1848 / 58 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

wendig, daß man den Regierungen den Weg offen läßt. Wenn also gesagt ist: im Vertrauen auf die Zustimmungen der Regierungen, so ist es in dem von mir erläuterten Sinne nur ein Motiv. Dieses Motiv wird Viele von uns beseelen. Es wird nicht gerade nothwen⸗ dig sein, es in das Gesetz außunehmen. Es wird der Zweck erreicht werden, wenn wir es anderwärts aufnehmen. Dazu ist ein Weg, das Motiv in das Protokoll niederzulegen. Dagegen wird kein Wi⸗ derspruch erfolgen. Ich er uche Sie im Interesse des Friedens um Ihre Zustimmung; um schnell zu dem zu kommen, was Noth thut, mache ich diesen Vorschlag. Würde das angenommen, so könnten die Amendements fallen, die gestern für zulässig erklärt wurden. Es wer⸗ den dann hoffentlich aach die anderen Amendements zurückgenommen wer⸗ den, und dann können wir sogleich zur Abstimmung oder Feststellung der Reihenfolge schreiten. Die Augen von Europa sind auf uns gerich⸗ tet; wir haben eine bedeutende That zu thun, thun Sie sie im Sinne des Friedens und der Vaterlandsliebe. (Stürmischer Beifall.)

Heckscher: Sie werden glauben, daß ich bereit bin, für das Vaterland Gut und Blut zu opfern. Eines nehme ch aus, die Ehre. Sie wissen den gestrigen Vorfall und haben meine Erklärung gehört. Ich will ein Gefübl aufopfern und keine weitere Erläute⸗ rung zufügen. Nur noch das Eine, daß ich die Herren, welche die Vermittelung übernommen haben, mit ihrer Ehre verantwortlich ge⸗ macht habe, daß die meinige dadurch nicht beeinträchtigt sei. Nach der parlamentarischen Taktik müßte ich auf meinem Amendement be⸗ harren; doch für den Frieden erkläre ich mich bereit zur Zurücknahme. Ich nehme das Amendement zurück, aber ich thue es im festen Vertrauen (und ein Vertrauens ⸗Votum zu Ihnen wirb nicht verletzen können), daß nunmehr auf einfachen Vorschlag und durch einfache Abstimmung ohne Diskussien zur Wahl geschrit⸗ ten werde. Ich stelle es denen anheim, die es wollen, ihre Mo⸗ tive zu Protokoll zu geben. (Beifall. von Auerswald verzichtet gleichfalls auf sein Anendement im Vertrauen und in Erwartung, daß die Realisirung seines Prinzips doch erfolge. Blum fragt an, ob auch das dritte, das Heckscher⸗Rotenhansche Amendement *) zurückgenommen werde. Präsident von Gagern bemerkt, daß er gesaat habe, der Bundestag könne neben der Exekutis-Gewalt nicht mehr bestehen; daß aber das Zerwürfniß, welches ohne Vertretung der einzeluen Regierungen zwischen diesen und der Central— Gewalt entstehen könnte, auderwärts gelöst werden müsse. Gegenwärtig tönne nach seiner Ansicht das Amendement fallen gelassen werden, ohne einent Prinzip nahe zu treten. Der Vice⸗Präsident zeigt an, daß so eben das fragliche Amendement zurückgezogen worden sei.

Blum: Welcher Meinung die Einzelnen angehören, so müssen sie doch zugestehen, daß die linke Seite von Anfang an zur Versöh⸗ nung stels die Hand geboten hat und das Ihrige that, damit der Beschluß ein ernster, ruhiger und einer Versammlung würdiger sei, wo es Parteien giebt, aber solche, die sich achten, und die nur mit Gründen der Ueberzeugung sich bekämpfen. Ich möchte ein großes Opfer hringen, um den gestrigen Tag ausstreichen zu können; das können wir nicht, aber eine Lehre können wir nehmen, das Gesetz ober die Uebereinlunft zu achten. Es ist eine Lücke in der Heckcher⸗ schen Erklärung. Es lag keine Beleidigung vor, sondern die Andeu— tung, daß ein Theil der Versammlung seine Anträge im Ein verständ⸗ niß mit den Gallerien bringe, die sie im voraus beklatschten. Ich hoffe, der Rebner hat es nicht so gemeint, im Interesse der Versammlung. Das Schicksal derselben ist wechselvoll: heute geht dahin, morgen da- hin die Mehrheit. Wir können nie verhandeln, wenn die Eobre beein⸗ trächtigt wird. Jenes Mittel wäre ein entehrendes. Der Redner erwartet eine Vervollständigung der Erklärung und giebt Namens seiner Freunde die seinige dahin ab, daß sie auf einen Ausspruch wegen Verweisung Heckscher's zur Ort nung, auf eine Aufechtung der Enscheidung des Vice-Präsidenten hinsichtlich der Zulassung der gedachten Amendements und auf die ihrerseits eingebrachten Amen⸗ dements verzichten. Sie geben den Einzelnen anheim, die beabsich= tigte Erklärung zu Protokoll zu geben. Es ist dem Nedner angenehm, daß nunmehr die Fürstenhäuser (uach einem beabsichtigten Anträge) nicht auf der Nednerbühne zur Verhandlung lommen. Es würde ihnen ein schlechter Dienst erwiesen worden sein, wenn hier der Schleier von so mancher geschichtlichen Erscheinung abgezogen worden wäre. Der Redner schließt mit der Aufforderung zur Versöhnung, nicht nur für jetzt, sondern für immer auf dem Boden des Gesetzes und der Vereinbarnug. (Stürmischer Beifall.)

Es wurde nunmehr zur Debatte über die Reihenfolge der Fra— gen geschritten. Von mehreren Rednern wurde Weglassung des Punk— tes Te verlangt (die provisorische Centralgewalt verkündet und voll— zieht alle von der National-Versammlung zu erlassenden Gesetze). Ruge macht darauf aufmerksam, daß die Annahme des durch je— nen Antrag beabsichtigten Unterschiedes zwischen Beschlüssen und Ge— setzen zu Schwierigkeiten führen würde. Andere Redner vertbeidi⸗ gen die Beibehaltung. Es entspinnt sich eine leidenschaftliche De⸗ batte, besonders über die Frage, ob das Amendement, welches, als es jüngst von Stedtmann gestellt wurde, nicht mehr für zulässig erklärt worden sei, noch in die Reihenfolge habe aufgenommen wer— den können. von Soiron giebt die Erläuterung, daß am Sonn⸗ abend ein dem Stedtmannschen ähnlicher Antrag von Schoder und Anderen übergeben worden sei, daß dieser verloren gegangen sei und er deshalb, da bei der Vereinigung am Sonnabend den einzelnen Frac⸗ tionen die Modification und Abänderung ihrer Anträge zugestanden worden sei, jenen Punkt in die Reihenfolge aufgenommen habe. Scho der verwahrt sich dagegen, daß er ein derartiges Amendement gestellt habe. Von Biedermann wurden die betreffenden Stellen des Protokolls verlesen. Stedtmann zog seinen Antrag zurück,

