1848 / 103 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

. Ms. bestimmt, geschehen soll, nämlich, entweder durch eine zu fontrahirende Anleihe, durch Erhöhung von Steuern oder durch Auf⸗ legung von neuen Steuern. Ich fühle mich verpflichtet, nicht der Beschaffung von Geld, wohl aber der Art der Beschaffung dieser hohen Summen, wie solche in der Allerhöchsten Botschaft, ausgedrückt ist, auf das Entschiedenste zu widersprechen. Wer die Lage des jetzigen Geldmarktes kennt, wer bedenkt, daß durch die Forderung . der Staatskredit tief erschüttert wird, wird mit mir fühlen, daß bei einer Anleihe im In- oder Auslande, welche nur unter den ungünstigsten Bedingungen stattfinden wird und kann, Alles, was wir dort weniger als den Nennwerth bekommen, ein baarer Verlust für das Land ist. Eine neue Einführung oder Erhöhung von Steuern ist noch viel schlimmer. Wir kennen alle die großen sanguinischen Hoffnungen, die das Volk für Erleichterungen, für. Verbesserungen gefaßt hat. Eilte uns nun die Nachricht voraus, daß anstatt dieser ertraumten Hoffnungen, welche sogar bis zum Glauben an völliges Aufhören gehaßter Steuern oder wenigstens großer Verminderung derfelben gingen, wir gegentheilig beschlossen hätten, die Steuern jedes Einzelnen auf das Doppelte zu erhöhen weil, wenn die Staats⸗Einnahme jährlich etwa achtzig Millionen beträgt, und vierzig Millionen in einem halben Jahre beschafft werden sollen, dann die Steuerquote des Einzelnen aufs Doppelte und vielleicht bedeutend darüber steigen muß. Würde, muß ich fragen, eine solche Maß⸗ regel nun das herbeiführen, was wir alle wünschen, nämlich Ruhe und Vertrauen im Volke, das muß ich nach dem, was ich hier täglich höre und lese, sehr bezweifeln. Aber gleichwohl bin ich auch der Ueberzeugung, daß gerade den Männern, die wir mit Vertrauen auf der Ministerbank sehen, Mittel zur Ausführung einer besseren Ord⸗ nung und Sicherheit geschafft werden müssen. Es giebt nun einen anderen Weg, den wir wohl mehr als einmal aus der Geschichte ken⸗ nen gelernt haben. Ich glaube, in dem Wollen und Streben der verjüngten Nation, in dem Sinne, der jetzt in ihr erwacht ist, liegt ein Mittel, Geld zu schaffen, ohne Steuern, ohne Tadel, ohne neuen Druck. Er liegt in dem vertrauungsvollen Wenden an die Edelher

zigkeit der Nation und der Bitte um ihre Hülfe.

Der erste Weg würde dann sein, freiwillige Beiträge für Erhaltung und Sicherung des Vaterlandes von derselben zu for⸗ dern. Ich glaube und fühle dies im eigenen vollen Herzen, ein solches Vertrauen wird nicht täuschen. Ich glaube sogar, daß unser constitutioneller König sich an die Spitze dieser Zeichnungen stellen wird, mit Ihm gewiß alle Mitglieder seines Hauses und daß kein Preußenherz sich ausschließen kann und wird, zur Rettung des Vater⸗ landes und' seiner Ehre, zu seiner Sicherung und zu seinem Fort⸗ schritt auf der neubetretenen Bahn, einen Theil zu opfern. Aber auch für den Fall, daß die Mittel, die durch einen solchen Beitrag beschafft werden, nicht ausreichten, so giebt es noch einen andern Weg, besser als jene beiden. Es ist die freiwillige Anleihe im Lande und zwar mit etwas erhöhterem Zinsfuß, als der jetzige. Dadurch wird sich der etwanige Ausfall, den ich jedoch bezweifle, decken lassen. Es giebt aber auch noch einen drütten Weg, um erhöhte Steuern zu vermeiden, die ein größeres Uebel herbeiführen würden, als das ist, welches wir durch sie umgehen wollen. Es ist die

Zwangs -Anleihe, die nicht, ohne Beispiel selbst in der neueren Ge⸗ schichte ist. Ganz gewiß ist sogar dies ein besserer Weg, As das Volk aufzuregen durch Erhöhung und den Druck doppelter Steuern. Ich trage also darauf an, die Meinung, die ich geäußert habe, dem besseren Ermessen der hohen Versammlung anheim zu stellen, und bitte den Herrn Landtags-Marschall, zu fragen, ob meine Meinung die nöthige Unterstützung findet.

Marschall: Ich halte dies für einigermaßen schwierig. Es sind von dem Redner 3 verschiedene Anträge gestellt, von welchen der eine den anderen ausschließt. Ich würde also vorerst zu vernehmen haben, auf welchen dieser 3 Anträge der Abgeordnete die Frage, ob er Unterstützung findet, gestellt zu sehen wünscht?

Abgeordn. Winzler: Ich würde dann bitten, die Frage auf meinen ersten Antrag zu stellen, nämlich die Anschaffung der Summen durch freiwillige patriotische Beiträge zu bewirken..

Marschall: Da nun ein bestimmter Antrag vorliegt, so ist zu ermitteln, ob der Antrag, durch freiwillige Beiträge die nöthigen Geldmittel herbeizuschaffen, die erforderliche Unterstützung findet.

ö (Es erhebt sich eine Anzahl Mitglieder.) Er ist unterstützt und wird eventuell zur Abstimmung kommen.

Finanz-Minister Hansemann: Meine Herren! Es ist nicht meine Absicht, jetzt in die von dem verehrten Abgeordneten, der eben das Wort hatte, gemachten Vorschläge näher einzugehen; nur Eine Be merkung wollte ich mir erlauben. Der geehrte Abgeordnete hat bei seinem Vortrage auch Sr. Majestät des Königs in Bezug auf Steuer⸗ Vorschläge erwähnt. Wir müssen sehr wünschen, daß bei der jetzigen Verfassung, wo die Verantwortlichkeit der getroffenen, so wie die Un⸗ terlassung der nicht angeordneten Maßregeln, die etwa von dem Ei—⸗ nen oder dem Anderen gewünscht werden, auf uns, die Minister, fällt, während der Diskussion Se. Masestät der König bei dergleichen Vor- schlägen nicht genannt werde. Wir haben nur Ehrfurcht und Treue für Se. Majestät auszudrücken, aber nicht den König in die Verwal— tungs-Maßregeln zu mischen. Denn die Verantworillichkeit fällt, ich wiederhole es, einzig und allein auf uns, die Minister.

(Bravo!! Einige Stimmen: Sehr gut!!)

