1848 / 126 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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sen Wunsch zum Beschluß erhebe. Jeder 6 Regierung unterstützen, ihr den beschwerlichen Weg ebnen,

Hern, sein, daß Sachsen das behalte, was es jetzt erreicht habe. und dafür besorgt sein, daß Sach . s h bie sch jedoch

Dieser ALnmag rief eine sehr lebhafte Dekatte . 2 unter Abschweifungen auf andere Gegenstände so in die Breite zog, daß sie fast ausschließlich die heutige Sitzung ausfüllte. Zu vörderst äußerte Staats- Minister Oberländer, daß der Abgeorzn. Wehner, insofern seine gestrige Erklärung mehr als eine individuelle Meinung sein solle, sich in einem Irrihum befinde. Wenn die Kammer beschließe, daß eine Deputation über finen Gegenstand Bericht erstatten solle, so sei dieser Beschluß für die De putation ein Befehl, dem sie nachzukommen habe. Anders verhalte es sich jedoch mit den Mitteln, welche die Kammer gegen eine Negierungs-Vorlage in Anwendung bringen könne; denn da von den Bundes-Beschlüssen, wo⸗ durch die Verfassungen der einzelnen Staaten auf Null reduzirt werden sollten, gegenwärtig keine ede mehr sein könne, so unterliege es allerdings leinem Jweifel, daß den Ständen, so wie das Necht der Steuer-Bewilli gung, auch das Recht der Steuer -Veiweigerung zustehe, und in diesem Sinne lasse sich gegen die individuelle Ansicht eines Abgeordneten nichts sagen. Hierauf erklart der Abgeordn. Wehner, daß er das Referat über das Einkommenstener⸗Gesetz niederlegen und nach der Sitzung als Vorstand der Finanz⸗-Deputation ein anderes Mitglied derselben damit beauftragen werde. Der Abgeordn. Helbig sprach gegen den Antrag des Abgeordn. Dr. Haase, der eine Beschränkung der Rechte der Kammer enthalte; die Kammer sei keine Unterbehörde der Regierung, und von ihr müsse es ab— hängen, Vorlagen zu berathen oder nicht; auch habe es mit dem Bericht uber die Einkommensteuer keine so unerhörte Eil.

Der Abgeordn. Schenk führte aus, daß die Deputation zur Bericht erstattung jedenfalls verpflichtet sei, sollte dies auch nur durch einen Vor— bericht geschehen; anders stehe es um die Frage, ob die Kammer eine Re— gierungs Vorlage annehmen oder verwerfen wolle; das sei Sache der Kam⸗ mer, nicht der Deputation. Eine unerhörte Eil könne aber darin gewiß nicht gefunden werden, wenn die Kammer über einen Gegenstand, den sie am 26. Mai der Deputation überwiesen, von dieser am 1. September einen Bericht verlange. Der Abgeordn. Tzschirner stimmte mit dem Abgeordn.

Wehner darin überein, daß ein Bericht, der sich nur über die Grundsätze der Vorlage hätte verbreiten können, ohne praktischen Erfolg gewesen sein würde. Auch der Abgeordn. Linke trat dieser Ansicht bei, während die Abgeordneten von Crie gern und Sachße im Sinne des Abgeordn. Dr. Haase sich erklärten. Der Abgeordn. Brockhaus konnte sich nicht mit der Ansicht befreunden, die Berathung einer Vorlage der Regierung des— halb zu verzögern, weil möglicherweise eine andere von derselben zu erwar- tende Vorlage nicht den Ansichten der Kammer entsprechen könne; nach sei— ner Ansicht sei es cine Pflicht der Kammer gegen das Land, die Grꝛundsätze des Einkommensteuer-Gesetzes zu berathen, um dieselben durch Anträge zu verbessern. Zugleich machte derselbe aufmerksam, daß durch die heutige De—= batte wiederholt die dringende Nothwendigkeit einer neuen Landtags-Ordnung dargethan werde, und bat die Regierung, die zur baldigsten Erlangung einer solchen nöthigen Schritte zu thun. Der Abgeordn. Evans meinse, daß der Regierung an einem Mißtrauens- oder Vertrauens-Votum der jetzigen Stände, die eben so gut der vorigen Negierung Vertrauens-Voten gegeben und bald mit den Oesterreichern, bald mit den Schweden gegangen selen, wohl nicht viel gelegen sein könne; der Abg. Wehner habe durch und durch ehrlich ge— handelt; dies sei bei der Handlungsweise eines Abgeordneten die Hauptsache, und deshalb müsse er ihn in Schutz nehmen. Der Abg. Wehner erklärte nun, daß er früher allerdings bereits an dem Berichte gearbeitet, denselben aber jetzt zurückgelegt habe. Seit 141 Tagen sei nämlich bei ihm ein Umschwung der Gesinnungen eingetreten, da die Regierung seit dieser Zeit eine FrontQ Veränderung gemacht habe und es den Anschein gewinne, als ob Sachsen die alte Front wieder erhalten solle. In Bezug auf die Verzögerang des Wahlgesetzes betrachte er das Ministerium mehr als das Zifferblatt der Bewegung, während das Triebwerk anderswo zu suchen sei. Zu bedauern sei auch noch, daß der Minister des Innern von der Centralgewalt zum Reichs- Kommissar für die sächsischen Herzogthümer ernannt und hierdurch seine Thätigkeit auswärts in Anspruch genommen worden sei, während die— selbe wohl dringender für die Angelegenheiten des eigenen Landes zu wün— schen gewesen wäre. Staats⸗-Minister Hr. Braun wies die Verdächtigung, daß das Ministerium blos das Zifferblatt einer anderswärts vorgehenden Bewegung sei, entschieden zurück. Das Ministerium sei aus Männern zu— sammengesetzt, die unbefangen und selbstständig daständen und sich von kei⸗ nem Einflusse leiten ließen. Die Verzögerung des Wahlgesetzes erkläre sich wohl schon durch die Wichtigkeit desselben; früher habe man so viele Jahre zur Bearbeitung eines derarnigen Gesetzes in Anspruch genommen, als man der jetzigen Regierung Wochen zugestehen wolle. Das neue Wahlgesetz werde spätestens in zwei Tagen erscheinen, und er richte die Frage an das Billigkeitsgefühl der Kammer, ob man von einer neu eingetretenen Regie— rung, von einem Ministerium, das so überhäuft sei mit Geschästen, wie das gegenwärtige, ein schnelleres Verfahren gerechterweise verlangen könne! Was den rüchständigen Bericht über das Einiommensteuergesetz anlange, so handle es sich bei diesem nicht mehr um ein zu bewilligendes Postulat, also auch nicht um eine Steuerverweigerung, sondern nur um Prüfung der Grund⸗ säße, die fünftig maßgebend sein sollten. Die Regierung könne nicht zu— geben, daß die Kammern das Recht haben, von der Berathung vorgelegter Besetzentwürfe zu abstrahiren, sie hätten allerdings, abgesehen von dem Nechte der Verweigerung, die Veipflichtung zur Berathung. Auch Staats— Minister Oberländer rechtfertigte sich nun wegen der Verzögerung des Wahlgesetzes und erllärte dabei, daß die durch die Presse verbreitete Be= hauptung, daß der Grund der Verzögerung in der Nichtgenehmigung des Königs liege, eine völlige Erdichtung sei. Uebrigens seien auch die übri— gen von der Regierung an die Stände gebrachten Gesetze von Wichtigkeit, denn alle beträfen Grundrechte des Volls. Der ihm von der Centralge— walt gewordene Auftrag sei, wenn auch für ihn nicht gerade ein erwünsch⸗— ter, so doch ein sehr vertrauensvoller, und jedenfalls stehe so viel fest, daß die Centralgewalt für ihre Beschlüsse nur der National⸗Versammlung ver— antwortlich sei.

