1848 / 95 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Abgeorbn. Milde: Wir werden uns keinesweges von der Schick⸗ lichkeit entfernen, noch die Würde der Versammlung aus den Augen setzen, wenn wir uns heut einigen, eine Kommission zu erwählen, bie, wie bereits angedeutet ist, die Gefühle und die Gesinnungen der hohen Versammlung in einen Adreß =- Entwurf aufnimmt und sofort hierber zurückkehrt, um uns einen solchen vorzulegen. Wir leben in einer sehr ernsten Zeit, müssen die Augenblicke nützen und handeln, damit wir, nachdem wir die Regierung und ihr System unter⸗ stützt haben, wir möglichst schnell wieder heimkehren können.

In so mächtig bewegten Zeitabschnitten, meine Herren, ist es die Pflicht eines jeden guten Bürgers, Seiner Majestät Gouverne⸗ ment zu kräftigen, und so weit es an uns ist, lassen Sie es uns thun. Ich bin aber auch der Ueberzeugung, daß wir dieses Ziel am sichersten nur dann erlangen werden, wenn wir mit größter Eile und Entschiedenheit zu Werke gehen. Wir wissen, daß in einzelnen Ge⸗ genden, namentlich in der Provinz, der ich angehöre, die bedauer⸗ lichsten Unruhen stattgefunden, ja beinahe Anarchie herrscht, und um deshalb müssen wir trachten, sobald wie immer thunlich, heimʒu kehren, um als Boten des Friedens sagen zu können, daß von Seiten der Regierung Alles geschehen wird, um die neuen Zu⸗ stände sobald als möglich ins Leben und zwar so treten zu lassen, daß die Interessen des Handels, der Gewerbe, der bürgerlichen und gefetzlichen Ordnung gewahrt und gekräftigt wender sollen. Ich schließe mich daher dem Antrage des Antragsstellers an und bitte, alsbald eine Kommission zu ernennen.

(Bravo!)

Abgeordn. von meding: Um den wenigen Worten, die ich der hohen Bersammlung zu sagen habe, bei Ihnen Eingang zu ver schaffen, kann ich nicht umhin, von meinen persönlichen Verhältnissen auszugehen. Es ist bekannt, daß ich mit meinen persönlichen An sichten von denen abgewichen bin, die diejenigen der Mehrheit der Versammlung waren. Ich bin bisher der Ansicht gewesen, daß im Wesentlichen ein genügendes Maß von Freiheit schon in den bishe⸗ rigen Zuständen des preußischen Staates gegeben war, und daß dies vielleicht nur einer geringen Ausdehnung bedürfte. Ich habe mich überzeugt, daß ich mit diesen meinen Ansichten von denen der großen Masbrität der Nation abgewichen bin, und daß eine ungeheure Ma⸗ sorität der Nation eine größere Ausdehnung der Freiheiten verlangt hat, als bisher in unserer Verfassung gegeben war, Nachdem ich diese Ueberzeugung gewonnen habe, und nachdem sich Se. Majestãät der König über das, was er dem Lande zu gewähren Willens ist, auf das unzweifelhafteste ausgesprochen hat, unterwerfe ich meine abweichenden persönlichen Ansichten dem, was ich als den Willen des Königs und des Landes anerkenne. Ich hänge daher für meine Person dem constitutionellen System freimüthig und offen an und werbe dies thun, so lange Se. Majestät der König und das Vaterland es angemessen findet, sich meiner Vienste zu bedienen, und auch dann, wenn ich künftig in dem Fall sein sollte, allein von beschränkten Privat⸗ verhältnissen as zu handeln. Wenn man aber darüber verschiedener Meinung sein kann, welches Maß von Freiheit dem Lande nothwendig war, so werden Alle doch darüber einig sein, daß das größere Maß der Freiheit zunächst immer auf Kosten der Autorität erworben wird. Es kann die Autorität sich in der Freiheit wieder herstellen; für den Augenblick aber ist ein Erschüttern derselben unvermeidlich, das wissen wir Alle aus eigener Erfahrung. Ohne eine starke Autorität ist aber auch keine Freiheit möglich. Ich glaube daher, daß es die heiligste Pflicht der Versammlung ist, alles in ihren Kräften Stehende anzu⸗ wenden, um die Autorität des Gouvernements möglichst schnell herzu⸗ stellen; das kann aber nur geschehen durch rasche und energische Schritte und nur auf dem Wege, daß die Versammlung mit dem ihr beiwoh— nenden moralischen Gewicht das Gouvernement unterstützt. Darum bin ich der Ueberzeugung, daß die hohe Versammlung keinen Augen⸗ blick zu verlieren hat, die Erklärung ihrer Ansicht zu geben. Ich halte es nicht für Uebereilung, noch für unschicklich, wenn jetzt gleich die Adresse berathen wird, um so mehr, da man in einer zahlreichen Ver⸗ sammlung, die bei weitem aus dem größten Theil der Mitglieder be stand, sich schon über die Grundlage dieser Adresse vereinigt hat; ich trete daher dem Antrage des Fürsten Lichnowsky bei und stimme dafür,

daß noch heute die Adresse berathen werde.

Abgeordn. Dittrich: Ich bin der Meinung, daß wir die köst— liche Zeit benutzen, nicht zaudern und uns nicht an alte Formen hal⸗ ten, da wir in der Sache vorwärts müssen, da jeder Tag etwas Neues bringen kann und wir nur dadurch unsere Sendung als Friedensboten erfüllen können, wenn wir keinen Augenblick versäumen, um für das allgemeine Wohl durch Friedensstiftung zu wirken.

Marschall: Der nächste Redner hat auf das Wort verzichtet. Außerdem wünscht man abzustimmen. Wir kommen also zur Abstim⸗ mung darüber, ob die Versammlung der Meinung sei, daß die Kom- misslon sich alsbald mit dem Gegenstande beschäftige und, nachdem die Sitzung kurze Zeit ausgesetzt sein wird, den Entwurf einer Adresse vorlege. Die das beantragen, werden es durch das Zeichen des Aufstehens zu erkennen geben.

