1848 / 1 p. 3 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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it den Fictionen der Macht bekleidetes Reichsoberhaupt nur anders, 3 in 9 erblichen Dynastieen seine geborenen Gegner erblicken? Je kraftvoller ein solches Reichoberhaupt auf den ihm übertragenen Rechten hielte, um so gewisser sähe sich das deutsche Volk in den verderblichsten inneren Zwiespalt, den gefährlichsten Kampf der Pflich- ten hineingerissen. Nicht unwahrscheinlich würde die eine und un⸗ theilbare Republik, mit einem Präsidenten an der Spitze, den Sieg davontragen, aber sicherlich nur auf einem mit deutschem Bürgerblut bespritzten Pfade; denn es ist eine Fabel, die allein in der verzeh⸗ renden Unruhe der letzten Wochen vorübergehenden Glauben finden konnte, als sei aus den Herzen der Deutschen die Geltung ihrer Fürstenhäuser auf einmal verschwunden. Diese werden vielmehr in dem Volksbewußtsein eine um so freundlichere Stätte finden, weil sie dem allgemeinen Wohle schmerzliche Opfer gebracht haben. Darum darf der Anfang unserer neuen Ordnung keineswegs mit der Bestel⸗ lung eines wechselnden Oberhauptes gemacht werden, und die Mehr⸗ zahl unserer Versammlung hat, indem sie den fünften Paragraphen genehmigte, mit sicherer Lleberzeugung jede Richtung zu diesem. Ziele hin aus ihrem Plan entfernt, denn der Gedanke, daß sich späterhin wohl auf eine Bahn zurückkommen lasse, die man, in schwankender Zeit schwankend gesinnt, jetzt zu betreten zagt, gehört den verderb— lichsten aller Täuschungen an. Was in dieser Richtung gelingen soll, muß unverzüglich geschehen. Wenn Deutschlands einträchtiger Fürsten⸗ rath der großen . zu Frankfurt am Main einen deut⸗ schen Fürsten seiner Wahl als erbliches Reichsoberhaupt zur Annahme zuführt, dann werden Freiheit und Ordnung auf deutschem Boden sich versöhnt die Hände reichen und fürder nicht von einander lassen. “)

Entwurf des deutschen Reichs grundgesetzes.

Da nach der Erfahrung eines ganzen Menschenalters der Mangel an Einheit in dem deutschen Staatsleben innere Zerrüttung und Herabwürdigung der Volksfreiheit, gepaart mit Ohnmacht nach Außen hin, über die deutsche Nation gebracht hat, so soll nunmehr an die Stelle des bisherigen deutschen Bundes eine auf Nationaleinheit gebaute Verfassung treten.

Artikel J.

Grundlagen.

§. 1. Die zum bisherigen deutschen Bunde gehörigen Lande, mit Einschluß der neuerdings aufgenommenen preußischen Provinzen und des Herzogthums Schleswig, bilden fortan ein Reich (Bundes⸗ staat) **). 2. Die Selbstständigkeit der einzelnen deutschen Staaten wird nicht aufgeboben, aber, so weit es die Einheit Deutschlands fordert, beschränkt. Diese Beschränkung liegt theils darin, daß ein⸗ zelne Staatsangelegenheiten fortan ausschließlich der Reichsgewalt anheimfallen (. Art. II), theils darin, daß dem Volke gewisse Grundrechte und Einrichtungen von Reichswegen gewährleistet wer⸗ den (s. Art. IV.)

Artikel II.

Bedeutung des Reichs. .

S. 3. Der Reichsgewalt steht fortan ausschließlich zu: 2) die völkerrechtliche Vertretung Deutschlands und der einzelnen deutschen Staaten nach Außen, mithin das Recht der Verträge und des ge⸗ sammten diplomatischen Verkehrs zu diesem Zweck; imgleichen die Ueberwachung der von den einzelnen Staaten unter sich oder mit dem Auslande abzuschließenden Verträge. (Ständige Gesandtschaften zwischen den einzelnen Staaten finden nicht weiter statt; h) das Recht über Krieg und Frieden; c) das Heerwesen, beruhend auf stehendem Heere und Landwehr, und auf dem Grundsatz der allge⸗ meinen Wehrpflicht ohne Stellvertretung; d) das Festungswesen; e) die Sicherung Deutschlands,s zur See durch eine Kriegsflotte und Kriegshäfen; () das Zollwesen, so daß das ganze Reich ein Zollgebiet bildet; 97 das Postwesen; h) Gefetzgebung und Oberauf⸗ sicht iiber Wasserstraßen, Eisenbahnen und Telegraphen; i) Ertheilung von Ersindungspatenten, die sich auf das ganze Reich erstrecken; F) die Gesetzgebung im Gebiet des öffentlichen und Privatrechts, in so weit eine solche zur Durchbildung der Einheit Deuͤtschlands erfor⸗ derlich ist, wohin insbesondere ein Gesetz über deutsches Heimaths— recht und Staatsbürgerrecht, so wie ein Gesetz über ein für ganz Deutschland gleiches Münz-, Maaß- und Gewichtssystem gehört; ) die Gerichtsbarkeit in dem unten (5. 24) bezeichneten Umfange; m) die Verfügung über sämmtliche Zoll- und Posteinkünfte und, so⸗ fern diese und sonstige Reichseinnahmen (Taxen, Konzessionsgelder u. s. w.) nicht ausreichen, die Belegung der einzelnen Staaten mit

Reichssteuern. hest Artikel III.

Verfassung des Reichs.

S. 4. Die Fülle der Reichsgewalt ist in dem Reichsoberhaupte und dem Reichstage vereinigt. Die Verwaltung einzelner Zwelge derselben geschieht durch eigene Reichsbehörden, an deren Spitze Reichsminister stehen; die Gerichtsbarkeit insbesondere übt ein Reichs⸗ gericht aus. A. Das Reichsoberhaupt.

