1848 / 142 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

ĩ Ordnungsrufs durch den Präsidenten. Letzterer erklärt, keinen 6 zu haben, und ziebt seine desfallsige Mah= nung zurück. Rößler aus Oels bemerkt, daß er den ersten Antrag mit Nein beantworte, werde eine namentliche Abstimmung vorgenommen oder nicht. Der Antrag Zach ariä's wird sofort nebst den gestellten Zu⸗ satz- Anträgen mit großer Majorität (die Linke erhebt sich nicht) zum Beschlusse erhoben und im Betreff seines letzten Theiles sogleich voll⸗ zogen, indem die Versammlung sich erhebt, um den Reichstruppen den Dank des Vaterlandes auszudrücken. Wigard interpellirt den Ausschuß für Gesetzgebung wegen der Publication der Reichs gesetze. Fallati beantwortet diese Interpellation dahin, daß die Abwesen⸗ heit des Abgeordneten Mittermaier die Vorlage des Berichts über diesen Gegenstand verzögert habe. Der Präsident verkündigt die Tagesordnung. Beseler beantragt den Schluß der heutigen Siz⸗ zung, welcher nach der Abstimmung hierüber und nach einer vorläu— igen Mittheilung des Präsidenten über das nächsten Donnerstag statt⸗ findende Leichenbegängniß der Gefallenen, um 119 Vormittags er— folgt. Nächste Sitzung Mittwoch, 20. September. Fortsetzung der Berathung über die Grundrechte.

Frankfurt a. M., 20. Sept. (O. P. A. 3.) 82 ste Sitzung der verfassunggebenden deutschen Reichsversammlung. Tagesordnung: Vorlage von Anträgen; Vervollständigung der Aus— schüsse; Fortsetzung der Berathung über die Grundrechte. Der Prä⸗— sident, H. von Gagern, eröffnet die Sitzung um 99 Uhr Vormittags. Stavenhagen verlangt die Hinzufügung der Worte „durch Er— mordung“ zu der Stelle des Protokolls, welche von dem „Tode“ der Abgeordneten von Lichnowsky und von Auerswald handelt. Nach Genehmigung des Protokolls zeigt der Präsident nene Eingänge für den Flottenbau an und verkündigt die Austritts Anzeige des Ab— geordneten von Karajan aus der National- Versammlung. Namens des Aueschusses für Gesetzgebung stattet Fallati über das Gesetz, die Verkündigung der Reichsgesetze betreffend, Bericht ab und ver— liest den Antrag des Ausschusses auf Annahme des resp. Entwurfs des Reichs- Justizministers mit einigen außerwesentlichen Abänderun— gen durch die National-Versammlung. Der provisorische Reichs-Justiz⸗ minister R. Mohl legt den Entwurf des Gesetzes vor für den Schutz der Mit⸗ glieder der Reiche ⸗Veisammlung. Der Entwurf lautet: 15 Ein ge⸗ waltsamer Angriff auf die National⸗Versammlung in der Absicht, sie aus einander zu treiben, Mitglieder aus derselben zu entfernen oder zur Unterlassung der Abslimmung über einen Beschluß sie zu zwingen, wird als Hochverrath bestraft. 2) Die Theilnehmer an einer Zusam— menrottung in der Nähe des Sitzungslokals werden, wenn sie nicht auf die erste Aufforderung sich augenbblicklich zerstreuen, mit Einkerkerung von 3 Monaten bis zu einem Jahre bestrast; 3) es ist verboten, eine Volke Versammlung innerhalb einer Entfernung von 5 Meilen vom Sitze der National-Versammlung unter freiem Himmel abzuhalten; Zuwi⸗ derhandelnde werden mit Gefängnißstrafe bis zu 6 Monaten belegt; c) gewaltsames Eindringen in die Versammlung oder deren Be⸗ leidigung zieht die Einkerkerung von 3 Monaten bis zu 1 Jabr nach sich; 5) wird ein Mitglied in Bezug auf seine Thätigkeit in der Versammlung mit Drohungen oder Beschimpfungen überhäuft, so erfolgt eine dreimonatliche Gefängnißstrafe. Stavenhagen ver— mißt in dem Entwurfe die Beschützung der Reichs versammlung gegen Tränkungen, Verleumdungen und gegen Herabsetzung im Volke, einen Schutz, der gerade jetzt dringend noththue, und verlangt, daß dieser Punkt in die Gesetzvorlage aufgenommen werde. Zur Begründung dieses Antrags will der Redner einen Zeitungsartikel vorlesen, wird aber durch den Ruf: „Nicht lesen!“ Unterbrochen. Der Prasident läßt über die Verlesung abstimmen, für welche sich die Versammlung sofort entscheidet. Stavenhagen liest einen Artikel aus de Neichstags-⸗Ztg. vor, eine Beurtheilung des Beschlusses über die Waffenstillstandsfrage enthaltend. Mehrere Stellen werden von der Versammlung mit Bewegung und mit dem Rufe: „Pfui!“ auf— genommen. Als der Redner darauf aufmerksam macht, daß das in Rede stehende Organ von zwei Abgeordneten redigirt werde, und daß es nicht geduldet werden dürfe, die Versammlung des Verraths an? zuklagen, entsteht eine solche Unruhe, daß der Präsident ausruft: „Behandeln Sie diese Sache mit Würde.“ Schaffrath: Ich be⸗ greife nicht, nach welchem Rechte, nach welchem Paragraph ker Ge— schäftsordnung und nach welchem Gesetze über Interpellationen dem Redner das Recht gegeben worden ist, seinen Antrag zu begründen. Bringen wir die Zeit mit Verlesung eines Artikels zu, so sind wir säumig in der Erfüllung unserer Pflichten, und mit der Erreichung unseres Zweckes wird es dann bald am Ende sein. Wir leben in ei? nem Rechtszustande, in welchem auch Preßgesetze bestehen; jene Klage vorzubringen, ist hier der Ort nicht; Klagen gehören an die betref— fenden Gerichte. Uebrigens bedürfen wir (auf die Linke deutend) des verlangten Schutzes nicht. Der Antrag des Abgeordneten Sta- venhagen ist ungegründet; seine Denunciation aber mag er außer⸗ halb des Hauses vorbringen. Ob das Reichsministerium bei einer Gesetzesvorlage die Initiative zu ergreifen hat, darüber mag der Referent sich aussprechen. Der Präfident erinnert, daß er nur über die Geschäfteserhandlung dem Abgeordneten Stavenhagen das Wort ertheilt habe. Ueber die Verlesung des Zeitungs Artikels habe die Versammlung selbst entschieden. von Breunin— bemerkt, daß die letzte Anfrage Schaffraths hinsichtlich der Gesetzee vorlage des ReichsMinisteriums durch den morgen zu vertheilenden Bericht ihre Erledigung finde. Ueber die Frage, an welchen Aueschuß der Antrag des Justiz-Ministeriums zu verweisen sei, wird eine Dis lus⸗ sion eröffnet, woran Rösler, Wesendonck und Grävell Theil nehmen, Wichmann findet die Ergreifung der Initiative in der Ge? setzbbbung durch das Reichs- Ministerium so llar wie die Sonne. Uebrigens möge die Versammlung entscheiden, um allen Einwürfen künftig ein Ende zu machen. Scheller erklärt, daß er den Antrag des Justiz-Ministeriums zu dem sei— nigen mache, wenn letzterem die Befugniß der Initiative ge— nommen werden solle. R. Mohl bezieht sich auf seine frühere 8. hauptung in dieser Frage. Er wolle kein Recht der Initiative für das Ministerium beanspruchen, wie solches in den constitutionell- mo- narchischen Staaten besteht, wohl aber müsse es dem Ministerium zu⸗ stehen, Vorschläge zu machen, die es in dem Umkreise seiner Pflichten für nothwendig erachtet. Riesser verlangt die Verweisuͤng des Antrags an den Ausschuß für Gesetzgebung zur schleunigen Bericht⸗ erstattung. Die Dringlichkeit des Antrags bezweifle wohl Niemand mehr, nach den in diesen Tagen verübten empörenden Verbrechen Nachdem noch Behr über diesen Gegenstand gesprochen, wird zur Abstimmung geschritten, wonach der von dem Justiz⸗Mi sterium mit⸗ getheilte Gesetz⸗Entwurf an den Gesetzgebungs Ausschuß verwiesen wird. (Schluß folgt.)