Man ist dem fast einstimmig beigetreten. Von einem der Redner, die bis jetzt gesprochen haben, ist erwähnt worden, daß die Versamm— lung alsbald zur Wahl der Kommission schreiten möge. Der Abge— ordnete Milde machte diese Bemerkung. Mir liegt nun in Wahrheit nichts entfernter, als auf diejenige Befugniß insbesondere zurückzu kommen, die mir durch das Gesetz, welches bisher bestanden hat und in diesem Augenblicke besteht, zuerkannt ist, nämlich: die Kommission zu ernennen. Wenn es wirklich die Meinung des Abgeordneten Milde war, und wenn die Versammlung derselben Ansicht ist, so würde es an mir sein, den Herrn Landtags⸗-Kommissarius zu befragen, ob er die Ermächtigung gebe, in diesem Augenblicke in der ange⸗ deuteten Weise von der Geschäftsordnung abzuweichen, in welchem Falle ich nichts dagegen zu erinnern habe.

Abgeordn. Milde: Ich nehme meinen Antrag zurück und bitte, daß Ew. Durchlaucht nach dem Reglement verfahren möge.

Marschall: Ich würde also die Mitglieder zu bezeichnen haben, welche ich ersuche, der Kommission zur Entwerfung einer Adresse an Seine Majestät den König beizutreten. Diese Müglieder sind:

Abgeordn. von Beckerath, = Fürst Lichnowsky, = Grabow,

1 von Vincke,

Graf Dyhrn, von Bardeleben, Mewissen, Kühlewetter, Graf Helldorff, von Potworowski,

und . von Hagenow.

Diese werden ersucht, dies Geschäft vorzunehmen, während dessen die Sitzung ausgesetzt bleibt.

Abgeordn. von Vincke: Die Abtheilung, welche Ew. Durchlaucht zur Berathung des Adreß⸗-Entwurfs ernannt haben, und welche mir die Ehre erzeigt hat, mich zum Vorsitzenden zu erwählen, hat sich angelegentlichst mit ihrer Aufgabe beschäftigt, und ich erlaube mir, im Namen der Abtheilung zu erklären, daß wir alle einstimmig einen Entwurf angenommen und den Herrn Abgeordneten von Beckerath zum Referenten erwählt haben dem, wir auch die Fassung desselben

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verdanken. Wenn Ew. Durchlaucht bestimmen wollen, daß der Herr Referent den Vortrag halte, so dürfen wir vielleicht hoffen, den In⸗ halt des Entwurfes auch möglichst einstimmig von der hohen Ver⸗ sammlung angenommen zu sehen. ö

Abgeordn. von Beckerath: Meine Herren! Der Adreß-Ent⸗ wurf, welchen ich die Ehre habe, Ihnen im Namen der Kommission vorzulegen, lautet wie folgt:

Ew. Königliche Majestät haben uns in einem Augenblick um Sich versammelt, in welchem das deutsche Volk, lange durch Zer⸗ splitterung und unfreie Zustände gehemmt, sich urkräftig zur Einheit und Freiheit erhebt. Alle Stämme reichen sich die Bruderhand und auch Preußen begehrt nichts Größeres, als ein lebensvolles Glied zu fein des ehrwürdigen Ganzen. Lebensvoll macht nur die Freiheit; sie ist dem gesammten deutschen Vaterlande verbürgt kurch die sich bildende Volksvertretung beim Bunde; sie ist Preußen verbürgt durch die Institutionen, welche Ew. Masjestät als Grund⸗ lagen der preußischen Verfassung zugesichert haben, und es durchdringt uns, die wir zum letztenmal versammelt sind, das erhebende Bewußt⸗ sein, daß künftig eine wirkliche Repräsentation des Volkes über die Geschicke des Vaterlandes wachen wird.

Noch aber sind wir das gesetzmäßige Organ des Landes und haben in' dieser Eigenschaft Pflichten zu erfüllen. Ew. Majestät ha⸗ ben in dem Patenk vom 18. März d. J. in dem Aufruf vom 2lsten und in den Erlassen vom 22sten und 28sten desselben Monats die Zusicherung ertheilt, der Repräsentation des Volkes Gesetz⸗ Entwürfe vorlegen zu lassen über

Freiheit der Presse,

Sicherstellung der persönlichen Freiheit,

Freies Vereinigungs und Versammlungs-Recht,

Unabhängigkeit des Richterstandes,

Aufhebung des eximirten Gerichtsstandes, der Patrimonialgerichts⸗ barkeit und der Dominialpolizeigewalt,

Oeffentliche und mündliche Rechtspflege, mit Schwurgerichten in Strafsachen und insbesondere für alle politischen und Preß⸗ Vergehen,

Gleiche politische und bürgerliche Rechte für alle religiöse Glau⸗ bensbekenntnisse,

Allgemeine Bürgerwehr⸗-Verfassung mit freier Wahl der Führer,

Ein' volksthümliches, auf Urwahlen gegründetes, alle Interessen des Volkes vertretendes Wahlgesetz,

Beschließende Mitwirkung der Volksvertretung in der gesammten Gesetzgebung und im Staats-Haushalt mit einfacher Majo—⸗ rität,

Verantwortlichkeit der Minister,

Vereidigung des Heeres auf die Verfassung.

Ew. Majestät haben ferner die Mitwirkung Preußens zur Um⸗ wandlung des deutschen Staatenbundes in einen Bundesstaat mit wahrhafter Volksvertretung beim Bunde zugesichert. .

Indem wir diese Zusicherungen hiermit dankbar annehmen, indem wir anerkennen, daß die constitutionelle Monarchie auf, der breitesten Grundlage von nun an die Staatsform Preußens sein wird, steht uns nicht nur unser verfassungsmäßiger Beruf, sondern auch, deß sind wir gewiß, der Wille des Volkes zur Seite. Das Volk will, indem es sich zur Freiheit erhebt, nicht brechen mit seiner Geschichte, es ehrt das Königthum, unter welchem Preußen groß geworden ist, es sieht in der constitutionellen Monarchie die sicherste Gewähr der Frei⸗ heit, der öffentlichen Wohlfahrt, der Einheit Preußens; es betrachtet sie als nothwendig für die innige Verbindung mit den anderen deut⸗ schen Bundesstaaten; es erkennt, daß nur unter diesem Banner Deutschland einig dastehen und bei hereinbrechenden Gefahren sein nationales Dasein und die edle Errungenschaft deutschen Lebens sieg⸗ reich vertheidigen kann.