Sodann würde ich Se. Durchlaucht den Herrn Landtags ) 2. ch t ͤ gs -⸗Mar⸗ schall bitten, den Bericht nicht in zwei Theile zu sondern, sondern . n gh, im . zur Debatte und demnächst zur Abstim— mun ingen. ine Sonderung dieser ? d Fil vas Minisze⸗ rium nicht annehmbar. g dieser Art ist für das Ministe Referent Abgeordn. Knoblauch: Ich e di * ch: Ich wollte mir die Bemerkun erlauben, daß der Vortrag, den wir gehört haben, am besten ö, hat, wie die neuen Vorschläge aus einem Abschnitt des Gutachten in den anderen hinübergehen und sich folglich über die ganze vor— liegende Angelegenheit verbreiten. Wenn Ew. Durchlaucht es daher genehmigen, würde ich mit Vorlesung des Abtheilungs t sortfahren. heilungs Gutachtens Marschall: Ich habe geglaubt, daß es zur Erleichterung der

Berathung dienen würde, wenn die beiden Hauptpunkte des Gut- achtens in der Berathung getrennt würden, bin aber bereit, von dieser Meinung abzugehen und die Berathung auf den Gegenstand im All— gemeinen übergehen zu lassen. Ob es zweckmäßig und thunlich sein wird, auch die Abstimmung in eine Frage zu bringen, oder ob zwei Fragen gestellt werden müssen, was ich bis jetzt noch glaube, wird

sich erst später mit Sicherheit beurtheilen lassen, wenn die Berathung!

ihren Fortgang genommen hat. Neferent Abgeordn. Knoblauch (liest vor):

II. Während die politische Entwickelung der bürgerlichen Ge— sellschast in den letzten dreißig Jahren leider zurückgehalten und n diesem langen Zeitraum die allmälige segensreiche Hinüben—- führung in freie vollsthümliche Zustände auf das unglückseligste verabsäumt worden ist, sind dagegen industrielle Unternehmungen auf die verschiedenste Weise und, wie man zugeben muß, in einem hohen, theils bewunderungswürdigen Maße ins Leben getreten. Allein auch hierbei ist in der Regel nur die Sache, viel zu wenig aber das sittlich. bargerliche Verhãltniß des Gewerbtreiberiden und Arbeiters, ins Auge gefaßt. Die dringendsten Mahnungen Haran sind allzulgnge

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unbeachtet geblieben. Eine Folge davon ist jetzt der ernste Zusam⸗ menstoß, in welchen die verschiedensten Interessen auf dem bezeichneten Gebiete gerade in dem Augenblick gerathen, in welchem das bisherige ere! zu stocken beginnt, während das neue noch nicht zu einem geregelten Umschwung gelangt ist. .

Die Aufgabe, auf welche Weise hier zu rathen und zu helfen ist, übersteigt für den Augenblick beinahe menschliche Kräfte. Dennoch ist das Andringen an die Regierung und nach allen Seiten hin in dieser Beziehung jetzt lebhafter als je; und zu der großen, in der Sache selbst und in den sich durchkreuzenden materiellen Interessen liegenden Schwierigkeiten gesellen sich theils Noth, theils nicht zu erfüllende Forderungen und vermehren die Verwirrung. 28

Wir geben uns indeß der Zuversiicht hin, daß der gesunde Sinn und der biedere Charakter unserer deutschen Brüder und Mitbürger auf dem Wege einer ruhigen Verständigung von beiden Seiten die rechten, zu einem erwünschten Ziele führenden Mittel auffinden wird;.

Die Regierung erkennt ihre Aufgabe, auch hierin hülfreich ein⸗ schreiten zu müssen, vollkommen an und verlangt eine vertrauensvolle Unterstützung seitens der Stände .

durch ihre Zustimmung zur Uebernahme einer Garantie bis zum Gesammlbetrage von 25. Millignen Thalern, um ge meinnützige Vereinigungen damit ins Leben rufen und unter⸗ stützen zu können, welche theils die Milderung vorüberge⸗ hender Zustände der Noth, theils die Erhaltung und För⸗ derung des Handels, gewerblicher und landwirthschaftlicher Inkteressen bezwecken.

Das Ministerium hat die Absicht, so viel es vermag, dahin zu wirken, daß bei Ertheilung der Garantie Verluste für den Staat möglichst vermieden werden. Auf das in der Allerhöchsten Botschaft enthaltene Votum, worin ein unbegränztes Vertrauen in Anspruch genom⸗ men wird, leistet das Ministerium in Folge der stattgehabten Berathungen Verzicht und ist auf unseren Wunsch bereitwilligst eingegangen, eine bestimmte, und zwar die eben gedachte Summe, als Maximum festzusetzen. Eine genaue Nachweisung, weshalb gerade eine Summe von dieser Höhe erforderlich sein wird, läßt sich freilich nicht geben. Es leuchtet aber ein, daß der Betrag nicht weiter beschränkt werden darf, wenn man bei den großen Erschütterungen, welche alle diese Verhältnisse im ganzen Staate erlitten haben, der Maßregel einen wirksamen Erfolg sichern will. ö

Eine Form aufzufinden und die Grundsätze auszusprechen, nach welchen die Hülfe gewährt und den Gesellschaften eine Unterstützung durch die Garantie des Staats in Aussicht gestellt werden soll, oder die Frage zu lösen, ob eine durchgreifende allgemeine Maßregel, wie die Begründung einer großen Natiönal-Bant, vorzuschlagen sei, haben wir vergebens versuchk. Eben so wenig hat das Ministerium be⸗ stimmte Vorschläge der Art gemacht, sondern nur allgemeine Andeu⸗ tungen gegeben. Die Verhältnisse sind nach den Erwerbszweigen und' den verschiedenen Landestheilen zu mannigfach, so daß nur in der freiesten Anwendung der verschiedengrtigsten Formen die Gewähr liegt, das eigenthümliche Bedürfniß wirklich zu treffen.

Schließlich kann die oft hervorgehobene Betrachtung nicht um⸗ gangen werden, ob der Vereinigte Landtag es vor dem Lande ver⸗ antworten könne, unmittelbar vor seiner Auflösung, in der nahen Aussicht auf eine neue, ganz veränderte Volksvertretung, mit dem in Rede stehenden Vertrauens -Votum eine so beträchtliche Geldbewilligung zu ertheilen. Wir bezweifeln dies nicht; ja, wir sind von der Ueberzeugung durchdrungen, daß die Verantwortlichkeit eine viel größere und schwerere sein würde, wenn wir, aus Besorg⸗ niß, derseiben zu entgehen, eine Zustimmung zurückhalten wollten, deren Verweigerung in dieser bewegten Zeit neue Stürme herbeifüh⸗ ren könnte, und wenn wir bei plötzlich einbrechenden Gefahren dem Ministerium die Mittel vorenthalten hätten, welche unumgänglich erforderlich sind, um unser Vaterland vor den schlimmsten Folgen zu bewahren.

