern auch die von den Städten, so wie dem übrigen Lande erwählten Repräsentanten, welche sich bei dem Vorstande der Ritter und Landschaft melden, eingeladen werden sollen, um gemeinschaftlich zu be rathen, was dem Lande Noth thut. Wir sind bereit, alle im übrigen Deutschland als heilsam erkannten Reformen und Maßregeln zu beantragen, und werden es stets kräftig befürworten, daß Lauenburg am großen deut schen Vaterlande festhalte und mit ihm stehe und falle. Wir hoffen, daß unsere Mitbürger sich bei dieser vorläufigen Erklärung beruhigen und beden ken werden, daß eine neue Verfassung des Landes nur nach dem wird be stimmt werden können, was im übrigen Deutschland als heilsam erkannt werden wird. Ratzeburg, den 26. März 1848. F. F. von Bülow. A. D. von Schrader. E. von Schrader.“ .

Aus Schleswig vom 26. März schreibt man: Die gestern in Sü⸗ derbrarup im Freien gehaltene Volksversammlung von wenigstens 3000 Landleuten aus allen Gegenden des Ländchens hat ein Hauch der Begeiste rung durchweht, die nicht zu beschreiben ist. Auf einer improvisirten Bar— rikade unter schwarz-roth-goldenem Banner sind eine Menge tüchtiger Reden, namentlich von Männern aus dem Volke, gehalten, die zu den schönsten Resultaten geführt haben und nicht ohne nachhaltige Wirkung sein werden. Die Landleute werden nicht blos einen starken Land sturm organisiren, der durch Signalfeuer und Sturmglocken in kurzer Zeit das ganze Land unter Waffen setzt und der begeisterten Erklä— rung der Versammelten zufolge jeden Fuß breit Landes mit seinem Blute vertheidigen will, sondern es ist auch beschlos sen, die einberufenen Beurlaubten und Reserven sofort nach Rendsburg zu senden, durch eine freiwillige Zeichnung bedeutende Mittel herbeizuschaffen und fortlaufend durch geordnete Ausschreibun gen die reichen Vorräthe Angelns an dem zur Unterhaltung der Truppen Nöthigen für den Dienst der Landesvertheidigung zu opfern. Die Versammlung ist durch den goöttorffer Amtmann, Baron von Liliencron, geschmückt mit der deutschen Kokarde, eröffnet. Die ande— ren Beamten sind gleichfalls da gewesen. Die Theilnehmer der Ver— sammiung von hier können den ausgezeichneten Geist der Einigkeit, die Energie und den Patriotismus, der sich dort gezeigt, nicht genug rühmen. ;

XñX Frankfurt a. M., 29. März. Die Bundes -⸗Ver—⸗ sammlung wird heute Vormittag eine Sitzung halten und darin eine aus sechs bis acht Miigliedern bestehende Kommission ernennen, in welcher sich namentlich auch der Königlich baverische, Großherzoglich badische und Kurfürstlich hessische Bundestags-Gesandte, die Herren Willich, Welcker und Jordan, befinden werden, um an den Verhand lungen der deutschen Abgeordneten thätigen Antheil zu nehmen. Jordan wurde gestern Abend bei seinem Eintreffen von ungeheurem Jubel des Volks begrüßt.

Auf die Gerüchte, daß französische Republikaner Deutschland und Belgien in Aufstand zu bringen suchen, wurden längs des ganzen Rheins die Garnisonen auf den Kriegsfuß gestellt. Das Königlich bayerische Zte Jäger⸗Regiment eilte gestern von Aschaffenburg hier durch nach dem Rhein.

Oesterreichische Monarchie.

Wien, 29. März. (Wien. 3Ztg.) Se. Majestät der Kaiser hat die Auf lösung der Polizei-Hofstelle angeordnet und die Leituug aller Anstalten und Behörden, welche die Aufrechthaltung der Ruhe, Ordnung und öffentlichen Sicherheit bezwecken, dem Ministerium des Innern zugewiesen.

