1848 / 221 p. 4 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

bie Unterzeichneten ihre dankbaren Gefühle an den Tag . 6 den unerschütterlichen Muth. mit dem Sie, jeder 2 fihr und jeder srregeleiteten offentlichen Meinung trotzend, den Weg am wahrtn Heile des Vaterlandes in offener und gerader Richtung verfolgten. aer o n, Brandenburg, den 4. Dezember 1848.

* Ost- und westhavelländischer Kreis. (72 Unterschriften.)

Hohes Staats⸗-Ministerium! ;

Der unheimliche Spuk ist, Gott sei Dank, an uns vorüber ge⸗ zogen. Wir athmen wieder aus freier Brust. Ruhe und Ordnung und Achtung vor dem Gesetz sollen in unserem schönen Vaterlande aufs neue heimisch werden.

Ein hohes Ministerium hat den Weg zu wahrer edler Feeiheit angebahnt. Dank ihm, den begeistertsten, ven den Unterzeichneten.

(68 Unterschriften.)

Hohes Staats-Ministerium! hat den ehrfurchts voll unterzeichneten patriotischen Verein für d Vaterland nur mit dem tiefsten Schmerz erfüllen können, ; Vertreter unseres Volks nach ihrer Wiedereinberufung in Brandenburg noch nicht in beschlußfähiger Zahl sich eingefunden ha— er. Wenn die Fraction von Unruh am Isten d. M. durch ihr Auf— freten in Brandenburg an den Tag gelegt hat, daß sie nur in die Versammlung eintéeten wolle, wenn es ihr gestattet bleibt, ihre ver— brechcrische Auflehnung gegen die Krone und ihr verrätherisches Spiel lkes Wohl und Sicherheit fortzusetzen; wenn auf der Seite die den Befehl Sr. Majeslät folgsamen Abgeordneten über die zu ergreifenden Maßregeln sehr im Unklaren und im Zwie— spalt zu sein scheinen: so wird leider die Hoffnung immer unsicherer, daß durch diese Versaminlung das Verfassungswerk nach dem Willen des Königs und des Volkes in gedeihlicher Weise gefördert werden fönne. Sowehl die Erkenntniß des wirklichen Volkswillens, als bie gewissenhafte Beachtung desselben scheint entschieden in der Minorität lleiben zu sollen. Was Preußens Volk will, kann seit dem gen v. M. keinem Unbefangenen mehr zweifelhaft sein. Nicht allein ha— ben tausend und aber tausend Zungen aus allen Gegenden und Stän des Vaterlandes davon Zeugniß gegeben, sondern die unter den wärtigen Zustäuden bedeutungsvollsten und entscheidensten Tha⸗ haben kräftiger, als alle Worte, den unwiderleglichen Beweis ge⸗ führt, daß unser Volk in Treu und Glauben eben so entschieden ein starkes Königthum von Gottes Guaden, als die ihm durch seines fheueren Königs Wort gewährleistete constitutionelle Freiheit will, diese allgemeinen Volksthaten sind die folgsame, ja freudige Gestellung ker Landwehr auf des Königs Ruf in fürzester Frist und die mit Jerachtung zurückgewiesene Verlockung zur Steuer-Verweigerunz.

m Hinblick auf diese Volksthaten, in Betracht der verzweifelten Zustände in unserer National-Versammlung, sühlen wir uns veipflich— tet, eben so vertrauens als ehrfurchtsvoll vor Einem Königlichen hohen Staats⸗Ministerium zu erklären:

Dochdasselbe wolle sich unserer vollen Zustimmung vensichert halten, so wie wir diese auch kräftig vertreten werden, wenn es sich durch Lie angedeuteten Gründe in seiner Weisheit und in seiner Treue gegen König und Vaterland bewogen sinden sollte, die gegenwärtige Nationa Versammlung auf— zulösen.

Wie wir uns sest versichert halten, daß Ew. Königl. Majestät egiernng von den uns theuren Königlichen Verheißungen Richts bbrechen wird, so stellen wir eben so vertrauensvoll Hochdemselben ganz gehorsamst anheim, durch welche Maßregeln sie die verheißene constitutionelle Verfassung fördersamst herzustellen in ihrer Weisheit für recht und gut finden wird.

Pas Ik, de! Dezember 18483.

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pasewalt, den . triotische Verein für König und Vaterland mit 275 Mitgliedern.

Yin il Ein Königliches hohes Staats-Ministerium

zu Berlin.

Hohes Staats⸗-Ministerinm!

Da die Beschaffenheit der in Brandenburg zu erwartenden Na— tional⸗Versammlung keine Bürgschaft bietet, daß die von derselben vorzunehmenden Berathungen zum Wohle des Landes ausfallen, so ersucht der unterzeichnete Verein ein hohes Ministerium:

Antrag in der Versammlung zu stellen, daß dieselbe st auflöse oder, wenn die Versammlung diesen An— annehmen will oder (weil sie nicht beschlußfähig) die Auflösung auszusprechen und gleichzeitig Neil⸗= veranstalten.“ ezember 1848. er constitutionelle Verein.

hes Staats-⸗Ministerium!

die kürzlich im hiesigen Kreise eröffnete Zeichnung sind des schweren Druckes der Zeiten doch jetzt schon 11,000 neuem in demselben zur freiwilligen Änleihe angeboten ür Hochdasselbe, so bald es irgend gefordert wird, zur Sie gleich einzuzahlen, davon hat uns der Beschluß der National-Versammlung in Frankfurt und die wohl darauf gegründe⸗ ten Gerüchte von Hochdesselben Rücktritt noch zurückgehalten, denn nur für dies Ministerium, welches das Ruder des Staats in so schwe⸗ rer Zeit mit sicherer, fester Hand ergriffen und von dem wir ein muthiges Fortschreiten auf den betretenen Bahnen mit Zuversicht er— warten, lünnen und wollen wir sie geben, weil der Eintritt eines jeden anderen in gegenwärtiger Zeit nothwendig als ein Wechsel des Systems, als neue schmachvollste Niederlage der Krone und des Rechts betrachtet werden müßte. Hohes Ministerium! Bei zer Aufopferung, mit welcher Hochw— desselben Glieder ihre Aemter übernommen, brauchen wir gewiß nicht daran zu erinnern, daß das ganze Land ein Recht hat, es zu fordern, dan Sie, was auch komme diese Aemter nicht Ihrerseits in die Häude Sr. Najestãt 1 Uönigs zurückgeben, als bis Ihre Aufgabe der Wiöiederherstellung des Rechts der Krone und der Begrändung der

Verfassung ganz vollendet ist. Sollte, wie es scheint, die Hoffnung schwinden, sie durch Ver⸗ einbarung ins Werk zu setzen, dann, hohes Ministerin m, bitten wir sie, von Se. Majestät dem Könige dem Lande geben zu lassin, das mit Dank und Jubel diesen Schritt begrüßen wird, als den segen⸗

vollst'n für des Landes wahre Freiheit. z

Belgard, den 6. Dezember 1848. Der patriotische Verein für constitutionelles Königthum.