Von diesem Gesichtspunkte aus erachten wir den gegenwärtig zum letzten Mal versammelten Landtag zur Abgabe einer solchen Er⸗ klärung eben so berechtigt wie verpflichtet.

Nicht minder sind die Mitglieder des Landtags in ihrer über- wiegenden Mehrzahl befähigt, die dem Lande aus ihrer früheren Wirksamkeit bekannten Rathgeber der Krone zu würdigen und ihnen mit vollem Bewußtsein das wohlverdiente Vertrauen zu schenken, welches sie durch den Muth und die aufopfernde Hingebung erhöhen, mit der sie in der gegenwärtigen schweren Zeit die verantwortliche Leitung der Staatsgeschäfte in dem festen Glauben an die große, unserem deutschen Vaterlande vorbehaltene Zukunft übernommen haben.

Endlich kamen folgende Fragen zur Abstimmung:

Beschließt die Abtheilung zu befürworten, daß die Regierung er—

mächtigt werde:

1) auf außerordentlichem Wege zum äußeren und inneren Schutz der Monarchie eine Summe von 15 Millionen Thalern zu beschaffen? . zur Herstellung des Kredits im Innern und zur Erhaltung von Handel, Gewerbe und Landwirthschaft Garantieen bis zum Gesammtbetrage von 25 Millionen Thalern unter der Voraussetzung zu übernehmen, daß möglichst gestrebt werde, Verluste für den Staat, welche diese Garantieen zur Folge haben könnten, zu verhüten.

Die erste Frage wurde von der Abtheilung einstimmig, die zweite

mit 17 gegen 2 Stimmen bejaht.

Berlin, den 8. April 1848.

Dritte Abtheilung der Vereinigten Kurien. Graf Loeben. Fürst Lichnowsky. von Hoverbeck- von Pat ow. Weiß. von Brodowski. Peterson. Roepell. Teßmann. Holzbrink. von Helldorff-Bedra. von Gu⸗ denau. Graf Jork-Wartenburg. Lensing. Knoblauch.

Marschall: Der Abgeordnete Winzler hat zu einer persönlichen Bemerkung das Wort. Abgeordn. Winzler: Der Herr Minister der Finanzen hat die⸗ jenige Erwähnung, die ich in Betreff Sr. Majestät des Königs in meiner Rede einfließen ließ, eine unpassende genannt; (Nein! Nein!) wenn auch der Ausdruck vielleicht nicht der buchstäbliche war, so war doch der Einwurf gegen meine Rede ein tadelnder, den ich jedoch zurückweisen muß. Ich habe von Sr. Majestät dem Könige, dessen Namen hier auszusprechen getadelt wird, nur im allerpassendsten . gesprochen, ich habe ihm ein Herz für sein Volk und guten . zugetraut, zur Linderung der Noth desselben beizutragen und in passender. Weise gesprochen und werde mich nie hindern r . Weise ferner von ihm zu sprechen. Ruf⸗ . . Freiherr von Baffron: Meine Herren! Als wir dem eu ln fn ä mln des Vereinigten Landtags folgten, haben wir das Yann gt. Pflicht und für unsere Aufgabe erachtet, uns um mit mseren , nenen Monarchie zu versammeln und sie , ,. stęn, Kräften zu unterstützen. Wir haben diese Auf⸗ gabe dadurch zu lösen gesucht, daß wir die Vorlagen, die man uns unterbreitete, mit Hintenansetzung aller Sonderinteressen gewissenhaft berathen haben, und so die Gruͤndlage der künftigen Verfassung der nach uns berufenen Volks Nepräsentation zur welteren Entwickelung überlieferten. Es ist nicht in Abrede zu stellen, daß die Vorlage,

welche uns jetzt überwiesen worden ist, einigermaßen überraschend für uns sein müßte, indem wir nur zur Berathung des neuen Wahl⸗ gesetzes uns berufen glaubten, aber aus der Auseinandersetzung des Ministerinms, so wie aus unserem eigenen Bewußtsein geht hervor, daß jene Vorlage durch die Dringlichkeit des Moments hervorgerufen wird. Es könnken Zweifel entstehen, ob der gegenwärtige Landtag aus inneren oder äußeren Rechtsgründen sich der vorliegenden Berg⸗ thung zu unterziehen habe; nach meiner Ansicht ist er, so lange nicht eine R neue Volksrepräsentation vorhanden ist, das verfassungs⸗ mäßige gesetzliche Organ, welches berechtigt und befugt ist, über diesen Gegenstand zu berathen und zu beschließen. Was den inneren Rechtsgrund anlangt, so verhehle ich mir die große Ver⸗ antwortlichkelt nicht, die wir gegenüber der Nation übernehmen, indem wir uns der Erledigung dieser Aufgabe unterziehen. Ich stimme aber mit dem Referat darin überein, daß, wenn wir diese Berathung, diese Beschlußnahme zurückwiesen, wir eine größere Verantwortlichkeit auf uns laden würden, als durch ihre Annahme. Das Ministerium hat zwei Gegenstände zur Berathung vorgelegt. Der erste beantragt einen Credit von 15 Millionen zur Ausrüstung der Armee für den Fall eines Krieges. Wir haben fürs erste vielleicht keinen Krieg zu befürchten; aber wir sind gewiß darin einverstanden, daß des Stoffes so viel vorhanden ist, daß es nur eines Funkens bedarf, um einen allgemeinen Weltbrand zu entzünden, der auch uns in einen Krieg nach Außen verwickelt. Preußens geographische und politische Lage fordert uns auf, in den ersten Reihen für Deutsch⸗ lands Freiheit zu fechten. Wir sind überzeugt, daß der Waffenruhm, der seit Jahrhunderten unser Eigenthum ist sich eben so bewähren wird, als in den verhängnißvollen Jahren 1813 und 15. Aben wenn auch das geistige Element vorhanden ist, so ist auch das materielle wesentlich nothwendig; es ist nothwendig, daß die Armee gerüstet dastehe und es ist eine bekannte Wahrheit, daß dem Kriege am Sichersten vorgebeugt wird, wenn man kampfgerüstet und schlagfertig ist. Ich kann mich nur vollständig mit der Bewilligung dieses Credits einverstanden erklären. Ueber die Art und Weise, wie derselbe zu beschaffen, halte ich es für zweckmäßig, dem Ministerium zu überlassen. Ob ein Darlehn aufgenommen werden soll, muß ich dahin gestellt sein lassen, oder ob es zweckdienlich ist, daß eine Auflage stattfindet; diese kann allerdings nur die wohlhabenden Klassen treffen, indem die ärmere Bevölkerung in der Gegenwart nicht zu neuen Lasten ange⸗ zogen werden kann, wie dies ein früherer geehrter Redner vor mir bereits gesagt hat. Aber große Zeiten erfordern große Opfer. Preußens Volk hat bewiesen, daß es in Zeiten wo dem Vaterlande Gefahr droht, zu jedem Opfer fähig ist.

