1848 / 239 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

ĩ uvar ein, wodurch über ECsorna die Verbindung mit dem rech= —— 5 21 Haupt -⸗Armte erfolgt ist. Eben so ist ein anderes Sneis. Corps, unter dem Oberst ⸗Lieutengnt Graf Althann über Güns nach Stein amanger im Marsch, wo es in Verbindung mit jenem Corps kommen wird, welches unter dem Feldzeugmeister Grafen Nugent von der steverischen Gränze her über Lové nach Körmänd, vorrückt. Der Feind scheint sich vorzüglich mit Entleerung der Kassen, Raub und Plünderung zu be= schastigen. So hat ein Rebellen - Häuptling, Schrötter genannt, aus der Jemssats-dasse in Oedenburg 53, 000 Fi. C.- M. weggeführt, da= gegen ungarische Banknoten als vermeintlichen Srsat zurückgelassen. Nach Raͤchrichtwn aus Werschetz vom 17ten d. M. hat der serbische Wejwode, General Suplicacz, die ungarischen Insurgenten aufs Haupt geschlagen, nachdem selbe schon früher einige errungene Vortheile aufgeben mußten, indem von Temesvar her eine Kolonne unter dem Obersten Blemberg in ihrem Rücken angegriffen hat. In den Karpathen hat die rauhe Jahreszeit bie Verbindungen sehr erschwert. Ein Theil der bei Silein gestandenen Insurgenten, unter dem Rebellen · Saäuptling Balogh, hate sich etwas zu⸗ fückgezogen, weil die Abtheilungen unter dem Feldmarschall-Lieutenant Si= munich das obere Waagthal bedrohten. Der Feldmarschall -Lieutenant selbst steht vor Leopoldstadt, um diese kleine Festung zu beschießen. Alle Eisenbahn⸗ Verbindungen von Wien bis Tyrnau, auf der anderen Seite bis Oeden- burg, sind hergestellt und eröffnen die Verbindung eben so sehr, als sie die Nachschübe für die Armee erleichtern.

Wien, am 26. Dezember 1818. Vom Militair- und Civil-Gouverneur. Welden, Feldmarschall⸗Lieutenant.“

Olmütz, 23. Dez. (Prag. Ztg.) Einige in Wien sich auf⸗ haltende Ungarn und Siebenbürgen haben sich hierher begeben, um Sr. Majestät ihre Ehrfurcht zu bezeugen. Sie richteten an Se. Ma— jestät folgende Worte:

„Ew. Majestät! Wir in Wien anwesenden Ungarn und Sieben bürgen haben es für eine Pflicht der Loyalität erachtet, vor Ew. Majestät ehrfuürchtsvoll zu erscheinen, um unsere unerschütterliche Treue und Erge— benheit für das regierende Hus und Ew. Masestät als unseren rechtmäßi⸗ gen König und Herrn auszudrücken.“

Se. Majestät entgegnete:

„Mit lebhafter Befrledigung empfange ich den Ausdruck dieser lopalen Gesinnungen. Ich hoffe mit Zuversicht, daß es der Tapferkeit Meiner Armer und der Umsicht ihres Fuhrers bald gelungen sein wird, das Feld, auf welchem Meine gutgesinnten Unterthanen in Ungarn und Siebenbürgen ihre Ergebenheit für ihren König und sein Haus werkthätig werden bewei— sen können, von allen Hindernissen zu befreien. Ich zähle auf den regen Eifer und die Mitwirkung der Redlichdenkenden bei dem großen Weike, welches Mir die Vorsehung beschieden, bei einem Werke, welches fur alle Nationalitäten in Meinem Reiche gleiche Rechte und wahre Freiheit be—= gründen, zugleich das ganze Reich mit einem festen Bande der Einigkeit und Kraft umgeben soll.“

Die Presse enthält in ihrem Blatte vom 20. D stebenden Kaiserlichen Erlaß an die serbische Nation:

„Wir Franz Joseph von Gottes Gnaden, Kaiser von Oesterreich ꝛc. Unsere tapsere und treue serbische Nation hat sich zu allen Zeiten durch Anhänglichkeit an Unser Kaiserliches Haus und durch heldenmüthige Ge— genwehr gegen alle Feinde Unseres Thrones und Unserer Reiche rühmlichst hervorgethan. In Anerlennung dieser Verdienste, und als besonderen Be— weis Unserer Kaiserlichen Gnade und Fürsorge für den Bestand und die Wohlfahrt der serbischen Nation, haben Wir beschlossen, die oberste kirch= liche Würde des Patriarchats wiederherzustellen, wie sie in früheren Zeiten bestand und mit dem eizbischöflichen Stuhle von Karlowitz ver— bunden war, und verleihen den Titel und die Würde eines Patriarchen Unserem lieben und getreuen Eizbischofe von Karlowitz Joseph Rajacie. Wir sind Uns ferner bestimmt, die auf Unseren General- Feldwachtmieister Stephan Suplilae de Vitez gefallene Wahl zum Wojwoden der serbischen Nation unter Wiederherstellung dieser altgeschichtlichen Würde zu bestätigen. Es ist Unser Kaiserl. Wille und Absicht, durch die Wiederherstellung dieser obersten geistlichen und weltlichen Würden, Unserer treuen und tapferen ser= bischen Nation eine Bürgschaft für eine nationale, ihren Bedürfnissen ent sprechende innere Organisation zu gewähren. Gleich nach hergestelltem Frieden wird es eine der ersten Sorgen Unseres väterlichen Herzens sein, eine solche nationale innere Verwaltung nach dem Grundsatze der Gleichbe— rechtigung aller Völker zu regeln und festzustellen.

Gegeben in Unserer Königl. Seuptstadt Olmütz am 15. Dezember 1848.

F lkauz Jo Feph, Franz Graf von Stadion.“

ezember nach⸗

Urn sland.

Oesterreich. Lemberg, 18. Dez. Die heutige Lem— berger Zeitung bringt folgende Kriegaberichte:

J. Hauptquartier Bartfeld, den 8. Dezember. Heute um 12 Uhr bin ich mit der Brigade Graf Pergen hier in Bartfeld unter Spielung der Volkshymne eingerückt, nachdem ich gestern die Brigade Fiedler ihre Vor— posten bis über Kluso gegen Eperies vorschieben ließ. Bis auf 30 Barri— kaden und 3 Straßen-Abgrabungen gleich auf der Gränze, welche aber von Niemanden vertheidigt wurden und deren Wegräumung mein Vorrücken um 2 Stunden verspätete, war mein Uebertritt über die Karpathen ohne alle Störung vom schönsten Wetter begünstigt. Das Landvolk, anfangs etwas eingeschüchtert, nahm uns aber sehr freundlich, einige Gemeinden so— gar lnieend auf. Bei Bartfeld fand ich auch einen Galgen vor der Stadt, den ich bei türkischer Musik von den Pioniren niederhauen ließ; die ganze Kolonne und ein großer Theil der Einwohner brach dabei in ein lautes Vivatgeschrei aus. Obschon nach den zurückgelegten beschwerlichen Märschen ein Nuhetag dem Corps sehr ersprießlich wäre, so halte ich es doch für höchst wichtig, so schnell als möglich Eperies zu erreichen, da ich dadurch dem Plane der In— surgenten, sich dort zu vereinigen. zuvorzukommen im Stande bin.

