1848 / 172 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

in dem vorliegenden Paragraphen über die schleswig- holsteini-

He Frage sogleich definitiv entschieden werde. In der Fassung s Ausschusses sei dieser Gegenstand zu ungewiß hingestellt. Eine ste Einigung der Herzogthümer mit Deutschland thue drin⸗ and noth. Bereits sei ein Gesetz zum Schutze der National- bersammlung gegeben und ein Zoll- Provisorium in Vorschlag bracht. Würden diese Gesetze für Schleswig- Holstein keine Gel⸗ Ing erhalten, so spreche man eine noch schärfere Trennung von eutschland aus, als der Erlaß des Königs von Dänemark vom 2. NRärz. Schleswig sei schon ein Theil des deutschen Bundesstaates; Kese Vereinigung müsse ausgesprochen und im schlimmsten Falle er= ampft werden, da sowohl in rechtlicher als politischer Beziehung ern keine Bedenken vorlägen. Francke theilt nicht die Ansicht seines indsmannes. Am Grundsatze der Wahrheit und der Treue in Aus— gung der Beschlüsse der Versammlung müsse festgehalten werden. Fawahr sei eine bereits geschehene Einverleibung der Herzogthümer, ahr aber, daß dieselbe erfolgen werde. Fasse die Versammlung Hon jetzt über diese Frage Beschluß, so gerathe sie in Widerspruch eit dem malmöer Vertrag; auch sei es nicht rathsam, die allmälige zaneigung Dänemarks in Anerkennung der deutschen Interessen rückgängig A machen. Der Redner stimmt für den Ausschuß⸗Antrag, damit die dentralgewalt im Stande sei, bei den Friedens- Unterhandlungen it Dänemark das Interesse der National-Versammlung geltend zu wachen. Jacobi entwickelt folgendes Amendement: „Das deutsche leich besteht aus dem Gebiet des ehemaligen deutschen Bundes, im Umfange, wie dasselbe am 28. Juni 1848 bestand. Die Verhältnisse

des Herzogthums Schleswig bleiben bis zu den Friedens- Unterhand—

ingen mit Dänemark und die Gränzbestimmung in Posen bis zur definitiven Anordnung vorbehalten. Die Anzahl der Staaten wird urch Mediatisirungen in einer den Forderungen der Zeit entsprechen⸗ zen Weise verringert.“ Der Redner empfiehlt diese Fassung des rt. J. deshalb, weil jene des Ausschusses ungenau und einer falschen luslegung fähig sei. Zachariä aus Göttingen spricht im Sinne bes Entwurfs. Schleswig sei weder rechtlich mit dem deutschen eiche verbunden, noch könne die Versammlung durch ihren Beschluß ziese rechtliche Vereinigung bewirken. Nur Eroberung oder freiwilli⸗ ger Beitritt mache eine solche Einverleibung möglich. Keiner der heiden Fälle liege vor. Auch stehe es der Versammlung nicht zu, einen Ausspruch zu thun, wodurch in die künftigen Friedens⸗ Unterhandlungen eingegriffen werde. Geschehe dieses dennoch, so könne man sagen, der König von Dänemark habe durch seinen of— senen Brief diese Frage mit demselben Rechte erledigt. von Bally beantragt folgende Fassung: „Das wiedergestellte deutsche Reich um⸗ faßt das Gebiet des seitherigen deutschen Bundes, sammt den Län⸗ dertheilen, die schon einverleibt sind oder noch einverleibt werden.“ Reichensperger warnt, in den obschwebenden provisporischen Zustand nicht einzugreifen. Der Charakter des Provisoriums müsse aufrecht erhalten werden, wolle man ein Gleiches von der anderen Seite ver⸗ langen. Die Versammlung dürfe keinen Beschluß fassen, wodurch sie die Stimmung Dänemarks reize, das im Begriffe stehe, den deutschen Interessen sich zuzuwenden. Der Redner ist für den Ausschuß⸗-Antrag, den er in jeder Beziehung der Lage der Sache angemessen findet. Hagen aus Heidelberg: Es handle sich darum, die Einheit Deutsch lands zu schaffen; eine Verkennung der Nation sei es, wolle man das Moment der individuellen Selbstständigkeit nicht beachten. Das Grundübel, warum die Vereinigung der einheitlichen und individuellen Elemente in Deutsch— land auf Hindernisse stoße, bestehe darin, daß die deutschen Staaten, weil aus keinem lebendigen Organismus entsprungen, keine natürlichen seien. Diesen Mißstand habe in der Neuzeit die napoleonische Herr— schaft und später der wiener Kongreß verschuldet. Dem Entwurfe des Ausschusses versagt der Redner im Allgemeinen seine Zustimmung nicht; er empfiehlt jedoch das Amendement Schaffrath's und Genossen, welches eine Kreiseintheilung Deutschlands nach Stämmen verlangt. Ohne diese Veränderung, fügt er hinzu, sei die Durchführung des Entwurfes unmöglich. Jetzt sei zwar hierzu die Zeit nicht; das Volk aber sehe dieser Veränderung mit großer Freude entgegen. von Beckerath: Will eine Nation Großes vollführen, so muß sie eine einheitliche sein; sie muß einen Mittelpunkt haben, um ihre intellektuellen und materiellen Verhältnisse zusammenfassen zu können. Diesen Mittelpunkt haben wir nicht; wir stehen erst im Begriff, ihn zu schaffen. Greifen wir darum nicht zum Zwecke, ehe wir das Mittel in Händen haben. Schleswigs Interessen sind vollkommen vertreten. Seine Abgeordneten sitzen in unserer Mitte und ein Reichs-Commissair vertritt die Centralgewalt in den Herzogthümern. Wollen wir unsere Zustände gedeihlich entwirren, so folgen wir dem Ausschuß- Antrage. Esmarch ist der Ansicht, daß Dänemark nie seiner angeblichen Rechte auf Schleswig sich begeben werde. Der Redner will, daß die Aufnahme Schleswigs in den deutschen Bund schon jetzt vollkommene Sicherung erhalte; er schließt sich darum dem Claussenschen Amendement an, indem er sich gegen tie Meinung Francke's erklärt, von dessen Rede er glaubt, daß sie in Kopenhagen einen günstigeren Eindruck hervorbringen werde, als in der Paulskirche. Beseler bedauert den dänisch⸗deutschen Krieg, weil germanische Stämme in demselben gegenüberstanden, und wünscht ben Frieden in der Weise, daß Deutschland mit Dänemark zu ver— eintem völkerbeglückendem Streben sich vereinigen möge. (Bravo!) Die Fassung des vorliegenden Paragraphen genüge, weil Alles darin gewahrt sei, was gewahrt werden müsse. Ber Beschluß über den Waffenstiltstand dürfe nicht außer Acht gelassen werden; in ihm seien Treue und Glaube Deutschlands verpfändet. Nicht dürfe dasjenige indirekt aufgehoben werden, worüber erst paciscirt werden müss . Werde Schleswig schon jetzt als Theil des deuts ben Bandes erklärt, so antizipire man die schönste Feucht eines definitiven Friedens. Grävell schweift von der vorliegenden Frage Aab, indem er sich über die österreichischen Verhältmisse veibreitez. Der Redner wird durch den Schlußruf wiederholt unterbrochen. Er beantragt schließlich, die Abstimmung über S. T derjenigen über F. J vorangehen zu lassen. Nach ihm sprechen Viebig und Michtl— zen; Letzterer indem er unter Vorbehalt einer besonderen Erklärung as Claussensche Amendement als eine provozirende Aeußerung zur Erschwerung der Friedens-Unterhandlungen bezeichnet. Tfebelt er— zreift das Wort ii er die posener Frage und geht dabei von der Ansicht aus, daß die Freiheit eines Volkes diejenige des anderen fzähl üss der jed inzel L teich) aufzählen müssen, oder jeden einzelnen Landestheil, mit w 2 6, ain Großmacht zum deutschen Bunde hn. nr, , , nicht ausführbar, dazu dem deutschen Reiche große Staaten gehören, welche zinzelne Provinzen in sich vereinigen, die nicht Theile des deutschen Bundes sind, z. B. Italien, Galizien als Theile von Oesterreich. Der Ver= such, den zweiten Weg einzuschlagen, würde zu einer weitläufigen nutzlosen Llufzählung der einzelnen Landestheile, mit denen Oesterreich zum Bunde Hehört, geführt haben. Es schien daher zweckmäßiger, das Gebiet des bis= Ferigen deutschen Bundes als dasjenige zu bezeichnen, welches das deutsche Reich bildet, da gewiß die Absicht obwaltet, daß diejenigen Theile, welche Jisher zu dem Bunde gehörten, auch ferner dem deutschen Reiche einverleibt erden sollten, und auf diese Art leicht möglich ist, aus den Akten des ge n Bundes genau die Landestheile auszumitteln. Uebrigens schwebte eine Absicht vor, durch unsere Bezeichnung das deutsche Reich nur als Fortsetzung des deutschen Bundes erklären zu wollen. Ein Vorbehalt wurde eth in Beziehung auf Schleswig und auf das Großherzogthum Posen, a erst durch weitere Beschlüßle, die mit völkerrechtlichen Unterhandlungen Eusammenhängen, die genauen Gränzen festgestellt werden sollten.“