Was den zweiten Punkt anlangt, die Bewilligung einer Garantie bis zu Höhe von 25 Millionen Thaler, so mag der Ausspruch dieser Summe bedenklich erscheinen; aber eine Garantie ist noch keine Schuld. Der Gesammtbetrag der Garantie soll sich auf 25 Millionen be⸗ laufen, und es ist ein Verlust in dieser Höhe nicht zu erwarten, sondern möglicher Weise nur ein kleiner Theil derselben, da bei der Uebernahme dieser Garantie das Ministerium gewiß die nöthige Vorsicht beobachten wird. Es ist nicht in Abrede zu stellen, daß der Geldverkehr, der Kredit, in hohem Grade gelähmt ist, daß Maßregeln nothwendig sind, um den Kredit, den allgemeinen Verkehr wieder herzustellen, weil sonst zu den sozialen und politischen Zer würfnissen sich materielle Störungen hinzugesellen würden, die noch verderblichere Folgen haben können. Außer den entwickelten Grün⸗ den habe ich noch einen anderen wesentlichen Grund bei dieser Be willigung anzuführen. Er ist moralischer und politischer Natur. Indem wir dem Ministerium dies Vertrauungsvotuñ bewilligen, zeigen wir, daß wir zu demselben volles Vertrauen haben, und ich glaube, daß unsere Beschlußnahme nicht ohne Anklang in der Nation, wenigstens in der großen Mehrheit derselben, bleiben wird. Vertrauen erweckt Vertrauen, es steigert das Selbst-Vertrauen die Kraft des Ministeriums, und indem wir dies offen vor dem Volke bethätigen, wird das Ministerium seiner Seits diejenige Kraft und Energie ent wickeln, welche erforderlich ist, um die gesetzliche Ordnung wieder herzustellen und die Mehrheit des Volkes, welche die öffentliche Ord⸗ nung als wahre Freiheit erkennt, wird sich diesen Maßregeln an— schließen.

Der Herr Minister des Innern hat in einer früheren Ver sammlung eine Erklärung abgelegt, welche gewiß in unserer Ver— sammlung, wie im Lande, den freudigsten Anklang gefunden hat. Ich hatte mir damals das Wort erbeten, um ihm dafür meinen Dank auszusprechen; ich hatte auf das Wort verzichtet, weil die Berathung zum Schlusse kommen sollte. Ich erlaube mir daher, diesen Dank heut auszusprechen, nicht blos dafür, daß der Herr Minister die Anwendung energischer Mittel zur Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung verheißen hatte, sondern hauptsächlich dafür, daß der Herr Minister in Aussicht gestellt hatte, daß die socialen Verhältnisse, daß die Zerwürfnisse, welche gegenwärtig namentlich auf dem Lande in einigen Provinzen herrschen, auf fried liche Weise im Wege des Gesetzes zur Lösung gelangen werden, und daß diese Aeußerungen als Friedeneboten in die Provinzen gelangen werden. Ich hatte damals gewünscht, mich über diesen Gegenstand weiter zu verbreiten; er gehört jetzt nicht hierher und ich breche des halb daͤvon ab. Denndch erlaube ich mir, es dem hohen Ministe rium dringend ans Herz zu legen, diesen Gegenstand als ene der ersten Vorlagen der nächsten volksvertretenden Versammlung zu über— geben, um denselben einer friedlichen Lösung bald entgegen zu führen. Ich habe die socialen Verhältnisse der Gegenwart in dieser Hinsicht längst erkannt, ich habe für ihre Auflösung im Wege des Gesetzes schon früher gewirkt und gestrebt, und wünsche, daß sie auf diesem Wege beseitigt werden. In direkter Beziehung steht dies zwar nicht in Verbindung mit der Vorlage, die uns jetzt zur Berathung vor liegt, wohl aber auf indirektem Wege, indem diese Maßregeln dazu dienen werden, die gesetzliche Ordnung zu befestigen und die vor⸗— handenen Uebeistände zu beseitigen. Aus diesen Gründen stimme ich für den Antrag des Ministeriums, und empfehle es Ihnen, meine Herren, dies Vertrauens votum auszusprechen.

Abgeordn. von Bismark⸗Schoenhausen: Dem vereinigten Land⸗ tage wohnt ohne Zweifel nach Lage der formellen Gesetzgebung noch heut dieselbe Kompetenz bei, welche er früher hatte; indessen hätte ich doch gewünscht, daß, nachdem die wesentlichen Grundlagen zu einer neuen Ordnung der Dinge, welche den Landtag beseitigt, bereits die Gesetzeskraft beschritten haben, daß das Gouvernement in der Versammlung, welche nach uns zusammentreten wird, eine wirksamere Stütze für die Durchführung seiner Maaßregel gesucht hätte, als der jetzige Landtag wenige Tage vor seiner Auflösung und gänzlichen Abschaffung gewähren kann. Der Zusammentritt dieser Versamm⸗ lung ist, dem Vernehmen nach, in wenigen Wochen zu erwarten. Für die Kürze dieser Zeit erscheint die geforderte Bewilligung, wenn wir die rz Million, ober vielmehr die 113 Million, welche sich noch im Staaksschatze befinden, denn von den 3 Millienen zur Realisation der Kassenanweisungen sind noch 2 Millionen disponibel, und von den 4 Millionen, welche im Jahre 1847. zu den. Roggenanläufen ver⸗ wendet sind, ist fast 1 Million wieder zurückgeflossen, wenn wir also diese 11 Million mit der geforderten Bewilligung zusammenbringen, so sind dies Mittel, deren Verwendung weit über die Periode hinaus⸗ geht, welche zwischen hier und dem Zusammentritt der nächsten Ver⸗ fammlung verfließen wird. Ich bedauere deshalb, daß dem Ver—

einigten Landtage zugemuthet worden ist, in demselben Augenblicke, wo er in das Meer der Vergessenheit gestürzt werden soll, sich noch mit dem Mühlstein einer Bewilligung von 40 Millionen zu belasten. Wenn indessen die Mehrheit der Versammlung entschlossen ist, auf die Berathung der Vorlage einzugehen, so scheint es mir, daß wir uns vor allen Dingen die Bedürfnißfrage hätten klarer machen müssen. Das geehrte Mitglied des vorigen Landtages, welches da⸗ mals die Stadt Anklam vertrat, sagte: Er halte es für die erste Pflicht einer ständischen Versammlung, da, wo es sich um Geldsachen handelt, es sehr genau zu nehmen. Ich glaube, daß wir uns von dieser Pflicht nicht um ein Haar weiter entfernen dürfen, als die dringendste Nothwendigkeit erfordert. Ich erinnere Sie daran, daß uns damals auf dieser Tribüne ein dünnes Heft als das preußische Budget vorgelegt und dies mit anderen umfangreicheren Budgets in eine nachtheilige Vergleichung gestellt wurde.

