1848 / 64 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

3 angenommen, Nr. 2 abgelehnt. Beseler machte noch den keinen

Wider spruch findenden Vorschlag, die Einleitung des Entwurfs der 1 zu diskutiren. Es wurde nunmehr vom Prä⸗

sidenten Art. 1 des Entwurfs auf die Tagesordnung der morgentli⸗ chen Sitzung gestellt. Schluß der heutigen Sitzung Mittags 1 Uhr.

Frankfurt a. M., 4. Juli, In der heutigen 31 sten Sitzung der deutschen National-Versammlung begründete der Ab⸗ ordnete Blum seinen Antrag: daß der Bundestag um amtliche Erklärung über Sinn und Bedeutung seines Schreibens an den Erz= herzog Johann, insbesondere über die darin ausgesprochene Zustim⸗ mung der Regierungen zu dessen Wahl ersucht werde. Nachdem hier⸗ über von Schmerling und Schuselka gesprochen hatten, beschloß die Versammlung, zur Tagesordnung überzugehen. Hierauf begann die Berathung über §. 1 des Entwurfs der Grundrechte des Volkes.

In dieser Sitzung wurde ein aus Nürnberg vom 2. Juli da⸗ tirtes Schreiben der sieben Abgesandten zur Beglückwünschung des Erherzogs Johann verlesen. Die Deputirten schildern die freudige Stimmung, welche sich in Städten und Dörfern auf ihrem Wege, insbesondere in Nürnberg und Fürth, deren Magistrat und Deputa⸗ tionen politischer Vereine ꝛc. ihnen entgegengekommen seien, über ihre Mission sich kundgegeben habe. Der Eindruck dieser Nachrich⸗ ten war ein sehr zufriedenstellender. Der Druck des Schreibens

wurde beschlossen. Auf der linken Seite erhoben sich nur Wenige, unter ihnen die Herren Hartmann und Schuselka.

Preußen. Münster, 5. Juli. (Westf. Merk.) Amtlicher Mittheilung zufolge sind seit kurzem in den Niederlanden strenge Maßregeln genommen worden, um alle diejenigen dort sich aufhalten den oder nur durchreisenden Ausländer sofort über die Gränze zurück⸗ zusenden, welche entweder überhaupt nicht mit Pässen verschen, oder deren Pässe bereits abgelaufen sind. Auch mehrere preußische Unter⸗ thanen, welche theils zum Vergnügen, theils in Geschäften kurze Rei—⸗ sen nach den Niederlanden gemacht hatten, sind neuerlich dort wegen Mangels an Pässen in Verlegenheit gerathen.

Oesterreich. Rovere do, 21. Juni. (J. d. Oe st. Lloyd.) Als die Piemontesen nach der Besetzung von Rivoli am 11. 1. M. sich der tyroler Gränze näherten und Miene machten, in diese Provinz einzu— brechen, richtete der Kaiserliche Hofcommissair Graf Hartig, welcher sich in Roveredo befand, ein Schreiben an den piemontesischen Gene— ral Sonnaz, welcher jenes Armee⸗Corps befehligte. Er leitete darin die Aufmerksamkeit des Generals auf den Umstand, daß Tyrol zum deutschen Bunde gehöre, und daß, als das vereinigte sardinisch-— neapolitanische Geschwader am 24. Mai Triest anzugreifen Miene machte, die daselbst befindlichen Konsuln der deutschen Regierungen den Angriff von Triest als einen gegen den deutschen Bund gerich— teten Angriff bezeichneten und dagegen ihre Verwahrung einlegten. Da, wie nicht zu bezweifeln, jene Konsuln mit der kundgegebenen Protestation die Ansichten ihrer bezüglichen Regierungen ausdrückten, so sei naheliegend, daß die Besetzung eines Theils von Tyrol durch die sardinischen Truppen dieselbe Veranlassung zu einer Verwahrung von Seiten der deutschen Bundes-Regierungen darbiete und von den⸗ selben eben so betrachtet werden müßte, wie der Angriff auf Triest. Die Piemontesen rückten seitdem nicht über die Gränze von Tyrol, was jetzt bei der Anwesenheit des vom Feldmarschall⸗ Lieutenant . Thurn befehligten AꝛZimce-Corps auch nicht mehr zu besor— gen ist.

Sachsen. Dres den, 4. Juli. (D. A. Z.) In der heu⸗ tigen Sitzung der zweiten Kammer begründete der Abgeordnete Hel— big seine angekündigte Interpellation an das Ministerium des In⸗ nern: über die Maßregeln der hiesigen Polizei⸗Behörde gegen die hier sich aufhaltenden Polen. Es sei ein im Völkerrecht allgemein anerkannter Grundsatz, daß jedem Fremden Durchreise und Aufent⸗ halt zu gestatten sei, so lange er die Gesetze des Landes, in dem er sich aufhält, achtet und dessen Ruhe und Ordnung nicht stört. In diesem Sinne seien auch von der Regierung die Verordnungen erlas— sen worden, welche die in Sachsen sich aufhaltenden Polen beträßen. Die Polizei-Direction zu Dresden habe jedoch nicht allenthalben die⸗ sen Verordnungen gemäß gehandelt. Schon im Monat Mai seien Aus⸗ weisungen von derselten gegen Polen erfolgt, die den genannten Anfor⸗ derungen völlig nachgekommen seien und zugleich genügende Suksistenz- mittel aufzuweisen gehabt hatten, und in neuerer Zeit sei dies wie⸗ der vorgekommen. Die Polizei- Direction habe eine indirekte Aues⸗ weisung dadurch zu bewerkstelligen gesucht, daß sie den Polen nur auf wenige Tage Aufenthaltskarten zugctheilt und ihre Pässe wäter visirt habe. Man könne hier von Sympathie für oder wider die Po—⸗ len ganz absehen, es handle sich hier um Aufrechthaltung des völker— rechtlichen Grundsatzes des freien Durchzuges und Gastrechtes, weil sonst alle Fremden darüber ungewiß werden könnten, ob er in Sachsen solle unverletzt erhalten werden. Er ersuche daher das Ministerium des Innern, sich dahin auszusprechen, daß es von Seiten der Poli⸗ zei-⸗Direction die in den erlassenen Verordnungen aufgestellten Grund— sätze allenthalben aufrecht erhalten wissen wolle.