(Rapport aw. Kön s Treffen vor Kaschau.)

II. Aus Kaschau Dank hu d. M. erhalten wir Nachstehendes: Den 10. d. M. vor Mittern daß rach das Corps, bestehend aus 6 Bataillo— nen, 5 Eskadronen und * Batterieen von Eperies auf, und (rreichte gegen Mittag bei dem Dorfe Lemeszan die feindliche Armee, welche aus 3 regulairen Bataillonen Landwehr, einigen Compagnieen National- Garden, einer segenannten polnischen Legion und beiläufig 20,000 be- waffneten Bauern aus den ungarischen Komitaten, mit einer beträcht— lichen Anzahl von Kanonen, zusammengesetzt war, in einer sehr vortheilhaften Stellung. Die Artillerie war sehr gut bedient und der Wi— derstand anfangs hestig. Nach einem mehrstündigen Kampfe, der sich über Wälder und Schluchten fortzog, rückte das Corps Abends in Kaschau ein. Dem Feinde wurden 2 Kanonen abgenommen, viele Leute getödtet, und beiläufig 100 Gefangentzgemacht. Ber Verlust des Corps an Todten und Verwundeten war sehr is eing. Leider müssen wir dabei den Verlust zweier ausgezeichneten Offiziere, des Majors Concorreggio von Kaiser Ehevaurle— gers und des Haupfmanns Studier vom Generalstabe, bedauern, welche den zurückweichenden Feind mit einer schwachen Abtheilung Reiterei in einem Dorfe einholten und den Versuch, eine dort postirté Batterie von 5 Kanonen zu nehmen, mit dem Leben büßten. Vor dem Einlangen einer Unterstützung dürfte kaum weiter gegangen wemnen.

II. Auszug aus dem Berichte Sr. Excellenz des Feldmar— schalls Grafen Schlik an das Kaiserl. Armee Ober. Kommando.

Hauptquartier Kaschau, am 12. Dezember. Ich habe gestern ein glück— liches Gefecht vor Kaschau gehabt, den Feind geschlagen und bin mit dem vereinigten Armee-Corps Abends 5 Uhr in Kaschau eingerückt. Da mir in Eperies kurz nach meinem Einrücken daselbst die sichere Nachricht zukam, daß von mehreren Seiten a, Streitkräfte der Insurgenten sich bei Ka— schau versammeln sollen, so faßte ich den Entschluß, um diese Pläne zu vereiteln, mit meinem schon früher eng konzentrirten Armee - Corps einen forcirten Marsch zu machen, und brach zu diesem Ende in der Nacht vom 10en auf den 1sten d. von Eperies auf, um mit Ta⸗ gesanbruch vor der mg, vor Budomir in Schlachtordnung aäufgestellt zu sein. Den Abend vorher hatten aber die Insur—

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enten die Brücke bei Somos verbrannt, wodurch mein Marsch gegen 2 Stunden aufgehalten wurde, da das Schlagen der Brücke durch die Pio nire, obschon das ganze Dorf bereilwillige Hülfe leistete und der Uebergang der Infanterie über die Brücke, der Artillerie und Kavallerie durch die Furth sehr viel Zeit raubte. Die Brigade Fiedler, die um 12 Uhr Nachts schon abmarschirt war, dirigirte ich über Kisfalo längs der Hernath, um die Position von Budomir zu umgehen und den Uebergang über die Her- nat! nach Kaschau mir zu sichern. Gegen 11 Uhr erschien die Spitze meiner Kolonne, bestehend aus den Brigaden Pergen und Deym, vor der Stellung des Feindes; sie wurde dutch ein heftiges, gut age— leitetes Kanonenfeuer empfangen, bei welcher Gelegenheit dem Major Zim⸗ burg von Mazzuchelli das Pferd unter dem Leibe getödtet, 2 Gemeine von Mazzuchelli und 2 Kürassier-Pferde niedergestreckt wurden. Ich ließ gleich die 6psündige Fußbatterie auffahren, durch deren kräftiges, gut gezieltes Feuer die feindlichen Kanonen zum Schweigen gebracht und mir die Ge— legenheit gegeben wurde, die Bataillone von Parma und Mazzuchelli auf die Anhöhe rechts gegen den Wald vorgehen zu lassen. Die Kavallerie ließ ich links von der Straße in ein vortheilhaftes Terrain aufstellen. Nachdem der Wald von Budomir in meiner rechten Flanke vom Feinde be⸗ setz war, so wurde er durch eine starke Plänklerkette durchstreist, wo sich bald ein heftiges Plänklerfeuer entwickelte, was aber ganz zu unseren Gun— sten ausfiel. Im dieser Verfassung trieb ich den Feind aus mehreren sehr guten Positionen hergus, wo die Üeberlegenheit meiner Artillerie, nament- lich der pfündigen Fußbatterie Nr. i6 und das gute Feuer der 12pfündi⸗ gen Batterie Nr. 11, die ich aber wegen des tiefen Bodens nicht so gut und schnell verwenden konnte, sich herausstellte. Als ich mit der Gefechts— linie gegen 1 Uhr Mittags die Höhe von Budomir erreicht hatte und durch einige gut angebrachte Batterielagen der Feind in volle Flucht gebracht war, nahm ich meinen linken Flügel vor, um die Fliehenden auf die Brigade Fiedler, von deren Ankunft ich bereits Nach⸗ richt hatte, zu treiben. Da das Temain sehr coupirt war, so konnte ich leider meine Kavallerie, die vor Verlangen brannte, sich mit dem Feinde zu messen, zur Verfolgung nicht verwenden. Sowohl Terrain-Hindernisse, als ein Zusammentreffen von Umständen verhinderten es, die Brücke bei Kaschan über die Hernath zu besetzen. Wenn das hätte geschehen können, so wäre die Flucht des Feindes durch Kaschau auf der Straße nach Pesth ganz un— möglich gewesen. Bevor ich noch in Kaschau einrückte, war ein Theil des Feindes aus Kaschau heraus und beschoß meine Kolonne, die im Vor— marsche begriffen war. Ohne einen Befehl dazu erhalten zu haben, benutzte der Kommandant der 6pfündigen Batterie Nr. 30 eine Anhöhe links von der Kolonne des Armee Corps, und beschoß auf eine so wirk— same Weise die feindliche Artillerie, daß sie sogleich zum Schweigen gebracht wurde. Um ganz sicher zu sein, in Kaschau noch diesen Abend einrücken zu können, und um jede Möglichkeit, die Brücke zu vertheidigen, dem Feinde abzuschneiden, ließ ich unter Führung des Hauptmanns Scu— dier zwei Eskadronen Sunstenan-Kürassiere und eine Eskadron Kaiser-Che— vaurlegers nebst einem Bataillon Mazzuchelli, welches sich freiwillig dazu anbot, durch eine Furth der Hernath waten, um vor dem Armee⸗-Corps noch Kaschau zu erreichen. Bei dieser Gelegenheit hat das Armee -Corps einen schmerzlichen Verlust erlitten, da der Major Concorreggio von Kaiser-Che— vauxlegers, der Hauptmann Scudier, Chef des General-Stabs, und Lieutenant Begg von Kaiser-Chevaurlegers, in der Hoffnung, feindliche Kanonen zu erobern, sich allzukühn, von wenigen Chevauxlegers begleitet, vorwagten, und bei dem Dorfe Bacza ein Paar Kartätschenlagen erhielten, durch welche Major Concor⸗ reggio getödtet, Lieutenant Begg blessirt und Hauptmann Seudier, der bis setzn nicht zurückgelommen, nach Aussage der Landbewohner gefangen sein soll, worauf die wenigen Chevauxlegers, ihrer Führer beraubt und durch die— sen Fall eingeschüchtert, umkehrten. Alle Versuche, bisher das Schicksal des Haupfmanns Sendier zu erfahren, sind fruchtlos gewesen, nebst einigen Kundschaftern sende ich in diesem Augenblicke eine mobile Kolonne von 1 Eskadron, 1 Compagnie und 3 Geschuüͤtzen ab, um ihn wo möglich zu fin- den. Major Concorreggio wunde bis jetzt todt, Lieutenant Begg blessirt zurückgebracht. Als ich nahe an der Stadt war, wurden auf den Thürmen weiße Fahnen ausgesteckt, und ich zog ganz ruhig mit meinem Armee-Corps hier ein. Unser Verlust am gestrigen Tage war trotz des, nach Aussage der hiesigen pensionirten Offiziere, auf 25,0909) Mann angegebenen Feindes bis auf die obengenannten Offiziere unbedeutend, der heutige Spitalsrapport giebt 4 Todte, 5 schwer und 3 leicht Verwundete an. Die Meldungen von den anderen Truppen sind noch nicht eingelangt; der des Feindes hingegen muß sehr stark sein, da wir überall eine große Anzahl Leichen bei unserem Vor— marsche gefunden haben, und die beim Waldgefechte im Dickicht liegen Ge⸗— bliebenen nicht zu ermitteln sind. Die bedeutende Anzahl der Gefanzenen wird im nächsten Berichte angegeben werden, doch kann ich jetzt schon Ew. Durchlaucht berichten, daß eine große Anzahl Waffen, darunter viele Kai— serliche Gewehre, 1 Kanone, mehrere Trommeln, hier in Kaschau, Pulver, Patronen, Weinvorräthe genommen worden sind. Eben so werde ich nicht ermangeln, obschon sich das ganze Armee⸗ Corps unendlich tapfer, muthig und ausdauernd benommen hat, Ew. Durchlaucht jene anzuzeigen, die in besonderer Rücksicht eine Belohnung verdienen.

