1848 / 98 p. 9 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Abgeordn. Sperling: Es ist hier in Entgegnung auf meinen Antrag angeführt worden daß das Z30ste Lebensjahr als Normaljahr angenommen werden müsse, weil den Volksvertretern eine gewisse Erfahrung eigen sein müsse. Ich weiß nicht, warum gerade das Z0ste Jahr es sein soll, bei welchem diese Erfahrung als vorhanden anzunehmen ist. Wir hätten eben so gut auf das 40ste Lebensjahr kommen können. Für die Bestimmung eines Anfangspunktes der Selbstständigkeit des Staatsbürgers in Beziehung auf die Vollsver⸗ tretung vermag ich keine anderen Gründe aufzufinden, als welche der Staat überhaupt hat, die Selbstständigkeit desselben bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auszusetzen.

Was die Aeußerung des Herrn Referenten über die von mir angeführten Beispiele anbelangt, daß sie nämlich schon in der Ab⸗ theilung zur Sprache gekommen seien und darauf bemerkt worden, daß es nur einmal einen Fox und einen Pitt gebe, so glaube ich, daß derjenige, der diese Bemerkung gemacht, sich selbst das Urtheil gesprochen habe, und bin ich von dem Herrn Referenten überzeugt daß er demselben mehrere ähnliche Beispiele, welche die ältere und neuere Geschichte liefert, angeführt haben werde. Insbesondere ale ich aber als Preuße nicht verzagen und daran verzweifeln zu d daß es solche Beispiele in unserem Vaterlande künftig ebenfalls geben werde.

Abgeordn. Zimmermann: Ich befinde mich in der Lage, die Geduld der Versammlung wahrscheinlich zu ermüden, aber ich will mich kurz fassen. Zunächst ist dem Herrn Referenten gesagt worden, es sei von dem persönli Verhältniß auf die Stellung als Staatsbürger kein Schluß zu ziehen. Ich habe keinen solchen Schluß gezogen, weise daher die Folgerungen zurück. Es ist weiter gesagt, daß es nur einen Pitt und einen For gegeben habe. Meine Her⸗ ren, ich behaupte nicht, daß unser Vaterland einen Pitt oder Fox nie haben könne; könnte ich einen Pitt oder Fox durch mein Votum er— halten, so würde es mich nicht gereuen.

(Allgemeine Heiterkeit.)

Es ist ferner gesagt worden, daß in den nördlichen Staaten (so ist wenigstens der Sinn, wenn auch nicht der wörtliche Ausdruck des Herrn Referenten) die Reife des Verstandes später eintrete. Das ist anerkannt durch die Gesetzgebung, und gerade deshalb ist bei uns das 24ste Jahr im Allgemeinen als das Jahr angesehen, wo die nö⸗ thige Reife des Verstandes eingetreten ist, ich kann aber keinen be⸗ sonderen Grund entdecken, weshalb ich nicht bei politischen Gegen— ständen die vollständige Verstandesreife für ausreichend betrachten soll. Es ist weiter gesagt worden, der Bestimmung des Z6sten Jahres liege die Idee zu Grunde, daß mehr Besonnenheit und Erfahrung nothwendig seien. Allein auch dem Alter von 24 bis 30 Jahren kann die hinlängliche Besonnenheit und Erfahrung beiwohnen, und wenn hierbei mir noch⸗ mals die Studien als nicht platzgreifend verworfen sind, so bleibe ich abermals dabei stehen und bemerke nur zur vollständigen Erläuterung, daß meiner Ansicht nach alle bürgerlichen Verhältnisse durch Nach⸗ denken und Studien einer reiferen Beurtheilung näher geführt werden können, und es versteht sich von selbst, daß ich von abstrakten wissen⸗ schaftlichen Studien hier nicht reden konnte. Der Referent hat end- lich für gut befunden, sich des Ausdrucks zu bedienen: ich hätte wie vom Richter-Stande, so auch von Auskultatoren Ihnen etwas er⸗ zählen können. Es fällt mir nicht ein, Ihnen hier Erzählungen zu machen, die Augenblicke, die ich hier vor Ihnen stehe, sind mir kostbar und heilig, ich habe hier nur gesprochen von dem selbstständi⸗ gen Richter⸗Amte, und wenn der Herr Referent sich die Stellung eines Auskultators klar macht, so muß er sich sagen, daß die von ihm gezogene Folgerung falsch und unzeitig und daß der Ausdruck „ich habe hier etwas erzählen wollen“ völlig unpassend ist. Meine Ueberzeugung habe ich ausgesprochen, nicht aber mit Erzählungen unterhalten wollen. Ich wiederhole meinen Antrag.