. Staats -Minister Sberländer erwiederte hierauf: Bestimmte individuelle Beschwerden wegen des Verfahrens von Unterbehörden gegen die Polen seien ihm nicht zugekommen; nur vor wenigen Ta⸗ gen sei dem Ministerium eine Eingabe einer Anzahl (ob aller, wisse er nicht) hiesiger Polen zugestellt worden, in welcher diese erklärten, es sei ihnen zu Ohren gekommen, wie die hiesige Stadtgemeinde die ihnen bisher Zugestandene Hospitalität aufzukündigen Willens sei, und worin sie um Vermittelung des Ministeriums bitten. Er habe diesc Ein⸗ abe der Polizeidirection zugestellt, da sie als Unterbehörde die erste ntscheidung habe; sollte sie aber gegen die Grundsätze des Ministeriums laufen, so werde sie von die fem eine Reform er leiden. Da diese Angelegen⸗ heit angeregt sei, so wolle er hier gleich in kurzem erwähnen, was die Re⸗ ierung überhaupt für die Polen gethan. Als nach den Ereignissen ö 3 3. , ,. dem Westen in Sachsen angelangt seien, um in ihr Vaten . . zukehren, habt ihnen die Regierung, in Rücksicht auf die armselige Lage der, Ankönimlinge, freie Durchreise durch Sachsen verschafft. Ein Gleiches sei geschehen, ais dieselben sich genöthigt gesehen wieder nach dem Westen zurückzuziehen; auch da habe die Jiegierung ihnen ihre Sympathie füt die Sache an den Tag gelegt und den Unglübtlichen freie Reise durch Sachsen bis zum Depot zuischen Eibe und Weser vermittelt. Was den Aufenthalt der Polen in Dresden und Leipzi anlange, so sei die Regierung von dem Grundsatz ausgegangen 26 dem, der gehörig legitimirt, mit. Subsistenzmitteln versehen fei, sich ruhig verhalte und sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Landes . der Aufenthalt ohne Schwierigkeiten zu gewähren sei; ja sie abe sogar die Behörden angewiesen, in Hinsicht der Legitiniasion nicht zu sehr zu mäkeln und die den Polen von je her bewiesene Hospitalität fortbauern zu lassen. Anders habe sich aber allerdings die Sache gestaltet nach den Vorgängen im Posenschen und nament= lich nach der Katastrophe in Prag. Hier habe die Regierung ge— glaubt, es der öffentlichen Meinung schuldig zu sein, den aus Prag anlangenden Polen den Aufenthalt in Sachsen zu versagen, dieselben als suspekt zu betrachten. Die Schlechtigkeit der Diplomatie und die Habsucht der Fürsten hätten Polen zu Grunde gerichtet, al lein das Mitgefühl für dieselben dürfe nicht dahin führen,

352

Deutschland preiszugeben, wenn sie auf dessen Selbstständig⸗ keit feindselige Angriffe versuchten, und die Regierung erkläre daher, daß gegen diejenigen Polen, welche sich unberufener⸗ weise in die inneren Angelegenheiten Sachsens einmischen sollten, mit aller Strenge eingeschritten werden solle. Eine von dem Abgeordn. Tzschirner an das Ministerium, unter Hinweisung auf die von der dresdener Polizei beabsichtigte Ausweisung des Dr. Gerber, gerich⸗ tete Anfrage, ob in Sachsen noch eine geheime Polizei bestehe, wurde von dem Minister des Innern dahin beantwortet, daß eine solche in Sachsen nicht erxistire. Daß Akte der Polizei nicht auf öffentlicher Straße ausgeübt werden könnten, liege in der Natur der Sache; aber dahin werde das Ministerium streben, daß die Polizeipflege möglichst volksthümlich gehandhabt werde. Der Fall mit Dr. Ger⸗ ber sei geordnet und dem Aufenthalte desselben auf seine (des Mi⸗ nisters) Privatverwendung kein Hinderniß mehr in den Weg gelegt; die Ursache hierzu sei daraus hervorgegangen, daß die Polizei⸗Be— hörde einer kleinen Stadt die Ungereimtheit begangen, den Dr. Ger— ber, als republikanischer Gesinnung verdächtig, mittelst Steckbriefen zu verfolgen.

Der Abgeordnete Tzschirner hält sich überzeugt, daß das Mi⸗ nisterium völlig frei von jedem Vorwurf sei, meint aber, daß dies nicht in Bezug auf die Polizei-Behörden der Fall sein dürfte, und kann namentlich nicht billigen, daß Polizeidiener in Civilkleidern zum Spioniren verwendet werden. Der Abgeordnete Harkort äußerte, daß die Regierung die Polen, diese gefährlichen Gäste, welche das Gastrecht mit Undank belohnten, möglichst strenge überwachen möge, damit sie nicht auch über unser Vaterland Unheis brächten. Der Ab⸗ geordnete von Nostitz tritt dieser Ansicht bei und verweist auf die gegen die Polen zeugenden Thatsachen, und auch von Criegern räth an, die Hospitalität gegen die Polen nur mit großer Versicht zu üben und hierbei das Wohl des Vaterlandes nicht aus den Augen zu setzen. Die Abgeordneten Küttner und Sachße vertheidi gen die Stadt Dresden gegen die Behauptung, daß sie geheime Polizei unterhalte; der Abgeordnete Helbig nimmt die Polen gegen viele Vorwürfe in Schutz, und der Abgeordnete Brockhaus stelte, augenscheinlich in der Absicht, die be— reits länger als eine Stunde währende Debatte abzuschneiden, den Antrag: befriedigt von der über die Ausweisung der Polen durch den Minister erhaltenen Auskunft zur Tagesordnung überzugehen. Da aber hierin ein bestimmter Antrag auf Schluß der Debatte nicht aus⸗ gesprochen war, so wurde diese fortgesetzt, bis von der Planitz einen solchen Antrag formulirte, worauf die Kammer dem Brockhausschen Vorschlage einstimmig beitrat.

Bei Fortsetzung der Berathung des neuen Wahlgesetzes, zu der die Kammer nunmehr überging, kamen heute die zwei Prinzipfragen zur Entscheidung, nämlich 1) ob die Wahl eines Abgeordneten an einen Be— zirk, und 2) ob sie an ein bestimmtes Glaubensbekenntniß gebunden sein solle. Die Gesetzvorlage verneint beide Fragen, will ad 1) die Wählbarkeit unter allen Staatsangehörigen freigeben, und ad 2) daß eine gleiche Berechtigung hierbei nicht blos den christlichen, sondern auch den sidischen Konfessions-Veiwandten eingeräumt werke. In Bezug auf den ersten Punkt tritt die Majerität den Bestimmungen der Gesetz⸗Vorlage vollkommen bei, während die Minorität, hier nur aus dem Abgeordneten Oehmigen bestehend, die Wählbarkeit auf die Gränzen des Wahlbezirks beschränkt wissen will. Für letztere Ansicht sprachen sich auch die Abgeordneten von Criegern, Harkort, Sachße, Zimmer mann, Müller, Schenk, Haase, Oehme, von Beust und Cubasch aus, die als Hauptgrund anführten, daß die verschiedenen Bedürfnisse der verschiedenen Orte von solchen Abgeordneten am besten gekannt und vertreten sein würden, die mit den Ortszuständen vertraut, mit⸗ hin von denjenigen, die aus dem Wahlbezirk selbst, hervor⸗ gegangen seien, während bei Freigebung der, Wählbarkeit es leicht geschehen könne, daß ganze Wahlbezirke in der Kammer nicht vertreten würden. Für die Majorität der Deputation und die Gesetzes Vorlage hingegen erklärten sich die Abgeordneten Geißler, Evans, Müller, Elbel, Wehner, Unger, Thiersch, Brockhaus, Reiche⸗Eisenstuck, Stockmann, Helbig, Kaiser, Kretzschmar, Neidhardt und Huth, hauptsächlich der Aufrechthaltung des bis jetzt befolgten Prinzips wegen. Staats⸗Minister Oberländer erklärte, daß die Re⸗ gierung an dem Grundsatze der Vorlage, daß jeder Bürger seinen Vertreter wählen können müsse, wo er den besten und geeignetsten sinde, festhalten werde, welcher Erklärung auch Staats-Minister Dr. Braun entschieden beitrat, indem er ausfmerksam machte, daß es allerdings das in den letzten Berathungen befürwor⸗ tete Princip der freien Wehlen, das Repräsentations-Piincip aufgeben heiße, wenn die Kammer sich hier für das Minori— täts-Gutachten entscheiden und hierdurch ein neues Bannrecht schaf⸗ fen wolle. Bei der Abstimmung wurde die Frage: Erklärt sich die Kammer nach dem Vorschlage der Majorität der Deputation damit einverstanden, die Wahl der Abgeordneten nach der Gesetzes-Vorlage an keinen Bezirk zu binden? von 39 Abgeordneten mit Ja, von 23 aber mit Nein beantwortet.