Agram, 23. Dez. (Lloyd.) Der Ban hat folgendes Schrei ben an den Wladifa von Cernogora gerichtet:

„Seitdem ich Ihnen in meinem letzten Schreiben für den brüderlichen Antrag einer Hülfe und Unterstützung gedanlt, sind große und wichtige Ver— änderungen in unserem Kaiserstagte eingetreten. Unser gewesener Kaiser und Herr, Ferdinand J., entsagte den 2Zten d. M. in seiner Hauptstadt Ol- mütz dem Throne und der Krone, und trat sie seinem jungen Neffen, Sr. Kaiserl. Hoheit dem Eizherzoge Franz Joseph, Sohn des Erzherzogs Franz Karl, der ebenfalls der Krone und der Erbfolge in seinem Namen entsagt hat, ab. Se. Majestät, unser neuer Kaiser und Herr, Franz Joseph J., geruhte, mich durch ein Höchsteigenhändiges Schreiben vom 2ten d. M. zum Civil⸗ und Militair⸗-Gonverneur von Dalmatien, so wie der Seestadt Rieka (Fiume) und des dazu gehörigen Territoriums, zu ernennen. Mit großer Freude setze ich Sie, Erlauchter Herr, von meiner Ernennung in Kenniniß, da ich es weiß und überzeugt bin, daß Ihnen diese Nachricht angenehm sein wird, so wie mir die gebotene Gelegenheit die angenehmste ist, Ihnen die Hand zu reichen, nicht nur als Sprach- und Stammgenosse, sondern gegenwärtig als Ihr nächster Nachbar durch Beruf und amtliche Stellung. Es ist mein einziger Wunsch, daß diese unsere Freundschaft und gegenwartige Nachbar- schaft, durch welche wir in einen engeren Bund treten, ein Schritt des Frie— dens und der Eintracht zwischen den verschwisterten Ländein Dalmatien und Cernogora werde, und daß das Band einer aufrichtigen Freundschaft Volk und Land umschlinge, an deren Spitze uns Geschick und die Vorsehung gestellt haben. Ich zweifle nicht daran, Erlauchter Herr, daß Sie im Geiste und Sinn der bis jetzt gegen mich gehegten Bruderliebe unser neues und engeres Nachbarverhältniß begrüßen werden. Empfangen Sie zugleich mit ihrem Heldenvolke von mir als Gouverneur Dalmatiens den herzlichen Gruß und erlauben Sie mir, mich in aller Achtung zeichnen zu können:

Ew. Erlaucht gehorsamen Diener und treuen Freund. Jellachich, Ban.“

Frankreich. National⸗Versammlung. Sitzung vom 26. Dezember. Anfang 2 Uhr. Piäsident Marrast. Die Bänke und Galerseen übervoll. Auf allen Gesichtern brennt Neugierde auf das ministerielle Programm und die heftigen Debatten, die sich daran knüpfen dürften. Nach Vorlesung des Pio sofolls trägt Marrast das Schreiben eines Deputirten der Gironde vor, Namens Löbbert, der seine Demission giebt, weil er das Mandat der National-Versamm⸗ lung als beendigt betrachtet. An der Tagegorenung stent zunächst die Diskussion über die Frage: Ob und wann tie Salzsteuer auf⸗ gehoben werden könne? Dieser Artikel, der in der Landwirthschaft eine Rolle spielt, bringt jährlich der Staatskasse 28 Millienen Fr., welche die Regierung anderweitig decken müßte, falls sie ihn verlöre. Arond erhält zuerst das Wort. „Sie wissen“, sagt (t, „daß ein Dekret der provisorischen Regierung vom 15. April die Salzsteuer radikal abschaffte. zoudchaux widerrief dasselbe am 28. August, und Trouvé Chauvel, Finanz -Minister, legte der Versammlung ein Dekret vor, das eine Art Uebergangs⸗ Brück von der gänzlichen zur allmäligen Abschaffung schlug. Auf diese Weise wurde der Landwirth hinter das Licht geführt.“ Der Redner entwickelt dies ziemlich weitläuftig und trägt unter allgemei= ner Unaufmerksamkeit auf gänzliche Abschaffung der Steuer an, (Un-

