Bunbesakte noch zu Recht bestehe, so könne doch kein Zweifel aus ihr über die Kompetenz der National⸗Versammlung abgeleitet werden. Die preu-= ßische Verfassung ist nun keine vorläufige, sondern eine endgültige, die nur durch die Uebereinstimmung beider Kammern abzuändern fein soll. Dies Zweikammer- System. widerspricht dem Grundsatze, nach welchem die Verfassung Preußens von Einer Kammer zu erriten war. Der Rechtsboden ist mithin schon in diesem Punkte verletzt, und von der Seite dieses Hauses, die beständig von sich verkündete, sie stehe auf dem Rechts boden, erwarte ich, daß sie sich in der vorliegenden Frage treu bleiben werde. Es sei kein Klä⸗ ger vorhanden, wendet man ein. Handelt es sich denn aber um eine Civslsache? Außerdem bin ich, der Antragsteller, preußischer Staatsangehbriger, und allerdings sind Beschwerden wider die octroyirte Verfassung beim Hause eingegangen von Naumburg, Neisse und anderen Orten her. Das Motiv, womit die Verlegung und Vertagung der preußischen Landesversammlung gerechtfertigt werden soll, nämlich die Unfreiheit der Versammlung, vermag ich nicht anzuerfennen. Die Schreckbilder, von denen man uns erzählt hat, daß sie durch die berliner Straßen schritten, lebten nur in dem Gehirn eines Furchtsamen. Der Traum eines rothen Repuhblikaners freilich, er befindet sich noch hier in unserer Mitte. (Gelächter) Der Steuerverweigerungs⸗Beschluß, den man den preußischen Voltsvertre⸗ tern zu so schwerem Vorwurfe macht, ist nichts als eine Konsequenz des Beschlusses, der das Ministerium Brandenburg für ein hochverrätherisches erklärte. An Hochverräther zahlt man keine Steuern. Dazu ist die octroyirte Verfassung nicht erst ausgearbeitet worden, nachdem die äußersten Kon⸗ flikte eingetreten. Sie war längst vorbereitet und vorhanden. Sie ist wohl selbst aus Einflüssen hervorgegangen, die in diesem Saale ihren Ursprung haben (Unruhe). Die Verweigerung der Theesteuer, von der die amerikanische Erhebung datirt, rühmt man uns. Was geschah denn in Preußen Anderes? Die octroyirte Verfassung aber wird mit Unrecht eine freisinnige genannt. Die erste Kammer stellt die Bevorrechtigung des Reichthums wieder her, und was die Grund—⸗ rechte anlangt, so tritt sie in Widerspruch selbst zu den in Frank⸗ furt getroffenen Bestimmungen. Das Petitionsrecht z. B. wird nur den anerkannten, Corporationen zugesprochen, und Volksver— sammlungen unter freiem Himmel bedürfen einer vorläufigen An⸗ zeige. Das absolute Veto, welches wir hier verworfen haben, in der preußischen Verfassung findet es seinen Platz. Wär aber die Verfassung selbst eine freisinnige zu nennen, so wird sie allen Anzei⸗ gen nach nicht gehalten werden. Alle Verfügungen des Ministers Rintelen erinnern an das alte System, an das System der Despotie. Dazu kommt ein neuester Armeebefehl, der den Offizieren verbietet, von einer anderen politischen Meinung als ihr König zu sein (Bewe⸗ gung und Widerspruch), dazu der Königliche Neujahrsgruß an das Heer, worin auf die Märzbewegung herabgeblickt wird, als auf eine — Selbst das Vertrauen auf die Redlichkeit und Unabhän— gigkeit der Gerichte ist vernichtet. Sie sinken zu Polizeianstalten herab. Unter den verschiedenen Anträgen, die Ihnen vorliegen, scheint mir der des Abgeordneten Uhland der empfehlenswertheste, der von der Ansicht ausgeht, was in Preußen geschehen, das sei ein Verfassungbruch. Das Ministerium Brandenbnig habe nichts für das Wohl dis Lan— des gethan, wohl aber die berliner Versammlung, die ihre Zeit wahr⸗ haftig nicht vertändelt habe. Die Gründe der Auflösung, die man vorgeschoben habe, seien falsch. Spreche man es aus durch einen Beschluß, daß die preußische Regierung abermals ihr Wort gebrochen, die berliner Versammlung aber sich um das Vaterland verdient ge—
Empörung.