Die Wien. Ztg. vom heutigen Tage meldet über die Vorgänge in Ober-Italien Nachstehendes:

„Die Gerüchte über die Bewältigung von Mailand gewinnen mehr und mehr Bestand. Schon erzählt man sich manche Details über dies, wie wir glauben, für die Geschicke des ganzen lombardisch venetianischen Königreichs entscheidende Ereigniß. F. M. L. Wratislav, Kommandant des 2Aten Armee - Corps, soll an dem Erfolge entscheidenden Antheil genommen haben. Oberst-Lieutenant Schneider von Erz. Sigmund Inf. (Sohn des so berühmten F. M. Lieutenants) soll an der Spitze des Regiments wohl bemerkt, eines italienischen bei der Erstürmung von Bergamo durch eine Kugel gefallen sein. Einer früheren Nachricht nach ist nicht, blos das Fort „Marghera“, sondern auch das Fort „Alberoni“ in den Händen un serer Truppen. Der Marine-Ober-Kommandant F. M. L. Martini hat sich entschieden geweigert, die Capitulation von Venedig zu unterschteiben, und ist daselbst gefangen. Der Kommandant des Arsenals, Oberst. Marinovich, hatte den Muth, im Momente des Aufsstandes sich dahin zu begeben, und wurde von den wüthenden Insurgenten mit einem großen Schiffsbohrer gräßlich durchstochen.“ ,

9 u de ee Blatt fügt noch Folgendes nach Privat Nachrichten hinzu: ö . „Aus Verona vom 2asten soll heute, früh ein Gonier eingetroffen sein,

tadt Mailand durch den F. M. Radetzky

welcher die Wiederbesetzung der th ; . bestätigt. Nach einem ungeheuren Blutbade, nachdem zwei Straßen, aus

welchen auf die Truppen siedendes Nel, und Pech gegöossen worden war, in

hossen, sollen die Mailänder flehentlich ihre Unterwerfung e , , . Die aus dem Piemontesischen zahlreich eingedrungenen Freischaaren waren von dem Lten und 10ten Jäger Bataillon unter dem Dbersten Kopal und Weiß nach einem erbitterten Kampfe zurückgetrieben worden. In Folge dessen war auch Mantua noch in der Gewalt der öster⸗ reichischen Truppen, obwohl in Belagerungszustand erklärt. J. M. Radetzky war auf Verona im Anmarsch. Daselbst war auch der Herzog von Modena flüchtig aus seinem Lande angekommen. Der Herzog von Parma war in seiner Residenz belagert; man fürchtete für sein Leben. Fürst Karl Schwarzen

berg hatte sich von Brescia nach Mailand in Bewegung gesetzt. In Ve— nedig sollen sich bereits zwei Parteien feindlich gegenüberstehen. Das Fort Marghera (welches die Eisenbahnbrücken bestreicht) war noch im Besitze einer Abtheilung des Regiments Kinsko, welches den Grafen Zichy des

Verrathes beschuldigte, und schwor, sich eher in die Luft zu sprengen, als

sich den Venetianern zu ergeben. Indessen sammelie der General Viktor zur Wiederbewältigung Venedigs bei Görz ein Armee Corps, zu dem na— mentlich aus Klagenfurt und Laibach Truppen -Abtheilungen stoßen sollten. Mit diesem sollte zunächst Udine wiedergenommen, die Communication mit Padua wiederhergestellt und sohin gegen Venedig operirt werden. In Triest waren zwei Schiffe der österreichischen Marine eingetroffen, welche aus Ve— nedig entkommen waren.“

Die Unruhen in Kärnthen sollen daraus entstanden sein, daß mit einer Präsidial⸗Verordnung des dortigen Guberniums vom 20sten d. M. die Publication des Patents vom 15. März und überhaupt jede Veröffentlichung politischer Nachrichten aus Wien untersagt wor den war, während Privatbriefe die Kunde davon schon an den frü— heren Tagen durchs ganze Land verbreitet hatten.