Der Abg. Tzschirner theilte die Kammer in zwei Partejen, ven de— nen heute eine der Berathung des Wahlgesetzes, die andere der Berathung der doctrinairen Grundsätze des Einlommenstener-Gesetzes die größere Wich tigkeit beilege. Nach seiner Ansicht hätte das Hauptgeschäft des Ministe⸗ riums das Wahlgesetz sein müssen, und dieses hätte wohl können in einer kürzeren Zeit geliefert werden. Das belgische Wahlgesetz sei in zwei Tagen geschaffen worden und werde ja jetzt nech als das vorzüglichste gepriefen. Der Abg. Helbig konnte einigen von der Regierung gemachten Gesetz— Vorlagen keinen großen Werth beilegen, so z. B. habe das Gesetz über die Deutschkatholiten nicht so große Eil gehabt; nicht nach der Einkommen- steuer, sondern nach einem neuen Wahlgefetz, nach dem EinlammerSystem verlange das Volk, und deshalb hätte letzteres beschleunigt werden sollen. Jetzt griff der Abg. Sach ße auch die eiste Deputation an und bemerkte, daß sie auf den Bericht über das Vereins- und Versammlungsrecht zehn Wochen habe warten lassen, was wiederum von Seiten des Abg. Tzschir⸗ ner eine Vertheidigung dieser Deputation zur Folge hatte. Der Abg. Schenk fand eine Ehre für Sachsen darin, daß einer seiner Minister von der Centralgewalt zum Neichs-Kommissar einannt worden sei und wies darauf hin, daß auch Petitionen für das Zweikammer-Sostem eing gangen seien. Was die belgische Verfassung aniänge, so müsse sich wohl Jeder, der den Emmwurf derselben nur einmal in der Hand gehabt, überzeugen, daß sie nicht in zwei Tagen geschaffen sein könne. Staats- Minister Georgi stellte die Thätigkeit der Regierung mit der Thätigkeit der heute in die Debatte gezogenen Deputationen zusammen und bemerkte, daß immer noch ein großer Unterschied darin sei, ein fertiges Gesetz zu begutachten, als ein solches neu zu schaffen.

Stagts-Minister von der Pfordten äußerte, wie man auch über die Wichtigkeit des Gesetzes über die DeutschéKatholifen denken möge, so sei er überzeugt, daß man ihm Vorwürfe gemacht haben würde, wenn er es nicht gebracht hätte. Der Abgeordn. Linke meinte, daß es ihn nicht wundere, daß der Abgeordn. Schenk in seinen Zirkeln Sympathieen für das Zwei kammer⸗-System wahrgenommen habe; er dagegen bewege sich im Volt und wünsche mit diesem das Einfammer-System, und das Volk werde entschei⸗ den, wer Recht habe. Ein Antrag des Abgeordn. Metzler auf Tages Ordnung blieb eben so ohne Ersolg, wie es bei einem früheren Antrage des Abgeordn. von der Beeck der Fall gewesen war. Der Abgeordn. Bro ck—= haus bemerfte auf das ven dem Abgeordn. Tzschirner zuletzt Geäußerte, daß dessen Eintheilung der Kammer nicht nichtig sei, da es 9. egenwärtig nicht um die Einkommen⸗-⸗Stener handle, sondern um das Recht der Kam mer, von der Deputation einen Bericht zu erlangen über eine gegebene

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Gesetz Vorlage. Die Aeußerung des Abgeordn. Linke über die Anhänger des Ein- oder Zweikammer Systems müsse er bedauern; man könne in bei⸗ der Hinsicht ein Freund des Voltes sein, und diejenigen, welche dem Zweikammer-Soysteme huldigten, seien es vielleicht oft mehr als jene, die blos einer politischen Meinung wegen nach dem Einkammer - Systeme ver= langen; er seinerseits achte jede Ansicht, die aus Ueberzeugung für das Einkammer⸗System geltend gemacht werde, und könnte vielleicht selbst für dass.lbe stimmen, müsse aber diese Achtung auch für die Gegenpartei for— dern. Der Abgeordnete Linke erwiederte hierauf, daß er keine Persönlich= keiten beabsichtigt habe, und ebenfalls jede ehrliche Meinung ehre. Jetzt trug der Abgeordnete Kaiser darauf an, daß das Referat über die Ein—= kommensteuer, falls es der Abgeordnete Wehner ablehnen sollte, dem Abge—m ordneten Thiersch übertragen werde, worauf der Abgeordnete Wehner be- merkte, daß er dies bereits gethan habe, und der Abgeordnete Thiersch er— klärte, daß er diese Ehre, die einem Mitgliede gebühre, das länger in der Finanz Deputation gearbeitet habe, nicht annehmen könne. Der Präsident machte aufmerksam, daß dies lediglich Sache der Deputation sei, und nun erklärte auch der Abaeordnete Dr, Haase, daß er durch seinen Antrag kei nem Mitgliede der Finanz⸗Deputation habe zu nahe treten wollen, und des- halb denselben zurücknehme. Die letzte Wendung der Debate hatte in der Kammer einige Unruhe hervorgerufen, und es fand kein Widerspruch statt, als der Präsident jetzt dieselbe für geschlossen erklärte. In der Berathung des Gesetz Entwurfes über das Vereins- und Versammlungsrecht hat heute kein Vorschritt stattgefunden. 2

Am 4. September starb hier der seit 18135 am hiesigen Hofe akkreditirt gewesene preußische außerordentliche Gesandte und bevoll— mächtigte Minister, Baron von Jordan.