Deutschland, fest entschlossen, seine eigene Nationalität nach allen Seiten hin zu wahren, will Gerechtigkeit für Alle. Wir begrüßen daher freudig den Erlaß Ew. Majestät, welcher, dem Groß herzogthum Posen eine nationale Reorganisation verheißt.

Ew. Majestät haben in einem verhängnißvollen Augenblick einen segensreichen Entschluß gefaßt; es sind Männer in den höchsten Rath ber Krone berufen worden, die das Vertrauen des Landes besitzen. Das volksthümliche Wirken der also gekräftigten Staatsgewalt wird das Gefühl der Einheit zwischen der Nation und ihrem Fürsten kräftigen, das Vertrauen in Handel und Gewerbe neu beleben; die Regierung wird der Lage der arbeitenden und gewerbtreibenden Klassen in Stadt und Land eine erhöhte Fürsorge widmen und zugleich auf gesetz⸗ lichem Wege dem in manchen Landestheilen eingetretenen gesetzwi⸗ drigen Zustande ein Ende machen.

Jeder Zwiespalt im Lande schwindet; Volk und Heer sind nicht zweiellei, auf beiden Seiten schlagen Heidenherzen, und die heilige Liebe zum Vaterlande verschmilzt sie zu einem ünzertrennlichen Ganzen.

Ew. Majestät Regierung kann im ihren Bestrebungen, unter den Schwankungen unserer öffentlichen Zuͤstände Srdnung und Gesetz zu handhaben, auf die kräftigste Unterstützung aller guten Bürger rech⸗ nen, denn alle erkennen, daß nur Achtung gegen das Gesetz das Va⸗ terland vor der Zerrüttung bewahren und die neu aufgegangene Blüthe der Freiheit zur schönen Frucht entwickeln kann.

Indem wir uns unsere Erklärung über die vorgelegten Gesetz Entwürfe, welche zum Theil die oben angeführten Zusicherungen Ew. Majestät betreffen, vorbehalten, verharren wir in tiefster Ehrfurcht

Ew. Majestät getreue zum zweiten Vereinigten Landtag ver sammelten Stände.

Berlin, den 2. April 1848.

Meine Herren, es ist nicht meine Absicht, den Adreß⸗Entwurf durch einen längeren Vortrag zu begründen.

Werfen Sie einen Blick auf die Geschichte Deutschlands während der letzten 4 Wochen, und es werden Ihnen Thatsachen entgegen treten, die mächtiger reden, als Worte. Noch mehr, meine Herren, werfen Sie einen Blick in das Herz des Volkes, und Sie werden Begeisterung finden für die eben errungene Freiheit, Sie werden aber auch dort das Verlangen und den festen Entschluß sinden, die friedliche Entfaltung dieser Errungenschaft durch Wiederherstellung geordneter Zustände zu sichern. Das, meine, Herren, ist der Sinn der Adresse; das ist, ich spreche es zuversichtlich aus, auch der Geist k Ich beantrage deshalb die Genehmigung der Adresse.

Graf von Arnim: Es ist ein Vorzug derjenigen Verfassung, die wir seit Jahresfrist besitzen, daß die großen Ereignisse des Vater⸗ landes offen und unentstellt vor den Vertretern desselben dargelegt werden können, und daß Männer, die berufen waren, in jenen Ereignissen mitzuwirken, sich öffentlich darüber aussprechen können, was sie thaten, und weshalb sie es thaten. Auf Grund dessen glaube ich gegenwärtig voör dem Beginn der Berathung über die Adresse, verpflichtet und berechtigt zu sein, in der Kürze die großen Ereignisse und die Stellung des Ministeriums zu denselben während der Zeit zu erörtern, in der mir seine Leitung durch den Ruf Sr. Masestät beschieden war.

Ich erinnere daran und lege ein großes Gewicht darauf, daß

schon am 18ten März früh die Proclamation Sr. Majestät erschienen, welche dem Lande eine constitutionelle Ver fassung verhieß. Se. Majestät sagten darin:

„Vor Allem verlangen Wir, daß Deutschland aus einem Staaten Bunde in einen Bundesstaat verwandelt werde. Wir erkennen an, daß dies eine Reorganisation der Bundes verfassung voraussetzt, welche nur im Verein der Fürsten mit dem Volke ausgeführt werden kann, daß demnach eine vorläufige Bundesrepräsentation aus den Ständen aller deutschen Länder gebildet und unverzüglich berufen werden muß. Wir erkennen an, daß eine solche Bundesre⸗ präsentation eine constitutionelle Verfassung aller deutschen Länder nothwendig erheische, damit die Mitglieder jener Repräsentation eben bürtig neben einander sitzen. .

Wir verlangen eine allgemeine deutsche Wehrverfassung und werden beantragen, solche im Wesentlichen derjenigen nachzubilden, unter welcher Unsere Preußens Heere in den Freiheitskriegen unverwelkliche Lorbeern sich errangen. Wir verlangen, daß das deutsche Bundesheer unter einem Bundesbanner vereinigt werde, und hoffen, einen Bundesfeldherrn an seiner Spitze zu sehen. Wir ver langen eine deutsche Bundesflagge und hoffen, daß in nicht zu langer Frist eine deutsche Flotte dem deutschen Namen auf nahen und fernen Meeren Achtung verschaffen werde.

Wir verlangen ein deutsches Bundesgericht zur Schlichtung aller Streitigkeiten staatsrechtlichen Ursprungs zwischen den Fürsten un Ständen, wie auch zwischen den verschiedenen deutschen Regierungen.