Üußland und Polen. St. Petersburg, 25. März. Unterm 12. d. M. ist fol⸗

gender, von Sr. Majestät dem Kaiser eigenhändig unterzeichneter Ukas an den Chef des General⸗Stabes der Marine ergangen:

„Indem Wir für nöthig erachten, die auf unbestimmte Zeit entlassenen, bei der Marine dienenden Gemeinen, mit Ausnahme derer, die sich in den Gouvernements: Pensa, Simbirsk, Wiatka, Minsk, Grodno, Wilna, Kauen und Kurland, in den Kriegshäfen: Nikolajew, Sebastopol, in den Do nauhäfen und in Astrachan, so wie in den diesen Häfen zugeschriebenen Gouvernements, aufhalten, zum Dienste einzuberufen, befehlen Wir: 1) Die Zusammenziehung dieser Gemeinen ist sogleich nach dem Eingange dieses Unseres Ukases in den Kreisen zu beginnen und bis zum 13. April d. J. zu beenden. 2) Ihre Abfertigung nach den Kriegshäfen, in denen sie an geschrieben sind, ist genau nach den Vorschriften der von Uns am 3. Aug. 1836 bestätigten Verordnung über die Entlassung der Gemeinen der Ma rine auf unbestimmten Urlaub zu bewerkstelligen, und 3) über die Verthei— lung der gegenwärtig zum Dienste einberufenen, auf unbestimmten Ur laub entlassenen Gemeinen wird von Uns ein besonderer Befehl erlassen werden.“

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Paris, 27. März. Mit Hinsicht auf die beschlossene Verta— gung der Wahlen der National-Garde bis zum 5. April, so wie auf die Berichte der Departemental-Kommission und das Gutachten des Maire's von Paris hat die provisorische Regierung in Betracht, daß es materiell unmöglich sei, an dem ursprünglich für die allgemeinen Wahlen bestimmten Termine festzuhalten, die Wahlen der Volks-Re präsentanten mittelst eines von gestern datirten Dekrets auf den 23. April und die Zusammenkunft der National-Versammlung auf den 1. Mai vertagt.

Marschall Bugeaud hat die ihm in seinem Departement von vie— len Wählern angetragene Kandidatur für die National-Versammlung abgelehnt, zugleich aber erklärt, daß man ihn im Falle eines Krieges bereit sinden werde, dem Vaterlande seine langjährige Waffen Erfaͤh = rung und den Rest seiner Kräfte zu widmen.

In mehreren Gemeinden hatten die Bürger den Wunsch kund— gegeben, Volksversammlungen in den Kirchen abzuhalten. Der Unter— richts Minister hat jedoch in einem Rundschreiben an die Regierungs⸗ Kommissare erklärt, daß die Kirchen unter keinem Vorwande zu ande— ren Zwecken, als zur Gottesverehrung, benutzt werden dürfen. Die Behörden sind angewiesen, jede anderweitige Verwendung der Kirchen zu verhindern.

Die Kommission für Ueberwachung der Tilgungs- und der De— pots und Consignations-Kasse ist aufgehoben und dem Finanz⸗Mi— nister diese Aufsicht übertragen.

Die provisorische Regierung hat verfügt, daß die Billets der Banken von Lyon, Rouen, Bordeanx, Nantes, Lille, Mar— seille, Havre, Toulouse und Orleans von den öffentlichen Kassen und den Privaten in dem ganzen Bereiche des Departements, wo jede dieser Banken ihren Sitz hat, als gesetzliches Geld angenom⸗— men werden müssen. Bis auf neuen Befehl sind alle diese Banken von der Verpflichtung enibunden, ihre Noten gegen baares Geld ein⸗ zulösen. Die Noten-Ausgebung einer jeden dieser Banken darf die in Zahlen angegebenen Gränzen nicht überschreiten. Um den Umlauf zu erleichtern, sind die Departemental-Banken ermächtigt, Noten von 100 Fr. auszugeben. Eben so sind sie ausnahmsweise ermächtigt, zu Gunsten des National-Diskonto-Comtoirs die Platzwechsel zuzu lassen, welche ihnen durch diese Comtoirs zugestellt werden. Die Departemental-Banken müssen wöchentlich zweimal einen Bericht über ihre Lage an die Minister der Finanzen und des Handels einsenden.