(Lebhaftes Bravo!)

Candtags⸗Kommissar: Der Redner, der so eben diesen Platz verläßt, hat in dem früheren Vortrage darauf hingedeutet, daß jetzt wenig Muth dazu gehöre, mit einem Vorschlage weiter zu gehen, als die Regierung gegangen ist. Ich gebe ihm das zu, und ich behaupte sogar, daß einiger Muth dazu gehört, den Vorschlag der Regierung als zu weit gehend zu bekämpfen oder wenigstens bei ihm zu beharren.

(Bravo.) Ich kann dem Herrn Referenten nur dafür danken, daß er die Hründe, welche sich für den Vorschlag der Regierung geltend machen lassen, so vollzählig angeführt hat. Nur einen möchte ich noch hin— zufügen, denjenigen, daß man von einer Versammlung von Volksver⸗ tretern hauptsächlich das verlangen darf, daß sie mit festen Banden in dem Volke wurzeln, daß sie mit festen Banden an die gesellschaft⸗ lichen Zustände gefesselt seien. Daß diese Bedingung erfüllt werde, haben wir eher zu erwarten von dem dreißigjährigen Alter, als von dem vierundzwanzigjährigen.

(Bravo.) Es ist zu erwarten, daß wir bei dreißig Jahren die Familienväter hier sehen werden, bei vierundzwanzig Jahren aber die Söhne, Ich bin bereit, meine Söhne als meine Nachfolger hier anzuerkennen, aber gegenwärtig vermag ich selbst noch zu handeln und sie zu re⸗ präsentiken. Die Repräsentation des Volks soll vorzüglich die Re—= präsentation der Familien enthalten.

(Stürmisches Bravo.)

Marschall: Da Niemand weiter das Wort verlangt, so er— kläre ich die Berathung für geschlossen, und wir kommen zur Abstim⸗ mung. ö

In Bezug auf den ersten Vorschlag der Abtheilung ist es nicht erforderlich, eine Zrage zu stellen, da ihm von keiner Seite entgegen⸗ getreten ist, nämlich daß auf Wegfall der Worte:

„auch aus öffentlichen Mitteln keine Armen⸗Unterstützungen bezieht“ angetragen werde. ;

Die erste Frage hat sich also zu beziehen auf den zweiten Vor⸗ schlag der Abtheilung, welcher am Schlusse ihres Berichts Seite 6 zu lefen ist, und welcher zu der Frage Veranlassung giebt, ob die Versammlung beantragen will, daß nach dem Wort: i st, die Worte; „im ganzen Bereich des Staates,“ eingeschaltet werden. Es ist zwar hierüber keine entgegenstehende Bemerkung erfolgt, bei der Wichtig keit des Gegenstandes ist es aber zweckmäßig, eine förmliche Abstim mung der Versammlung zu veranlassen, und diejenigen also, die dem Antrage der Abtheilung, daß nach dem Worte: ist, die Worte: „im ganzen Bereiche bes Staats“ hinzugefügt werden, beistimmen, wür den dies durch Aufstehen zu erkennen geben.

Wird mit großer Majorität angenommen.)

Die Versammlung 4 dem mit großer Majorität beigetreten.

Es kommt nunmehr der Antrag des Abgeordneten Sperling zur Abstimmung. Der ene. Sperling hat beantragt, daß statt der Worte: das Ihste ebene jahr, gesagt werde: das 24ste Lebens⸗ jahr. Hierauf bezieht sich die Frage. Sie heißt: Soll beantragt werden, in 5. 5 statt der Worte; das I0ste Lebensjahr, zu setzen: das 24ste Lebensjahr, und diejenigen, welche dem Antrage beistimmen, würden dies durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Es erheben sich nur sehr wenige Mitglieder.) Dem Antrage ist nicht beigetreten. Wir kommen zum §. 6.