welchen, unter dem Widerspruche der Linken, Beseler aufnehmen zu wollen erklärte, da der Antrag von Stedtmann nicht persönlich, sondern Namens des Ausschusses gestellt sei und dieser ihn nicht zu— rückgenommen habe. Stedtmann erklärt, den Antrag im eigenen Na— men, gestellt zu haben. Blum bemerkt: Zu den acht Kategorieen gehört der Stedtmannsche Antrag nicht; er ist nach Schluß der De— batte eingekommen und jetzt vom Antragsteller zurückgezogen worden. Die Linke will Versöhnung, auf dem Beden des Gesetzes und der Ver⸗ einbarung; aber das Gesetz läßt sie sich nicht nehmen. von Becke⸗ rath macht darauf gufmerlsam, daß ein Theil die Vollziehung der Gesetze nicht aber aller Beschlüsse ber Ratiönal-Verfammlung durch die Vollziehungsgewalt wolle, und daß darum mit? . en

z . . mit Necht der fragliche Punkt eingereiht worden sei. Raseaux erllärt Naniens des knkän Centrums, daß dieses, wie die Linke sich der Abstimmung liber die Zulässigkeit enthalten werde. von Ga gern schlägt vor, die ganze Reihenfolge der Fragestellung anzunehmen, um im Interesse der Sache und der Versöhnung zum Schlusse zu kommen. (autor Wi= derspruch Er schlägt nunmehr, vor, wenigstens den in Verhandlung begriffenen Punkt zur Abstimmung zuzulassen. Es sei nur eine Sache

der Form, denn die Beschlüsse der National⸗Versammilung werden voll= zogen werden. Wesendonck erklirt sich gegen den ersten wie gegen den zweiten Vorschlag. Die Folge der Annahme über Bausch und Bogen habe man schon gesehen. Der Stedtmannsche Antrag war sei⸗

) Dieses lautet: Die provisorische Centralgewalt wird, nachdem sie in Wirksamkeit getreten ist, der National- Versammlung die geeigneten Vor= lagen über die Auflösung des Bundestags und die dadurch nöthig werden- den organischen Einrichtungen machen lassen.

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ner Zeit nicht unterstützt, darum nicht Eigenthum der Versammlung und kann von einem Dritten nicht wieder aufgenommen wer⸗ den. Schlies lich erklärt Beseler, daß er die Wiederaufnahme fallen lasse, da Nr. 2 voraussichtlich nicht werde angenommen werden und weder d, noch e ausbrücklich nothwendig seien, wenn eine voll— ziehende Gewalt bestellt sei. Raveaux erklärt Namens der Linken und des linken Centrums die Zurücknahme der Punkte 10 und 12. Welcker berichtigt einen Druckfehler in seinem unter Nr. 19 gestell⸗ ten Amendement. In dem ursprůngiichen Antrage stand „Landes⸗ Regierungen“; in die Reihenfolge ist „inzelne Regierungen“ auf⸗ genommen worden, dies könnte zu dem Mißverständniß führen, als ob er Verhandlung mit allen einzelnen Regierungen wolle. Zugleich erklärt Welcker für den zu erwartenden Fall, daß Nr. 18 falle, sein Amendement zurückziehen zu wollen. Der Vice⸗Präsident von Soiron stellte nunmehr, da auf weitere Diskussion über die Reihenfolge ver⸗ zichtet wurde, diese mit Berücksichtigung der erwähnten Erklärungen und des von Briegleb gestellten Antrags (bei Nr. 6 zuerst über die Frage, ob ein Praͤsident oder ein Reichs verweser und dann, ob der⸗ selbe von der Nationalversammlung bestellt werden solle) fest. Schaffrath erklärte Namens seiner Freunde, daß sie, vorbehaltlich des möglichen Zurückziehens bei dem unter 8 stehenden, jetzt vor 1 gesetzten Vinckeschen Antrag, sodann bei Nr. 2 d, Nr. 6, Nr. 11 und 18 namentliche Abstimmungen verlangen müßten. Giskra ver⸗ langt namentliche Abstimmung für Nr. 4 und, im Einverständnisse mit dem gestrigen Antrag von Zacharis, namentliche Abstimmung über das Ganze der Beschlüsse. Der Vinckesche Antrag wurde, wie bereits gemel⸗ det, abgelehnt, Nr. Va, h, e der Reihenfolge nach angenommen, Nr. 2 d abgelehnt, Nr. 3 und 4 angenommen. Giskra hatte bei Nr. 4 den An= trag auf namentliche Abstimmung zurüdgezogen, der Vicepräsident stellte die Frage nunmehr auf einfache Abstimmung und verkündigte als Er gebniß die Annahme. Von mehreren Mitgliedern der rechten Seite wurde das Mißveiständniß behauptet, daß sie zur Unterstützung der von Plathner aufgenommenen namentlichen Abstimmung aufstehen zu sollen geglaubt hätten. Nach stürmischer Verhandlung wurde noch⸗ malige, diesmal namentliche Abstimmung beliebt, welche das erwähnte Ergebniß lieferte. Durch Annahme von Nr. 4 fiel Nr. 5 weg. Nr. 0 wurde, wie bereits erwähnt, in nachstehender Fassung angenommen: Tie provisorische Centralgewalt wird einem Reichsverweser übertragen, welcher von der National -Versammlung gewählt wird. Der von dem Präsidenten verkündigte Beschluß wurde mit andauerndem Jubel auf⸗ genommen. Würth verlas die heute Morgen zugestandene Erklä⸗ rung, etwa des Inhalts: die Unterzeichneten erklaren mit Genehmi⸗ gung der National⸗Versammlung zu Protololl, daß sie dem Beschlusse über die Wahl des Reichsverwesers in dem Vertrauen auf die Zu= stimmung der Regierungen beigestimmt haben. Diese Erklärung wird zur Unterzeichnung aufgelegt. Die Sitzung wurde um 5. Uhr ge— schlossen.