Im Luxembourg wurde gestern unter L. Blanc's Vorsitze eine Versammlung von Arbeitern der mechanischen Werkstätten von De rosne und Cail abgehalten. Im Beisein des Herrn Cail wurde über das zur sofortigen Wiederaufnahme der Arbeiten provisorisch anzu— nehmende System, so wie über ein desinitiv festzustellendes System, weitläufig berathen. Nachdem die Frage aus allen Gesichtspunkten erörtert worden war, genehmigte die Versammlung einmüthig ein provisorisches Arbeitssystem, nach welchem sämmtliche Arbeiter der Werkstätten von Derosne und Cail einen Verein bilden, der vorläusig auf den Grundsatz begründet ist, daß die Arbeit, wenn sie etwa zur vollständigen Beschäftigung aller Leute nicht ausreicht, in der Weise vertheilt werden soll, daß keiner von ihnen arbeits- und brodlos wird. Später setzte Herr L. Blanc auf dem Quai Billy einer Versamm— lung von 15090 Arbeitern mechanischer Gewerbe die Vortheile der auf Brüderlichkeit gestützten Vereinigung unter lautem Beifalle aus ein ander. Er, wurde am Schlusse seiner Rede von den Arbeitern auf den Armen in seine Kutsche getragen.

Herr Barbes ist, wie der heutige Moniteur erklärt, durch sei— nen Gesundheitszustand verhindert, die Functionen eines Gouverneurs des Palastes Luxembourg anzunehmen.

Zu Bordeaur ist die durch Latrade's Auftreten bedrohte Ord nung nicht gestört worden, weil die National- Garde am 2gsten in Thätigkeit war und jedem Ruhestörungs-Versuche vorbeugte. Der unbeliebte Regierungs-Kommissar zu Perpignan hat diese Stadt ver— lassen und über die peinliche Stellung, in welche ihn sein Beruf ver⸗ setzt hat, an die Regierung berichtet.

Herr Prevost, Kammerdiener Ludwig Philipp's, hatte im Namen seines Herrn die Leinwand und die Kleidungsstücke der geflüchteten Königlichen Familie reklamirt. Der Befehlshaber der Tuilerieen er hielt sofort die Weisung, alle nicht bei dem Eindringen ins Schloß vernichteten Gegenstände dieser Art Herrn Prevost zuzustellen. Das sämmtliche auf diese Weise zusammengebrachte Gepäck ist bereits mit der Eisenbahn nach London abgeschickt worden.

Alexander Dumas ist Journalist geworden. Er ist Hauptbe—

gründer des seit kurzem hier erscheinenden Journals „Liberté“. Er bekennt sich heute zum Mitarbeiter an diesem Blatte und legt in demselben ein ausführliches politisches Glaubensbelenntniß ab, worin er hervorhebt, daß er seit 1831 kein Amt bekleidet und keine Pen— sion irgend einer Art von der Regierung bezogen habe. 3 fangt hier aun, noch mehrere Freiheitsbäume aufzurichten. rhei ale em Marsfelde ist bereits die feierliche Aufrichtung dieser h deits - Symbole im Garten des Luxembourg und auf dem Stadt— hausplatze gefolgt. !

Der Jakobiner-Klub wurde vorgestern durch den Bürger Buchoz

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Hilton eröffnet, der mit der rothen Mütze auf der Rednerbühne er⸗ schien. Die Anwesenden zischten schon beim Anblide dieser Tracht und noch weit stärker bei den ersten Worten des Redners, der sich durch eine Hinterthür flüchten mußte.