macht habe. (Lebhafter Beifall ven der Linken und von der unge⸗ sperrten Gallerie, die auf Anlaß der heutigen Verhandlung mit einem siberaus zahlreichen Publikum besetzt ist.) X. Haym aus Halle, der von den Rednern ber anderen Seite uf Wesendonck folgt, hätte gewünscht, daß sein Vorredner jede Beziehung auf den Rechtsboden vermieden hätte. Die Vereinbarung mit dem Volke, die an der preußischen Verfassung vermißt werde, sei allergings vorhanden. Denn von allen Seiten strömten die Zu⸗ stimmungsadressen des Landes an den König, nachdem er mit der Verfassung hervorgetreten. Die preußische Regierung hat das Recht der rettenden That ausgeübt, dies Wort eines uns Allen verehrten Mannes (Dahlmann's bekanntlich) enthält die allein richtige Bezeich⸗ nung. Wollen wir mit praktischer Behandlung der Sache zu Werke gehen, wohlan, so legen wir noch einmal unser moralisches Gewicht in die Wagschaale. Es wird den Wahlen in Preußen zu Statten kommen, es wird zur Abkürzung der dortigen Ausnahmszustände beitragen, es wird endlich ein Schritt zur Einheit des Vaterlandes sein, deren Schlußstein wir eben zu gestalten im Begriffe sind. Nicht um einen verlebten Gegensatz von Regierung und Volk bewegte sich der Streit. Es war um das große und gesammte Ganze, um den Staat war es zu thun. Auch die vorliegende Frage ist keine Rechtsfrage, sondern eine Frage der Macht. Erklären Sie die preußische Verfassung für nichtig, so werden Sie Ihr kühnstes, aber auch Ihr letztes Wort gesprochen haben. (Unruhe.) Wollen Sie aber im Interesse des Vaterlandes, im Interesse der Einheit handeln, so werfen Sie keine Makel auf eine Krone, die wir bald suchen werden. Gehen Sie dem Ausschuß⸗ Antrage gemäß zur einfachen Tagesordnung (Beifall und Zischen). Heinrich Simon: Zweimal haben Sie die Gelegenheit, Deutschland zu retten, in eine Gelegenheit verwandelt, sich selbst zu vernichten. Jetzt liegt Deutschland zu Boden, den Wühlereien der Diplomaten preisgegeben und an den widerstrebenden Inter⸗ essen von dreißig Dynastieen zersplitternd. Aber ich kann Sie nicht mehr auffordern, Deutschland zu retten, denn der Augenblick dazu ist vorbei, weil Sie neun Monate lang den Ursprung Ihrer Wahl, den Willen des Volles, vergessen haben. Was hat es Junen nun ge⸗ holfen, daß Sie den Regierungen so sorgfältig schanende Rech⸗ nung tragen? Es gehorcht Ihnen auch keine einzige, wie der Redner aus den Erklärungen und Maßregeln der einzelnen deutschen 8 dar zuthun sucht. Das ist die Foͤlge Ihrer Halbheit, mit der k e, 6 das preußische Volk und die Regierung letztengiᷣ Sie die Steuerverweigerung verwarfen und zugleich auf Entfernung des Ministeriums Brandenburg drangen. Solo nannte die Verfassung die beste, wo die ide wherl 9 z j 2 4 geringsten Bürgers die strengste Ahndung nach sich . 9 . . Sie jetzt diesen Grundsatz auf das preußfsche Volt . Dee en nig hat dort seinen Zusicherungen zuwider durch . , alle Souverainctät an sich geriffen. Ich sage abey; wehe Tro ang. elches das Entwürdigende ni ü , . welch gende nicht fühlt, was in solchem Verfahr liegt, wehe dem Volle, dem der Titel gleichgültig ist i . es? sein Heiligstes erhält! Vie Gewalt hat'gessegt, Las t vir WM! heit, und von keinem Nothrechte der Regierung kann die ö. sein, wie sehr auch hier die berliner Versammlung geschmäht n. ist und so auch wieder im Ausschuß, Berichte. Herr von Pincke hat zwar früher behauptet, er könne in dem Verfahren der preußischen Regierung keine Spur von einem Staatsstreiche eatdecken. Es wird ihm aber jetzt wohl ergehen, wie einem anderen Mitgliede des Hau⸗ ses, so daß er nun nicht blos den Staatsstreich, n gn vielleicht sogar „Reaction“ erkennt. Die berliner Versammlung sei unthätig gewesen? Gerade als sie sehr thätig war in Abschaffung des Abels, der Orden und Titel, hob man sie auf. auf ein
mmlung aufmerksam, e . nn, falls er das Ministerium Brandenburg entließe.