Uerber das Toben einer entfesselten Volksmasse, von fanatischen ober selbstsüchtigen Menschen heraufteschworen, die auf den Trümmern eines gestürzten Thrones sich emporschwingen wollen erhebt sich siegreich wieder die Stimme der Vernunft, und unerschrocken treten die ihrem König Treuen gegen jene Aufwiegler zur Anarchie und Ge⸗ etzlostgkeit in die Schranken. Allein dem Wort muß die That Gel— fung versch affen.

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Selbst Feinde jeder Knechtschast, anerkennen wir die Nothwen⸗ digkeit der Unterordnung unter ein machtbegabtes, im Einverständniß mit seinem Volk regierendes Staats- Oberhaupt.

Eine darauf gegründete Verfassung ist von Sr. Majestät dem König seinem Bolk bereits zugesagt. Darauf vertrauend und gewiß überzeugt, daß Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen von Preußen die Eifüllung des Königlichen Bruderwortes ein? heilige Pflicht sein wird, weihen wir uns hiermit in vollster Hingebung Allerhoöchstdero Dienste, des Winkes gewärtigend, um Mann an Mann mit gewaffneter Hand unseren Königlichen Herrscherstamm gegen ruchlose Emprer zu ver⸗ theidigen, das seinem Volke gegebene Verfassungsgesetz mit unserem Blut zu besiegeln; uns, als Schlesier, des preußischen Namens wür⸗ dig zu zeigen und zu beweisen, daß wenige Entartete ausgenom— men in allen, hauptsächlich bei den Landbewohnern in den großen Giundbesitzern, wie im freiem Bauernstande, noch die alte Treue fort⸗ lebt, daß sie die festesten Stützen des Thrones sind, und Jeder sein Herzensblut hingiebt mit Gott für seinen König und sein Vaterland.

Brieg und Umgegend, den 29. November 1848.

l ( 114 Unterschriften.)

Die Unterzeichneten, smmtlich Wahlmänner und lirwähler des Wahlbezirks Solingen zur preußischen National-Versammlung in Ber— lin, erllären hierdurch: . ö R

daß sie den Schritt der Abgeordneten Miller und Hesse, wonach solche den Berathungen der Majorität der National- Versammlung, nachdem ihre Vertagung ausgesprochen wor den, nicht ferner beiwohnten, durchaus billigen, und ersuchen dieselben, ungeachtet mancher entgegenstehenden Ansichten und etwaiger ihnen zukommenden Aufforderngen im entge⸗ gengesetzten Sinne, der auf den 27. November wieder zu— sammentretenden Versammlung zu Brandenburg beizuwoh⸗ nen und sich unter keinen Umständen bewegen zu lassen, in gegenwärtigem Augenblicke ihr Mandat abzugeben.

Leichlingen und Bourscheid im Kreise Solingen, im November

1848.

(74 Unterschriften.)

Im Angesichte der drohendsten Gefahr und in der Ueberzeugung, daß jeder Bürger seine Meinung frei zu bekennen verpflichtet sel, er= klären wir, daß wir die Verlegung der Netional-Versammlung nach Brandenburg als eine traurige Nothwendigkeit beklagen, aber als einen berechtigten Schritt der Krone billigen. Nach unserer Ueber— zeugung hat die Krone das Recht, den Ort und die Zeit der Ver⸗ sammlung zu bestimmen, die Regierung die Pflicht, die Freiheit ihrer Berathungen zu schützen. Da aber durch die Drohungen und Ge⸗ waltthätigkeiten eines aufgereizten Volkshaufens diese beeinträchtigt, ja aufgehoben wurde, und jeden Versuch, sie Allen zu sichern, an dem Widerstande der Mehrheit scheiterte, konnte nur eine Verlegung dem Lande die Bürgschaft bieten, daß seine Vertreter uicht nach den Ein— gebungen zoher Massen, sondern ihres Gewissens stimmten. :

Wir billigen das Verfahren derjenigen Abgeordneten, welche seit der durch jene Maßregel der Verlegung nothwendig gewordenen Ver— tagung an den Berxathungen keinen Theil genommen haben, erkennen die Mäßigung, welche Einzelne unter den Zurückgebliebenen Anfangs zeigten, an und hegen den sehnlichen Wunsch, daß eine weise Nach— giebigkeit der Mehrheit, unter Vo behalt ihrtr etwaigen Rechtsan⸗ sprüche, so wie ein entsprechendes Entgegenkommen von Seiten der Regierung, jenen unheilvollen Zwiespalt versöhne und dem Lande die Schrecken eines Kampfes erspare, dessen Ausgang die constilutionelle Monarchie und die Freiheit in ihr höchlich gefährden würde.

Greifswald, Eldena und Umgegend, im November 1848.

(235 Unterschristen.)

8 g.

Wahrhaft wohlthnend war es für uns, vielseitig zu hören und zu lesen, daß sich in gegenwärtiger Zeit der Gefahr eine so große Liebe für unseren verehrten König und unser liebes Vaterland kund giebt.

Auch wir Unterz ichneten erklären hiermit öffentlich, daß wir, al— leu anarchischen und republikanischen Bestrebungen feind, mit uner— schütterlicher Liebe zu unserem Nönige und Vaterlande stehen, und sederzeit bereit sein werden, für König und Vaterland unser Gut und Blut einzusetzen. .

Wir hegen das seste Vertrauen, daß mit uns gewiß ein großer Theil der treuen Schlesier so denken und sich eben so offen als wir baldigst aussprechen werte.

Gott erhalte unserrn König und segne unser geliebtes Vater— land. ;

Die Gemeinden Ober- und Nieder-Rudolphswaldau, Kaltwasser, Ober- und Nieder-Wüstegiersdoif, F ilkenberg, Dorfbach und Töin— hau im Kreise Waldenburg in Schlesten, den 21. November 1848.

(265 Unterschriften.)

An eine hohe National-Versammlung in Brandenburg.

Die unterzeichneten Mitglieder des hiesigen Gemeinderaths so wie andere Einsassen erklären hiermit, daß sie diejenigen Abgeord— uten, weiche zu dem Beschluß vom 15ten dieses, die Aufhebung der Steuern betreffend, mitgewirkt haben, für unwürdig halten, ferner Mitglieder der National-Versammlang zu sein, da sie nicht als Velksbertreter gehandelt, sondern vielmehr durch diesen Schiitt es ver ucht haben, das Land in Anarchie zu stürzen. ö

Eben so hoffen sie bei den Abgeordneten, welche feierlichst er— klärt haben, nicht in Brandenburg zu tagen, so viel Ehrgefühl, auch Wort zu halten und ihr Mandat niederzulegen.