Sechsundzwanzigste Sitzung der deutschen Natio— nal-Versammlung am 28. Juni. Nach Erledigung einiger Re— clamatlonen gegen das Protokoll verlangt Biedermann Erläuterung über den Sinn von Nr. 11 (die Unverantwortlichkeit des Reichsver⸗ wesers). Für eine politische Unverantwortlichleit werde er und viele seiner Freunde stimmen, nicht für Unverletzlichleit. Dahlmann, Berichterstatter des Ausschusses, erklärt, keine Antwort geben zu wol— len. Es wird sich bei der Abstimmung zeigen, ob die Mehrzahl der Versammlung republikanisch ist. (Tumult.) Es wurde sodann Nr.?!) fast einstimmig angenommen. Sie lautet jetzt: Der Reichs verweser übt seine Gewalt durch von ihm ernannte, der National- Versammlung verantwortliche Minister aus. Alle Anordnungen desselben bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeich— nung wenigstens eines verantwortlichen Ministers. Nunmehr kommt Nr. 11 zur namentlichen Abstimmung: Der Reichsverweser ist un— verantwortlich. Nr. 11 wurde mit 373 gegen 175 Stimmen an⸗— genommen. Es werden von Mittermaier und Riesser Na⸗ mens ihrer Freunde Erklärungen zu Protokoll gegeben, daß sie nur für die parlamentarische Unserantwortlichkeit mit Bezug auf Nr. 9 gestinimt haben. Die Nrn. 13, 14, 15, 16, 17 werden angenommen. Es kommt nunmehr zur namentlichen Abstimmung über Nr. 18: Mit dem Eintritte der Wirksamkeit der provisorischen Cen⸗ tralgewalt hört das Bestehen des Bundestags auf. Dies wurde mit 510 Stimmen gegen 35 Stimmen angenommen. (Stürmischer Beifall.) Es wird von einem Mitglied eine Erklärung zu Protokoll verlesen, nach welcher die Unterzeichner nur in der Unterstellung zugestimmt haben, daß die Centralgewalt ein Gesetz wegen Auflösung des Bundestags und die dadurch nöthig werdenden organischen Einrichtungen vorlegen werde. Nr. 19 und 20 werden angenommen. Es werden nun⸗ mehr die angenommenen 15 Punkte zur namentlichen Abstimmung über das Ganze verlesen. von Radowitz und Jordan aus Ber— lin behalten sich Namens ihrer Freunde Erklärungen zu Protokoll über ihre Abstimmungen vor. Die Abstimmung ergiebt 45) Stim— men für, 160 Stimmen gegen das ganze Gesetz. Die Erklärun⸗ gen von Radowitz und Jordan werden von diesen verlesen. Rach ersterer haben die Unterzeichner nur im Vertrauen auf die Zu— stimmung der einzelnen Regierungen für das ganze Gesetz ge⸗ stimmt. Nach letzterer haben die Un⸗terzeichner dagegen ge— stimmt, weil sie die angenommene Unverantwortlichkeit des Reichs⸗ verwesers für unvereinbar mit der Volks-Sonverainetät halten. Nach längerer Pause übernahm Präsident von Gagern wieker den Vorsitz, welchen bis dahin von Soiron geführt hatte. Erste— rer verkündigte als Tages- Ordnung für die, auf morgen Mittags 12 Uhr anberaumte Sitzung: Wahl des Reichsverwesers. Ferner macht der Präsident darauf aufmerksam, daß nach der Geschäfts— Ordnung eine neue Verloosung in Abtheilungen, so wie die Wahl des Präsidenten, da vier Wochen abgelaufen sind, vorgenommen wer— den inuß. Erstere wird noch heute von dem Büreau vorgenommen, und morgen verkündigt werden. Die Wahl des Präsidenten soll auf die Tages Ordnung der übermorgen stattsindenden Sitzung gesetzt werden? Schluß der Sitzung Mittags 1 Uhr.

Das nunmehr angenommene und vom Vossitzenden verkündigte „Gesetz über Einführung einer provisorischen Central— gewalt für Deutschland“ lautet:

1) Bis zur definitiven Begründung einer Regierungsgewalt für Deutsch= land soll eine provisorische Centralgewalt für alle gemeinsamen Angelegen— heiten der deutschen Nation bestellt werden. 2) Dieselbe hat a) die voll— ziehende Gewalt zu üben in allen Angelegenheiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaats betreffen, b) die Oberleitung der gesammten bewaffneten Macht zu übernehmen und nament- lich die Ober-Besehlshaber derselben zu ernennen; ) die völkerrechtliche und handelspolitische Vertretung Deutschlands auszuüben, und zu diesem Ende Gesandte und Konsuln ernennen. 3) Die Errichtung des Ver— fassungswerks bleibt von der Centralgewalt ausgeschlossen. ) Ueber Krieg und Frieden und über Verträge mit auswärtigen Mächten beschlicst die Centralgewalt im Einverständniß mit der National-Persammlung. 9) Die provisorische Centralgewalt wird einem Reichsverweser übertragen, welcher von der National⸗Versammlung gewählt wird. 6) Der Reichs verweser übt seine

Gewalt durch von ihm ernannte, der National-Versammlung verantwortliche Minister aus. Alle Anordnungen desselben bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung wenigstens eines verantwortlichen Ministers. 7) Der RNeichsverweser ist unverantwortlich. 8s Ueber die Verantwortlichkeit der Minister wird die Rational? Verfammlang ein besonderes Geseß erlassen. 9) Die Minister haben das Recht, den Berathungen der Ratfonal Ber.

nach dem Artikel 5 behandelt, ihnen ar

*.

sammlung beizuwohnen und von derselben gehört zu werden. 10) Die Minister haben die Verpflichtung, auf Verlangen der National-Versamm— lung in derselben zu erscheinen und Auskunst zu ertheilen. 11) Die Mi— nister haben das Stimmrecht in der National-Versammlung nur dann, wenn sie als deren Mitglieder gewählt sind. 12) Die Stellung des Neichs— verwesers ist mit der eines Abgeordneten der National⸗Versammlung un⸗ vereinbar. 13) Mit dem Eintritt der Wirksamkeit der provjsorischen Cen—⸗ tralgewalt hört das Bestehen des Bundestags auf. 14) Die Centralgewalt hat sich in Beziehung auf die Vollziehungs⸗Maßregeln, so weit thunlich, mit den Bevollmächtigten der Landes-Regierungen ins Einvernehmen zu setzen. 15) Sobald das Verfassungswerk für Deutschland vollendet und in en, n. gebracht ist, hört die Thätigkeit der provisorischen Centralge⸗= walt auf.

Preußen. Berlin, 30. Juni. Se. Majestät der Kaiser von Rußland haben dem Steuerrath Meier in Stettin den St. Annen⸗Srden 2ter Klasse zu verleihen.

Berlin, 30. Juni. Das Ju stiz-Ministerialblatt ent— hält folgende Bekanntmachung:

Von den Gerichten sind in der letzten Zeit mehrfache Anträge wegen Neubau, Vergrößerung oder wegen umfassender Reparaturen von Gerichtsgebäuden und Gefängnissen bei dem Justiz⸗Minister ein— gegangen.

