**
w— 6
ee
w , . 1 — r
ĩ em Haupt im Wagen und dankten für die rauschenden Lebe⸗ 2 — 2 r nn. auf freundliche Weise. Im Schloß angelangt, zeigte sich der Reichsverweser vom Balkon herab an der Seite des Königs nochmals der freudig bewegten, auf viele Tausende. angewachsene Menge und wurde von dem hiesigen, mit seinen Fahnen vor dem Schloß aufgestellten Gesang - Vereine durch den Vortrag dreier Festlieder und von Seiten aller Anwesenden durch ein nochma⸗ liges tausendstimmiges Hoch gefeiert. Die Personlichkeit des Erzherzogs machte den Eindruck eines Mannes, zu dem man gleich auf den ersten flüchtigen Anblick Vertrauen gewinnt. Der Aufenthalt im Schlosse bauerte ungefähr zwei Stunden. Dann, auf dem Leipzig⸗Dresdener Bahnhof angelangt, begrüßte ihn mit wenigen Worten der zum Landtag in Dresden anwesende leipziger Bärgermeister Klinger und stellte ihm die anwesenden Mitglieder des Direktoriums der Leipzig-Dresdener Eisenbahn und einige Kammermitglieder aus Leipzig vor. Wie überall, so antwortete auch hier der Reichsverweser in sehr freund— licher, alle Herzen gewinnender Weise und äußerte, wie leid es ihm thäte, daß er diesmal in Dresden nur so kurze Zeit bleiben könnte, aber er hoffe wiederzukommen und länger hier zu verweilen. Nach 11 Uhr verließ uns der deutsche Reicheverweser in Begleitung unseres Königs und des Staatsministers Mr. Braun und setzte mit einem Extrazuge seine Reise nach Leipzig fort.
Leipzig, 11. Juli. Festlich geschmückt erwartete gestern unsere Stadt die Ankunft des Reichsverwesers. Fahnen und Wimpel weh— ten von den öffentlichen Gebäuden und vielen Privathäusern. Um 10 Uhr traten die Besatzung, so wie die Truppen aus der Umgegend, unter die Waffen, die Kommunal-Garde und die verschiedenen frei— willigen Corps der Bürgerwehr, die Corps der Turner, Scharf- schützen, Künstler, ausgedienten Soldaten c. besetzten die Zugänge zu dem leipzig⸗dresdener Bahnhofe und diesen selbst. Ein Zelt, ganz mit schwarz-roth-goldgelben Stoffen ausgeschlagen, für den Empfang des hohen Gastes errichtet, nahm die Deputationen des Stadtraths, der Stadtverordneten, der Universität, der oberen Behörden z. auf; eine unabsehbare Menge von Zuschauern wogte in der Umgebung des Bahnhofes. Die Ankunft des Zuges verspätete sich etwas, aber nir⸗ gend ließ sich ein Laut von Mißbehagen merken.
Endlich gegen 3 Uhr langte, von den Böllern der Schützen— Gesellschaft und dem Läuten aller Glocken begrüßt, begleitet von unserem Könige, der Reichsverweser an und trat an dessen Seite, von tausendfachem Jubelrufe herzlich begrüßt, in die Mitte der Har⸗ renden. Das älteste Mitglied des Magistrats, Negierungs-Nath Demuth, ergriff alsbald das Wort zur Begrüßung. Auf diese län— gere Anrede versetzte der Erzherzog, zuerst hervorhebend, daß er zum ersten⸗ male Leipzigs geschichtlichen Boden betrete, wo Deutschlauds Befreiung aus— gefochten worden. Dann gedachte er der unendlich schwierigen Aufgabe, zu der das Vertrauen des deutschen Volkes ihn berufen habe, versichernd, daß er die letzten Kräfte seiner sinkenden Tage mit dem redlichsten Eifer der Lösung dieses hohen Berufes widmen werde; daß er dabei fest vertraue auf die dazu nothwendige Unterstützung Aller, da das große Werk nur gelingen könne, wenn sich Alle um ihn schaarten; dann mahnte er noch zur Eintracht und zur Sühne. Alles wurde in so einfacher, herzlicher Weise gesprochen, so aus dem vollen Her⸗ zen eines redlichen Mannes, daß alle Umstehenden tief ergriffen wa— ren und vielen ernsten Männern eine Thräne im Auge erglänzte. Der Stadtrath Seeburg begrüßte hierauf mit ehrfurchtsvollen Worten un seren König und brachte ein Hoch aus auf den geliebten Fürsten. Sichtlich ergriffen dankte der König, versichernd, daß er stets das Glück und Wohl seines Volkes von ganzem Herzen wollen werde, so lange er lebe und zu allen Zeiten auf Leipzigs Treue rechne. Daß man ihn heute hier sehe, möge als Beweis dienen, wie theuer seinem Herzen die Interessen Deutschlands seien. Die hohen Gäste traten dann in das Zelt, wo ihnen mehre Deputationen vorgestellt wurden, und setzten sich darauf zur Tafel, wo 30 Gedecke bereit waren, und an welcher auch die Herren der frankfurter Deputation sich niederließen, von denen jedoch der Abgeordnete Raveaux in Wien unwohl zurückgeblie—⸗ ben ist. Der König brachte hier das erste Hoch aus: „Dem deütschen Reichsverweser, dem Erzherzog Johann von Oesterreich!“ Der Donner eines über die Stadt hinziehenden Gewitters gesellte sich zu dem un— endlichen Jubel, der diesen Worten folgte. Der Reichsverweser erwie— derte diesen Toast mit den einfachen, innigen Worten: „Auf das Wohl meines alten Freundes, Ihres Königs, er lebe hoch!“ Der Toast wurde mit Enthusiasmus aufgenommen. Der Vorsteher der Stadtverordneten, Gerichts-Direktor Werner, brachte das Wohl der lonstituirenden National⸗ Versammlung und der anwesenden Mitglieder derselben aus, von denen der Vice⸗Präsident von Andrian die Stadt Leipzig leben ließ. Ein Mann, mehr in Reisetracht als die anderen im Gefolge des Reichsverwesers, nahm dann das Wort. Seine Rede versöhnte rasch Alle, denen er vor⸗ her auffällig erschienen war. „Ich weiß, hob Dr. Schilling aus Wien an, es ist gegen die Etikette, daß an einer Tafel, nachdem erlauchte Für⸗ sten gesprochen haben (der Reichsverweser machte eine abwehrende Hand— bewegung und sagte: Hier gilt keine Etikette), ein Mann des Volks das Wort ergreift. Aber als Abgeordneter von Wien habe ich ge— glaubt, Ihnen die Grüße Wiens bringen zu müssen. In Wien war ein unendlicher Jubel über die Wahl des Erzherzogs Johann zum Reichsverweser. Diesen