Bourscheid im Bergischen, den 26. November 1848.

Hohe National-Versammlung!

Wir unterzeichneten Ulwrwähler und Wahlmänner des Kreises Olpe erklären hiermit laut und offen, daß wir mit den bei den Ab⸗ stömmungen in der hohen National-Versammlung kundgegebenen reli⸗ giö en und polstischen Grundsätzen des Abgeordneten Stachelscheidt vollkommen einverstanden sind.

Wir wollen keine fortwährende Revolution und Anarchie; wir wollen Gesetzlichftit und Ordnung; wir wollen Schutz der Person und des Eigenthuns, Freiheit der Religion und des Unterrichts; wir wollen eine Veifassung, die auf Sittlichkeit und Gerechtigkeit basirtʒ wir wollen eine conslitntionelle Monacchie, ein siniges und freies Driutschland. Dies Alles will auch unser Abgeordnete und hat diese seine Gesinnung niemals verleugnet. Derselbe erfreut sich deshalb auch noch fortwährend des vollen Vertrauens bei dem größten Theile

der Bewohner des hiesigen Kreises. . ö Wir halten es für unsere Pflicht, dieses der Wahrheit gemäß Einer hohen National-Versammlung mitzutheilen, damit Hochdieselbe erfahre, daß die politische Ansicht unseres Kreises nicht die ist, welche sich in dem vor lurzem eingereichten Mißtrauens-Votum auespricht. Trolshagen, den 25. Rovember 1843. (1224 Unterschriften.)

. Urwähler-Erklärung. Die unterzeichneten Urwähler erklären;

) Daß die Krone sowohl das gute Recht als gute Grünbe batte, die National-Versammlung von Berlin nach Bran— denburg zu verlegen und bis zum 27sten d. Mis. zu ver— tagen;

und treten hiermit den umstehend abgedruckten Erklärungen bei, welche von den monarchisch-constitutionell gesiunten Abgeordneten der Natio— nal-Versammlung abgegeben sind. Sie protestiren:

2) gegen jede eigenmächtige, dieser Anordnung widersprechende Fortsetzung der Verhandlungen von einem? Theise der Ver? sammlung und erachten alle von selbiger gefaßten Beschlüsse für nichtig.

Indem sie also dem Verfahren der Krone ihre Zustimmung geben, sprechen sie die Erwartung aus: daß tieselbe ferner kräftig zum Schutz der Volks freihei⸗ ten die Regierung führen werde. Parchau in der Provinz Sachsen, den 26. Nevember 1848. (101 Unterschriften.) Zu der vorstehenden Urwähler - Erklärung sind noch aus fos— genden Ortschaften an Unterschriften hinzugekommen: Aus Schievelbein 203 Unterschriften; »Tobrilugk und Prießen 52 Unterschriften; »Nrugard, Damerow und Cartzig in Pommemn 117 Unter schriften; (Fortsetzung folgt.)

Oesterreich. Reichstag. Schluß der Sitzung vom 4.

Mayer beantragt, den Antrag des Ministeriums in D

legen und der Finanz⸗Kkommission zur Berichterstattung zu übergeben; die Frist möge das Haus bestimmen. (Nuf: Verlesen, verlesen!) Mayer verliest den Antrag, er lautet: „Der Kredit von 2 Millionen Gulden, dessen Eröffnung die hohe Reichs-Versammlung mit ihrem Beschlusse vem 21. Oktober laufenden Jahres bewilligte, hat die Fi— nanzverwaltung in die Lage gesetzt, ungeachtet der gehäuften, sehr iamhasften Anforderungen und ungeachtet vielfache Schwierigkeiten der bedenklichsten Art eingetreten sind, die Staats ⸗Erfordernssse zu decken und den Dienst in ungestörter Ordnung zu erhalten. Gegen— wärtig kann und darf es aber nicht mehr aufgescoben werden, von dem hohen Reichstage eine weitere Ermächtigung dringend in Anspruch zu nehmen. Der Betrag des erwähnten Kredits ist beinahe erschöpft und wird kaum zureichen, für den Monat Dezember 1818 den sich darstellenden Abgang zu decken; zu dem Kriege in Italien ist nun leider ein zweiter Krieg im Innern der Monarchie hinzugeken: men, von dessen kräftiger Führung und schleuniger, glücklicher Beendigung die Macht der Monarchie, der Wohlstand aller in derselben vereinig— ten Länder und die Wahrung der Freiheit aller dieselben bewohnen den Völker abhängt. Welche großen Geldmittel die Rüstungen zur Vorbereitung solcher militairischer Maßregeln und die Führung des Krieges selbst erheischt, bedarf keiner näheren Beleuchtung. Der daraus hervorgehende Bedarf ist seiner Natur nach unaufschieblich. Die gewöhnlichen Hülféquellen des Staates gewähren nicht die Mit tel, demselben die Spitze zu bieten, denn der Voranschlag sür das Jahr 1819 weist, wiewohl solcher sich auf einen Zustand gründet, bei welchem die Nothwendigkeit eines solchen kostspieligen, inneren Kampfes nicht vorausgesetzt werden konnte, einen Abgang von bei— nahe 50 Millionen Gulden nach, wozu noch kommt, daß unter der Bedeckung ein, Betrag ven 4,600, 00 Gulden eben aus den ungarischen Ländern begriffen ist, dessen. Einzahlung unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht als sichergestellt be— trachtet werden kaun. Im Wege der ordentlichen Besteue rung können die Mittel zur Aufbringung einer so namhaften Summe nicht gefunden werden. Es erübrigt nur, dieselben durch Benutzung des Staats-Kredits zu suchen, zumal die Wiederherstellung und festere Begründung des Verbandes mit den ungarischen Ländern ein höchst wichtiger Moment für die Hebung des Wohlstandes aller Theile der Monarchie und die Befestigung eben des Staats- Kredits selbst aus— macht. Die Kredits Operationen, welche anzuwenden seien werden, sind von solcher Beschaffenheit, daß es nicht zweckmäßig wäre, die Ermächtigung, die sich das Ministerium erbittet, auf einen geringer Betrag zu beschränken und dadurch dasselbe in der Wahl der erfor— derlichen Operationen zu beengen; zugleich aber die Bedeckung des Erfoördernisses nach einem heschränkten Zeitraume neuerdings in Frage zu stellen. Die Ermächtigung muß selbst für eine größere, als die angegebene Summe des Abganges angesucht werden, indem betrachtet werden muß, nebst der Bedeckung des letzteren auch, noch einen anderen wichtigen Zweck zu ver— mitteln. Seit den großen Ereignissen, welche den größten Theil von Europa in den Zustand der staatlichen Umgestaltung versetzten, waren die Verhältnisse der Aufnahme fundirter Staats Anlehen höchst ungünstig. Die Nation hätte mit einer unverhältniß— mäßig hohen Zinsenlast beschwert werden müssen, und auch dann hätten bei der Schwierigkeit, Kapitalien aus dem Auslande zu erlan gen, die Personen, die geneigt gewesen wären, sich an einem Staate⸗ Anlehen zu betheiligen, die Einzahlungen größtentheils nur mit Hülfe der Benutzung ihres Kredits bei der Nationalbank zu leisten ver— mocht. Der Staat wäre also dem zweifachen Nachtheile ausgesetzt gewesen, hohe Zinsen für das ihm dargeliehene Kapital zahlen, zu⸗ gleich aber zugeben zu müssen, daß mittelbar der Kedit der Natio— nalbank angestrengt und die Summe der umlaufenden Banknoten ver— mehrt werde. In dieser schwierigen Lage mußte sich mit der Aus⸗— gebung von Papieren auf kurze Verfallszeit, d. i. mit der Vermeh— rung der schwebenden Schuld und mit der unmittelbaren Benutzung des Bank-Institutes, beholfen werden. Der Staatsschatz hat da⸗— durch eine sehr namhafte Ersparung an Zinsen und an dem Kapi— talsbetrage, der hätte verschrieben werden müssen, erhalten. In der Menge der in Umlauf getretenen Banknoten hat aber, eine, nicht unerhebliche Vermehrung stattgefunden. Weder die Einschränkung der Banknoten-Verwechselung, noch die Anordnung über die An— nahme der Noten als Zahlungsmittel, noch endlich das Münz Aus · fuhrverbot kann aufgehoben werden, wenn nicht darauf hinge⸗ wirkt wird, ein günstigeres Verhältniß der Menge der Banknoten zu den Silbervorräthen der Bank und dem Münz-Umlause, wie auch zu dem Bedarfe des Verkehrs herzustellen. Vie Wiederkehr des Friedens und gesicherten Ordnung wird Handel und, Gewerbe wieder aufleben machen, und dadurch wird schon für sich eine Bessernng der Wechselcourse, das Wiedererscheinen des Metallgeldes im Geld- Um— laufe und überhaupt eine günstigere Bewegung des letzteren, erfolgen. Immerhin wird es aber auch dann nothwendig und wünschenswerth bleiben, durch die Abtragung eines Theiles der Schuld des Staates an die Nationalbank die Summe der dieses Institut belastenden No— ten zu vermindern und dadurch die Herstellung des Gleichgewichtes zwischen den ausgegebenen Papieren und den Münzvorräthen zu be⸗ schleunigen. Durch die Verwendung eines Theiles des Anlehens, das entweder in der Gestalt einer fundirten Schuld oder durch Hinausgabe von verzinslichen Kassen⸗Anweisungen aufgebracht würde, zur theilweisen Abtragung der Schuld des Staates an die Nationalbank würde also