Frankfurt a4. M., 29. Sept. (Frankf. Journ.) Im wei⸗ teren Verlauf der heutigen 82sten Sitzung der National⸗Versammlung wurden zwei Anträge: von Grävell auf Erlaß eines Aufruhrge⸗ setz's, und von Vogt c. auf Abschaffung der körperlichen Züchti⸗ gung bei den Reichstruppen, eingebracht, von der Versammluͤng je doch nicht zur sofortigen Berathung wegen Dringlichkeit zugelaͤssen. Dagegen wurde ein Antrag von Briegleb, eine Ansprache an bas deutsche Volk in Beziehung auf die Ereignisse der jüngsten Tage zu erlassen, sogleich herathen und nach einigen Debatten angenommen; die Wahl der desfallsigen Kommission sollte nach der Sitzung in ben

750 Abtheilungen erfolgen. Vor dem Schluß der Sitzung (123 Uhr) zeigte der Präsident der Versammlung an, daß die Veerdigung der im Kampfe gefallenen Offiziere und Soldaten morgen früh ' uhr stattfinden und der Zug vom Roßmarkt ausgehen werde. Mit Rück= sicht auf diese Trauerfeierlichkeit wird morgen feine Sitzung der Na⸗ tional ⸗Versammlung stattfinden.

Der Erzherzog⸗Reichsverweser hat an die in Frankfurt be findli⸗ chen deutschen Truppen folgenden Tagesbefehl erlassen: „Soldaten!

Die Unerschrockenheit, Diensttreue und aufopfernde Hingebung, mit welcher Ihr in den verflossenen denkwürdigen Stunden die straf= baren Angriffe auf die Sicherheit und Unabhängigkeit der Vertreter des deutschen Velkes bestegt, die Innigkeit, mit welcher Ihr als wür= dige Repräsentanten so verschiedener deutscher Heeres Abtheilungen Euch auf dem Felde der Gefahr und der Anstrengungen die tapfere Bruderhand gereicht und hierdurch der Welt das schönste Beispiel der neu und kräftig erstehenden deutschen Einheit gegeben habt, ver pflichtet mich, Euch meine Bewunderung auszusprechen. Möchtet Ihr nächst dem schönen Bewußtsein, das deutsche Vaterland vor blutiger Anarchie bewahrt und ihm hierdurch den wichtigsten Dienst geleistet zu haben, auch in dem herzlichen Danke, welchen ich hiermit den sämmtlichen Befehlshabern und Mannschaften der hier vereinigten Truppen zu erkennen gebe, einigen Lohn für Euer Verhalten em— psinden.

Frankfurt a. M., den 19. September 1848.

Der Reichsverweser: Eizherzog Johann.

Der interimistische Reichs-Kriegsminister: von Peucker.“

Die O. P. A. Z. enthält in ihrem amtlichen Theile Folgendes:

„Nachdem der zweite Vice-Präsident der deutschen National- Versammlung, Friedrich von Hermann, das ihm von dem Reichsver— weser zur Bildung eines Minssteriums ertheilte Mandat zurückgelegt hat, so haben, nach dem Wunsche des Reichsverwesers, die hier an— wesenden Mitglieder des früheren Ministeriums, damit die nöthigen und dringenden Regierungs-Geschäfte besorgt, und bei der ernsten Zeit des Vaterlandes die Verpflichtungen der provisorischen Central— gewalt in ihrem vollen Umfange erfüllt werden, sich am 17. Septem— ber 1848 bereit erklärt, alle Geschäfte mit voller Verantwortlichkeit so lange fortzuführen, bis das neue Ministerium gebildet sein wird, was, wie sie erwarten, in kürzester Zeit der Fall sein dürfte. Uebri— gens hat der Reichsverweser die Leitung der auswärtigen Angelegen— heiten dem interimistischen Reichsminister des Innern, jene der Fi— nanzen dem interimistischen Reichsminister des Handels übertragen.“

Frankfurt a. M., 19. Scpt. Die O. P. A. Z. enthält über die Ereignisse am 18ten nachfolgende verschiedene Berichte:

„Es ist noch nicht möglich, die traurigen und schmerzlichen E— eignisse, welche den gest igen Tag ausfüllten, aneinander zu reihen und ein vollständiges Beld derselben zu geben. Einzelnes tritt her— vor in Erscheinungen, die theils wahrhaft erhaben, theils überraschend, zuweilen schrecklich sind. Das Nachstehende ist meist ein aus eige— ner Anschauung hervorgegangenes Bild, oder es gründet sich auf Erzählungen, die vollständig authentisch sind. Erhaben müssen wir die Ruhe nennen, mit welcher die National-Versammlung ihre Bera— thungen fortsetzt, während ein Sturm gegen die Thüre der Paule— kirche gerichtet war, und hier zeigte sich Herr von Gagern ganz in seiner ernsten Größe. Und doch handelte es sich, wie die nach—⸗ solgenden Scenen es ergaben, wie es sich mehr und mehr durch die Aussagen der Gefangenen bestätigt, um das Leben oder die Freiheit der Majoritär. Eine Aufhellung dieser Verhältnisse wird Deutschland einen einsten Aufschluß über die Zwecke einer Par— tei geben, die hier das äußerste Ziel zu erreichen hoffte. Ueber⸗ raschend war in den Vormittage stunden die Ruhe und Besonnenheit der österreichischen und preußischen Truppen. Letztere stürmten auf dem Römerberge fünf Barrikaden hintereinander, ohne einen Schuß zu thun; mehrere preußische Soldaten erhielten hierbei Verwundun— gen durch Steine. In der Mitte dieser Truppen befanden sich meh— rere preußische Offiziere der Nationalversammlung in bürgerlicher Kleidung, welche beruhigend auf die Soldaten zu wirken bemüht wa— ren und den Gebrauch der Schußwaffen zu hindern suchten; die preu— ßischen Offfziere, welche die Truppen führten, zeigten die besonnenste Haltung, und unverkennbar wollte man nur dann den Kampf ernstli⸗ cher aufnehmen, wenn dies unvermeidlich geworden war. Dieser Zustand trat nach 1 Uhr ein, und es wurde von beiden Seiten mit einer Heftigkeit, welche man mit dem Namen „Wuth“ belegen dürfte, gekämpft. Zahlreiche Opfer sind auf beiden Seiten gefallen, und viel Blut ist geflossen. Im Laufe des Nach— mittags wurde der Zustand der Stadt ven Minute zu Minute ge⸗ fahrvoller. Mehrere Deputationen der linken Seite verlangten die Einstellung des Kampfes, doch stets unter der Bedingung, daß die Truppen aus der Stadt gezogen würden und man vollständige Am— nestie bewillige. Das Ministerium forderte dagegen von den Führern der kämpfenden Volksmassen, daß diese Letzteren sofort die Waffen niederlegten; dann wolle man weiter unterhandeln. Um 47 Uhr ent— schloß sich das Ministerium, bis 57 Uhr eine Waffenruhe zu bewilli⸗ gen, welche über die Möglichkeit, den Frieden herzustellen, entscheiden sollte. Jeder Versuch mißlang, und um 53 Uhr begann der Kampf mit verdoppelter Wuth von neuem. Da es den Volksmassen gilun⸗ gen war, einzelne Häuser zu besetzen, so entspann sich ein harknäcki— ger, äußerst gefährlicher Straßenkampf, und das Schicksal der Stadt Frankfurt war kaum zweifelhaft, wenn die Truppen besiegt worden wären. Bei diesem Kampfe leisteten die preußischen Majore von Deetz und von Boddien die von jeder Seite anerkanntesten Dienste, und die Mitglieder der Linken geben ihnen selbst das Zeugniß, daß sie in das dichteste Feuer muthig gegangen, als es galt, die Strei⸗ tenden augenblicklich zu trennen. Etwa um diese Zeit gelangte die Nachricht in die Stadt, daß General von Auerswald? und? Fürst Lichnowsky von heranziehenden Schaaren vor der Stadt gefangen seien, und daß nur die eiligste Hülfe sie retten könne. Major Deetz eilte mit einer Compagnie Jufanterie in die Gegend, wo nach den erhaltenen Nachrichten jene Männer weilen mußten; leider langte er daselbst zu spit an. Denn bald fand er den Fürsten Lichnowsky furchtbar verstümmelt in seinem Blute schwimmend. Man hatte jenen unglücklichen Mann im eigentlichen Sinne des Wortes zerfleischt und ihm die Glieder mit Knütteln zerschlagen; wie die Augenzeugen an— geben, hatte er erst, nachdem er bereits niedergestreckt auf der Erde lag, den tödtlichen Schuß in den Leib empfangen. Als die leider zu späͤte Hülfe kam, erwachte Fürst Lichnomsly aus seiner Betäubung, und das Wiedersehen und der bald darauf erfolgte Abschied dieser beiden Männer von einander soll erschütternd gewesen sein. Herr von Bethmann hat den schwer Verwundeten mit edler Gastfreund— lichkeit bei sich aufgenommen und ihn liebevoll gepflegt, bis Nachts 11 Uhr Fürst Lichnon sfy verschied. Die Leiche des Generals von Auerswald wurte erst gegen 11 Uhr aufgefunden und zur Stadt gebracht. Ein Sensenhieb in den Kopf war ihm tödtlich gewesen; zahllose andere Wunden' bedeckten den Leib des ehrenwerthen? lan? nes, dessen Herz wahrhaft für das Volkswohl schlug. Der Kampf 7 in den Straßen sortgesetzt, und Major von Bobdien führte

mmer zuströmenden Trußpen in das Gefecht, indem er sich zu Pferde an die Spitze der einzelnen Kolonnen setzte. Es gelang, eine Barrikade nach der anderen zu nehmen, und alle ins Gefecht gezo⸗

genen Truppen zeigten bie gleiche beharrliche Tapferkeit. Wie groß die Gefahr für Frankfurt war, dies nachzuweisen, soll einem ferneren Artikel vorbehalten bleiben, wenn die zahlreichen Beweise aktenmäßig festgestellt sind. Dank gebührt den tapferen Truppen, die nicht nur muthig zum Kampfe gingen, sondern auch jeden Exzeß vermieden, wie sie sonst bei Gelegenheiten dieser Art vorkommen.“