Wir verlangen ein allgemeines deutsches Heimatsrecht und volle Freizügigkeit in dem gesammten deutschen Vaterlande. :

Wir verlangen, daß fortan keine Zollschranke mehr den Verkehr auf deutschem Boden hemme und den Gewerbefleiß seiner Bewohner lähme; Wir verlangen also einen allgemeinen deutschen Zollverein, in welchem gleiches Maß und Gewicht, gleicher Münzfuß, ein gleiches deutsches Handelsrecht auch das Band materieller Vereini gung bald um so fester schließen möge., .

Wir schlagen vor Preßfreiheit mit. gleichen Garantieen gegen deren Mißbrauch für das gesammte deutsche Vaterland.

Das sind Unsere Vorschläge, Unsere Wünsche, deren Verwirt lichung Wir mit allen Unseren Kräften zu erstreben suchen werden. Mit stolzem Vertrauen rechnen Wir dabei auf die bereiteste Mitwir kung Unserer deutschen Bundesgenossen und des gesammten deutschen Volks, welches Wir mit Freuden durch Einverleibung Unserer nicht zum Bunde gehörigen Provinzen in den Bund verstärken werden, wenn, wie Wir voraussetzen, deren berufene Vertreter diesen Wunsch theilen und der Bund sie aufzunehmen bereit ist.

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Wir geben der freudigen Hoffnung Raum, daß die Ausführung Unserer Absichten, ja daß schon deren Anbahnung die Spannung heben wird, die jetzt zu Unserem großen Schmerz das deutsche Vater land erfüllt, die Verkehr und Gewerbe lähmt, es spaltet, die es zu zerreißen droht, ja Wir hoffen, daß jene Maßregeln Deutsch land in sich stark, nach außen geachtet machen werden, damit in seinen vereinigten Kräften Europa die sicherste Gewähr eines dauern den, gesegneten Friedens sinden möge.“ . .

Dies waren die Grundsätze, welche am; 18. März früh ausgesprochen waren. Am 19. März Vormittags trat das Ministerium, dem ich vorzustehen die Ehre hatte, auf Grund dieser Prinzipien an die Spitze der Verwaltung Die Maßregeln, welche an diesem Tage vor diesem letztgedachten Zeit punkte getroffen wurden, liegen also vor dem Eintritt des Ministe riums, dem ich vorgestanden habe. Seine Wirksamkeit begann erst mit dem gedachten Augenblicke, aber sein Prinzip war das, welches der König Tages zuvor in der eben vernommenen Weise ausge sprochen. . Das Ministerium hatte sich zunächst Rechenschaft zu geben, auf welchen Grundlagen unter den obwaltenden Umständen die verheißene constitutionelle Monarchie zu errichten sei, und es hat in dieser Be ziehung drei Gesichtspunkte aufgefaßt, die es zu verwirklichen bestrebt war. Zuerst hat es sich gesagt, daß jedes constitutionelle System, wenn es einmal ergriffen ist, aufrichtig und wahr in allen seinen Konsequenzen angenommen werden muß. Es hat sich ferner gesagt, daß in einer Zeit, wie die seines Eintritts, es nicht rathsam sei, hinter den Erfahrungen der drei letzten Wochen und deren Ergebnissen in den übrigen deutschen Staaten zurückzubleiben, sondern daß es besser sei, den Ereignissen um einen Schritt voranzugehen, damit nicht erst durch einzelne Konzessionen Einzelnes gegeben und immer wieder von dem Strom der Zeit überfluthet werde, sondern damit das, was gewährt werden könne, auf einmal gegeben, Geltung und Dauer gewinne. Der dritte Gesichtspunkt, den das Ministerium festgehalten hat, war der, daß dieses System offen und klar in seinen wesentlichen Theilen erkennbar sein müsse, weil die Exreig— nisse vor allen Dingen Vertrauen und die davon bedingte Einigkeit zwischen der Krone und dem Volke erforderten. Es erkannte daher als nothwendig an, dasjenige deutlich und unverschleiert hinzustellen, was unter dem Ausdruck einer constitutionellen Verfassung gemeint sei. Deshalb wurde, als von der Stadt Breslau eine Deputation in diesem Sinne hierher entsendet wurde, diese Veranlassung willig ergriffen, um sich über die Punkte auszusprechen, welche nach der Ansicht des Ministeriums von der Krone bei der Berathung der preußischen Constitution zu Grunde zu legen sein würden. Es sind dies die Punkte, die in der Adresse berührt sind, und welche von der auf Grund der gegenwärtigen Beschlüsse ins Leben zu rufenden Ver tretung des Volkes zu prüfen sein werden.

Dies waren die Gesichtspunkte, aus welchen das Ministerium seine Wirksamkeit begann. ;

Wenn sich gegenwärtig bei manchen unter Ihnen die Frage daran knüpfen möchte, weshalb in der Leitung des Ministeriums in zwischen bereits eine Aenderung eingetreten? so halte ich es im In⸗ teresse der Sache für meine Pflicht, zwei mögliche Deutungen dieses Schrittes als unbegründet zurückzuweisen, nämlich die, daß die Regie rung in dieser Beziehung einzelnen Stimmen, welche von einer Seite des Landes laut geworden, nachgegeben hätte. Dies ist nicht der Fall gewesen. Ich bin überzeugt, daß Sie damit einverstanden sein werden, daß derjenige, der zur Leitung des Ministeriums berufen war, solcher einzelnen Stimmen wegen nicht zurücktreten, dur te und ich kann Ihnen versichern, daß er nicht deshalb zurückgetreten ist Die zweite Deutung könnte die sein, daß in dem Minister um, und namentlich in dem Ausscheidenden Mangel an Vertrauen in die Er⸗ haltung und Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung. überhaupt obgewaͤltet hätte. Auch diese Annahme muß ich zurückweisen. Wenn dabei von dem Leitenden des Ministeriums die Red ist, so muß ich zunächst erklären: daß ich mir, meine Aufgabe vor Allem dahin gestellt hatte, ein kräftiges, einiges Ministerium zu bilden, und nicht zu weichen, bis der Zusammentritt des vereinigten Landtages gesichert sei. Deshalb hat das Ministerium derselben Deputation der Stadt Breslau er— llärt, daß es stehen und fallen würde mit dem Grundsatz, daß zu⸗ nächst der vereinigte Landtag berufen, daß auf g esetzlichem Wege fortgeschritten werden müsse. Als aber dieser Punkt erreicht, als die Elemente eines vollständigen und einigen Ministeriums beisammen waren, habe ich es nach meinem Gewissen und nach keiner ande ren Richtschnur im Interesse der Sache für meine Pflicht ge⸗ halten, abzutreten, eben weil es das Wichtigste war, ein möglichst einiges, in seinen Ansichten homogenes und dadurch kräftiges Kabinet zu schaffen, weil die Person des Ministers, welcher vor