Oldenburg. Oldenburg, 1. Sept. (D. A. 3.) Die (gestern mitgetheilte) Rede zur Erbffnung des Landtags beantwortete der Alters⸗Präsident Lindemann, indem er die Aufgabe der jetzi— gen Zeit auseinandersetzte, die Freiheiten zu befestigen, deren das Volk flüher so wenige gehabt habe, aber auch dem maßlosen Ueber— stürzen im Streben nach zu vielen Freiheiten eine Gränze zu setzen. Er sprach ferner das Vertrauen aus, welches die Versammlung zu dem jetzigen Ministerium habe, das noch auf keine Vergangenheit zu— rückblicken könne, so wie zu den Talenten der Regierungs⸗-Kommissare. Hierauf nahm der Abg. Wibel aus Oldenburg das Wort und er— klärte, wie sie Alle vom Volke dazu erwählt, eine Wohnung zu bauen, in der sich das Volk wohl befinde; ihr Streben müsse dahin gehen, einig und mit festem Willen die Bausteine einzusetzen, die zu einem guten, festen Gebäude erforderlich seien. Die Sitzung wurde nun— mehr eine Stunde aufgehoben. In der wiedereröffneten Sitzung wa⸗ ren der Staatsrath Schloifer und die Regierungs-Kommissare. Er— sterer verlas die folgende Erklärung, die man als das Programm des jetzigen Ministeriums ansehen dürfte:

„Erlauben Sie, meine hochgeehrten Herren, daß ich, ehe Sie mit Ihren Verhandlungen vorschreiten, im Namen des jetzigen Ministeriums einige Worte an Sie richte. Als wir dem ehrenvollen Rufe Sr. Königl. Hoheit in das einstweilen übernommene Amt Folge zu leisten für unscre Pflicht halten mußten in einer Zeit, welche die Umbildung fast aller öffentlichen Einrichtungen verlangt, haben wir die außerordentlichen Schwierigkeiten unse— rer Stellung nicht verkannt, unsere Kräfte nicht überschätzt. Was wir mit— bringen, ist neben jener Geschäfts- Erfahrung und Kunde der bestehenden Verhältnisse, wozu unsere bisherige Dienststellung uns Gelegenheit bot, die aufrichtigste Liebe zum Vaterlande, dem wir uns mit ganzer Selle weihen, das Bewußsein redlichen Willens und selbstverlengnender Gesinnung. In welchem Geiste wir die nothwendigen Formen unserer staatlichen Organisation begreifen, unsere politischen Grundsätze sind Ihnen bekannt; der Entwurf des Staats- Grundgesetzes befindet sich in Ihren Hän— den. Diese unsere Ueberzeugungen werden wir nie verleugnen und treu da— nach wirten. Den vollen Muth, unserer eigenen Einsicht nicht ganz zu miß— trauen, verleiht uns aber nur die Hoffnung auf Ihre und der künftigen Stände freundliche Unterstützung, meine hochgeehrten Herren! wenn wir bemüht sind, das Vertrauen des Landes durch That und Leistung zu erwer⸗ ben, die Hoffnung, daß diesem Streben gegenüber mit Nachsicht geurtheilt werde, wo wir lrren, daß nicht Ungeduld der Gemüther sich bemächtige, wenn die Staats⸗-Regierung selbst mit verstärkten Arbeitskräften die erwar— teten und grundgesetzlich gesicherten Verbesserungen in Verwaltung und Rechts— pflege, im Gemeindewesen und in der übrigen Gesetzgebung nur allmälig zu verwirklichen und der erforderlichen ständischen Erörterung demnächst nur im Verlaufe de eine reife Erwägung gestattenden Zeit unterzubrei- ten vermag. Alles auf einmal zu gewinnen vermag auch nicht der beharrlichste Eifer im Fortschritt, ohne gewaltsamen, verderblichen Um sturz. Die Aufgaben sind zahlreich, und unter ihnen die meisten von höch— ster Wichtigkeit; für viele bedarf es noch zuvor einer schlüssigen, prinzipiellen Feststellung durch die allgemeine deutsche Regierungsgewalt. In einem klei neren Lande zeigt sich zudem kein Ueberfluß an Kräften, welche die Re— gierung zu den vorbereitenden und ausführenden Geschäften dieser Art in Anspruch nehmen kann. Die Justiz! und Verwaltungsbehörden, in denen sie zunächst gesucht werden müssen, entbehren schon jetzt, mehr oder weniger dauernd, vieler Beamten und deren ordnungsmäßiger Hülfe. So hat auch das Vertrauen des Volls manchen Beamten aus den verschiedenen Dienst— zweigen, Männer der Kirche und Schule, nach Frankfurt und in diese hoch geehrte Versammlung geführt, unter deren Abwesenheit der Dienst hin und wieder leidet. Darf nun für eine Uebergangsperiode die Zahl der Beamten erheblich vermehrt werden, im Widerspruche mit der wohlberechtigten For— derung vereinfachter Diensteinrichtungen und einer Verminderung des Pe sonals? Wir zweifeln nicht an einer gerechten Würdigung, an ö. billigen Berücksichtigung dieser Verhältnisse und Gründe. Inzwischen ist schon jetzt, der am 16. August eingegnngenen Aufforderung dei deutschen Centralgewalt gemäß, das Militair Departement (isrig mit der Ausarbeitung eines Plans zur Vermehrung der oldenburgischen Bundestruppen bis zu zwei Prozent der jetzigen Bevölkerung beschäftigt. Sobald das Staatsgrundgesetz erlassen ist, wird die Gemeindeordnung nach den darin niedergelegten freisinnigen Grundsätzen umgearbeitet werden. Ein Enteignungsgesetz liegt im fast vollendeten Entwurfe bereits vor. Die Ge— setz Kommission ist beauftragt, Gesetze wegen Ablösung der häuerlichen Lasten, wegen Mißbrauchs der Presse, wegen Einfuhrung der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit in die Rechtspflege und von Schwurgerichten, sodann wegen zeitgemäßer Verbesserung des Vormundschastswesens in Entwürfen vorzube⸗ reiten. Die Staatsregierung hofft, außer den nothwendigen finanziellen Vorla⸗ gen, diese Gesetzentwürse, wenigstens zum größten Theil, schon an den nächsten ordentlichen Landtag bringen zu können. Außerdem stehen Vorschläge zu provi⸗ sorischer Errichtung besonderer Sypotheken Aemter an allen Kreisorten des Herzogthums in Erwägung, eine in den betreffenden Kreisen längst ge— wünschte Maßregel, wozu es anscheinend der ständischen Zustimmung nicht einmal bedarf, wenn die wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen daneben in Bestand bleiben. Bis zur Erlassung des Staatsgrundgesetzes ist das Mi— nisterium der darin ausgesprochenen Verantwortlichkeit formell und gesetz lich nicht unterworfen. Es bekennt aber gern und offen, daß es in seinem Gewissen auch dem Lande für seine Handlungen und Unterlassungen auf gleiche Weise sich verpflichtet achtet. Die ihm obliegende Vermittelung bei manchem Gegenstande der Verfassungs⸗Verhandlungen kann freilich nicht unbedingt dahin gehören. Möge mit diesen Erklärungen das Ministerium auch seinerseitrs den Weg angebahnt haben, auf dem es vor den Augen des Landes das gemeinsame Ziel in Einigung und Eintracht zu erreichen hoffen und wünschen muß!“