Jubel haben wir auch auf unserer Reise, und besonders in Sachsen, wiedergefunden. Ich habe dem beigestimmt, nicht, weil er ein Fürst ist, sondern weil er ein Mann des Volkes ist, und weil das Wohl des Volks ihm am Herzen liegt. Die Hoffnungen, welche wir Alle für Deutschland hegen, werden sich um so schneller verwirklichen, wenn es überall so ist, wie wir es zu unserer Freude in Sachsen ge⸗ funden haben. Wir haben gesehen, daß in Sachsen König und Volk eins sind. Des Königs Streben geht mit dem des Volkes Hand in Hand, und das Volk weiß seinen König zu ehren, indem es sich sei⸗ ner politischen Freiheit sicher fühlt. Dadurch bewähren die Sachsen eine hohe politische Bildung, der wir in unserem deutschen Vater— lande die weiteste Verbreitung wünschen. Der sächsische Volksstamm lebe hoch! Wir nehmen heute an einem wahren Volksfeste Theil, das der König mit dem Volk und das Volk mit dem Könige feiert.“
Jubelnder Beifallsruf wurde dieser Rede zu Theil. Mit einem Danke für den herzlichen Empfang, der ihm hier geworden, hob der Erz⸗ herzog die Tafel auf, und Am in Anm mit dem Könige ging er durch die jubelude Menge zu dem nebenan gelegenen Magdeburger Bahn— hofe. Die Neise des Reichsverwesers durch das Königreich Sachsen . übrigens einem wahren Triumphzuge. Daß der König den Ent⸗
chluß gefaßt hatte, ihn persönlich zu geleiten, trug natürlich ungemein zur Erhöhung des Jubels bei, mit dem er unterweges Überall em— pfangen wurde. ;
Längs der Bahn von Dresden bis Leipzig war die Bevölkerung aller anliegenden Ortschaften, festlich angethan mit Fahnen, grü⸗ nen Zwelgen und Kränzen, auf den Beinen, und die Lebehochs nahmen kein Ende. Auf allen Stationen wurden einige Minuten angehalten, und die Anreden der ihn begrüßenden Behörden erwiederte der Reich é verweser stets sehr freundlich, wie wenig auch die Herren hin und wieder auf er— sprießliche Kürze bedacht gewesen zu sein schienen. Kommunal-Gar— den, Innungen mit ihren Fahnen in Oschatz und Wurzen, die Schützen waren längs der Bahn in Parade aufgestellt. Die Bahn— höfe waren alle festlich geschmückt; besonders zeichnete sich der in Riesa aus. Ueberall war auf den Bahnhöfeo auf besondere Anord⸗ nung der Direction der Leipzig Dresdner Eisenbahn dem Publikum
der Zutritt gestattet, und nirgend ist die geringste Unordnung vor— gefallen. z
Ausland.
Oesterreich. Pesth, 6. Juli. (Wien. Ztg.) Die von dem Erzherzog Stephan bei der Eröffnung der National -Versamm— lung überreichten Kaiserlichen Reskripte lauten folgendermaßen:
. I.
„Wir Ferdinand J. ꝛc. ;
„Den Barouen, kirchlichen und weltlichen Hochwürden, Großen und Re—
präsentanten Unseres getreuen Ungarreiches und des damit verbundenen
Siebenbürgens, so wie seiner Nebenländer, welche in Unserer K. Freistadt
Pesth auf den durch Uns auf den 2. Juli 1848 einberufenen Landtag versammelt sind, Gruß und Huld.“
„Liebe Getreuen! Nachdem Wir in der Erfüllung Unseres Wunsches und allergnädigsten K. Versprechens, den durch Uns für Unser getreues Un⸗ . und das mit ihm vereinigte Siebenbürgen und die damit verbundenen Theile auf den 2. Juli J. J. in der Königl. Freistadt Pesth anberaumten Reichstag in Person zu eröffnen und in Unserer Allerhöchsten Person zu leiten, durch eine schwere Krankheit gehindert wurden, machen Wir hiermit Ew. Getreuen Allergnädigst bekannt, daß Wir mit der Eröffnung dieses Neichstags in Unserem Allerhöchsten Königl. Namen Unseren lieben Vetter, den durchlauchtigsten K. K. Erzherzog Stephan, Palatin und K. Statt— halter, als Unseren direkt hierzu bevollmächtigten K. Commissair betraut haben, der auch Ew. Getreuen in Betreff der Unverletzlichkeit der K. Krone, der ungeschmälerten Aufrechthaltung der durch Uns sanctionirten Gesetze und der Mißbilligung der diesen feindlich entgegentretenden Empörungen und Ruhestörungen, Unseren gnädigen K. Willen und die einstimmige Empfin— dung aller Mitglieder Unseres K. Hauses, zufolge Unseres Allergnädigsten besonderen Auftrages, mündlich kundgeben wird.
„Ueber die reichstägigen Beschlüsse und Gesetzesfassungen, so wie über den ungehinderten Verlauf der Staats -Verwaltung, verfügt eine andere, am heutigen Tage ausgegebene und Eure Getreuen durch Unseren genannten lieben Vetter einzuhändigende allergnädigste Verordnung.
Die wir im Uebrigen Euch mit Unserer K. K. Gnade beständig ge neigt verbleiben.
Gegeben aus der Hand Sr. Durchlaucht Unseres aufrichtig geliebten, um Unsere Allerhöchste Person befindlichen Ministers, Fürsten Paul Ester häzv, in der gefürsteten Grafschaft Torol in Unserer Stadt Innsbruck, den 26. Juni 1848.
Ferdinand.
1.
Fürst Paul Esterhäzv. 6 „Wir Ferdinand JI. ꝛc.
„Liebe Getreue! Es hat Unserem Vaterherzen zur Beruhigung ge— reicht, aus der unterthänigen Unterbreitung Unseres lieben Vetters, des Pa—⸗ latins und Unseres K. Statthalters Erzherzog Stephan's, so wie Unseres ungarischen Ministeriums, zu ersehen, daß Unsere treue ungarische Nation aus kindlicher Anhänglichkest, mit der sie nach der von ihren Vorfahren er erbten Treue unerschütterlich an Unserer K. Person hängt, nichts sehnlicher wünscht, als daß Wir, in Eure getreue Mitte kommend, sowohl diesen Reichs— tag persönlich leiten, als auch insbesondere im Bereiche Unseres getreuen Ungarlandes und seiner Nebenländer mit Unserer K. Familie so lange ver— weilend, als dies nur die Sorgen der von der göttlichen Vorsehung Uns anvertrauten Regierung Unserer übrigen Provinzen gestatten werden, auch die Verwaltung Eurer inneren Angelegenheiten im Sinne des Gesetzes, mit dem Beirathe Unseres verantwortlichen ungarischen Ministeriums, persönlich lenken und führen möchten.