Jahren dem früheren System der Regierung seine Thätigkeit ge⸗ widmet hatte, dem entgegenstand, und weil sie aus diesem Grunde für den Eintritt von Kräften nach ihrer Erklärung ein Hinderniß war, deren das Kabinet zu bedürfen glaubte.

Aus diesem Grunde bin ich willig zurückgetreten von einem Amte, das ich zu einem Zeitpunkte übernahm, wo vertrauungs voll die Krone ihre ganze Gewalt allein in die moralischen Kräfte gelegt hatte, und wo es daher nach meinem Gefühl unehrenhaft gewesen wäre, ihm nicht willig und gern seine Kräfte zu weihen, die Umstände mochten sein, welche sie wollten, wie es die Umstände und die daraus folgen⸗ den Konsequenzen erheischten. Keinesweges also aus Mangel an Vertrauen zum Siege der Ordnung bin ich geschieden. Selbst in jenen Augenblicken, wo Manchem der Muth sank, habe ich ihn nicht verloren, weil ich der sicheren Zuversicht lebe, daß Preußen der inneren Bewegung Herr werden, daß die constitutionelle Monarchie bestehen wird, weil das preußische Volk die Monarchie will. Ich bin nicht gewichen, als man von manchen Seiten mit Bangigkeit fragte, ob auch der Zustand der Tage der Anarchie wiederum werde umgestaltet werden können in den Zuftand der Ordnung. Ich habe erwiedert: es wird mit Gottes Beistand gelingen, weil das preußische Volk die

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Ordnung will. Ich bin aber geschieden, als zur Einigkeit und Kräf⸗ tigung des Ministeriums mein Ausscheiden nöthig und die wesent lichste Gefahr vorüber war. Jederzeit werde ich bereit sein, wenn es gilt, mit meinen schwachen Kräften, wie in jenen Tagen, dem Könige zur Seite zu stehen, aber ich werde keinen Augenblick meine Thätigkeit fortsetzen, wenn ich fühle, daß eine andere Gestal⸗ tung des Kabinets dem Interesse der Dynastie, dem Interesse der Ordnung wohlthätiger ist, wenn ich mich überzeuge, daß andere Kräfte bessere Dienste leisten können. Und nun lassen Sie uns einig festhalten und stützen die Grundsäulen für Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung, festhalten an unserer seit Jahrhunderten verx— ehrten Dynastie. Lassen Sie die Ueberzeugung in uns lebendig sein, daß, wenn wir uns selbst nicht aufgeben, wir nie unterliegen werden, denn nur der unterliegt, welcher sich selbst aufgiebt. Wir haben vor vierzig Jahren eine Zeit gehabt, wo sich allgemeine Muthlosigkeit des Landes bemächtigt hatte, wo nur um deshalb Preußen unrettbar verloren schien, weil fast alle die Männer, welche es stützen sollten, verzweifelten. Darum wollen wir nicht verzweifeln, sondern mit der Krone und ihren Räthen muthig Hand in Hand gehen. In diesem Sinne schließe ich mich der Adresse an und hoffe, daß aus diesen einsten, schweren Zeiten sich mit Gottes Hülfe ein segensreicher, ein friedlicher Zustand gestalten möge.

Mögen Sie es mir verzeihen, daß ich in diesem wichtigen Mo⸗ ment auch von mir geredet habe; ich habe es nur gethan, weil es wünschenswerth, ja nothwendig ist, daß, wessen Hand an den Ge schicken dieses Landes auch nur auf wenige Tage, wie die verflossenen, Theil gehabt, von dem das Land erfahre, nach welchen Grundsätzen und in welcher Absicht er gehandelt hat. .

(Lebhaftes Bravo.)

Landtags- Kommissar Staats-Minister Camphauseu: Die Lage der Dinge enthebt mich der Nothwendigkeit, auf den Inhalt des Vor trages, den wir so eben vernommen haben, näher einzugehen; doch hoffe ich den Eindruck, den er auf die hohe Versammlung gemacht hat, noch durch die Erklärung zu erhöhen, daß Alles, was ich über die Wirksamkeit des geehrten Redners in den Tagen der Gefahr ver⸗ nommen habe, meine Bewunderung und Hochachtung erregt hat. Es lag aber hierin ein Grund mehr für mich zu der Annahme, daß ich unter der Verwaltung, welche den Namen des verehrten Redners trug, als Mitglied der Versammlung wirksamere Hülfe hätte dem Vater— lande leisten können, als in der Stellung, die ich nuninehr eingenom men habe. Muth hat der geehrte Redner bewiesen in den gefahr— vollen Tagen. Auch ich bin mit Muth an das Werk gegangen, meine Freunde und Kollegen haben mit Muth begonnen und werden darin gusharren. Wir Alle aber werden uns glücklich schätzen, wenn wir dereinst an der Stelle vor uns stehen werden und zu Ihnen oder Ihren Nachfolgern eben so sprechen können, wie der geehrte Redner For mir über seine Wirksamkeit zu Ihnen gesprochen hat.

(Lebhaftes Bravo!) Bismark meldet sich ums Wort; von allen Seiten Ruf zur Abstimmung.)