866 Referent Abgeordn. Frhr. von vincke (liest vor):

„§. 6.

Für jeden landräthlichen Kreis, so wie für jede Stadt, welche zu keinem landräthlichen Kreise gehört, soll Ein Abgeordneter gewählt werden. Erreicht die Bevölkerung des Kreises oder der Stadt sech⸗ zig Tausend Seelen, so werden zwei Abgeordnete gewählt, und es tritt für jede fernere Vollzahl von vierzig Tausend Seelen Ein Ab- geordneter hinzu, so daß für hundert Tausend Seelen drei, für hun⸗ dert vierzig Tausend Seelen vier Abgeordnete u. s. w. gewählt werden.“

Das Gutachten lautet: „Zu ö.˖ b.

In der Bestimmung wurde eine sehr angemessene Lösung des Problems gefunden, für die Wahl der auf der breitesten Grundlage u wählenden Versammlung einerseits die seitherige ständische Gliede⸗ ung zu verlassen, andererseits die Wahlbezirke nicht willkürlich zu be⸗ aränzen, sondern an die bestehende administrative Eintheilung des Landes und die dadurch begründeten nachbarlichen und korporativen

Beziehungen anzuschließen.“

Abgeordn. Wächter: Meine Herren! Es liegt durchaus nicht in meiner Absicht, irgend Etwas zur Beseitigung der ständischen Glie⸗ derung hier anführen zu wollen. Ich erkläre mich mit allen son⸗ stigen gesetzlichen Bestimmungen völlig einverstanden und habe nur Be⸗ sorgniffe, die mir bei Anwendung des S. 6 aufgestoßen sind, hier zur Sprache bringen wollen. Der §. 6 besagt nämlich, daß für jeder landräthlichen Kreis, so wie für jede Stadt, die zu keinem landräth⸗ lichen Kreise gehört, ein Abgeordneter gewählt werden soll.

Daraus ist die Folgerung zu ziehen, daß diejenigen Städte, die zu einem landräthlichen Kreise gehören und es sind deren sehr viele, die nicht in die Reihe der ersten, sondern in die Reihe de zweiten gehören in Verlegenheit kommen würden, mit den ländli— chen Wahl-Abgeordneten zusammen wählen zu müssen, wobei das In teresse der ersteren gefährdet erscheint. Für die Stadt Tilsit, die ich zu vertreten die Ehre habe, und welche ich bereits auf mehreren Landtagen vertreten, ist von mir der Wunsch ausgesprochen, eine bes⸗ sere Vertretung derselben herbeizuführen. Die dortige Kaufmannschaft hat früher schon eine Petition um Vertretung ihrer Interessen einge⸗ reicht; ich sehe von dem Allen jetzt ab, kann mich aber nicht von der Besorgniß befreien, daß die Interessen einer solchen Stadt leicht ge⸗ fährdet werden könnten; sie können sehr leicht einen Vertreter erhal⸗ ten, der mit ihren Verhältnissen gar nicht bekannt ist ....

(Unruhe, Mißbilligung.)

Ich möchte daher eine Modification diefes Paragraphen in An trag bringen und das Recht, welches den größeren Städten zusteht, auch für diese S ädte vindiziren. Wenn darauf nicht eingegangen werden sollte, so würde ich meinen Antrag dahin richten, daß wenig⸗ stens die zusammenliegenden Städte sich bei der Wahl vereinigen.

(Tumult. )

Marschall: Es fragt, sich, ob dieser Antrag die erforderliche Unterstützung von 24 Mitgliedern sindet. (Der Antrag wird nicht unterstützt.) Er hat sie nicht gefunden.