Tite Ich mache Sie versöhnendes Schreiben der Mehrheit der berliner Ver⸗ welches an den König gerichtet werden Dies
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Schreiben, ohne Namensunterschriften und in allgemeinen Ausdrücken ge⸗ halten, liest Simon vor, um damit zu beweisen, wie wenig es die Ab—= sicht der preußischen Versammlung gewesen, den Bruch aufs äußerste zu treiben. Der Redner wendet sich . wider die in Anmerkung mit⸗ getheilte Stelle des Ausschußberichte '), deren Behauptungen er in ihren Einzelnheiten zu widerlegen bemühl ist. Aber, selbst das Nothrecht der Auf, lösung der Kammer zugestanden, was sei dann die Folge gewesen? Daß die Regierung an das Volk hätte appelliren müssen. Das heißt, eine neue Versammlung mit den Rechten und nach dem Wahlgesetze der alten sei einzuberufen gewesen. Dazu sei die octroyirte Verfasfung so auf Schrauben gestellt, daß wenig von ihr übrig bleiben werde, wenn es zum Konflikte käme. Sie verleihe dem Bolke das Steuerbewilli⸗ gungsrecht nur zum Scheine. Zum Beweis dessen führt H. Simon die betreffenden Verfassungsparagraphen an, von denen seiner Mei⸗ nung nach der eine den anderen aufhebt. Diese Bestimmungen seien von der Art, daß sie selbst noch über die strengen Ansichten einer kleinen Schrift: „Gespräche über Kirche und Staat“ (für de⸗ ren Verfasser Herr von Radowitz gehalten wird), hinausschritten. Die Preßfreiheit und das Vereinsrecht werde dem Volke in der unbeschränktesten Weise durch die Verfassung zugestanden. Allein die drakonischen Preßgesetze dauerten fort, und ein kleiner Para⸗ graph ermächtige je nach den Umständen die Regierung dazu, alle jene Rechte aufzuheben. Der preußischen octroyirten Verfas⸗ sung war es vorbehalten, die köstliche pariser Erfindung des Belagerungszustandes mitten im Frieden unter die Märzerrungen- schaften aufzunehmen. (Bewegung und Bravoruf.) Außerdem weise die Versassung auf so viele organische Gesetze hin, die erst noch zu erlassen seien, daß eigentlich noch Alles im Vorbehalte sei, und die erste Kammer, ihrem Wahlgesetze gemäß, aus der Bourgeoisie und dem grundbesitzenden Adel gebildet, werde die Krone wohl nicht in den Fall bringen, von ihrem absoluten Veto Gebrauch zu machen. (Lachen.) Bedenke man dazu, daß die Verfassung in Preußen durch eine Beamtenschaar, so groß oder größer als das preußische Kriegs- heer, gehandhabt werde, die sich der Gegenrevolution mit Eifer an⸗ schließe, erwäge man die Untersuchungen, die bereits eingeleitet, die Einkerkerungen, die verfügt seien, so werde man den Vergleich der preußischen Zustände mit dem Rückschlage in Neapel nicht übertrieben finden. (Horti) Die ganze alte schlechte Wirthschaft ist in Deutsch— land wieder in voller Blüthe! In Oesterreich wird an allen Orten reagirt, und hier im Hause ist wohl kaum Jemand, der nicht einen Bruder oder Freund im Kerker wüßte. (Widerspruch.) „Im Verfahren der preußischen Gerichtshöfe, ich stehe nicht an, das zu sagen, erblicke ich eine schmachvolle Servilität.“ Unterbrechende Unruhe, Beifall von der Linken, Applaus von der Gallerie. Von der Rechten wird der Ord— nungsruf gefordert.