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bedinge. Der Redner ist gegen den Entwurf des Art. 1, weil der⸗ selbe eine Bestimmung enthalte, die der Volls-Souvtrainetät Eintrag thue. Nur ein zwelfaches Deutschland sei denkbar: ein volksthüm⸗— liches oder ein födergtives. Das letztere vertrete die National-Ver⸗ sammlung, darum sei aber auch ihre Thätigkeit eine beschränkte. Der Redner giebt eine historische Entwickelung der Grundbasen der Geschichte, spricht die Hoffnung aus, daß gemäß des Fortschrittes der Geschichte die Völker- Individuen zu großen Vöõlkerfamilien sich einigen werden, und schließt mit dem Antrage, daß eine durch Urwahlen zu Stande gekommene National- Repräsentation über die Aufnahme nichtdeutscher Stämme in den deutschen Bund entscheide, bevor dieselbe definitiv ausgesprochen werde. Jordan aus Berlin protestirt gegen die muthmaßliche Annahme, als wolle man durch Verwerfung des Claussenschen Antrages das Interesse der Herzogthümer aufgeben. Die Versammlung solle durch ihren Beschluß die Zukunft nicht binden; dies thue nur ein Verzweifelter. Gegen Liebeit gewendet, bemerkt der Redner, daß die Zeit des Enthusias mus für Polen vorüber sei, seitdem die rothe Republik Polen zu ihren Beförderern gehabt habe; die deutschen Theile Posens seien deutsch und würden es auch bleiben. Liebelt betrachtet die se Aeußerung als einen Angriff auf die Ehre seiner Landsleute und protestirt da⸗ gegen in deren Namen. Ihm sei es blos darum zu thun, die Unab⸗ hängigkeit seines Vaterlandes zu behaupten. Der Schluß der Ver⸗ handlung wird angenommen. Claussen verlangt namentliche Abstim⸗ mung über seinen Antrag; dieselbe sindet jedoch nicht statt, da der An⸗ trag des Ausschusses, wie bereits mitgetheilt worden, von der Versam⸗ mluͤng zum Beschlusse erhoben wird. Die Wahlzettel zur Ergänzung des Central-Wahlausschusses werden eingesammelt. Esterle und Maxsilly geben die Erklarung zu Protokoll, daß sie sich der Ab⸗ stimmung enthalten haben, weil die in Art. J. enthaltene Bestimmung den Wünschen ihrer Wähler nicht entspreche. Eben so protestirt Liebelt gegen den Beschluß der Versammlung und verwahrt sich gegen alle Konsequenzen, die der Beschluß über die Gränzbestimmung Posens nach sich ziehen könne. Kerst behält sich eine ähnliche Er⸗ klärung im Namen der übrigen posener Deputirten vor. Dahl⸗ mann und Michelsen erklären zu Protokoll, daß sie sich dagegen verwahren, den Rechten und Interessen Schleswigs durch ihre heu— tige Absiimmung vergeben zu haben. Der Präsident zeigt zwei Miß trauens-Vota gegen die Nationalversammlung an, die aus schlesischen Wahlkreisen herrühren, und die der Abgeordnete Schlöffel von der Tribüne zu verlesen wünscht. Die Versammlung entscheidet sich jedoch gegen dieses Verlangen, weshalb die beiden Eingaben an den Peti— tions-Ausschuß verwiesen werden. Schluß der Sitzung gegen 3 Uhr Nachmittags.

Frankfurt a. M., 17. Ott. (Kass. A. 3.) Der bei der Reichs -Centralgewalt akkreditirte nordamerikanische Gesandte, Herr Donelson, hat sich in einer gestern vom Erzherzog-Reichsverweser bewilligten Privat-Audienz von Sr. Kaiserl. Hoheit beurlaubt, um auf seinen Posten nach Berlin zurückzukehren, wohin er heute abge— reist ist. Ihn ersetzt einstweilen zu Frankfurt der nordamerikanische Konsul für Kurhessen, Herr Gräbe, der noch in derselben Audienz sein Beglaubigungsschreiben überreichte. Auch hat Herr Gräbe, der seither in Praunheim residirte, bereits eine Wohnung in unserer Stadt in Miethe genommen.

Preußen. Berlin, 22. Okt. Se. Majestät der König ha— ben Allergnädigst geruht: Dem General-Arzt des zweiten Armee⸗ Coips, Dr. Wa sserfuhr, die Erlaubniß zur Anlegung des ihm verliehenen Ehren⸗Komthur-Krenzes des Großherzoglich oldenburgi— schen Haus- und Verdienst-Ordens zu ertheilen.