§. 5. Die Würde des Reichsoberhaupts (deutschen Kaisers) soll um der Sicherstellung der wahren Wohlfahrt und Freiheit des deut⸗ schen Volks willen erblich sein. 8. 6. Das Reichsoberhaupt residirt zu Frankfurt a. M.; es bezieht eine mit dem Reichstage zu verein⸗ barende Civilliste. 5. 7. Der Kaiser hat die vollziehende Gewalt in allen Angelegenheiten des Reichs, ernennt die Reichsbeamten und die Offiziere des stehenden Heeres und der Marine, sowie die Stabs— Offiziere der Landwehr; desgleichen verfügt er über die Vertheilung des stehenden Heeres. Auch zur Ertheilung von Erfindungspatenten (G. 3. i) bedarf es der Zustimmung des Reichstages nicht. 5. 8. Dem Kaiser steht die außerordentliche Berufung (vergl. §. 18.), die Vertagung, Schließung und Auflösung des Reichstages zu. Die Beschlüsse des Reichstages erhalten durch seine Verkündigung' verbind= liche Kraft für alle Theile des Reichs. Er erläßt die zur Vollziehung der Reichsgesetze nöthigen Verordnungen. Das Recht des Vorschlags und der Zustimmung zu den Gesetzen theilt er mit dem Reichstage. S. 9. Der Kaiser bt die völkerrechtliche Vertretung Deutschlands und der einzelnen deutschen Staaten aus. Von ihm werden die Gesandten und Konsuln ernannt und bei ihm beglaubigt. Er schließt die Verträge mit auswärtigen Staaten und überwacht die Verträge der einzelnen deutschen Staaten (6. 3 4). Er entscheldet über Krieg und Frieden. S. 10. Der Kaiser ist unverletzlich und unverantwort? lich, dagegen müssen alle von ihm ausgehenden Verfügungen von

Verzeichniß der dem Bundestage beigeordneten Vertrauensmänner, welche an der Berathung des vorstehenden Entwurfs Theil genommen haben. Oesterreich: von Schmerling aus Wien, und von Som ma— ruga aus Wien. Preußen: Dr. Dahlmann aus Bonn. Bayern: (nicht vertreten). Königreich Sachsen: Todt aus Adorf. Hannover: Dr. Zachariä aus Göttingen. Württemberg: Dr. Uhland aus Tübingen. Baden: Bassermann aus Mannheim. Kurhessen: Dr. Bergk aus Marburg. Großherzogthum Hessen: Dr. Langen aus Rheinhessen? Hol- ein: Dropsen aus Kiel. Luxemburg: illm ar aus Luremburg. ächsische Häuser: von der Gabelentz aus Altenburg und Luther aus Hen n Braunschweig und Nassau: von Gagern aus Wies= baden. Mecklenburg: Stever aus Mecklenburg. Oldenburg u. s. w.: Dr. Albrecht aus enn; 16. Stimme: Jaup aus Darmstadt und Petri aus Detmold. Freie Städte: Dr. Gervinus aus Heidelberg. ) Wegen des Großherzogthums Posen und des Istrianer Kreises wird

eine Bestimmung vorbehalten.

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wenigstens einem der Reichsminister unterzeichnet werden, zum Zeichen der Verantwortlichkeit desselben für die Zweck und Gesetzmaßigkeit der Verfügung, Der Mangel einer solchen Unterschrift macht die

Verfügung ungültig. B. Der Reichstag.

§. 11. Der Reichstag besteht aus zwei Häusern, dem Ober⸗ hause und dem Unterhause. §. 12. Das Oberhaus besteht aus höchstens 20) Mitgliedern, nämlich: 1) aus den regierenden Fürsten. Sie haben das Recht, einen Stellvertreter zu schicken, der aber im Laufe einer Sitzungsperiode nicht abgerufen werden darf; ) aus einem Abgeordneten von jeder der 4 freien Städte, welche die Re⸗ gierungen mindestens für die Dauer einer Sitzungsperiode schickt; 3) aus Neichsräthen, welche aus dem Kreise der bewährten Verdienste

des Vaterlandes von den einzelnen Staaten auf 12 Jahre gewählt!

werden, so daß alle 4 Jahre ein Drittel austritt. Die Wahlberech= tigung ist unter den einzelnen Staaten mit Rücksicht auf deren Be⸗ völkerung vertheilt. In Staaten, die nur einen Reichsrath schicken, steht das Wahlrecht den Ständen und in den freien Städten den gesetzgebenden Körpern, in solchen, die mehrere schicken, steht es zur Hälfte den Ständen, zur Hälfte den Regierungen zu „); die Reichs— räthe müssen dem Staate, von dem sie gewählt werden, angehören und das 140. Lebensjahr vollendet haben. 5§. 13. Das Unterhaus

besteht aus Abgerrdneten des Volks, welche auf 6 Jahre gewählt

werden, so daß alle 2 Jahre ein Drittel austritt. Auf je 1600 00 Seelen der wirklichen Bevölkerung kommt ein Abgeordneter, jedoch so, daß auch Staaten von geringerer Volkszahl einen Abgeordneten schicken und ein Ueberschuß von wenigstens 50 900 Seelen ebenfalls zu einem Abgeordneten berechtigt. Die Wahl geschieht durch das Volk ((nicht durch die Ständeversammlungen), ob aber direkt oder indirekt (durch Wahlmänner) bleibt der, Gesetz⸗ gebung der einzelnen Staaten überlassen. Wähler ist jeder volljährige selbstständige Staatsangehörige, mit Ausschluß der wegen eines entehrenden Verbrechens Verurtheilten; wählbar jeder Wahlberechtigte nach vollendetem 30. Lebensjahr, ohne Unter⸗ schied des deutschen Staates, dem er angehört. Die näheren Be stimmungen bleiben einer von Neichswegen zu erlassenden Wahlord⸗ nung vorbehalten. Beamte bedürfen zur Annahme der auf sie ge⸗ fallenen Wahl keiner Genehmigung., 8. 14. Die Reichsräthe und die Mitglieder des Unterhauses beziehen Reise und Tagegelder aus der Reichskasse. 5. 15. Jedes Mitglied des Reichstages, mit Ein= schluß der §. 12 Nr. J. und 2. erwähnten Stellvertreter und Abge⸗ ordneten, vertritt ganz Deutschland und ist an Instructionen nicht ge⸗ bunden. S. 16. Zur Gültigkeit eines Reichstagsbeschlusses gehört die Uebereinstimmung beider Häuser. Das Necht des Gesetzvor— schlags, der Beschwerde und der Adresse, desgleichen die Anklage der Minister steht jedem Hause für sich zu. Der Voranschlag des Reichs⸗ haushalts ist stets zuerst dem Unterhause zur Beschlußnahme vorzu— legen, deren Ergebniß das Oberhaus nur im Ganzen verwerfen, in den einzelnen Ansätzen nicht verändern darf. 5. 17. Zu einem Be⸗ schluß eines jeden Hauses gehört die Gegenwart von wenigstens einem Drittel der Mitglieder und die absolute Mehrheit der Stimmen. §. 18. Der Reichstag versammelt sich von rechtswegen jährlich ein— mal zu einer ordentlichen Sitzung in Frankfurt am Maln, die am 24 ihren Anfang nimmt. Außerordentliche Sitzungen können vom Kaiser zu jeder Zeit berufen werden (s. S. 8). Eine Vertagung des Reichs⸗ tages durch den Kaiser darf nicht über sechs Wochen ausgedehnt wer— den. Einer Auflösung soll die Anordnung neuer Wahlen binnen 14 Tagen nachfolgen, widrigenfalls tritt der Reichstag, drei Monate nach der Auflösung in seiner alten Gestalt zusammen, wenn die Zeit der ordentlichen Sitzung nicht früher fällt. Die Sitzungen beider Häuser sind öffentlich. 5. 19. Die Mitglieder des Reichstages können von der Verpflichtung, an den Verhandlungen desselben Theil zu nehmen, nur durch das betreffende Haus des Reichstags entbun⸗ den werden. S. 20. Sie können, außer im Fall der Ergreifung auf frischer That, bei einem peinlichen Veibrechen, während ihrer Anwe⸗ senheit auf dem Reichtssage und auf der Hin- und Herreise nicht ohne Zustimmung des Hauses, dem sie angehören, verhastet werden. Auch können sie wegen ihrer Aeußerungen im Hause an keinem ande? ren Orte zur Rechenschaft gezogen werden. 5. 21. Die Reichs⸗ Minister haben nur Stimmrecht in dem einen oder anderen Hause, wenn sie Mitglieder desselben sind. Sie haben Zutritt in jedem Hause und müssen auf ihr Verlangen gehört werden. Jedes Haus kann die Gegenwart der Minister verlangen. C. Das Reichsgericht.