Die schlimmste unserer Befürchtungen ist eingetreten. Der Volke⸗ Versammlung auf der Pfingstweide folgte der Kampf in den Straßen Frankfurts. Die Volksredner, unter denen wir leider! auch Mitglieder der äußersten Linken der National⸗Versammlung erblicken mußten, hatten das vorhergesagt. Nicht aufgefordert haben sie dazu, sondern nur ausgeführt, was nach dem Verrath, den die Majorität der Na— tional -Versammlung, die für Aufrechthaltung des Waffenstillstandes mit Dänemark gestinimt hatte, an der deutschen Nation begangen 166 sontz⸗ kommen müsse. Es könne nicht anders sein; die National- Versammlung müsse von dem empörten Volke gesprengt und ein Kenvent, von dem selbst in der Paulekirche die Rede war, an ihre Stelle gesetzt werden. Was nuch dem Konvent kommen sollte, konnte Jeder sich wohl sagen. Vor diesem größten alles Un⸗ glücks hat uns die Voraussicht des Reichs verwesers, den' Muth a ne Entschlossenheit der hierher beorderten Truppen und die Energie ihrer Führer bewahrt. Dank ihnen, nicht allein im Namen der hiesigen Stadt, sondern im Namen des ganzen deutschen Vaterlandes. Durch sie ist die Freiheit der Berathungen der National-Versammlung und mit ihr die Freiheit Deutschlands gerettet worden. Nunmehr erst werden wir erfahren, was das wahre ächte deutsche Volk wollte, als es in die März-Revolution mit einstimmtke. Wir überlassen Anderen die Beschreibung des Kampfes in der hiesigen Stadt, deren enge Straßen den Feinden der Freiheit einen Kampfplatz darboten, wie Paris ihn kaum günstiger aufzuweisen hat. Beklagen müssen wir aber die unschuldigen Opfer, die in diesem frevelhasten Bürgerkriege gefallen sind; beklagen die tapferen Soldaten, die ihr Blut für das Gesetz und die Ordnung vergossen. Aber welchen Ausdruck sollen wir finden für das schauderhafte Ende eines der ausgezeichnetsten Mitglieder der Nitional⸗Versammlung, des Fürsten Lichnowsky, der durch den Freimuth seiner Rede, durch seinen ritterlichen, keine Furcht kennenden Sinn, durch seinen schlagenden Witz, sich Feinde geschaffen, die er leider zu sehr verachtete, um sie zu fürchten, und vor denen er sich daher auch nicht zu schützen vermochte. Die Oes⸗ fentlichkeit war sein Element; sie war der Born, aus dem er trank; in diesen hatten seine Gegner das Gift gelegt, das hn verzehrte. Und nun vollends das Loos des erlen von Auerswald. Er, der kein anderes Wort als zur Versöhnung hatte, er, der durch und durch deutsch und patriotisch gesintt war, er, der Gerechtigkeit für Alle verlangte und jedes Verhältniß schonen wollte. Auch ihn mußte der Haß einer entfesselten Menge treffen. Wir zweifeln nicht, daß die Centralgewalt der Wiederkehr solchen Unheils mit aller Kraft be— gegnen und dadurch das Beispiel für alle Regierungen geben werte, wie die Freiheit zu erhalten und zu schützen ist. Vadurch wird sie sich ein Verdienst um Deutschland erwerben, das unvergänglich sein wird, wie die nationale Verfassung, die wir trotz aller Stürme zu begründen hoffen.“ ;

Die traurigen Ereignisse von gestern werden den ungeheuersten Eindruck, die veischiedenartigsten Urtheile, und vor allem gegenseitige Beschuldigungen der äußersten Parteien hervorrufen. Es ist also eine Pflicht der Presse, und ganz besonders der frankfurter, dazu beit zutragen, daß das Urtheil über diese betrügenden Voerfãlle so viel als möglich vereinfacht und durch Beschwichtigung und Beseitigung der Leidenschaften, aus denen jene hervorgingen, weiteren nachthei— ligen Folgen so viel als möglich vorgebeugt werde. Zu dem Zwecke scheint uns vor Allem nöthig, daß die Untersuchung nicht nur gegen die Theilnehmer am gestrigen Aufstand, sondern auch gegen diejenigen eingeleitet werde, welche wir vorgestern auf der Psingstweide offen zum Barrikadenkampfe auffordern hörten, an dem sie doch selber nicht Theil nehmen wollten. Nur hierdurch wird eine für die Stadt Frankfurt wie für die National!-Ver— sammlung gleich wünschenswerthe baldige Aufhebung des Belage rungszustandes möglich werden, denn wir hoffen, daß die Aufforderungen, welche aus der Rechten nicht' ausbleiben wer den, die National-Versammlung von Frankfurt zu verlegen, ohne Wirkung bleiben. Es wäre thöricht, in so einsten Augenblicken eine Wahrheit zurückzuhalten oder zu behaupten, daß politische Mäßigung und Einsicht hier zugenommen hätten, aber man kann und darf eben so wenig verschweigen, und hiermit gehen wir auf die Verschuldun— gen an den gestrigen Ereignissen ein, welche Jeder mit seinem Ge— wissen auszumachen hat, daß die National-Versammlung durch viele ihrer Verhandlungen, ganz besonders aber durch die über den mal möer Waffenstellstands⸗-Vertrag nicht wenig zur Verwirrung der Ge— müther beigetragen hat. Sie machte von einer Frage, welche doch auch für den Gegner des Waffenstillstandes nicht so klar sein konnte daß sie ihm keine Zweisel gelassen hätte, das Sein oder Nichtsein de Vaterlandes abhängig; die Majorität vom 5ten, die Minorstät 16ten wurden durch die Aufklärungen, welche zwischen diese beide Termine fielen, nicht von voreiligen Ansichten zurückgebracht, sondern in eine immer gesteigerte Leidenschaft versetzt, und phrasenreiche, aber gedankenarme Reden junger, mit formellem Takte ohne inneren Ge— halt begabter Abgeordneten, heftige, in Stimme und Gebärde starke Declamationen Anderer, mußten endlich im Bunde mit eigensinnigen Autoritäten den Sieg über Vernunft und gesunden Verstand davon tragen, und Mitglieder der äußersten Linken zuversichtlich genug ma— chen, um zum letzten Wagniß aufzufordern. Hoffen wir, daß der gestrige Tag ein Wendepankt für die Haltung der Natienal-Ver— sammlung und damit des Volkes werde, denn er hat uns überzeugt, daß die eine von der anderen abhäugt, daß es also bei der National— Versammlung steht, Deutschland zu erretten oder zu verderben. Wir richten unsere Vorwürfe aber nicht nur gegen die Linke und vor Allem gegen das linke Centrum, sondern auch gegen die Rechte, und be dauern, daß unter ihr Männer von großem Talente und der ehren werthesten Gesing ung am 16ten ihre Stimme dem Franteschen An⸗ trage nicht gaben, denn, wäre dieser Antrag mit größerer Majorität durchgegangen, so würde er auch von größerem moralischen Gewichte gewesen sein.