Da alle Wechsel, welche den Diekontobanken präsentirt werden, um Geld darauf zu erhalten, zwei Unterschriften tragen müssen, und da es den meisten kleinen Geschäftsleuten und Landwirthen schwer fällt, die zweite Unterschrift zu erlangen, so hat die Regierung ver— fügt, daß in jeder Stadt, wo eine Tiskontobank ist, auch eine Ga⸗ rantiebank errichtet werden soll, um zwischen der Diskontobank und den Geschäftsleuten zum Vermittler zu dienen. Das Kapital der Garantiebanken soll durch Actienvereine aufgebracht werden und in keinem Falle unter 100,009 Fr. betragen; ihr Geschäft ist, für kleine Kaufleute 2c. den Diskonto ihrer Wechsel, gegen genügende Sicher— heit in Waaren oder sonstigen Werthen, zu besorgen. ö

Fast alle Mitglieder der französischen Regierung, auch Hierony⸗ mus Bonaparte und sein Sohn, wohnten vorgestern Abend im Thea⸗ tre frangais oder, wie es jetzt genannt wird, im Theater der Republik der ersten Aufführung der aus dem Odeon übergesiedelten Ponsard schen Tragödie „Lucretia“ bei, welche diesmal mit allen frühßer von der Censur ausgemerzten Stellen gegeben wurde. Nach dem Schlusse des Stückes sang die Darstellerin der Titelrolle, Dlle. Rachel, unter stürmischem Beifalle des Publikums die Marseillaise. -

Im Invalidenhotel kam es dieser Tage zu einer kleinen Emeute, die von Zänkern und Trunkenbolden ausging, welche gegen die Vor gesetzten lärmend sich erhoben und den Kommandanten, General Petit, nöthigten, sich einstweilen nach dem Stabs-Lokale der Natio— nal-Garde zu flüchten. Die Ordnung wurde jedoch schnell hergestellt und Petit durch Arago und General Courtais in Begleitung vieler National-Gardisten nach dem Hotel zurückgeführt. Gegen die Ruhe störer ist bereits die Untersuchung im Gange.

Gestern verließen etwa 306 Leute des Ingenieurs Gaveau ihre Arbeit und forderten von ihm, daß er ein Gesuch an die Regierung um Verkürzung der täglichen Arbeitszeit auf 9 Stunden unterzeich— nen soll. Da ihr Auftreten beunruhigend wurde, so trat Capitain Zegler unter sie und bat sie, die Regierung nicht zur Anwendung von Zwangsmaßregeln zu nöthigen, worauf sie friedlich auseinander— gingen.

Bei einem Uhrmacher⸗-Gehülfen hat man mehrere Pretiosen des Herzogs von Nemours weggenommen, welche der Prinz demselben übergeben hatte, als er am 24. Februar Nachmittags bei seiner Flucht aus dem Deputirtensaale die Uniform mit ihm wechselte, um sicherer zu entkomnien. Der Uhrmacher⸗Gehülfe hat erklärt, er habe die Gegenstände nicht behalten, sondern sie dem Herzoge über— senden wollen.

Der Artillerie Kommandant zu Toulon hat die nach Livorno be— stimmten 6000 Flinten vorläufig nicht abgehen lassen. Man hofft, daß fortan keine Waffensendung ins Ausland gestattet wird, da die Nationalgarden bedeutender Orte noch der Waffen entbehren.

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Brüssel, 28. März. Der König hat dem Korporal Wachel, der dem Staate seine Ersparnisse als Barlehn angeboten hat, eine goldene Uhr zukommen lassen. .

Das Diskonto⸗Comtoir ist errichtet und wird am 28ssten d. seine Operationen anfangen.