„Wir haben auch nicht gesäumt, in gnädiger Würdigung jener Ge fühle von Treue und Anhänglichkeit, aus welchen dieser Wunsch entsprun gen, zu versprechen, daß Wir, in Eurer treuen Mitte erscheinend, den ge— genwärtigen Neichstag in Unserer Allerhöchsten Königlichen Person eröffnen und leiten und Unsere Königliche Residenz auf längere Zeit in Unsere Kö— nigliche Freistadt Ofen mit dem unerschütterlichen Vertrauen verlegen wer⸗ den, daß Unsere ritterliche, treue ungarische Nation dieselbe mit jener Liebe, Pietät und homagialer Anhänglichkeit umgeben werde, welche in glücklichen und trüben Zeiten zu ihrem altehrwürdigen Charakter gehört und die, wie Wir zur Freude Unseres Vaterherzens und zum weltkundigen Ruhme der Nation erfahren haben, unter den Widerwärtigkeiten der Jetztzeit nie ab genommen, vielmehr beständig zugenommen hat.
„Allein gerade als Wir Uns schon anschickten, Unser Allergnädigstes Königliches Versprechen zu erfüllen, gefiel es der göttlichen Vorsehung, Un sere Person mit einer schweren Krankheit heimzusuchen und dadurch den An tritt Unserer Neise unmöglich zu machen.
„Wir vertrauen auf die Gnade des Himmels, daß er, die von den Mühen schwerer Sorgen angegriffene Gesundheit Uns je eher zurückgebend, binnen kurzer Zeit Uns gestatten wird, Unser Königliches Versprechen zu er füllen, dessen je ehere Erfüllung, so wie Wir die Verhinderung darch Krank heit mit aufrichtigen Herzen beklagen, — Wir für Unseren sehnlichsten Wunsch erklären, indem Wir zugleich darauf bedacht waren, daß unter den gegenwärtigen außerotdentlichen Zeit-Umständen, welche sowohl von der ge setzzebenden, als auch von der vollziehenden Gewalt ein rasches, energisches und ununterbrochenes Fürgehen erheischt, die Integrität der von der gött— lichen Vorsehung Unserer Regierung anvertauten Staaten, die Wahrung der Freiheit und Ordnung und die Vermehrung Ihres Wohlstandes wegen Abwesenheit Unserer Königlichen Person und Unserer, so es dem Herrn ge— fällt, hoffentlich bald eine bessere Wendung nehmenden Krankheit halber nicht die geringste Unterbrechung oder Verzögerung erleiden,
„Indem Wir daher, geleitet von dieser Ünserer väterlichen Sorgfalt für Unsere österreichischen Erbstaaten, zum plenipotentigiren Stellvertreter Unserer K. K. Majestät in so lange, als wir von den Regierungs-Mühen durch Unsere Krankheit abgehalten sind, Unseren lilben Oheim, den durchlauchtig— sten Erzherzog Johann bereits ernannt haben, können wir um so weniger unterlassen, für das Wohl Unseres geliebten Ungarns und des damit verei— nigten Siebenbürgens und der Nebenländer im Geiste der Gesetze mit glei— cher väterlichen Gesinnung zu sorgen, je mehr wir Uns gedrungen fühlen, aller Welt zur Kenutniß zu bringen, daß Wir, nachdem Wir die Treue Un serer geliebten ungarischen Nation als unerschütterlich erkannt, die sicherste, unwandelbarste Stütze Unseres Königlichen Thrones in dieser Treue, nie wankenden Anhänglichkeit, ordnungsliebenden männlichen Reife, heldenmü— thigen Tapferkeit und Aufopferungs« Fähigkeit Unserer theuren ungarischen Nation suchen und finden.
„Deshalb geben Wir auch, liebezGetreue, Euch hiermit Allergnädigst zu wissen, daß Wir durch Unsere am heutigen Tage gegebene Allerhöchste Verordnung Unseren lieben Vetter, den durchlauchtigsten K. K. Erzherzog Stephan Palatin, der auch sonst für die Zeit Unserer Abwesenheit aus dem Lande Unser gesetzlicher Königl. Statthalter, so lange, als Unsere Verhinde rung durch Krankheit währt, in Ungarn und dem damit vereinigten Sieben— bürgen sammt allen Nebenländern — die ungarische, siebenbürgische, kroa—⸗ tische und slavonische Militair-Gränze, als gleichfalls unbezweifelbare er— gänzende Theile der ungarischen Krone, mit einverstanden — zum Stell— vertreter Unserer Königl. Majestät ernannt und bevollmächtigt haben, indem Wir ihm volle Macht und Befugniß ertheilen, mit Euch, Unse— ren reichstägig versammelten lieben Getreuen, in allen zum Be— reich der Gesetzgebung gehörigen Gegenständen sich zu einigen, Eure SchlußQ— fassungen und Beschlüsse, insoweit er sie heilsam und zweckmäßig findet, zu genehmigen, unter Gegenzeichnung der betreffenden ungarischen Minister zu bekräftigen und die ihm zu unterbreitenden Gesetz-Artikel mit Unserem Kö— niglichen Majestätsrechte zu sanctioniren und so zur Kraft von Gesetzen, die sowohl durch Uns und Unsere gesetz lichen Nachfolger, als auch durch Jeden, den sie betreffen, zu halten sein werden, zu erheben, und wenn Wir vielleicht durch Gottes Rathschluß auch daran gehindert sein sollten, in Eu= rer treuen Mitte zur Beschließung des gegenwärtigen Neichstages zu er— scheinen — nach seiner besten Einsicht diesen Reichstag zu vertagen, ja selbst zu schließen.
„Ueberdies ertheilen Wir Unserem obgenannten lieben Vetter, als dem plenißotentigiren Stellvertreter Unserer Königl. Majestät, alle Macht und Befugniß, im Bereiche der ausübenden Gewalt, auch außer jenen Befug— nissen, mit welchen er als Palatin und Unser Königlicher Statthalter für den Fall Unserer Abwesenhrit vom Lande bereits durch das Gesetz bekleidet
ist, noch alle jene Nechte zeitweilig ausüben zu dürfen, welche Wir im Ge— setz-⸗Artikel vom Jahre 1818, namentlich in den Paragraphen 8, 9, 11 und 13, Unserer Königl. Majestät vorbehalten haben, ausgenommen allein die Ausübung der im §.7 angeführten Rechte, als welche, da sie eine plötzliche Verfügung nicht so sehr erheischen, von Uns auch in der Entfernung und während ÜUnserer Krankheit ausgeübt werden können.