6 Uhr Abends. So eben sind zwischen 30 und 40 Gefan— gene, Theilnehmer der geslrigen Ereignisse, unter scharfer Bed ckung zur Taunus-Eisenbahn gebracht worden, um auf derselben nach Mainz Fort Hartenberg) iraneportirt zu, werden. Sie wurden von Der Hauptwache abgeführt, wo ein ständisches Kriegsgencht scinen Sitz hat.

d Si

Die O. P. A. Z. enthält nachstehen de Berichtigung. „Aus amtlicher Quelle können wir die im Finn, k furter Journal gege⸗ bene Nachricht, wonach aus einem Miß verstãudnisse von Seiten der Preußen in der Dämmerung gegen smnen ausgestellten osterreichischen Posten Feuer soll gegeben worden sein, als unrichtig erklären.“ Frankfurt a. M, 20 Steht. Seit heute früh sind sämmtliche Thorc unserer Stadt wieder geöffnet, und es stellt sich dem freien Verkehr durchaus kein Hinderniz mehr entgegen. Die Messe nimmt ungestört und mit erneuerter Deb haltig eit gien Fortgang. Die Zu= fuhr von außen und die kommerzielle Bewegung im Innern sind

gleichmäßig sehr stark.

Preußen. Berlin, 22. Sept. Aus der heutigen Sitzung der National⸗Versammlung theilen wir das nachstehende Programm des neuen Ministeriums mit: .

Wir treten vor diese hohe Versammlung mit der Ver⸗ sicherung, daß, indem wir dem Rufe Sr. Majestät des Königs solgten und die uns angebotenen Stellen einnahmen, wir fest entschlossen sind, auf dem betretenen constitutionellen Wege fortzuschreiten. Wir wollen die dem preußischen Volke gewährten Freiheiten kräftig wahren und reactionaire Bestrebungen mit aller Macht unseres Amtes zurückweisen. Insonderheit werden wic in allen. Zweigen des öffentlichen Dienstes, im Civil und im Mi⸗ litair, für die strengste Befolgung dieser Grundsätze ernste Sorge tragen. Die Verfassung, welche diese hohe Ver sammlung mit der Krone zu vereinbaren im Begriff steht, wird, wie wir hoffen, die Bürgschaft in sich tragen, daß das preußische Volk in der innigsten Vereinigung mit der ganzen deutschen Nation, ein⸗ trächtig und stark, frei und geordnet in ungehemmter Entfaltung aller seiner Kräfte und Gaben, mit sicherem Schritte einer großen Zukunft entgegengehen und seinen weltgeschichtlichen Beruf erfüllen werde.

Dieser freien Entwickelung mit ganzer Seele zugewendet, werden wir nicht vergessen, daß es die Pflicht einer jeden Regierung ist, den Ausbrüchen der Anarchie und Ungesetzlichkeit zu steuern, eine Pflicht, deren strenge Erfüllung vom ganzen Lande gefordert wird, in der Ueberzeugung, daß die wahre Freiheit nur in der gesetzlichen rdnung gedeiht und mit ihr die Gewerbthätigkeit der Bürger, r Ackerbau, der Handel und die Industrie. Lassen Sie uns be— ken, daß wir dem Winter mit seinen Bedrängnissen entgegengehen.

die Zet vorrückt, desto dringender fritt die Nothwendig⸗—

O X de L

die die Verfassunge-Urkunde, nach dem sehnlichen Verlan— es Volkes, festzustellen.

werden auf die Beschleunigung derseiben, so weit es in

unserer Macht steht, hinwirken, und zu dem Ende, neben der Bera—

thung des Bürgerwehr -Gesetzes und der Gemeinde -Ordnung, die

Vorlegung des Entwurfs der Kreis- und Bezirke-Ordnung nach Mög— lichkeit beschleunigen.

Wie die Rechte und die Freiheit des Volkes, eben so werden wir auch die Rechte und die Würde der Krone stets hoch und heilig halten und mit gleicher Kraft vertheidigen. Pflichtmäßig werden wir Ihnen, meine Herren, der Vertretung unseres Volke, über unsere Verwaltung Auskunft geben und den in Beziehung auf dieselbe von Ihnen geäußerten Wünschen sauldige Rechnung tragen. Eben so erkennen wir es aber für unsere Pflicht, auch dabei die Rechte der Krone, als der einzigen Trägerin der ausübenden Gewalt, gewissenhaft zu wahren.

Wir treten unser schweres Amt, das wir im vollen Bewußtsein der damit verknüpften Verantwortlichkeit übernommen haben, mit der Hoffnung und dem Vertrauen an, daß die Größe der gemeinschaft— lichen Aufgabe und eine gleiche vaterländische Begeisterung uns in illen wesentlichen Punkten einig machen werde.

(gez) von Pfuel.

Oesterreich. Wien, 19. Sept., Nachmittags. (Bresl. Zig.) Der Reichstag hat die ungarssche Reichstage-Deputation nicht n corpore empfangen, sondern igre Adresse entgegengenommen.

Schleswig⸗Holstein. Kiel, 19. Sept. (Alt. Merk.) Der Antrag von Th. Olshausen, daß die Landes⸗-Versammlung dem Prinzen von Augustenburg unter dankender Anerkennung seiner der Landessache geleisteten Dienste ihre Zustimmung zu seinem Aus⸗ tritt aus der provisorischen Regierung erklären möge, wurde in der heutigen Sitzung im Sinne des Antragstellers erledigt. Weiter kam die Motivrung des Antrages von Dr. Meier aus Hadersleben vor, baß dem Treiben der dänischen Propaganda energisch entgegengetre= n werde, an welchen zugleich Vorschläge wegen Errichtung einer Hendarmerie in Nordschleswig, Hebung der Kriegssteuern daselbst, Einbernfung von Rekruten zur Armee sich knüpften. Es wurde ein Comité von 5 M etgliedern zur Berichterstattung gewählt. Th. Sls— hausen stellte den Antrag auf Niedersetzung eines Comité's zur Ueberwachung der Waffenstillstands⸗-Angelegenheit, wobei auch die während der Sitzung eingetroffene Nachricht über die Genehmigung des Stillstandes in Frankfurt zur Sprache kam, ohne daß jedoch die Versammlung sogleich schon näher darauf eingegangen wäre. Der Antrag von Th. Olshausen wird morgen wieder vorkoẽmmen.