Da indeß eine durchgreifende, anderwellige Organisation des Justizwesens in Aussicht steht, so läßt sich zur Zeit nicht überschen, ob und in welchem Umfange die Gerichte in denjenigen Orten, in welchen sie sich jetzt befinden, verbleiben, und ob deshalb die jetzt projektirten Bauten nicht entweder überflüssig, oder unzureichend sein und ob sie den zu erwartenden neuen Einrichtungen entsprechen werden.

Unter diesen Umstäuden und da überdies die nur in geringem Maße vorhandenen Geldmittel die größte Einschränkung bei sänsnt⸗ lichen Bauten erfordern, ist es durchaus nothwendig, nur die drin gendsten Reparaturen vorzunehmen, alle anderen Bau⸗-Angelegenhei— ten aber, insoweit deren Ausführung nicht bereits genehmigt und in Angriff genommen worden ist, vorläusig auf sich beruhen zu lassen.

Sämmtlichen Königlichen Obergerichten ist dies mit der Auf⸗ forderung eröffnet worden, hiernach zu prüfen, welche Bauten zu den unaufschiebbaren gehören, und in Betreff derjenigen, welche keinen Aufschub erlauben, zu berichten, im Uebrigen aber die früher gemach ten Anträge nicht weiter zu verfolgen.

Berlin, den 22. Juni 1848.

Der Justiz —Minister Bornemann.“

Berlin, 30. Juni. Aus dem Ministerium der geistlichen zc. Angelegenheiten geht uns folgende Mittheilung zu:

„In Nr. 147 der Berkinischen Nachrichten und in meh— reren anderen Zeitungen ist erwähnt, daß den zu Provinzial-Konfe⸗ renzen zusammentretenden Deputirten der Elementarlehrer ein Tage⸗ geld von 20 Sgr. ausgesetzt sei. g Diese . nachdem inzwischen die vom 1. Juli d. J. in Kraft tretende Allerhöchste Verordnung vom 10. Juni er—

sie ist, nicht zu. . e. air f n u de felt e enthaltenen gesetzlichen Bestimmungen werden vielmehr die genannten Elementarlehrer ein Tagegeld von Rthlr., als Reisekosten⸗ Vergütung Für die auf Eisenbahnen oder Dampfschiffen zurückzulegende Meile 7 Sgr. 6 Pf. und für den Auf⸗ und Abgang eine Entschädigung von 13 Sgr., für die nicht auf Eisenbahnen zurückzulegende Meile aber 15 Sgr. Vergütigung erhalten. 4 .

Sollte in einzelnen Fällen diese gesetzlich bestimmte Vergütigung die entstandenen Kosten erweislich nicht decken, so ist dieser Fall theils im §. 2 Pos. 2 der gedachten Verordnung vorgesehen, theils wird es vorbehalten bleiben imwüssen, in diesen einzelnen Fällen eine außeror— dentliche Unterstützung der betreffenden Lehrer eintreten zu lassen.“

Stettin, 23. Juni. (O stsee⸗Ztg.) Die beiden in Angriff genommenen Kanonen-Jollen stehen auf dem Stapel und sind so weit gediehen, daß sie in einigen Wochen ablaufen und den Behörden zur Verwendung übergeben werden können. Bei einer Länge von 50 Fuß und einem Tiefgang von 25 Fuß führen dieselben außer den nöthi⸗ gen Segeln noch 20 Ruder und als Bewaffnung ein 80 pfündiges Geschütz. 3. , . . Zufolge einer Bekanntmachung des hiesigen Comitès für die deutsche Kriegs-Marine haben die ihm von nah und fern zukommen⸗ den Beisteuern einen so erfreulichen Fortgang, daß es hofft, auch mit dem Bau größerer Fahrzeuge beginnen zu können.

Oesterreich. Wien, 28. Juni. (Wien. Ztg.). Nach einem dem Kriegs -Ministerium so eben mittelst Courier zugekomme⸗ nen Berichte des Oberst Kerpan aus Palma nuova vom 2östen d. M., hat dieser Platz (wie bereits gemeldet) seine Thore den Kaiserlichen Truppen in Folge der (unten folgenden) Capitulationen geöffnet und wurde am Morgen des 25sten um 7 Uhr, nachdem die feindliche Be⸗ satzung die Waffen auf der Esplanade niedergelegt hatte, militairisch besetzt. Die Capitulation lautet:

Capitulation zwischen dem Kaiserlichen Obersten Joseph Kerpan und dem Bevollmächtigten des Generals und Civil und Militair-Gouverneurs des Platzes, Baron Zucchi. ; ; 36 . ö

1) Leben, Freiheit und Eigenthum des Civil und Militairs, so wie der Guardia civica, werden verbürgt, und Niemand kann für das Vergan⸗ gene angesehen werden, es sei nun in Bezug auf Leistungen oder Dienst posten. . ö.

2) Jeder Bürger kann zeitlich oder für immer die Festung verlassen sich dort, wo es ihm innerhalb der Staatsgränzen beliebt, niederlassen. auszieht wird, als Auswanderer behandelt. .

3) Der General Baron Karl Zuecchi begiebt sich mi Artillerie in seine Heimat Reggio und wird zur besseren Sauve⸗Garde versehen. ) ;

. ö. e Boni kann mit seiner Familie und 6, . gio gehen, wird ebenfalls mit einer Sauve- Garde bis zur Gränze versehe 23 9. ,,, aus der Provinz Friaul und dem Bellune⸗ sischen legen . Waffen ah, werden ngch Üldine geleitet, dort aufser in die Heimat entlassen. Jene aus Treviso werden schon ! . n Die Offiziere behalten ihre Degen bis zun Eintritt in . 3 . Mannschast vom Feldwebel abwärts erhält während des Marsch ysleg h xj piemontesische Artillerie Compagnie n wn , zücklehten, behält ihre Waffen, genießt die ,, . ö ‚⸗

Br österreichischen Fuße verpsle, nung und Brot nach dem österreichisch Gere nicht zu Tie nen.

s. erpflichtet, ein volles Jahr gegen ; .

selbe i he, aus Vn rig . dorthin zurücgesendet und ganz . ch die nöthigen Transportmittel ge⸗

so werden diese unter

und

Wer

der piemontesischen Sicherheit mit einer

S si „ihnen Fremde befinden geben. Sollten sich unter h, 9 gen fl

ite hun hn ,,,. ihre Waffen niederlegen und sich in dem= scber Ce. nb 'n affen, wo die Kaiserlichen Truppen in den Platz . Alle öffentlichen Beamten, waren, bleiben auf, ihren Posten. ͤ 14 * ;

0) Alle Militair⸗-Kranken, von was immer für einem Körper, werden mit gebührender Rücksicht bis zur Genesung behandelt und sodann nach

Artikel 5, 6 und 7 in Freiheit gesetzt.

welche schon am 23. März angestellt

11) Jeder Bisrger legt binnen 12 Stunden seine Waffen ab, widri⸗ genfalls er nach den bestehenden Gesktzen bestraft werden würde.