Berlin, 22. Okt. Das Amtsblatt des Königl. Post⸗Departe⸗ ments enthält die Verordnung, betreffend das Verführen bei Besetzung der Packträger-Stellen auf Eisenbahn Stationen; desgl. betreffend die Veränderungen in dem Verzeichnisse der Truppentheile, welche auf

die den preußischen Garnisonen in Mainz und Luxemburg bewilligte Portosreiheit Anspruch haben; desgl. betreffend die Portopflichtigkeit der Sendungen von unbrauchbaren Akten der Gerichts-Behörden; desgl. betreffend die Neben⸗Ausgaben, Wagengeld und Communica— tions⸗Abgaben bei Dienstreisen der Post-Inspektoren und Postmeister; desgl. betreffend die Annahme von Fahrpost-Sendungen zur Beför— derung nach dem lombardisch-venetianischen Königreiche durch die österreichischen Posten; desgl. betreffend den Anspruch der aus Schles⸗ wig-Holstein nach den Marken verlegten Truppen auf Portofreiheit.

Stettin, 20. Okt. (Ostsee-Ztg.) Heute Nachmittag lie—⸗ fen hier die für Rechnung der preußischen Regierung erbauten Ka⸗ nonen-Schaluppen Nr. 2, 3 und 4 vom Stapel; jede davon erhält einen langen Vierundzwanzigpfünder und eine 25pfündige Bomben— Kanone (Achtzigpfünder). Nr. 2 und 3 sind von Herrn Schüler, dem Erbauer der Jollen „Germania“ und „Concordia“, der Vorschrift gemäß nach dänischem Muster konstruirt, nach Logger Art getakelt, und liefen mit eingesetzten Masten ab. Nr. 4, von Herrn Nüske erbaut, und zwar nach schwedischem Muster, hat etwa sechs Wochen länger auf dem Stapel gestanden, als die beiden anderen Böte; die⸗ ses Fahrzeug lief ohne Masten ab. Außer diesen drei Kanonenböten und dem in Stralsund schon früher aufs Wasser gebrachten wird un⸗ sere Küstenflotte nun zunächst durch die beiden in Berlin im Bau be— griffenen um ein fünftes und sechstes vermehrt werden.

Oesterreich. Wien, 18. Oft. Morgens. (Bresl. Ztg.) *) Die Deputation der frankfurter Linken hat sich ebenfalls bewaffnet. Sie war gestern Mittag in der Reichstags-Stzung und ging Abends in das Sitzungs-Lokal des Studenten-Comitéè s. Robert Blum war Wortführer. Er berichtete über den Zweck ihrer Anwesenheit und pries den Muth und die Entschlossenheit der akademischen Legion. Wiens Sache sei Deutschlands,s Sache, es müsse Wien daher siegen, sonst würde sich das ganze Volk erheben. Ueberall sei dieselbe Be⸗ geisterung für die gerechte Sache. Die Deputirten ließen sich darauf als Legionaire einkleiden.

Nachmittags 3 Uhr. In der heutigen Reichstags-Sitzung referirte Schuselka als Referent des Sicherheits⸗-Ausschusses. Die sem ist in vergangener Nacht aus dem ungarischen Lager die Meldung zugegangen, deß sich die ungarische Armee auf Grund eines Beschlus⸗ ses ihres Reichstages zurückziehe und österreichisches Gebiet nicht be⸗ treten werde. Schuselka berichtet: es sei zweifelhaft, ob dieser Be⸗ schluß des ungarischen Reichstages in Folge einer neulichen Zusam— menkunft einer ungarischen Deputation aus dem Lager mit Graf Auersperg erfolgt sei, oder, wie die Zeitungen melden, in Folge einer angeblichen Drohung Rußlands. Diese Mittheilung ward vom Hause und den Zuhörern mit tiefem Schweigen aufgenommen. Jellachich . mit seinem Corps immer mehr zur steyerischen Gränze zurück=

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Die Bresl. Ztg. berichtet unter Breslau, 20. Oktober, Nachmittags 1 Uhr: „Vorstehende Mittheilung ist uns um 24 Stun⸗ den zu spät zugekommen; der Inhalt derselben steht zum Theil mit den Angaben von Reisenden im Wiberspruch, was wohl daher

) Heute sind zwei wiener Posten, die Posten vom 18. und 19. Ofto- ber, im Rückstande. e .

kommen mag, daß man in Wien in völliger Ungewißheit über die Lage der Dinge in der Ungebung Wiens schwebte. Neuere sichere Nachrichten aus Wien vom 19. Oktober haben wir nicht erhalten, da der wiener Postzug, der vor einer Stunde eintreffen sollte, aus— geblieben ist. Reisende, die von Gänserndorf kommen, erzählen nun, die Truppen hätten die Schienen zwischen der Hauptstadt und letzterem Orte abgenommen und die Bahn verbarti⸗ kadirt. Männer und Pakete werden von denselben zurückge⸗ halten, nur den Frauen ist die Weiterreise gestattet (welchem Um— stande wir diese freilich nur wenig verbürgten Mittheilungen verdan— ken). Die Ungarn haben Jellachich im Rücken, die Nationalgarder Auersperg von der Front angegriffen. Dasselbe soll gegen die Trup—⸗ pen im Norden geschehen. Das Leuchten der jenseits Wien aufstei⸗ genden Leuchtkugein wurde im Abenddunkel in Gänserndorf bemerkt.“

Abends 19 Uhr. Auch der jetzt eben angekommene oberschlesische Bahnzug bringt weder Passagiere, Zeitungen, noch Briefe aus Wien. im daher außer Stande, heute eiwas Bestimmteres mitzu—

Grätz, 15. Okt. (C. Bl. a. B.) Die Verbindung mit Wien durch die Eisenbahn ist unterbrochen, da der Betrieb auf der gloggniützer Bahn von Wien nur bis Baden geht und die Schienen bei Hetzen—⸗ dorf und Atzgersdorf durch das kroatische Militair aufgerissen wurden. Auch der Telegraph spielt nicht mehr. Aus Anlaß des steverischen Landsturmes ließ der Kommandirende an den F.M. -L. Spannochi fol⸗ gende Zuschrift ergehen: „Radkersburg, 12. Oktober 1848. Ew. Excel⸗ lenz! Eben erfahre ich zu meinem größten Befremden, daß in Steyer⸗ mark ein Landsturm gegen Croatien organisirt werden soll. Wollen Ew. Excellenz sich sogleich zu dem Landesgouverneur verfügen und ihm bemerkbar machen, daß eine Kolonne von 15,9000 Kroaten, die eben jetzt im Marsche von der Armee des Banus nach Warasdin durch Ungarn begriffen ist und die ich eben von der Gränze ahzu⸗ halten suche, unfehlbar, wenn die geringste Feindseligkeit von steyeri— scher Seite gegen die Kroaten wie immer verübt würde, diese ver— heerend in das Land einfallen werden, und daß ich durchaus nicht die Mittel besitze, eine so bedeutende Macht aufzuhalten. Nugent.“ Die in diesem Schreiben erwähnte Kolonne Kroaten ist das von Ungarisch-Altenburg nach seiner Heimat unter G. M. Theodorovich zurückmarschirende Armee-Corps, das über Gleisdorf, Feldbach, Rad⸗ kersburg, Pettau marschirt, aber alle Erfordernisse baar bezahlt. Aus Anlaß des angeführten Schreibens hielt das provisorische Comité“ zur Wahrung der Volksrechte Sitzungen, worin beschlossen wurde, den steyerischen Landsturm einstweilen zur Besetzung der Nordost-Gränze Steyermarks gegen Oesterreich und Ungarn aufzubieten und zugleich Vorposten auszustellen mit dem Auftrage, bei herannahender Gefahr sogleich Alarmzeichen zu geben, damit die bewaffneten Bewohner so⸗ gleich an die Gränze zur Vertheidigung des Landes eilen. In den⸗ selben Sitzungen wurden folgende zwei Anträge angenommen: 1) Beim Ministerium anzufragen, welche Deputirte Steyermarks ohne Urlaub abwesend sind; 2) die abwesenden Deputirten mögen erklären, ob sie zurückkehren oder ihr Mandat in die Hände der Wähler zurück— legen wollen.