Altona, 18. Sept. (Alt. Merk.) Es ist hier jetzt Stille in den Straßen eingetreten. Bis auf die hierbleibende Compagnie Württemberger und den Generalstab ꝛc., der uns heute und morgen verläßt, liegt kein Militair mehr hier. Auch die auf hamburger Ge— biet untergebrachten Hessen-Darmstädter, Badener und Nassauer, die sich nach und nach kompletirt haben, gehen in diesen Tagen über die Elbe, nachdem noch Inspections-Revüen über dieselben gehalten. Heute Morgen sind berei's die Hessen-Darmstädter abgezogen, und äber die stattlichen badischen Bataillone wurde auf dem Heiligengeist— Felde Musterung gehalten, wobei man den Prinzen Friedrich bemerkte. Andere Truppen-Abtheilungen, namentlich auch Kavallerie, sind über die Gränze gezogen. r

Die Soldaten des nassauer zweiten Regiments leichten Batail— lons haben nachstehende Danksagung an die Bewohner Altona's in den Alt. Merkur einrücken lassen:

„An die treuen Bürger in Altona.“

„Wir Nassauer können es nicht über uns bringen, unseren Dank gegen die gütige Aufnahme zurückzuhalten, sondern wir fühlen uns gedrungen, unseren größten Dank für die schönen Quartiere und Aufwartung auch öf— fentlich auszusprechen. Denn wir müssen alle von Herzen gestehen, daß wir nie auf unserer Reise solche brave Leute und schöne Aufnahme gefunden haben, als wie in Altona. Darum versprechen wir Ihnen, sollten Sie wie⸗ der in einen Fall kommen, wo wir Ihnen zu Hülfe eilen müßten, so werden wir mit Freuden sür Sie streiten uͤnd kostete es unseren letzten Tropfen Blut. Denn nur dadurch denken wir es wieder gut zu machen, was Sie an uns geihan haben.

Die Soldaten des zweiten Regiments leichten Bataillons.“

Außerdem bringen zwei Nassauer in demselben Blatte noch be— sonders ihren Dank einer Fleischer-Familie dar, „denn“, so schließt bie Tanksagung, „als ihre Kinder nahmen sie uns auf und als ihre Kinder sagen wir auch ihnen unstren herzlichsten Dank.“

Viss land.

Frankreich. National-Versammlung. Sitzung vom 18. September. Marrast eröffnet Mittags 123 uͤhr die Sitzung. Jagessrdnung: Verfassungs-Debatte. Francis que Bouvet, zum Vice Präsidenten des kosmopolitischen Kongresses in Brüssel erwählt, bittet um Urlaub. Er erhält ihn. Lamoricière, Kriegs-Mini⸗ ler, ersucht die Versammlung, seinen Auswanderungsplan fur 15.000 Familien (bh) Köpfe) nach Algerien für morgen auf die Tages- ordunng zu setzen. (Ven allen Bänken: Auf Freitag, Freitag!) Der Minister dringt auf Eil. Die Versammlung nimmt die Verfas= sungs- Debatte beim Artikel 5 wieder auf, bei dem sie am Freitag stehen blieb. Derselbe lautet: „Die Todesstrafe ist in politischen

751

Dingen abgeschafft.“ Pfarrer Co guercl möchte die Worte „in po- sstischen Dingen“ gestrichen und die Todesstrafe im Allgemeinen ab⸗ geschafft wissen. Bu vignier tritt dem Antrage Coquerel's bei. Die suridischen Bedenken des letzten Redners, Aplies, und seine Theorie von Einschüchterungssostem seien Ueberbleibsel einer barbarischen Vor⸗=

zeit; man müsse den Verbrecher anders als durch Furcht vor Henker

und' Schaffot zu bessern suchen. Die Aufgabe der Cioilisation ei es,

dem Verbrechen eher vorzubeugen, als über die verschiedenen Straf⸗

arten die Zeit mit Die kusstonen zu verlieren. Seine Rede machte Ein⸗

druck. Em il Leroux bekämpft Coquerel. Vie Gesellschaft sei bei

Weitem noch nicht vorgerückt genug, um das Schaffot für gemeine Ver=

brechen zu entbehren. Für politische will er das Dekret der provisorischen

Regierung aufrecht erhalten. Der Redner weist nach, daß man nicht

im republikanischen Jahr IV von Abschaffung der, Tedesstrafe ge—

träumt habe, man habe dekretirt, sie nach dem Kriege abzuschaffen,

allein der Krieg habe sich in die Länge gerogen, und im Jahre X

habe man die Todesstrafe geradezu wire der dekretirt. „Was wollt

Ihr an die Stelle des Schaffots setzen? mut der Redner. „Die

Deportation! Das wäre gerade das wahre Mittel, um das Verbre⸗

chen zu ermuthigen. Die Auesicht auf ein grünes Eiland fehlte noch

unseren Bösewichtern!“ (Murren zur Linken und Ruf zum Schluß.

Der Debattenschluß wird ausgesprochen und Coquerel s Antrag mit

198 gegen 216 Stimmen verworfen. Der triegs - Minister Lam o⸗

ricidre besteigt die Tribüne von neuem, um die Versammlung zu

beschwören, seinen Auswanderungeplan morgen zu berathen. Die

Versammlung beschließt nun, den Plan morgen schon zu diskutiren.

Armand Marrast: Wir kehren nun zum Artikel 5 zurück, zu

welchem Noirot den Zusatz stellt: „auch die entehrenden Strafen in

politischen Prozessen abzuschaffen.“ Woirh ape bekämpft diesen Zu-

satz im Namen des Ausschusses. Ginge solch ein Zusatz durch, dann

wären der Verschwörungssucht ja alle Thüren und Riegel geöffnet.

Dagegen müsse jeder rechtschaffene Mann Kotestiren. Ter Zusatz

wird mit sehr großer Mehrheits verworfen. T elludre, Isambert,

Sibour und Allard beantragen noch mehrere Zusätze, als: „be—

leidigte Nation“, „Revision des Strafgesetzes in 10 Jahren“ u. s. w.,

die aber Vivien bekämpft und welche durchfallen. Artikel 5 wird

in seiner ursprünghichen Fassung endlich angenommen. Tavier Dur—

rien will die Todesstrafe noch für einige Fälle abgeschafft wissen.

Sein Antrag wird an die Ausschüsse gewiesen. Artikel 6. Sklaverei⸗

Abschaffung. Einstimmig angenommen. Artikel 7. Religionssreiheit.