terbrechung.. Der Conseile-Präsident und Justiz-Minister Odilon Barrot beseigt die Rednerbühne, um das heißerwartete Programm vorzulesen. (Stille.) „Bürger“, sagt er, „Sie vernahien dieser Tage eine Rede des Präsidenten der Republik. Der Gebanke diefer Rede ist der unsrige. Wir nehmen in Rücsicht auf das Land die—⸗ selbe Verpflichtung über uns. Sie erwarten von uns keine Erörte— rung der Lage der Republit. Wir sind noch zu kurze Zeit an der Staatsgewalt. Was wir Ihnen schuidig sind, ist eine Auseinander⸗ setzung unserer Grundsätze, die bei Bildung des Kabinets vorwalteten. Unser Ursprung ist verschieden, aber die Volkswahl vom 10. Dezem— ber gab ein Streben nach Einigkeit Aller kund. Es wäre unklug, einem sol chen Streben zu widerstehen; dasselbe bezeichnet die Sehnsucht nach mate⸗ rieller und moralischer Ordnung. Man will Ordnung auf der Straße und in der Staats -Verwaltung, die republifanische Regierungsform könne sich so lange nicht festsetzen, als die revolution zire Periode nicht definitiv geschlossen ist. (Beifall zur Reck ten.) Wir wollen daher selbst den bloßen Gedanken der Unordnung entmuthigen. Das wird das beste Mittel sein, die Bestrafung des Uebels selbst zu verhüten, welches immer berklagenswerth ist. Nach so vielen Agitationen, welche die Gesellschaft selbst bis in ihre Grundvesten erschütterten, fühlt Jeder das Bedürfniß, die nächste Zukunft zu sichern. Diese Konformi— tät der Ideen wird die Arbeit befruchten, Vertrauen und Kredit wie⸗— der hervorrufen. Schon sind günstige Zeichen vorhanden, Hoffnun— gen zeigen sich, und

Bewegung

füllen. Das Kabinet hat sich dieser wichtigen Mission hingegeben. Wir wollen keinesweges, daß der Staat seine Hand von den Wohl— thaten zurückziehe, die er begonnen. Die Staategesellschaft hatte nun einmal die üble Gewohnheit angenommen, sich auf ihre Regierung zu verlassen, daher die Sucht nach Staatestellen, die Vermehrung der Aem⸗ ter bis ins Unendliche und die Verderbtheit der vorigen Staatsverwal— tung. Die Republik darf di sen Mißbrauch nich fortdulden. Die Regierung muß mit gutem Beispiel Lorangehen. Was unsere Be⸗— ziehungen zum Auslande betrifft, so legen uns die Verwickelungen, welche von allen Seiten ausbrechen, großen Rückhalt auf; Sie be⸗ greifen dies. Wir sind entschlossen, das Wort Frankreichs nicht leicht⸗ sinnig zu geben, aber wir versichern Ihnen, daß die Nationalehre den ersten Platz in unseren Beschlüssen erhalten wird. (Beifall zur Rechten.) Wir werden kein Interesse Frankreichs vernachlassigen. Die Volkswahl vom 10. Dezeniber hat eine unermeßliche moralische Macht in die Hände der Regierung gelegt. Wir werden davon Ge— brauch machen. Wir rechnen auf Ihren Beistand, um unsere Pflicht zu erfüllen.“ (Beifall zur Rechten.) Einige Aufregung im Saale. Ledru Rollin, nachdem sich die Bewegung gelegt, er⸗— scheint auf der Tribüne und klagt zie Minister an, daß sie in die Hände eines einzigen Mannes, des Generals Changarnier, den Befehl über zwei⸗ bis dreimalhunderttausend Mann Truppen gelegt hätten. (Der Berg applaudirt.« Der Rerner schließt mit der Erklärung, daß er durch diese Maßrrgel die Freiheit und die Veifassung verletzt sähe. Léon de Maleville, Minister des In⸗ nern, erwie dert ihm sarkastisch, daß ihn die heutigen Skrupel der ehe— ma igen prov sorischen Regierungs⸗-Mitglieder freuten, daß sie der gleichen aber nicht immer gehabt hätten. Seiner Ansicht nach, müßten die Militairkräfte in starker Hand konzentrirt werden. Eine neue große Aufregung folgte der Rede des Ministers des Innern. Char— les Dain (vom Berge) eilt auf die Rednerbühne, um Ledru Rol— lin's Protest gegen die Uebergewalt Cyangarnier's zu unteistützen. Allein die Versammlung leiht ihm keine Aufmerksamkeit, auf allen Bänken entspinnen sich Privat- Unterhaltungen. Marrast schellt und klopft mit dem Papiermesser auf den Büreau— tisch. Alles vergebens. Dain, sehend, daß ihn die Ver— sammlung durchans nicht bören will, verläßt unter allgemeinem iro— nischen Beifall die Tribüne. Zum, Schluß! zum Schluß! erschallt es von allen Bänken. Degonssée und Ducoux schlagen 'eine motivirte Tagesordnung vor, deren Text man jedoch wegen des Ge— räusches nicht genau verstéhen konnte; er lautete ungefähr folgender— maßen: „Die National⸗-Versammlung erklärt sich durch die angehör⸗ ten Erklärungen des Ministeriums, dem General Changarnier auf unbestimmte Zeit den Oberbefehl über National- und Mobilgarde und über die erste Militairdivision anvertraut zu haben, zufriedenge— stellt und geht zur Tager ordnung über.“ Mehrere Stimmen rufen Einfache Tagesordnung! Marrast: „Der einfachen Tagesordnung gebührt der Vorrang, ich bringe sie zur Abstimmung.“ Es erhebt sich fast die ganze Versammlung dafür. M ethin ist die einfa ch e Tagesord zung angenommen und das Jtteresse der Sitzung erledigt. Starke Gruppen bilden sich um die Minister. Man gra⸗ tulirt ihnen zu ihrem Siege. Marrast verliest mehrere Kreditforde—⸗ rungen für Polizeidienste und andere Ausgaben. Die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben.

Paris, 26. Dez. Gestern wurde wieder ein Kabinetrath ge— halten. Der Präsident Bonaparte soll in demselben mit vieler Ent— schiedenheit erklärt haben, daß er auf einer allgemeinen Amnestie bestehe. Die Minister hätten sich jedoch, erzäblt man, mit wenigen Ausnahmen einer allgemeinen Amnestie widersctzt, und es sollte zu so heftigen Vebatten gekommen sein, daß man heute früh von offe— nem Bruch im Kabinette sprach. In der heutigen Sitzung der Na— tional⸗Versammlung war indeß von einem solchen Zerwürfniß nichts zu bemerken.

Als bei der vorgestrigen großen Parade General Petit an der Spitze der Inval den an dem Präsidenten vorüberzog, gab ihm der- selbe die Hand und sagte: „Der Kaiser hat Sie bei seiner letzten Revie umarmt, ich freue mich, Ihnen bei meiner ersten Revue die Hand drücken zu können.“ General Petit war bei dem Abschiede des Kaisers Napoleon zu Fontainebleau zugegen gewesen. Auf dem Konkordienplatze wollte während der vorgestrigen Revue gegen 3 Uhr Nachmittags ein Mann einen großen Papierdrachen steigen lassen, der einen Adler vorstellte; aber die Wächter von Paris nahmen ihn fest, che er sein Vorhaben ausführen konnte, und brachten ihn nach dem nächsten Wachposten in den Elysäischen Feldern.