Hinsichtlich des zweiten Punktes herrscht in dem Deputations⸗ Berichte Einhelligkeit darüber, daß die Wählbarkeit von einem gewis⸗ sen Glaubens-Bekenntniß nicht abhängig zu machen zei. Hier sprach zunächst der Abg. Brockhaus seine Freude über die Vorlage und den Depu⸗ tations⸗-Bericht aus, da in diesem Grundsatze eine indirekte Emancipation der Juden liege; er hoffe, daß auch die übrigen Beschränkungen, denen die Juden annoch unterworfen seirn, bald verschwinden und das gegen sie verschuldete Unrecht möglichst gut gemacht werden möge. In gleichem Sinne sprach der Abgeordnete Harkort, der ebenfalls meinte, daß es an der Zeit sei, die Gleichstellung der Juden auszusprechen. Staats-Minister Oberländer bemerkte, daß es sich gegenwärtig nur um Uebertragung eines politischen Rechtes an die Juden handle, und daß die Regieruͤng hierbei an eine Emancipation der Juden nicht gedacht habe. Die Abgeordneten Rittner und von der Planitz erklärten sich gegen die Wählbarkeit nichtchristlicher Konfessions- Verwandten, und Ersterer schloß mit dem Wunsche: Sachsen ist ein christlicher Staat, möge er es auch bleiben. Die Abgeordneten Sachße, Thiersch, Dr. Geißler und Reiche-Eisenstuck sprachen sich zwar für die Zu— lassung der Juden aus, erklärten sich jedoch, dabei zugleich gegen die Emancipation derselben, und bei der Abstimmnng beschloß sodann die Kammer gegen 2 Stimmen, sich dafür zu erklären, daß das Recht der Wählbarkeit an kein bestimmtes Glaubensbekenntniß ge— knüpft werden solle.

Das gestern an die Stände gebrachte und (wie erwähnt) in beiden Kammern mit Acclamation sofort genehmigte Königl. Dekret, die Einführung einer provisorischen Central -Gewalt für Deutschland betreffend, ist von den Staatsministern Dr. Braun und Dr. v. d. Pfordten gegengezeichnet und lautet:

„Die National-Versammlung zu Frankfurt 4. M. hat in ihrer Sitzung am 28. Juni die anliegenden Beschiüsse über Einführung einer previsorischen Centralgẽwalt über Deutschland gefaßt und am 29. Juni Se. Kaiserl. Doheit den Erzherzog Johann von Ocsterreich zum Reichsverweser gewählt. Se. Königl. Majestät, getreu Ihrer ausgesprochenen Hingebung an die In⸗ teressen des Gesammihaterlandes, sind gemeint, sewohl jenen Beschlissen als der Wahl in der Erwartung beizustimmen, daß Se. Kaiserl. Hoheit der Erzherzog Johann auf Grund des Einverstandnisses zwischen den Negierun— gen und der National-Versammlung die Wahl annehmen werde. Ju Hin— blick auf 8. 2 der Verfassungé-Urkunde setzen Se. Königl. Majestät die ge— treuen Stände von diesem Ga , in Kenntniß und sehen der Erklä—

rung darauf in Huld und Gnaden entgegen, womit Sie denselben jederzeit wohl beigethan verbleiben. Dresden, am 3. Juli 1818. Friedrich Au gu st.“

In Bezug auf die gestrige Abstimmung über vorstehendes De⸗ kret haben die Abgeordneten Tzschirner, Vogt, Helbig, Müller aus Taura, Wehner und Evans, welche sich bei der als Zeichen der Zu⸗ stimmung von dem Präsidenten vorgeschlagenen allgemeinen Erhe— bung in der II. Kammer ausschlossen, nachstehende Ecklärung an die Kammer gebracht, welche in der heutigen Sitzung derselben vorge⸗ tragen wurde:

„Zur Vermeidung von Mißverständnissen sind die Unterzeichneten es sich schuldig, den Grund ihres Verhaltens bei der heutigen Abstimmung über das Königl. Dekret, die zu Frankfurt beschlossene Exekut gewalt betreffend, offen darzulegen. Nach dem Prinzipe der Volksherrlichkeit, welches man bei dem Parlamente zu Franifurt als obersten Grundsatz aufgestellt hat, ist unserer Meinung nach eine Zustimmung der einzelnen Regierungen und Stände zu den dort gefaßten Beschlüssen eigentlich nicht erforderlich. Wir halten daher das, was in der Paulstirche zu Frankfurt festgesetzt wird, ohne Weiteres für Deutschland verbindlich, und wir fügen dem uns voll kommen. Nichtsdestoweniger ist das Ergebniß der dort erfolgten Beschluß—⸗ fassung über die Exelutivgewalt unserer Ansicht entgegen. Da wir nun als sächsische Stände zu einer wenigstens indirekten Erklärung hierüber bei der heutigen Vorlage veranlaßt worden sind, so haben wir es für unsere Pflicht erachtet, hier unsere Ucberzeugung auszudrücken. Wir vermögen nämlich darin, daß ein unverantwortlicher Reichsverweser geschaffen worden ist, und daß die Centralgewalt sich in Hinsicht auf die Vollziehungsmaß⸗ regeln, so weit thunlich, mit den Bevollmächtigten der einzelnen Regierun⸗ gen ins Einvernehmen setzen soll, eine Bürgschaft sür die Einigung und Kräftigung Deutschlands noch keinesweges zu erblicken. Dies der Grund unserer Nichtbetheiligung bei der Annahme des Königlichen Dekrets, wel⸗ ches zugleich auf die in Frankfurt gefaßten Beschlüsse eingeht. Wohl aber haben wir mit Freuden in das Hoch eingestimmt, welches von dem Präsi= denten auf die Einheit Deutschlands, die wir Alle sehnlichst wünschen, aus—= gebracht worden. Eben so haben wir es mit Freuden anerkannt, daß Se— Majestät zur Herbeiführung dieser Einigkeit einen Theil der Nechte der Krone zu opfern bereit sind, weshalb auch wir dafür unser wärmstes Hoch zugerufen haben. Das Präsidium bitten wir; diese Erklärung zu den Ak— ten zu nehmen und der Kammer zur Kenniniß zu bringen. Diesden, am 3. Juli 1848.“ ,