Olmütz, 16. Okt. (C. Bl. 4. B.) Gestern Abends, bald nach der Ankunft des Fürsten Felix Schwarzenberg, verbreitete sich das Gerücht, der Friede mit Italien sei abgeschlossen. Bis jetzt scheint sich diese Nachricht aber noch nicht zu bestätigen. Wichtiger ist, daß heute Morgens ein Courier des ungarischen Ministeriums hier anlangte, welcher Unterwerfungs-Anträge von Seiten Ungarns überbrachte. So unglaublich die Sache scheint, mag die Stellung, welche Auersperg mit seinen Truppen vor Wien eingenom⸗— men, doch ihren guten Theil daran haben. Er steht näm— lich so zwischen den herangerückten Ungarn und der kroati— schen Armee, daß er zuerst angegriffen werden müßte, was aber die Ungarn nach ciner selbst im Reichstage abgegebenen Erklärung, schon ihrer Schwäche wegen, nicht wagen. Heute wurde von den hier an— wesenden Deputirten ein neues Maniftst an Wessenberg zur Vorlage an den Laiser übergeben, worin der Monarch unter allen Verhältnff⸗ sen das Bestehen des Reichstags und der Constitution aussprechen soll. In der Audienz, welche die wiener Teputation heute bei dem Erzher⸗ zoge Franz Karl hatte, sprach der Ministerialrath Fischer sehr ener— gisch für das Volk, für die Freiheit; der Prinz wiederholte nur im— mer; „Wir meinen es ehrlich!“ 17. Okt. Die Veputation des Reichstags wollte gestern Nachts um 10 Uhr mit einem Extratrain ab— reisen, Abende fam aber eine telegraphische Depesche von Wien, welche die Ankunst Wieser's mit Depeschen anzeigte. Dazu kam noch die Erklärung Wessenberg's, das überreichte Manifest' sei nicht ange nommen, da bereits ein ähnliches unter der Presse. Auf die Anfrage der Deputirten hat Graf Stadion versprochen, das Kai⸗ serliche Manifest ihnen vor der Kunemachung mitzutheilen. Bis jetzt (10 Uhr) ist aber noch nichts erfolgt, und die Depufationen sind eben bei Wessenberg, um Aufklärung zu fordern. Wieser hat von Wien traurige Nachrichten mitgebracht. Der Reichstag sah sich in seiner gestrigen Sitzung gezwungen, das Martialgesetz gegen die mobile Garde zu verkünden, welche sich bereits einige Erzesse zu Schulden kommen ließ. So eben heißt es, daß die Generale Schön⸗ hals und d'Aspre hier erwartet werden.

Olmütz, 16. Oft. Die Stadt ist öde, selbst in der Nähe des Kaiserlichen Hoflagers, wo Nationalgarde und Grenadiere Wache halten. Der Hof ist in Trauer, schwarz gekleidet. Die böhmischen Truppen haben, mit Ausnahme des Grenadierbataillons Rattey, das dem Fürsten Windischgrätz auf seiner Hierherfahrt zum Geleite diente, alle schon Olmütz hinter sich und bewegen sich gegen Stockerau. Zahlreiche wiener Familien sind hierher geflüchtet.

Prag, 19. Okt. (C. Bl., a. B.) In Olmütz wimmelt es von Truppen; auf gestern Nachmittag 5 Uhr war ein großer Mili⸗ tair-Transport von da gegen Wien angesagt. Auf dem Bahnhofe zu Lundenburg sind brünner Nationalgarden und zu Prerau bielitzer Freiwillige, die den Wienern zu Hülfe zogen, vom Militair entwaffnet worden. In der heutigen Nacht kam noch zu später Stunde an die hiesige Eisenbahn-Administration die Weisung, um 6 Uhr früh 300 Mann Truppen nach Ollmütz zu befördern. Welcher Truppengattang dieselben angehören und was diese plötzliche Marschroute verursachte, konnten wir nicht erfahren.

Prag, 18. Okt. (Schles. Ztg.) Unsere beiden Teputirten, die an den Kaiser nach Olmütz abgeschickt worden waren, sind heute angekommen und brachten die erfreuliche Nachricht mit, daß der Kai⸗ ser alle unsere errungenen Freiheiten wiederholt bestätigt und auf die Bitte, er möge mit Milde gegen Wien verfahren, sich geäußert habe, sein Wille gehe nur dahin, Wien zu cerniren Und alsdann das Pro⸗ letariat zu entwaffnen; von einer Beschießung Wiens sei nicht die Rede. Die Hekresmassen, welche sich bei Olmütz zusammenziehen, seien nach Ungarn bestimmt, um die Ruhe in diesem Lande herzustellen und die magyarischen Separations-Gelüste zu unterdrücken. Morgen soll die Cernirung Wiens beginnen. Wie langz sich diese Stadt wird halten können, ist leicht zu ersehen. Das Projekt, am 20sten d. M. in Brünn eine Versammlung aller Deputirten, die Wien verlassen ha— ben, abzuhalten, ist aufgegeben worden. Gestern wurde die Wahl des Ober-Kommandanten für die hiesige Nationalgarde vorgenom—

men, ohne daß man ein Resultat hätte erzielen können, da die Stimmen, sich, sehr zersplitterten. Die meisten Stimmen hatte ein, hiesiger Bürger Namens Brabec. Mit einer großen Stimmenmehrheit ist das böhmische Kommando angenommen worden. Auch wird in diesem Jahre schon mit Beginn des Schul⸗ jahres an sehr vielen Gymnasien nur in der czechischen Sprache vor⸗ getragen werden. In Prag werden 2 czechische und 1 deutsches Eyceum bestehen. An der Universität wird deutsch und czechisch vor⸗ getragen werden. Es besteht auch schon eine czechische Muster⸗ Hauptschule in Prag. Um den Umtausch der Banknoten zu erleich⸗ tern, sind hier bei uns neue Scheidemünzen in Umlauf, bestehend aus Zwei- und Sechs-Kreuzerstücken. Das Silber ist um etwas leichter, als in unseren gewöhnlichen Silbermünzen. In der Stadt herrscht vollkommene Ruhe. Die Besprechung der Veranlassung zur Entfernung unserer Deputirten aus Wien bildet die Achse, um die sich unser ganzes politisches Leben bewegt.