Herr Mocquart ist zum Privat-Secretair des Piäsidenten der Republik ernannt.

Baroche, einer der gesuchtesten Advokaten und Ex— Deputirter, ist zum Nachfolger Corne's als General- Anwalt der Republik er⸗ nannt. Andonillé, Chappuis und Legrand treten als Neu⸗-Angestellte in das Finanz⸗Ministerium oder nehmen ihre frühere Stellung in diesem Departement wieder ein. Dubost, den die provisorische Re⸗ gierung beiseitgesetzt hatte, kehrt in die General- Post⸗- Verwaltung zurück. Ledru Rollin's demokratisch - sozialistische Revolution sagt von diesen und anderen Ernennungen: „Sie sind von starker contre— revolutionairer Farbe. Berger und Baroche saßen Beide im linken Centrum der alten Kammer und zeichnen sich Beide durch ihre ganz besondere republikanische Unfähigkeit aus. Herr Thiers konnte wahr— lch keine schlechtere Wahl treffen.“

Der Abschied Oudinot's von der Alpen -Armee lautet: „Tages- Befehl vom 21. Dezember. Der Marschall Bugeaud ist zum Ober= Kommando der Alpen⸗-Armee ernannt. Die ausgezeichnetsten Dsenste,

welche er in Afrika geleistet, verleihen ihm ein Recht auf das Ver⸗ trauen seiner Untergebenen. Ehe ich mich von der großen Familie trenne, welcher ich so innig ergeben bin, fühle ich das Bedürfniß, Militairs und Verwaltungs⸗Beamten für den Beistand zu danken, den sie mir eben so beharrlich als patriotisch erwiesen und welcher mir während neun Monaten die Erfüllung meiner Pflichten so seer erleichterte. Mächtig durch Dieziplin eben so sehr als durch Bildung, besitzt die Alpen- Armee alle Elemente des Erfolges und des Ruh⸗ mes. Die öffentliche Achtung ist ihr unabänderlich erworben. Darum kann Frankreich in Zukunft wie in der Vergangenheit auf ihre Erge= bung rechnen. Die Liebe zum Vaterlande wird stets ihre herrschende Leidenschaft und ihre mächtigste Triebfeder sein. ̃ (gez) Oudinot, Ober- General.“

Der National bemerkt über die Zusammensetzung des jetzigen Ministeriums: „Wer kann glauben, daß Herr von Falloux, der Mann uabedingter Unterrichtsfreiheit, mit Herrn Barrot, zem Ver— theidiger der Universität, in Einklang sei; wenn sie etwa behaupte⸗ ten, daß sie gleicher Ansichten sind, wäre der Eine oder der Andere nicht aufrichtig. Ist man nicht zu der Voraussetzung berechtigt, daß Herr Rulhieres, der Mann von Grenoble, der Held von Blidah, der Sieger von 1832, mit einem Worte das Mitglitd der ehemali— gen konservativen Partei, nicht ganz dieselbe politische Richtung ver— solge, als Herr Bixio? Armer Heir Bixio! Man macht aus diesem Minister einen Redactenr des National. Nun ist uns Herr Brio nicht näher verwandt, als die 1,500,000 Wähler, die für den Ge— neral Cavaignae gestimmt haben. Wäre es etwa darum, daß man ihn zur abscheulichen „Koterie des National“ zählt? Es gewährt heutzutage in den Augen gewisser Leute zu wenig Vortheil, für Einen der Unsrigen zu gelten, als daß wir es nicht für unsere Pflicht hielten, zu erklären, daß Herr Bixio uns nie angehört habe. Das vorausgeschickt, wünschen wir, das Ministerium, in das er ein— getreten, möge der Lage gewachsen sein. Wir haben aber in einigen Worten angedeutet, warum wir daran zweifeln. Unsere Zweifel wür— den den Charakter absoluten Unglaubens annehmen, wenn wir die Vergangenheit eines Mitgliedes dieses Kabinettes nach dem anderen befragten. Indessen es ist eine ausgemachte Sache, daß seit dem 24. FJöbruar alle Welt republikanisch ist. Lassen wir also, bevor wir sie beurtheilen, diese Herren ihr Programm vorlegen. Zum Unglück haben sie gehandelt, bevor sie gesprochen, und wiewohl unsere Oppo— sittion nicht gegen die Personen gerichtet st, tragen wir doch nicht die Schuld davon, daß gewisse Namen eine Bedeutung haben, die selbst die schönsten Versprechungen nicht verwischen können; wir wollen nur enen anführen, den des Marschall Bugeaud, ohne von der übergroßen Gewalt zu sprechen, die man dem General Changarnier übertragen.“ In der Presse eröffnet einer ihrer neuen Mitredacteure, Herr Arthur de la Gueremiere, eine Reihe von Briefen über die Republck; in dem ersten derselben spricht er sich folgendermaßen über die gegen— wärtige pohtische Lage Frankreichs aus: „Im Fehrnar wurde nicht gegen die Republick protestirt. Der Klerus, alles Mißtrauen fahren lassend, segnete eine Revolution, die sich vor dem Kreuze beugte und dem Volke seine Autorität wiedergab, welches seinerseits der GeistlichQ keit einen Theil davon abtrat. Die legitimistische Partei, welche ei⸗ nen Widerwillen gegen das Juli⸗-Königtbun hatte, aber keinen Wi— derwillen gegen die Freiheit, jauchzte einem Ereigniß, welches sie von einer rivalisirenden Dynastie befreite und ihr ihre Würde wiedergab, Beifall zu. Die Bourgeoisie, welche einen so unermeßlichen, fast uni= versellen Platz in der Gesellschaft hat, nahm ebenfalls die Proklami- jung der, Republik ohne Widerstand an. Die Bourgeoisie ist recht— schaffen ihrer Natur nach; sie ist national durch ihre Instinkte. Die Corruption unter dem vorigen Ministerium hatte ihr Aer— gerniß gegeben; die Erniedrigung Frankreichs im Auslande hatte sie gedemüthigt. Darum ließ sie eine Dynastie fallen, deren bescheidene Tugenden sie ehrte, die sie als eine Garantie des Friedens, der Sicherheit und der Ordnung zu betrachten gewohnt war. Das Volk endlich, diese unzählbare Klasse der Arbeiter, sah in der Republik die Heraufführung ihres Wohlstandes, ihres Unter- rists, ihrer Moralität. Diese neue Regierung, populär in ihrem Ursprung, konnte nur durch ihre Institutionen populär sein. So bot sich die Republik unter den günstigsten Bedingungen, voll Ideen und Hoffnungen, rein von Haß und Rachsucht. Sie war die Republik aller Welt, sie ripräsentirte ganz Frankreich in der Gesammtheit sei— ner Gefühle, seiner Rechte, seiner Interessen. Aber so war es leider nur während weniger Tage. Es kamen jene Cirkulare und Bülletins aus dem Ministerium des Innern. Statt den Provinzen Gesandte eines Gedankens und einer Hoffnung zu senben, sandte man ihnen Prokonsuln mit neuen Schrecken. Die Lehren Ledru Rollin's und Louis Blanc's waren für die Bourgeoisie der Ruin, für das Volk das Elend,