Die Versammlung schritt sodann zur Wahl ihrer Vorstände. Zum Präsidenten wurde Hofrath Völckers aus Eutin und zum Vice— Präsidenten Hofrath Kitz aus Birkenfeld, Beide fast einstimmig, ge— wählt. Die Wahl des Präsidenten ward auf 4 Wochen festgesetzt. Der Präsident Völckers nahm seinen Sitz ein, dankte für das Ver— trauen und erinnerte in seiner Antrittsrede an die große Aufgabe der Versammlung: die Freiheiten des Volks zu festigen, aber auch der Regierung Kraft und Stärke und dem Staats⸗-Oberhaupt eine wür— dige Stellung zu verschaffen. Der Vice⸗Präsident Kitz dankte eben⸗ falls und versprach, dem ihm gewordenen Vertrauen nach besten Kräften zu entsprechen. Der Reglerungs-Secretair Strackersan und der Kanzlei Secretair Bödeker wurden zu Secretairen der Versamm⸗—

lung erwählt. Der Ministerial⸗Rath Zedelius übergab dann die— jenigen Erklärungen, welche das Staatsministerium zur Erwägung der Ständeversammlung vorlegte.

Frankfurt. Frankfurt a. M., 3. Sept. (D. P. A. 3.) Die österreichischen Abgeordneten in der deutschen National⸗-Versamm⸗ lung haben für die in Italien gefallenen Krieger eine Trauerfeier- lichkeit veranstaltet, die gestern Vormittags in dem Dome abgeha ten wurde. In dem Schiffe der Kirche, die mit würdigem Ernste ge⸗ schmückt war, prangte ein Katafalk von Waffen gebildet, mit Tro- phäen umgeben; die Namen der denkwürdigsten Schlachtfelder, mit Kränzen umgeben, zierten seine Wände, der Hut eines Generals und der Tschako eines Gemeinen ruhten auf dem Sarge. Vier Säulen, aus Waffenstücken zusammengesetzt, umgaben das Trauergerüste, über welchem die deutschen und österreichischen Fahnen reich sich entfalte⸗ ten. Der Erzherzog Reichs verweser, eine große Zahl Abgeordne⸗ ter aus allen deut schen Ländern mit dem Präsidenten der Na⸗ tional⸗Versammlung, des preußische und österreichische Offizier ⸗Corps der Bundesfestnng Mainz und Abgeordnete der Mannschaft aller Waffengattungen, der Senat von Frankfurt mit den Behörden, alle hier anwesenden deutschen Offiziere und jene der Bürgerwehr waren in der Kirche erschienen, in der die Bürgerwehr die Ehrenwache ver⸗ sah, und deren Räume überfüllt waren. Der Abgeordnete der Na⸗— tional⸗Versammlung, Alois Flir aus Innsbruck, sprach die Trauer⸗ rede in tief ergreifenden Worten. Der Abgeordnete Beda Weber aus Meran hielt das Hochamt, während welcher Cherubini's Trauer⸗ gesänge ertönten, und als die Priester die Einsegnung vollzogen, er klang die Melodie der österreichischen Volkshymne in leisen Atkorden.

Samburg. Hamburg, 4. Sept. (H. C.) Da durch den Telegraphen von Cuxhaven gemeldet worden war, daß das Dampf⸗ schisf „Elbe“ gestern und vorgestern mit dem dänischen Marine— Lientenant Grafen von Holk in See gegangen, um das Blokade⸗ Geschwader aufzusuchen, wegen starken contrairen Windes aber beide Male nach Curhaven zurück mußte, wo es gegenwärtig noch, liegt, so ist heute Morgen 93 Uhr auf nachgesuchte Verfügung des hiesigen Marine-Comité's das Kriegsdampfschiff „Lübeck“, Capt. King, mit Parlamentair⸗Flagge von hier nach Cuxhaven abgefahren, um Graf Holk an Bord des Blokade-Geschwaders zu bringen. Das huller Dampifschiff „Helen M'Gregor“, welches Tages zuvor abgegangen, hatte bereits den dänischen Kriegsschiffen einen Wink von dem Staude der Dinge gegeben, und so befand sich die Fregatte „Bellona“ in der Nähe. Als unser Dampfschiff herankam, schickte der Kommodore Steen Bille ihm eine Sloop mit 12 Mann entzegen, worauf die Ratification des Waffenstillstandes dem dänischen Befehlshaber durch den Grafen Holck notifizirt wurde. Die Blokade ist sofert aufge⸗ hoben. Drei dänische Fregatten, „Thetis“, „Gefion und „Hav⸗ fruen“, so wie ein Schooner, kehren unverzüglich zurück. Comman⸗ deur Steen Bille mit der „Bellona“ bleibt noch zwei bis drei Tage vor der Elbe, weil er auf Helgoland noch Einiges abzumachen hat, namentlich wegen Zurückgabe unserer Lootsengalliote, die er bereits als Wachtschiff hatte armiren lassen. Das Dampfschiff „Lübeck“ ist um 8 Uhr Abends wieder in den Hafen gekommen.

39 2 Ati sland.

Oesterreich. Pesth, 30. Aug. (Bresl. Ztg. Der Erz⸗ herzog Stephan ist ebenfalls nach Wien gereist, um zur Beendigung des unseligen Kriegs in Ungarn beizutragen.

In der heutigen Sitzung des Unterhauses wurde das Budget verhandelt. In der Rubrik der Einkommensteuer hatte der Finanz⸗ Minister den König und den Palatin ausdrücklich von der Besteuerung ausgenommen, das Haus erklärte sich aber auf den Antrag Bezere⸗ dy's gegen diese Ausnahme. Die Civilliste des Königs ist auf 3 Mil— lionen Gulden festgesetzt, und da der König „unnöthigerweise“ außer Landes residire und somit unter die Kiasse der Absentisten gehbre, so müsse er 300, 00) Gulden jährliche Einkommen Steuer zahlen. Dieser Beschluß war bereits gefaßt, als Kossuth eintrat und die Unverträg⸗ lichkeit folcher Besteuerung des Königs mit dem monarchischen Pria— zip behauptete, worauf das Haus seinen Beschluß wieder fallen ließ.

Frankreich. Paris, 3. Sept. Heute, Sonntag, ist Parade auf dem Marefelde, zu der halb Paris strömt. Die Truppen, über welche Ge—⸗ neral Cavaignac Revue abhält, bestehen in einem Bataillon von jeder Le⸗ gion der Nationalgarde von Paris nebst seiner Bannmeile, in der Mobilgarde zu Fuß und zu Pferde, der republikanischen Garde, der Linien- und leichten Infanterie, der Artillerie und Kavallerie. Der General und Kriegs-Minister Lamoricière wird den Chef der vollzie⸗ henden Gewalt um 113 Üühr in der Rue de Vartnnes abholen und nebst einem glänzenden Generalstabe auf das Marsfeld geleiten. Das Wetter ist vortrefflich. t

Der Gesandtenposten in Frankfurt ist noch nicht vergeben. Die Anzeige der Ernennung Bouvignier's war auch voreilig. .