12) Alles, was den Aerar gehört, bleibt in der Festung und wird ordnungsmäßig übergeben.

13) Der Platz-Kommandant, Major Boni, wind für die Uebergabe des Platzes zurückbleiben und hicrauf nach Artikel 4 frei abzichen.

1) Morgen früh 7 Uhr besetzen die K. Truppen drei Festungsthore und die Hauptwache.

146) Die Offiziere der Linie und der Crociati erhalten eine Reise⸗Ent schädigung.

16) Indem endlich die Stadt einsieht, sich vergangen zu haben, so unterwirft sie sich obwohl sie noch über Lebens- und Vertheidigungsmit— tel verfügen kann und übergiebt den Platz den Kaiserlichen Behörden, in dem sie zugleich die Großmüth Sr. Kaiserl. Majestät anfleht, damit die öffentliche Schuld, welche im Lause der Blolade gemacht wurde, auf die gesammte Provinz übertragen werde, indem viele unschuldige Familien ihre ganze Habe verloren. Bei so traurigen Umständen, welche auf der Stadt Palma lasten, wird der Oberst Kerpan diese Bitte an die Huld Sr. Maje— stät des Kaisers vorwortlich unterstützen.

In doppelter Ausfertihung beiderseitig vorgelesen und untersertigt.

Joseph Patelli, zoseph Kerpan, Präsident. Ober. ECiril lo Graffi, Capitain. C. Eugnia, sardinischer Artillerie- Capitain.

ngen Oo ,. z . 9 Innsbruck, 24. Juni. (A. 3.) Gestern ist undermuthet der Eizherzog, Stephan mit zwei ungarischen Ministern, St. Széchenyi und Eötvös, hier angekommen. as diplomatische Corps ist bis auf Lord Ponsonby und Graf Medem bereits wieder von hier abgereist.

Bayern. Nürnberg, 22. Juni. (N. K.) Der hiesige Industrie, und Kultur-Verein hat beschlossen, eine Armen Kolonie in hiesiger Gegend zu gründen und zugleich die Anregung zur Bildung einer Gesellschast behufs Besörderung der Anlage don Armen-Kolo— niech im ganzen Königreich zu geben. Die Statuten dieser Gesell⸗ schaft werden demnächst allerhöchsten Orts zur Genehmigung vorgelegt und sodann im ganzen Königreiche verbreitet werden. Die Mittel, wodurch diese so, nützlichen Anstalten ins Leben gerufen werden sollen, werden zunächst in Jahres-Beiträgen der Mitglieder im Betrage von nicht mehr als 30) Kr. bestehen. Auf diese Weise soll dürftigen Fa⸗ milien ohne Unterschied des Glaubens bekenntnisses, welche den einhei⸗ mischen Armeunpflegen bereits zur Last fallen oder doch nahe daran sind, durch Gewährung einer eigenen oder einer möglichst billigen Pachtwohnung eine Erleichterung ihres Looses bereitet werden.

——

9 D Ausland.

Frankreich. National⸗ Versammlung. Sitzung vom 2b. Juni. Der Kampf in der Verstaͤdt St. Antoine ist eingestellt. Um 5, Uhr besteigt Lacrosse den Präsidentenstuhl und zeigt der Versammlung an, baß die Abtheilungen die Prüfung der ihnen vorliegenden Gesetz- Entwürfe noch nicht vollendet hätten und keine neuen Depeschen angelangt scien. Die Sitzung wirb von neuem suspendirt. Um 8) Uhr füllt sich der Saal wieder, und Se⸗ nard erklärt, daß der Kampf auf allen Punkten der Stadt, wo er stattgefunden, völlig aufgehört habe. Schließlich trägt er dar⸗ auf an, die Zahlungsfrist der am 233., 24., , —; Juni fälligen Wechsel bis zum 5. Juli zu ver⸗

Schluß der

27. und 28. schieben. Wird angenommen. Tillancourt beantragt eine Adresse au die französische Nation, au die seßhafte Nationalgarde, die Mo— bilgarbe und die Armee. Lune au unterstitzt ihn. Der Antrag soll morgen zur Ausführung kommen. Flocon, Ackerbau und Haän— dels-Minister, widerlegt wiederholt die Gerlichte und Befürchtungen wegen eines Brodmangels und versichert, daß die Staatsspeicher und die Magazine von Scegur zur Befriedigung aller Bedürfnisse hin reichen würden. Am Schlusse geht die Rachricht ein, daß auch die letzten Barrikaben in der Villette, gleich denen der Varstadt St. An⸗ i n fr würden. Die Versammlung geht bald nach neun

von ö. in 1 9 ö 6 geh des Sißungs saales von der Rivoli⸗- Straß s hinter dem Bourgunder-Platz, gleicht immer noch einem Kriegslager. Die Kanonen sind aufgepslanzt, ganze Regimenter bivouakiren auf dem Konkordien Platze und in der Nach⸗ barschaft. Im Sstzungssaale selhst süchten bie Blicte zuerst diejenigen Deputirten, welche die gestrige Nacht als Geiseln hinter den Barri— kaden der Vorstadt St. Antoine zubrachten, und denen Larabit als Parlamentair diente. Man bemerkte nur Larabit. Das alte Oppo⸗ sitions Mitglied saß ziemlich verstört auf seinem Platze und schien sehr nachdenklich. Senard, der unermüdliche General-Advolkat, eröff— nete die Sitzung um 41 Uhr. Er zeigte der Versammlung an, daß, einzeln? kleine Scharmützel abgerechnet, Paris, bis auf die zahllosen Wachen, ruhig geschlafen habe. In den Departements, z. B. in Marseille, habe die Contre⸗Revolution ebenfalls ihrHaupt erhoben, sei aber bald unter⸗ drückt worden. In Nantes, Lyon, Rouen sei die Ruhe aufrecht er— halten worden. In Paris selbst wache die Vollziehungsgewalt un⸗— ermübet. Die gte und 12te Legion der pariser National-Garde (St. Antoine und St. Marceau) würden, Exzesse und Mißtrauens halber, so eben entwaffnet. Ferner trage er auf Niedersetzung eines Aus— schusses an, der sich sofort mit den Opfern der letzten vier Tage be schäftige. Die National-Versammlung habe zwar bereits die Witt⸗ wen und Waisen adoptirt, aber es bleibe noch viel zu thun übrig. Es wird ein Ausschuß von 9 Mitgliedern ernannt, der die nöthigen Anträge auszuarbeiten hat. Endlich soll eine pomphafte Revue aller herbeigeeilten National-Garden statlsinden und Alles aufgeboten werden, um ihnen ben für die Republik bewiesenen Eifer möglichst zu vergelten. Die—= ser Vorschlag fand nicht minder Beifall. Inzwischen sorgt der Gefängniß— Aus schuß für die gehörige Verwahrung der gefangenen Infurgenten. Hierbei erfährt man, daß Barrot, Thiers und Victor Hugo das Geschäft der Klassisizirung, Trausportirung und Veipflegung der Gefangenen zu Lesorgen hatten. Bei Durchsuchung von etwa 60 Insurgenten, die in der Abbaye eingesperrt wurden, fand man übrigens kaum zehn Franken im Ganzen. Bie Sitzung wurde suspendirk und die Mit- glieder zogen sich in die Büreaus zurück, um über mehrere Gesetz— Entwürfe, unter anderen über den die Deportalion betreffenden, Über die Begräbnißfeierlichleiten und dergleichen insgeheim zu berathen. Um, 3 Uhr wurde die öffentliche Sitzung wieder aufgenommen. Méaulle, Berichterstatter über das Gesetz in Betreff des Schick sals der Insurgenten, erhielt das Wört. „Sie haben“, sagte er, „die Insurgenten zun Deportation verurtheilt. General Cavaignac ke, e ger, al dor n wie ßegerictů Was soll geschthen? 6 ; sie epor iren, oder füsi ren? Ihr Ausschuß schlagt Ihnen Al ö. en in Kategorieen vor. Nur die Straffälligsten sollen vor . i . gestellt werden.“ Cavaignac bekämpfte den Aus⸗ schußbeschluß. Bei Postschluß hatte noch kein Votum ihr Schicksal entschieden. .