Die Independance belge berichtet über die Gefangenneh— mung der republikanischen belgischen Legion: „Diese Legion, welche Belgien erobern sollte, um hier eine väterliche Regierung zu begrün— den, ist in diesem Augenblick ihrer gänzlichen Auflösung nahe. Die Ankunft dieser Eroberer war für den 24sten angekündigt und an der Gränze sämmtliche Maßregeln getroffen worden, um sie würdig zu empfangen. In der Nacht und am Morgen des 24sten kamen drei Züge mit Arbeitern an, welche sich für Belgier ausgaben. Man hat die Zahl derselben auf 2009 angeschlagen; wir vernehmen aber, daß nur 900 angekommen. Eine Kolonne Infanterie und eine Schwadron Kavallerie erwarteten sie an der Station. Der Anblick bestürzte die Führer außerordentlich, welche glaubten, zum Vortheile der väterlichen Regierung das wahre Elend der Arbeiter ausbeuten zu können. Sie stürzten sich von den Waggons herunter, um in aller Eile nach der fran— zösischen Gränze zurückzufliehen. Einige Fremden waren unter den Arbeitern zurückgeblieben. Diejenigen, welche ihre Papiere nicht in Ordnung hatten, winden in sicheren Verwahrsam gebracht. Die bel gischen Arbeiter sind nach Vorzeigung ihrer Pässe nach ihren respek— tiven Gemeinden befördert worden. Es wurde Jedem eine Marsch— route und das nöthige Geld für die dringendsten Bedürfnisse zuge stellt. Viele haben den Wunsch geäußert, in der Armee Tienst zu nehmen. Die Haltung der belgischen Bevölkerung war vortrefflich. Die Gränzgemeinden haben mit patriotischer Ergebenheit sich im Dienste der Ordnung gestellt. Cie Nachricht von der Ankunft der belgischen Legion war den belgischen Behörden durch den General— Kommissär der provisorischen Regierung für das Nord-Departement, Herrn Delecuse, mitgetheilt worden, unter der Versicherung, daß die französische Regierung das gute Einverständniß mit Belgien aufrich— tig wünsche.“

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Aus der Schweiz, 22. März. (O. P. A. 3.) Man schreibt von Bern, es scheine sich in dem benachbarten Mühlhausen eine große Krisis vorzubcreiten, da dort und in der Umgegend über 10,0609 Fabrikarbeiter abgedankt worden seien, theils weil es an Ar beit, theils an Geld bei den Fabrikanten fehle, um den Arbeitern die Löhnung zu bezahlen. Eine große Anzahl Fabrikarbeiter haben in diesem Augenblick noch Arbeit, allein lange kann es nicht mehr dauern. Die Geschäfte im ganzen Lande machen sich nur gegen baa⸗ res Geld, so daß die Fabrikbesitzer alle Rohstoffe zur Fabrication, so wie die Arbeitslöhne, baar bezahlen müssen. Ein rühmliches Werk sollen die basler Kapitalisten auszuführen gesonnen sein, nämlich die Mittel und Wege zu suchen, um den mühlhäuser Fabrikanten aus ihrer Noth zu helfen. Es versteht sich, daß nur unter gehöriger Garantie diese Hülfe zu finden sein wird.

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Turin, 23. März. (Schwäb. Merk.) Die Gazzetta Piemontese enthält folgende Proclamation des Königs an die Völker der Lombardei und Venedigs: :

„Die Geschicke Italiens reifen, glücklicheres Geschick lächelt den furcht⸗ losen Vertheidigern niedergetretener Nechte. Aus verwandtschaftlicher Liebe, aus Einsicht in die Zeit, kraft der Gemeinsamkeit des Willens gesellen Wir Uns zuerst der einmüthigen Bewunderung bei, welche Euch Italien zollt. Völker der Lombardei üͤnd Venedigs! Unsere Streitkräfte, die sich an Eurer Gränze zusammengezogen, als Ihr der Befreiung des ruhm— vollen Mailands zuvorkamt, werden Euch weitere Beweise geben von der Hülfe, welche der Bruder vom Bruder, der Freund vom Freunde er⸗— wartet. Wir werden Eure gerechten Wünsche unterstützen, vertrauend auf die Hülfe des Gottes, der sichtbar mit uns ist, des Gottes, der Italien mit Pius 1X. beschenkt hat. Und um so besser mit äußeren Kennzeichen die Gesinnung italienischer Einigkeit darzuthun, wollen Wir, daß Unsere Truppen beim Einrücken in das Lombardisch-Venetianische den savopischen Schild auf der dreifarbigen italienischen Fahne tragen sollen. Carlo Alberto.“

Hand in Hand mit dieser Proclamation gehen die folgenden Maßregeln. Die zwei übrigen Klassen des aktiven Heeres sind ein⸗ berufen. Die Regimenter der verschiedenen Waffengattungen mar⸗ schiren sofort an die Gränze. Die Pferdebesitzer werden zu Schen⸗ kung von Pferden für das Heer aufgefordert. Die Reserve hat sich für das erste Aufgebot bereit zu halten. Ein freiwilliges National- Anleihen zu 5 pEt. ist eröffnet; die Namen der Darleiher werden in den Zeitungen bekannt gemacht.