Dieser Artikel giebt zu heftiger Diskusston Veranlassung. Er lautet:

Artikel 7. Jeder bekennt frei seine Religion und empfängt vom Staat für Au übung seines Kaltus gleichen Schutz u. s. w. Pierre Le—

rouxr will von keiner Staats-Religion etwas wissen. Coquenel

bekämpft einige Ausdrücke des kommunistischen Philosophen. Es solle

ja keine offizielle Religion gewährleistet werden. Bourzat stellt inen langen Antrag rücksichtlich der Besoldung der Geistlichkeit, Ko⸗

sten des Gottesdienstes u. s. w. Lavallse stellt den Antrag, Nie⸗

mand dürfe gezwungen werden, für die Nultus⸗ Kosten irgend welche Steuern zu zahlen. Die Republik bezahlt keine Geistlichen. Bu⸗ vignier stellt einen ähnlichen Antrag. Alle diese Anträge werden verworfen. Artikel 7 wird angenommen. Artikel 8 handelt von der Presse und dem Vereinsrecht. Er lautet: „Die Bürger ha⸗— ben das Recht, zu Vereinen zusammenzutreten, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, zu petitioniren und ihre Gedanken durch die Presse oder sonstwie zu äußern. Die Ausübung dieses Rechts hat keine anderen Gränzen als die Achtung vor dem Recht Anderer und der öffentlichen Sicherheit. Die Presse darf in keinem Fall wieder unter Censur gestellt werden.“ Graf Montalembert schlägt hinter dem Worte „petitioniren“ den Zusatz „und zu unterrichten“ vor. Der Antragsteller breitet mehrere Hefte vor sich aus und hält einen Vor= trag von zwei Stunden. Er will Unterrichts-Freiheit. Das Volk hat Hunger, sagt Ihr (zum Berge gewendet); gut, gebt ihm Nah⸗ rung aber kein Gift.“ Schlechte Journale und Bücher seien Gift. (Lärm.) Das Volk lese Proudhonsche Bücher, aus denen es Gift schöpfe. (Lärm.) Die Gedanken des Volkes ließen sich in zwei Worte zusammenfassen: Genießen und Verachten. Die Arbei solle keine Mühe, feine Strafe mehr sein, sondern Genuß. (Flocon unter— bricht heftig und spricht gegen diese Definition.. Das allgemeine Stimmrecht reiche nicht aus, die Regierung müsse fester, das Volk moralisirt werden. Es werde ihm Verachtung eingeflößt gegen alles

Bestehende. Um 6 Uhr wird die Debatte auf morgen verschoben,

und die Versammlung geht auseinander.

Paris, 19. Sept. Der Wahlakt ist vorüber. Gestern Abend 9 Uhr wurden die sämmtlichen Listen geschlossen und heute werden die Stimmen gezählt. Vor 4 Uhr dürfte jedoch schwer— lich ein Resultat bekannt werden. Man zweiselt nicht, daß Louis Bonaparte und Cabet eine bedeutende Mehrheit für sich haben. Es geht das Gerücht, Louis Bonaparte sei in Boulogne eingetroffen und habe eine Proclamation erlassen, worin er anzeige, daß er nicht als Prätendent, sondern nur als Volksvertreter komme. Es haben keine Ruhestörungen bei dem Wahlakt stattgefunden. Klubs und Straßen waren zwar bis tief in die Nacht überfüllt, allein zu Un— ruhen kam es nicht. Nur auf dem Platze Chatelet, nächst dem Stadthause, hatten sich Arbeiter in Masse versammelt; sie wurden von den Patrouillen auseinandergetrieben. In dem Faubourg St. Marceau hat sich bei weitem geringere Theilnahme für die Wahlen gezeigt, als im Faubourg St. Antoine. Nach dem Journal des Débats haben unter den bei der Alpen-Armee befindlichen Ange— hörigen des Seine-Departemenis über 60909 für Bugeaud gestimmt; auf Roger kamen 1405, auf Fould 3190, auf Adam 2400 Stimmen.

Großbritanien und Irland. London, 18. Sept. Aus Balmora! wird unterm 15ten berichtet, daß Sir G. Grey abge⸗ reist war und Lord J. Russell Abends erwartet wurt e. Die Königin und Prinz Albert hatten Tags zuvor einer großen Musterung der bochländischen Clans zu Invércauld, so wie den Spielen und Uebun⸗ gen der Hochländer beigewohnt.

Lord Palmerston unterhandelt nach der United Service Gaz. gegenwärtig mit der brasilianischen Regierung über einen neuen Ver— trag, der eine wirksamere Unterdrückung des Sklavenhandels be wecken soll. Er hat vorgeschlagen, daß die brasilianischen Unterthanen, welche über dem Transporte afrikanischer Neger zu Sklaverei: wecken betroffen und gefangen genommen werden, den brasilianischen Behör— den ausgeliefert, von ihren eigenen Gerichtshöfen abgeurtheilt und, wenn ihre Schuld erwiesen ist, nach den Landesgesetzen bestraft wer⸗ den sollen. Commodore Hotham, der Ober⸗Befehlshaber unseres Küsten⸗-Geschwaders an der Westküste von Afrika, soll bei der hie⸗ sigen Regierung Klagen über das Verfahren des französischen Ge— schwaders eingereicht und sich dabei auf mehrere bei Nurez und an anderen Küstenpunkten stattgehabte Vorfälle bezogen haben.

Der Erpreß meidet, daß in Folge der ersten über den neuen Aufstande-Versuch in Irland an die Regierung gelangten Berichte sofort nach Woolwich und Chatham der Befehl ergangen sei, Trup- pen zur Einschiffung nach Irland bereit zu halten; ähnlsche Weisun- gen habe man in Bezug auf alle verfügbaren Marine Soldaten auch nach Portsmouth und Plymouth abgeschickt. Bei der jeßigen verän⸗ derten Sachlage in Irland wird die wirkliche Absendung dieser Trup-= pen wohl unterbleiben.

Italien. Neapel, 5. Sept. (D. A. 3.) Bald nach Mit- tag durchzogen heute Haufen von Lazzaroni, schlechten Weibsbildern, Hassenjungen, der Abschaum des Pöbels, geführt von Bedient en in igucher Livree, von Priestern und anderen verkleideten Lenkern, die Hauptstraßen mit weißen Fahnen und Tüchern und wildem Ge⸗ schrei: Es lebe der König!“ Wer ihnen in den Weg kam, wurde unter Mißhandlung zum gleichen Rufe gezwungen. Polizei und Mi⸗ litair, weit entfernt, das Volk zu zerstreuen, ließen geschehen und halfen. Jene Lazzaroni waren hauptsächlich aus dem zunächst an den Königlichen Palast stoßenden Quartier von Santa Lucia und Chigja hergezogen. Nun aber brachen aus anderen, schon seit längerer Zeit als constitutic nell gerühmten Vierteln Massen anderer Lazzaroni mit Trikolorfahnen und „Es lebe die Constitution!“ schreiend, auf jene los. Im Teledo und den oberhalb liegenden Straßen und Plätzen kam es zum Handgemenge; nun erst schritten auch Polizei und Trup⸗ pen ein, um die Constitutionellen zurückzutreiben; auf beiden Seiten gab es Todte und Verwundete, denn die Truppen brauchten ihre Waffen, Gewehr und Säbel, die Lazzaroni die ihrigen, einen Hagel don Steinen, Messer, Dolche und Prügel. Erst jetzt, nachdem die Nacht eingebrochen, ist die Ruhe hergestellt, die Toledostraße aber ist verödet, wie in der Nacht des 15. Mai, Läden, Thüren und Fenster verschlossen; nur der Hufsschlag der Pferde, der Tritt der in Massen e, Truppen läßt sich vernehmen; der Schloßplatz ist ab⸗ gesperrt.