Jetzt wird von uns über das Budget hinaus die Bewilligung einer dem Budget fast gleichkommenden Summe verlangt auf Grund Eines Bogens Papier, der nur allgemeine Andeutungen und runde Millionen enthält. Ich gebe zu, daß die Zeit zu kurz gewesen ist, um erschöpfende Vorlagen zu machen, aber nicht, daß sie zu kurz war, um wenigstens mehr zu geben, als man gegeben hat, um sich nament⸗ lich darüber bestimmt und rechtsverbindlich zu erklären, nach welcher Steuermodalität man in dem Falle, daß eine freiwillige Anleihe nicht rathsam erscheint, die Aufbringung der Bedürfnisse ins Werk setzen will. Im Gegentheil verlangt man von uns die Uebertragung einer in Steuersachen diktatorischen Gewalt auf das Ministerium.

Ich gebe zu, daß der Vereinigte Landtag noch befugt ist, ein Steuer-Gesetz zu berathen und zu bewilligen, in welchem das Be— dürfniß klar nachgewiesen, der Modus des Aufbringens ins Klare gestellt und die beabsichtigte Verwendung, genau angegeben ist, nim⸗ mermehr aber kann ich dem Vereinigten Landtag das Recht einräu⸗ men, diese seine Befugniß in unbestimmter und allgemeiner Form auf das Gouvernement zu übertragen und das Land in Bezug auf Steueranlagen rechtslos hinzustellen. .

Ich protestire um so mehr dagegen, als aus den neusten Akten der Finanz-Verwaltung ich die Befürchtung schöpfe, daß das leitende System der Finanzen die Zustände unseres Vaterlandes mehr durch die Brille des Industrialismus auffaßt, als mit dem klaren Auge des Staatsmannes, der alle Interessen des Landes mit gleicher Unpar— theilichkeit überblickt; ich fürchte deshalb, daß bei der neuen Be⸗ lastung die Last vorzugsweise auf das platte Land und auf die klei⸗ nen Städte gewälzt werden wird, und daß die Verwendung der auf gebrachten Mittel überwiegend der Industrie und dem Geldverkehr der größeren Städte zu Gut kommen wird. Meine Herren, den meisten von uns ist gewiß, das, wie ich glaube, neueste sinanzielle Gesetz im hohen Grade unerwartet gekommen, durch welches in einer Zeit, wo die außerordentlichsten Ansprüche auf Bewilligung neuer Hülfsmittel an das Land gemacht werden, damit angefangen wird, ein Drittel der Mahlsteuer zu erlassen, und zwar ohne irgend welche vorgängige Berathung, durch ein Gesetz, welches unmittelbar aus den Ministe rial-Bürcaus in Gesetzeskraft getreten ist. Man mag über die Mahlsteuer denken wie man will, so kann ich doch nie glauben, daß der gegenwärtige Augenblick geeignet war, den Ertrag einer Steuer zu vermindern, die seit 30 Jahren gezahlt wird, und unter deren Wirksamkeit die Bevölkerung der Städte, wo sie erhoben wurde, durch massenhafte Einwanderung der arbeitenden Klassen gewachsen ist; eine Steuer, die gerade jetzt, wegen des niedrigen Preises der Brodfrüchte, weniger drückend ist, als in den letzten 12 Jahren.

Wäre diese Steuer so unerträglich, daß sie trotz aller Bedenken jetzt in diesem Augenblick erlassen werden mußte, so müßte sie auch gänzlich abgeschafft werden, nicht aber konnte man den Städten liberlassen, sie mit ihren Nachtheilen beizubehalten und ihnen in diesem Fall des Rohertrages als Zuschuß für ihre Armenpflege, Prämie zahlen. Meine Herren, wer soll die Kosten dieses Geschenks aus der Staatskasse an die Städte tragen, Niemand als das platte Land und die kleinen Städte. Denn die in Aussicht gestellte höhere Be⸗ steuerung der Reichen, kann, wegen der geringeren Anzahl derselben, auch bei der höchsten möglichen Besteuerung, keinen bedeutenden Aus⸗ fall' decken, wie uns das der Herr Finanzminister selbst im vorigen Jahre an der preußischen Klassen- und der englischen Einkommen⸗ steuer überzeugend dargethan hat. Ich kann daher jenem Akt unse rer Gesetzgebung kaum einen anderen Grund unterlegen, als den einer captalio benevolentiage für den die größeren Städte beherr⸗ schenden Zeitgeist, indem man die Bevölkerung dieser Städte durch eine neue Konzession für Ruhe und Ordnung hat gewinnen wollen. Meine Herren, auch wir in der Provinz sind entschlossen, Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten und dieselbe, wo sie auch gestört wer den mag, wenn es Noth thut, mit den Waffen in der Hand herzu stellen; aber wir sind nicht entschlossen, sie zu erkaufen durch eine ungleiche Besteuerung zu Gunsten der großen Städte. Auf Grund dessen, was ich gesagt habe und auf Grund manches Anderen, was ich nicht gesagt habe, weil es in Persönlichkeiten übergegangen wäre, kann ich nicht dafür stimmen, daß, so lange das jetzige System an der Spitze des Finanz⸗Ministeriums steht, das Gouvernement autorisirt werde, gerordentliche Geldbedürfnisse auf eine andere Weise auf⸗ zubringen, als durch freiwillige Anleihen, oder, wenn das nicht thun⸗ lich ist, durch solche Steuern oder gezwungene Anlehen, über deren Veranlagung und Maßstab man sich zuvor genau und in rechtsverbindlicher Art mit den Ständen geeinigt hat. Nur unter dieser Bedingung kann ich mich damit einverstanden erklären, die 15 Millionen für die Mobilmachung der Armee zu bewil UÜgenz natürlich unter der Voraussetzung, daß diese Summe und jeder Theil derselben zu keinem anderen Zwecke als dem genannten ver⸗ 2 werden, darf, und insoweit er hierzu nicht gebraucht wird, disponibel bleiben muß. . Betreff der ferneren Garantie für 25 Millionen stimme ich für entschiedene Ablehnung derselben, weil ich nicht glaube, daß durch eine derartige Unterstützung der Industrie, die schon an Ueber- Production wegen Mangels an Consumo leidet, die Ruhe im Lande auf die Dauer gesichert werden kann, und daß damit nichts weiter, geschehen würde, als diese oder eine geringere Summe dem. Vermögen der Steuerpflichtigen zu entziehen, um sie in den bodenlosen Brunnen der Bedürfnisse einer wankenden Industrie zu schütten.