Es wird versichert, ein Eourier habe die Bestätigung der Wei— die anzunehmen, überbracht,

zu haben glaube. Der National dringt auf eine kategorische Er—⸗ klärung und will diesen Antrag durch eine Demonstration begleitet wissen. Das Journal des Débats sagt: „Oesterreich hat seine Antwort auf Frankreichs und Englands Vermittelungs-Anerbieten er= theilt. In die gewöhnlichen Formen der diplomatischen Höflichkeit aekleidet, ist diese Antwort im Grunde gleichbedeutend mit Liner be⸗ stimmten Annahme⸗-Verweigerung.“ Das Journal des Debats ist übrigens der Meinung, das größte Unglück für Italien liege in Italien selbst; die Eifersucht sei dort so greß, daß nicht nur Staat und Staat, sondern Stadt und Stadt, ja sogar Gemeinde und Gemeinde unter einander entzweit seien. Der Mangel an Gemeingeist sei der Tod für Italien. Was die Friedens vorschläge betreffe, welche Marschall Radetzky, mit Vollmachten von seinem Hofe versehen, schon ehe das englisch-französische Vermittelungs-Anerbieten in Wien K sen, der piemontesischen Regierung gemacht, so n, merkt das Journal des Débats, so viel es wm hl . sentlichen folgende Punkte enthalten zu haben. Da. „ner ieten, die eigentlich Lombardei an das Königreich Sa, einten abzutre⸗ ten; die Konstituirung, Venedigs zu . ,, Hamburg oder Lübeck; die Errichtung ie, r nste . . 6 bestehenden unabhängigen Fürstenthuns nn e we, Er e. des Erzherzogs Rainer und für eie F f., n ssen *. ; , we einer baaren Summe von angeblie Auf on 26 ; heil Ita⸗ iens an der össterreichischen Schult. Ju slchen Qundlage, meint liens an er beste Beweis von Oesterreich

das genannte Blatt, welche der ker „don Oesterreichs auf⸗ n ,, sedenswünschen wären, könnten wohl die Unterhandlungen 6 ,, . von allen Versländigen jedes Landes an= . r welches auch übrigens die Formen sein möchten, ge non n nge, ich habe handeln wollen.

in de n,. Journal, de L Ain hat die französtsche Regierung

dem 6. j rn J auf ehe der Schweizer Behörden eingewilligt, die vor den

Desterreichern nach der Schweiz entwichenen Italiener ins Am-⸗De⸗ partement aufzunehmen; 200 derselben sollen am 26sten von Genf nach Trevour abgehen, bei den Einwohnern einquartiert werden und täglich 15 Sous empfangen. Im Ganzen werden 3000 erwartet, aus denen man angeblich eine italienische Legion unter französischen Offi⸗ zieren zu bilden beabsichtigt.

Die National⸗Versammlung hat gestern, ehe sie auseinanderging, noch den Beschluß gefaßt, nächsten Montag darüber zu berathen, ob sie sich nicht früher auflösen dürfe, als bis sie die in einem Spezial⸗ Dekret genau anzugebenden organischen Gesetze votirt habe.

In den Ab heilungen der National⸗Versammlung hat man sich mit dem Antrage auf Einsetzung einer Kommission beschäftigt, welche die in den Tuilerieen gefundenen Papiere zu prüfen hätte. Man be— stand darauf, daß alle Papiere, die reine Familien-Verhältnisse be— treffen, beseitigt würden, während man nur diejenigen Dokumente für das National-Archio zurückhalten solle, welche von historischer Wich tigkeit wären. .

Die Ernennung des Bischofs Sibour zum Erzbischof von Paris stößt unter der hiesigen Geistlichkeit auf heftigen Widerspruch. Das de,. Kapitel, mit Ausnahme der beiden Aebte Coeur und Eglée, zaben gegen dieselbe protestirt.

Graf Montalivet, der hier wiederholte Konferenzen mit Cavaig—= nac hatte, ist nach London zurückgereist, um Ludwig Philipp den Er⸗ folg seiner Sendung zu berichten.

Nach dem letzten Wochenberichte der Bank von Frankreich hat ihr Metallvorrath um 11 und ihr Noten- Umlauf um 10 Milliosen zugenommen, der Kontokurrent des Schatzes aber sich um 5. Millio= nen vermindert. :

Das Bauk-Comtoir in Nimes hat sich der pariser Bank angeschlos. sen, die daher alle Papiere jenes Comtoirs von heute ab an Zah⸗ lungestatt nimmt. ;

Der englische Diplomat H. Bulwer ist auf seiner Reise nach Italien durch Blois gekemmen.

Es soll im Plane sein, den Prozeß wegen des Attentats vom 15. Mai zu Beauvais abzuhalten. Für diesen Fall würde ein Lager von 19,000 Mann die Stadt schützen. . .

Das mit Berathung des gegen die Suspension mehrere Jeur— nale gerichteten Dringlichkeits⸗Vorschlages des Herin Crespel-Lakouche beschäftigte Comité hörte vorgestern den General Cavaignac, welcher erklärte, daß er, so lange die National-Versammlung den von ihr votirten Belagerungs- Zustand aufrechthalte, sich beréchtigt glaube, nach Gewissen im Interesse der Ordnung und der Sicherheit des Staates von den Vollmachten Gebrauch zu machen, welche das De— kret vom 25. Juni ihm übertragen habe.

Jerome Bonaparte und sein Sohn Napoleon sind nach Ostende abgereist, wo Louis Napoleon sie erwartet.

An einigen Straßenecken fanden gestern Zusammenrottungen wegen der Wiedereinführung der alten Fleischsteuer statt, die der Be— völkerung durch einen öffentlichen Anschlag des Polizei⸗Präfeften an—⸗ gezeizt wurde.

Großbritanien und Irland. London, 2. Sept. Heute früh ergingen die Einladungen zu einer Geheimenraths— Sitzung, welche tibermorgen Nachmittag im Buckingham-Palast ge— halten und worin die Prorogations- Rede der Roönigin berathen werden soll.

Das Oberhaus hielt heute eine Sitzung, um die noch vorlie— genden Bills zu erledigen, da nur noch die eine Sitzung am Mon— tag dazu übrig ist und das Parlament am Dienstage prorogirt wird. Auf Antrag Lord Granville's wurde die Bill, welche den Ein— fuhrzoll von Kupfer und Blei aufhebt, nach kurzer Debatte zum zwei— tenmal verlesen und die dritte Lesung auf Montag anberaumt.

Lord John Russell ist vorgestern in Begleitung seiner Gemahlin nach Dublin abgereist und gestern von Holyhead noch Kingstown per Dampfboot abgefahren. . .