Auf Anregung ihrer Präsidenten vereinigten sich, gestern die Mitglieder beider Kammern zu einer Fahrt nach Pillnitz, um dem König für die den Ständen mittelst Dekrets angezeigte Anerkennung der Beschlüsse der konstituirenden Versammlung persönlich zu danken. Nachmittags um 3 Uhr verließ das Dampfschiff „Prinz Albert“, auf welchem die Heiren Staats-Minister Dr. Braun, Hr. von der Pferdten, Oberländer, Georgi und der interimistische Kriege⸗Minister, Oberst Aster, so wie sämmtliche in Dresden anwesende Kammer⸗Mit⸗ glieder, unter diesen Prinz Johann, sich befanden, den. Quai. unter⸗ halb der mit Hunderten von Zuschauern bedeckten. Bꝛührscheh Terrasse, und zwar in demselben Augenblick, als in der Stadt, au Anordnung des Kultus-Ministeriums das Geläute sämmtlicher Glocken zur Feier der getroffenen Wahl des Reichs verwesens ertönte. . Gegen, 6. nr legte das Dampfschiff bei Pillnitz an, unt die, m Mitglieder, enipfangen von dem Ober Hof marschall, kegaben , . trenntes Ganzes in den unteren Saal ch Ellie, wo Präsident Re⸗ kitzer den König mit (ungefahe) folgenden gen n nßte:;:

„Ew. Königl. Majestãt! Geleitet von der innigsten Liebe J ihrem edlen Fürsten, erscheinen heute Ihre getreuen Stande, um Em. Masestät ihre Huldigung darzubringen. Es drängt uns aber auch, Ew. Königl. Majestät an dem henitigen hochwichtigen Tage unser lebhastes Dantgesüyl für die hochherzige Entschließung auszudrücken, welche Ew. Majestät in Betreff der Umgestaltung Deutschlands gefaßt haben. Gestatten Ew. Ma⸗ jestät, hierbei die Versicherung auszusprechen, daß, was auch die Stürme der Zeit bringen mögen, die Treue Ihrer Sachsen nimals wanken wird.“

Der König, tief bewegt, richtete hierauf nachstehende Erwiede⸗ rung an die Versammlung: 3 ö

„Mein Herz hat zu allen Zeiten warm für Deulschlands Größe und Eintracht geschlagen, und ich freue mich daher, eine Gelegenheit zu haben, diese Gesinnungen zu bethätigen. Die Entschlüsse, die ich gefaßt, sind aus der festen Hoffnung hervorgegangen, damit die Wohlfahrt des theuren deutschen Vaterlandes befördern zu helfen. Ihnen, meine Herren, danke ich ür die Bereitwilligteit, mit welcher sie zu jenen Beschlüssen Ihre Beistim= mung gegeben haben; ich danke Ihnen sür dieses Anerlenntniß meiner Ge⸗ sinnungen. Ich erwarte denn auch mit Zuversicht von Ihnen, daß Sie mein eisriges Bestreben, auch die speziellen Interessen unseres vielgeliebten sächsischen Vaterlandes nach Kräften zu befördern, mit gleichem Eifer unter⸗ stützen werden. Gott segne das große Werk, an dessen Bau wir heute ge— arbeitet haben! Goit segne Deutschland! Gott segne Sachsen!“ Nachdem sich der König sodann noch mit mehreren Anwesenden länger unterhalten hatte, verließen die Kammermitglieder unter einem dreimaligen Hoch auf den König das Schloß und langten gegen 10 Uhr wieder in Dresden an, wo sie von mehreren Tausenden An⸗ wesender am Quai unter dem lebhaftesten Hoch für den König mit Jubel empfangen wurden, während ein aufgestelltes Musik⸗ Corps die Melodie des Liedes: „Den König segne Gott!“ erschallen ließ. Die meisten Ständemitglieder, so wie die Staats-Minister Hr. v. d. Pfordten und Oberländer, vereinigten sich hierauf zu einem Abendessen auf der Brühlschen Terrasse, wo sie in, herzlicher und hei⸗ terer Eintracht, unter Ausbringung zahlreicher, kräftiger und geistvol⸗ ler Toaste auf Sachsens edlen König, auf Deutschlands Einheit und glückliche Zukunft, bis Mitternacht versammelt blieben.

Baden. Karlsruhe, 3. Juli. (Karlsr. 3tg.) Nach einer Großherzoglichen Ordre vom 29. Juni d. J. hat das badische Armee ⸗-Eorps bis zur Bestimmung des allgemeinen Erkennungsꝛei⸗ chens des deutschen Bundes-Heeres die deutschen Farben an den Fah⸗ nen und der Kopfbedeckung zu tragen. ; ö Die erste , 6al in ihrer heutigen Sitzung den Geseß⸗ Entwurf über Ausübung der Jagd angenommen, jedoch einen Schluß⸗ Artikel dazu beschlossen, wonach das Gesetz nur bis zum 1. Februar 1850 verbindende Kraft haben soll. Bis dahin, glaubt die Kammer, werde entweder ein allgemeines deutsches. Reichsgesetz er folgen oder es müsse alsdann von der badischen Regierung ein neues Gesetz vor⸗

gelegt werden.