„Zufolge dieser Unserer Allerhöchsten Königl. Vollmacht alles das, was Unser geliebter Vetter Erzherzog Stephan anordnen, verfügen, beschlie⸗ ßen und befehlen wird, als gemäß Ünserer Allerhöchsten Königl. Macht an— geordnet, verfügt, beschlossen und besohlen erklärend, und was er gutheißen wird, gutheißend, was er verdammen wird, verdammend, verordnen und be len din, gil leignätdigst Euch liebe Getreue, so wie allen kirchlichen, Ei . Militair-Behörden, Beamten, Würdenträgern und Bewohnern k Standes Unseres theuren Ungarns und Siebenbürgens, eber Jr . He. Inbzgriff der Militair- Gränze, Unserem ge— plenipotentigiren . Palatin, Unserem Königl. Statthalter und treu, ehrerbielig und gehorsam ö Majestät in Allem eben so Allerhöste Masestät zu sein gese zich . , .
3 Gent gesetzlich gehalten seid und sind, unter Last der gesetzlichen Strafe. . „Indem Wir diese vflichtschuldige Gehorsamsleistung, Treue und Ehr— furcht als Treue, Gehorsam und Ehrfurcht gegen Unsere eigene Allerhöchste Majestät erklären, verordnen Wir, daß Unsere Königliche Vollmacht so lange in Kraft bestehen soll, bis Wir nach je eher anzuhoffender Wiederherstel= lung Unserer Gesundheit Euer Getreuen von der wieder ersolgten Ueber- nahme der Regierung Allergnädigst benachrichtigt haben werden. Die wir im Uebrigen 2c. 2c. (wie oben.)
Ferdinand. Fürst PJaul Esterhäzy.“
Frankreich. Paris, 9. Juli. Dem Baron von Friddain, Ge⸗ schäftsträger Siciliens bei der französischen Republif, und dem Dr. Furnari, erstem Legations⸗-Secretair, ist, wie der heutige Moniteur meldet, mit⸗ telst Beschlusses der vollziehenden Gewalt (des General Cavaignac) auf den Antrag des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten das Necht erthe lt worden, mit den Behörden der Republik in offiziösen Ver— kehr zu treten.
Vice-ALtmiral Moges ist in Ruhestand versetzt, Hamelin zum Vice-Admiral und Dubourdien zum Contre-Admiral ernannt.
Der Moniteur sieht sich heute veranlaßt, zu erklären, daß in den Hotels der Königin Christine und des spanischen General-Kon⸗ suls, in der Straße Courcelles und in der Straße Miromesnil, aller⸗ diugs Haussuchungen stattgefunden; es sei dies aus einem sehr zu bedauernden Versehen geschehen und aus der in so schwierigen und unge⸗ wöhnlichen Zuständen, wie die gegenwärtigen, fast unvermeidlichen Eil zu erklären; übrigens hätten diese Nachforschungen zu keinem Resulrat geführt.
Abbé Sibour, Bischof von Digue und Bruder des Nepräsen⸗ tanten gleiches Namens, geboren 1792, wird als Nachfolger des Erzbischofs von Paris bezeichnet.
Im Moniteur wird heute ein neuer Konkurs von 160 Pen⸗ sionasren für die Zulassung in die von der provisorischen Regierung gegründete Verwaltungsschule des Collége de France ausgeschrieben. Die erste Verwaltungsschule wurde gestern früh 9 Uhr im Collége de Fratce vom neuen Unterrichts-Minister in Person eröffnet. Er hielt dabei eine Rede, in welcher es unter Anderem heißt: „Die Na⸗ tional-Versammlung wird nächstens in ihrer Souverainetät über das definitive Schicksal der Verwaltungsschulen zu entscheiden haben, Ich zweifle nicht, daß Ihr erstes Debüt vom gewichtigsten Einfluß auf die Entscheidung der Versammlung sein wird. In Ihren Händen liegt also Ihr eigenes Schicksal und die Zukunft einer neuen Anstalt, von welcher Frankreich zu erwarten berechtigt ist, daß sie den großen öffentlichen Verwaltungszweigen eben so durch Kenntnisse, wie durch Patriotismus empfehlenswerthe Beamte liefern werde.“,
Tourret, der neue Ackerbau- und Handels-Minister, hat ein Rundschreiben an alle Präfekten erlassen, worin es bezüglich der Ar⸗ beiter heißt: „Die Anziehungskraft bekämpfen, welche die Städte auf das platte Land üben; dem unüberlegten Drange ein Ziel setzen, welcher dem Ackerbau jene Hände entzieht, deren Ueberfluß in den Fabrik- und manufakturreichen Städten leicht zu Finanzkrisen und blutigen Zusammenstößen führt; jedem Arbeitszweige nur diejenige Arbeitermenge zuwenden, deren er bedarf, um sich und dem Wohle der Arbeiter zu genügen: das ist das Ziel, dem mein Departement nachstrebt und zu dem auch Sie beizutragen berufen sind.“
Die Baar- und Barrenvorräthe der Bank waren am 7. Juli Abends auf 2,618,028 Fr. S0 C. in Paris und auf 73,658,028 Fr. in den Departements gestiegen; die passiven Papiere von 26,61 1,329 Fr. 92 C. auf 26,508,636 Fr. 13 C. in Paris und auf 12,286,572 Fr. 5 C. in den Departements gefallen. Der Staatskasse blieb von den geliehenen 50 Millionen nur noch ein Rest von 4,889,986 Fr. 66 C. In den letzten Tagen wurde der Bank eine solche Menge falscher Billets präsentirt, daß sie heute im Moniteur und den übrigen Blättern eine vollständige Beschreibung dieser Contrebande zur Warnung bekannt macht.
General Duvivier, der am 23., 24. und 25. Juni die Mobil⸗ Garde befehligte, ist an seiner Fußwunde gestorben. Dieselbe war nicht lebensgefährlich, wurde aber von dem Verwundeten anfangs so vernachlässigt, daß der Brand dazu trat und der Tod folgte. Zwei Tage vor seinem Ende verfiel der Kranke in furchtbares Delirium. „Sie sagen, Herr Doktor, daß ich die Augen geschlossen habe“, rief er mehrere Male aus, „aber ich sehe Alles, was dort auf der Mauer geschrieben steht.“ Duvivier ist der sechste General, der ein Opfer des Juni-Aufstandes geworden.