Die gestern hier eingetroffene Kunde von dem Abschlusse eines siebenmonatlichen Waffenstillstandes übte nicht die erwartete günstige Einwirkung auf die Course, weil gleichzeitig verlautete, daß Dester— reich die Vermittelung Frankreichs und Englands entschieden abgelehnt habe. Letzteres ist zwar bis heute noch nicht amtlich bestätigt worden; die Fonds blieben aber bei der herrschenden Besorgniß wegen des Ausgangs der italienischen Frage heute ziemlich flau, und es wurden wenig Börsengeschäfte gemacht. Allgemein ist man übrigens nach dem Globe in der City der Ansicht, daß England, falls unglück— licherweise der Krieg ausbrechen sollte, sich klüglich ganz neutral ver— halten werde, da es vom Anfange an sich jeder Drohung mit feind seligem Einschreiten für den Fall, daß seine freundschaftliche Vermit— abgelehnt würde, durchaus enthalten habe.

Nach der Wochen-Uebersicht der Bank betrug ihr Noten Umlauf 19,171,456 Pfd. St. und ihr Metallvorrath war auf 14,063,663 Pfd. St. gestiegen.

Aus amtlichen Berichten über die englischen Arbeitshäuser geht hervor, daß 2,200,000 Personen, also fast ein Sechstel der Bevöl— kerung, dort Unterstützung empfangen.

Aus Dublin wird dem Globe vom gestrigen Tage geschrieben: Gestern ist beschlossen worden, daß die Spezial-Kommisston zur Ab— uitheilung von S. O'Brien und Konsorten am 19. September zu Nenagh ihre Sitzungen beginnen soll. Der Oberrichter der Queens Bench und Oberrichter Doherty sind die vorsitzenden Richter. Die öffentlichen Klubs -Sitzungen haben in Dublin aufgehört; die Klub— Leute kommen noch zu 3 oder 4 in Privathäusern zusammen, ihr Treiben wird aber in dieser Beschränkung keinen Einfluß auf die öf— entlich! Stimmung üben können. Alle Parteien sind im Ganzen der Aufregung so überdrüssig, daß an ihrer Erneuerung in großem Maßstabe für lange Zeit nicht zu denken ist. Die Petition des Klubs für periodische Abhaltung des Parlaments in Dublin ist an die Königin abgegangen und ihr vor acht Tagen durch Sir G. Grey zugestellt worden; ein Bescheid ist bis jetzt nicht er— folgt. In den Provinzen dauern die Verhaftungen fort. Nach zuverlaͤssigen Mittheilungen, welche die dubliner Regierung aus allen Theilen des Landes erhalten hat, wird etwa die Hälfte der Kar— toffel⸗Aerndte verloren sein; da jedoch dieses Jahr um die Hälfte mehr Kartoffeln gebaut wurden, als voriges Jahr, so ist die Ein— buße leichter zu ertragen. Die Korn-AUerndte fällt besser aus, als man glaubte, und mit Gewißheit ist anzunehmen, daß das Land genügende Lebensmittel haben wird, um die Bevölkerung den Winter und das Frühjahr hindurch zu ernähren. Der Limerich Examiner meldet, daß drei Führer des Aufstandes, O' Gorman, O'Donnell und Doyle, gegenwärtig zu Brüssel sind, von wo Letzterer nach Paris ge— hen will. Auf das Ansuchen einer irländischen Eisenbahne Gesellschaft um Geldvorschüsse, damit sfe ihre Arbeiten fortsetzen könne, hat Lord J, Russell geantwortet, die Finanzlage gestatte der Regierung keine solche Vorschüsse. j

Belgien., Brässel, 4. Sept. Der Baron von Dracheu— fels, hessischer General- Major ist gestern als außcrordentlicher Ge— sandter und bevsollmächtigter Minister mit dem besonderen Auftrage, der belgischen Regierung, die Uebernahme der deutschen Centralgewalt durch den Erzherzog Reichsverweser anzuzeigen, hier eingetroffen.

Der Observateur meldel: „Es scheint, daß der Minister

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des Innern beschlossen hat, dem Könige die unverzügliche Ernennnng der Chefs der Bürgergarde - Legionen vorzuschlagen, daß jedoch die Wahl der Adjutant⸗- Majors, Quartiermeister und rapportirenden Os⸗ fiziere erst später nach erfolgter Zuratheziehung der Corps-Chefs stattfinden wird.

Schweiz. Vorort. (Beob.) Auf den von Zürich und auch von anderen Kantonen, wie St. Gallen und Basel, unterstütz— ten Antrag, hat der Vorort in der Person eines Herrn Kilias einen Abgeordneten nach Frankfurt gesandt, um die Interessen der durch eine beträchtliche Erhöhung des Eingangszolles bedrohten schweizeri⸗ schen Industrie zu vertheidigen.

Tessin. Der Beschluß des Großen Rathes in der Bundes— Angelegenheit lautet: „Der von der Tagsatzung am 27. Juni an— genomniene Bundes-Euntwurf wird unter der Bedingung angenom— men, daß, wenn die Eidgenossenschaft die neuen Einfuhr und Aus— fuhrzölle an der tessinischen Gränze beziehen will, sie unseren Ein— gangs- und Ausgangszoll durch Entschädigung losfaufen mässe.“

Wallis. (Eidg. Ztg.) Der Staatrath sieht in der Ab— stimmung über das Bundes projekt begreiflichtrweise ein Mißtrauene—⸗ votum. Er hat auf den 1. September den Geoßen Rath zusam⸗— menberufrn, um sich zu überzeugen, woran er ist. Ein Korrespondent der Berner Zeitung stellt bereits Trennung von Ober- und Un— terwallis in Auesicht und giebt dabei solgenden Aufschluß: „Schon in der Zeit der Neugestaltung des Kantons hatte der Advokat Louis Ribordy an die Regierungs⸗Statthalter der westlichen Distrikte ein Cirkular gerichtet, um sie zu veranlassen, diese Frage dem Volk vor— zulegen: sie wurte mit Enthusiasmus von der Bevölkerung aufge— nommen, aber die Vertreter, die sich von der Grofmuth leiten ließen, wollten noch einmal versuchen, das fangtisirte Volk von Oberwallis herumzubringen. Jetzt sehen sie ihren Irrthum ein.“