§. 22. Das Reichsgericht besteht aus 21 Mitgliedern. Sie werden zu einem Drittel vom Reichsoberhaupte, zu einem Drittel vom Oberhause, zu einem Drittel vom Ünterhause auf Lebenszeit ernannt, und wählen aus ihrer Mitte den Prästdenten und den Vicepräsidenten. Unvereinbar mit der Stelle eines Reichsrichters ist die Bekleidung jedes anderen Reichs oder Staats-Amtes und die Mitgliedschaft des Ober- und Unterhauses. 5§. 23. Das Reichs⸗ gericht hat seinen Sitz in Nürnberg. Seine Sitzungen sind öffent⸗ lich. S. 24. Die Zuständigkeit des Reichsgerichts umfaßt Fol— gendes: ) Streitigkeiten jeder Art, politische und rechtliche, zwi⸗ schen den einzelnen deutschen Staaten oder zwischen regierenden Fürsten, insofern sie nicht in das Gebiet der Reichs ⸗Regierungs⸗ sachen gehören, und mit Vorbehalt der gewillkürten Austräge; h) Streitigkeiten über Thronfolge, Regierungsfähigkeit und Regentschaft in den deutschen Staaten, unter demfelben Vorbehalt; c) Klagsachen von Privatpersonen gegen regierende deutsche Fürsten, insofern es an der Zuständigkeit eines Landesgerichts fehlt; d) Klagsachen von Privatpersonen gegen deutsche Staaten, bei welchen die Ver— pflichtung, der Forderung Genüge zu leisten, zwischen mehreren Staaten zweifelhaft oder bestritten ist; e) Streitigkeiten zwischen der Regierung eines einzelnen Staates und dessen Ständen über die Gültigkeit oder Auslegung der Landesverfassung; k) alle Klagen gegen den Reichsfiskus und dessen einzelne Zweige; 8) Entscheidun⸗ gen in oberster Instanz über die, nach der Verfassung eines jeden Landes zu beurtheilenden Beschwerden wegen verweigerter oder ge— hemmter Rechtspflege; h Anklagen gegen die Reichsminister ober die Landesminister durch eines der . des Reichstags, desgleichen Anklagen gegen die Landesminister durch die Landstände, wegen Ver— letzung der Reichs-, beziehungsweise ber Landesgrundgesetze. Die Frage wegen Ausdehnung des Anklagerechts auf andere Fälle bleibt der näheren Bestimmung eines Reichsgesetzes vorbehalten; i)h Krimi⸗ nalgerichtsbarkeit mit Urtheilsfällung durch Geschworene in Fällen des Hoch- und Landesverraths gegen das Reich, sowie bei Majestäts⸗ Verbrechen gegen das Reichsoberhaupt. Der in diesen Fällen dem

WBVertheilung der Reichsräthe auf die einzelnen deutschen Staaten: Desterreich sendet 24; Preußen 24; Bavern 12; Sachsen, Hannover, Württemberg und Baden, je 8, zusammen 32, Kurhessen, Großherzogthum Hessen, Schleswig- Holstein und Mecklenbur Schwerin, je 6, zusammen 24; Luxemburg, Braunschweig, Nassau, Lehne enen Oldenburg, je 4 zusammen 20, Sachsen-Coburg-Gothg, Sachsen. Yieiningen und Sachsen-Altenburg, je 2, zusammen 63 Mecklenburg ⸗Strelitz, Anhalt⸗ Dessau, Anhalt⸗Vernburg, d g e me e, Schwarzhurg⸗Sonders. hausen, Hohen ollern· Sigmaringen, Ho enzollern⸗Hechingen, Waldeck, Reuß ältere Linie, **. jüngere Linie, Lippe⸗-Schaumburg, Lippe, Dessen⸗ Hom⸗ burg, Lichtenstein, Lauenburg, Lübeck, Frankfurt, Bremen, Hamburg, je 1, zusammen 19, im Ganzen 16.

Reichsoberhaupt zustehenden Begnadigung muß ein Gutachten des Reichsgerichts vorausgehen. Außerdem hat das Reichsgericht auf Erfordern der Reichsregierung, wegen angeblicher Verletzung reichs⸗ gesetzlich verbürgter Rechte durch Gesetze oder Regierungshandlungen der einzelnen Staaten Gutachten zu geben. Die Vollziehung der reichsgerichtlichen Sprüche wird durch ein Reichsgesetz näher be—

stimmt. Artikel JV. Grundrechte des deutschen Volkes.