Jedermann Verzweiflung. Die Republik wurde kompromittirt durch die Republikaner. Frankreich muß, damit die Nepublik gestärkt und fon— solidirt werde, in die Lage kemmen, daß es Vertrauen fassen darf. Frankreich weiß, daß die Republik und die Thorheiten demagogischer Republikaner, die uns 1848 den Karneval von 1793 gegeben, nichts Gemeinsames haben. Lamartine ist es zu verdanken, daß bis zum Juni kein Blut floß. Die Junischlacht, so schrecklich in ihren Folgen, war nur der verzweifelnde Widerstand einer bereits moralisch besiegten Armee. Die anarchische Republik ist aufgelöst. Die viermalhun⸗— derttausend Stimmen, die sie kaum auf die Namen ihrer beiden Kandidaten vereinigt hat, geben einen Meßstab für ihre Kräfte; 100,000 gegen 7 Millionen Stimmen, welche die Kandidaten der Ordnung erhalten haben: das ist gewiß eine kleine Minorität einem ganzen Volke gegenüber, eine Guerillabande einer großen Armee, der Armee der Intelligenz, der Herzen, der Gefühle, der Int eres⸗ sen, einer Armeé des Bodens und des häuslichen Heerdes gegenüber. Das ist die Lage! Es bleibt die ehrliche und gemäßigte Republik, die Frankreich in dem Akt der Präsidenten-Wahl durch eine so uner— meßliche Majorität bestätigt. Das Journal des Debats sindet heute die politische Lage Frankreichs genau eben so wie vor dem 24. Februar. „Herr Orilon Barro:“, sagt es, „ist Minister und Con— seils Präsident. Es hat ein Wechsel der Regierungsform stattfinden müssen, um uns zu einen Minist rwechsel gelangen zu lassen. In diesem Worte läßt sich traurig und kurz die jetzige Lage zusammenfas⸗— sen. Wir haben das letzte Ministerium der Jull-Monarchie energisch und gewissenhaft unterstützt. Wir waren überzeugt, daß es streng den Regeln der Repräsentativ⸗Regierung folgte, wie dieselbe seit lan= ger Zeit in England ausgeübt wird, und daß es, da es die Majori— tät in den Kammern hatte, sich vor der äußeren Aufregung nicht zu— rückziehen durfte: Der Gesetzlichkeit nach, hatten wir Recht, den That— sachen nach aber Unrecht. Wir sind zuzugeben genöthigt, daß man in einem tief von dem Revelutionsgeist durchdrungenen Lande, wie das unsrige, nicht allein auf die Macht des Gesetzes vertrauen darf. Wäre die Königliche Prärogative weniger bedenklich gewesen in der Achtung der Grundregel der Repräsentativ⸗-Regierungen, nämlich in dem Festhalten an dem Willen der gesetzlichen Majorltät; hätte das Königthum die Minister häufiger gewechselt; wäre kein Ehrgeiz um seine Hoffnungen gebracht worden; hätten Alle nach einander zur Regierungsgewalt gelangen önnen; wäre endlich das Fieber, welches die äußere Aufregung unter— hielt, zur rechten Zeit durcheine mehr oder weniger entschiedene, längere oder kürzere Aenderung des Regierungs-Systems unterdrückt wor⸗ ren, so, würde eine rechtschaffene und weise Monarchie nicht als Opfer eines Handstreichs gefallen sein, dessen Gelingen noch täglich

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diejenigen, welche ihn führten, in Erstaunen setzt. Es ist ein Unglück und ein Fehler, daß ein Wechsel der Regierungsform hatt stattfinden müssen, um uns zu einem Ministern echfel gelangen zu lassen. Wir wiederholen absichtlich unseren Ausdruck, und wir glauben in der That nicht, daß Jemand den Gang der Exreignisse, den Sinn dieses Gan ges zu bestreiten vermag, und wie jetzt die Februar⸗Revalution, ab⸗ gesehen von dem Sturz einer Königsfamilie, sich auf einen bloßen Min sterwechsel zurückgeführt findet. Sie hat als Entwickelung der Katastrophe eben die Maßregel, welche hingereicht hätte, die Fata⸗ strephe zu verhindern. Das Februar Ereigniß ist welt über seine Ursache hinausgegangen. Tiese Ursache kehrk jetzt zu der natürlichen Wirkung zurück, auf welche sie hinzielte.“

Carnot, Exminister der provisorischen Regierung und Sohn des bekannten Revolutions⸗-Generals, hat die berühmte Militair-Hand— bibliothef seines Vaters der Repubꝛik geschenkt. Der Kriegsminister stellt sie zur Benutzung der Offiziere des Heeres im Depot des Kriegs⸗ burcau's. ö

Von Guizot ist so eben ein neues Weik, unter dem Titel: „Die Demokratie in Frankreich“, im Buchhandel erschienen.

Ju den letzten Tagen hat Paris wieder mehrere politische Feste und Bankette gehabt. Erstens ein sozialistisch⸗kommunistisches Ban— lett von Deutschen und Franzosen an der Barriere du Maine, in welchem Ewerbech, Kapp, Appuhn, Hess. Schmitz und Andere Reden hielten, und in welchem sich die französischen, deutschen, italienischen und, polnischen Demokraten von neuem verbrüderten. Im Jardin d'hiver fand zweitens ein großes Fest zum Besten der Juni⸗J sur⸗ genten statt. Hier hatte sich Alles, was auf Kunst und Schönheit Anspruch macht, eingefunden. Die Sängerinnen, fünfhundert an der Zabl, waren alle weiß gekleidet und trugen scharlachrothe Schärpen. Dupont, ebenfalls mit einer kolossalen Montagnardschärpe, hielt mit funfzig anderen mit gleichen Schärpen bekleideten Männern die Ord— nung in den überfüllten Räumen aufrecht. Jeder der Tausende von Gästen warf 1 Franken zum Besten der Juni⸗-Insurgenten in die Kasse. Der Rest des Eintrittsgeldes wurde auf die Saal-Ko⸗ sten verwandt. Auch der deutsche. Männergesang - Chor, der sich von der Maine-Barriere mit den deutschen Reichsfar— ben dorthin begeben hatte und einige Lieder sang, ärndtete großen Beifall. Ein drittes Fest hatte etwa zweitausend Personen zu Valentino gelockt, wo sie unter des kommunistischen Theosophen Pierre Leroux's Vorsitz, theils an einer Tafel, theils auf den Schau⸗ Gallerieen, Platz fanden und „zum Gedächtniß der Geburt Jesu Christi“ die Gleichheit der ganzen Menschheit feierten. Auch bier ß und trank man zum Besten der gefangen sitzenden Insur— genten des Juni⸗ Monats. Ein viertes Fest hatte Abbe Chatel an der Barriere Sores veranstaltet, wohin er elle seine männlichen und weiblichen Anhänger lud, um dort mit ihnen zu ban— kettiren. Die Zusammenkunft war sehr zahlreich, und es wurde dort ebenfalls die christliche Liebe und Gleichheit gepredigt. Auf alle diese Feste ist nun eine gänzliche Stille gefolgt. Heute ist, des gestrigen Weihnachtofeiertages wegen, der Monteur nicht erschlenen. Eben so feiern Presse, Union, Gazette, Assemblée Rational und einige andere Blätter. Auch das Proudhonsche Peuple macht heute einen Feiertag.