Italien. Florenz, 27. Aug. (D. A. 3.) Die Nachrich= ten aus Livorno sind noch ziemlich beunruhigend und höchst vager Natur, da fortwährend die Thore geschlossen und die regelmäßigen Communicationen durch Zerstörung des elektrischen Telegraphen und die Entfernung der Lokomotiven gehemmt sind. Es ist nun gewiß, daß die vermeinte Arrestation des Padre Gavazzi in Sigua die erste Veranlassung zu dem Aufruhre gegeben hatte. Sobald dieses Ge— rücht sich verbreitete, erhob sich ein Theil des Volkes, noch begeistert

von der Predigt, die ihnen der Mönch Tages zuvor auf dem 6ffent—

lichen Platze gehalten hatte, pünderte einen Waffenladen, setzte den

Gouverneur gefangen, läutete die Sturmglocken, nahm Besitz von den

Forts, schloß die Thore nach der florentiner Seite und pflanzte Kano—

nen dahinter auf. Der st llvertretende Kommandant der National—

garte (der Kommandant selbst war abwesend) war, a's beim Volke

unbeliebt, in Gefahr, erschossen zu werden. Inzwischen war eine De—

putation hier in Fiorenz angelangt, um dem Großherzoz die Lage der Stadt zu schildern. Sie erhielt die Versicherung, daß weder Gävazzi noch seine Begleiter verhaftet seien, sondern daß Ersterer nur freiwillig den Weg über die Porretta nach Bologna genommen habe. Diese Antwort schien die Ruhe in Livorno wiederhergestellt zu haben; die Kanonen wurden zurückgezogen, der Gouverneur freigegeben, die Maga— zine wieder g'öffnet. Aber in der Nacht vom 25. zum 2s. August wurde durch einen falschen Allarm Alles in die Waffen gerufen, Schüsse fielen, von neuem läuteten die Sturmglocken; Waffen wurden von den Behörden an das dritte und vierte Bataillon der National-Garde vertheilt, denen sie bis jetzt noch vorenthalten waren. Das Volk drang zugleich während der Vertheilung in das Zeughaus und bemächtigte sich eines großen Theiles der vorhandenen Waffen. Seit diesem Augenblick hört man beständig Kleingewehrfeuer, wiewohl vereinzelt, nicht in Salven, ohne daß jedoch bei der strengen Thorsperre weitere sichere Nachrichten hät— ten hierher gelangen können. Die letzte Notz, datirt von gestern Abend 10 Uhr, spricht von 4 Todten und 8— 12 Ven wundeten auf beiden Seiten. Die Aufrührer bestehen fast nur aus Leuten aus den unter⸗

sten Ständen, zumal den Facchini aus dem Klein⸗Venedig genannten,

Quartiére Livorno's. Einen bestimmten Zweck scheinen sie nicht zu ver solgen, nicht einmal die Erwählung ciner provisorischen Regierung, die Proklamirung der Republik u. s. w. hat sich bestätigt. Das Gouver— nement hat dem an der Gränze bei Pontremoli stehenden General-Masor de Laugier Befehl ertheilt, mit seinen 3000 Mann auf Livorno zu mar— schiren. Das ist Alles, was aus den unzähligen Versionen und Ge— rüchten als das Sicherste und Allgemeinste zu entnehmen ist; die Re— gierung hat noch nichts offiziell bekannt gemacht, die Kammer die von einem Mitgliede (Advokat Trinei) vorgeschlagene Interpellation des Ministeriums nicht gutgeheißen. Das neue Ministerium hat den Advo— katen Capei nach Frankfurt 4. M., den Exminister Ridolfi (nicht Matteucch nach London und den Senator Griffoli nach Neapel und Palermo gesendet. Erstere so len Toscang's Juteressen bei der deutschen Na— tional⸗Versammlung und bei dem Pacifications- Kongresse vertreten, Letzterer den König von Neapel und die Sicilier zur Theilnahme an der zu schließenden vie besprocheuen italienischen Ligue auffordern und überreden. Man erzählt, der König von Nrapel habe sich bereit dazu erklärt, im Fall ihm der Papst Pontecorvo und Benevent ab— treten wolle.

Der Nürnb. Korr. meldet aus Livorno: „In Livorno wurde in Folge des Aufstandes eine provisorische Regierung, mit dem neapolitanischen Flüchtling la Cecilia an der Spitze, errichtet. La Cecilia bewirkte zwar die Freilassung des Gouverneurs, aber der Auf- stand ist ungebrochen. Die Eisenbahn und der elektrische Telegraph waren in der Nähe der Stadt zerstört, und am 2bsten kam es zu einem Scharmützel zwischen Volk, Bürgerwehr und Linie.“

Nom, 19. Aug. (N. K.) Das Ministerium hat so eben durch Anschlags⸗ zettel bekannt gemacht, das in Anbetracht der Ausschweifungen, denen sich die Presse seit einiger Zeit überläßt, die Kammern sich demnächst mit einem Gesetz⸗Entwurfe beschästigen werden, der zum Zwecke hat, die Schranken festzusetzen, welche die Presse nicht überschreiten darf, ohne die Strenge der Gesetze zu verwirken.

Ein österreichischer Commissair ist am 16. August in unseren Mauein angekommen. Man sagt, daß er vom Fürsten Lichtenstein an den päpstlichen Hof geschickt worden sei, aber nichts verlautet vom Zwecke seiner Sendung.

Turin, 25. Aug. (N. K.) Das neue Ministerium verwahrt sich in der offiziellen Zeitung gegen die von dem Abbate Vincenzo Gioberti in einer Schrift gemachten Vorwürfe der Zweideutigkeit und Heuchelei und erklärt dieselbe „für einen Mißbrauch der Rechte, welche einem noch so hohen Grade von Geist und Gelehrsamkeit zustehen mögen.“ Das offizielle Blatt enthält ferner die Anzeige, daß der am 22. August nach Paris abgereiste Oberst della Marmora von der Regierung beauftragt ist, die französische Republik um ihre Ein= willigung zur Ernennung eines ausgezeichneten französischen Generals (Bugeaud) zum Oberbefehrhaber der sardinischen Armee zu ersuchen.

Moldau und Wallachet. Buchanest, 23. Aug. (Bresl. Ztg;) Tie Constitution des Landes ist nun definitiv vom Sultan anerkannt. Durch die vor einigen Tagen an alle hiesigen Konsulate und die fürstliche Locokonferenz angelangten offiziellen Depeschen, daß derselbe persönlich hier eintreffen werde, um die Regierung zu beglückwünschen, ist bei ihrem Bekanntwerden im Publikum natürlich