Abgebrdn. Röpell:

geo ö Meine Herren! Als Mitglied der Abthei⸗ lung bin ich verpflichtet, das Gutachten derselben zu vertheidigen, und ich glaube, dies aus guten Gründen auch thun, wie vor dem

ganzen Volk verantworten zu können. Der Scheitelpunkt der ganzen Botschaft und des ganzen Gutachtens der Abtheilung ist ein Ver trauens⸗Votum in Geld⸗Angelegenheiten; der Gegensatz wäre ein Mißtrauens-Votum, ein Abgang des Ministeriums und dessen schlimme Folgen. Es sind schon oft hier die Worte gehört worden: wir vertrauen dem Ministerium; soll dies nicht eine leere Floskel sein, so müssen diese Worte zu Thaten werden; diese können es aber nicht sein, sobald wir sagen, wir wollen nach vier Wochen darüber berathen, was hier zu thun ist, oder wir wollen es unseren Erben überlassen. Es ist eben so wenig eine That des Verttauens, wenn wir sagen, es ist uns nicht genau auseinandergesetzt worden, auf welche Art das Geld zu beschaffen sei. Das Ministerium mache genauere Vorschlãäge. Ich glaube nicht, daß man, wenn man Vertrauen hat, sagen wird, ich will selbst bestimmen, wie heute oder morgen verfah⸗

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ren werden soll; ich will selber Minister sein, will selbst an⸗ ordnen, was geschehen sollꝛc.; es würde eben so wenig eine That des Vertrauens fein, wenn man glaubte, die Minister aus Anderen ersetzen zu können. Wenn man sie in einem anderen Theile des Al⸗ phabets suchte, wenn man anderen Leuten die Ministergeburt erleich⸗ terte. Da also mit Thaten das Vertrauen bewiesen werden muß so müssen wir auch dieses Vertrauens Votum abgeben, nachdem di Abtheilung geprüft, wie uns vom Ministerium ein richtiges Verlan⸗ gen vorgelegt sei, nachdem wir eine gengue Darlegung der Finanz⸗ fräfte des Staats in den zu den Protokollen der Abtheilung Üüberge— benen Finanz-Abschlüssen erhalten. Das Ministerium verlangt Geld zum Schutz nach innen und nach außen, und ich glaube, daß die Summe Lon 15 Millionen keine zu hohe ist. Zum Schutze nach innen glaubt das Ministerium genügende Mittel in den Millionen zu haben, die sich in dem Staatsschatze befinden; außerdem verlangt das Ministerium eine Garantie von 25 Millionen. Diese 25 Mil⸗ lionen sind weiter nichts, als eine Bürgschaft in der Art und Weise, wie wir sie sehr oft austheilen, z. B. bei Sparkassen, damit die Summen der Gelder, die in sie geborgt werden, gesichert sind. Wenn das Ministerium eine solche Summe verlangt, so wird es nicht eine einzelne Provinz dabei begünstigen oder eine andere dabei beschrän⸗ ken. Es würde unserer Volksvertretung ganz zuwider sein, wenn wir dies wünschten, ich befürchte keinen so provinziellen Standpunkt, keine provinzielle Jalousie. Ich sehe ferner in dem Verlangen des Ministeriums einen Fortschritt des Constitutionalismus; in seinen Vorlagen legt es, so zu sagen, den alten Zopf ab, der uns so lange genirt hat. Wir haben Minister, welche die Interessen des Handels, der Gewerbe und des Ackerbaues ins Auge fassen. Dies beweisen sie dadurch, daß sie dem Handel, Gewerbe und Ackerbau helfen wollen, wie ihm geholfen werden muß, nicht mit Geld, sondern mit Garantieen. Wie dies Alles geschehen kann und soll im Einzelnen, ist eine andere Frage, und ihre Löfung müssen wir dem Ministerium vertrauensvoll und ganz überlassen; denn mit jedem Morgen haben die Verhältnisse sich an⸗ ders gestaltet, und wir können, wir dürfen also dem Ministerium nicht sagen, daß seine Zwecke in diesen kritischen Zeiten durch Steuern oder durch eine Anleihe am besten zu erreichen seien. Wir müssen ihnen vollständig das Wie überlassen, denn gerade darin beruht unser Ver⸗ trauen! Ich stimme nun dafür, beide Fragen der Abtheilung mit dieser zu bejahen. Es kam in der Abtheilung noch ein anderer Punkt zur Sprache, nämlich der Wunsch, das Ministerium möchte die Ge⸗ setze, welche den Zinsfuß beschränken, nebst den Wuchergesetzen auf— heben. Ich habe dafür gestimmt; die Abtheilung aber war dagegen, dem Landtage diesen Vorschlag vorzulegen, weil er formell nicht richtig sei, weil das Propositions-Dekret nichts davon besage. Ich glaube aber, daß es jetzt gerade der richtige Moment ist, die den Zinsfuß beschränkenden Gesetze aufzuheben; gerade die freie Konkur— renz wird der beste Regulator im Geldverkehr sein und uns die ver- steckten baaren Bestände aus den Truhen und Gruben hervorlocken. (Bravo!)