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Ich bin der Ansicht, daß wir Keinem die Rede verweigern, und ich möchte mir daher die Bitte erlauben, daß der Herr Marschall die Versammlung durch Ab stinmung darüber befrage, ob über den Gegenstand gesprochen wer— ben soll oder nicht, und daß wir durch die Verweigerung des Wor— tes die Zeit mehr tödten, als dies durch die Rede geschehen könne.

Marschall: Der Abgeordnete, welcher sich um das Wort ge⸗ meldet hat, hat erklärt, daß es seine Absicht sei, nur wenige Worte zu sagen, und was mich besonders bestimmt hat, ihn darauf aufmerk⸗ fam zu machen, daß der Wunsch der Versammlung dahin gehe, mög⸗ lichst schnell zur Abstimmung zu kommen, ist der Umstand, daß sich noch ein Redner gemeldet hat und sich vielleicht noch mehrere andere melden würden. Es ist allerdings der zweckmäßige Weg, die Ver sammlung darüber zu vernehmen, ob sie überhaupt wünsche, daß die Diskussion fortgehe, oder ob sie der Meinung sei, daß ohne weitere Berathung und dann also auch ohne Anhörung der beiden Redner zur Aëstinimung geschritten werde. Ties ist der Weg, welcher durch die Geschäfts Ordnung vorgezeichnet ist. Treten Mehrere dem bei, daß die Berathung fortgesetzt werde, so ist der Augenblick gekommen, die Versammlung zu vernehmen, ob sie abstimmen wolle. Es fragt sich also, ob die erforderliche Anzahl von Mitgliedern auf der Fort— setzung der Berathung besteht.

(Mehrere Mitglieder erheben sich.)

Abgeordn. Milde: Die Freiheit der Tribüne müssen wir ehren, und wenn auch die Meinung, die ausgesprochen werden wird, nicht die Meinung der Majorität ist, so ist es doch unsere Pflicht, jede Meinung zu achten. Ich stimme daher auf das entschiedenste dafür daß dem Redner nicht das Wort abgeschnitten werde. .

Abgeordn. von Bismark⸗Schönhausen: Ich bin Einer der Wenigen, welche gegen die Adresse stimmen würden, und ich habe um das Wort nur deshalb gebeten, um diese Abstimmung zu moti— viren und Ihnen zu erklären, daß ich die Adresse, insoweit sie ein Programm der Zukunft ist, ohne Weiteres acceptire, aus dem alleinigen Grunde, weil ich mir nicht anders helfen kann

(Gelächter. )

Nicht freiwillig, sondern durch den Drang der Umstände getrie ben, thue ich es; denn ich habe meine Ansicht seit den sechs Mona ten nicht gewechselt; ich glaube, daß dies Ministerium das einzige ist, welches uns aus der gegenwärtigen Lage einem geordneten und ge setzmäßigen Zustande zuführen kann, und aus diesem Grunde werde ich demselben meine geringe Unterstützung überall widmen, wo es mir möglich ist. Was mich aber veranlaßt, gegen die Adresse zu stim— men, sind die Aeußerungen von Freude und Dank für das, was in den letzten Tagen geschehen ist; die Vergangenheit ist begraben, und ich bedaure es schmerzlicher als Viele von Ihnen, daß keine mensch⸗ 1. Macht im Stande ist, sie wieder zu erwecken, nachdem die Krone . 4 2. ,. Sarg gewokfen hat. Aber wenn ich dies, doch ng ( ö. der , n, . n acceptire, so kann ich 3 einer Wirksamkeit auf dem Vereinigten Landtage mit

üge scheiden, daß ich für das danken und mich freuen soll über

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das, was ich mindestens für einen irrthümlichen Weg halten muß. Wenn es wirklich gelingt, auf dem neuen Wege, der jetzt eingeschla⸗ gen ist, ein einiges deutsches Vaterland, einen glücklichen oder auch nur gefetzmäßig geordneten Zustand zu erlangen, dann wird der Au⸗ genblick gekommen sein, wo ich dem Urheber der neuen Ordnung der Dinge meinen Dank aussprechen kann, jetzt aber ist es mir nicht möglich. . Abgeordn. von Thadden:; Meine Herren! Ich besteige die Tribüne, um mich gegen den Adreß Entwurf zu erklären. Fürchten Sie aber nicht, daß ich die Versammlung zit einer langen Diskussion aufhalten, noch weniger, daß ich auf einzelne Punkte eingehen werde. In formeller Beziehung habe ich vorher schon meine Stimme erho⸗ ben, als im Allgemeinen zum Entwurf der Adresse geschritten wurde. Ich halte die Sache in formeller Beziehung ebenfalls für ungesetzlich. In materieller Beziehung kann ich nur sagen, da ich gestern einer Privatberathung beigewohnt, in welcher auch ein größerer Theil der Versammlung anwesend war, wo ich mich überzeugt habe, daß die Grundsätze, die in der Adresse zur Geltung kommen, mit einer großen Majorität angenommen werden würden. Ich bin aber kein irrender Ritter

Heiterkeit.) doch ich will hier keine vergeblichen Worte machen, sondern auf die Hauptsache eingehen. Wir Alle sind gewiß davon durchdrungen, daß es im Augenblick dringend nothwendig ist, die heftig rollende Staats⸗ Maschine aufzuhalten, um ihrem Umsturz vorzubeugen und dem anar chischen Zustande entgegenzuwirken. Darin stimmen wir ja Alle und auch ich überein. Nur über die Wahl der Mittel sind wir verschie⸗ den. Die große Majorität der Versammlung ist der Meinung, daß es auf dem Wege der Konzessionen geschehen muß, daß man sofort zu den Wahlen schreite und überhaupt an eine Umwandlung der Verfassung gehen muß. Sehr viele von Ihnen wellen mit Ausopfe⸗ rung Ihrer politischen Ueberzeugung dies Opfer bringen, um Ler Anarchie vorzubeugen. Ich bin aber der Meinung, da ß erst Ruhe und Srdnung mit allen gesetzlichen Mitteln hergestellt werden muß und dann erst mit aller Energie, mit Ruhe und Besonnenheit an die Bearbeitung und Umändernng der Verfassung mit Allem, was damit zusammenhängt, und an dit Wahlen gegangen werde. Für jetzt stimme ich also entschieden gegen die Annahme der Adresse.