Abgeordn. von Olfers: Hohe Versammlung! den von mir bei Art. II. antizipirten Antrag stelle ich nunmehr desinitiv, nämlich daß für jeden Abgeordneten auch ein Stellvertreter gewählt werde, Ich halte es aus Grundsätzen der Nützlichkeit, ich möchte sagen, für un⸗ erläßlich, daß darauf eingegangen werde. In dem so weitschichtigen preußischen Staate von Memel bis Aachen würde die Einberufung der Stellvertreter schon eine ziemliche Zeit erfordern, und es ist daher nöthig, daß man diesen Zeitverlust nicht durch Einberufung der Wahl⸗ männer zu neuen Wahlen und durch die Wahl selbst noch vermehre.

Marschall: Es ist zu ermitteln, ob der Antrag die erforder⸗ liche Unterstützung findet. ; (Ber Antrag wird vielfach unterstützt,)

Er hat sie gefunden. Abgeordn. Sommerbrod: Es war dies der Antrag, den ich jetzt zu stellen beabsichtigte.

Abgeordn. Gehricke: Meine Herren! Nach dem Gesetzentwurf soll in jedem landräthlichen Kreise ein Abgeordneter gewählt werden, und nur solche Städte, die nicht zu einem Kreise gehören, wählen für sich selbst. Die Provinzialstädte gehören aber fast alle den Kreisen an, und es ist anzunehmen, daß, wenn für den ganzen Kreis nur ein Abgeordneter gewählt werden soll, von den Handwerkern in den Städten gewiß kein Abgeordneter gewählt werden wird. Es ist überall nur eine Klage, daß dieser Stand nicht vertreten ist, und es sst gerade derjenige, der immer mehr und mehr verarmt und die Biltungsschule des Proletariats schen seit Jahren gewesen ist. Ich stellt meinen Antrag daher dahin, daß, wenn von den Provinzen die Abgeordneten gewählt sind, diese wieder zusammentreten und dann aus dem Gewerbestande in jeder Provinz wieder vier Abgeordnete wählen. Dieser Wunsch hat sich in den Provinzialstädten ganz allge⸗ mein ausgesprochen und er würde vielfach zur Beruhigung beitragen.

Marschall: Es fragt sich, ob der Antrag die nöthige Unter= findet. . (Wird nicht unterstützt.) sie nicht gefunden.

Abgeordn. Walter: Meine Herren! In einem so großen Mo⸗ mente, wo Alles sich umgestaltet, muß ich Sie auffordern, einig zu sein. Ich habe heute eine Adresse an den Hohen Landtag abgegeben,

sche ausspricht, alle Sonder-Interessen aus den Augen zu setzen, auch dazu, meine Herren, muß ich Sie auffordern. Unterscheiden wir nicht Städte und plattes Land. (Bravo.)

Marschall: Wenn keine weiteren Bemerkungen erfolgen, so ist bie Verathung über den 8. 6. für geschlossen zu erklären. Wir kommen zur Abstimmung. Die Frage heißt: Tritt die Versammlung dem Antrage bei, daß nach ven Worten „Abgeordneter“ die Worte: „und ein Stell⸗ vertreter“ eingeschaltet werden? Diejenigen, die hierauf antragen wollen, würden dies durch Aufstehen zu erkennen geben. . Wird beinahe einstimmig angenommen.) Es ist im Uebrigen gegen die Annahme des S. 6. keine Bemerkung e, it worben, und er kann also für angenommen angesehen erben.

Referent Abgeordn. Freiherr von Vincke (liest vor):

y8. 1 Die Zahl der Bevölkerung bestimmt sich überall nach der im Jahre 15846 stattgehabten * Zählung.“

Die Abtheilung hat keine Bemerkung dazu gemacht. Marschall: Der §. 7. ist also als angenommen anzusehen.

Referent Abgeordn. Freiherr von Vincke (liest vor): 46. 8.

In den Städten werden die Urwahlen der Wahlmänner durch Beauftragte des Magistrats und da, wo kein Magistrats⸗ Kollegium besteht, des Bürgermeisters geleitet. z

Ueber die Leitung der Üirwahlen auf dem Lande wird mit Rück— sicht auf die bestehende Verschiedenartigkeit der ländlichen Gemeinde Einrichtungen Unser Staats-Ministerium das Erforderliche durch eine Ausführungs-Ordnung feststellen.