Abgeordn. Schauß: Was die Kompetenz- Frage angeht, so schließe ich mich den Herren an, welche die Tribüne vor mir verlassen und ausgesprochen haben, daß der hohe Landtag die volle Befugniß besitze, ein Vertrauens-Votum zu geben. Ich schließe mich auch ihnen insofern an, daß ich dem Ministerium das Vertrauen gebe, für den Fall eines Krieges 15 Millionen Thaler zu beschaffen, in der Art, und Weise, welche dem Ministerium die geeignetste zu sein scheint; denn ich kann heute nicht ermessen, welche Wege zur Be⸗ schaffung augenblicklich eingeschlagen werden müssen, welche möglich sein würden. In dieser Hinsicht gebe ich allerdings dem Ministerium ein ganz volles Vertrauen. Ich komme nun zu dem zweiten Punkt, wo es auf die Garantie ankömmt, die für den Betrag von 25 Millio nen Thalern gewährt werden soll. Ich muß mich, wenn die hohe Versammlung bisher es sehr geliebt hat, was ich anerkenne, sich auf den Rechtsboben zu stellen und nur auf ihm sich zu bewegen, mich veranlaßt fühlen, diesen Boden zu erweitern, ihn zu verbinden mit dem Boden des praktischen Lebens und die zur Erörterung stehende Frage aus meiner praltischen kaufmännischen Erfahrung beleuchten. Hier muß ich sagen und in gewisser Beziehung dem Redner aus der sächsischen Ritterschaft beitreten, daß ich für die kurze Dauer, wofür diese Garantie gegeben werden soll, die Summe von 25 Millionen außerordentlich hoch, ja, überflüssig hochgegriffen erachte. Wenn selbst die Kredit- Justände des Landes sich in sehr schlimmer Lage be⸗ finden, so ist das Land doch so diskreditirt nicht, daß man eine solche Summe zu bewilligen nöthig hätte. Die Uebernahme einer Garan tie ist analog einer Schuld, die ich garantire. Wenn ich die Bürg schaft einer Schuld aber übernehme, so muß ich auch die Mittel be⸗ sitzen, die Bürgschaft lösen zu können, und wenn ich die Mit⸗ tel nicht selbst besitze, so sollen sie mir wenigstens so zur Seite stehen, daß ich augenblicklich darüber verfügen kann. Nach den Vorlagen, die mir übergeben worden sind, kann ich den preußischen Staat heute nicht im Besitz der Mittel halten, die Summe von 25 Millionen sofort decken zu können. Es ist nun auch nicht angegeben worden, auf welche Weise diese 25 Millionen event. beschafft werden können; es ist mir zwar anderen theils gesagt worden, es sei nicht denlbar, daß der Staat in die Lage kommen werde, diese 25 Millionen wirklich zu zahlen; das aber kann keine Beruhigung geben. Allerdings und immer kann, wenn ich eine Bürgschaft leiste, der mögliche Fall eintreten, für dieselbe aufkommen zu müssen, und ich muß als vorsichtiger Kaufmann also sagen, daß ich keine Garantie übernehmen kann, wenn zu ihrer Del⸗ kung ich nicht die Mittel besitze oder wenigstens nicht bestimmt weiß, wie und woher sie mir zu schaffen. Ich bemerkte, daß ich die ge⸗ forderte Summe eine zu hohe nennen muß; ich halte dafür, daß man mit einer ungleich geringeren auskommen kann für eine so kurze Periode von 1, 2 bis 3 Monaten. Es kommt darauf an, daß man den Kredit auf alle mögliche Weise durch das Hervorrufen eines größeren Vertrauens stärke. Dieses kann aber auch durch andere Maßregeln geschehen. In diesem Bezug habe ich mir erlaubt, einen Antrag zu sormiren, auf welchen später zurückzukommen ich die Ehre haben werde. Sollte die Versammlung dazu bereit sein, die Garantie zu übernehmen, so möchte ich sagen, daß eben durch solche Bewilli gung das Vertrauen eher schwinden als gehoben werden könnte; man müßte sich sagen, daß für die kurze Zeit, für welche der Land— tag eine Bewilligung eintreten zu lassen hat, die Forderung abnorm, ja als eine Unsumme zu betrachten sei. Will man die Arbeit so fördern, daß Ueberprodukte geschafft werden, dann würde man in der Folgezeit, wenn der Mangel an Absatz bleibt, vielleicht gar zunimmt, freilich viel Production, aber keinen Absatz erzielt haben, und man würde immer wieder in dieselbe Kalamität hineingerathen, aus der man jetzt eben heraus will. Ich muß sagen, daß auch in dieser Be⸗ ziehung ich dem Redner aus der sächsischen Ritterschaft beipflichte, um so mehr, als es mich ebenfalls überrascht hat, daß das Ministe⸗ rium in dem Moment, wo es unsere Noth uns vor Augen führt, für die Städte ein Drittel der Mahlsteuer erläßt. Ich kann mir sehr wohl sagen, daß das Ministerium sehr richtig erfaßt hat, daß die Städte, im Verhältniß zu den übrigen Klassen des flachen Landes, hoch überbürdet worden sind, und daß es in dieser Rücksicht den Städten hat einen Ersatz geben wollen für das, was sie zu viel zahlen. Ich erkenne dies dankbar an, um so mehr, da ich selbst ein Städter bin und meine Vaterstadt Nutzen daraus zieht. Indeß muß ich doch sagen, der ge—

wählte Augenblick war immer nicht der ganz geeignete; ich glaube aber, daß das Ministerium nicht lange wird auf sich warten lassen und für die Wohlthat, die den Städten hier auf der einen Seite zu- gebilligt worden ist, auf der anderen Seite Pflichten eben diesen Städten auferlegt werden dürften, wodurch die Wohlthat gar sehr verringert werden wird.

z Gelächter.)

Hierin möchte, so glaube ich, der verehrte Redner aus der säch· sischen Ritterschaft einigs Beruhigung finden können. Was nun, ich komme darauf zurück, die Garantie der 25 Millionen angeht, so muß ich mir sagen, daß für mich nebenbei noch eine Täuschung darin liegt. Das Ministerium will durch die Uebernahme einer Garantie die Pri- vaten veranlassen, Mittel zusammenzuschießen, aus denen so die in⸗ dustriellen wie ländlichen Zwecke Bef iedigung erhalten können. Da muß ich zu bemerken mir erlauben, daß eine bloße Bürgschaft nur in sehr wenigen Fällen den Leuten, die eben im Besitz des Geldes sind, Veranlassung geben könnte, ihre Gelder ausströmen zu lassen, um da- w, m Zwecke zu erwirken. Ich glaube im Gegentheil, daß die Leute, die heute mit ihren Baarschaften zurückhalten, auch troß dieser i. sie eben sowohl zurückhalten werden; daß namentlich Land- Bewohner, von denen ich gehört, daß sie das schöne, edle Metall in die Erde vergraben, schwerlich die Grube öffnen werden.