Kassel, 8. Juli. Gasst. tg), In gere 6 1 Ti . r T sver⸗ vom Istenl zum 2ten haben hier in Folge der Wahl Fes , . wesers beklagenswerthe Unordnungen stattgefunden. De . nahm kein Ende, und zu den Gesängen und Anon fun gen e; (n end⸗ über die Wahl bes deuischen Reichsverwesers gesellte n na 3 * 1 5 2 * iichster Muthwille. An mehrchen . n on n le mentlich die Schutzwache, einschreiten, um die geh ö . ih .. a nd,, ,,. ereignete es sich, als die Pa⸗ tion herzustellen; in der Martinistraße guete 3 a , ,, 835, 1lauf auseinandertrerben wollte, trouille hier den widersetzlichen Zusammenla, Len w 7 99 Fabrik-Arbeiter, durch einen Schuß ge⸗ daß ein junger Mensch, ein Fabri ̃ ; 2 tödtet wurde, dessen Ursache oder Urheber, da es nicht einmal fest— ah 6 ö. Gewehr nicht durch einen Zufall sich entladen loch 21 ö ittelt sst; ö derfelben Straste erhielt ein Polizei- Offiziant nich 2. f 163 in die Hand. Der Pistolenschütze dat ebenfalls einen Pisto ensch werden können An einer Stelle der nicht wieder m ,. . Mäartinistraße würde auch eine Verrammmchung versucht, 1 2 j * IIS Rο., 86 =* vr nr Anrücken der Milit air ⸗= und Schukwachen - Detaschemen * f =. * 28 Roi rr S Das Zeughaus war von starlen Man- Abttkesnnger Militair und die Schutzwehr haben die ganz« Nacht patrouillirt. gen drei Uhr hörte man keine Scäse mehr. Dente war Ales sedr ruhig. Für den Abend waren die wakfamften Anstalten par Aufrecht.

Hessen.

haltung der Ordnung getroffen. Die vergangene Nacht ist jedoch vollkemmen ruhig verlaufen. Ueber die Ursache des Schusses, durch welchen der junge Fabrik- Arbeiter am 1sten Abends getodtet wurde, sind noch keine sicheren Angaben ermittelt. Auf die Andeutung, daß der Schuß aus den Reihen der Schutzwache gefallen sei, wurde ein Mann verhaftet, dessen Gewehr jedoch keine Spur von Abfenerung an sich trug, auch versicherte die Mannschaft einstimmig, daß kein Schuß aus ihrer Mitte gefallen sei. Die bei der Section statigehab- ten Wahrnehmungen sollen vielmehr der Annahme Raum geben, daß der Schuß aus ganz anderer Richtung, aus einem abgefeuerten Pistol gekommen sei. Der Zustand des in derselben Straße verwundeten Polizei⸗Beamten soll bedenllich sein. Gestern Nachmittag erschien nachstehende Bekanntmachung: „An die Bürger der Residenz.

Die freudige Theilnahme der Bürger und Bewohner Kassels an dem denkwürdigen Ereignisse der Ernennung des Reichsverwesers Erzherzog Jo— hann von Oesterreich ist in vergangener Nacht zu unserem Bedauern da— durch getrübt worden, daß von Einzelnen jene Feier benutzt worden ist, um Handlungen und Demonstrationen sich zu erlauben, welche die öffentliche Ruhe und Ordnung in einster Weise hätten gefährden können. Wir wis— sen von den Bürgern der Residenz, daß sie die Freiheit nur auf der Grund— lage des Gesetzes und der Ordnung wollen, daß sie erkennen, wie in gegen wartigem Augenblicke die Ehre Deutschlands und unseres enge— ren Vaterlandes es fordert, dem ausgesprochenen Willen der gan— zen Nation einmüthigen Gehorsam zu veischaffen. Eine der wichtigsten Aufgaben aber, welche das deutsche Voll und mit ihm die Re— gierungen der Einzelstaaten zu lösen haben, Hebung des National— Wohlstandes und Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen, sie fordert vor Allem Rückkehr des Vertraueus, Wieder— herstellung des Kredits und Belebung der Industrie und des Handels. Alle Bestrebungen, dieses zu erreichen, alle Maßnahmen der Regierungen, die hierauf, abzielen, sie müssen scheitern, so lange innere Nuhestöͤrungen irgend einer Art die Basis des öffentlichen Vertrauens in jedem Augenblicke wie der untergraben. Jenes große Ziel sest ins Auge fassend, fordern wir alle Bewohner der Residenz auf, uns hierin beizustehen und mit allen Kräften dahin zu wirken, daß Vorfälle sich nicht wiederhol n, wie sie in letzter Nacht zu unserem Bedauern sich ereigneten. An die aber, welche absichtlich oder mißleitet jene Auftritte hervorgerufen oder begünstigt haben, erlassen wir die einste War— nung, daß die vollziehenden Behörden angewiesen sind, fortan mit Strenge ihnen entgegenzutreten, und daß der Arm des Gesetzes, von der Mehrheit der ordnungsliebenden Bürger unterstutzt, kräftig genug sein wird, um sie zur gebührenden Strafe zu ziehen, wenn sie fortfahren sollten, in ihrer Ver— blendung gegen die gesetzliche Freiheit und das wahre Wohl des Volles anzukämpfen. Bürger Kassels! Dem Gesctze Achtung, Schutz und Schirm der Person und dem Eigenthum, und hierauf mit Gottes Hülfe den Wohl— stand des Vaterlandes und unserer Stadt zu gründen, das sei unsere ge— meinsame Aufgabe; das zu erreichen, bedarf es aber der Ruhe und Ord nung.

Nassel, am 2. Juli 1848.

Die Vorstände sämmtlicher Ministerien: von Baumbach. Schwedes. Weiß. von Meyer. Eberhard.“

Sachsen⸗Weimar. Weimar, 2. Juli. (Leipz. Ztg.) Eine gestern bekannt gemachte Großherzogliche Verordnung erklätt, daß die am 18. Mai ernannte General-Kommission zur oberen Lei tung der Ablösung grundherrlicher Rechte ihre amtliche Thätigkeit 3 Juli begonnen habe. Zugleich erk ärt der Großherzog, daß er die Abschaffung der körperlichen Züchtigung für Justiz und Po— lizeivergehen im Wege der Gesetzgebung herbeizuführen beabsichtige, und daß, bis dies geschehen sein werde, die Gerichts- und Polizei Behörden diejenigen Straffälle, wo nach der bestehenden Gesetzge— bung körperliche Züchtigung von ihnen zu verhängen wäre, vor deren Vollstreckung zur Entschließung des Großherzogs wegen Steafver— wandlung im Gnadenwege berichtlich vorzulegen haben.

Mee sland.

Frankreich. Paris, 3. Juli. Im heutigen Moniteur liest man: „Die auf der Tribüne der National-Versammlung von einem der Mitglieder der letzten Regierung gegen ein Nachbarland gerichteten Insinuationen hatten mit Recht den englischen Botschafter bewegt, und Se. Excellenz hat mittelst einer an den Minister der auswärtigen Angelegenheiten gerichteten Note, vom 27. Juni gegen jede Anwendung dieser Worte auf die Regierung und das Volk Englands protestiren zu müssen geglaubt, deren Loyalität und Cha—⸗ rakter von selbst dergleichen Ang iffe zurückweisen. Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten hat die edie Empfindlichkeit Lord Nor manby's zu würdigen gewußt und mit folgendem Schreiben geant wortet: „„Mylord! Meine Ansicht und die Ansicht meiner Regierung ist die, daß die Regierung Ihrer, Majestät der Königin zu loyal ist, als daß sie aufreizenden Antheil an den schrecklichen Ereignissen zu Paris genommen haben sollte, Ich finde keine Ungelegenheit darin, wenn Sie dieser Eiklärung, so wie Ihrer Note, alle die Oeffentlichkeit geben, welche Ihnen augemessen erscheint. Ich würde dies sogar mit um so größerem Vergnügen sehen, als es ein neuer Beweis von den gegenseitigen guten und freundschaftlichen Gesinnungen wäre, welche un ere beiden Regierun—⸗ gen beseelen. Ich habe die Ehre ꝛc.,, Jules Bastid e.“, Diesem Schreiben fügt der Moniteur, „als ein neues Zeugniß für die würdigen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Leiden Na—⸗ tionen“ noch die Mittheilung der (Fg stern erwähnten) Antwort mit, welche Lord Palmerston in der Unterhaus,-Sitzung vom 30. Juni auf eine Interpellation des Herrn Wild gegeben.