Die Wahlen der Abgeordneten werden in den Kreisen durch die Landräthe und in den Städten, welche zu keinem landräthlichen Kreise ge hören, durch Beauftragte des Magistrats, beziehungsweise des Bür— germeisters, geleitet.“

„Zu §. 8. wird für angemessen erachtet, ausdrücklich zu bestimmen, daß die im zweiten Alina erwähnte Ausführungs Verordnung nicht blos die hier erwähnte spezielle Bestimmung, sondern die sämmtlichen näheren Vor— schriften über die Ausführung des Wahlgesetzes enthalten solle.

Es wird daher vorgeschlagen, statt der Worte; „durch eine Aus⸗ führungs-Verordnung“, zu setzen: „in dem über die Ausführung des Wahlgesetzes zu erlassenden k .

Einstimmig sprach die Abtheilung den Wunsch aus, daß in der Ausführungs- Srdnung die Abhaltung Ter Urwahlen und Abgeordne tenwahlen an einem und demselben Tage angeordnet werde, um die davon unzertrennliche Aufregung und Geschäftsstörung auf den mög lichst kürzesten Zeitraum zu beschränken.“

Ich erlaube mir, zu bemerken, daß bereits von einem geehrten Ab— geordneten für die Niederlausitz ein Amendement vorgelegt ist, welches, wenn ich recht verstanden habe, von Seiten des Heirn Ministers des Innern in derselben Weise gewünscht wird. Vie Tendenz geht dahin, in dem Gesetz-Entwurf die Bestimmung beizubeh alten, daß zur Ema nation der Ausführungs-Ordnung das Staats Ministerium ermäch tigt werden soll, wan im Abtheilungs⸗Vorschlag nicht aufgenommen worden war. Das Amendement des Abgeordneten von der Nieder lausitz ging dahm, das zweite Alinen zu streichen und nach dem dritten folgenden Zusatz zu machen: . ; . „Die zur Ausführung des Wahlgesetzes sonst noch erforderlichen Anordnungen hat Unser Staatsministerium in einem zu erlassenden Reglement zu treffen.“ Dies stimmt, so weit ich es beurtheile, ganz mit dem Antrage der

Abtheilung überein, und es würde, wie mir scheint, nichts dagegen zu erinnern sein.

Staats-Minister von Auerswald: Ich schließe mich dem von dem geehrten Redner vertheidigten Amendement um so eher an, wen die Verschiedenheit außer den angeführten Gründen auch noch darin besteht, daß das Amendement die Bestimmung positiv enthält, und weil in dem Amendement der Abtheilung die Form klarer und be⸗ stimmter ist. Ich erlaube mir, dasselbe der Versammlung zu empfehlen.

ine Stimme: Ich erlaube mir, auf eine Dunkelheit, die in dem Ausdrucke liegt, aufmerksam zu machen, nämlich daß die Urwahlen und die Abgeordneten⸗Wahlen an einem Tage stattsinden sollten.

Referent Abgeordn. Freiherr von vincke: Ich erlaube mir zu bemerken, daß die Ansicht der Abtheilung dahin ging, die Urwahlen einerseits und die Abgeordneten Wahlen anderer seits an einem und demselben Tage abzuhalten. Um den Zweifel, der so eben geäußert wurde, ganz abzuschneiden, wurde von der Abtheilung beliebt, das Referat so zu fassen, wie ich es, mir erlaubt habe, hier vorzutragen. Ich stimme aber dem Redner bei, daß der Zweifel dadurch erst recht angeregt worden ist. Ueber den Sinn kann kein Zweifel sein. Wir wollen einerseits, daß die Urwahlen, andererseits die Abgeordneten⸗ Wahlen an einem Tage abgehalten werden.

Abgeordn. Moewes: Rücksichtlich des von der Abtheilung aus gesprochenen Wunsches, daß die Wahlen der Wahlmänner alle an einem Tage stattfinden möchten, erlaube ich mir den Vorschlag, das Wort: „möglichst“ einzuschalten. Wenn ich mir die Berhältnisse der Stadt Berlin denke, so halte ich es nicht für möglich, an einem Tage die Wahl der Wahlmänner in wenigstens 108 Bezirken durch zuführen, da wir weder die Lokalitäten, noch die Kräfte haben, die erforderlich sind, um die Wahlen in diesem Umfange sicher zu leiten. Ich bitte daher, meinen Vorschlag zu berücksichtigen.