Prag, 19. Olt. (C. B. f. B.) Bekanntlich sind die Reichs⸗ tags⸗-Deputirten Helfert und Brauner von ihren in Prag versammel ten Kollegen an das Kaiserliche Hoflager zu Olmütz abgesendet wor den, um dem Kaiser die Wünsche der ezechischen Deputirten vorzutra⸗ gen. Sie thaten dies in einer Audienz am 17ten mittelst folgender Ansprache: „Von den sämmtlichen gegenwärtig in Prag anwesenden Reichstags-Deputirten, als den freigewählten Vertretern und Ver- trauensmännern des größten Theiles des Königreichs Böhmen, ist uns der ehrenvolle Auftrag ertheilt werden, Ew. Majestät die bestimm—= teste Versicherung der unerschütterlichen, unwandelbaren Treue und Anhänglichkeit der Böhmen an ihre angestammte Dynastie und den constitutionellen Thron ehrsurchtsvoll zu wiederholen, zugleich aber die treugehorsamste Bitte an den Stufen des Thrones vorzubringen: Ew. Majestät geruhen, damit das weltbekannte, feierlich ertheilte Kaiserliche Wort zur völkerbeglückenden That werde, den durch ein höchst bedauerliches anarchisches Treiben im Innern und die Ent— fasltung militairischer Kräfte von Außen in seiner Berathung gestörten, jedoch unauflösebaren konsttuirenden Reichstag von Wien in eine an⸗ dere, bessene Garantieen der ruhigen freien Berathung desselben bie⸗ te Stadt zu verlegen. Unsere Kommittenten gewärtigen mit Zuversicht, daß Ew. Majestät väterliche Sorgfalt geruhen werde, dieses unter den drohenden Gefahren der Gegenwart einzig mögliche,

Gesammtstaate heilbringende Mittel binnen der kürzesten Zeit in

ung zu bringen.“

Der Kaiser ertheilte den erwähnten Abgeordneten auf diese An⸗

he nachstehende Antwort: „Ich veinehme mit Vergnügen die Zusicherungen, welche Mir die Deputirten von Böhmen überbringen. Ich werde dafür Sorge tragen, daß dem Reichstage jene Sicherheit

ö.

Auch die Deputirten des prager Stadtverordneten-Kollegiums

haben dem Kaiser folgende Adresse überreicht: Ew. Kaiserl. Königl. Majestät!

„Eine schwere Zeit der Prüfung ist über Oesterreich gekommen, es wird, glorreich aus derselben hervorgehen. Bürge dafür ist der den Völkern Desterreichs unwandelbar innewohnende Sinn für Freiheit und Recht, Bürge dafür ist die unauslöschliche Treue, welche diese Völker ihrem angestammten Herrscher zu allen Zeiten zu bewahren bemüht waren. Ew. K. K. Ma⸗ sestät! Die ehrerbietigst Unterzeichneten erscheinen im Auftrage der Haupt— stadt Böhmens, um im Namen derselben die schon oft ausgesprochene Ver— sicherung der innigsten Ergebenheit, Anhänglichkeit und Pflichttreue zu wie⸗ derholen. Sie sprechen aber auch die vertrauensvolle Erwartung aus, daß Ew. Kaiserl. Königl. Majestät in den bisher gemachten Allerhöchsten Zuge— ständnissen der censtitutionellen Rechte und Freiheiten keine Einschränkung werden eintreten lassen. Eine Bitte ist es vorzüglich, deren Gewährung wir von dem Vaterherzen Ew. Kaiserl. Königl. Majestät mit Zuversicht erwar⸗ ten, es ist die, daß unsere Schwesterstadt Wien, die in Folge außerordent- licher Ereignisse zu dem Kaiserstaate in eine außerordentliche Stellung hin⸗ eingerissen wurde, nicht mit Maßregeln der Strenge, sondern mit väterlicher Huld und Milde auf den ihr als Kaiserstadt angewiesenen Standpunkt zu- rückgeführt werde.

„Bei dem Umstande, daß Wien von einer Waffenmacht umgeben ist, welche die Besorgnisse erweckte, als sei durch sie die Freiheit gefährdet, er- scheint eine Vermittelung nöthig. Die Hauptstadt Prag, welche die Schrecken B ung in jüngster Zeit erfahren hat und darum mit der herzlich- ten Th ne auf die Schwesterstadt blickt, die Hauptstadt Prag, welche in der gegenwärtigen abnormen Stellung Wiens Gefahr für die Ruhe der Mo— narchie und das materielle Wohl zu erkennen glaubt, hat es, obzwar unbe— fannt mit den eigentlichen Ursachen der Bewegung, für ihre Pflicht ange- sehen, sich durch die ehrerbietigst Gefertigten zu der Vermittelung anzubieten, falls Ew. K. K, Majestät diese z genehmigen für gut erachten sollten. Es läßt sich erwarten, daß die Bürger Wiens ihre Brüder, die Bürger Prags, bei einer solchen Sendung mit Vertrauen aufnehmen werden. Die ehrerbietigst Gefertigten bitten Ew. K. K. Majestät dringend, diese aus dem treuesten Herzen und in der reinsten Absicht angebotene Vermittelung anzunehmen und demselben unter Erlassung eines Manifestes an die Völker Oesterreichs, welches denselben die Aufrechthaltung aller bisherigen Konzessionen zusichert, die Gränzen vorzuzeichnen, innerhalb welcher sie mit Wien zu verhandeln berechtigt sein sollen. Könnte die Hauptstadt Prag, könnten die Gefertigten, als deren Abgeordnete, auf diesem friedlichen Wege wirksam sein, so wür— den sie darin die Anerkennung ihrer redlichen Gesinnung und Pflichttreue bethätigt finden. Olmütz, 16. Oktober 1848.“ (Folgen die Unterschriften der 12 Deputirten der Königlichen Hauptstadt Prag.)

Die Antwort des Kaisers bei der am 17. Oktober um 107 Uhr us dieser Deputation ertheilten Audienz war folgende:

Ich verkenne nicht die edle Absicht Ihres Antrages. Der Zu⸗ stand ber Hauptstadt ist aber ein solcher, daß Ich Mich veranlaßt fühle, Mir vorzubehalten, zur Herstellung der Ruhe und Sicherheit in derselben alle Mir zustehenden Mittel nach Umständen anzuwen⸗ den, wobei es Mein sehnlichster Wunsch ist, daß hierzu der möglichst geringste Aufwand von Kräften und Meine väterlichen Ermahnungen

hinreichen mögen.“

Brünn, 19. Okt. (Bresl. Ztg.) Wir hatten gestern einen sehr bewegten Tag, dessen Folgen über Brünn, ja über die ganze Provinz unabsehbares Unheil hätten bringen können, wenn nicht die edle, großherzige Selbsiverleugnung der gesammten hiesigen National— garde als ein schützender Genius gewaltet hätte. Mit dem Morgen⸗ train traf ein Theil des Studenten- Corps und der Garden, welche von der Dienstleistung in Wien zurückkehrten, in höchster Aufregung und waffenlos an. Es war, wie uns Einige der Heimgekehrten er—= zählten, bei der Ankunft im Bahnhofe zu Lundenburg von einer dort aufgestellten Abtheilung des Infanterie⸗Regiments ‚„Khevenhüller“ an ih⸗ nen eine schmähliche empörende Gewaltthat verübt worden. Das Mili— tair umstellte die Angekommenen, und nun wurden ihnen die Waffen ge— nommen, oder besser gesagt entrissen. Den ersten Anfall hatten die Mitgi e⸗ der des Studentencorps auszuhalten, deren Entwaffnung von den ken. sten Schimpfreden begleitet war. Dann kam an die Garden die Reihe, und Manchen, die mit der Abnahme der umgegürteten Patrontaschen nicht schnell genug fertig wurden, hat man dieselben zerschnitten, ja sogar die Reiseeffekten weggenommen. Solch eine frevelnde Eigenmäch⸗ ligkeit wurde in der Nähe der Hauptstadt jener Provinz ungescheut verübt, in welcher nun der constitutionelle Kaiser das Hoflager hält, ner Provinz, deren Volk die weiße Fahne der Freiheit nie befleckte. Gleich Morgens versammelte sich eine große Anzahl Garden auf ihrer Hauptwache, der Oberkommandant versprach energisches Ein=

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schreiten, und. der Verwaltungerath (trat zusammen. Aber schon hatte das Voll Kunde von der Verunglimpfung der Garde. Es er= kannte mit richtigem Takte, daß ein Attentat auf die Garbe die Freiheit im hohen Grade gefährde. Es bildeten sich zahlreiche Jusammenrottungen, man äußerte, die höchste Entrüstung, und es sie⸗ len Drohungen gegen das Militair. Das gegen Mittag erschienene Plakat des Verwaltungerathes, welches im Wesenthichen desagie, daß Alles aufgeboten werde, um dem Studentencorps, dann der hiesigen Nationalgarde und der hierdurch beleidigten Bürgerwehr des Ge= sammt-Staates die vollste Genugthuung zu schaffen, beschwöichtigte nur wenig die bewegten Gemüther. Als aber sich Mittags die Nach⸗ richt verbreitete, daß auch gegen leipniker Garden in Prerau vom Militair Gewalt verübt wurde, da ließ sich der Zorn des Volkes nicht mehr zurückhalten. Es zog in Schaaren vor die Milstair— Hauptwache mit iobendem Geschrei und stieß heftige Drohungen aus. Nun tönte der Generalmarsch der Garde durch die Straßen. Sie eilte allenthalben herbei, und wiewohl, noch voll des gercch—

hohen Sendung für Ruhe und Sicherheit eingedenk, schützend um die Soldaten der Hauptwache, vor denen sich das Volk höhnend und drohend versammelte. Die Militair⸗ Hauptwache wurde sodann von dem Militair und der Garde gemeinschaftlich bezogen und die Thorwachen von der Garde besetzt, bei welchem Anblicke sich im Volke eine etwas ruhigere Stimmung zeigte. Hierzu trug auch ein späteres Plakat des Sber= Kommandanten bei, womit angezeigt wurde, daß der Platz- Komman— dant Herr Major Schmitt sich über Auftrag des Herrn kommandi— renden Generals nach Lundenburg begab, um doit in Gegenwart einer Deputation der Nationalgarde die Vorerhebung zu pflegen wonach hohen Orts die strengste Untersuchung gegen die Schuldfra? genden stattfinden wird. Erst spät Abends zerstreute sich die Volks menge.

Sachsen. Dresden, 17. Dkt. (6. Z) Achtzigste bffent— liche Sitzung der zweiten Kammer. Nach dem Registranden⸗-Vortrage erhob sich Abgeordn. Tzschirner, um mitzutheilen, daß Major von Wurm, so wie früher auch Oberst von Süßmilch, den Soldaten vom Infanterie⸗Regimente Max den dringenden Wunsch vorgetragen haben, den Vaterlandsverein nicht zu besuchen, in einer Weise, die einem Verbote wenig nachstehe. Auch solle ein Feldwebel von jenem Regimente alle Soldaten, die jüngst in der Versammlung des Vaterlands - Vereins gewesen, aufgezeichnet haben. Er stellt daher den Antrag: „Die Staats⸗Regierung zu ersuchen, durch das Kriegs-Ministerium unver— weilt einen Befehl an alle Offiziere zu erlassen, daß sie den Solda— ten das Vereins- und Versammlungsrecht nicht verkümmern.“ Der Antrag kömmt auf eine spätere Tagesordnung. Abgeordn. Neid— hardt erzählt, daß gestern zwei Voigtländer ihm berichtet, wie das dort eingerückte Militair sehr gern gesehen würde, und wie besonders darüber Mißvergnügen entstanden sei, daß einige verhaftet gewesene Volksredner wieder freigelssen worden seien. Tzschirner beruft sich dagegen auf schriftliche Mittheilungen, die Unzufriedenheit mit dem Truppen-Einmarsche ausdrücken.

Es wird nunmehr zur Berathung des bereits in der gestrigen Sitzung vorgelesenen Berichts der dritten Deputation (Ref. Vzschir⸗ ner) über die Anträge Küttner's und Tschirner's auf Abberufung der sächsischen Gesandten übergegangen. Unter Nachweis des Aufwan⸗ des, den dieselben (93,000 Thaler jährlich) und das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten (14,000 Thlr.) verursacht, beantragt die Deputation, die Regierung um unverweilte Abberufung sämmtli⸗ cher sächsischer Gesandten im Auslande und an den deutschen Höfen, 7 Ausnahme des Bevollmächtigten bei der Centralgewalt, zu er— Uchen.

Dr. Geißler warnt vor zu großer Eile und rühmt die nützliche Thä tigkeit des Gesandten in Petersburg, der den diesseitigen Staats-Angehöri-= gen mehr einbringe als koste. Schenck ist mit der Verminderung der An— zahl der Staatsdiener ganz einverstanden und giebt anheim, ob statt „Ab berufung“ nicht „Kündigung“ gesetzt werden könne. Staatsminister von der Pfordten: Obschon viele Gründe für Behandlung dieser Sache in geheimer Sitzung sprechen, so habe er doch nicht darauf angetragen, weil das durch geheime Sitzungen bewirkte Mißtrauen weit übler sei als die et- waigen Nachtheile einer öffentlichen. Die deutsche Centralgewalt habe am 20. 28. September in einem Rundschreiben an alle deutschen Regierungen auf die Nothwendigkeit, die Vertretung Deutschlands im Auslande zu cen— tralisiren, hingewiesen und entweder Zurückberufung der politischen Reprä— sentanten der Einzelstaaten verlangt, oder doch, daß sich diese nur durch Agenten ohne politischen Charakter vertreten und da, wo ein Reichsgesand« ter sei, diesem die politische Vertretung zukommen lassen. Die Regierung habe dies am 7. Oktober ihren Gesandten zur Mittheilung an die betref fenden Höfe mitgetheilt und bereits am 16. September ihnen gemeldet, daß jetzt die Frage, wie lange sie noch auf ihren Gesandtschaftsposten bleiben sollten, zur Erörterung kommen werde. Von der Planitz hält große Ersparnisse in diesem Departement kaum möglich; der ganze Bedarf sei nur 107,009 Rthlr., wovon höchstens 20,000 Rihlr. zu ersparen sein dürsten, da die Konsuln auch Geld kosten würden. In 8 Wochen sei die neue Stände⸗ Versammlung, die bei dem Budget ihre Ansicht darüber aussprechen könne. Er beantragt, die Küttner-Tzschirnerschen Anträge nur zur geeigneten Be— rücksichtigung zu empfehlen. Thiersch will das ganz der Regierung über lassen wissen, man müsse eiwas aus sich machen, um geachtet zu werden; das geschehe durch Gesandte. Sachße entscheidet sich für den Deputations⸗ Antrag; die Gesandten seien viel zu hoch besoldet und doch nicht mehr als Konsuln gewesen. Staats-Minister von der Pfordten geht nunmehr auf die sinanzielle Seite der Sache ein und erinnert, daß durchschnittlich jährlich 11,00 Rthlr. an dem Etat für die Gesandten erspart worden seien, daß man den Anspruch der Gesandten auf ihren Landgehalt berücksichtigen müsse, daß mit Ende dieses Jahres ohnehin die Bewilligungen ablaufen. Ref. Tzschirner: Wenn die Regierung den rechten Willen zur Abberu— fung der Gesandten habe, so würde sie bestimmter auftreten. Wäre auch der Vor= theil nicht so groß, so würde das Volk doch große Freude darüber haben. Die Gesandten bieten keine außerordentlichen Vortheile, noch ihre Abberu— fung große Nachtheile. Sachsen könnte leicht der einzige kleine deutsche Staat bleiben, der Gesandte halte; selbst Württemberg habe den seinigen von Petersburg abberufen. Ganz überflüssig seien die Gesandten an den deutschen Höfen, seitdem die Centralgewalt besteht; schon um dieser Achtung im Auslande zu verschaffen, ist die Abberufung der Gesandten nöthig und nicht noch 6 Monate bis zur neuen Budgetbewilligung zu warten. Staats- Minister von der Pfordten: In politischer Hinsicht sei eine Abberufung der Gesandten erst dann möglich, wenn Deutschland als Einheit im Aus- lande vertreten sei. Sachsen habe nur drei politische Repräsentanten, in Petersburg, Paris und London; das Verhältniß des Reichsgesandten an den beiden letzteren Orten sei noch nicht recht klar und das Personal viel zu schwach, um alle Deussche dort vertreten zu können, da wegen ihrer großen Zahl die deutschen Gesandten in Paris und London wirklich viel zu thun hätten. Die Abgesandten der Centralgewalt hätten be— sonders die Verbindung mit dieser herzustellen. Bei dem Neubau Deutsch— lands sollten die einzelnen deutschen Stämme ihre Eigenthümlichkeiten be—= wahren; über die verschiedenen einzelnen Dächer (zum Theil allerdings schadhast) der deutschen Völker eine Kuppel sich wölben; bis diese aber fer= tig sei, dürfe man die einzelnen Wohnungen nicht niederreißen. Eine Ver— tretung dynastischer Interessen finde nicht statt, denn die Donastieen seien des Volkes wegen, das Volk nicht um jener willen da. Die Partikular— Gesandten müßten die Höfe darauf vorbereiten, daß bald Deutschland als ein einiges Neich vertreten werde. In diesem Sinne seien die sächsischen Gesandten instruirt worden. Von den Gesandten an den deutschen Höfen gelte dasselbe in erhöhtem Maße. Sie dienen als Mittel zur Einigung der deutschen Staaten. Obwohl die 2 keine Lebensfrage in der Erhal- tung der Gesandtschaften sehe, so sei es doch bedenklich, sie jetzt einzuziehen; die Verantwortung für die daraus entstehenden Nachtheile falle auf die Kammer. Tzschirner: Die Regierung thue, was man der äußersten

Linken vorzuwerfen pflege, nämlich sie solge ni ĩ f amlich, ge nicht unbedingt der Central= . und glaube sogar die Einigung Deutschlands ner, e, . 3 esandten an den einzelnen ann herbeizuführen. Die Gesandten 4 nicht nöthig; sie haben keine große Wirksamkeit; was sie nutzen, hat 34 5 dem badischen Gesandten in Berlin gesehen. Staatsmin. v. d. * 7 ten wünscht, daß alle deuische Staaten der Eentralgewalt so innen nachkommen, als die sachsische Ftegierung. Es sei jetzt 2 noch nicht der rechte Zeitpunkt zur Abberufung der Gesandten. Man müssce bedenken, daß die Handelskonsuln nicht mit der Kraft eines Gesandten austreten könnten, seien sie nun von hier abgeschickt . ehren sie dem Lande an, wo sie Sachsen vertreten sollen. Ein Besandter habe in jeder Stunde Zutritt beim auswärtigen Mini- terium; seine Wirksamkeit beweise z. B. die Freigebung der bei der Harisey Junirevolution verhafteten (2— 3) Sachsen und beziehendlich an⸗ 3 Deutschen, für die der Reichsgesandte nicht vermittelnd zu wirken ver⸗ mo ut habe. Tzs chirner erkennt dankend die zu Gunsten der verhasteten Sachsen gethanen Schritte an, glaubt aber, daß dies auch durch bloßes Schreiben zu ermöglichen gewesen wäre. Von der Ausfuhrprämie hätte der

a ; ü . * 27 . = = ten Unwillens lter kie Gewaltthat, reihte sie sh oh, e, Hesandfe auch cher schrelben sönnen. Jim m erm ann spricht' sich wie

D. d. Planitz, Geißler in demselben Sinne wie früher, Schäffer gegen sofortige Abberufung der Gesandten ans, worauf Tz schirner erinnert, daß wegen Handelsinteressen sächsische Gesandte nicht nöthig seien, da der Zoll- rein dieselben vertreten müsse. Die Gesandten' scien ein Ueber- dleibsel der früheren xvolitischen Richtung; Nord-Amerika habe auch nur Agenten. Staats⸗-Minister Georgi: Gerade für Handelsinteressen sind Gesandten unentbehrlich und die fächsischen Diplomaten sehr geeignet, ür die Centralgewalt zu, wirken. Durch den sächsischen Gesandten in Ber- lin sei eine Lrohende Mißhelligkeit mit Preußen vermieden worden ( wegen der Zollzuschläge). Das Mißtranen gegen die Gefandten rühre von dem früheren Regierungs- Systeme her, demgemäß sie sich auch zu verhalten gehabt hätten. Leuner will die Abberufung aus gesprochen haben, sobald der Paß- und Neiseverkehr geordnet sei. Fleisch'er tritt der Deputation bei, Der sächsische Gesandte in Rom habe ihm, trotz vieler Empfehlung, nichts genutzt; es müsse einen schlechten Eindruck machen, wenn neben dem Reichs ⸗Gesandten noch andere deutsche Gesandten seien, die vielleicht gar nicht zu Gunsten der Centralgewalt wirkten. Geißler berichtigt, daß in Rom nur ein Agent sei, und Staatsm. v. d. Pfordten, daß dieser Agent früher in reli⸗ giöser, jetzt in künstlerischer Hinsicht angestellt sei; er sei übrigens sehr alt und habe auf 600 Thaler ohnehin Anspruch. Küttner: zäre der Ge⸗ genstand früher zur Erörterung gekommen, so würde schon viel erspart worden sein, vielleicht 20 zo! 00 Thaler. Was Gesandte thun, sei durch Agenten mit politischer Function zu bewirken. Nord-Amerika habe nur vier Botschafter, sonst lauter Konsular-Agenten, die überall respektirt würden. Wenn die Centralgewalt als solche gelten solle, so müsse das Partikal⸗Gesandtenwesen aufhören. Staats -Minister von der Pfordten berichtigt, daß Amerika keine Botschafter, sondern Gesandten habe. Metz ler trägt Bedenken, die Vertreter zurückzurufen, ehe andere an ihre Stelle getreten sind, und bean- tragt daher Weglassung des Wortes „unverweilt“ im Deputations-Antrage. 28 Ri ttner tritt dem Vorigen bei und berührt die beabsichtigte Bildung eines Gegen-Parlamentes in Berlin, worauf Tzschirner versichert, daß die äußerste Linke keine Nevolution wolle. Reiche—⸗ Eisen stuck erklärt sich mit dem Staats-Minister, v. B. Planitz mit Metz⸗ ler einverstanden. Staats-Minister v. d. Pfordten theilt ein so eben eingelaufenes Schreiben mit, wonach der Reichsgesandte v. Raumer in Pa- ris durch Uebernahme der Vertretung einiger deutscher Staaten, die ihre Gesandten abberufen, in ziemliche Verlegenheit gekommen sei und deshalb an alle Regierungen geschrieben habe, sie möchten ihre Gesandten noch nich abberufen. Schenck beantragt, statt „unverweilt“ zu sagen: „thunlichst bald;“ Helbig findet in den vielen deutschen Gesandten ein Hinderniß, die Reichsgesandten zur Geltung zu bringen, wogegen Metzler erinnert, daß die Regierungen sich mit provisorischen Regierungen nicht einzulassen pflegen. . Nach dem Schlußworte des Referenten, der namentlich auf den zuletzt erwähnten Fall des Herrn von Raumer in Paris eingeht, den er für zu ängstlich hält, wird der Deputations-Antrag mit thunlichst bald“ statt „unverweilt“ angenommen.

Anhalt⸗Bernburg. Bernburg, 17. Okt. (D. A. 3.) Am 14. Oktober kehrte die Deputation von Ballenstedt mit der er- freulichen Nachricht zurück, daß der Herzog den bisherigen Minister⸗ Präsidenten von Kersten mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt, die nähere Bezeichnung der mißliebigen Personen am Hofe für nöthig befunden und den Kompetenz⸗Beschluß, so wie die Permanenz des Landtags bis zur Sanctien der Verfassung genehmigt habe. Am 16. Oktober setzte sich der Minister-⸗Präsident in einer vertraulichen Sitzung mit dem Landtage wegen Bildung des neuen Ministeriums in Einvernehmen, und wie allgemein verlautet, soll eine Verständigung dahin stattgefunden haben, daß das Ministerium nur aus zwei Personen, und zwar aus dem bisherigen Minister⸗Präsi⸗ denten und einem Mitgliede der Linken, zu bilden sei. An der Ge— nehmigung dieses Beschlusses von Seiten des Herzogs ist nicht zu zweifeln, und so sieht das Volk einer neuen Regierung, in welcher das volksthümliche Element hoffentlich nicht vom minssteriellen ver⸗ schlungen werden wird, mit vollkommenster Beruhigung entgegen, zu— mal, da ihm die demächst bevorstehende Sanction des von Seiten des Landtags bereits angenommenen, durch und durch freisinnigen Verfassungs-Gesetzes die beste Garantie für eine baldige Konsoldi⸗ rung seiner Verhältnisse giebt. z

Frankfurt. Frankfurt a. M., 16. Dkt. (Fr. Bl.) Heute ist de Auswanderungs⸗Kongreß in dieser Stadt durch Herrn Fertsch⸗-Finger eröffnet worden. Er schlug den um die Auswanderungs⸗-Angelegen⸗ heiten hochsverdienten Finanzkammer-Direktor von Werner zum Vor⸗ sitzenden vor, der sich Herrn r. Künzel als zweiten Vorsitzenden zugesellte. Herr von Werner begrüßte vor Anfang der Verhandlung den Nestor der deutschen Staatsmänner, den ersten Anreger zum Schutze der Auswanderung durch die Regierungen, Freiherrn von Gagern, mit Worten tiefer und warmer Anerkennung. Der wür— dige Greis erhob sich und dankte gerührt, indem er unter Anderem sagte: „Es war kein Scharfblick, der mich zur Beachtung der Aus— wanderung führte. Ich bin Pfälzer, und um mich her wanderten Tausende aus. Ich sah Unglückliche in Menge aus Amerika zurück kehren. Großes ist zu ordnen durch die National⸗Versammlung und die Centralgewalt, aber vor Allem sollte die Auswanderung das Erste und Vornehmste sein, denn es ist nicht genug, daß man über die Proleta⸗ rier klagt, es handelt sich auch darum, ihrem Elende abzuhelfen, und eines der Hauptmittel dazu ist die Auswanderung. Sie wird aber auch vor Allem beachtet werden, das darf ich Ihnen nach einem Gespräch versichern, welches ich über sie dieen Morgen mit Sr. Königlichen Hoheit dem Erzherzog⸗Reichsverweser gehabt habe. Wie ich mit meinem ehrenwerthen Freunde, dem Bürgermeister Smidt, dafür gewirkt habe, so werde ich ferner dafür wirken, so lange mir Gott das Leben schenkt.“ Die ganze Versammlung erhab sich zum Be⸗ weise ihrer Verehrung. Der erste Punkt, die Auswanderung über deutsche Häfen betreffend, fand wenig Widerspruch; ein Antrag, die Auswanderung auch über fremde Häfen, namentlich über Rotterdam zu führen, dagegen keine Unterstütung. Die Anstellung von Kon= suln oder Reichs- Kommissarien in den Haupthäsen n, . wünschte man ausgedehnt auch auf. Au stralien mi , haupt“ auf alle Länder, denen sich die Auemmnuhen,

en zugsweise zuwendet. Herr von Gagern machte eee , , des Erzherzogs⸗Reichsverwesers besonders auf die ele nn, Rue⸗ lachei aufmerksam, wo noch ein großes 86 ö pee ge, mm. wanderung blüht. Die folgenden Punkte mur 2 , be besteh enden lung anerkannt als n,. r, 9 e gen abe, Her 3 du 2 2 ber deutsche Häfen, der Handels- 7