Garnier Pages, als Mitglied, und Pagnerre, als Secretair der
ehemaligen Vollziehungs-Kommission, haben unterm 6. Juli ebenfalls ein Schreiben an die Zeitungs-Redactionen gerichtet, worin sie, wie Lamartine, gegen die Behauptungen eines Artikels des Journal des Débats protestiren, indem sie sagen: „Wir erklären Ihnen, daß alle Details, welche in Ihrem Artikel über eine Barrikadenplan ent⸗ halten sind, den die provisorische Regierung gegen die National⸗ Garde entworfen und den ihr die Juni-Insurgenten entlehnt hätten, durchaus falsch sind. Alle Mittheilungeu, die Ihnen in dieser Hin— sicht gemacht worden, strafen wir aufs förmlichste Lügen.!“ . Paris war seit dem 24. Februar ohne Gemeinderath. Cavaig⸗ nac hat diesem Zustande ein Ende gemacht, indem er im Moniteur einen Befehl erläßt, der die sofortige Bildung eines provisorischen Gemeinderathes verordnet. Derselbe besteht aus 35 Gliedern die größtentheils dem alten Gemeinderathe und den bedeutendsten lota⸗ bilitäten der Statt angehören. K .
Während der Junstage wurden, nach Angabe der Blätter, 2 Mil⸗ lionen Patronen und 3000 Kanonenkugeln aus den Staats ⸗Zeughãäu⸗ ern gegen die Insurgenten verschossen. ;
ö . Paris ef C mnison soll jetzt 6 000 Mann betragen. Außerhalb der Stadt lagern oder lantonniren angeblich noch 50.000 Mann. Der Constitütion nel trage heute n, lage isoiirter Kasernen an, die, außer der. Schuß weite aller Pripat- fenster und Dächer lägen. Die, alten Kasernen solle man der Mo⸗ , e , einige Kavallerie solle ihr beigegeben bilgarde einräumen. Auch einige erie geg
13 seinem Gefan gui hat ein Insurgent an den Repräsentan⸗ ten Antony Thouret einen Brief geri htet, in welchem er erklärt, daß er ihm das Geheimnis der Juni Nevolution enthüllen wolle, wenn er ihn in Freiheit setze. Thouret hat, statt aller Antwort, wie die Pa⸗ trie berichtet, diesen Brief der Untersuchungs-Kommission übergeben.
Heute früh fingen am Bastillenplatz die im Schrank eines Wacht⸗ postens befindlichen 600 Patronen Feuer und verursachten eine starke Exyplosion. Der Offizier und einige Mann des 31. Regiments, auch ein Dachdecker, wurden beschädigt, jedoch Niemand getödtet, die Mauern stark erschüttert. g.
Mehrere Miether, die ihre Miethe nicht bezahlt, standen gestern vor der Sten Kammer des hiesigen Zuchtpolizei-Gerichts, das sie zu mehrmonatlicher Gefängniß-Strafe verurtheilte.
Die pariser Bäcker- Gesellen warnen alle ihre Kameraden von auswärts, nicht nach Paris zu kommen. Es sei Ueberfluß an Ar— beitern; 1500 lägen auf der Straße. i.
Wie man hoͤrt, sollen die schon früher einmal durch Civil Ge⸗ richte bestraften Insargenten nach Cayenne, die anderen aber nach Algier gebracht werden. . . ö ;
Der Advokat Carteret ersetzt den entlassenen Herrn Vincent im Staatsrathe.
Der Seiden-Ertrag während des Monats Juni betrug in Lyon laut des diesfälligen offiziellen Bülletins über Seidenbau 95,565 Ki logramm im Ganzen.
Aus den Untersuchungs- Akten soll hervorgehen, daß General Brea deshalb auf so fürchterliche Weise umgebracht worden, weil man den Insurgenten gesagt hatte, er sei der General Cavaignac, auf dessen Befehl ihre gefangenen Kameraden ohne Weiteres erschossen worden seien.
Lamartine ist seit einigen Tagen unpäßlich. Er leidet an einem heftigen Schnupfen.
Drouyn de Lhuys wird jetzt als Minister des Auswärtigen ge⸗ nannt, da General Bedeau sich immer noch weigern soll, dieses Porte— feuille anzunehmen.
Ueber das Gefecht in den Steinbrüchen und Weingärten des Montmartre sind die Angaben verschieden. Das Journal des Débats giebt die Zahl der Verwundeten auf 4 an. Die Union legt dem Vorfall gar keine Wichtigkeit bei. Offizielle Berichte fehlen.
Cabet soll, wie einige Blätter versichern, den General Cavaignac gebeten haben, ihm einige Staats- Fahrzeuge zu bewilligen, mittelst deren er sich mit einer bedeutenden Menge seiner Anhänger nach Texas überschiffen könne. .
Die subventionirten Theater werden Montags ihre Vorstellungen wieder beginnen. ;
Die Blätter streiten sich über den Geburtsort Chateaubriand's. Die Union schlichtet den Streit, indem sie nachweist, daß Chateau⸗ briand in Comburg und nicht in Cherbourg geboren worden.
Die Bank hat 160M, 066M Fr. für die Blessirten der Juni⸗Revo⸗ lution unterzeichnet.
Grosbritanien und Irland. London, 8. Juli.
Heute fand im auswärtigen Amt ein mehrstündiger Kabinetsrath statt. Se. Königl. Hoheit Prinz Albrecht hielt gestern große Parade über sämmtliche Truppen in und um London bei Wool⸗ wich ab. Die Verhandlungen des Parlaments waren gestern unerheblich. Im Oberhause erschien der Stabträger des Hauses an den Schranken und zeigte an, daß er sich alle Mühe gegeben habe, wie ihm aufgetragen, John, Viscount Arbuthnot, zu verhaften, daß er dazu aber nicht im Stande gewesen. Er hätte Ursache, zu glauben, daß Viscount Arbuthnot das Land verlassen habe. — Ein Antrag Lord Bentnick's, die Comité -Berathung aufzuheben, wurde mit 211 gegen 80 Stimmen verworfen, aber die weitere Berathung demnach auf Montag vertagt.