Paris, 27. Juni. Gestern . 4 . 2, Fun. Gestern Abend hat General Cavaignac als Chef ber vollziehenden Gewalt, folgende Proclamation . die Nationalgarde und die Armee erlassen;?

Nr 8 x HM,

„Bürger, Soldaten! Die geheiligt Sache der Republik . zb n . ö geheil zache der Republik hat trium— phirt. Eure Hingebung, Euer unersshiiter licher Muth haben sträfliche Pläne

in ihr

323 ; vereitelt, verhängnißvolle Irrthümer gerichtet. Im Namen des Vaterlan— des, im Namen der ganzen Menschheit sei Euch gedankt für Eure Anstren= gungen, seid gesegnet für diesen nothwendigen Triumph. Diesen Morgen noch war die Aufregung des Kampfes rechtmäßig, unvermeidlich. Jetzt * scid eben so groß in der Ruhe, als Ihr es so eben im Kampfe gewesen. In Paris sehe ich Sieger, Besiegte; möge mein Name ewig verflucht sein wenn ich ein willigte, Opfer hier zu sehen. Die Gerechtigkeit wird ihren Lauf haben; möge sie handeln: Das ist Euer Gedanle, das ist der meinige. Bereit, wieder in den Rang eines einfachen Bürgers zurückzuꝑlehren nehme ich in Eure Mitte das Bürger- Bewußtsein mit, in diesen Tagen schwerer Prüfungen die Freiheit nur insoweit beschränkt zu haben, als das Heil der Nepublik dies selbst verlangte, und Temjenigen ein Beispiel hinterlassen zu haben, der seinerseits einmal berufen sein könnte, eben so ernste Pflich⸗ ten zu erfüllen.“ ĩ

Gestern früh hielten gewaltige Truppenmassen der Generale La— moricidre und Perrot die ganze Vorstadt St. Autoine umschlungen. Nur von Menilmontant und Popincourt, jenseits des Kanals her, be⸗ unruhigten einzelne Insurgenten-Abtheilungen die Truppen. Es schlug 19 Uhr. Die Belagerungsgeschütze, Mörser, Haubitzen und Kanonen, welche Cavaignac auf Verlangen Lamorictereis aus Nrras und La Fare, zweien Festungen, in aller Eil hatte herbeischaffen las— sen, waren eingetroffen. Die Pechkränze und Brandbomben lagen bereit. Dem produrtivsten Theil von Paris drohte Vernichtung. Der revolutionaire Heerd brannte bereits an einigen Stellen als Lamoricirre, umgeben von seinem ganzen Generalstabe' im Café. Amand, an der Ecke des Bastillen⸗ Platzes, auf den Befehl zum Beginn des Bombardements wartete und mit der Uhr in der Hand die Minuten zählte, welche das Schicksal von Hun— derttausenden entscheiden sollte. Da sprengt eine Ordonnanz herbei und bringt ihm die Capitulation der Vorstadt: die Jusurgenten haben die Waffen gestreckt und reißen selbst die Barrikaden nieder. Die größte Katastrophe wurde vermieden, Ströme von Blut dadurch er= spart. Um Mitternacht fand noch eine lebhafte Füsilade in der Nähe der Tuilerieen und des National-Palastes statt. Die Nationalgarde des Weichbildes hatte nämlich Gefangene nach dem Depot der Tuile⸗ rieen zu br ingen. Die Zahl derselben war aber sehr ansehnlich, und sie benutzten die Dunkelheit und einen Augenblich der Verwirrung um sich auf die Waffen einiger Nationalgardisten zu stürzen und zu retten. Darauf gaben sie Feuer. Sofort trat das große Bivonak des Tui— lerieenhofes unter die Waffen, und es wurde schnell von allen Seiten gefeuert. Die Straßen, welche von der Rue St. Honoré und dem Ouai nach den Tuilerieen hin laufen, waren von starken Abtheilungen Nationalgarde, Linie und Mobilgarde besetzt und sind es noch heute. Als diese Posten die Füsilade hörten, gaben sie ebenfalls Feuer. Niemand, die Eskorte ausgenommen, kannte den Grund dirses uner⸗ warteten Allarms, und man schoß auf einander, ohne zu wissen, auf wen. Es wurden Viele in dieser unglücklichen Verwirrung gelbdtet und verwundet. Man sagt auch, die Masse der in den Kellern der Tuilerieen gefangen Gehaltenen habe auszubrechen gesucht, sei aber überwältigt worden. Der Kirchhof Pere la Chalse ist noch von den Insurgenten besetzt. Im Laufe der vorigen Nacht wurden etwa 2000 Gefangene in Omnibuswagen, unter star⸗ kem Kavalleriegeleit, aus den Stadtgefängnissen in die Kase⸗ matten von Vincennes und der übrigen Außenwerke geschasst. Die Gesammtzahl der gefangenen Insurgenten wird von Ei= nigen auf 4 5000 geschätzt. Die Zahl der Gefallenen, Ertrunke⸗ nen, Verbrannten, überhaupt aller ÜUmgekommenen und Vermißten, so wie der Berwundeten, läßt sich natürlich noch nicht genau bestim—⸗ men. Man schätzte sie gestern Abend auf 19 11.60. Außer den Spitälern sind mehrere Kirchen und Privatgebäude der Pflege der Verwundeten gewidmet. Die Frauen sitzen vor den Hauskhliren und . Charpie. Tie nnn war heute früh, nach den neuesten Nach⸗ richten im ourn s8 Dé6 ĩ z Pari ei 3 a e 60 de W fel. an ns Haris und seinem We; herg , ir Aufstand definitiv besiegt. Die Börse ist jedoch heute noch nicht wieder geöffnet.