§. 25. Das Reich gewährleistet dem deutschen Volke folgende Grundrechte, welche zugleich der Verfassung jedes einzelnen deutschen Staates zur Norm dienen sollen: 3) eine Volksvertretung mit ent scheidender Stimme bei der Gesetzgebung und der Besteuerung, und mit Verantwortlichkeit der Minister gegen die Volksvertreter; 5) Oef⸗ fentlichkeit der Ständeversammlungen) c) eine freie Gemeindever⸗ fassung auf Grundlage selbstständiger Verwaltung in Gemeindeange⸗ legenheiten; ) Unabhängigkeit der Gerichte, Unabsetzbarkeit der Richter außer nach Urtheil und Recht; Oeffentlichkeit und Mündlich= keit des Gerichtsverfahrens mit Schwurgerichten, in Kriminalsachen und bei allen politischen Vergehen; Vollziehbarkeit der rechtskräftigen Er⸗ kenntnisse deutscher Gerichte im ganzen Gebiete des Reichs; e) Gleich⸗ heit aller Stände in Betreff der Staats- und Gemeindelasten und der Amtsfähigkeit; f) Allgemeine Bürgerwehr; g) freies Versammlungs⸗ und Vereinsrecht, mit Vorbehalt eines Gesetzes gegen den Mißbrauch; h) unbeschränktes Petitionsrecht sowohl der Einzelnen als der Köt? perschaften; i) das Recht jedes Betheiligten, Beschwerde über gesetz⸗ widriges Verfahren einer Behörde, nach vergeblichem Anruf der vor— gesetzten Behörden, an die Landstände und, sofern eine Verletzung von Reichsgesetzen behauptet wird, an eines der Häuser des Reichs⸗ tages mit der Bitte um Verwendung zu bringen; *) Preßfreiheit ohne irgend eine Beschränkung durch Lensur, Konzessionen und Cau⸗ tionen; Aburtheilung der Preßvergehen durch Schwurgerichte; ) Un— verbrüchlichkeit des Briefgehcimnisses, unter gesetzlicher Normirung der bei Kriminal- Untersuchungen und in Kriegsfällen nothwendigen Beschränkungen; m) Sicherstellung der Person gegen willkürliche Verhaftung und Haussuchung durch eine habeas? corpus Akte; n) Berechtigung aller Angehörigen des deutschen Reiches in jedem einzelnen Staate und an jedem Orte ihren Aufenthalt zu nehmen, und unter den nämlichen Bedingungen, wie die Angehörigen des betreffenden Staates Grundstücke zu erwerben und Gewerbe zu be— treiben; o) Auswanderungsfreiheit; p) Freiheit der Wahl des Be⸗ rufs und der Bildung dazu im In- und Auslande; q) Freiheit der Wissenschaft; ) Freiheit des Glaubens und der privaten und öffent lichen Religionsübung; Gleichheit aller Religionsparteien in bürger⸗ lichen und politischen Rechten; 9 Freiheit volksthümlicher Entwicke⸗ lung, insbesondere auch der nicht deutschen Volksstämme durch Gleich berechtigung ihrer Sprache in Rücksicht auf Unterricht und innere Verwaltung.

r Artikel V.

Gewähr des Reichsgrundgesetzes.

S. 26. Das Reichsoberhaupt leistet beim Antritt seiner Regie⸗ rung einen Eid auf das Reichsgrundgesetz vor bem versammelten Reichstage, der bei jedem Thronwechsel unverzüglich und ohne Beru— fung in der Art zusammentritt, wie er das letztemal versammelt ge⸗ wesen ist. 5. 27. Die Reichsminister und die übrigen Beamten des Reichs, ingleichen das Reichsheer werden auf das Reichsgrundgesetz vereidigt. S8. 28. Den in den einzelnen Staaten vorgeschriebenen Verpflichtungen auf die Landesverfassung wird die Verpflichtung auf das Reichsgrundgesetz beigefügt. S§. 29. Zu Abänderungen des Reichsgrundgesetzes ist die Uebereinstimmung des Reichstags mit dem Reichsoberhaupte, in jedem Hause die Anwesenheit von wenigstens Dreiviertel der Mitglieder und eine Stimmenmehrheit von Dreiviertel der Anwesenden erforderlich. 5. 30. Alle Bundesbeschlüsse, dandes⸗ gesetze und Verträge zwischen einzelnen deutschen Staaten sind, in⸗ soweit sie mit einer Bestimmung des Reichsgrundgesetzes im Wider— spruch stehen, hiermit außer Kraft gesetzt.

Nachstehender Aufruf an alle Deutsche ist so eben von dem Funfziger-Ausschuß erlassen worden: „Das verbrecherische Unternehmen Einzelner, mit bewaff⸗ neter Hand Deutschland eine Staats-Verfassung aufzudringen, ist aller Abmahnung ungeachtet, zum blutigen Ausbruch gekommen. Nochmals erhebt der Ausschuß des Vorparlaments seine Stimme; er erhebt sie Namens des deutsches Volkes, er erhebt sie für die Zu— kunft Deutschlands. 43 e . Jene, die sich die Freunde des deutschen Volkes nennen, sind seine schlimmsten Feinde. Um ihren Willen geltend zu machen, setzen sie alles aufs Spiel, was Deutschland nach langem Kampfe und mit schweren Opfern errungen hat: seine Einheit, seine Freiheit. Der Reaction öffnen sie Thür und Thor, den äußeren Feinden stellen sie das deutsche Land bloß. Auf denn Ihr deutschen Brüder in den bedrohten Landen, die Ihr treu seid der Sache des Vaterlandes, unzugänglich der Ver lockung zum Abfall, fest in Euerem Vertrauen, daß in den Tagen des Mai freigewählte Abgeordnete aller deutschen Bruderstämme einen Bau deutscher Einhest und deutscher Freiheit gründen werden, der fest steht für alle Zeiten auf denn zu männlicher That. Die badische Regierung hat zu Unterdrückung des Aufruhrs ein Gesetz verkündet, welches die Zustimmung aller wahren Vaterlands⸗ freunde findet. Unterstützt die Ausführung dieses Gesetzes. Deutsche Krieger eilen herbei zur Bekämpfung der Empörer. Erkennt in diesen Kriegern Eure Brüder. Als Eure Freunde nehmt sie auf, und steht ihnen bei, soweit Ihr könnt. Wenn Ihr das thut, wenn Ihr den Aufrührern Eure Städte, Eure Dörfer verschließt, wenn Ihr die Unterstützung verhindert, die Uebelgesinnte ihnen bieten möchten, so wird bald der Aufruhr unterdrückt, und in friedlicher Weise der freie Ausdruck des wahren Volkswillens möglich werden, von welchem allein die Aufrichtung der künftigen Verfassung von ganz Deutschland und von jedem deutschen Einzelstaate abhängen kann. Frankfurt a. M., den 28. April 1818. Der Funfziger-Ausschuß. Abegg. .,, Briegleb, als Schriftführer.

reußen. Berlin, 2. Mai. Die Wahlen der Wahlmän⸗ ner * k Vereinbarung über die preußische , e, nächst stattfindenden Versammiung, so wie zur deutschen National⸗ Versammlung zu Frankfurt a. M., sind gestern hier ohne alle Stö— rung vollzogen worden.