Im Unterhause wurden die Berathungen über die Zuckerzölle fortgesetzt, aber noch immer zu keinem Schlusse gebracht. Das Haus förderte einige ihm vom Unterhause überwiesene Bills und vertagte sich. Das Haus saß bis spät in die Nacht, zuletzt als Ausschuß für Geldbewilligungen. Man ersuchte die Minister, ihre Vorlagen über die Kosten des Heerwesens zu beschleunigen. ;
Auch der Chartist Alexander Sharpe ist von den Geschworenen schuldig befunden. Das richterliche Urtheil über die Schuldigen ist noch nicht ausgesprochen. Die Times, bekanntlich die bitterste Feindin der Chartisten, räth zur Gelindigkeit. Es sei nicht englisch, Jemanden einen Schlag zu geben, der am Boden liege. . Die aufruhrlustigen Irländer sind nach der Dämpfung des Auf⸗ standes in Paris stiller geworden. Einer ihrer Haupt Anführer, Herr Meagher, mit dem Beinamen: „der Schwertträger“, will nach Amerika reéisen, theils um die Theilnahme für Irland noch mehr an⸗ zufeuern, theils um sich einer Verhastung zu entziehen; denn, die Regierung beabsichtigt jetzt, die gestörte Ordnung mit Ernst wieder
herzustellen.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 6. Juli. Die heutige St. Petersburgische Zeitung meldet: „Mit Ge nehmigung Sr. Majestät des Kaisers durchzogen am vorigen Sonn tage, den 2ten d. M., mehrere Prozessionen, von der lasanschen Ka⸗ thedrale und fünf anderen Kirchen ausgehend, unter lebhafter. Theil⸗ nahme der gläubigen Bevölkerung die verschiedenen Stadttheile, die Gnade der göttlichen Vorsehung zu erflehen.“
Am Aten d. starben hier die verabschiedeten General-Majore Sablukoff und Rajewski und der Kollegienrath Stakelberg.
Zum 2. Juli waren in St. Petersburg 1947 Cholera⸗-Kranke in Behandlung verblieben; im Verlauf dieses Tages sind 776 hin⸗ zugekommen; es genasen 58 und starben 36. Zum ten verblieben in Be⸗ handlung 2269 Personen; im Verlaufe dieses Tages sind hinzugekommen 1000; es genasen 129 und starben 53 14; zum Aten verblieben in Behandlung 2606 Personen. In Moskau erkrankten am 20. Juni 233 Personen ander Cholera, es genasen 107 und starben 31; zum 27 sten verblieben in Behand⸗ lung 1792. Unter dem Militair zählte man 13 neue Erkrankungen, 5 Gesesungen und 2 Todesfälle; 100 Erkrankte blieben zum 27. Juni in Behandlung. Am 27sten erkrankten vom Civil 214 Personen an der Cholera, es genasen 100 und starben 23; zum 28sten verblieben in Behandlung 1797 Kranke. Unter dem Militair zählte man 21 Erkrankungen, 7 Genesungen und 3 Todesfälle; zum 28. Juni ver⸗ blieben 111 Erkrankte in Behandlung. Am 28. Juni erkrankten 184 Personen vom Civil an der Cholera, 77 genasen und 22 starben; kum 29sten verblieben 18014 Kranke. Unter dem Militair erkrankten 8, 7 genasen und 7 starben; zum 29hsten verblieben 105 in Be⸗ handlung.
Belgien. Brüssel, 10. Juli. Herr Qninette ist als außer⸗ ordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister der französischen Republik bei der belgischen Regierung gestern hier eingetroffen und vom Minister der auswärtigen Angelegenheiten empfangen worden. Vorgestern übergab Herr Bello dem Kön ge in einer Privat-Audienz das Schreiben, welches seiner hiesigen Stellung in derselben Eigen— schaft ein Ziel setzt. . !
Spanien. Madrid, 4. Juli. Der Gefe politico von Gui— puzcoa hat unter dem Zten aus Tolosa der Regierung vermittelst des Telegraphen die Nachtlicht überschickt, daß um acht Uhr Morgens der Nebell Alzän in Zaldivia erschossen wurde. (Gaceta.)
385
Die Espana sagt: „Cine noch neuere telegraphische Depesche kündigt an, daß Elio in Navarra von allen Seiten eingeschlossen ist.
Der General Boigues berichtet unter dem 28sten aus Samalus (Provinz Barcelona), daß Cabrera, Marsall, Castells und andere Rebellen fast ihre ganze Mannschaft in jener Gegend zusammengezo— gen hatten, jedoch bei Annäherung der Truppen sich ins Gebirge zu⸗ rückzogen. Der General Boigues fügt hinzu, daß er den Feind nicht verfolgen konnte, weil seine Soldaten die Nacht zuvor nicht ge⸗ schlafen hatten. ö
Die Gaceta veröffentlicht drei Dekrete, kraft deren der Gene ral-Capitain der Insel Puertorico, General Prim, von dort abberu— sen und durch den bisherigen General⸗ Capitain von Neu⸗Castilien, Pezuela, ersetzt wird, an dessen Stelle wiederum der Graf von Mirasol tritt. ö .
Alle Minister werden mit der Königin am 6ten oder Tten nach la Granja gehen und wahrscheinlich dort ihr zur Seite bleiben. (Popular.)
Am 2bsten wurden in Algesira 102 von Madrid kommende, aus politischen Gründen verhaftete Personen nach Ceuta eingeschifft. (Españ a.)
Am 2bsten kam der Kardinal Mazzini von London in Coronsia an. Es heißt, er wäre von Seiten des Papstes mit einer Sendung an unseren Hof beauftragt. (E spaña.)
Yꝛtoldau und Wallachei. Bucharest, 24. Juni. (I. 3.) Sxit vorgestern hatten mehrere Verhaftungen stattgefunden, einige der Häupter der Bewegung aber hatten sich versteckt und erschienen ge— stern Abend im Fürstenhof an der Spitze einer unabsehbaren Menge, welche jetzt dieselben Forderungen an den Fürsten stellte, die vor eini— gen Wochen bereits in einer Petition von einigen jüngeren Bojaren gemacht worden waren, mit neuen eben so tief greifenden vermehrt. Seit jener Zeit waren ein russischer Commissair und ein Pascha von Seiten der Pforte eingetroffen. Wahrscheinlich in Folge der Einge⸗ bungen des Ersteren waren die vorgenommenen Verhaftungen erfolgt, die aber den Aueschlag für die andere Seite hervorriefen. Da die Verhafteten allgemein bekannt waren als Verfechter der Volksrechte, liberaler Ideen und des intelligenten Fortschrittes, so gab jene mit Ostentation gemachte Demonstration gegen die Führer dem Volk einen willkommenen Anlaß, zusammenzutreten und durch die That zu bewei sen, daß die von der russischen Partei oder durch die Minister seit acht Tagen ausgestreuten Gerüchte eines bevorstehenden Einmarsches von Bauern, der nichts Geringeres zum Zweck habe, als die Stadt an zuzünden und zu plündern, eitel Trugbilder seien. Vorgestern Abend waren (wie bereits gemeldet) auf den Fürsten in der Dunkelheit, im Augenblick, als er im offenen Wagen in die Stadt von einem Ausfluge zurückkehrte, drei Schüsse gefallen, wovon einer in die Epaulette ging. Dies mag Anlaß gewesen sein, warum der Fürst gestern früh sich in die beiden Kasernen verfügte; in der der Jufanterie wurde er vom Fähnrich aufgefordert, die Constitution und die Landes Freiheiten auf die Fahne zu beschwören, was auch geschah, nachdem die Offiziere erklärt hat- ten, daß sie sich nicht gegen das Volk brauchen lassen würden. Kaum war der Fürst in seiner Wohnung angelangt, so fuhren die Ofsiziere in 25 bis 30 Wagen zu ihm. Dieses Auftreten des Offizier-⸗Corps sicherte und beschleunigte den Erfolg, denn wenn es auch in den Ab⸗— sichten des Fürsten gelegen hätte, sich den Volkswünschen zu wider setzen, was aus guten Gründen sehr zu bezweifeln ist, so war ihm jetzt das Mittel jeden Widerstandes benommen. Zum Ruhme des Fürsten muß man jedoch erwähnen, daß, im Gegensatz zum Fürsten Sturdza, der die Moldau seit Jahren systematisch aussaugt, Fürst Bibesco bereitwillig die Hälfte seiner bisherigen Civil-Liste aufgab, und daß, statt, wie in Jassy, die unlängst Verhafteten barbarisch be handeln zu lassen, den hiesigen Verhafteten alle Schonung zu Theil geworden war.