Marschall: Da sich Niemand weiter ums Wor men wir zur Abstimmung. Die Frage heißt also:

ob die Versanmlung beschließt, den vorgelesenen Entwurf . Adresse anzunehmen?

Diejenigen, welche die Frage bejahen, die der Adresse beistimmen, werden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Der größte Theil der Versammlung erhebt sich.)

Die Adresse ist beinahe einstimmig angenommen. Das Einzige, was noch übrig bleibt, ist, daß die Versammlung sich darüber ent— sheide, ob sie den Gesetz⸗ Entwurf über die Wahlen zur nächten Versammlung, der uns heute vorgelegt ist, in getrennten oder unge trennten Kurien zu berathen beabsichtigt, und ehe die Meinung der Versammlung darüber vernommen wird, ob es der Wunsch , in vereinigter Kurie über den GesetzVorschlag zu berathen, ist es zweck mäßig, daß ich mich an den Herrn Landtags— Kommissar mit der Frage wende: ob er von Seiten der Regierung ermächtigt ist, dar⸗ über eine Auskunft zu geben, ob in formeller Hinsicht ein Bedenken obwaltet, oder ob ein solches nicht besteht?

Candtags-Kommissar: Ich kann darauf antworten, daß Sr Majestät dem Könige das Verlangen, in vereinigter Ver sammlung zu berathen, als ein Zeichen des Wunsches der Einhelligkeit nur will kommen sein würde. Wir waren aufmerksam gemacht, daß ein solcher Antrag gestellt, ein solcher Wunsch geäußert werden würde, und haben die Ermächtigung, zu erklären, daß fllt diesen Fall Se. Majestät der König die Genehmigung zu einer ungetrennten Berathung der vor⸗ liegenden Propositionen ertheilen würde.

Marschall: Da also nach der Erklärung des Herrn Landtage Kommissars kein Hinderniß besteht, so ist es an der Zeit, die Ansicht der hohen Versammlung zu vernehmen, ob es ihr Wunsch ist, das Gesetz in vereinigter Kurie zu berathen, und wenn sich Niemand über diese Frage um das Wort meldet, so kommen wir alsbald zur Ab stimmung.

Abgeordn. Frhr. von Vincke: Ich werde weniger über die Frage selbst sprechen, weil, wie ich vernommen habe, es ziemlich der allge⸗ meine Wunsch ist, daß, zur Abtürzung der Zeit und zur Beseitigung eines Mechanismus, der uns bei unserer vorigjährigen Versammlung sehr genirt hat, die Berathung in vereinigten Kurien erfolgen möge; denn man mag noch so sehr von den Vorzügen des Zweikammer⸗ Systems durchdrungen sein, wie ich es gleichfalls bin, so sinde ich doch diese Vorzüge bei der Einrichtung unserer Kurien nicht, die eigentlich nur neben einander hergehen, ohne daß die eine Notiz nimmt von dem, was die anderz beschlossen hat; es scheint mir da⸗ her im Interesse der Sache und der hohen Versammlung zu liegen, daß wir in vereinten Kurien berathen, wie wir es auch schon früher in vielen Fällen mit Nutzen gethan haben. jetzt darüber zur Abstimmung geschritten werden soll, ob es der Wunsch der Versammlung ist, die Berathung in den vereinigten Ku⸗ rien vorzunehmen, daß dies dann doch immer eine Abänderung des Patents vom 3. Februar in sich schließt, welches nur in Fällen, wo handelt, eine Berathung in ver

meldet, kom⸗

es sich um Anleihen oder Steuern einigten Kurien zuläßt, und da es gewiß der Wunsch der Versamm— lung ist, sich immer auf dem Rechtsboden zu bewegen, wie sie das seither gethan hat, so müssen wir uns den bestehenden Vorschriften anschließen, wonach jenes Gesetz nur nach eingeholtem Beirath jeder Kurie durch den Willen Sr. Majestät des Königs abgeändert werden kann. Daß seitens Sr. Majestät dem nichts entgegenstehen würde, haben wir so eben von dem Heirn Landtags-Kommissar vernommen, und es kommt daher nun nur noch darauf an, daß jede Kurie einzeln darüber ihren besonderen Beirath ertheile. Se. Durchlaucht möge also belieben, die Ansicht jeder Kurie darüber für, sich zu vernehmen. Marschall: Es wird dies zu erreichen sein, ohne daß beide Kurien sich trennen. Es können in jeder Kurie die Stimmen gezählt werden, und es würde ein Resultat in der leichtesten Weise herbeizu⸗ führen sein. Wenn von keiner Seite ein Widerspruch dagegen erho ben wird, so kommen wir zur Abstimmung. Ich bitte also diejenigen, welche das Gesetz in ungetrennter Kurie zu berathen wünschen, dies durch das gewöhnliche Zeichen des Aufstehens zu erkennen zu geben. (Dies geschieht.) ö In der Kurie der drei Stände ist die Majorität fast ein⸗ stimmig. Abgeordn. von Thadden Trieglaff: Ich gehöre zur Minorität. Maͤrschall: Die Herren⸗Kurie ist ganz einstimmig; das Resul⸗ tat ist, daß die Berathung in ungetrennter Kurie stattsinden wird. Ich habe zu bemerken, daß die stenographischen Arbeiten schon heute von 6 Uhr an zur Durchsicht ausgelegt werden. Für die heutige Sitzung liegt nur noch vor, daß ich die Mitglieder bezeichne, welche der Abtheilung zur Berichts-Erstattung über das Wahlgesetz zutreten. Es sind: ; Graf von Arnim als Vorsitzender, von Kelsch, von Saucken,

Riebold,

von Raven, Milde,

von Rothbares, Hessenland, Grabow, Bertram, Danzmann,

von Friewen, von Vincke, Brasser,

von Brodowsli, Braun,

von Beckerath und Lentzig.

Die Zeit der nächsten Sitzung kaun heute noch nicht angegeben werden. .