) Die in einigen Cxemplaren des gestrigen, Staats-Anzeigers stehende Note zu dieser Sitzung, über eine durch eingetretene Umstände ent⸗ standene Verspätung des Drucks, war eine Anmerkung des Wiener Reichstags-Blattes, aus welchem der Bericht entnommen,

im Ganzen die Staatsschuld nicht vermehrt, ne ,. 2. 4e, . sührung dis Geldumlaufs auf die gesetzliche Grundlage, die Befesti⸗ gung des Bank⸗Instituts und die Wiederherstellung des freien Münz⸗ umsatzes in dem Verkehr mit dem Auslande bezweckt. ; Dieses sind die Gründe, aus denen der Betrag, zu dessen Aufbringung durch Benutzung des Kredits im Laufe des Verwaltungs jahres 1819 zu er⸗ mächtigen wäre, nicht auf 50 Millionen Gulden beschränkt bleiben lann, wohl aber auf 80 Millionen gesetzt werden dürfte; (Bewegung) die Bestimmung der Theilbeträge, in denen dieser Kredit zu benutzen wäre, dann die Wahl der Operationen, die stattzufinden hätten, hängt zu sehr von den eintretenden Umständen ab, als daß bereits jetzt eine Anordnung darüber getroffen werden könnte. Insofern Staats⸗ anleihen abgeschlossen werden sollten, so, würde dabei der Weg der Oeffentlichkeit zur Erzielung möglichst günstiger Anbote und zur Er⸗ leichterung der Theilnahme an dem Darlehen in möglichst ausgedehn⸗ ten Kreisen benutzt. Von anderen einschränkenden Bestimmungen, durch welche das Finanzministerium in der Benutzung der eintre⸗ tenden Umstände beengt und zur Einbringung wiederholter Ansuchen bei der hoßen Neichs-Versammlung gezwungen würde, kann nur auf das bestimmteste abgerathen werden. Je ein greifender und mannigfaltiger solche Beschränkungen des Ministeriums in seiner Amtswirksamkeit sind, desto mehr wied dadurch dessen Verantwortung geschwächt, die Erzielung günstiger Bedingungen für die Kredits operationen erschwert, die Geschäftsbehandlung verwickelt und in letzter Auflösung dem Volke eine größere Belastung auferlegt, a!'s bei einer freieren Bewegung der Finanzverwaltung in den ihr ob— liegenden Amteverhandlungen erzielt werden könnte. In Erwägung dieser Beobachtungen wird folgendes Ansuchen gestellt: Die hohe Reichs versammlnng wolle beschließen: 1) Das Ministerium wird er— mächtigt, im Laufe Les Verwaltungsjabres 1819 durch Benutzung des Staatskredits, unter den fär die Finanzen günstigsten Bedingun— gen, Geldmittel bis zu dem Belaufe von 86 Mill. Fl. aufzubringen. 2) Die einfließenden Beträge sind zur Bestreitung des durch die laufenden Einnahmen nicht bedeckten unaufschieblichen Staatsaufwan⸗ des und zur Abtragung eines möglichst nahmhaften Theiles der Summe, welche der Staatsschatz der Nationalbank schuldet, zu verwenden. 3) Wird eine Staatsanleihe als fandirte Schuld ausgenommen, so hat solches im Wege der öffentlichen Ausbietung an den Bestbictenden oder der für Jedermann bei Erfüllung der vorgezeichneten Bedingungen offenst-henden Subscriptionen zu eifol

gen. 4) Ueber die Art der Vollführung dieser Ermächtigung und die Ergebnisse der dazu ergriffenen Maßresseln werd das Ministerium dem Reichstage seiner Zeit die erschößfenden Nachweisungen in kür— zester Frist nach der Vollführung vorlegen.“

Ziemiglkowski: Man hat uns wiederholt den Vorwurf gemacht, daß wir fünf Monate beisammensitzen, ohne doch die Con— stitution verfertigt zu haben; sogar von Seiten der Regierung wurden uns derlei Vorwürfe gemacht, denn wenn ich mich nicht irre, heißt es in dem bekannten Prorogations Manifeste, daß wir uns bles mit dem Verfassungswerke zu beschäftigen hätten. Dhne näher darauf einzugehen, Eb der Regierung das Recht zustehe, einem konstituirenden Reichetage vorzuschreiben, womit er sich zu befassen habe, so will ich blos auf den Widerspruch hinweisen, in den sich die Regierung verwickeite. Die Freiheit, sagt man, kostet Geld und Blut; Blut, glaube ich, ist wohl genug schon ver— gössen worden, auch Geld möchte das Volk gern hergeben, wenn es nur wüßte, wofür; und wie es um unsere Freiheit sieht, wissen Sie wohl Alle. Ich stelle daher den Antrag: Tie Vorlage des Finanz Ministeriums eist nach Beendigung des Verfassangswerkes in Erwä— gung zu ziehen. (Wird unterstützt.)

Prato: Ich stelle den Antrag, daß auch der Antrag des Vorredners dem Finanzausschusse zur Berichterstattung überwiesen werde. . ö .

Jonak: Ich muß mich gegen diesen Antrag erklären, weil ich nicht einsehe, was der Finanzausschuß, der sich nur mit materiellen Vorlagen beschäftigen kann, damit anfangen sollte. .

Placek: Die Annahme des Antrages von Ziemialkowski hängt genau mt den Aibeiten des Constitutionsausschusses zusammen; er wäre somit dahin zu verweisen. ;.

Borrosch: Ich habe bisher die Regierung unterstützt, wo es sich darum handelte, die Staatsmaschine in Gang zu er halten. Nach meinen Grundsätzen wäre erst durch die Constitution zu bestimmen, was jetzt in keiner Hinsicht in Frage gestellt werden kann. Entweder werden wir sortbestehen bis zur Vollendung des Verfassungewerkes, oder nicht. Im letzten Falle, kömmt es wohl auf Eins hinaus, ob wir der Regierung jetzt Schwierigkeiten bereiten, oder nicht; im ersten Falle aber werden wir ja in die Lage gesetzt werden, Nechenschaft zu fordern. Meinem Prinzipe gemäß, kann ich der Krone kein Veto zu⸗ gestehen, so länge dies nicht in der Verfassungeurkunde festges'tzt ist, aber eben so wenig kann ich ein Steuerveiweigerungsrecht zugeben, uud wäre ich Mitglied einer gewissen National Versammlung gewestn, ich hätte dagegen gesprochen, denn die Verlegenheiten der Negierungen kom⸗ men den Völkern nachträglich theuer zu stehe. Aber dies hindert uns nicht, an die Er üllung der Forderungen gewisse Bedingungen zu knüpfen; ich kann daher als getreuer Volksvertreter nur meinen Wunsch wiederholt aussprechen, daß baldigst allseitige Friedigung her⸗ beigeführt werde. Unsere Armee steht auf einem derartigen Faße, daß sich voraussetzen läßt, man werde durch Amnestie und Friede zu dem gelangen, worüber vielleicht abermals Ströme Blutes vergossen, Thürme von Leichen aufgehäuft werden sollen uad ein schönes Land zur Brandstätte umgewandelt werden soll. Ich frage nur, ob dann diese Länder im Stande sein werden, das auf sie anticipando ver— theilte Defizit zu ersetzen und ob nicht eine verzweifelte Bevölkerung, die sich dann in Näuberhorden auflöst, eine weit kostspieligere Ge⸗ richts und Militair⸗-Verwaltung in Anspruch nehmen werde? Die Erfüllung dieser Bedingungen können wir um so mehr erwarten, als wir jetzt einen Monarchen begrüßen, der, wie Joscph der Zweite und Ferdinand der Gütige, ein wahrer Vater seiner Unterthanen sein wird. Daher wiederhole ich den Antrag auf Friedigung, und obne ins Meritorische der Sache tiͤuzugehen, was ich im Finanzausschusse thun werde, beantrage ich, die Vorlage des Finanzministers dem Fi⸗ nanzausschusse zur Berichterstattung nach drei Tagen zuzuweisen, er— kläre mich aber gegen die Anträge der Abgeordneten Prato und Ziemialkows ki.

Löhner unterstützt Borrosch, erklärt sich aber gegen jede Be— stimmung einer Frist, innerhalb der der Bericht zu erstatten wäre. Er schließt sich also dem Antrage des Vorsitzenden an.

Dylewski erklärt sich mit Löhner einverstanden, meint aber, daß auch der Pratowsche Antrag berücksichtigt werden könnte, da der Finanzausschuß allenfalls bestimmen könne, was die Garantieen für die Freiheit werth seien. (Heiterkeit.)

Demel stellt den Antrag, daß über die Anträge Prato's und Ziemialkowski's zur Tagesordnung gegangen werde. Dieser Antrag wird zahlreich unterflützt und angenommen.

Borxrosch: Gegen Nichtfestsetzung einer bestimmten Frist müsse er sich erklären, weil es den Anschein haben könnte, der Ausschuß verschiebe absichtlich sein Gutachten; wer eine Arbeit übernehme, könne auch auf eine bestimmte Frist eingehen. Daher ändere er seinen An— trag dahin, daß eine Frist von 8 Tagen festgesetzt werde.

Der Antrag auf Ueberweisung an' die Finanzkommis⸗

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1311

sion, Drucklegung und Vertheilung unter die Mitglieber, so wie der Borroschsche bezüglich der Frist von 8 Tagen, wird ang e⸗ nommen.

Wissenschaft und Kunst

Uebersicht der brüsseler Kun stausstellung vom Jahre 1813.

Cester drtikel.

Allgemeines Historische, relig i se Malerei edle⸗ res und historisches Genre eigentliches Genre.

Indem wir auch dieses Jahr die Leser zur Betrachtung sriedlicher, sin⸗ niger, geistiger Erzeügnisse einladen, wissen wir wohl, daß Manche uns gern solgen werden, welchen, in den Stürmen der veränderlichen, ungeordneten und drängenden Außenwelt, der innere Muth, die Freiheit und Heiterkeit des Gemüthes ungetrübt geblieben sind; wir glauben, daß sie die Belench⸗ tung eines Gegenstandes, welcher der edleren, menschlichen Bildung ange⸗ hört, nicht von sich weisen werden, in einer Zeit, welche diese Bildung zu⸗ rüchzusetzen und für die Zukunft fast in Frage zu stellen droht.

Die bis in den Herbst dieses Jahres verlängerte Kunstausstellung in Brüssel, deren Verzeichniß bis auf 1186 Nummern stieg, bot, im Ganzen genommen, einen befriedigen Anblick dar; es möchte wenigstens schwer sein, unter einer gleichen Zahl von Arbeiten so viele zu sinden, welche sich über das Mittelmäßige erheben. Das Comité, welches über die Zulässig⸗ keit der zur Ausstellung eingesandten Stücke, wie über die Preis vertheilung, zu entscheiden hatte, war dieses Jahr theils durch Wahl von Sesten der ausstellenden Künstler und nur zum Theil durch die Regiernng ernannt, um durch indirekte Mitbetheiligung der Ausstellenden den oft gehörten Kla⸗ gen über Zurücksetzung Einzelner zu begegnen. Die gelinde und gewiß auf das Nothwendigste beschränkte Censur, welche ein solches Comité aus- übt, hat sich sehr wohlthätig gezeigt. Wir sind dadurch bisher vor einer Massenausstellung, wie die pariser in diesem Sommer war, behütet, bei der, durch unbeschränkte Zulassung jedweder Arbeit, eine wahrhast ochlora⸗ tische Schaustellung erreicht wurde, indem Anfängerschast und Meisterschaft, Handwerk und Kunst, Verstand und Ungeschick sich gleichberechtigt in die Pläße theilten; die Folge davon in Paris war eine lleberschwemmung, welche das Publikum ermüdete, das Sehenswerthe dem Blick entzog, die Kritik erdrückte und lähmte.

Im Allgemeinen machte die brüsseler Sammlung deswegen einen günstigen Eindruck, weil ein besserer Geschmack den gemeinen, groben Na⸗ turalismus, zu dem früher manche Jüngeren hinneigten, verdrängt hat; eine gewisse Solidität in der Wahl der Gegenstände hat einerseits die ge⸗ dankenlose Nachahmung der sogenannten Natur, bei den sogar das Häß⸗ liche nicht ausgeschieden wird, andererseits das Weichlich⸗Romanhafte fern= zuhalten gewußt. Wir haben bei der vorjährigen (genter) Ausstellung bemerkt, daß damals einige der angesehensten Namen aus Antwerpen sich vermissen ließen; leider gilt dieses auch für dies Jahr. Ist es Furcht vor Kritik und Vergleichung, ist es Gleichgültigleit gegen das Ürtheil der Haupt⸗ stadt, was diese Meister bewegt, nur ihre Vaterstadt mit öffentlichem Auf— treten zu beehren? Oder ist es die Bequemlichkeit, in einem erworbenen Kreise von Bewunderern zu arbeiten, anstatt mit jungen, aufstrebenden Ta— lenten zu wetteifern und sich neue Bahnen aufzuschließen? Wir sinden in dieser Hinsicht die Aeußerungen der belgischen Presse, so wenig schonend sie auch waren, gerecht. Bellagenswerth ist jene absichtliche Abwesenheit vor⸗ nehmlich, von dem geschätzten Meister Wappers, der, man darf sagen, der einzige wahre Künstler unter den Abwesenden ist, trotz seiner Fehler, seiner Inkorreftheit; denn seine tiefe Einsicht in das Wesen der Kunst, seine meisterhafte, echt malerische Auffassung der Kunstobselte hätte ihn befähigt, der Fortsetzer der altflamändischen Schule zu werden, fände er es nicht zu bequem, auf den erworbenen Lorbeeren auszuruhen. De Keyser, der diesmal auch nicht erschienen ist, hat leider von seinem anfänglichen grö- ßeren und freieren Siyle nachgelassen, um sich in eine geputzte Manier zu verlieren, die kaum noch der Historienmalerei angehört.

Ein Umstand, der uns wichtig erscheint, besteht darin, daß die neuere französische Schule, welche auch von einigen belgischen Malern nach- geahmt wurde, sich im Angesicht der A ntwerpener befunden hat. Zwei Richtungen standen so einander gegenüber, die man bei uns bisher nicht Gelegenheit hatte zu vergleichen. Jetzt konnten die Antwerpener mit Er- staunen bemerken, daß es Farbe und Sonnenlicht noch anderswo, als am Ufer der Schelde, giebt. Auch werden sie dadurch zu einem gründlichen Studium ihrer alten Vorbilder, Rubens, van Dock, Jordaens, an— gespornt, welche sie zwar jeden Augenblick zu preisen gewohnt waren, die aber von den Wenigsten eigentlich gekannt wurden, denn man hatte, anstatt zu den Quellen hinaufzusteigen, sich längst angewöhnt, eine neumodische, oberflächliche, gedankenlose Manier zu betreiben, worin man sich selbst ge⸗ fiel und gegenseitig nachahmte, überzeugt, man sei wirklich im Geleise der alten Meister geblieben. Ueberhaupt sind die A ntwerpener zu weit in das rein Technische gerathen, und es ist zu hoffen, daß die Zusammenstel-= lung mit verschiedenen neuen Mustern sie antreiben werde, mehr auf die Datstellung, auf Nachahmung des Lebendigen und Wirklichen zu achten, um mit mehr Gehalt auch mehr Charakter sich anzueignen. Schon sehen wir bei mehreren begabten und emsigen Künstlern die Schranken der Schul⸗ überlieferung sich erweitern und lösen; einige versuchen mit Erfolg einen eigenen Weg zu nehmen, so daß wir hoffen dürfen, es werden sich, wenn die schöne Kunst noch einige Jahre fortgedeihen kann, verschiedene treffliche Meister heranbilden, nicht um eine neue Schule zu schließen, sondern selbst⸗ ständig, neben einander. Eben in der belgischen Hauptstadt scheint man diese Richtung, nicht absichtlich vielleicht, sondern durch die Umstände gelei⸗= tet, zu verfolgen. Denn eine Schule existirt in Brüssel nicht, troß der Akademie, in der unter Navez Viele lernen, in welcher, bei manchen äußeren Trefflichkeiten, der Geschmack zu sehr von der Naturwahrheit und Tüchtigkeit sich abgewandt hat, um dem Kunstbeflissenen lebendige Anregung und innerliche Auffassung zu gewähren. Die freie, individuelle Ausübung der Kunst, wie sie unserer Zeit am meisten zusagt, wird seit einer Neihe von Jahren durch Gallait's glänzendes Beifptel befördert, einen Maler von großer Eigenthümlichkeit, bei dessen Werken wir schon einigemale Ge— legenheit gehabt haben, einen stetigen Fortschritt zu bezeichnen. Er war der Erste, der gegen die Einförmigkeit der Antwerpener siegreich austrat, der durch seinen eigenen Vorgang zeigte, daß es mehrere Wessen des Nich⸗ tigen und Schönen in der Kunst gebe. Das Streben nach einer charakter⸗ vollen Mannigfalt wird unsehlbar auch durch die Leichtigkeit des Verkehrs befördert, deren Belgien sich jetzt in so hohem Grade erfreut. Dadurch wird es Vielen möglich, das Louvre zu besuchen, wo sie einen Titian, Paul, Veronese, Murillo u. A., den Nuhm und Glanz der Farbe von Florenz und Venedig, die prachtvollen Tafeln der Spanier mit eigenen Augen anschauen können. Schon jetzt spürt man die Wirkung einer ausgedehnteren Selbstanschauung, eines freieren Gesichtskreises, der das Gute nicht blos zu Hause sucht. Und auch dieses, die Schätze der Kunststadt Antwerpen, wird man besser verstehen und würdigen, wenn man den Blick für mancherlei Verdienst geschärft hat. Nach Paris eilt na—Q türlich vor Allem der schaulustige Lehrling; wird aber diese BVegier gestillt sein, dann wird wohl mancher ernster Strebende auch den mit Teutschland eröffneten Verkehr benutzen, der schon jetzt im Norden, in Berlin und Dresden, ihm Quellen des Studiums bietet, welche tiefer und bedeuten⸗ der sind, als die französischen.

Jundem wir die Reihe der vorzuführenden Stücke mit denen von Gallait eröffnen, erinnern wir unsere Lefer an einen schon oft erwähnten Namoen, und wir haben hier nicht nöthig, das Verdienst dieses Meisters zu schildern, dem wir noch im vergangenen Jahre eine genauere Würdigung haben zu Theil werden lassen. Der „Gräf Egmont in seinen letzten Aus genblicken“ ist ein Werk, das sich den früheren von Gallait würdig an⸗— reiht, gut gedacht, voll belebender Anschauung, ein echtes Kunstwerk. Die Ausführung ist überaus merkwürdig, es ist ein Stück, wahr und gediegen, voll Wirklichkeit, wie die alten Muster. Alles ist durchdrungen, zum Leben, zum Ausdruck durchgearbeitet, aber leicht und mächtig. Wir sehen auf dem Bilde nur zwei Figuren. Egmont, im Angesicht der Todesstunde, blickt durch ein Fenster, mit gefaßtem, ruhigem Ausdruck, worin ein großer Muth, eine hohe Entsagung liegt; die andere Figur bildet den weichen, schmerzlichen Gegensatz zu dem Helden, sitzend, unter Thränen, die Hand

gegen ihn ausstreckend, um seine Ausmerlsamkelt von dem, was braußen vorgeht, abzuziehen. Wie günstig ist dieser Moment gewählt! Indem der Deld den Tod erblickt und in feinem Gesicht der wahre, innere Sieg sich spiegelt, sehen wir ihn auf seiner Höhe, wir blicken von da in sein Inneres hinab und weit in sein Leben zurück. In einem anderen Stüd, die Versuchung“, hat Galla it aufs neue eine Kunst bewährt, die wir schon von früher an ihm kennen. Der Gegensatz zwischen dem Mönch und dem Weihe ist mit Klarheit durchgeführt, reich an Beziehungen, die ihre Wirkung nicht verfehlen. Die Aufgabe dieses charaktervollen Bildes icgt ganz in dem Ausdruck des von gewaltig widerstreitenden Gefühlen bis zur Verzweiflung gemarterten Mönches, in ihm ist Alles Gemüthskampf, aus den Tiefen hervordrängend und ebendahin zurückschlagend. Das junge Weib, welches der Verführer als Köder hinstellt, ist von außerordent= licher Anmut, leicht, spielend, verlockend, um den Büßer aus seiner abstralten Wel in die einen Sinnenlust hereinzuzaubern, die sie in ihrer Gestalt eben so süß als harmlos erscheinen laßt. Die „Einsetzung des arlamenls in Mecheln durch Karl den Kühnen“ von Wanters ö. mit Verstand und Klarheit angelegt, ruhig und feierlich, wie es die Vorstellung einen solchen Handlung erheischt, zugleich mit mannigfach bewegtem Aus= druck der dabei anwesenden Personen. Das Licht ist reichlich vorhanden und wohl vertheilt, das Auge ergeht sich gern in die Tiefe des Raumes.

Tiberghien bewährt in seinen Stücken eine korrefte Zeichnung, Anstand und Ernst, dagegen vermißt man bei ihm die Wärme und Fluͤssigkeit des Kolorits, welche Gegenstände erfordern, in denen die Empfindung vorherrscht, wie eine „heilige Jungfrau“ oder eine „Atala“. Fleury hat in seiner

„Jane Shore“ einen ergiebigen Gegenstand gewählt. Manche Gefühle

spiegeln sich in dieser Gestalt; durch das gegenwärtige Leiden derselben,

durch die bläulich blasse Gesichtssarbe, aus den in Thränen erlöschenden

Augen schimmern zart und ruͤhrend die Erinnerungen einer vergangenen

genußreichen Zeit durch. Die Nebenfiguren der eischütternden Scene sind

keineswegs vernachlässigt und durch Abstufung des Ausdrucks, vom Schrecken

bis zum Mitleiden, mit der Handlung wohlverbunden. Eigenthümlich und

schlagend ist die Wirkung des Bildes dadurch, daß das Licht auf das Ant⸗

liäß der Hauptfigur stark auffällt, während alles Uebrige mit einem düsteren

Schatten übergossen ist. —ecaisne hat seinen, Ludwig XIV. und Ma⸗

demoiselle de Lavelliäre“ mit Geschmack und Feinheit ausgedacht, wie es in

dem Stol dieses Malers liegt, gefällig in der Anordnung, harmonisch und

ruhig, in der Farbe aber eintönig und nachdrucks los. Zu streng, ohne

ersrischende Gegensätze ist Noberti's „Königin Blanka, Gefangene be⸗

freiend“, indeß in dieser Composition liegt Nachdruck und Ordnung.

Comte hat in dem „Ende Cinqmars'“ seinem Vorwurf Manches abge⸗

wonnen. Der unglückliche Verschwörer, das Haupt auf seinen Freund de

Thou gesenlt, erblickt vor seinem Kerker seine Mutter und Familie, mit dem

Ausruse; „Wie oft muß ich denn sterben!“ Der Maler hat die Situation

durchfühlt und im Einzelnen mit Sorgfalt bearbeitet. Es war schwer, die⸗

sem Gegenstande eine eigentlich historische Bedeutung zu geben; wie er vor

uns liegt, fällt er eben so sehr ins Genre, wie in die Historie. Der Grund

davon ist, weil Cinq mars selbst kein Charakter war, er dient nur als

Episode in Richelieu's Leben, der Kardinal selbst und der König nehmen

ein ganz anderes Interesse in Anspruch, als jener Emporkömmling. Ein

solcher Stoff mittlerer Gattung ist schwer zu konzentriren, er bietet sich am

leichtesten dem historischen NoM slinwnRin und dem Effektschauspiel dar. Um ihn

wahrhast künstlerisch zur Darstellung zu bringen, müßte man sich die Frei⸗ heit nehmen, die drei Peisonen: Richelieu, Cinqmars und Lu d⸗ wig XIII., zusammenzustellen; dies gäbe ein Charakterbild von gewaltiger Wirkung: der Kardinal, unterwürsig gegen den König, aber mit unerbittii- chem Scharfblick, triumphirend gegen den vernichteten Günstling, der selbst zugleich mitleidswürdig durch sein Schicksal erscheint, der König aber offen- bar in der beklemmendsten Lage, denn er überläßt den Günstling der Strafe für eine Schuld, um die er selber gewußt hatte. Freilich würde dann Ri- chelien der eigentliche Held, allein das ist nicht zu ändern, da er es im Zusammenhange des Ganzen wirklich ist. Die „Mönche“ von Robert sind genau und naiv vorgestellt; Pavyen's „Arzt“, eine Scene aus der Bartholomäusnacht, ist ergreifend gedacht; Wauquier's „Bacchanal“ ist gut gezeichnet, sollte jedoch munterer sein; Mademoiselle Grün: „die Ver—= bannten“, zeigt würdige Empfindung; J Le Rob: „der goldene Knopf“, ist lieblich, lebensvoll; Thomas: „die Tochter Jephta's“, ist ansprechend, nicht ohne Geist; zu nennen wären auch Gisler: „Jeanne d'Arc“, Dell“ Acqua: „Macchiavell's Tod“, So mers, Co omans. Eine sehr große Tafel von Wittkam p: „die Befreiung Leyden's“, hat beim Publikum des Beifalls sich zu erfreuen gehabt, einestheils, weil diese Arbeit jene mittleren Eigenschasten besitzt, die vor Uebertreibung und Wit ersprüchen sicherstellen, regelmäßig in der Vertheilung, wohlgemäßigt in den Leidenschaften, in den Bewegungen faßlich, überlegt in der Austheilung der Farben, nicht schwer zu verstehen, weil man Bekanntes wiederzusehen glaubt, kommt es dem Betrachter bequem entgegen; anderentheils aber gewinnt es Vieler Aufmerk- samkeit wegen der vielerlei Scenen, die ein solcher Vorwurf, die Erlösung einer Stadt, die durch Hunger aufs äußerste gebracht war, gemeinlich mit sich bringt: Erschöpfung, Hunger, Durst, Leiden und Arbeit jeder Art, phy⸗ sische wie moralische, und dagegen wieder Freude, Dank, das Bewüußtsein harter Pflichterfüllung. Allein eine solche Begebenheit mußte mit starken Kontrasten, mit einer Erschütterung, die an die Gränzen menschlicher Loose

führt, kurz, mit einem ganz anderen Feuer versinnlicht werden, als es Witt-

kamp mit seinem matten, gelblichen, lichtarmen Kolorite hervorbringen

konnte. Die „Schlacht von Lepanto“ von Slingeneyer ist so ziem⸗=

lich von derselben Gattung, wie die früheren Arbeiten dieses Malers, von

denen im vorigen Jahre und früher in diesen Blättern die Rede war. Sie

zeigen mancherlei Anlage, aber auch nur Anale, nichts zur Tüchtigkeit

durchgebildet, lauter gewaltsame Anfätze zu einem künstlerischen Aufschwung,

aber nirgends Befriedigung, hin und wieder eine gelungene Partie, aber im Ge⸗=

leit von Geschmacklosigkeiten, Kühnheit und Frische in der Pinselführung, aber

nirgend Harmonie, konvulsivisch-schroffe Muskulatur, die Farben schreiend,

ohne Mitteltinten, Unruhe und Aufgeregtheit an allen Enden, aber fein

Hanzes, kein Inneres, kein Ergreifen des Stoffes mit belebendem Gedan'

ken, sondern nichts, als eine materielle, äußerliche Inscenesetzung. So ist

die Hauptperson, Johann von Oesterreich, von dem Maler gänzlich

unbegriffen geblieben. Er hat ihn ruhig, fest vorstellen wollen, allein er

verschwindet wie eine kalte, thatlose Nebenfigur unter der fampftobenden

ienge. Ruhe sicherlich ist eines der höchsten Prädikate eines Helden, wahr e

Größe können wir ohne Ruhe gar nicht denken. Allein die Heldenruhe

muß als die größte, sicherste, wirkendste Energie erscheinen, sie muß herr⸗

schen, sie muß der feste Mittelpunkt und Leiter'der Bewe ung sein. Ein

„antikes Schlachtstück“ von Hendrick hat mit dem so eben erwähnten

Stücke Verwandschast, nicht ohne Talent, aber ohne alle Kultur, trotzig, wild, mit dickstem Pinsel gestrichen. Soll das etwa naturtüchtig sein? Aber die Natur schafft ihre Bildungen immer zum Ganzen und zur Voll— endung, sie prahlt nicht mit grellen Formen und zügellosen Anstrengungen, sie schließt in ihre Gebilde viele zusammenwirkende Kräfte, aus deren maͤch= tigem Spiel und Wechselwirkung ihre Schönheit, als erfülltes, wohlbe— gränztes Leben, hervorgeht.

Unter den Gemälden religiöser Gattung des Salons, welche im All— gemeinen sich nicht über das Mittelmäßige erheben und nicht höher stehen, als die Production dieser Art, welche wir in früheren Berichten charakteri⸗ sirt haben, verdient Mathieu den Vorzug; er ist in seinem „Christus im Grabe“ korrekt und verständig, auch wohl rührend, aber keinesweges erha— ben. Die heiligen Frauen kommen zu dem Grabe, unter ihnen ist die Mutter Christi mit Gefühl vorgestellt, die knieende Maria Magde⸗ leng mit langschleppendem Haar, einem Schmuck, den sie nun vernachlässigt, ist in hergebrachter Weise, nur daß sie kriechend dem Grabe sich nähert. Die Farbenanlage des Ganzen ist richtig, die Beleuchtung bedeutend, der Dinterglund düster, Felsenwände den gährenden Raum umschließend, der bleiche Leichnam in der Mitte, die Wirkung ist im Ganzen übereinstimmend, wie überhaupt. Mathieu durch eine warme, lebhafle Farbengebung sich auszeichnet; die letzte Hand fehlt freilich theilweis, im Einzelnen sind der Farben noch schwankend und matt. In seinen religiösen Stücken 9 . stus mit dem Kreuz“, „Schädelstätte“) zeigt Van Ey den aha unn , tige, von Nachahmung freie Manier, ein Streben nach einen ac allein seine Figuren sind ohne allen Hauch von ,, . hd

66 / Der „kreuztragende lia ist vorzuziehen, in guter Haltung, fest gezeichnet. ö. ent fn. gehalten Christus“ von H. Scheffer, ist ganz weich und ldollisc en hn fe ha in' der Manier von Illustrationen alter Gebetbücher; sein

1 6 8 ir mit dem übermenschlichen etwas Zärtliches, Schmachtendes, welches w buihrt, nicht reinen Hon= Leiden und der übermenschlichen Hoheit, die ihm 2. ö h S (fr Han, nen. Es scheint, H. Scheffer treibt seines Bruders A.

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