Folgendes sind die Resultate der gestrigen Versammlung im Für— stenhause (denn von Aufstand war gar nicht die Rede), an der die ganze jüngere Generation, der Kaufmannstand und die Offiziere theil-— nahmen, bei der aber alle Großbojaren und Weißbärte fehlten, da die Cholera dieselben meist verscheucht hatte.
Daß die Stadt, die gestern früh menschenleer schien, jetzt wim⸗ melt und in freudige Aufregung versetzt ist, braucht kaum erwähnt zu werden; wohl aber, daß außer dem Fenstereinwerfen in den Woh— nungen der beiden verhaßten Minister Villara (Inneres) und Mano (Polizei) auch nicht der mindeste Unfug vorsiel. Ungeheure trikolore Kokarden prangen auf jedem Rock.
Die neuen Minister sind: Inneres, Nicolas Golesco; Finanzen, Majero; Justiz, Stefan Golesco; Polizei, Konstantin Rossetti; Kul— tus und öffentlicher Unterricht, Eliade; Militair-Angelegenheiten, Major Tell (der Oberst Odobesco behält den Befehl der Truppen); Aeußeres, Konstantin Baltschesko. Alle diese Männer sind als wacker bekannt und gehören nicht den reichen Familien an. Eliade ist noch nicht von der vor wenigen Tagen unternommenen Flucht zurück; seine Ankunft wird ein neuer Triumph für die Jugend sein, die ihn als Schriftsteller und früheren Juspektor der Unterrichts-Anstalten verehrt. Daß die Groß⸗-Bojaren einen Umsturz versuchen werden, ist kaum zu glauben, da sie keine Sympathieen im Lande haben; ob aber die privatliche Aeußerung des russischen Konsuls, daß in vier Tagen 20,090 Russen hier sein werden, in Erfüllung gehen wird, muß die nahe Zukunft lehren. Viele glauben, daß in Jassy der Fürst wahr scheinllch in Folge des gestrigen Tages verjagt werden und die Mol dau sich zu dem diesseitigen Fürstenthum schlagen würde. Auch die siebenbürgischen Wallachen dürften Einverleibung in die Wallachei wünschen.
Die Grundlagen der neuen wallachischen Verfassung enthalten folgende 22 Punkte:
1) Administrative und richterliche Unabhängigkeit kraft der Verträge von Mirtsche und Wlad II, und keine Einmischung irgend einer fremden Macht in die inneren Angelegenheiten des Landes. 2) Gleichheit der po— litischen Rechte. 3) Allgemeine Besteuerung. 4) Eine allgemeine National Versammlung, aus Repräsentanten aller Klassen der Gesellschaft bestehend. 5) Ein verantwortlicher Fürst, der auf fünf Jahre und aus allen Klassen der Gesellschaft zu wählen ist. 6) Verminderung der Civilliste, als wirk sames Mittel, die Bestechung zu verhindern. 7) Verantwortlichkeit der Mi nister und aller Beamten in ihrer Stellung. 8) Absolute Preßfreiheit. 9) Alle Belohnungen werden im Namen des Vaterlandes durch die Repräsentanten desselben und nicht durch den Fursten ertheilt. 10) Jeder Distrilt hat das Recht, seine Magistratsbeamten zu wählen, indem dies schon aus dem Nechte des Vol— kes, seinen Fürsten zu wählen, direkt solgt. 11) Errichtung einer Nationalgarde. 12) Emancipation der mit den heiligen Orten verbundenen Klöster. 13) Emancipativn der Landbewohner, die gegen Entschädigung Eigenthümer werden. 14) Freilassung der Zigeuner gegen Entschädigung. 15) Ein aus den Wallachen zu wählender Repräsentant des Landes in Konstantinopel. 16) Gleicher und vollständiger Schul-Unterricht für alle Wallachen beiderlei Ge⸗ schlechts. 17) Aufhebung aller Titulatur-Nangstufen, die mit keinen Aem— tern verbunden sind. 18) Aufhebung der körperlichen Züchtigung, als ent— ehrend. 19) Abschaffung der Todesstrafe. 20) Errichtung von Strafan— stalten, wo die Verbrecher gebessert weiden, um als gute Bürger in die menschliche Gesellschaft zurückzukehren. 21) Emancipation der Juden und gleiche politische Rechte für alle Landes-Einwohner anderen Glaubens. 22) Unverzügliche Einberufung einer allgemeinen, außerordentlichen, konstituirenden Versammlung, um alle Interessen und Beschäftigungen zu vertreten. Sie soll die Verfassung des Landes auf Grundlage der vorstehenden, von dem wallachischen Volke beschlossenen 26 Artikel entwerfen.
Bucharest, 27. Juni. Nachdem der Fürst am 24sten d. M. das von den Häuptern der Bewegung ihm vorgeschriebene Ministe⸗ rium bestätigt hatte, ergriff dieses Ministerium am 25sten d. M. die Leitung der Geschäfte, erneute das Beamten Personal fast aller Be⸗ hörden und scheint hierbei, so wie bei seiner weiteren Geschästsfüh⸗ rung, den Fürsten nicht sehr berüchichtigt zu haben. Hierdurch, na⸗ mentlich aber durch die Freilassung derjenigen inzwischen eingefangenen drei Bojaren, welche das Attentat auf sein Leben gemacht hatten, mag der Fürst zu dem Entschlusse bewogen sein, der Regierung - zu entsa⸗ gen. Nachdem er am Abend des 25sten d. M. diesen Entschluß ins Werk gesetzt hatte, reiste er in der darauf folgenden Nacht nach Kim⸗ pulung, einem Landgute in der nördlichen Wallachei, ab.