Schwerlich, wiederbole ich, würden solche von Angst erfüllte Gemüther, welche ihr Geld heute in eisernen Gefäßen vergraben halten, die Gruben öffnen und ihr Metall sich ergießen lassen, um Banken zu stiften, gleich wie der reißende Strom in seinem unauf⸗ haltsam kilenden Laufe dabin fluthet, um sein Grab in dem großen, welten Meere zu finden. Die Garantie, von einem Staate übernom- men, welcher eben augenblicklich nichts mehr entbehrt, als das baare Geld, welcher gleichwohl aber der Schulden ohnehin noch genug hat, würde die Gelbbesitzenden zur Herausgabe der baaren Werthmittel nicht vermögen, und die projektirten Banken würden durch sie also gewiß nicht zur Verwirklichung gelangen können. Appellirt man nun aber an die Banquiers, Industriellen u. s. w., so sind das gerate diejenigen, welche heute am meisten gedrückt sind, denen das Geld eben Roth thut, und diese können folgerichtig also keine kaaren Mit⸗ tel hergeben. Darum halte ich die Maßregel theiln eise auch als eine täuschende. Nun habe ich mir erlaubt, einen Vorschlag anderer Art zu machen, den ich jetzt näher motwiren will. Was uns Noth thut, ist eben das, daß wr uns baare Geldmittel schaffen. Voraus- schicken muß ich, daß es auch mein ernster Wille ist, das Ministerium zu stützen und zu kräftigen, so viel nur immer an mir, so weit es nur mmer mit meiner Ueberzeugung vereinbar, für die Dauer vorläufig von 2 bis 3 Monaten erforderlich ist. Hier nun denke ich, und den Anirag werde ich stellen können; ich glaube, ein Jeder von uns hat die Befugniß, Anträge hier zu stellen; ich denke mir, wenn das hohe Ministerium durch den Landtag ermächtigt würde, eine Zwangs-Anleihe (von einer freiwilligen Anleihe verspreche ich mir gar nichts; es scheint mir dies eine Illuston zu sein) ins Le⸗ ben zu rufen, auf Höhe von resp. etwa 5 bis höchstens 8 Millionen Thaler, daß eine solche Maßregel von dem besten Erfolge sein würde. Zu dieser Zwangs Anleihe würde Jeder sein Scherflein liefern müssen, der, welcher die Metalle vergraben hat, und der Andere, der sie im Kasten hält und darauf sitzt. Es würde also jeder Begüterte dazu beitragen müssen. Wenn ich mir nun aber sage, ich hätte mir 8 Mil⸗ lionen auf solche Weise verschafft, gegen Obligationen zu etwa 4 pCt. jährlicher Zinsen, und es könnte über diese resp. 5 oder 8 Millionen Rihlr. baar verfügt werden, so würden daraus die 8 Provinzen der Monarchie zu gleichen Theilen Unterstützung zu erhalten haben. Diese Unterstützungen wären als ein Stammkapital für solche Diskonto⸗ und Lombardbanken zu betrachten, die nun in den Provinzen durch Pri⸗ vaten ins Leben gerufen würden und denen zur Beruhigung und Sicherstellung diese Millionen übergeben würden, um den bei ihrer Geschäftsführung etwa möglichen Verlust daraus zu decken. Alsdann hat der Privatmann, der mit 1090) Rthlr. oder 2000 Rthlr. hinein⸗ geht, der sich die Verwalter selbst gewählt hat, eine Garantie, er hat die Garantie, daß sein Geld bei der Bank, die ohnehin mit aller Vorsicht nur leihen würde, voll gesichert ist.

Für den Fall, daß ein Ausfall einträte, wäre man bis zu 1 Mil- lion Thaler vollkommen gedeckt. Damit, glaube ich, könnte man un⸗ endlich viel leisten. Ein Ausfall von 1 Million kann bei einiger Vor sicht bei 10 15 Millionen Thaler Geschäfts⸗-Umsatz kaum eintreten. Dann braucht man aber keine Garantie von 25 Millionen und hat, um möglicherweise das Zehn- und Mehrfache in Umsatz zu bringen, nur 8 Millionen aufs Spiel gesetzt, die aber auch nicht einmal ver— loren sein würden. Haben sich die Verhältnisse erst wieder geordnet, was über kurz oder lang eintreten muß, so wird die Rückzahlung des vorgeschossenen Stammkapitals mit nicht großen Schwierigkeiten, in- soweit es nämlich noch vorhanden, zu ermöglichen sein und dann wieder zur Tilgung der Zwangs Anleihe seine Verwendung finden können. Würde man mir einwenden, daß aber dadurch jetzt wieder eine neue Zinslast aufgelegt würde, so weiß ich auch dafür Abhülfe. Die Viskonto-Bank verleiht nur gegen Zinsen. Man kann auch diese Million verwenden, man könnte selbst auch zur Hälfte des vorhande⸗ nen baaren Fonds noch Papiergeld emittiren und so die Banken nicht allein lukrativer, sondern für das allgemeine Wohl selbst noch wirk⸗ samer hinstellen. So müßten diese Millionen aus dem Zinsertrage denn aber auch den Zinegenuß erhalten, so weit dies möglich ist, woraus hinwiederum die angeliehenen 8 Millionen zu verz nsen wären. Müßte etwas in letzterem Bezug zugeschossen werden, so müßte dies der Staat natürlich leisten. Das ist mein ergebenster Vorschlag, den ich Ihrer und des hohen Ministeriums Prüfung un⸗ terstele. Ich habe für die 15 Millionen mich ausgesprochen; ich spreche mich aus für Zurückweisung einer Garantie-Uebernahme von 25 Millionen Thaler, wohl aber fürs Inslebenrufen einer Zwangs⸗ Anleihe von 5 8 Millionen Thaler, um damit Privat⸗Banken in den einzelnen Provinzen je mit 1 Million Thaler zu dotiren, welche zugleich zur Deckung eines etwaigen Verlustes dienen können und sollen.

Finanz-Minister Hansemann: Meine Herren, im Laufe der bis⸗ herigen Verhandlungen sind mehrere Vorschläge gemacht worden. Das Ministerium hat in der Abtheilung, so wie es auch hier der Fall sein wird, nicht genau gesagt, welche Art der Aufbringung der Fonds und welche Weise zur Bekämpfung der Verlegenheiten es wählen würde. Es ist in der Abtheilung nur beispielsweise angeführt worden, wie in einer oder der anderen Weise, vermittelst Garantien, möglicher weise oder wahrscheinlicherweise würde geholfen, werden können. Es ist nun nicht unsere Sache, zu prüfen, ob dieser oder jener Plan, der hier vorgebracht ist oder vorgebracht werden möchte, zur Ausführung geeignet sei. Denn nicht das ist es, was wir herbeigeführt zu sehen wünßschen, daß Sie einen bestimmten Plan hier diskutiren und geneh migen. Das würde gleich sein der Vorlage eines Gesetzes, nach welchem in der und der Weise so und so viel Fonds aufzubringen wären. Es handelt sich vielmehr darum, in außerordentlicher Zeit dem Ministe- lum die Mittel zu geben, in außerordentlicher Weise großen Bedürfnissen, wenn auch nicht ganz zu genügen, doch insoweit ihnen zur Hülfe zu kommen, als es irgend möglich ist. Wenn ich noch wenige Worte in Bezug auf das, was speziell vorgekommen, erwiedere, so soll dies nicht eine Prüfung der Ausführungen des einen oder des anderen Planes sein, sondern nur dazu dienen, Ihnen darzustellen, daß es sich hier wirkich