Königsberg, 30. April. Wie die Kriegs- und Friedens. Zeitung meldet, wurde in Königsberg seit dem 14ten d. 6 höheren Befehl die Visirung der Pässe nach Rußland ohne alle * nahme verweigert. Das hiesige Vorsteher⸗Amt der Kaufmannschaft sah sich daher veranlaßt, sofort , wen Ti Ten *

r ermittelung wege g de im, , ,, und ce eld hat iq dieser Angelegenheit

vei anzugehen. e rer n, n n Es sind nunmehr die Kaiserl. russischen diplomatischen Agenten angewiesen, die Pässe für alle diejenigen

zu visiren, welche sich ausschließlich zu bedeutenden Handelszwecken nach

Rußland begeben wollen, und deren Grundsätze hinlängliche Bürg⸗ schaft darbieken, dieses jedoch unter Verantwortlichkeit der betref⸗ fenden Kaiserl. Missionen und Konsulate.

Danzig, 28. April. (A. Z.) Durch ein Fernrohr sind von Weichselmünde aus bereits 3 dänische Kriegeschiffe gesehen worden, die sich jedoch bis jetzt noch immer in weiter Entfernung vom Hafen gehalten haben.

Breslau, 30. April. „An die gesammte Einwohner⸗ schaft Schlesiens“ ist von dem Ober Präsidenten der Provinz folgende Proclamation erschienen und durch die breslauer Zeitungen heute veröffentlicht worden:

„Das Mißtrauen, welches in Folge der großen Ereignisse der letz⸗ ten Monate viele Bewohner Schlesiens zurückhält, mit freudiger und sicherer Thatkraft und mit gegenseitiger Annäherung dazu beizutragen, daß die Errungenschaft der hinter uns liegenden Kämpfe allgemein wirksam und befestigt, die gestörten gewerblichen und kommerziellen Verhältnisse wiederhergestellt werden, veranlaßt mich, die gesammte Einwohnerschaft Schlesiens vor Allem zum gegenseitigen Vertrauen aufzufordern. .

Es war unvermeidlich, daß während des gewaltigen Umschwungs der letzten Monate und in der nächsten Zeit darauf hier und da Störungen der Ordnung und des Gesetzes vorkamen, und daß die einzelnen Stände und Einwohnerklassen momentan sich schroffer als vordem gegenüberstanden.

Allein diese Störungen und Schroffheiten werden aufhören, wenn die gesammte Einwohnerschaft der Provinz sich einig und gleich in dem Streben weiß, Gesetz und Ruh? aufrecht zu erhalten, einig und gleich in dem Streben zur Verwirklichung der Idee des freien Fort— chritts, zur Verwirklichung des constitutionellen Königthums auf wahren volksthümlichen Grundlagen mit allen Kräften beizutragen. In dieser Ei⸗ nigkeit mögen alle Standes Unterschiede, Vorurtheile, alle Parteien auf⸗ gehen, und möge die gesammte Einwohnerschaft der Provinz sich dazu in dem gegenseitigen Vertrauen verbrüdern, daß ein Jeder auf seinem Standpunkte zu jenem Werke berechtigt, entschlossen und fähig sei. Warum lebhaftere Auffassungen des demokratisch-constitutionellen Königthums, welches wir Alle erzielen, in verdächtigender Weise als republifanische Umtriebe bezeichnen? warum die besonnene Anschlie⸗ hung der Begüterten, des Adels und des Militairs au das neu ge⸗ wonnene Staats- Prinzip in gleich verdächtigender Weise als reactloĩ naire Bestrebungen verdammen? Reaction wäre Verrath des Vater— hands. Und was könnte berechtigen, den Adel, das Militair und die Begüterten eines solchen zu beschuldigen? Mit voller Seele schließen sie sich dem freien Fortschritt an und wollen einig und vertrauungs— voll im Volke stehen. ; ; Das neue Prinzip muß mit Herz und Geist frei erfaßt werden. Hiese Freiheit führe zu verschiedenen Auffassungen und Fractionen. Aber alle diese Verschiedenheiten werden wieder zusammentreffen in seuem freien Streben nach Verwirklichung der constitutionellen Mo⸗ narchie. .

So möge denn gegenseitiges Vertrauen uns stark machen, damit das große Werk in gesegneter Weise vollbracht werde.

Breslau, den 28. April 1848.

Der Ober-Präsident der Provinz Schlesien Pinder.“

Oesterreich. Wien, 30. April. (Wien. Ztg.) Ueber die neuesten Vorgänge in Krakau theilt das Kriegs⸗Ministerium die nach—⸗ stehenden Berichte mit: .

„Krakau, den 26. April 1848.

„Gestern Abend wurde der Herr Hof⸗Kommissariats Verweser, Gubernial Rath Baron Krieg, unter dem Andrange des Volkes, wel ,, , . mit, Bedrohung des Lebens, ge⸗ fallen, demselben ö i , n. 1 9 . d re spon enen entzogen und mit hig h behe t. zuletzt als Geißel in das National-Eomité unter Begleitung von bewaffneten National Gardisten abgeführt, bei wel cher Gelegenheit mit einem stumpfen Säbel nach ihn gestochen wurde, ohne jedoch, durch die Kleider geschützt, ihn zu verletzen. Bei dem ersten Zusammenlaufe des Volkes war man nicht in Kenntniß, daß diese Demonstration auf die Person des Kaiserl. Hof⸗Kommissars und auf die Beschlagnahme von Dienstes-Geheimnissen gerichtet war, und da das Haus von bewaffneten National-Gardisten dicht umschlossen war, so gelangten die im Innern vorgehenden Scenen nicht zur Kenntniß nach außen. Gleich nach Erhalt der ersten Kunde entsendete ich den Herrn General-Major, Baron Moltke, zur Hauptwache mit dem Auf⸗ trage, sich von der Natur des Zusammenlaufes des Volkes zu über— zeugen, vier Compagnieen Infanterie und die Kavallerie-Division er— forderlichenfalls zu nehmen und den Verhältnissen angemessen einzu⸗ schreiten. Die übrigen Truppen ließ ich sogleich auf die Allarmpläaͤtze rücken. Bei der Ankunft des Herrn General⸗Majors Moltke zur Haupt⸗ wache begaben sich eben mehrere Nationalgarde-Abtheilungen zu dem Volkeéauflaufe, es wurde um den Nationalgarde⸗Kommandanten geschickt, es erschien jedoch nur ein Adjutant und meldete, daß die National= Garde allein ihre Pflicht erfüllen und erst dann, wem sie nicht ausrei⸗ chen würde, das Militair einschreiten möge. Die inneren Vorgänge im Hause hielt die bei diesem gewaltsamen Akte unverkennbar einverstandene National-Garde geheim und brachte davon keinen Rapport. Hierauf verfügte sich der Herr General zu dem tumultuarischen Auflauf und fand, daß eben die National-Garde den Herrn Gubernial⸗Rath, Ba⸗ ron Krieg, in das auf dem Hauptplatze befindliche Comité⸗ Gebäude abgeführt hatte. Bei meiner Ankunft auf dem Platze forderte die tobende Menge von mir die Auslieferung von 200 Gewehren zur Bewaffnung der National- Garde und das alsogleiche Einrücken des Militairs; denn nur unter diesen Bedingungen könne ein Blutver⸗ gießen vermieden werden. Ich wies beide Anforderungen entschieden zurück und bestand auf der ungesäumten Auslieferung des gefangenen Herrn Hof- Commissairs. Nach einem dreistündigen Hin- und Her« Unterhandeln gelang es mir, die Freilassung des Kaiserl. Hof⸗Eom⸗ missairs ohne Anwendung der Waffengewalt zu erwirken, worauf sich die Menge nach und nach verlor. Nach erfolgter Herausgabe des Herrn Hof Commissairs ermangelte ich nicht, zu erklären, daß ich alle Akte, die der Herr Hof =- Commissair während sei⸗ ner Gefangenhaltung unterfertigt haben sollte, desavouire und für un⸗ eit erkläre. Herr Baron Krieg war auch wirklich zu einem Wi⸗ 2 der behufs des Anhaltens der Galizien nicht angehörigen