Zum General-Secretair der vollziähenden Gewalt (des General Cavaignach ist der Escadrons⸗Chef Foissy ernannt.

Herr Auselm Petetin ist, wie der heutige Moniteur meldet, durch Dekret vom 15. Juni zum Gesandten der französischen Repu— blik beim Könige von Hannover ernannt worden.

Bei der ersten vorläufigen Prüfung des Verfassungs Entwurfs in den Abtheilungen veranlaßte die Erklärung der allgemeinen Rechte und Pflichten ziemlich lebhafte Erörterungen. Man bezeichnete diese Einleltung des Entwurfs im Ganzen als unbestimmt und trivial. Herr Cormenin erwiederte, daß jede Wahrheit trivial sei. Die Er⸗ öͤrterung über die Aufzählung der sieben speziellen durch die Verfas— sung verbürgten Rechte war nicht minder lebhaft. In Bezug auf die Gewährleistung der Arbeit äußerte Herr Thiers, der Präsitent der dritten Abtheilung, er meine nicht, daß man das Recht auf Arbeit als solches feststellen dürfe, ohne gewiß zu sein, daß man auch immer Arbeit geben könne. Er wolle übrigens eine feierliche, gründliche und rückhaltslose Erörterung dieser Frage; besitze J'mand das Geheim— niß, allem Elend des Volkes abzuhelfen, so möge er es mittheilen; er aber protestire gegen jedes Versprechen, das nicht erfüllt werden könne. Man gelangte noch zu keiner Entscheidung.

Laut dem Moniteur war die Lage der französischen Bank am 29. Juni Abends folgende: An baarem Gelde und in Golö— und Silber⸗Barren lagerten in Paris und den Unter Comtoirs noch wie am 22. Juni 152 Millionen. Die Summe der protestirten Wechsel und dergleichen passiver Papiere war um 1,70 060 gestiegen. Der Gesammt⸗Betrag derselben belief sich in Paris und den Departemente⸗ Kassen auf 456,700, 00. Der Betrag der in Umlauf gesetzten Bank⸗ Billets ist während dieser Woche auf 375 Millionen angewachsen, was eine Vermehrung von 10 Millionen beträgt. Die Stäats-Kasse, der die Bank 50 Millionen vorschoß, ist nur noch mit 9'794, 372 Franken

353 15 Centimen akkreditirt. Sie gab also im Laufe der letzten Woche über 7 Millionen Fr. aus.

Nach dem Moniteur belief sich der Ertrag der Einfuhrzölle in den ersten fünf Monaten von 1816 auf 62, von 1847 auf 34, von 1848 auf 335 Millionen; in Monat Mai 18548 ist er von mehr als 13 Millionen, worauf er sich 1816 belief, auf nicht ganz 57 Mil- lionen gesunken.

Auf Befehl Cavaignac's ist vorgestern in allen 14 Bezirken des Seine Departements denjenigen Arbeitern der National-Weikstätten, die erwirsenermaßen bei dem Aufstande nicht betheiligt waren, der Lohn ausgezahlt werden. Die Werkstãtten des 12ten Bezirke wur⸗ den gestern aufgelöst. General Cavaignac, als Chef der vollziehen den Gewalt, hat sich, wie gemeldet wird, mit dem Arbeits- Comité der Natlonal-Versammlung über die zur Auflösung der National—⸗ Werkstätten zu ergreifenden Maßregeln verständigt. Die Arbeiter sollen in die Privat-Werkstätten zurückgeschickt werden, wo es zu ar⸗ beiten giebt. In jeder Mairie wird man ihnen die Werkstätten nachweisen, welche Arbeiter begehren. Die, welche nicht arbeiten kön nen, empfangen vorläufig Unterstützung zu Hause. Endlich soll eine gewisse Anzahl Arbeiter nach Afrika geschickt werden, um einen Ko lonisirungeplan auszuführen. Die National Versammlung wird heute die Erörterung des von der Kommission vorgeschlagenen Dekret-Ent— wurfes nach vorheriger Berichterstattung des Herrn Fallour beginnen.

Ein im zwölften Bezirke von Paris ange schlagener Befehl des Kriegs⸗Ministers bedroht alle Einwohner, die bis 8 Uhr Abends ihre Waffen nicht am vorgeschricbenen Orte abgeliefert haben würden, mit strenger gesetzlicher Bestrafung. In diesem Bezirke sind berei:s 27,0160 Flinten theils freiwillig, theils in Felge von Hauesuchungen abge iefert worden. Die Mairie desselben soll seit dem 23. Februar nur 17,9010) dieser Flinten verabfolgt haben. Im Ganzen sollen jetzt schon fast 100,409 Flinten in die Staats⸗Arsenale zurückgelie— fert worden sein. 9