8 pan ien.

Madrid, 20. März. (D. A. 3.) Der englische Gesandte, Herr Bulwer, hat eine Note seiner Regierung übergeben, worin er klärt wird, daß sie bei ihrem Protest gegen die Folgen der Vermäh⸗ lung des Herzogs von Montpensier auch nach den neuesten Vorgängen in Frankreich verharre. Herr Bulwer wollte in den nächsten Tagen eine Urlaubsreise nach Paris antreten.

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Als am Nachmittage des 19. März, in einem wahrlich sehr kri⸗ tischen Augenblicke, Tausende vor dem Königlichen Schlosse Bürger⸗ bewaffnung begehrten und solche der entsandten Deputation durch Se. Majestät den König bewilligt worden war, wurde ich durch Ac— clamation der Versammelten aufgefordert, mich an die Spitze zu stel⸗ len, um die Bürgerwehr so schleunig als möglich ins Leben zu rufen.

Trotz meiner Entgegnung, daß die Bildung dieses Bürger-In⸗ stitutes den städtischen Behörden gebühre, beharrte man dabei, daß ich die Sache leiten solle, und da es darauf ankam, zu handeln, und zwar sogleich zu handeln, so trat ich mit dem durch Ac⸗ clamation ernannten Beirath zusammen, und es erschien eine Stunde später die diesfällige öffentliche Bekanntmachung, und um 6 Uhr Abends bezog die erste bewaffnete Abtheilung der Bürger die Wache auf dem Schlosse.

Da ich weder das Recht noch die Absicht hatte, durch definitive Bestimmungen die dereinstige vollständige Organisation der Bürger⸗ wehr zu erschweren, es vielmehr der Nationalvertretung und dem⸗ nächst den städtischen Behörden vorbehalten bleiben mußte, über den Zweck und Umfang des Instituts, über die Berechtigung und Ver⸗ pflichtung zur Theilnahme, über die Art und Dauer der Dienstzeit, über die Wahlen, die Kosten ꝛc. organische Bestimmungen zu erlassen, so konnte ich mich nur darauf beschränken, provisorisch die militairi⸗ sche Organisirung der Bürgerwehr, unter dem Beirath des Stabes, in welchem Mitglieder des Magistrats, der Stadtverordneten und Männer von Fach und Eifahrung befindlich sind, schleunigst durchzu⸗ führen.

Es wurden hiernach die Vorsteher der drei Stadt⸗Bezirke er⸗ mächtigt, bei den freiwilligen Anmeldungen Waffen an unbescholtene Bürger und Schutzverwandie zu vertheilen; die bewaffneten Bürger und Schutzverwandten wählten ihre Rottenführer und Hauptleute, die Hauptleute, unter Voraussetzung der Verständigung mit ihren Bezir⸗ ken, die Majors und den Commandeur. . ö

Daß hierin für Berlin keine Beschränkung liegen sollte, dürfte daraus hervorgehen, daß, so weit mir bekannt, sowohl in Frankreich in der Rational-Garde, als in Baden in der Bürgerwehr die Ma— jors und der Commandeur nicht von den Bürgern gewählt, sondern von der Regierung ernannt werden.