Die italienischen Posten sind heute ausgeblieben. Man hat daher keine Depeschen aus Rom und Turin. Ein undurchdringlicher und höchst ungesunder, übelriechender Nebel lagert über Paris und dem Seinethale, der alle telegraphische Verbindung unmöglich macht.

Zwischen den Arbeitern, Mobilgaiden und Poltzeidienern, mit— unter auch den Linientruppen, finden hin und wieder immer noch Rauffereien statt; Messer sind die Waffen der Eisteren, Sähel die Waffen der Letzteren.

In der Rue de St. Antoine, bei der Kirche Saint Paul, wurde gestern Nachts 11 Uhr eine Dame, die mit einer Freundin aus dem Theater nach Hause ging, von zwei Männern vom Arme derselben gerissen und mit Gewalt entführt. Die That wurde so rasch voll— zogen, daß die erschrockene Freundin vergebens nach Hülfe schrie. und Irland.

Großbritanien on,,

ö f 2 . 9 , * ö Man erwartet, daß sämmtliche Minister in der zweiten Januarwoche

hier zusammentreffen werden. Gegenwärtig halten sie sich größten— theils auf ihren Landsitzen auf, wohin vorgestern auch Graf Grey abgegangen ist. Für jetzt ist Lord Clanrica'de das einzige hier an? wesende Mitglied des Kabinets. Die Bank, die Börse und an— dere öffentliche Anstalten waren gestern wegen des Feiertages ge— schlossen.

In Lynn ist an des verstorbenen Lord Bentinck's Stelle Herr Stanley, der Sohn Lord Stanley's, in das Parlament gewählt wor— den. Gegenkandidat war ein Chartist Dixon, der aber vor der na— mentlichen Abstimmung zurücktrat.

Der Econo mist stellt über die Lage Frankreichs folgende Be⸗ trachtungen an: „Der Präsident der franzosischen Republik geht an die Lösung seiner Aufgabe ohne jene Stütze starker Köpfe und gro⸗ ßer Herzen, welche allen Fürsten so noth thut und Niemanden mehr als einem Präsidenten. Er ist neu in den Geschäften. Er hat immer außerhalb Frankreichs gelebt, und fast alle Nlassen von Staats männern stellen sich ihm entgegen. Er ist ihnen allen ein Fremder. Die Republifaner bassen ihn, weil er ihren Platz eingenommen. Die Mo narchisten beneiden ihn und suchen ihn zu ihren eigenen Zwecken zu ge— brauchen. In der National-Versammlung, welche unter verschiedenen Einflüssen gewählt wurde, zählt er wenige oder gar keine Anhänger. Er tritt die Regierung an in Konflikt mit diesem Körper und verschmäht oder gesürchtet von den bedeutendsten Staatsmännern Frankreichs. Die Notabeln, welche sich von ihm so wie vom Volke gleich fern halten, befürchten, daß die neue Gewalt sich nicht halten werde, und ziehen ihr eigenes Interesse eher, als das Interesse des Landes, zu Ratbe. Sie theilen die öffentliche Begeisterunz nicht, sie haben M ßtrauen in deren Dauer; sie sind Männer der Monarchie, und sie vermeiden es, sich um as Vberhaupt zu schaaren, welches das allgemeine St mmrecht jetzt Frankreich gegeben hat. Sie (rwarten eine veue Umgestaltung, und ihre Zurückhaitung ist darauf berechnet, eine solche hervorzurufen. Des Volk hat seine Rolle gut gespielt, aber die Politiker, die Män— ner, welche au die Leitung der Geschäste gewohnt sind, haben ihr Zutrauen zum Volke verloren. Sie haben eben so viel oder sogar noch mehr Nutzen durch die Bourbonen und durch Ludwig Philipp gehabt, als das Volk glaubte, daß sie aus Bonaparte gezogen hätten, und sie begreifen kaum die begeisterte Anhänglichkeit jenes Volkes an den Schatten tes greßen Kaisers. Alle Rücksichten dieser Männer sind persönlich. Sie betrachten die ganze Frage nur im Verhältniß zu sich selber, zu ihrer Lage, ihren Interessen. Eine der schlimmsten Wirkun— gen des Systems Ludwig Philipp's, an sich eine Täuschung, war, daß es alle öffentlichen Männer verdarb, welche mit demselben in Berührung kamen. Die Ehrlichkeit verschwand aus ihrer Mitte, und aus der Gewohnheit, sich unter einander nicht zu trauen, kamen sie dazu, der ganzen Welt, selbst ihren Lande⸗— leuten, zu mißtrauen. Da es nothwendig ist, daß eine besen— dere Klasse Menschen der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten ihr Leben widme, denn die Vertheilung der Arbeit ersträckt fich über jenen Zweig menschlicher Thätigkeit sowohl, als über die Wisfenschaf— ten, Künste und Handarbeiten, so ist es ein großes Unglück für Frankreich, daß die durch ihre Verwaltunge-Kenntnisse und Fähigkei⸗

ten ausgezeichnetsten öffentlichen Männer so großen Mangel an po- litischen Grundsaätzen haben und entblößt sind von sen:m Zutrauen zu dem menschlichen Geschlechte, welches seine sicherste und festeste Grundlage im Selbsibewußtsein der Rechtschaffenheit findet!“

Die Zeitungen melden, daß vom 15. Januar an die pariser Post nur über Ealais, nicht mehr über Boulogne gehen soll.

In England und Schottland sind bis zum 23. Dezember 3170 Menschen an der Cholera erkrankt. Davon sind 1459 gestorben und 521 genesen. Am stärksten wüthet die Epidemie noch in Schottland, wo bis jetzt 2403 Personen daran erkrankt, 1064 gestorben und 385 genesen sind.

Italien. Rom, 16. Dez. (A. 3.) Wichtig scheint das Eintreffen Lord Napier's von Neapel, welcher seit vorgestern hier ist und einer zweiten Deputation eine Audienz beim Papst in Aussicht gestellt haben sell. Die neuen Schatzscheine sind bereits in Umlauf, und man hört nicht, daß Jemand ihre Annahme vorzugeweise ver weigert hätte. In Perugia kat das Munizipium nach vorgängig don dem- Ministerium eingeholter Erlaubniß das im Jahre 157) von Paul IIÜ. n comprimendam Perusinorum audactam aufgeführte Hort za zerstören begonnen. Zucchi hat sich zwar mit Bevilacqua und Ricci nach Gaeta begeben, allein General Latour scheint in dem Sinne des Ersten handeln zu wollen und hat erklärt, daß er dem Papst allein Gehorsam schuldig sei. Die biesigen Diplomaten schei⸗ nen sich auf einen längeren Aufenthalt in Gacta gefaßt zu machen und lassen sich Equipagen und Winterkleider nachkommen.