Das heutige Jour nal des Déhats enthält folgendes Nähere über das Schicksal des Erzbischofs von Paris: „Vorgestern, Sonn tags, verließ derselbe um halb 6 Uhr den derzbischöflichen Palast und begab sich zum General Cavaignac, unn densel⸗ ben zu fragen, b es ihm verboten wär sich in die Mitte der In sitrgenten 3it begeben und Frieb er sworte? an sie zu rich⸗ ten. Der General empfing den Prälaten mit Zeichen lebhafter Be⸗ wegung und antwortete ihm, er könng es nicht auf sich nehmen, un— er solchen Un: ständen 2inen Rath zu geben; sicher sei ein solcher Schritt sehr gefährlich, aber jedenfalls würde er selbst nur dankbar dafür sein können, und er zweifle nicht, daß die Bevölkerung von Paris eben so lebhaft ergriffen davon sein würde. Der Erzbischof erklärt alsbald, daß sein Entschluß gefaßt sei. Er kehrte eiliast nach dem erzbischöflichen Palast zurück, traf einige persönliche Ausrdnun— gen, und gegen 8 Uhr erschien er am Fuß der Bastillen⸗ ute. Irrthinm h 1st Herbreitet worden, der Prälat habe den Beistand mehrerer Repräsentanten begehrt oder angenom⸗ men. Es hatten sich allerdings Mehrere beeifert dem Erzbischof dies Anerbieten zu machen, er lehnte jedoch alle ab. Auf dem Wege vom erzbischöflichen Palast nach der Bastille unterhielt er sich äußerst heiter über den heiligen Text: Pastor bonus dat animam wam bro Grihus suis. Blos seine beiden Großvikare begleiteten ihn. Die Militair-Behörde ließ das Feuer einstellen. Man brach einen Baumzweig auf dem Boulevard ab, und dies Friedenszeichen allein ging dem Prälaten und den beiden Geistlichen voran, welche zusammen die Barrikade bestiegen, auf der kurz vorher die Insur— genten einen Parlanzentair empfangen hatten, der den Schritt des Erzbischofs ankündigte. Der ehrwürdige Seelenhirt hatte kanm salbungsvolle Worte an sie gerichtet, da siel, wie durch Zufall, ein Schuß, ohne daß man genau zu sagen weiß, von Dieser Schuß versetzte die Insurgenten sogleich in

welcher Seite. die äußerste Aufregung. Es wurde aus ihren Reihen gefeuert, und Die Beschaffen⸗

die Mobilgarde erwiederte das Feuer mit Energie.

heit der Wunde läßt glauben, daß der Schuß, von oben nach unten abgefeuert, vermuthlich aus einem Fenster gekommen. Genug, der Erzbischof fiel, von einer Kugel in die Weichen getroffen, und wurde von den Insurgenten hinweggetragen. Kurz darauf brachten sie ihn Viertel zu dem Pfarrer des Spitals für die drei— hundert Blinden. Einer der Aerzte der Insuͤrgenten lei— stete ihm Beistand, und am nächsten Morgen, als die Waffenstillstand s⸗Unterhandlungen angeknispft waren, beeilte man sich den Prälaten auf einem Tragbett nach dem erzbischöflichen Palast zu rückzubringen. Diese fast einem Leichenzug ähnliche Handlung war von Kundgebungen begleitet, die denen, welche Zeuge davon waren, niemals aus dem Gedächtniß schwinben werde. Von Stunde zu Stunde verschlimmerte sich der Zustand des ehrwürdigen Kranken. Er hatte, ehe er die Vorstadt St. Antoine verließ, die letzten Sakra= mente empfangen, weil er während der Hinwegbringung seinen Geist auszuhauchen fürchtete. Gleich vorgestern Abend forderte er seinen Großvikar und seinen Freund, den Äbbs Jacquemet, dringend auf, ihm kein Geheimniß aus der Gefährlichkeit seiner Wunde zu machen, und ohne irgend eine Gemüthsunruhe oder Klage bot er sofort unablässig Gott, sein Leben zum Opfer für Frankreich und für dessen Zukunft dar. Kein Wort entwich seinen Lippen, was noch eine Rückfehr zu den Banden der Erde angedeutet hätte.“ Dem Commerce zu— folge, wäre der Erzbischof gestern Abend an den Folgen der Dpera⸗

einige

tion, der er sich unterziehen mußte, gestorben. Die Kugel soll bas Rückenmark verletzt haben, so daß jede Rettung unmöglich war. Emil von Girardin, Redacteur der Prefse, sitzt in der Con⸗ ciergerie in strengster Haft. Selbst seine Frau, die bekannte Del⸗ FPöine Sophie Gap, darf nicht mit ihm korrespondiren. Er soll der Betheiligung bei der Insurrection beschuldigt sein. Lalanne, der neue Direktor der National-Werlstätten, Schwager des Ministers der öffentlichen Arbeiten, Herrn Trelat, ist ebenfalls, als der Begünstigung der Insurrection verdächtig, arretirt worden. Auch Deflotte, Marine⸗ ö und Mitredacteur der Democratie pacifique, ist ver- Haftet. ;

ö Folgende Journale: 1 Die Presse, 2) die Revolution, 3 Lie Assemblée nationale, 4) die Vraie République, 5) die Srganisation du Travail, 6) der Napoleon répu⸗- blicain, 7) der Aimable Faubourien ober Journal de la Tanaille, 8) der Lampion, 9) die Libert«, 10 der Pre Duchnune und 11) der Pilori sind bis auf Weiteres unterdrüct und ihre Pressen versiegelt. Auch der Proudhonsche Représentant du peuple ist nicht erschienen. Indessen glaubt man, daß dies nur daher komme, weil er in derselben Offizin, we die Presse, gedruckt wurde; Ein Verbot ist gegen ihn nicht erlassen. ; Die zur Untersuchung der Ereignisse des 23., 24, 25. und 26. Juni von der National- Versammlung angeordnete Kommnusssion besteht aus meist der Majorität angehörenden Mitgliedern. Odilon Barrot ist, Präsident, Woirhaye Vice⸗-Präsident, Wäldeck, Rousseau und Lan⸗ drin sind Secretaire der Kominission.