Die Wahl des Commandeurs ist einstimmig auf mich gefallen. Wiewohl ich diese Auszeichnung als einen ehrenden Beweis von Ver⸗ trauen dankbar anerkannte, glaubte ich dennoch, dieselbe ablehnen zu müssen, theils, weil ich der Ansicht war, daß einem erfahreneren Manne von Fach die militairische Organisation der Bürgerwehr mit besserem Erfolge zu überlassen sei, theils, weil die mir obliegenden Be⸗ rufspflichten, bei der bestehenden nothwendigen Reorganisation der Polizeiy verwaltung * z verfel aft erscheinen ließen, ob ich daneben den An forderungen dieses Ehrenamtes vollständig zu entsprechen im Stande sein würde.

Nur auf dringendes Zureden habe ich die Stelle als Comman—⸗ deur bis zur Beendigung der provisorischen Bildung der Bürgerwehr angenommen.

Um einen Ueberblick des Instituts, wie sich solches in den ersten sechs Tagen provisorisch gestaltet hatte, zu gewähren, habe ich „die provisorischen Anordnungen für die Bildung der Bürgerwehr“ in einigen Tausend Exemplaren abdrucken und vertheilen lassen; und ich habe darin die oben erwähnten wichtigen Bestimmungen weder speziell aufnehmen können, noch dürfen, mich vielmehr auf ganz all— gemeine Andeutungen beschränken zu müssen geglaubt, um der der⸗ einstigen definitiven Organisation nicht vorzugreifen.

Ich gestehe gern zu, daß jene Zusammenstellung eine mangel⸗ hafte ist, daß darin Manches aufgenommen, was füglich hätte fort— bleiben oder anders gefaßt werden können; es liegt dies aber in der Eile, mit welcher die Sache betrieben werden mußte, und in dem Mangel vorliegender Erfahrungen.

Dies habe ich zur Aufklärung und zur nachsichtigen Würdigung des Sachverhältniss's auszusprechen mich verpflichtet gefühlt. Wenn mir aber in Nr. 77 der Zeitungshalle ein Conat zur Reaction zum Vorwurf gemacht wird, so muß ich es denjenigen, die mich her kennen und die mich durch ihre Wahl zur Bildung der Bürger wehr ausgezeichnet haben, zu beurtheilen überlassen, ob ich fähig sein konnte, diesen ehrenvollen Auftrag mit der Absicht der Reaction zu übernehmen.

Berlin, den 31. März 1848.

Der mit der Führung der Bürgerwehr beauftragte Polizei- Präsident. von Minutoli.

Bekanntmachung. ö

An Geldbeiträgen für die Nothleidenden in Ober⸗-Schlesien sind ferner bei mir eingegangen: 69) G. OS. F. N. v. T. in L Ird'or. 5 Rthlr. 20 Sgr. und 76) durch Frau Professorin Remy als Erlös aus dem Verkanfe von Damen- Arbeiten für die verwaisten Kinder der Kreise Rybnik und Pleß 70 Rthlr., zusaͤmmen 75 Rthlr. 20 Sgr. Dazu die Einnahme von Nr. 1 bis inkl. Nr. 68 mit 495 Rthlr. 15, Sgr. 11 Pf., ergiebt eine Gesammt- Einnahme von 571 Rthlr. 5 Sgr. 11 Pf. Abgeführt hiervon an das breslauer Comit⸗ zur Abhülfe des Hothstandes in Sber Schlesien sind bereits früher 400 Rthlr. und heute 171 Rthlr. 5 Sgr. 11 Pf., zusammen wie vor

571 Rthlr. 5 Sgr. 11 Pf. Berlin, den 30. März 1818. von Jordan.

Rönigliche Schauspiele.

Sonnabend, 1. April. Im Schauspielhause. 506ste Abonne⸗ ments? Vorstellung: Der alte Magister, Schauspiel in 3 Akten, von Bencdir. Hierauf: Der Weg durchs Fenster, Lustspiel in Akt, nach Scribe, von W. Friedrich.

Sonntag, 2. April. Im Opernhause. 42ste Abonnements Vor⸗ stellung: Der Maurer, Oper in 3 Abth. Musik von Auber. An⸗ fang halb 7 Uhr.

Zu dieser Vorstellung werden Billets zu folgenden Preisen verkauft: