genwart hinreichend gewesen wäre, alle jene Konflikte zu ver=
meiden, welche jetzt das Land in Verwirrung stürzen.
Die Abgeordneten des Kreises Geldern, welche bis zuletzt ausharrten und dann den loyalen und gesetzlichen Weg gin⸗ gen, haben sich um das Vaterland verdient gemacht; sie konn⸗ ten bei ihrer ungenügenden Zahl den Beschlüͤssen der Majorität außerdem nicht mit Aussicht auf Eifolg widersprechen.
Die hier ausgesprochenen Ansichten der Gemeinde -Vertretung werden den Abgeordneten des Kreises Geldern, Herrn Landgerichts⸗ Rath Kochs und Gutsbesitzer Rombay, unter dem Ersuchen mitge⸗ theilt, in ihrer bisherigen Handtungsweise unter allen Umständen und mit Bezug auf die von ihnen mitunterschriebene „Erklärung“ vom 9ten d. M. bebarren zu wollen.
Issum, den 23. November 1818.
2 . ö ⸗. . Der Bürgermeister. Der Gemeinde⸗Rath.
96 9 aus den Verhandlungen der Bürgermeisterei⸗ Versammlung zu Meurs, vom 21. November 1818. =
Der Bürgermeister hatte die Abgeordneten der Bürgermeisterei Meurs auf heute zu einer außerordentlichen Sitzung verabladet, in welcher sich die unterzeichneten Abgeordneten eingefunden haben.
Nach gepflogener Berathung erklärte die Versammlung ein⸗
mmig: umme „Wir sind davon überzeugt, daß der Krone das Recht zu⸗ stehe, die National⸗Versammlung an einen anderen Ort zu verlegen, und wir haben desbalb die von der Regierung beschlossene Verlegung der National ⸗Versammlung von Berlin nach Brandenburg nicht allein als eine derselben zustehende gesetzliche, sondern auch als eine durch die Um⸗ stände im Interesse des Landes gebotene Handlung mit
Freuden begrüßt.“
Indem wir der Meinung sind, daß nur die durch das Verfas— sungs-Gesetz in freier Berathung der Vertreter, fern von allem Ter⸗ rorismus, die dem Lande so nöthige Verfassung zu Stande gebracht werden kann, verbinden wir damit zugleich den Wunsch, daß die hohe National⸗Versammlung sich die Ausarbeitung des Verfassungs⸗Ge⸗ setzes mehr als bisher angelegen sein lassen und mit Beseitigung aller unnöthigen Interpellationen und Zwischen⸗Verhandlungen derselben alle ihre Thätigkeit widmen möge.
Meurs, den 24. November 1848.
(Unterzeichnet von 17 Gemeinde --Verordneten.)
Geehrte Herren!
Ihrer Handlungsweise, geehrte Herren! un⸗ versagen, indem durch ein gleich besonnenes ren aller Abgeordneten jene Klut, welche sich
Krone und Volk geöffnet hat und das Vaterland zu ver— droht, nicht würde hervorgerufen sein, und ermuntern Sie, im Kampfe für Recht und Ordnung auf der von Ihnen be— tretenen Bahn fortzuschreiten. Weeze, den 27. November 1848. Der Bürgermeisterei⸗Rath.
Hochwohlgeborner Herr! Hochgeehrter Herr Abgeordneter!
Wir Mitglieder des unterzeichneten Vereins, welcher in diesen Tagen hier zusammengetreten ist, und der seiner überwiegenden Mehr— zahl nach aus Urwählern des ückermündischen Kreises besteht, haben Ew. Hochwohlgeboren Thätigkeit in der zur Vereinbarung der Ver— fassung berufenen Versammlung von Anfang an genau beobachtet und allen Ihren Schritten unsere freudige und dankbare Anerkennung nicht versagen können. Vorzüglich aber haben Ew. Hochwohlgeboren unseren Herzen, die in unwandelbarer Liebe zu unserem allertheuer— sten Könige schlagen und Ihm mit unverbrüchlicher Treue ergeben sind, dadurch wohlgethan, daß Sie, in richtiger Würdigung der Rechte und Pflichten der Krone, ohne Zögern der Königlichen Botschaft vom Iten d. M. Folge geleistet, mit den Ministern die Versammlung der Deputirten verlassen und an den Berathungen der gegen den Willen des Königs offen sich auflehnenden Abgeordneten sich nicht betheiligt baben. Indem wir Ihnen hierfür unseren tiefgefühlten Dank aus zasprechen uns verpflichtet achten, fügen wir zugleich die dringende Bitte hinzu, Ew. Hechwohlgeboren wollen in Anschung der schweren Zeiten, die über unser Vaterland gekommen sind, und in denen Ein Mann, der mit hellem klaren Blicke das Richtige erkennt, der mit frischem, freudigen Muthe nach Pflicht und Gewsssen zu handeln ent— schlossen ist von unersetzlichem Werthe ist, auf den Urlaub, den zu nedmen Sie, wie wir hören, gewillt sind, Verzicht leisten, damit Ihre varlamentarische Wirksamleit nicht unterbrochen und durch Ihr Aus scheiden nicht etwa eine Partei verstärft werde, in deren Hände unser und uaseres Volkes Wohl zu legen wir nimmer den Muth haben. Wir ad dessen in guter Zuversicht, daß ein Mann von Ew. Hoch woblgeboren bewährter Gesinnung kein Opfer bringt, wenn er seine . ue e sen uf den Altar des Vaterlandes niederlegt, und . Gewährung unserer gehorsamsten Bitte vertrauens
Pase wall. den 20. Nevember 1848. Ver datriotische Verein sür König und Vaterland. 6. (Ueber 200 Mitglieder.)
den Rittergutabesitzer und Abgeordneten des ückermündeschen Kreises zur preußischen Na= tional · Versammlung, Herrn von Enckevort Hochwoblgeboren, auf Vogelsang.
Einem hochverebrten Vereine sage ich meinen veibindlichsten Dank für die mir so wohlthuende Anerkennung meiner schwachen Kräfte. Wenngleich ich es tief füble, daß mir jedes größere parla= mentarische Talent feblt, so bin ich mir doch bewußt, dieselben Ge⸗ sinkungen, die ich seit Jabren mir durch Ueberzeugung gewonnen fest bewahrt zu haben, und wenn in den schweren Stürmen der Zeil unter den bedrohendsten Demonstrationen in Berlin ich augenblidlich zweifelbaft werden konnte, ob ich mit der Konsequenz, die mir die eigene Ueberzeugung vorzeichnete, auch zugleich die Gesinnung der Mehrheit meiner Kommittenten repraäsentirte, so bedurfte es nur ei-
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nes kurzen Aufenthaltes in meinem heimatlichen Kreise, und der frische, kräftige und gesunde Hauch, der unser durch kernige Treue, Bieder= feit und Rechtsgefühl bewährtes Pooꝙmwnern durchwehte, erstarkte mich um mit Freudigkeit meiner ferneren Pflicht entgegenzugehen. Konn⸗— ten mich die unwürdigen Mittel, welche in Berlin angewendet wur— den, um die Stimmen der Vertreter des Landes zu leiten, nur einen Augenblick zweifelhaft machen, ob die von mir verfolgte Richtung noch mit dem Willen der Mehrheit des Volkes in Einklang stehe, so konnte ich mir nicht verhehlen, daß mancher der Abgeordneten, deim ich nicht zutrauen darf, daß persönliche Furcht ihn hätten bestimmen können, gegen eigene, bessere Ueberzeugung zu stimmen, mit dem Strome fortgerissen wurde, in dem er fälschlich das klare Bild des Volkswillens, den Willen seiner Provinz, zu erblicken glaubte, in dem sich in Wahrheit aber nur ein sehr kleiner Volkshaufe der Hauptstadt, der seine Ufer drohend umlagerte, abspiegelte. So fehlte nach mei⸗ ner festesten Ueberzeugung der Volksvertretung mindestens die mora— lische Freiheit, denn eine physische Macht, die stark genug wäre, die freie Aeußerung der Ueberzeugung zu beugen, kennt der Pommer nicht. — Es fehlte also dem repraͤsentirten Volkswillen die lautere Wahrheit, und es lag der Regierung die heiligste Pflicht ob, mit allen gesetzlichen Mitteln der Landesvertretung die unbedingteste Frei— heit zu schaffen. Die Krone wählte das gelindeste, das einfachste Mittel, die Verlegung der Versammlung von Berlin nach Branden- burg und die damit nothwendige Vertagung. — In der Nichterfül⸗ lung der Anordnung dieses Mittels glaubte ich nur das Verkennen des eigenen Interesses, die Zurückweisung der eigenen Freiheit, und nur die Täuschung über den heißesten Wunsch des Landes nach Frei⸗ heit konnte mehrere Mitglieder der National⸗Versammlung zum Wi⸗ derstande verleiten. — An der Erfüllung der Verheißungen unseres Königs früher zweifeln, als Thatsachen hierzu ein Recht geben, kann kein Pommer, der selbst den Treubruch nur dem Namen nach kannte, dem sein Wort stets heilig war. In der Treue, in der Liebe unse⸗ res Königs zu seinem Volke wird er in Pommern gewiß stets das schönste Echo finden, kein Pommer aber wird zuerst durch einen Treubruch die Bande lockern, die uns durch Jahrhunderte an das Haus Hohenzollern innig ketteten, die immer unser Stolz, unser Glück waren, — — und der Genius Preußens wird bald wieder seine kräftigen Schwingen über das gemeinsame Vaterland in alter Kraft breiten und die Wühler, welche den Umsturz desselben versuchten, welche die Anarchie herauf beschwören wollten — in den Staub zer⸗— treten! Dies ist meine felsenfeste Ueberzeugung, nach der ich das mir übertragene Mandat erfüllen oder — wenn ich nicht mehr mit der Mehrzahl meiner Mandanten in Uebereinstimmnng bleiben sollte in ihre Hände zurückgeben werde. Brandenburg, den 29. November 1848. . Der Abgeordnete für den ückermünder Kreis, von Encke vort.
An den Deputirten des Kreises Altenkirchen bei der preußischen National-Versamm—
lung in Brandenburg,
Herrn Assessor Plönnis Wohlgeboren,
z. J. in Berlin.
Bereits seit geraumer Zeit sind wir dem Schneckengange des Versassungswerkes in Berlin mit Betrübniß gefolgt. Ueber die fort—⸗ währende Beschäftigung der National-Versammlung mit Fragen, welche die Tagesereignisse in Massen einstreuen und deren Lösung nicht zu ihrer Kompetenz gehört, vielmehr durch den Kitzel ihres Stoffes und das Bestreben vieler Mitglieder, ihre Sarkasmen zum Markt zu tragen, dazu geeignet sind, das Land in immerwährender Aufgeregtheit zu erhalten, ist die Kapital⸗Aufgabe der Versammlung, die Verfassung, mehr und mehr in den Hintergrund getreten. Wir erkennen, wie dieser Uebelstand zum großen Theil seinen Grund darin hat, daß die Versammlung in Berlin tagte, wo irregeleitete Massen auf die Haltung der Deputirten einwirken, indem sie ihr Treiben als den Ausdruck der Volksgesinnung des ganzen Landes darzustellen un— ablässig bemüht sind. Wenn auch ein fester Charakter hiervon unbe— rührt bleibt, so können wir doch nicht umhin, zu glauben, daß der artige Demonstrationen, wie in Berlin fast täglich vorgekemmen, im— merhin geeignet sind, minder feste Charaktere an der Volksgesinnung irre werden zu lassen, um so mehr, wenn durch Drohungen, denen die traurigsten Verwirklichungen bluttriefend zur Seite stehen, jene Einflüsse noch gehoben werden. Wir erkennen, daß hierdurch die Be⸗ schlüsse nur nach einer Seite hin frei sind, sich aber eben hier immer tiefer in das Chaos des Nutzlosen und Mindernützlichen hineinwu— chern und jede Hoffnung auf die Beendigung des Verfassungswerkes schwinden machen.
Unter solchen Umständen konnte uns die Verlegung der Ver— sammlung aus Berlin nicht nur nicht befremden, sondern nur erfreuen. Wir erblicken darin nicht einen Akt der Willkür, sondern der Noth— wendigkeit und Gerechtigkeit, den zu vollziehen Se. Majestät der Kö⸗ nig das Recht und die Pflicht haite.
In Erwägung, daß die Gründe, mit welchen Ew. Wohlgeboren Ihr Verbleiben in Berlin belegen, unter allen Umständen viel zu un— haltbar sind gegen die blutschwangeren Folgen eines möglichen Bür gerktieges, ersuchen wir Sie dringend, vom 27sten d. M. ab in Brandenburg an den Verhandlungen Theil zu nehmen. Wir fordern Sie, unseren Vertreter, hierzu auf und piotestiren feierlichst gegen alle Schritte, welche Sie von dem Augenblick der Vertagung der Versammlung an in Ihrer Eigenschaft als Deputirter des Kreises Altenkirchen gethan haben und bis zu Ihrer Theilnahme an den ge— setzlichen Verhandlungen in Brandenburg thun werden, jene Schritte für ungeseßlich erklärend und uns vor deren Folgen feierlichst ver⸗ wahrend. Wir versehen uns zu Ihrem Rechtlichkeitsgefühl, daß Sie Wege finden werden, mit der Mehrheit Ihrer Kommittenten, mit de⸗ nen wir unsere Ansicht zu theilen glauben, wieder in Einklang zu kommen; jedenfalls aber fühlen wir uns gedrungen, in diesem hoch⸗ wichtigen Momente unsere Ansicht und unseren Willen hierdurch mit in die Wagschale zu legen, und würden eventualiter Mittel finden, uns in Brandenburg anderweitig vertreten zu lassen.
Abschrist hiervon erhält das Königliche Ministerium zur Kenntniß.
Flammersfeld im Kreise Altenkirchen, den 19. November 1848. (310 Wähler und Urwähler für sich und Namens einer überwiegend größeren Zahl Gleichgesinnter, welche wegen der Zeistreutheit in 33
Gemeinden nicht unterzeichnen konnten.)
Die unterzeichneten Gemeindevertreter erklären: Daß sie die Krone bei der Verlegung, resp. Vertagung der National-Versamm— lung nach Brandenburg auf Grund des Wahlgesetzes vom 8. April laufenden Jahres in ihrem Rechte halten, und können aus diesem Gesichtspunkte konsequent nur billigen, daß die Vertreter des Krei⸗ ses Geldern diesem Befehle der Krone gefolgt sind.
Straelen, den 22. November 1818.
. (Unterzeichnet von 11 Gemeindevertretern.) 2 Unterschricbenen treten der zu Chodziesen am 17. November an Se, Königliche Majestät entworfenen Adresse aus voller Ueberzeugung bei. Eingesessene des chodziesener Kreises. ( 9y0 Unterschriften.)
(Fortsetzung folgt.)
Oesterreich. Reichstags Sitzung vom 27. November. (Wien. Ztg.) Anfang der Sitzung 10 Uhr. Auf der Minister⸗ bank: Schwarzenberg, Stadion, Bach, Bruck, Kraus, Cordon, Thin⸗ feld. Sie erschienen erst nach der Abstimmung über den Hellriglschen Antrag. 296 Mitglieder sind anwesend bei Eröffnung der Sitzung.
Smolka: Die rückständigen Protokolle vom 28., 29., 31. Ok⸗ tober und 22. November sind zu verlesen. Paul: Die stenographi⸗ schen Berichte der letzten Sitzung beginnen: Z2ste Sitzung. Dies ist ein großer Druckfehler, denn daraus würde folgen, daß alle Sitzun⸗ gen, welche zwischen dem 5. Oftober und dem 22. November abgehalten worden sind, ungültig seien, da die vom 5. Oftober die 51 ste war. Se. Majestät hat die Beschlüsse des Reichstages seit dem 6. Oktober als rechtskräftig anerkannt. Ich bestehe auf der Aenderung derselben. Smolka. Er selbst sähe dies als einen Druckfehler an. Er werde deshalb das Nöthige verfügen. Hellrigl: Er müßte gegen die Verlesung jener Protokolle sich er⸗ klären. Es handle sich hier nicht um den Inhalt derselben, sondern ob die Krone das Recht habe, den Reichstag zu prorogiren. Jene Sitzungen haben unter terrorisirendem Einflusse stattgefunden. (Von der Linken Zischen; von der Rechten Bravo. Große Bewegung.) Deshalb war die Regierung vollkommen in ihrem Rechte, den Reichs⸗— tag zu prorogiren. Brestl beantragt den Schluß der Vebatte. (An⸗ genommen.) Rieger: Er bedaure, daß die Debatte so stürmisch sei. (Bravo.) Indeß, nachdem von der Gegenseite diese Frage hinein= geworfen wurde (Widerspruch), so sei nichts mehr dagegen zu thun. Diese
Protokolle seien nicht zu verlesen, dies sei auch seine Meinung. Es seien nicht
Protokolle des Reichstags, weil die Sitzungen nicht in freier Be— rathung stattgefunden. Er selbst war nicht zugegen, weil seine per⸗ sönliche Sicherheit gefährdet war. Es wäre ihm, wenn er geblieben wäre, im schlimmsten Falle freilich nicht mehr geschehen, als was man Latour gethan. Im besten Falle wäre er nicht in der Lage gewesen, sein Mandat zu erfüllen. Dies beauftrage ihn, zu sprechen, und er hätte schweigen müssen. Das Mandat spreche nichts davon, die Interessen des Volkes mit den Waffen zu vertheidigen. Er habe nicht aus Feigheit den Reichstag verlassen. Hätte er es wagen dür— fen, den ritterlichen Helden Jellachich zu vertheidigen, wie er es vor dem 6. Oktober gethan? Von der Linken: „Wir verlangen nicht Ihr politisches Glaubensbekenntniß. (Große Bewegung.) Neh— men Sie die Protokolle an, so ist dies eine Anerkennung des 6. Oktobers und seiner Folgen. Man werde ihm sa— gen, die Regierung habe den Reichstag anerkannt. Er be— neide die Gegenpartei nicht um diesen Beweis. Se. Majestat habe wohl den Steuerbeschluß sanctionirt. Der Kaiser ist unverantwort⸗ lich. Habe aber das Ministerium oder vielmehr der Rumpf des Mi— nisteriums Wessenberg sich so benommen, wie es sich hätte kenehmen sollen? Auf dieses Ministerium werden Sie sich wohl selbst nicht berufen. Denn dieses Ministerium hat Windischgrätz nach Wien ge⸗ schickt, hat den Reichstag hierher berufen, dieses Ministerium hat auf der einen Seite die Truppen nach Wien geschickt und auf der ande— ren Seite die Vertheidigung Wiens angeordnet, wie ein Generale Manöver anordnet. (Zur Sache!) Er widersetzt sich der Verlesung der Protokolle. Es sei Böhmen zum großen Theil, eben so Dyrol nicht vertreten gewesen, und Theile vieler anderen Länder. Sein Volk habe, was er gethan, anerkannt. Sein Volk habe die Beschlüsse, die indeß gefaßt wurden, nicht anerkannt. Wenn je der falsche Satz, daß hinter der Minorität des Reichetags die Masorität des Volkes stehe, anzuwenden gewesen sei, so sei dies hier der Fall. Diejenigen, die sich gegen den Fürsten Windischgrätz geschlagen, haben es im Vertrauen auf die Beschlüsse des Reichstags gethan. Er sehe nicht ein, wie man ihn auf diesem Platze dulden könne, da er sich dem Beschlusse des Reichstags nicht gefügt habe, nach Wien zurückzukteh ren. Wollte man aber, in Folge dessen, neue Wahlen ansschreiben, so würde man keine besseren Resultate erzielen. Man habe be⸗ schlossen, keine Truppen nach Wien zu lassen; man habe Windisch— grätz als Rebellen erklänt. Wie könne man ihn jetzt in Wien dul den? Dann müsse man das Ministerium aufsordern, alle Militair— macht gegen Windischgrätz zu senden. Messenhauser ist als tapferer Mann gefallen; er hat in Folge seiner Einsetzung durch den Reichs⸗ tags⸗Ausschuß seine Pflicht gethan. Erkennen Sie jene Protokolle an, dann ist Windischgrätz ein Mörder, dann ist Messenhauser in Vertheidigung der Freiheit gefallen. Dann muß man allen Gefalle nen ein Monument errichten, denn sie sind für die Errungenschaften des 6. Oktober gestorben! Solche Exrungenschaften, wie sie der 6. Oktober gebracht, würden freilich, wenn sie sich häufen, bald den Ruin der Freiheit herbeiführen. Meine Herren! Es giebt Faktoren, die mehr beweisen, als falsche Theorieen; denn sonst lönnte jeder Schuljunge, der seinen politischen Katechismus auswendig gelernt hat, als großer Politiker gelten. Wer Faktoren nicht sehr berücksichtige, der stürze das Vaterland ins Un⸗ glück, auf dessen Haupt komme all das Blut, das vergossen worden. Er und seine Freunde wollen diese Verantwortlichkeit nicht theilen. Die— jenigen mögen es verantworten, die es verschuldet, und die jene P trokolle, die er verwerfen wolle, anerkennen. Disi et salvavi mam meam. (Großer Beifall, auch von der Linken) S
Auf alle die Anklagen, die Rieger gegen seine Partei geschleudert halte er es gegen seine Würde, zu antworten. Er und seine P nähmen jede Verantwortlichkeit über sich. Jenem Richter, Windischgrätz stehe, gegenüber, nähme er keinen Anstand, auf der Armen⸗ sünderbank zu sitzen. (Großer Beifall.) In jenem Patente S. M. war nicht enthalten, daß die Sitzungen des Reichstages aufzuhören haben. Nach Er— haltung jenes Patentes, nach dem 22sten, habe der Reichstag in be— schlußfähiger Anzahl eine Adresse an Se. Majestät beschlossen, und die Deputation des Reichstages sei als solche von Sr. Masjestät an— erkannt worden. Nun überlasse er Brauner das Wort, damit er ähnliche Vorwürfe, wie die Vorredner, gegen seine Partei schleudern möge. Er habe nichts mehr zu erwiedern. (Beifall Brauner: Er sehe die Prorogation als eine Nothwendigkeit an. Wer habe den Reichstag gezwungen, hierher zu kommen? Er selbst habe die Noth⸗ wendigkeit eingesehen. Sie liege überdies in den Gewaltmaßregeln, die gegen Wien nothwendig waren, damit der Reichstag wieder da⸗ selbst berathen könne. Hier sei ein neutraler, legaler Boden, und man sei deswegen hierher gekommen. Mit Anerkennung jener Pro—
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tokolle gebe man Sr. Majestät und sich selbst ein Dementi erkenne jene Revolution an. Es gebe Revolutionen,
denen gelte: „Sie machen entweder Narren oder Kinder“; jene Revolution sei eine, die durch fremde Umtriebe hervorgebracht, die fremden Interessen Wiens Wohlstand geopfert babe, sie sei die unverantwortlichste, die es je gegeben. Wollen Sie jene Preétokolle desavouiren oder jene Revolution anerkennen? (Beifall.) Hell rigl!“s Antrag lautet: Die Protokolle über die angeblichen Reichs⸗ tags Verhandlungen vom 28sten, 29sten und 31. Oktober sind nicht als solche anzuerkennen und deshalb nicht zu verlesen. Kains ki beantragt Namensaufruf. Rieger die Kugelung. Prato: Eine Debatte über Zulassung der Protokolle ist ein Unding, da es blos eine Ordnung des Hauses ist, die Protokolle zu verlesen. Stro— bach: Es sei schon Schluß der Debatte ausgesproben, daher Prato nicht mehr zum Worte zuzulassen. Kainski's Antrag wird untersiützt. Es wird auf 10 Minuten Bedenkzeit angetragen; gehörig unterstüßt. 277 Mitglieder ergeben sich als bei der Abstimmung anwesend. Von diesen stimmen 143 Mitglieder für, 124 ge gen den Antrag Hellrigl's,
die Protokolle vom 28sten, 29 sten und 3t. Oktober wer⸗ den somit nicht verlesen; 10 Abgeordnete haben nicht ge⸗ stimmt. ; ⸗ - Smolka zeigt an, daß die Minister erschienen sind und verliest zugleich das Handbillet Sr. Majestät vom 19. November, wonach Fürst Schwarzenberg mit der Bildung eines Ministeriums beauftragt wurde, und zugleich die Zuschrift des Letzteren an das Reichstags—⸗ Präsidium, worin er demselben seine Ernennung mittheilt. Schwar⸗ zenberg ergreift das Wort und verliest das (bereits im gestrigen Blatte des Pr. St.- Anz. mitgetheilte) Programm des Ministeriums. Schuselka: Er beginne seine Interpellatioön mit Dank für dieses Programm. Er habe seine Interpellation nicht angekündigt, um die Zahl der Interpellationen zu vergrößern, auch nicht, um blos Oppo⸗ sition gegen das Ministerium zu machen. Aber er sehe sich im Interesse Desterreichs und der Dynastie dazu verpflichtet. Er frage: Ob das neu jernannte Ministerium von dem Augenblicke an, wo es ins Amt trete, die volle Verantwortlichkeit für Alles übernehme, was in Wien und Ungarn geschehe, oder ob die militairische Diktatur fortwährend daselbst herrschen solle. Dies sei nicht blos inconstitutionell, sondern es zeige die Geschichte, wohin ein solches Beispiel führen müsse. Auch die Geschichte Oesterreichs biete ein solches Beispiel, das er nicht näher be⸗ zeichnen wolle. Ob das Ministerium das furchtbare Gericht, das über Wien herrsche, fortbestehen lassen wolle. Durch kein anderes Verfahren sei der Dynastie noch so geschadet worden, wie durch dieses Blutgericht in Wien. Er frage den Justiz⸗Minister, ob er nicht gesonnen sei, dasselbe, was er für Prag gethan, auch für seine Vaterstadt zu thun. Die dritte Frage beziehe sich cuf einen diplomatischen Gegenstand, die Stellung des Ministeriums zur deutschen National-Versammlung. Rücksichtlich des Abgeordneten Blum wolle er nicht in die Frage der Schuld oder Unschuld dieses Mannes eingehen. Er betrachte die deutsche National-⸗Versammlung ganz als eine fremde, indem er diese Frage stelle. Selbst bei ganz fremden Parlamenten habe man sonst angefragt, bevor man eines ihrer Mitglieder aburtheilte. Man habe dadurch eine fremde befreundete Regierung in große Verlegenheiten gestürzt. Er frage also, was die Regierung in Bezug auf den vor liegenden Gegenstand, den er gelinde als politische Takt— losigkeit bezeichne, zu thun gedenke? (Beifall, Zischen.) Schwarzenberg: Das Ministerium habe den Beschluß gefaßt, jede Interpellation erst nach vorhergegangener gemeinsamer Berathung zu beantworten. Dies werde auch diesmal geschehen. Das Protokoll vom 22. November wird verlesen. Rieger beantragt, daß daselbst anstatt: Herr Präsident Smolka eröffnete die Sitzung, gesetzt werde: Herr Vice-Präsident. Brestl: Durch An— nahme des Antrages des Abgeordneten Hellriegl seien nur die Siz— zungen vom 28., 29. und 31. Oftober als ungültig anerkannt wor— den, aber nicht die vorhergegangenen. Sonst müßte auch das von Sr. Majestät sanctionirte Steuergesetz als ungültig betrachtet wer— den. Schuselka will, daß im Interesse der Sache seine Erklärung ebenfalls im Protokolle angeführt werde. Schriftsührer Streit be— merkt, daß dies gegen die Geschäftsordnung sei. Präsident Smolka berichtet über mehrere nicht eingegangene Eingab'n. Unter den an— gemeldeten Mandats⸗-Zurücklegungen befinden sich die der Abgeordne— ten Doliak, Slawjk, Gschnitzer, Potocki, Pillersdorff, Zamoyski; so— dann werden mehrere Urlaubsgesuche verlesen. Nachals ki beantragt in Bezug auf das des Abgeordneten Halpern, der seit Eröffnung des Reichstages noch nicht erschienen, daß demselben bedeutet werde, es würde, wenn er nicht binnen 8 Tagen zurückkehre, eine neue Wahl ausgeschrieben werden. (Angenommen. ) Noch wird we— gen Abwesenheit einzelner Mitglieder des Constitutions Ausschusses die Wahl von Stellvertretern angeordnet. Die Berathung der Grund— rechte in den Sectionen soll beginnen und nach einem früheren Reichs— tagsbeschlusse binnen 14 Tagen beendet sein. Neu wall wünscht, daß nur 8 Tage festgesetzt werden, da das Land auf die Beendigung der Verfassung dringe und die Grundrechte ohnedies schon dem größ- ten Theile der Abgeordneten genügend bekannt seien. Neumann will, daß die Berathungen in den Sectionen in 8 Tagen beendigt und sodann das Elaborat des Constitutions-Ausschusses nach weiteren 8 Tagen dem Hause vorgelegt werde. Mayer: Er sei gegen jede Frist. Die Sectionen wüßten, was sie dem Lande schuldig seien, und sie würden sich so sehr beeilen, als es mit der Wichtigkeit der Aufgabe vereinbar sei. Die Anträge werden zurückgezogen, da Pribyl auf den früheren Reichstagsbeschluß vom 6. Oktober in dieser Beziehung aummerksam macht. Die Tagesordnung für die nächste Sitzung wird festgesetzt. Löhner macht auf die Nothwendigkeit eines neuen Rekrutirungs⸗ gesetzes aufmerksam und verlangt, daß deshalb, zur Berathung eines solchen, eine Sitzung anberaumt werde. Die nächste Sitzung findet Donnerstag den 30sten statt. Die Tagesordnung derselben ist: 1) Verlesung des Piotokolls. 2) Prüfung der Wahl -Akte, der neuen und noch rückständigen. 3) Die dritte Lesung der Geschäftsord— nung und in Verbindung damit 4) das Gesetz über die nochmalige Vornahme von Wahlen für diejenigen Abgeordneten, die in Staats— dienste getreten sind.
Wien, 29. Nov. Das Journ. des öster. Lloyd bemerkt über die gegenwärtigen österreichischen Minister:
„Das neue Ministerium unterscheivet sich von dem alten in einem wich— tigen Punkte. Es ist nicht, wie das frühere, ein Ministerium Wiens, es ist ein Ministerium Oesterreichs. Das Hauptresultat der Oktober-Emeute und ihrer Unterdrückung war die Emancipation der Provinzen von dem Einflusse der Hauptstadt. In dem früheren Ministerium fanden einige Männer nur deshalb einen Platz, weil sie sich bei der Bevölkerung Wiens ein gewisses Ansehen erworben hatten. Wir dürfen von dem jetzigen Ministerium sagen, daß es ein Ansehen bei dem ganzen Lande genießt. Der Finanz Minister (Kraus) ist auf seinem Posten verblieben, weil er sich das Vertrauen aller Par— teien und aller Provinzen erworben und bewahrt hat. Alexander Bach (Justiz⸗Minister) hat zur Genugthuung derer sein Portefeuille beibehalten, welche die Rechtlichkeit und Unabhängigkeit eines ehrenwerthen Charakters zu schätzen wissen. Er gehörte zu denen, welche in der Nevolutions-Epoche sich unter den ersten Vorkämpfern der Freiheit befanden, er war aber auch der Mann, welcher die Zügellosigkeit zuerst zu zügeln begann. Was sein Verbrechen in den Augen der Anarchisten war, daß er sich nicht zum Werk— zeuge der Klubs und der Demagogen herabwürdigen ließ, das ist sein gro— Fes Verdienst in den Augen aller Patrioten geworden. Er, vor allen An— deren, durfte in der neuen Minister⸗Combinatlon nicht fehlen. Es war eine Ehrensache für das ganze Land geworden, den Mann nicht abtreten zu las⸗ sen, welcher zuerst und zumeist als ein Freund der Freiheit und der Gesetz⸗ lichkeit sich die Feindschaft der Volksaufwiegler und Wühler zugezogen hatte. Es durfte diesen kein zweites Opfer ausgeliefert werden. Die zwei Männer, welche wir eben genannt haben, sind auch diejenigen, welche im'früheren Mi nisterium, neben Wessenberg und dem verewigten Latour, die Administration der Angelegenheiten ihres Departements wirklich verstanden. Beide ha— ben davon Zeugniß abgelegt, und wenn wir sie neben ihre jetzigen Kolle— gen stellen, so dürfen wir behaupten, daß niemals ein Ministerium in Desterreich bestand, welches so hohe administrative Talente in sich vereinigte. Das Minister-Präsidium und das in den jetzigen Zeitläuften über Alles wichtige Departement der auswärtigen Angelegenheiten ist dem Fürsten Felix Schwarzenberg zugefallen. Er war es, der in Folge der Un— terbrechung friedlicher Verhältnisse mit dem Hofe von Neapel seinen Bot— schafterposten verließ, nur um seine Dienste dem Staate in einer gefährli⸗ cheren, aber gleich ehrenvollen Curiere zu widmen. Er führte auf den Feldern der Lombardei seine Division gegen Karl Albert's Heer zum Kampf und zum Siege. Seine große Erfahrung als Diplomat, seine Festigkeit und sein Eifer für die Erhaltung der Integrität Oesterreichs bezeichneten ihn dem letzten Kabinet als den geeigneten
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Mann, um die Unterhandlungen in Bezug auf Italien zu einem gedeihlichen Ende zu führen. Er steht jetzt auf einem höheren Posten, und Niemand bezweifelt seine ganz besondere Befähigung, die Ehre und den Vortheil Oesterreichs auswärtigen Mächten gegenüber unversehrt zu wahren. Er besitzt den moralischen und phvsischen Muth, welcher in dieser fritischen Periode von einem Premierminister verlangt wird, und auch das unbegränzte Vertrauen seines Monarchen, welches uns Bürge dafür ist, daß kein fremder Einfluß sich zwischen dem Staatsoberhaupte und dem constitutionellen Mi— nisterium eindrängen kann. In der Periode, als Metternich allmächtig war in Oesterreich, kehrten sich die Blicke Aller, welche auf eine bessere Zukunft hofften, auf einen Mann, der jeßt eines der wichtigsten Portefeuilles im Ministe= rium inne hat. Die öffentliche Stimme Deutschlands und Oesterreichs vereinigte sich in dem Ausspruche, daß Franz Stadion (Minister des Innern) für dieses Land der Mann der Zukunst sei. Als Gouverneur des Küstenlandes mache er aus Triest den Freihafen nicht allein für die Güter des Kaufmanns, son— dern für die edelsten Güter des Geistes und der Menschheit. Wer erinnert sich nicht, daß das Metternichsche Spstem überall, nur nicht in Triest, einen festen Boden fand, daß in dem großen Stapelplatz Oesterreichs verbotene Zeitungen öffentlich ausgelegt, verbotene Bücher uberall gelesen wurden, daß die Polizei fast eine patriarchalische Simplizi tät angenommen hatöe, daß der würdige Stelz und das Selbstbewußtsein des Bürgers genähri und geehrt wurde, bis jene Stadt den vorzugsweise bürgerlichen Charakter gewann, welcher dessen Bewohner an Tüchtigkeit, Gemeinsinn und Selbst= gefühl neben die Bürgerschaft solcher Stadt, wie Hamburg, Bremen und Lübeck es sind, stellte! Es war nur Eine Stimme der Dankbarkeit und der Anerkennung, welche in Triest unter allen Klassen der Bevölkerung, unter Italienern, Slaven und Deutschen laut wurde, zur Zeit als dem Grafen Stadion das damals wichtigste Amt der Monarchie, die Gouver— neursstelle in Galizien, anvertraut wurde und er den Schauplatz seines früheren Wirkens verlassen mußte. Er rettete das große Land für Oesterreich und erwarb sich dafür den Dank der Patrioten und die Feindschaft aller jener Leute, in deren Absicht es lag, Galizien von Oesterreich abzureißen. Je— dermann weiß, wie es den Letzteren gelang, einen Einfluß auf die radikale Presse Wiens zu gewinnen, und mit welcher wüthenden Beharrlichkeit diese den Mann zu begeifern suchte, den die Feinde Oesterreichs als ihren ge—Q fährlichsten Feind zu fürchten Ursache hatten. Das Volk jedoch hat nicht vergessen, daß Stadion ein freisinniger Mann war zu einer Zeit, als es noch Muth und Aufopferung bedurfte, um Freiheit zu behaupten und zu verbreiten. Selbst seine Gegner haben ihm aben ein administratives Talent der ersten Klasse, Muth, Ausdauer, Fleiß und eine unerschütterliche Integrität zuerkennen müssen. Der Handelsminister von Bruck aus Triest hat eine seltene Carriere gemacht. Er hat sich selbst das Piedestal gebaut, auf welchem er zu einer hohen Stufe politischer Macht emporgestie⸗= gen ist. Er hat durch eigene Kraft und Thätigkeit seinen Namen zu einem gemacht, der weit über Oesterreichs und Deutschlands Gränzen hin— aus einen guten Klang hat. In seiner Jugend Offizier, dann Kaufmann, Direktor und Gründer großer Compagnieen und ein Unternehmer von wich— tigen und gemeinnützigen Werken, ward er von seinen Mitbürgern in das deutsche Parlament gewählt und von der österreichischen Regierung zu dem wichtigen diplomatischen Posten eines Bevollmächtigten bei der Bundesge— walt ernannt. Er ist ein Mann, von dem man sagen kann, daß er in allen Sätteln gerecht ist, und an den sich große Hoffnungen knüpfen. Die Genialität und die unerschütterliche Ausdauer und thatkräftige Energie, mit der er alle ihm anvertraute Angelegenheiten glücklich geleitet hat, die reiche praktische Erfahrung, welche er sich erworben, der praktische Blick, der ihm als großem Geschästsmanne eigen ist, geben uns die feste Zuversicht, daß er ein Chef der beiden Departements des Handels und der öffentlichen Arbeiten werden wird, wie ihn Oesterreich zu dieser Zeit benöthigt. Von Herrn von Thienfeld wissen wir nur, daß er einer der geachteisten Bür= ger und Landstände Steyermarks ist, der auch in den vormärzlichen Tagen als ein freisinniger Mann, später als ein freisinniger Deputirter bekannt war, und der gründliche Kenntniß im montanistischen und im Agrikulturfache besitzen soll. Der Kriegsminister, General Cordon, ist ein tüchtiger, energischer Offizier im kräftigsten Mannesalter, der das Zutrauen der Armee besitzt. Dem Unter⸗-Staatssecretair im Departement des öffentlichen Unterrichts duͤrfte hauptsächlich die Leitung dieses Ministeriums zufallen. Dr. Helffert nimmt unter den böhmischen Deputirten eine hervorragende Stellung ein und ist ausgezeichnet durch lo— logische Klarheit des Denkens, Schärfe der Dialektik und bedeutende Red— nergabe. Unter den Mitgliedern des Ministeriums gehören zwei der sogenannten Aristokratie des Landes an. Wie vor längerer Zeit ein gemeines Vorurtheil dem Bürgerlichen hinderlich war, so hatte sich in der letzteren Zeit ein nicht minder gemeines gegen den Adel gekehrt. Man ward mit den tüchtigsten und patriotischsten Männern, die einem im Wäge standen, auf eine wohlfeile Art fertig, indem man sie Aristokraten schalt. Doch haben ein Freiherr, ein Graf und ein Fürst die militairische Ehre Oesterreichs gerettet und die äußeren und inneren Feinde des Landes besiegt. Und doch werden manche Männer mit Titeln, eben so gut wie andere ohne Titel, ihrem Vaterlande ersprießliche und uneigennützige Dienste leisten. Wir freuen uns, daß in Oesterreich jetzt schädliche und schändliche Vorurtheile aller Art im Schwinden begriffen sind, und daß man eben so wenig gesonnen ist, einem Manne, der sich selbst seinen Weg durch die Welt gehauen hat, seine obskure Abkunft vorzuwerfen, als einen Anderen zu ver— unglimpfen, weil er einen historischen Namen trägt und seine Vorfahren mit Ehren ihrem Vaterlande gedient haben.“
Wien, 28. Nov. Die Wiener Zeitung berichtet: „Nach⸗ dem die Verhältnisse in Ungarn sich bis zur offenen Empörung ge— steigert haben, es somit nicht länger anging, in Wien eine von dem nicht mehr bestehenden ungarischen Ministerium in Budapest abhängige Behörde zu dulden, indem solche dem ungesetzlichen Einfluß einer auf⸗ rührerischen Faction untersteht und durch ihre Anwesenheit in der Hauptstadt Oesterreichs leicht als Mittel zu gefährlichen Umtrieben dienen und die allgemeine Sicherheit bedrohen könnte, haben Se. Durchlaucht der Feldmarschall Fürst Windischgrätz die nach Abgang Pulszky's noch fortwährend hier fungirenden beiden ungarischen Staatsräthe, Georg Bartal und Michael Platthy, angewiesen, ihre Amtsthätigkeit sogleich einzustellen und Wien innerhalb 24 Stunden zu verlassen, was sie auch unverweilt vollzogen haben. Ein Theil der magyarischen Armee fängt, Privatnachrichten zufolge, an, zu sei⸗ ner Pflicht zurückzukehren. So oben trifft die Nachricht ein, daß gestern nach Ablauf des vom Fürsten Windischgrätz gegebenen Ter⸗ mins 11“ Escadrons Kavallerie und 2 Bataillone von Wasa⸗Infan⸗ terie bei Malatzka die Gränze überschritten und sich dem Corps des F. «L. Simunich angeschlossen haben.“
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 28. Nov. (Börs. H.) In der heutigen Sitzung der Abgeordneten⸗Versammlung wurde fol— gendes Amendement des Abgeordneten Schwarz zum Antrag Stör⸗ zel's wegen Aufhebung der Lotterieen und des Hazardspiels zu Do⸗ beran angenommen: Hohe Versammlung wolle 1) in Erwägung, daß die Frage wegen Aufhebung sämmtlicher Lotterieen in Deutsch⸗ land von der National- Versammlung zu Frankfurt in Berathung gezogen, beschließen, den Störzelschen Antrag an den Finanz- Aus⸗ schuß zu verweisen und 2) wegen Aufhebung des Hazardspiels (Spiel⸗ bank) zu Doberan beschließen, auch diese Frage zur Berichterstattung an den Finanz-Ausschuß zu verweisen.
Sachsen-Altenburg. Altenburg, 29. Nov. (D. A. 3.) Am Lssten ist hier folgendes Gesetz erschienen: 1) Kein Land— tags-Abgeordneter kann drei Tage vor Beginn der landschaftlichen Diät, während der Dauer und drei Tage nach Beendigung derselben ohne Genehmigung der Landschaft verhaftet werden, außer wenn er bei Ausübung eines Kriminalverbrechens auf frischer That ergriffen wird oder zur Wechselhaft verurtheilt worden ist. 2) Kein Abgeord⸗ neter kann während derselben Zeit ohne Zustimmung der Landschaft in Untersuchung genommen werden. 3) Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied der Landschaft und jede Haft eines solchen ist sofort der versammelten Landschaft anzuzeigen und wird auf deren Verlan⸗— gen für die Dauer der Sitzung vertagt, auch wenn das Strafver⸗ fahren oder die Haft vor dem im Eingange des §. 1 bestimmten
Zeitpunkte eingetreten sein sollte. 4) Bei Berathungen und Abstim⸗ mungen der Landschaft oder ihrer Kommission über die Frage, ob ein Abgeordneter in Haft oder Untersuchung genommen werden soll, *. sich der betheiligte Abgeordnete aller Theilnahme daran zu ent⸗ alten.
Nachdem wiederholt der Fall vorgekommen ist, daß in der irri⸗ gen Voraussetzung, als seien die an die Landschaft oder von dieser an den Landesherrn gebrachten Anträge auf Aufhebung bisher be⸗ standener polizeilicher oder anderer gesetzlicher Vorschriften an sich schon hinreichend, um die „Landesunterthanen“ von der ferneren Be⸗ obachtung solcher Vorschriften zu entbinden, gegen letztere verstoßen worden ist, so macht das Herzogl. Ministerium auf das Irrthümliche einer solchen Annahme mit dem Bemerken aufmerksam, daß, unbe⸗ schadet des in dem Gesetze vom 20. Oftober d. J. der Landschaft zugestandenen Rechts der Initiative und mit alleiniger Ausnahme des hierselbst in dem zweiten Abschnitte des 8. 65 vorgesehenen Falles, be⸗ stehende Gesetze und Verordnungen, auch wenn von der Landschaft deren Aufhebung beantragt worden sein sollte, so lange ihre Geltung behalten, als dieselben nicht von der Staatsregierung selbst für auf⸗ gehoben erklärt worden sind. Dabei wird zugleich bemerkt, daß das bisher zur Begründung von Straferlaßgesuchen wiederholt vorgekom⸗ mene Ansuchen, als habe man das betreffende Verbot für aufgehoben erachtet, oder als habe sich die Ansicht von dessen Aufhebung ver⸗ breitet, künftig nicht mehr als Strafentbindungsmoment angesehen werden soll.
Oldrenburg. Oldenburg, 23. Nov. (Wes. 3.) In der heu⸗ tigen Sitzung des Landtags sand das Steuer-Verweigerungagrecht einigen, jedoch vorübergehenden Anstoß. Man versöhnte sich mehr damit auf die Betrachtung, daß der Gebrauch dieses Rechts um so seltener und daher unbedenklicher sein werde, je mehr das Volk seinen verfassungs⸗ mäßigen Antheil am Staate habe und deshalb desto weniger geneigt sein könne, diesen Staat zu stören oder gar zu zerstören. Der Art. 188 wurde demzufolge dahin angenommen: „Den Landständen steht das Recht zu, neue und ale Steuern zu bewilligen und zu verweigern. Ohne Zustimmung des Landtags können aiso Steuern und Abgaben weder ausgeschrieben noch forterhoben, Anleihen und Schulden gültig nicht gemacht werden.“ Den Art. 189. „Die Stände werden Ausgaben nicht verringern, deren Noth⸗ wendigkeit auf bereits begründeten Verbindlichkeiten beruht,“ wollten mehrere Abgeordnete streichen, weil er eine Deutung zuzulassen scheine, welche mit dem so eben anerkannten Abgaben⸗Verweigerungs⸗Rechte der Stände im Widerspruche stehe. Die Mehrheit aber theilte die⸗ ses Bedenken nicht, da nur die Ausgaben genannt seien, nicht die Deckungsmittel derselben, und hielt die Bestimmung nothwendig zur Sicherheit der Staatsgläubiger. Zu Protokoll wurde jedoch erklärt, daß dies von Gehalten und Pensionen nicht zu verstehen sei. Die übrigen Artikel vom Staatshaushalte fanden kein Bedenken und be⸗ stimmen auch nur das Gewöhnliche, mit Ausnahme des Art. 195, welcher die Bildung eines Reservefonds beabsichtigte. Dies fand man nach richtigen Grundsätzen des Staatshaushalts nicht empfehlenswerth, und der Artikel wurde gestrichen, statt dessen vielmehr der Satz auf⸗ genommen: „Ersparnisse in einer Ausgabe- Rubrik dürfen nicht fü eine andere verwendet werden.“
Ansland.
Frankreich. Paris, 28. Nov. Man behauptet, daß das Manifest Louis Bonaparte's ganz aus der Feder des Herrn Thiers geflossen sei. Nur vier Journale, der Constitution⸗ nel, die Liberté, die Assemblé und das Bien Publié theilen dasselbe heute mit; man wundert sich, es in der Presse noch nicht zu finden.
Odilon Barrot hat sich in einem Schreiben an einen Wähler, der ihn um seine Ansicht über die Präsidentschaftsfrage ersuchte, für die Kandidatur Louis Bonaparte's erklärt; zwar würde er lieber, wie er sagte, einen anderen Kandidaten mögen, aber wenn er nur zwi⸗ schen den beiden Namen, die bei der Wahl eine Aussicht auf Erfolg hätten (Cavaignac und Bonaparte), zu entscheiden habe, so müsse er sich für diesen erklären, weil derselbe außerhalb der politischen Par- teien stehe, von denen die Revolution gemacht worden, er daher leich- ter im Stande sein werde, überall fähige Männer, ohne Rücksicht auf deren Ursprung, zu seinen Rathgebern zu wählen und auf diefe Weise wahrhaft versöhnend aufzutreten, ohne von seinen alten Freun⸗ den dem Vorwurf des Verraths ausgesetzt zu sein. Auch verspreche er sich von Louis Bonaparte's Regierung am ersten ein Ende des gefährlichen Kampfes zwischen der Bourgeoisie und den arbeitenden Klassen, weil die hestigsten Volksleidenschaften durch seine Wahl wür— den beschwichtigt werden.
Die Presse bleibt auch nach der Diskussion in der Sonnabend⸗ Sitzung bei der Behauptung, Cavaignac stehe keinesweges gerecht⸗ fertigt da; im Gegentheil beharrt sie bei alledem, was sie in ihrer Beleuchtung „Cavaignac vor der Untersuchungs-Kommission“ gegen den General aufstellte. „Cavaignac“, sagt sie, „habe einen Plan. Dieser Plan war aber der eines Militairs und nicht der eines Man⸗ nes, der eine Insurrection im Keime ersticken wollte.“ Die Union äußert sich über die motivirte Tagesordnung der National⸗Versamm⸗ lung in folgender Weise: „Seit dem 24. Februar hat sich alle Welt um das Vaterland verdient gemacht. Die provisorische Regierung hat sich verdient gemacht trotz der 45 Centimen. Die Exekutiv⸗ Kommission hat sich verdient gemacht, und der General Cavaignac hat sich sogar zweimal verdient gemacht. Wir glauben indessen, daß, wenn man das „Vaterland“ fragte, ob sich diese Männer alle wirklich verdient gemacht hätten, man zur Antwort erhalten würde, daß das Vaterland der National-Versammlung selbst diese Ehre gar nicht zu⸗ gestehe, welche sie so bereitwillig all seinen Rettern votire.“
Im heutigen Moniteur liest man: „Die Assemblse Na⸗— tionale wirft der Regierung vor, daß sie den Klubs gegenüber sich nachsichtig und gleichgültig verhalte. Diese Versammlungen wer⸗ den aber im Gegentheil anhaltend überwacht, und die Regierung wird kräftig dafür sorgen, daß keine derselben die Vorschriften des Gesetzes übertrete oder umgehe. Was die geheimen Gesellschaften betrifft, so hat die Regierung nicht erst auf den Rath jenes Jour— nals gewartet, um ihr Augenmerk auf sie zu richten.“
Die Assemblée Nationale behauptete gestern, in der Rue St. Sebastian sei bei einem Krämer alles Pulver aufgekauft worden, und es würde heute unfehlbar eine Revolution geben. Vor den Prä— fekten Gervais geladen, um hierüber nähere Auskunft zu geben, er= klärte der Geschäftsführer dieses Blattes, daß er diese Gerüchte in der Wachtstube seiner Nationalgarde Compagnie gehört habe. Der Präfekt empfahl ihm darauf, sich künftig der Verbreitung solcher aufregenden Gerüchte zu enthalten. 5
Die Assemblse behauptet heute wiederholt, daß beinlich . fen aufgekauft, Pulver fabrizirt und Kugeln gegossen würden. . ses Blatt veröffentlicht zur Unterstützung seiner . fin, . von F. Arago, worin derselbe Aehnliches bebauptet un s gel erg nils anflihrl. Der Pellzespräfek. Gerrais Ea aud gr g n' ten ein Rundschreiben erlassen, worin es, Heißt nd 7 , a6 Alles aufgeboten, um die Bewohner von Paris und seine