migranten an der Gränze gegebenen Weisung gezwungen worden, an ier nf das National Comit mittelst eines Extra⸗Trains 9 n die Gränz⸗Station Szʒakova abgesendet hatte. Es wurde 'aher noch heute Nachts das Nöthige eingeleitet, um die Befolgung dieses erzwungenen Befehls zu hindern. . sich w zu jenen ernsten Maßregeln, welche nach der e feen e rn, 6 als n nothwendig sich r n af. ezug nehmende Publikandum unter

Castiglione, Feldmarschall- Lieutenant.“

3 „Krakau, 27. April.

Dem Berichte des Herrn F. M. L. Grafen Castiglione vom gestrigen Tage habe ich die Ehre, Folgendes nachzutragen:

„Nachdem der Herr Gubernialrath Baron Krieg durch die vor— gestrigen Ereignisse die Wirksamkeit seiner Stellung aufgegeben und die vereinte Civil und Militair-Gewalt dem Herrn F. M. L. Gra⸗ fen Castiglione übergeben hatte, nahm die Aufregung des Volkes der Art zu, daß ein Ausbruch stündlich zu erwarten stand. Schon Vormittags versammelten sich große Volksmassen in den Gassen. Gegen Mittag wurde auf Antrag der Polizei⸗Behörde eine große Anzahl Lanzen und Sensen einem Schmiede abgenommen. Bel die⸗ ser Gelegenheit geschah es, daß in der Nähé' der Wohnung dieses Schmiedes zwei Schüsse auf die zur Assistenz dem Polizei⸗Commissair beigegebene Compagnie fielen, welche, von einzelnen Schüssen der Truppe erwiedert, das Signal zum Allarm gaben. Die Garnison rückte auf die Allarm⸗Plätze, der Herr FJ. M. L. Graf Castiglione visitirte das Kastell und verfügte sich sodann auf den Hauptplatz, woselbst Compagnieen Infanterie und eine Naoallerie- Abtheilung aufgestellt wurden. Hier angelangt, kam die Meldung, daß Barrikaden in vielen Gassen er⸗ baut werden. Die erste Barrikade in der Florianigasse wurde also⸗ gleich gestürmt, ein Kugelregen fiel aus den angränzenden Häusern auf die stürmenden Truppen. Die Barrikade war so tief und hoch, daß nur mit schweren Opfern die Erksmpfung und Behauptung der⸗ selben möglich schien. Dieser erste Angriff bewies zur Genüge, daß der Aufstand allgemein, ein längeres Verbleiben in den engen Gassen daher nur unnützes Blutvergießen herbeigeführt hätte. Du auf dem Ringplatze gestandenen Abtheilungen wurden zurückgezogen und in die bereits im voraus durch die hinausgegebene Allarm Disposition be⸗ zeichnete konzentrirte Stellung am Füße des Kastells geführt. Bei diesem Angriffe wurde der Herr F. M. L. Graf Castiglione mittelst eines Schusses am Kopfe und in der Seite verwundet; derselbe be hielt noch einige Zeit das Kommando, ordnete das Beschießen der Stadt aus dem Kastelle und übergab mir um Rauf 6 Uhr die Führung der Truppen. Das Bombardement wurde fortgesetzt. Endlich um 7 Uhr Abends erschienen Fürst Jablonowski und Graf Adam Po⸗ tocki als Parlamentair und erklärten sich zur Annahme aller vom Militair geforderten, den Verhältnissen angemessenen Bedingnissen be reit. Das Bombardement wurde eingestellt, worauf die anruhende Capitulation (folgt unten) ausgefertigt wurde und die Feindseligkeiten aufhörten. Bei diesem Kampfe hatten unsere Truppen 10 Todte und bei 40 Verwundete, worunter 4 Offiziere unter den Letzteren. Die Insurgenten sollen bedeutende Verluste erlitten haben. Heute Nacht bivnakirten die Truppen in ihrer Stellung, es wurden auf dem Kastelle die zur Kastell-Armirung bestimmten Mörser aufgestellt, und

sollten wider Verhoffen die Unordnungen sich erneuern, so befinde ich mich in der Lage, noch ernstlicher aufzutreten. Indem ich mir vor— behalte, über die näheren Details des Kampfes später umständlich zu berichten, kann ich nicht umhin, anzuführen, daß sämmtliche Trup⸗ pen, vom besten Geiste beseelt, mit wahrer Hingebung, Tapferkeit und Entschlossenheit gefochten haben.“

Die oben erwähnte Capitulation lautet folgendermaßen:

Capitulation, abgeschlossen mit der Kaiserl. österreichischen Regierung durch den dieselbe repräsentitenden Kaiserl. Herrn General Major Baron Moltke einer- und der Stadt Krakau durch die sie repräsentirenden Krakauer Bürger⸗-⸗Grundherrn, namentlich Herrn Fürsten Stanislaus Jablonowski und Herrn Adam Grafen Potocki andererseits in Krakau am 26. April um 8 Uhr Abends 1848.

1) Die Stadt Krakau macht sich verbindlich, binnen 24 Stunden sämmtliche polnische und französische Emigranten, die nicht Unterthanen sind, aus der Stadt und ihrem Gebiete über die österreichische Gränze abzuschaffen, wobei denselben der unbeanständete Abzug bis zur österreichischen Gränze ver bürgt wird. 2) Das dermalen in seiner Wirksamkeit bestehende Comitè wird vom Zeitpunkte der gegenwärtigen Capitulation aufgelassen, und es hat die Bildung eines neuen Comité's ebenfalls nicht stattzufinden. 3) Die dermalen beste? hende National- Garde ist streng nach dem Allerhöchsten Patente vom 15. März 1848 und der darauf erfolgten Instruction des Ministeriums des Innern zu purifiziren und zu reorganisiren. 4) Sämmtliche in der Stadt Krakau errichteten Barrikaden sind längstens bis 8 Uhr Morgens zu öffnen und ganz zu räumen. 5) Die in Folge der heutigen Ereignisse dem Allerhöchsten Bsterreichischen Aerar, Militairpersonen, Regierungsbeam ten, erwiesenermaßen zugefügten Schäden sind von Seiten der Stadt den Betheiligten zu vergüten. 6) Die Niederlegung der Waffen wird zur be sonderen Verpflichtung der Privaten und insbesondere der National-Garde gemacht. 7) Den an den heutigen Ereignissen Betheiligten wird die volle Amnestie zugesichert wird.

Zum Schlusse wird der erste Punlt vorliegender Capitulations-Bedin gungen dahin berichtigt, daß, da der gänzliche Abzug der Emigranten bin— nen 24 Stunden wegen ihrer bedeutenden Anzahl nicht geschehen kann, der Termin zum gänzlichen Abzuge aus dem österreichischen Gebiete auf drei Tage erweitert.

Krakau wie oben.

Stanislaus Fürst Jablonowski. Adam Graf Potocki. Karl Baron Moltke, G. M. Ulrichsthal, G. M. Theobald, Hptm.

Bayern. (Allg. Ztg. München, 23. April. Se. Königl. Hoheit Prinz Karl von Bayern wird sich morgen als Bundes— Ober⸗Befehlshaber des Vllten Armee— Corps nach Stuttgart und Karlsruhe begeben.

München, 27. April. (A. Z.) Heute Mittag um elf Uhr wurden Ihre Majestät die Königin von einem Prinzen glücklich ent⸗ bunden; die hohe Wöchnerin und der Neugeborene befinden sich wohl. Die gerade um diese Zeit versammelten Kammern brachten bei Em⸗ pfang dieser Nachricht dem König ein freudiges Lebehoch und ernann— ten, sofort Depntationen aus ihrer Mitte zur Ueberbringung ihrer

Glückwünsche. Baden. Karlsruhe, 29. April. (Karlsr. Ztg.) Se. hat den Abgeordneten der zweiten

Königl. Hoheit der Großherzog Kammer der Stände⸗Versammlung, Karl Mathy, zum Staatsrath und Mitgliede des Staats-Ministeriums ernannt?

Aus Freiburg wird der Karlsru her Zeitung vom 28. April geschrieben: Der Ober⸗Befehlshaber des Sten deutschen Armee⸗ Corps, Prinz Friedrich von Württemberg, hat bereits in hohem Grade die Liebe der Truppen gewonnen. Sein erstes Geschäft war gestern ein Besuch der verwundeten Soldaten im Hospital, denen er auf die herzlichste Weise sein Mitgefühl zu erkennen gab; unmittelbar nachher sandte er durch seinen Adjutanten, in Begleitung eines badischen Offiziers, 150 Fl. zur Vertheilung an die Kranken.

Heute, Vormittag fand auf dem Karlsplatze eine Musterung der hier vereinigten Bundestruppeu statt, welche ein großartiges militai= risches Schauspiel gewährte. In Divisions⸗- Kolonnen waren Badener, Hessen und Nassauer in Linie aufgestellt, hinter dem Fußvolk die Rei⸗ terei, hinter dieser die Artillerie. Es war eine imponirende Truppen⸗ masse. Um halb 10 Uhr erschien der Ober⸗Befehlshaber mit dem Generalstab, um die Musterung vorzunehmen, durchritt die Reihen und richtete zuerst in den Intervallen an sämmtliche Offiziere, sodann an Abordnungen der Soldaten, die man aus allen Compagnieen in ein Viereck zusammentreten ließ, eine Anrede, welche eine eben so nationale als friegerische Gesinnung aussprach. Welchen Eindruck diese Anreden gemacht hatten, sah man nachher wiederholt in der

Kaiserstraße, wo sich die Truppen, nachdem sie auf dem Karlsplatze defilirt hatten, in langer Front aufstellten und den Prinzen mit rau⸗ schendem Zuruf, Lebehoch, Fahnengruß, Schwenken der Tschakos auf den Säbeln 2c. empfingen.

Gegen Mittag hatte der Gemeinde⸗Rath eine Audienz bei dem Prinzen, welche ziemlich ernst ausgefallen sein soll. Auch hier er⸗ klärte Se. Königl. Hoheit, daß nirgends von einer Reaction bie Rede sei, und warnte nachdrücklich vor Allem, was dahin zu führen drohe; denn nur durch Anarchie, Freischaaren, Näuberhorden 2c. trete die Gefahr einer Reaction in Aus sicht.

Die Karlsruher Zeitung enthält Folgendes: „Wir ent⸗

nehmen einem offiziellen Militair⸗Bericht die Bestätigung des Gefech- tes der Württemberger mit der Herweghschen Schaar bei Dossenbach. Tie Stärke dieser Schaar wird ebenfalls zu 80 Mann, ble Zahl der getödteten Freischärler auf 25 bis 30 angegeben; die Anzahl der Gefangenen soll groß sein; die Uebrigen wurden zersprengt. Nach demselben Berichte sollen in dem oberen Münsterthal noch Freischaaren hausen, welche den Truppen, die gegen sie ausgesendet werden, ausweichen, aber, sobald die Truppen fort sind, wieder er⸗ scheinen und von Erpressung und Plünderung leben.