6. Sept. Der Himmel weiß, was wieder geschehen soll, Toledo, mit Truppen besetzt, gleicht einem Feldlager; bas ganze Quartier oberhalb Toledo, Sitz der sogenannten constitutionellen Laz= zari, ist abgesperrt; wer daher kommt, selbst Weiber, werden bruta⸗ ler Durchsuchung unterworfen, nach verborgenen Waffen. Das ganze Quartier, Pöbel und Galantuomo ohne Unterschied, wird . Heute brachen die Soldaten, zum Theil um 2 und 3 Uhr nach Mit⸗ ternacht, in die Wohnungen ein, über Terrassen, durch Fenster oder eingeschlagene Thüren, wie es ihnen bequem war, unter dem Vor⸗ wand, nach Waffen zu suchen. Verhaftungen in Masse werden vor⸗ genommen, aber nur unter den lib ralen Lazzari. Bie Polizei hat die Druckereien sämmtlicher ihr ansteßigen liberalen Blätter auf einige Tage, wie sie sagt, geschlossen. Die Staats-Zeitung aber, da⸗ durch allein Herrin auf dem Felde der Berichterstattung, bringt heute Abend eine so unverschämt falsche und entstellte Schilderung, daß man meinen könnte, wir seien in die Zeiten vor dem 20. Januar zurückgekehrt. ;

7. Sept. Die Aufregung und Erbitterung gegen die Militair⸗ herrschaft ist groß. Im Volke gährt es bedeutend. Die Lazzari fast aller Quartiere haben sich nun, so heißt es, auf einmal auf die Seite der Constitutionellen gewendet. Zwischen ihnen und den Truppen bat es heute wieder mehr als einen Zusammenstoß gegeben. Die Staatszeitung bringt die Entlassung der beiden Häupter der Polizei; eben so tritt der einst angebetete, nun so verhaßte Bozzelli vom Mi⸗ nisterium des Innern zurück und übernimmt das des Unterrichts. Der Minister des Innern aus den absolutistischen Zeiten, Sant Angelo, ist aus Malta, wohin er seiner Zeit sich geflüchtet, zurück. Von dem auf morgen fallenden Fest der Madonna de Piedigrotta, dem Hauptfest der Neapolitaner, ist natürlich keine Rede. Der König wagt es nicht, sich in der Stadt zu zeigen, und die Soldaten haben Anderes zu thun als Parade zu machen. .

8. Sept. Heute wurde solgende telegraphische Depesche ver— öffentlicht. Neapel, 8. Sept., 16 Uhr Nachmittags. Messina, 7. Sept., 5 Ur Nachmittags. Der General Filangieri in Messina an den Minister des Kriegs und der Marine: „Messina kehrt zum Gehorsam gegen seinen legitimen Souverain zurück. Eine verzweif⸗ lungsvolle Vertheidigung von zwei Tagen ist für den bewunderungs⸗ würdigen Muth der Könige truppen kein Hinderniß gewesen, welche unter dem Rufe: „Es lebe der König,“ die größten Schwierigkei⸗ ten überwunden haben. ö .

S8. Sept., 65 Uhr Abends. Telegraphische Botschaft: Mes⸗ sing. 8. Sept. 2 Uhr Nachmittags. Der General Filangieri in Messina an den Minister des Kriegs und der Marine: Alle Kanonier⸗ böte der Sicilianer bis auf zwei, die verfolgt worden, sind genommen. Alle Forts, den Faro inbegriffen, sind besetzt. Die Entwaffnung dauert fort.

Turin, 12. Sept. (A. 3.) Aus guter Quelle wissen wir, daß der russische Gesandte vor seiner Abreise von hier dem König Karl Albert eine Erklärung der Motive seiner Entfernung übergab, welche die Gesinnungen seines Hofes auf die unzweideutigste Weise ausspricht. Es ist merkwürdig, daß von allen mit Desterreich befreun— deten Kabinetten nur das russische diesen entschiedenen Schritt gethan und jegliche Verbindung mit dem Hofe von Turin abgebrochen hat. Das sammiliche Personal der russischen Gesandtschaft ist abgereist und die von Zeit zu Zeit hier durchpassirenden Russen erhalten nicht ein⸗ mal das Visa ihrer Pässe.

Bis gestern Mittag sind an der asiatischen Cholera als erkrankt angemeldet 1523 Personen, Zugang von gestern bis heute Mittag 31. Zusammen 1554. Davon . gestorben 917, genesen 243, in ärztlicher Behandlung 394.

Berlin, den 22. September 1848.

Königliches Polizei⸗Präsidium.

AMleteorologische Geobachtungen.

1848. Morgens Nechmittass Akkeads 21 Sept. 6 Uhr. 2 Uhr. 10 uhr.

Nach einmalige neobaehtung.

S3 ,86 Per. 337 S3 Fe 3388. 1 Far. uen w St 7,9? R.

T 4 o R. Æ 11.4 n. 4 5,9 R. FlassSrα G2“ n. Thaupunkt 6 . R. * 9,3? R. 4 0 2* R. Boden ;rnrme Dunstsattiuug. 8e, 39 pet. 55 pCt. Aus duns tung

Werler heiter. beiter beiter Sie dersehlas

ö XN. N. RX. Warme = e ehbsel 4 11,37

Wolkeunz us. N. 4, 1* Tagesmittel: 337,94“ Per... 7,47 R... 4 Gz n

Luft ruck

l. aft w n rme

Känigliche Schauspiele.

Sonnabend, 23. Sept. Im Schauspielhause. 155ste Abonne⸗ ments - Vorstellung: Alles für Andere! Original -Lustspiel in 1 Akt, von Ch. Birch Pfeiffer. Hierauf: Herrmann und Dorothea, idolli-= sches Familiengemälde in 4 Abth., nach Götbe's Gedicht, von Dr. C. Töpfer. (Herr Jerrmann: Den alten Feldern, als letzte Gast- rolle Anfang halb 7 Uhr.

a,,. 24. Sept. Im Opernhause. 19 4ste —— * Vorstellung. Zum erstenmale wiederhelt: Das Derne, e, * ; in 3 Auffügen, von T. Dverstou. Musik von Siegfri

Tanz von Hoguet. Anfang 6 o mn, n folgende preisrn ver- kauft:

Zu dieser Vorstellung werden . Ein Billet im Parquet, zur Tribüne und in den gen x