Auf Cavaignachs Befehl soll vorgestern ein früherer Begleiter

Louis Bonaparte's verhaftet, nach der Concie gerie gebracht und der Militair-Köommissien zur Verfügung gestellt worden sein. Unter den Verhafteten befindet sich auch Thoré, Haupt- Redacteur der Vraie Republique. Ein alter General, der als Legitimist bekannt ist, wird ebenfalls unter den Verbafteten genannt. Ferner wurde Graf Feuchicourt, ein Legitimist, welcher zwei Tage lang mit seinem Sohne den Befehl auf den Barrikaden seines Vientels führte und dort weiße Fahnen aufgesteckt hatte, nach einigem Widerstande in seinem Haufe verhaftet. „Es ist wahr“, soll derselbe, wie berichtet wird, ausgeru— fen haben, „ich habe mich geschlagen, aber für die Sache der Ord⸗ nung; denn ohne Herstellung des legitimen Königthums kann es, nach meiner Ueberzengung, in Frankreich keine Ordnung geben.“ Bei dem vorgestern verhafteten Vignal sell man den strategischen Plan des Aufüandes gefunden haben. Man meldet auch die Verhaftung des Ex-Gouverneurs des Louvre, Dumonlin, der b schuldigt ist, die Jasurgenten angefeuert zu haben, indem er für Lonis Bo naparte gesprochen habe. In mehreren liederlichen Häusern hat man vorgestern Nacht Waffen weggenommen und seer verdächtige Perso⸗ nen verhaftet. Die Haussuchungen an diesen Orten werden fortge— srtzt. Mehrere dentsche politische Flüchtlinge sind in Folge der letz⸗ ten Greignisse ebenfalls verhaftet und eingelerkert worden. Es heißt, daß eine allgemeine Maßregel gegen diese Flüchtlinge ergriffen werden solle, weil ih Aufenthalt in Frankreich die öffentliche Sicherheit zu gefährden sche ne. Die Gazette des Tribunaux giebt die Zahl der vor gestern in Paris überhaupt vorgenommenen Verhaftungen auf 200 an. Gestern nahm man fünf Insurgenten fest, worunter zwei ver⸗ wundet waren, und die seit Montag bei einem Weinhändler der Straße St. Honoré Ohdach fanden, dem sie sich als Nationalgardi⸗ sten der Provinz darstellten. In einer Gemeinde bei Paris wurde ein gewisser Martin festgenommen, als er eben beschäftigt war, eine Masse Pulver, Bomben und Brandraketen in seinen Brunnen zu wer⸗ fen. In den Gemeinden des Weichbildes sind sehr strenge Ueber⸗ wachungs-Maßregeln angeordnet. Wer nach Paris hinein will, wird wiederholt angehalten und ohne Unterschied des Alters und Ge⸗ schlechts durchsucht. Die Haussuchungen in mehreren Gemeinden des Weichbildes wenden eifrig betrieben.

Folgende Generale sind durch den Juni Aufstand zu Tode ge kommen: Negrier, Brea, Frangois, Reynaud und Bourgon. Ver⸗ wundet liegen noch danieder: Korte, Damesme, Duvivier, Foucher, Bedeau, Lafontaine und Clemens Thomas. Dem General Lamoricière wurden zwei Pferde unter dem Leibe getödtet, er selbst aber ist un verletzt geblieben.

Die Regierung bereitet einen vollständigen Bericht über die Juni-Ereignisse vor. Derselbe soll veröffentlicht werden, sobald er fertig ist, wozu es aber noch der mannigfachen Aufschlüsse bedarf welche man von der jetzt im Gange befindlichen Untersuchung er⸗ wartet.

General Cavaignac und der Kriegs-Minister hielten gestern große Revue über Armee und Mobilgarde. Jedes Bataillon der letzteren war an dem Orte aufgestellt, wo es gekämpft hatte, damit die Bataillonschefs sosort auf die Fragen antworten konnten, welche Cavaignac an Ort und Stelle über den Kampf an sie richtete. Zur Ausfüllung der Lücken in der Mobilgarde hat sich schon eine Menge von Freiwilligen gemeldet. Paris bildet fortwährend den Anblick eines Lagers. Auf den Boulevards und den elysäischen Feldern hat man Zelte errichtet, um das Bivouakiren zu erleichtern.

Vorgestern Nachts hatte man auf die Fahne des Freiheitsbau— mes am Bassin der Tuilerieen eine rothe Mütze gesteckt; sie wurde von einem Pelizei-Commissair unter lautem Beifall der National⸗ garde abgerissen.

Cabet macht bekannt, daß wegen seiner Abwesenheit der Popu⸗ laine bis zu seiner Rückkehr nicht erscheinen werde.

Fast alle bis jetzt verhörten Insurgenten befolgen das nämliche Vertheidigungs-System. Sie erklären, daß man sie durch Todesdro⸗ hungen gezwungen habe, am Barrikadenbau und am Ausstande Theil zu nehmen. Auf alle weiteren Fragen antworten sie nicht.

In der Militair⸗-Schule haben die Insurgenten die kurze Zeit, während deren sie die Gebäude besetzt hielten, zur Wegnahme der Kasse von 40,000 Fr. benutzt.

Beim Beginn des Aufstandes am 23. Juni soll die Zahl der in Paris anwesenden Linientruppen nicht 10,009 betragen hafen.

Der Trauergottesdienst für General Negrier fand vorgestern statt. Abtheilungen der Truppen und National-Gardisten geleiteten sodann die Leiche nach dem Bahnhofe der Nordbahn, von wo sie nach Lille abgeführt wurde.

Als Herr Lemansois Dupré, General-Secretair der Quästur der National-Versammlung, an einem der letzten Abende über den Ein⸗ trachts⸗ Platz kam, wurde er von dem Posten angerusen, er näherte sich dem Posten, um demselben seine Medaille zu zeigen; dieser aber, welcher den Zweck dieses Annäherns verkannte, feuerte und verwun⸗ dete ihn sehr bedeutend.

Ber Brigade-General Bourgon ist an den Wunden gestorben, welche er vor der Barrilade an der Barriére bei der Chapelle St. Denis erhalten hatte.

Tie Entwaffnung der bei den letzten Creignissen kompromittirten Legionen oder Compagnieen der National-Garden geht ihren Gang fort; vorgestern Abend sah man wieder einen Zug von 42 Wagen aller

Art, mit Gewehren beladen, die von dieser Entwaffnung herrührten, unter Geleit zweler Kavallerie Schwadronen und eines Bataillons des 23sten leichten Jufanterie Regiments nach Vincennes abgehen. Auch die Untersuchungen über den Aufstand vom 23. Juni und über die Ereignisse am 15. Mai werden unablässig fertgesetzé. Die Kem⸗ mission zu diesem Zweck besteht aus folgenken Mitgliedern der Na- tional⸗Versammlung: Odilon Barrot, Präsident; . Vice⸗ Präsident; Waldeck. Rousseau, Landrin, Bauchart, Secretaire; Beaumont von der Sofmme, Dahirel, Delee paul, Flandrin, Lanjuinais, von Larcy, von Mornay, Peungeard und Feuilhade⸗Ehauvin. Sie versammelt sich im Palast der National-Versammlung. Dem Journal des Débats zufolge, ist es breits unzweifelhaft, daß die Masse der Insurrections⸗ Armee von den National- Werlstätten geliefert wurde, und daß die Häupter des Komplotts nicht besser thun zu können geglaubt, als sich einer schon ganz fertigen Organisation zu bedienen, die in ihren Ab theilungen, Brigaden und Chefs ein völliges Disziplin⸗System dar⸗ geboten habe; man wisse auch, daß am Abend vor dem Aufstande die Führer jeder der Haupt-Insurgenten-Abtheilungen sich an die Orte begaben, an welchen diese Abtheilungen sich am folgenden Tage ein- sinden sollten, und daß dort Liejenigen, welche kommandiren sollten, die Weisungen über die Errichtung der Barrikaden und über die Häuser, deren Fenster oder Balkone zu besetzen seien, empfingen; außerdem hätten sich diese Führer an demselben Abend auf dem Pan⸗ tbeon-Platz versammelt, um sich über ihren Plan zum letztenmale zu verabreden. Tie Gazette des Tribunauxr berichtet, es seien vorgestern Papiere von höchster Wichtigkeit in Beschlag genommen worden, und man werde nun bald über die Quellen der vertheilten Geldsummen und über die eigentlichen Häupter des Aufstandes im Klaren sein.