Nach einem Berichte in der Basler Zeitung hat am 27. April in der Nähe von Scho pfheim ein Gefecht zwischen der Her= weghschen Schaar und württembergischen Truppen stattgefunden, in Folge dessen die Freischaar gänzlich versprengt worden zu sein scheint. Nach Aussagen eines versprengten Theilnehmers an dem Kampf er⸗ fährt man über den Zug dieser Schaar Folgendes: In der Nacht von Ostern auf Ostermontag setzien ungefähr 1200 Mann über den hein bei Rheinweiler und zogen über Kandern und Vogelbach ins Gebirg, um zu Hecker zu stoßen, der, wie man ihnen vorgegeben, mit (006) Mann im Schwarzwalde stehen sollte. Da Hecker aber im Elsaß sitzt, so fanden sie ihn und seine 30,000 Mann nicht. So zogen sie drei Tage auf den Höhen der Berge her⸗ um, zum Theil durch Schnee watend, und kamen Mitt⸗ woch, Abends nach Zell im Wiesenthal, wo sie sich verbar— rikadirten und gegen Üeberfall zu sichern suchten. Gegen Mor⸗ gen begaben sie sich von da weg und suchten über die Berge seit⸗ wärts Schopfheim das Rheinthal zu gewinnen. Gegen 10 Uhr wur⸗ den sie von württembergischen Truppen aufgefunden und angegriffen, der Kampf dauerte nach Aussage dieses Mannes gegen drei Stun= den, wobei besonders die Kavallerie der Freischaar vielen Abbruch that, um so mehr, als diese zum Theil nur mit Sensen und zum Theil mit schlechten Flinten bewaffnet und durch die Strapazen der letzten Tage stark mitgenommen war; Herwegh befand sich mit seiner Frau in einem Wagen in der Nähe der Schaar, er soll aber gleich bei Beginn des Kampfes sich der Gefahr entzogen haben. Viele Versprengte kamen gestern Abend nach der Schuster⸗Insel, wo sich die am Dienstag über den Rhein gekommene Schaar immer noch ver⸗ schanzt hielt.

Holstein. Rendsburg, 28. April. (Hamb. Corr.) Heute sind hier die am 23sten und 24sten d. M. gemachten dänischen Ge⸗ fangenen eingebracht und in der für ihre Aufnahme eingerichteten alt⸗ stärter Kirche einquartiert worden. In der Kirche liegen 40) und Einige, im Provianthause 82. Die Jahl der gefangenen Offiziere ist uns auf 13 angegeben worden. Es sind von allen Truppengattun⸗ Jen, darunter auch etwa 12 Frieischärler aus Kopenhagen Und Odense, denen ein abgetheilter Raum in der Kirche bestimmt worden zu sein scheint, auch ein Gardist zu Fuß, welcher meinte, daß von seinen Kameraden nur 2 gefangen genommen sind, und auch diese nur, weil sie krank geworden. Namentlich zahlreich iist aber daselbst das 2te Jäger-Corps vertreten, welches sich so wacker in dem Gefechte zwi⸗ schen Qeversee und Bilschau gehalten hat. Nach der Erzählung des die Gefangenen eskortirenden Offiziers war dieses Corps auf eine Koppel hinaufgedrängt und hier zuerst von den mecklenburger Dragonern, aber ohne Erfolg, angegriffen worden, da diese in einer sumpfigen Niederung stecken oͤlieben und unfehlbar von den Jägern aus kurzer Entfernung niedergeschossen wären, wenn diese sie nicht als Mecklenburger erkannt hätten. Den schleswig=holsteinischen Dra⸗ gonern, wofür man sie erst gehalten, war der Tod geschworen wor— den. Als nachher das hannoversche Ste leichte Bataillon und das braunschweigische 2te Bataillon sie mit großer Uebermacht angriffen vertheidigten sie sich noch lange hartnäckig, was daraus buten n , daß von den 350, die sich zuletzt ergaben, nur 250 hierher . portirt werden konnten; die Uebrigen sind theils todt, theils schmer verwundet, wenigstens transportunfähig. Den Freischaaren ist offt ziell angezeigt worden, daß, wer wolle, sich nach Hause zu seinen friedlichen Beschäftigungen zurückbegeben könne; was jetzt noch zu thun sei, werde mehr Sache des regulairen Militairs sein mar für die Freischaaren nur noch etwa Voꝛpostendienst und die Bewa⸗ chung aufrührerischer Bauern übrig bleiben. In Folge dieser Eröff⸗ nung haben sich denn auch schon heute gegen 60 Freiwillige unter ihnen viele aus Hamburg und den Rheingegenden, beim hiesigen Bü⸗ reau für die Freicorps gemeldet, theils mit Entlassungsscheinen theils auf siebentägigen Urlaub. Ihre Strapazen sind nicht gering' ge. wesen in diesen heißen Tagen des Kampfes und der Verfolgung.

In einer heute Abend hier gehaltenen allgemeinen Bürger⸗ Versammlung wurde einstimmig beschlossen, in dem Wahlbezirk der Stadt Rendsburg den Professor Dahlmann in Bonn zum Abgeord⸗ neten für das deutsche Parlament ausschließlich zu berücksichtigen und die erforderlichen Schritte zu thun, seine Erwählung für den zweiten holsteinischen Wahldistrikt zu erwirken. . ;

Ein Schreiben in der Hamb. Börsenhalle aus Apenrade vom 29. April meldet: Unsere Stadt bildet jetzt das Hauptquar⸗ tier für die preußischen Truppen, die hier und in der Umgegend ein⸗ quartiert sind. Der General von Wrangel, der Herzog von Augusten⸗ burg, der Prinz Friedrich von Augustenburg⸗Noer u. s. w. sind jetzt hier. Gestern Abend sahen wir hier eine improvisirte Illumination. Der Rückzug der Dänen hat auf die Bürger und ins besondere auf das Landvoll einen tiefen moralischen Eindruck gemacht. Das Ver⸗ trauen der Einen auf Dänemark ist wankend geworden, die Furcht der Anderen vor den Dänen ist überwunden. ;

Heute um die Mittagszeit gerieth die Stadt in einige Bewe— gung, indem ein dänisches Kriegsdampfschiff (vermuthlich der „Hekla“ vom Hafen aus sichtbar war. Man konnte deutlich erkennen, daß vom Lande aus am entgegengesetzten Ufer ein Boot mit dem Dampf⸗ schiffe kommunizirte und dann wieder ans Land ging. Einmal fam das Dampfschiff auf etwa 800 Schritte dem Strande nahe. Es wurde in aller Eil eine in der Stadt befindliche halbe Batterie rei= tender preußischer Artillerie an die Schiffsbrücke geführt, aber das Dampfschiff hatte sich inzwischen entfernt. Nachmittags will man wieder eine Brigg in weiter Ferne haben kreuzen sehen. Morgen rücken wohl die Preußen von hier weiter nach Hadersleben vor, wo bereits kein Däne mehr ist. Außer den bereits erwähnten bekannten Personen sind auch ein Prinz von Glücksburg, der Sohn des Prin⸗ zen Karl von Preußen u. s. w. hier anwesend. Am Südermarkte steht hier eine Statue Christian's J.; sie hält jetzt eine schwarz-roth— goldene Fahne.

Man erwartet heute hier eine ähnliche Bekanntmachung, wie sie vorgestern in Flensburg folgenden Wortlautes ergangen: In Ge⸗ mäßheit höheren Auftrags wird sämmtlichen hiesigen Einwohnern hierdurch anbefohlen, bei Vermeidung strenger Ahndung sowehl Alle