allgemeiner Jubel hervorgerufen worden. Die an den Ufern der Donau in Gallacz und Dzurdzuwu liegenden türkischen Truppen hat der Pascha zur Verfügung der Regierung gestellt, um sie gegen Ruhe⸗— störungen, von welcher Seite immer, zu verwenden. zie am ver⸗ flossenen Sonnabend erfolgte Ankunft des Pascha's hier geschah nur mit einer Ehrenwacht von 200 Mann Kavallerie. Er stieg in einem Landhause an der Ostseite der Stadt ab. Am folgen⸗ den Tage früh setzte sich das ganze bucharester Publikum zu seinem feierlichen Empfange in Bewegung. Vor der Barriere prangte eine Triumphpforte von 8 10 Klaftern Höhe, mit dem von Blu⸗ men umschlungenen Bilde des Großherrn, 24 Fahnen und dem tür⸗ kischen Wappen geziert. Die Zahl der versammelten Volksmenge, die dem Pascha stürmische Lebehochs brachte, fann ohne Uebertreibung auf 20,000 Menschen geschätzt werden. Fast zwei Stunden dauerte unter Kanonendonner der festliche Einzug des Pascha's bis zum fürst—⸗ lichen Palaste, wo ihn der Metropolst in einer griechischen und Herr Elliadi in französischer Anrede begrüßte. Inzwischen fehlte es auch nicht an Häuptern der alten aristokratischen Partei bei der Versamm⸗ lung, darunter der gewesene Großban Phillipesku, der Großlogothet Ghika u. A., welche eine geheime Konferenz mit dem Pascha abge⸗ halten und an zwei Stunden bei demselben blieben. Bei ihrem Weg⸗ gehen bat das Publikum, namentlich die vielen anwesenden Kaufleute, um so lauter um die Aufrechthaltung der Constitution. In der Nacht auf heute ist die ganze Stadt und der Volksgarten beleuchtet und in letzterem ein großartiger Festball abgehalten worden, welchen inmit⸗ ten von einigen Tausend geladenen Personen Suleiman Pascha mit seiner Gegenwart beehrte. Zugleich mit ihm ist auch der serbische Minister Schiwitz in unserer Stadt eingetroffen.

Von gestern bis heute Mittag sind an der affatischen hole ra als erkrankt angemeldet: 141 Personen.

Berlin, den 6. September 1848. Königliches Polizei⸗Präsidium.

Vie Immatriculat on für das bevorstehende Win ter - Semester 1348 1819 findet bis acht Tage nach dem 16. Oftober, dem vor⸗ schriftsmäßigen Anfange der Vorlestigen, wöchentlich zweimal, Mitt⸗ woche und Sonnabends, um 12 Uhr im Senatssaale statt.

Behufs derselben haben

1) die Studirenden, welche von einer anderen Universität kommen, ein vollständiges Abgangszeugniß von dieser Universität,

2) diejenigen, welche die Universitäts Studien beginnen, insofern sie Juländer sind, ein vorschriftsmäßiges Schulzeugniß und, falls sie Ausländer sind, einen Paß oder sonstige ausreichende Legi⸗ timatiens-Papiere vorzulegen.

Minderjährige haben außerdem die schriftliche Zustimmung ihres Vaters oder Vormundes zum Besuch der hiesigen Universität beizu⸗ bringen.

In Betreff derjenigen Jnländer, welche, ohne das vorschriftsmä⸗— ßige Zeugniß der Reife zu besitzen, die Universität zu besuchen wün⸗— wird auf §8§. 35 und 36 des Prüfungs⸗ Reglements vom

Juni 1834 verwiesen.

Berlin, 7. September 1848.

Die Immatriculations⸗ Kommission. Müller. Lehnert.

Berichtigung. Im gestrigen Blatt, S. 663, Sp. 2, 3. 47

unt. ist statt „Frankreich“ zu lesen: Frankfurt.

Markt ⸗Berichte. Berliner Getraidebericht vom 6. September. Am heutigen Markt waren die Preise wie folgt: Weizen nach Qualität 60 65 Rthlr. Roggen loco 31—34 Rthlr. „82 pfd. p. Sept. / Oft. 30 29 Rthlr. J Okt. / Nov. 31 30 Rthlr. ; ö p. Frühjahr 3331 32 Rthlr. Gerste, große, loco 28 Rthlr. kleine 24—23 Rthlr. Hafer loco nach Qualität 16— 17 Rthlr. Erbsen, Kochwaare 10 Rthlr. ö Futterwaare 37 Nthlr. Rapps 70 Rthlr. verkauft. Sommer-Rübsen 60 Rthlr. verk. Leinsaat 46—45 Rthlr. Rüböl loco 11 Rthlr. Sept. / Okt. 11 Rthlr. Okt. Mov. 114 —11 12 Rthlr. bez. u. Br. Nov. / Dez. 117 —113 Rthlr. Dez.“ Jan. 119 Rthlr. Br. u. bez. Jan. / Febr. 1145 Rthlr. Br. Leinöl loco 95 Rthlr., Lieferung 9. Mohnöl 20 Rthlr. Hanföl 16 Rthlr. Palmöl 13 143 Rthlr. Südsee⸗-Thran 10 Rthlr. Spiritus loco 209 Rthlr. bez. . Sept. Okt. 19 Rthlr. Br., 182 bez. 1 Okt. Nov. 187 Rthlr. bez. u. Br.

Königsberg, 2. Seßt. Die Zufuhr war mittelmäßig. Weizen 55 bis 90 Sgr. pr. Schffl., Roggen 39 bis 39 Sgr., gr. Gerste 30 bis 33 Sg, kl. Gerste 28 bis 33 Sgr., Hafer 16 bis 20 Sgr., graue Erbsen 50 bis 60 Sgr., weiße Etbsen 45 bis 62 Sgr., Kartoffeln 13 bis 16 Sgr., der Ctr. Heu 13 bis 16 Sgr., Spiritus 195 Rthlr. pr. Ohm. ö

Stettin, 5. Sept. Getraide. Die stilleren Nachrichten vom londoner Freitagsmarkt sind auf die Forderungen für Weizen nicht ohne Einfluß geblieben; schwere Waare in loco wird zwar noch auf

2 Rtylr. gehalten, dagegen ist schlesische schwimmend zu 62 2 65

Rthlr. mehrfach angetragen, ohne Nehmer zu finden. Die Preisstei—

gerung ist in der That eine so rapide gewesen, daß eine Abspannung wohlbegründet erscheint. Auch für Roggen hatten wir einen stillen Markt, für S5pfd. in loco ist zu 32 Rthlr. anzukommen, und zu gleichem Preise sind Abgeber per Sept. “/ Oktbr., per Frühjahr wird noch 36 Rihlr. gefordert.

Spiritus aus erster Hand am Landmarkt 19 *, aus zweiter Hand ohne Fässer 19 , mit Fässern 20 „9 bezahlt.

Rohes Rübol sehr begehrt und fast auf alle Termine Geld ge⸗— blieben, loco und per Sept. Oktbr. zu 195 Rthlr. viel gehandelt, Oftbr. Novbr. 1043 a 11 Nthlr. bezahlt, Novbr. / Dezbr. 11 2 1112 Nthlr. bezahlt, Jan. Febr. 115 2 1144 Rthlr. bezahlt, Brf. und Gld.

Heringe. Neuerdings ist eine Ladung schott. Fullbrand ange— kommen. In Preisen seit gestern nichts verändert.

Breslau, 5. Sept. Weizen, weißer, 6b, 70 bis 73 Sgr., gelber ba, 67 bis 9 Sgr,

Roggen 32, 36 bis 39 Sgr. Gerste 27, 29 his 31 Sgr. Hafer 17, 18 bis 19 Sat. Rapps . 71 . Sgr. inter⸗Ripps 7 r. . Frs, . pro Sept. 9 Rthlt. gefordert, 85 G.