Referent Abgeordn. Freiherr von vincke: Ich glaube, daß durch diese Hinzufügung des Wortes möglicht, die ganze Bestimmung wieder aufgehoben würde. Dem geehrten Mitgliede für Berlin muß ich bemerken, daß uns in der Abtheilung gerade Berlin am meisten beschäftigt hat. Wir haben uns aber gesagt, daß in Berlin, wo ge wissermaßen alle Intelligenz des Staates konzentrirt ist, es doch am allerwenigsten an geeigneten Männern fehlen könne, um die Wahl zu leiten. Man würde doch gewiß in den Magistrats-Kollegien, den Stadtverordneten, Bezirks⸗-Vorstehern und zahlreichen gemeinsinnigen Bürgern tüchtige und sachkundige Männer finden, die das Vertrauen Aller im vollste'n Maße besitzen.

Heiterkeit.)

Abgeordn. Schauß: Ich erlaube mir, anzuführen, daß ich glaube, daß die Wahl hier auszuführen sein wird. Wenn mein geehrter Kollege angeführt hat, daß die Lokalitäten uns fehlen, um die Wäh lenden aufzunehmen, so muß ich dem Herrn Referenten darin bei⸗ stimmen, daß, wenn wir hier nicht Mittel und Wege finden, ich nicht weiß, in welchem Theile der Monarchie es dann ausgeführt werden sollte.

Marschall: Es sind zwei Fragen zu stellen, von welchen die erste sich auf den Vorschlag bezieht, welcher von dem Abgeordneten von Patow II. gemacht worden ist, und welcher dahin geht, daß der Mittelsatz des §5. 8. wegfalle und am Schlusse des Paragraphen eine Bestimmung folgenden Inhalts aufgenommen werde:

„Die zur Ausführung des Wahlgesetzes sonst noch erforderlichen Anordnungen hat Unser Staatsministerium in einem zu erlassenden Reglement zu treffen.“ . Diejenigen, die dem Vorschlage beitreten, werden dies durch Ausstehen zu erkennen geben. . (Der Vorschlag wird fast einstimmig angenommen, was der Marschall aus spricht.) Die zweite Frage bezieht sich auf den, Vorschlag der Abtheilung, daß nämlich die ÜUrwahlen, wie die Wahlen der Abgeordneten, an bemselben Tage vorgenommen werden sollen. Die Frage heißt: Toll beantragt werden, daß die Abhaltung der Urwahlen, so wie auch der Wahlen der Abgeordneten, beziehungsweise an einem und demselben Tage angeordnet werden? (Wird beinahe einstimmig angenommen, was der Marschall ausspricht.)

Referent Abgeorbn. Freiherr von vincke liest vor: (

. .

Die Wahl der Abgeordneten erfolgt durch selbstgeschriebene Stimmzettel nach absoluter Stimmenmehrheit aller Erschienenen, und zwar bei den Kreiswahlen in dem Hauptorte des K . Wo mehr als drei Abgeordnete zu wählen sind, soll die Wahl nach Bezirken erfolgen, welche die zur Leitung der Wahl berufenen Behörden abzugränzen haben.“

Zu §. 9. wurde zwar die Bestimmung:

„durch selbstgeschriebene gingen,, beanstandet, weil sie die Wahl zu sehr beschränke und die Ausschlie⸗ ßung eines sonst sehr geeigneten Wählers herbeiführen könne. Die Abtheilung entschied sich indeß für die Beibehaltung, weil nur auf diesem Wege argen Mißbräuchen und Täuschungen Schreibensuner= fahrener vorgebeügt werden könne, während es den Urwählern nicht schwer falle, von der Schreibensfähigkeit des Wählers vor seiner Wahl sich zu vergewissern.