Mit Hinsicht auf das Dekret vom 24. Juni, welches die Stadt

Paris in Belagerungszustand versetzie, und auf ein Vesret vom 24. Dezember 1811 hat der Chef der vollziehenden Gewalt, General Cavaignac, verordnet, daß die als Rapporteurs bei den Kriegs ⸗Con⸗ seils der ersten Militair-Division fungirenden Offiziere und deren Substitute sofort zur Information gegen alle bei den Attentaten vom 23. Juni und den folgenden Tagen verhafteten Individuen schreiten sollen, damit sodann in Betreff dieser Individuen weiter nach den Strafgesetzen verfahren werden könne. ; ö Der Moniteur meldet: „Die Vollmacht, alle Verbrechen oder Vergehen im Umfang der Stadt Paris sestzustellen, deren Urheber zu ermil teln, und zur gesetzlichen Bestrafung zu bringen, ist den Beamten der Gexichtspolizei übertragen. Diese Vefugniß wird unter Leitung der Militairbehörde ausgeübt werder.“

Heute früh hat die Vertheilung der von der National-Versamm⸗ lung zur Unterstützung, der Nothleibenden bewilligten 3 Millionen Franken an die Bedürftigsten begonnen. Man fürchtet aber, daß dies nur wie ein Tropfen im Meere sein werde, da die Noth als fürch— terlich geschildert wird.

Großbritanien und Irland. London, 26. Juni. Ihre Majestät die Königin wird morgen im Budinghampalast eine Geheimeraths-Sitzung halten. ;

Die Toryblätter machen sich Hoffnung, ß bei der heutigen Abstimmung im Unterhause über die von Tord John Russell vorge⸗ schlagenen Maßregeln zur Unterstützung der westindischen Kolonieen das Ministerium in der Minerität bleiben und abdanken werde. Ein Tory Ministerium unter Lord Stanley, heißt es, würde an die Stelle treten. Die Tim es stellt darüber folgende trübe Betrachtungen an: „Die Negierung hat während dieser Parlaments-Sitzung Niederla⸗ gen erlitten und ist in geringeren Sachen wegen Schwankens geta⸗ delt worden. Sie mag heute Abend wieder in der westindischen Frage in der Minderheit bleiben, und wenn sie geschlagen ist, möchte sie sich vermuthlich veranlaßt fühlen, ihre Entlassung einzureichen. Aber was auch die Irrthümer und Gefahren des Ministeriums sein mögen, so sehen wir gegenwärtig doch nichts als absicht— liche Blindheit oder beklagenswerthe Thorheit in den Hoffnungen, welche irgend eine feindliche Partei auf unmittelbare Herrschaft hegen mag. Die einzige Partei, der wir einen solchen Ehrgeiz zuschreiben können, ist diejenige, welche f sthält an dem allgemeinen Grundsaße des Schutzes, und welche, wie es sich neulich ini Oberhause gezeigt hat, sogleich den Versuch machen würde, die Abschaffung der Korn⸗ gesetze heilweise wieder aufzuheben. Lord Stanley ist ein Mann von großen Genie; aber sein Genie muß blind sein für die klarsten und bekanntesten Thatsachen, wenn er sich einbildet, er könne der Königin irgend cine Hoffung auf eine wirksame Verwaltung dar— bieten. Welche Namen kann er gewinnen, die den gewerbtreiben⸗ den Theil des Landes in irgend einer Weife vertreten? Tausende

lesen und Eewundern die Reden Lord Stanley's und der übri— gen Schutzzöllner, ohne einen Zoll breit zu deren Ansichten hin⸗ bei gezogen zu. werden. Aber wenn man sich die Schutzzöllner im Amte denken lönnte und als nothwendige Folge eine allgemeine Wahl im Herbste, se schaudert man beinahe, wenn man an die Folgen denkt: das Land in einem Parorysmus von Aufregung, die Whigs sich um Volksgunst bemühend, die sechs Prnkte (der Charte) . vier Punste (des Herrn Hume) um den Vorrang streitend, die League in einer neuen Thätigkeit, Westindien grollend; die irländischen Ver⸗ bündeten die Verwirrung benutzend, und nur Eine Sache außer allem Zweifel: daß das Ministerium sich keinen einzigen Tag nach der Er— öffnung des Parlaments halten könne. Wir lueiden fast den Muth. von Leuten, welche den Ausgang eines solchen Versuches mitten unter den Flammen Europa's furchtlos betrachten lönnen.“

Griechenland. Athen, 19. Jun. (A. Z.) Durch ein Rundschreiben des Kriegs-Ministers bringt derselbe zur Keuntniß des Landes, daß der Kampf mit den Aufständischen, die in Verbindung mit albanesischen Türken die Provinzen Phthintis und Lokris beunru“ higt hatten, beendigt sei, und daß dieselben, von den Königlichen Trüßpen überall geschlagen, sich über die Gränze geflüchtet und wie— der im türkischen Gebiet festgesetzt hätten. Die beiden im Pelopon- nes von Maurokordatisten erregten Aufstände zerflossen an demselben Tage nech in ihr Nichts, und die ain meisten Betheiligten flüch= teten sich auf elenden Barken in der Richtung gegen Zante hin. Das griechische Volk hat abermals bewiesen, wie sehr es jeder Ün— ordnung, jeder Aufwiegelung abhold ist, und wie es selbst zu jeder Stunde bereit ist, die Waffen zu ergreifen, um die Ruhestörer welchen Namen sie sich auch geben mögen, zu vernichten. Es ist zu bedauern, daß die öksnomischen Verhältnisse des Landes es schwierig gemacht haben, ein paar Bataillone regulairer Truppen mehr zu be⸗ sitzen, wodurch die Regierung nicht nur der Nothwendigkeit enthoben wäre, die arbeitsame Bevölkerung zu den Waffen zu ruͤfen, was mit Mehrausgaben und bedeutenden anderen Nachtheilen verbunden ist, sondern auch zu jeder Stunde in den Stand gesetzt wäre, fo unsin⸗ nigen Unternehmungen augenblicklich ein Ziel zu setzen.

Sir Stratford Canning, der großbritanische Gefandte in Konstan— tinopel, ist auf einem . Dampfboote im Piräeus angekommen und begab sich noch spät Abends nach Athen, wo er im Gasthofe England“ abstieg. Da Se. Majestät der König den englischen Diplomaten schon von seinem früheren Aufenthalte in Athen her kannte, so wurde derselbe mit Umgehung einer offiziellen Vorstellun

zu einer vertraulichen Audienz eingeladen. Der König unterhjelt si

über zwei Stunden mit demselben. Inwiefern die vorüherge= hende Anwesenheit Sir Stratford ECanning's ihn Athen auf die Gestaltung unferer inneren politischen Berhältnisse einen Ein⸗