Vice - Präsident Beseler: Ich werde den Redner nicht zur Ordnung rufen. (Stürmisches Bravo im Hause.) Man mag über seine Behauptung urtheilen, wie man will, so giebt sie doch dem Präsidenten keinen Anlaß zu einem disziplinarischen Verfahren.
Simon: Diejenigen, die mich zur Ordnung rufen wollen, ver— gessen, daß das Richteramt ein heiliges Priesterthum ist. Meine Herren! Sie können das Recht mächtig stärken, wenn Sie offen er⸗ klären, die Octroyirung der Verfassang sei eine Reichsverletzung, und das Recht des Volkes auf Vereinbarung bestehe fort. Das ist mein Antrag. (Rauschender Beifall.)
Reichs-Minister der Finanzen, von Beckerath: Der Rath, den der Verfasser von „Annehmen oder Ablehnen“ ertheilte, war dahin gerichtet, daß der Vereinigte Landtag die patentirte Verfassung einfach zurückweisen sollte. Wie aber, wenn der Rath befolgt wor- den wäre, wenn mithin der Vereinigte Landtag der politischen Ent⸗ wickelung Deutschlands gefehlt hätte? Das formelle Recht ist in großen politischen Fragen nicht das allein Entscheidende. Ueber⸗ haupt hat Simon mit Vorliebe die Schattenseite unserer Ver⸗ hältnisse hervorgekehrt, und seine Behauptungen, in Bezug auf die Weigerung der deutschen Regierungen, den Beschlüs⸗ sen dieser Versammlung nachzukommen, sind unrichtig. Der Abgeordnete Uhlich verlängt in seinem Antrage, daß diese Ver⸗ sammlang die politische Ehre und Freiheit des Volkes vertrete. Ich pflichte dem bei. Allein in dem Begriffe der Vereinbarung ssegt auch das Recht der Verneinung für die Krone. Sie hätte daher die ganze Verfassung verwerfen können, welche die Versammlung beschlossen. Was aber ist geschehen? Ich meine, die Regierung ist redlich bemüht gewesen, daß der Grund⸗— satz der Vereinbarung aufrecht erhalten werde (Bewegung, Wi⸗ derspruch und Beifall), und sie verdient die Vorwürse nicht, die Herr Simon wider sie erhoben. Und zeigen nicht alle Vorgänge in Preußen, die Zustimmungs⸗Adressen der Städte, das eifrige Eintreffen der Landwehren, daß die octroyirte Verfassung mit Freu⸗ den angenommen worden ist, daß sie bercits im Volke Wurzel ge— schlagen hat. Nich Herrn Simon's Verlangen aber käme es auch hier wieder auf die Annahme oder Ablehnung hinaus. Eines starren Prinzips wegen wollen wir aber nicht eine lebendige Welt in Trüm— mer schlagen. Nicht der Standpunkt des formellen Rechts ist der unsrige, ünd wenn man uns sagen will, daß die preußische Ber⸗ fassung auf der Willkür beruhe, so behaupte ich dagegen, daß sie vielmehr auf der höchsten politischen Nothwendigkeit beruht. (Bei⸗ all.) t Eine Anzahl von Mitgliedern der Linken beantragt Schluß der Debatte. Vie Versammlung entscheidet sich jedoch für deren Fort— setzung, worauf
Wachsmuth aus Hannover gegen den Uebergang zur einfa⸗ ) „War die Verlegung der preußischen Natisnal-Versammlung und damit auch die zur Ausfuhrung der Maßregel nothwendige Vertagung der— selben, wie die hohe Versammlung bereits in dem Beschluß vom 14. No⸗ vember anerkannt hat, durch die obwaltenden Umstände gerechtfertigt, so
folgt daraus von selbst:
1) die Verpflichtung der Abgeordneten, sich der kein materielles Volks⸗ recht auch nur entfernt kränkenden Anordnungen der Krone in Betreff der Vertagung und Verlegung zu fügen.