Ter Moniteur enthält folgende Anzeige: „Diejenigen ehema⸗ ligen Munizipal-Gardisten, welche sich in Paris oder der Umgegend befinden, haben sich bei der ersten Militair⸗-Division zu melden und ihre Wohnung anzugeben.“ Galignani's Messenger bemerkt hierzu: „Hoffentlich ergeht diese Aufforderung in der Absicht, ein Polizei⸗-Corps, welches sich stes durch seine Tüchtigkeit und sein gu⸗ tes Ver alten ausgezeichnet hat, zu reorganisiren.“

Das Arbeits-Comité der National-Versammlung hat nach lan⸗ gen Debatten den Gesetz-Entwarf augenemmen, der darauf abiwelt, die Asseciatiönen zwischen Arbeitern und Arbeitgebern aufzumun⸗ tern. Der Entwurf soll morgen der Versammlung vorgelegt werden. „Man wird nun“, bemerlt das Journal des Daͤ— bats, „die Hoffnungen, welche die Arbeiter auf die Asso⸗ ciation als Mittel, die Arbeit unter gürstigeren Bedingungen für sie zu organisiren, gesetzt haben, durch die Praxis erproben können.“

General Lebreton soll Briefe und andere Aktenstücke in Händen haben, durch welche hochgestellte Personen stark kompromiltirt wären. Auch der unter den Insurgenten gefangene Tambour-Major der 12ten Legion soll wichtige Aufschlüsse verspröchen haben.

Die Mobilgarde, welche seyr tapfer gegen die Aufrührer kämpfte, hat entsetzliche Verluste erlitten; das 7Fte und 19te Bataillon haben fast die Hätfte ihrer Mannschaft verloren, und die anderen Bataillone zählen ebenfalls Hunderte von Todten.

Die Gesellschaft der Menschenrechte, die angeblich 35,000 Mit⸗ glieder zählt, behauptet, dem Aufstande fremd geblieben zu sein.

Alle barmherzigen Schwestern der Nachbar⸗Departements sind hier angelangt, um die Verwundeten zu pflegen.

Als am Sonntag Abend Lamorickre das Schießen auf dem Platze St. Antoine einzustellen befahl, glaubten die Insurgenten, die bewaffnete Macht wolle kapituliren, und hielten hinter einer Barri⸗ kade Berathung. Die erste Bedingung, welche sie auferlegen woll⸗

ten, war die Bezahlung von 30 Millionen Franken, welche unter die demokratischen Kämpfer vertheilt werden sollten; ferner ver⸗ langten sie Cavaignac's Kopf und die Freigebung von Barbes und Genossen.

In der Umgegend von Paris werden fortwährend eine Menge flüchtiger Insurgenten verhaftet. Zu St. Cloud hat die National⸗ Garde Ho) dersesben festgenommen, bei denen man Waffen und Mu⸗ ustion fand. Zwischen Dreur und Evreur haben sich 14 1500 be- waffnete Insurgenten bei St. André vereinigt. Man hat Truppen nach den bedrohten Punkten abgeschickt.

Zu Bordegur hat man mehrere Personen verhaftet, welche Kom— muniemus predigten; Versuche, sie zu befreien, führten neue Verhaf— tungen herbei. Unter den Festgenommenen waren zwei oder drei Abgeordnete der pariser Klubs. In Lyon befürchtete man am 27sten d. M. Ruhestörungen; die aus Paris eingetroffene Kunde jedoch, daß der Aufstand ganz bewältigt sei, scheint die Aufwiegler vom Losbruch zurückgehalten zu haben. Die Behörden hatten umfassende Vorsichts— Maßtegeln getroffen; ein Klub war geschlossen worden, und gegen die Präsidenten zweier anderer Klubs waren Haftbefehle ergangen. Die nächsten Corps der Alpen-Armee hatten sich auf Befehl der Stadt genähert. Alle Truppen waren konsignirt und die Forts mit Lebensmitteln versorgt. Nachmittags war man wegen der Stimmung der Arbeiter noch besorgt. Die „Voraces“ hatten 11 Kanonen, de— ren Auslieferung sie verweigerten. Der Gentral hatte ihnen bis zum Abend Bedenkzeit gegeben. Nach späteren Nachrichten aus Lyon, vom 28. Juni, hatten die Arbeiter von Croix Rousse die 11 Kanonen, deren sie sich bemächtigt, den Truppen ohne Wiederstand verabfolgt. Ihre Ansührer getrauten sich nicht, der gegen Croix Rousse aufge⸗ stellten Militairmacht ernstlich Trotz zu bieten, zumal da 30, 900 Mann nur 4 Stunden von der Stadt entfernt standen. Noch haben die Arbeiter, welche nicht zur National-Garde gehören, ihre Flinten ab— zuliefern, wozu sie sich aber schwer verstehen zu wollen schienen.

Die lyoner Blätter melden, daß die dortigen Proletarier den Dr. Raspail einstimmig zur Bekämpfung eines anderen Kandidaten, des Generals Bugeaud, in die National-Versammlung wählen wollen, für welche sie einen Deputirten zu ernennen haben.

Der Propagateur des Ardennes erzählt von einer bona⸗ partistischen Verschwörung, die in Meziäres und Charlesville angezet⸗ telt worden. Er legt seiner Erzählung eine Proclamation bei, die in seinen Briefkasten geschoben wurde und mit dem Rufe endigt: „Es lebe der Kaiser! Es lebe Lonis Napoleon!“ Die Verschwörung hatte indeß nicht den geringsten Erfolg, und die Ruhe wurde keinen Augen⸗ blick gestört. ;

3. Großbritanien und Irland. London, 1. Juli. Aus Irland gehen jetzt beruhigendere Nachrichten ein. Die aufrührerische Partei wird in den nächsten Monaten nichts unternehmen und die Aerndte das Landvolk beschäftigen. Doch scheint diese Partei noch immer mächtiger als die der O'Connells, welche ihr altes Versamm—⸗ lungshaus, die Versöhnungs-Halle in Dublin, Schulden halber ver— kaufen muß. Die Kriegspartei steht in Unterhandlung, es sammt den darauf haftenden Schulden von 906 Pfd. zu übernehmen. Die Eisen⸗ bahn von Dublin nach Limerik sollte heute vom Lorb-Lieutenant feier= lich eröffnet werden. ö

Der Piozeß der Chartisten wird zu An sang nächster Woche an dem Eentral-Kriminal-Gerichtshof von Old Ba ley verhandelt wer⸗ den. Sämmtliche vier Angeklagte (Einst C. Jones, Jussel Sharpe und Williams) werden wegen au rührerischer Reden, ungesetzlichen Ver⸗ sammelns und Tumults, theils bei der Bersammlung auf Bishop