Abgeordn. Zimmermann: Meiner Ueberzeugung nach muß ich mich dahin aussprechen, daß die Bestimmung, daß der Stimmzettel vom Stimmgeber selbst geschrieben sein muß, wegfällt. Wir müssen doch anerkennen, daß gerade erfahrene Männer gewählt werden sollen, und wir müssen aussagen, daß das Schulwesen erst jetzt den Auf⸗ schwung erreicht hat, daß Jeder lesen und schreiben kann. Es würden also Männer ausgeschlossen sein, welche sich in ihrer Gemeinde allge meines Vertrauen erworben haben. Aber es ist noch eine andere Be⸗ stimmung: der Wahlmann muß schreiben können, und ich glaube, daß dies wegfallen muß. Dann wollte ich mir noch eine Bemerkung über die Fassung erlauben. Es heißt Kreis-Orte. Es giebt Kreise, wo bas Amt in der Stadt ist, und größere Städte; dadurch könnte sich eine Differenz herausstellen. Doch will ich dies nur für die Fassung bemerkt haben.

Referent Abgeordn. Frhr. von vincke: Ich will mir nur er⸗ lauben, auf das Erstere zu antworten, auf das Zweite halte ich es

nicht für nöthig. Jeder Wähler wird ohne Zweifel auch schreiben

können, und wenn auch eine einzelne Ausnahme stattfinden könnte, so kann diese doch keine besondere Bestimmung im Gesetze motiviren. Marschall: Der Antrag der Minorität der Abtheilung ist er⸗ neuert worden, und es ist zu ermitteln, ob er die nöthige Unter⸗ stützung von 24 Mitgliedern findet. (Es erheben sich nur sehr wenige Mitglieder. Er findet sie nicht.) Referent Abgeordn. Freiherr von Vincke (liest vor): „SF. 10. ö Die gewählten Abgeordneten stimmen in der zu berufenden Ver⸗ sammlung nach ihrer eigenen unabhängigen Ueberzeugung und sind an Aufträge oder Instructionen nicht gebunden.“ Die Abtheilung hat zu keiner Bemerkung Anlaß gefunden. Da Niemand ums Wort bat, so verlas der Referent auch S. 14:

. Die Prüfung der Richtigkeit der Wahl ist Sache der künftigen

Versammlung.“

Auch hierzu ist keine Bemerkung gemacht worden.

Marschall

zu nennen,

Der Vorsitzende der Abtheilung hat den den Mitgliedern mitzutheilen, daß er Sie ersucht, sich heut Abend um 7 Uhr zu versammeln. Außerdem habe ich diejenigen Lokale anzugeben, in welchen die Wahlen vorzunehmen sind. Was die Zeit so wird es zweckmäßig sein, da ein weiterer Gegenstand nicht vorliegt, weil die Berichtabstattung der dritten Ab— theilung noch nicht geschehen ist, daß dieselbe morgen früh um 9 Uhr vorgenommen wird, und zwar in folgenden Lokalen:

der Wahl anbetrifft,

S67

Ich bin veranlaßt worden, noch einmal die Mit⸗ welche der zuletzt ernannten Abtheilung für das hdnigl. Pröposstions Dekret beigetreten sind.

Graf Loeben als Vorsitzender, Fürst Lichnowsky, Graf Nork,

Milde,

von Patow,

von Knoblauch,

von Hoverbeck, Röpell,

Peterson,

von Potworowski, Michaelis, Teßmann,

von Vincke, Holzbrink,

Weiß,

von Helldorff, Gießler,

Lensing,

von Gudenau.

Preußen: im Saale links vom Eingang zur Bildergallerie; Pommern: in den französischen Kammern neben dem weißen

Brandenburg: in dem Ständehaus dieser Provinz; Posen: in dem Zimmer zwischen dem Sekretariats Zimmer vom Eingange zur Bildergallerie liegenden

Schlesien: Parterre das boisirte Zimmer; Sachsen: Parterre das blaue Zimmer; Westfalen: das Sekretariats⸗Zi

die Rheinprovinz: hier im weißen Saale

mmer;

8 J N

Es bleibt also einverstanden, daß die Wahlen, so wie die Erklä— rungen über die Wahlen, welche von d in und Posen erwartet werden, morgen um 9 Uhr stattfinden werden.