Berlin, 29. Dez. Der Wirkliche Geheime Ober⸗-Justizrath Simon, welcher mit dem Ablauf dieses Jahres aus seiner bisherigen Stellung als Rath bei dem Rheinischen Revisions« und Cassatione⸗ hose ausscheidet, nahm in der vorlttzten öffentlichen Sitzung des Ge⸗ richts, nachdem die Königliche Verfügung über sein— Versetzung in den Nuhestand dem Gerichtshofe verkündet worden war, von demsel⸗ ben Abschied, im Wesentlichen mit folgenden Worten:

„Durch die, Gnade Sr. Majestät des Königs ist mir vom 1. Ja- nuar des künftigen Jahres ab der gewünschte Ruhestand bewilligt worden, und meine amtliche Wirlsamkeit wird künftig nur noch auf die oberste juristische Prüfungs- Kemmession beschränkt bleiben. Wahr⸗ scheinlich ist die gegenwärtige Sitzung unseres Gerichtshofes die letzte, der ich beiwohne, und ich kann Sie, meine Herren, nicht verlassen, ohne dem Drange meines Herzens za genügen und Ihnen noch einen Scheidegruß zuzurufen. .

Doch zuvor mahnt es mich, noch einen Bick auf die Vergangen⸗ heit zu werfen. 5.

Lebendig schwebt mir noch jener Tag vor meinen Augen, der 15. Juli 1819, wo der Staats-Minister von Bevme in feierlicher öffentlicher Sitzung diesen Tempel der Gerechtigkeit eröffnete und die Richter und Beamten dieses Gerichtstzofes vereidete. Die hobe Weis— heit Sr. Majestät, des verewigten Königs Friedrich Wilhelm III., batte nach dem Vorschlage der iheinischen Immediat⸗-Justiz⸗Organi⸗ sations⸗Kommission, welche in den Jahren 1815 1819 in Köln am Rhein unter Ihrem Vorsitz, Herr Präsident, bestand, auf den Antrag seiner Minister, des Staatskanzlers Fürsten von Hardenberg und des Staateministers von Beyme, unserem Gerichtehofe seinen Sitz in Berlin angewiesen. Derselbe sollte nicht blos ein Band zwi schen der Rheinprovinz und den übrigen Theilen der Monarchie wer⸗ ken, er sollte auch in den letzteren den Sinn für das mündliche und öffentliche Gerichtsverfahren wecken und so Lie allgemeine Verbreitung dieses Verfahrens anbahnen.

. Diese Bestimmung des Gerichtshofes hatte man auch bei der Zusammensetzung desselben fest im Auge behalten. Außer dem Stamnie, welcher aus treff ichen Rheinischen Juristen bestand, wur— den ihm als Mitglieder und Advokat-Anwälte Männer beigesellt welche, ihrer hauptsächlichen amtlichen Wirksamkeit nach, den Justiʒ⸗ Ministerium 1), dem Geheimen Ober- Tribunal), dem sammerge⸗ richtes und anderen Justiz⸗Kollegien 2), so wie der Rechts. Fakultät der hirsigen Universität 3 angehörten. Und ich darf es mit Freude sagen: Jener Zweck ist vollkommen erreicht worden. Während der dreißig Jahre, welche unser Gerichtshof als das Alter seines Lebens zählt, hat sich das mündliche öffentliche Gerichtsverfahren, das an⸗

rade unter den Juristen die größten Gegner gefunden hatte,

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fangs ge immer mehr Freunde, Anhänger und Vertheidiger gewonnen. Schon wird im ganzen Vaterlande in bürgerlichen Rechtssireitigkeiten in öf— fentlicher Sitzung, nach mündlicher Verbandlung, Recht gesprochen, und bier iCn Berlin auch in Straffällen. Bald wird das öffentliche mündliche Untersuchungs-Verfahren, bald werden die Schwurgerichte im ganzen Vaterlande zur Anwendung kommen. ;

Immer ruhig, das heilige Feuer der Vesta wahrend, ging der Revssions- und Cassationshof seinen Schritt vorwärts. Immer ge⸗ recht und würdig, nach keiner Seite Partei nehmend, wirkte der Re⸗= visions- und Cassationshof in seinem Berufe fort.

Doch eine Partei nahm er stete diejenige des Rechts. Und so hat der ehrwürdige Greis, den wir mit gerechtem Stolze unseren Präsidenten nennen 6), ohne Furcht und Scheu, noch jüngst bei (iner hochwichtigen Gelegenheit öffentlich und laut der Wahrheit die Ehre gegeben und dadurch ein schwer wiegendes Gewicht in die Schale des Rechts gelegt und entschieden zur Berichtigung der An— sichten im Vaterlande gewirkt. . Wenn ich von dieser Seite mit Befriedigung und Freude auf die Vergangenheit blicke, „Rz. faßt mich auf der anderen Seite Weh— muth, wenn ich der grosn uste gedenke, welche der Hof in diesen 30 Jahren seines Lebens nn hat.

Zwar leben Viele der aas ibm Geschiedenen theils wirksam in anderen Aemtern, theils im gewünschten Ruhestande. Vorzugsweise darf unser Gerichte hof sich rühmen, daß höhere Justiz⸗ Aemtẽr aus seiner Mitte besetzt worden sind ?). Sehr Viele aber haben das Hienieden verlassen und sind uns vorangeeilt in das Land des ewigen Friedens! Vor Allen gedenke ich aus dem Richterstande unseres Fischenich, aus der Advokatur unseres Reinhardt's. Von Allen, welche vor 30 Jahren, bei der feierlichen Eröffnung des Gerichtshofes, den Eid geleistet haben, sind nur noch drei bri dem Cassationshofe in Wirksamkeit: Sie, mein verehrungswürdigster Herr Präsident, der geenwärtige Herr Ober-Secretamnr und ich. Doch haben unsere taeff⸗ lichen Monarchen immer dafür gesorgt, daß Lie offen gewordenen

) Fischenich und Simon.

) Freiherr Schilling von Kannstadt.

3) von Trützschler, damals Vice⸗Präsident des Kammergerichts; Rein- hardt, Kunowski, von Tempelhoff (der Vater), Justiz⸗Kommissarien bei die= sem Gerichtshofe.

) Der spätere Justiz⸗-Minister Mühler, damals Direktor des Vor= mundschaftsgerichts, und der General-Auditeur Friecius, damals Nath bei dem General-Auditoriat, so wie Bode und Marchand, Justiz-⸗Kommissarien bei dem Stadtgerichte.

ö. von e, . y

) Der achtzigjährige Präsident Sethe.

2 . . . Justiz⸗Minister; Ruppenthal, Direktor im Justiz⸗Ministerium; Busse, Vice⸗Praͤsident des Geheimen Ober-Tribunals; Sswald, Sieltzer, Scheller, Oberlandesgerichts / Chef- Präsidenten; Bölling, Nicolovius, General- Prokuratoren des Appellationsgerichtshofes zu Köln; Friccius, General Auditeur.