Im Laufe des Montag, 2bsten d. M., Vormittag, konstitĩirte sich eine previsorische Regierung, an deren Spitze sich der Metropo⸗ lit gestellt hat; die Mitgsieder derselben sind Johann Eliade, Stephan Golesco, Tell, Maghiero, Skurto. Secretaire der provisorischen Re⸗ gierung mit berathender Stimme sind: C. A. Rosetti, N. Baltzesco, A. J. Golesco und J. C. Bratiano. Das Ministerium besteht aus folgenden Mitgliedern: N. Golesco, Minister des Innern, J. Cam- piniano, Justiz⸗Minister, J. Voinesco II., Minister der auswärtigen Angelegenheiten, C. N. Philippesco, Finanz Minister, J. Odobesco, Kriegs —Minister, J. Eliade, Minister des öffentlichen Unterrichts. Die Präsidentschaft des Metropoliten giebt der Regierung eine ge⸗ wichtige Stütze, und es scheint, daß sich nunmehr auch die älteren Bojaren, welche anfangs der lediglich von der jüngeren Partei aus⸗ gegangenen Revolution fremd waren, derselben angeschlossen haben. Heute hat ein großes Fest zur Feier der neuen Errungenschaften stattgefunden, wozu auch die fremden Konsuln eingeladen waren, von denen indeß keiner erschien. Es war eine große Menscheumenge ver- sammelt; es siel aber nicht die geringste Unordnung vor, wie denn überhaupt die ganze Umwälzung ohne jede Störung der öffentlichen Ruhe und ohne alle Exzesse vor sich gegangen ist.
Der russische General- Konsul von Kotzebue ist bereits Sonn⸗ abend mit Zurücklassung eines Protestes abgereist und soll sich in Fokschan, der moldo⸗wallachschen Gränzstadt, aufhalten. Die übri— gen fremden Konsuln scheinen vorerst bleiben zu wollen, ohne in offi⸗ ziellen Verkehr mit der neuen Regierung zu treten.
Türkei. Konstantinopel, 28. Juni. (D. A. 3.) Re⸗ schid Pascha und der ehemalige Minister der auswärtigen Augelegen⸗ heiten, Ali Pascha, sind wieder ans Ruder gelangt. Ihre neue Stellung läßt sich noch nicht mit Sicherheit angeben, da eine öffent⸗ liche Erklärung des Großherrn besagt, daß Reschid Pascha vorerst in den Minister-Rath ohne Portefeuille aufgenommen worden. Wie dem auch sein mag, so ist nicht daran zu zweifeln, daß er seine alte Stellung als Haupt des Ministeriums ehestens wieder eingenommen haben wird; auch steht es fest, daß seine Gegner ihrer Stellen ent⸗ setzt und exilirt worden sind.
Sir Stratford Canning ist Tages vorher ganz geräuschlos hier angekommen und hat seine Sommerwohnung in Therapia bezogen.
Zwischen Aegypten und der Pforte ist es zu einigen politischen Mißhelligkeiten gekommen. Bekanntlich wurde neuerdings in der Türkei eine auf den Prinzipien einer größeren Centralisation der Staatsgewalt beruvende Provinzial-Verwaltung eingerichtet. Die Regierung gab den bis dahin beinahe unabhängigen Pascha's einen Finanz⸗ Beamten bei, um durch ihn die Abgaben an den Staat erheben zu lassen. Mohammed Ali wußte dieser Beaufsichtigung bisher mit sei⸗ ner gewöhnlichen Schlauzgeit zu entgehen, und der Divan be⸗ gnügte sich auch mit der bloßen Ablieferung des Tributs. Gegenwärtig jedoch, wo der alte Vice-König gänzlich unfähig für die Geschäfte geworden ist und Ibrahim Pascha an der Spitze des Staats steht, machte die Pforte geltend, daß die bisherige Nach⸗ sicht nur dem Wesir persönlich, keinesweges aber der ägyptischen Re⸗ gierung gegolten habe, und sendete kürzlich ihren Defterdar von neuem. Die Antwort Ibrahint's, daß er den Finanz-Beamten nicht aufneh⸗ men werde und überhaupt bei der Kargheit der Einkünfte jetzt den Tribut zu bezahlen nicht im Stande sei, kann leicht, da er dessenun⸗ geachtet zur Sicherstellung seines Erbtheils eine Armee von 100, 600 Mann gegenwärtig auf die Beine bringt, auch im Osten Europa's zu einem Kriege führen, sobald der Sultan auf seinem Willen beharrt.
Meteorologische Beohachtungen.
1848. Morgens Nachmittags Abends
11 Juli. Uhr. 2 Ubr. 10 Uhr. Lultilrucle l.ust wre 11,17 R. Fluss würme It, 0! 16. Ihaupunkt J. 4 13,99 IX. * 9 Roden würme lDunstsittigun -. . 24 78 pCt. 80 pCt. Aus li ns u Wetter halb heiter. trüb trüb. Niodersekhlag 0, 01 1 Rb. Jö, XO. 0. 0. vncmen ehsel 18, 2 W olkenzufsg. ... 5 0. e. —ᷣ— 10.6 9
Tagesmittel: 336, 6 ö 13,89 R... 4 12,1 n. pCt. O.
Nach einmaliger Heobachtung.
Königliche Schauspiele.
Donnerstag, 13. Juli. Im Opernhause. 113te Schauspielhaus⸗ Abonnements Vorstellung: Die Jungfrau von Orleans, romantische Tragödie in 5 Abth., von Schiller. Anfang 6 Uhr. .
Schauspiel-Preise im Opernhause, als: Proseenium 1 Rthlr. 10 Sgr., erster Rang und erster Balkon 1 Rthlr., Parquet, Tribüne und zweiter Rang 20 Sgr., dritter Rang, Balkon daselbst und Par⸗— terre 15 Sgr., Amphitheater 77 Sgr. ꝛc.
Freitag, 14. Juli. Im Schauspielhause. 114te Abonnements⸗ Vorstellung: Der Rechnungsrath und seine Töchter, Lustspiel in 3 Abth., von Feldmann. Hierauf: Der Weg durchs Fenster, Lustspiel in 1 Akt, von W. Friedrich.
k