Abgeordn. Milde: Wenn Ew. Durchlaucht mit der Ernennung des vorhin bestimmten Ausschusses demselben die Begutachtung über das Wahlgesetz überwiesen, so liegt doch noch eine andere Proposi⸗ tion von großer Wichtigkeit vor, und ich frage, ob nicht gleichzeitig zur Abkürzung und Zeitersparniß es gerathen wäre, eine Kommission liber den Entwurf einer Verordnung über einige Grundlage der künf— tigen preußischen Verfassung zu ernennen. Das Königliche Propo siti Dekret sagt nämlich (indem er liest): ;

die Versammlung, welche auf Grund des Unseren getreuen Stän n heute zur Erörterung im Entwurfe vorgelegten Wahlgesetzes iberufen werden soll, ist dazu bestimmt, sich mit Uns über In⸗ halt und Form der Ünserem Volke verheißenen freien Verfassung

zu vereinbaren.“

Ferner heißt es:

„Wir wollen aber schon jetzt einige Grundlagen dieser Verfassung kundgeben und haben deshalb anliegende Verordnung entwerfen lassen, worüber Wir dem Gutachten Unserer getreuen Stände bal⸗ digst entgegensehen.“

Ich glaube, es wird daher die Nothwendigkeit eintreten, daß eine zweite Kommission ernannt werde, die sich gleichzeitig mit dem Bericht über diese Propositionen beschäftige, und wir somit in den Stand gesetzt werden, baldigst unsere Geschäfte zu erledigen, was ich eben so sehr in unserem, als des Landes Interesse wünsche. Ich schlage vor, diese zweite Kommission zu ernennen.

Marschall: Mir ist die Absicht der Regierung, noch einen zweiten Entwurf vorzulegen, vor so kurzer Zeit bekannt geworden, daß ich mich mit den Marschällen über die Bildung einer solchen Kommis⸗ sion nicht verständigen konnte; ich werde dies alsbald thun und in nächster Sitzung davon Anzeige machen können.

. .

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Staats-Minister Graf von Schwerin: Würden Ew. Durch⸗ laucht es nicht angemessen finden, bderselben Kommission auch dies Ge⸗ schäft zu übertragen?

Marschall: Ich habe nichts dagegen und glaube, daß die Kom⸗ mission im Stande sein wird, die Arbeiten in kurzer Zeit zu erledigen.

Abgeordn, von Rochow: Ich bin der Meinung, daß wir Mar⸗ schälle alle zusammentreten und unsere Meinung abgeben. Ich stimme dafür, daß eine zweite Kommission gebildet wird, denn dies ist bei der Verschiedenheit der Vorlagen nothwendig.

Marschall: Die Sitzung ist so lange ausgesetzt, bis ich mich mit den Provinzial - Landtagsmarschällen über die Zusammensetzung der Abtheilung verständigt haben werde.

(Rachdem sich die Herren Provinzial-Landtagsmarschälle über die Zusammensetzung der zweiten zerathen haben.)

Die Abgeordneten, welch Kommission beizutre⸗ ten, sind folgende:

Fürst Hohenlohe.

Graf Dyhrn. von Platen. Sperling. Tyanowsky. Hausleutner. von Werdeck. Möwes. Holzbrink. von Pogrell. von Mylius. Lensing. Schwink. Michaelis. Graf Helldorf. Dorenberg.

Ich zweifle nicht, daß e ihre Arbeiten so zu fördern, zung stattfinden kann

(Viele Stimmen:

Es ist doch erforderlich, den Abtheilungen so viel

nen, als sie nöthig haben werden. (Viele Stimmen: Uebermorgen.

Die nächste Sitzung wird also

ie jetzige ist zu schließen.

Graf Arnim: Ich bitte die Mitglieder der Abtheilung, zur rathung des Wahlgesetzes sich heute hier um 7 Uhr in der Bil gallerie einfinden zu wollen.

Prinz Hohenlohe: Auch ich bitte die Mitglieder der Abtheilung, hier sich um 7 Uhr zu versammeln.

Faommitsston MRoömmission

e ich ersuche, der

den Abtheilungen daß schon übermorger

Morgen.)

Zeit zu gön⸗ Mehrere Stimmen: Morgen.) übermorgen 10 Uhr stattfinden,

der Sitzung nach 3 Uhr.)

. wn (

lichtamtlicher

Deutsche Bundesstaaten.

Herzogthum Holstein. Alt. u. Ham b. Bl). Ren ds

ür 31 März. Die provisorische Regierung hat geich nach der Verlegung ihres Sitzes hierher am 25. Marz das nachstehende Schrei- ben erlassen: J . ö . „Allerdurchlauchtigster König, Allergnädigste Herzog, unser Landesherr! Die allerunterthänigst Unterzeichneten haben sich in ihrem Gewissen gedrun gen gefühlt, einen Schritt zu thun, den vor Ew. Majestãt zu rechtfertigen sie fur ihre erste Pflicht erachten. Sie haben sich in Ew. Majestät Namen als provisorische Regierung der Herzogthümer Schleswig- Holstein lonstituirt. Ew. Majestät fanden bei Höchstdero Regierungs-A1ntritt die öffentlichen Ver hältnisse Ihrer deutschen Herzogthümer in einer Lage vor, welche, weit ent⸗ fernt, deren Rechten, Wünschen und Interessen zu entsprechen, selbst das gegenseitige Vertrauen zwischen Fürst und Voll. tief erschüttert zeigte. Die

senige Maßregel, welche, als Versuch allseitiger Versöhnung durch Döchstdero Vor

weser vorbereitet, von Ew. Majestät in den ersten Tagen Ihrer Regierung

proklamirt wurde, vermochte bei weitem nicht die Spannungen zu lösen, welche die Gemüther erfüllten, vielmehr fanden, sie in dem Entwurf einer Gesammtstaats⸗-Verfassung um so mehr neue, Nahrung, als man sich ge⸗ flissentlich in die schwierige Alternative, entweder der Freiheit oder der Nanöonalität unverantworlliche Opfer bringen zu müssen, gestellt sehen

konnte.