Abgeordn. Bornemann (vom Platz): Ich bitte Ew. Durch⸗ laucht um's Wort. . ; . Von der Redner⸗Tribüne ; ribune. Nach meinem und dem Dafürhalten meiner Kommittenten beschränkt sich unsere Arbeit nur auf das provisorische Wahlgesetz. Alle übri gen Vorlagen müssen den künftigen Vertretern vorbehalten bleiben. Zwar ehre ich die uns außerdem vorliegenden Allerhöchsten Bot⸗— schaften, bemerke aber insbesondere, daß nach meiner Ansicht die ge forderte Wahl der Abgeordneten für die Bundestags -Versammlung auch nicht für uns, sondern für die künftigen Volksvertreter gehört. Ich achte diese Vorlage, fühle mich aber nicht verpflichtet, über die Kompetenz derselben zu

1

ö on P 2 9IIICTEBEKNchiBe S I * berathen. Das Allerhöchste Wahlgesetz, das

Wunsch ausgesprochen,

en beiden Provinzen Preußen

vorliegt, ist berathen; gegen neue Vorlagen muß ich mich ganz ent⸗ schieden erklären. Hiermit habe ich mich gegen meine Kommittenten verwahren wollen. Ter Redner war vor anhaltendem Geräusch nicht mehr zu verstehen.)

Marschall: Die Absicht des Abgeordneten, welcher eben ge⸗ sprochen hat, kann nur die gewesen sein, daß seine Erklärung ins Protokoll niedergelegt werde; unmöglich kann er die Absicht gehabt haben, die Verfammlung zu einer Erklärung darüber aufzufordern, ob sie sich für kompetent zu Verhandlungen halte, die sie schon vor⸗ genommen und zum großen Theil schon beendigt hat. Die Absicht kes Abgeordneten Bornemann, daß seine Erklärung ins Protokoll

niedergelegt werde, hat derselbe jetzt schon erreicht.

: Adgeordn. Bornemann: Ich habe geglaubt, die Motive, welche aufgestellt sind, gehörten zum Wahlgesetz; nunmehr ist das zu Ende, wir gehen zu Anderem über, und sch halte mich verpflichtet mein Bedenken vorzubringen, muß mich aber dem unterwerfen was der Landtag beschließen wird. 5

Abgeordn. Offermann (vom Platz): Ich trete dieser Erklärung vollständig bei. .

Abgeordn. Zimmermann (vom Platz): Das ist auch meine Ansicht. ;

Candtags⸗Kommissar: Meine Herren, es ist mir nach der ver⸗ nommenen Eiklärung ebensowenig als dem Landtags⸗ Marschall klar geworden, was damit hat gesagt sein wollen. Der Landtag ist ohne eine ähnl . .

iche Erklärung auf die Berathung der Allerhöchsten Propo⸗ n eingegangen, die ihm Namens Sr. Majestät vorgelegt wor⸗ den sind. Heute besteht noch die Verfassung, und so lange sie besteht, ist die Erklärung eines Einzelnen nicht im Stande, sie aufzuheben. (Lebhafter Beifall!!) so weniger, als der Landtag ohne eine solche Erklärung auf die erathung von Gesetzen eingegangen ist, wovon kein Wahl⸗

sitione

Abgeordn. Siebig: Nur einige kurze Worte wollte ich mir zur Aufklärung der Sache erlauben. Der geehrte Abgeordnete von Liegnitz hat wohl die Sache nicht ganz richtig aufgefaßt; es war uns in der Heimat nur bekannt geworden, daß hier allerdings nur über das Wahlgesetz zu berathen sei; nachdem aber von dem hohen Ministerium so wichtige Vorlagen gemacht sind, namentlich die Wahlen von Ab⸗ geordneten zum Bundestage oder zum deutschen Parlament, wie man das gerade nennen will, so glaube ich, haben wir nichts Angelegent— licheres zu thun, als diese Wahl zu vollziehen, sa, wir würden dem V

wir zögern wurden,

die heiligsten Rechte vergeben, wenn hl zu schreiten.

(Bravo 1

Marschall: Die Wahlen werden morgen früh um 9 Uhr statt⸗ finden, und die gegenw ist geschlossen.