Es folgt daraus aber auch .
2) die Ungüstigkeit aller Akte, welche von der in einseitiger Wirksamkeit forttagenden Majorität der preußischen Nation Versammlung nach der Vertagung bis zum Wiederzusammentritt in Brandenburg (27. November) gefaßt worden sind; und
3) die Verpflichtung der Abgeordneten der preußischen National- Ver= sammlung, an dem für die Wiedereröffnung der Sitzungen bestimm⸗ len Tage in Brandenburg zu erscheinen und in geordneter Weise das Werk der Vereinbarung einer Verfassung fortzusetzen.
Was ist aber seitdem geschehen? Die der Regierung entgegentreten⸗
den Abgeordneten haben durch die wiederholten Versuche, in der Haupt⸗ stadt des Reicht, ungeachtel der Vertagung und der mit der Verkündigung. des Belagerungszustandez verbundenen Verbote der bewaffneten Macht, sich zu versammeln, ) wie durch das fluchtartige Wandern don einem Lolal in das andere, zwar ihren Eigenwillen a gr. gesucht, dabei aber weniger zu ihrer Genugihuäng gewonnen, als vielmehr ihr Äunschen als Bil ger . 6 bgesetzs Sie haben es nicht über sich dermocht, dem Wohle des erlandes. welchem die Fortfetzung des traurigen Könflikts in keiner Weise förderlich sein konnte, das vermeintlich vorhandene formelle Recht
zum Opfer 6 bringen und für ihre Bereiiwilliglei⸗ 6 auch durch di.
e n gen en n , i in Frankfurt 9 lich erstrebten Vermit=
als zweifelhaften Rechte, kan , , heilen an laren meh;
chen Tagesordnung und für die motlvirte, sodann aber Göden aus Krotoschin für das Ausschußerachten spricht. Die octroyirte Ver⸗ fassung Preußens ist mehr als ein Staatsstreich, es ist der Umsturz der organisirteu Anarchie. Die berliner Versammlung ging die Bahn der Republik und des Konvents. Die Krone hat nur mit richtigem Takte erkannt, wenn der Zeitpunkt gekommen sei, den Schlund des Curtius zu schließen. Die Versammlung erhob das Wort „Reaction“ zu einer Macht, mittelst deren es durch steben Monate die Herrschaft an sich riß. Aber die Neactlon, wie sie uns dort zum Schreckbilde hingestellt ward, wäre ein Hohn gegen unser Volk und eine Verspottung des Genius unserer Zeit. Im Namen des deutschen Volkes nicht allein protestire ich gegen die Verleumbung der Reaction, sondern auch im Namen der deutschen Fürsten, die von jetz an eine Ehre darin suchen werden, ihren Völkern in bem Ge⸗ horsam gegen die Constitution voranzugehen. (Beifall und Zischen dagegen.) .
Martiny: Das schlimmste Ergebniß, welches uns aus der preußischen Verfassungsfrage bedroht, ist der sittliche Einfluß, den der Sieg des Absolutismus auf das Rechtsgefühl, auf den Muth und die Zuversicht des deutschen Volkes ausüben wird. Die Zei⸗ ten freilich sind vorüber, wo man von der Tribüne dieses Hauses mit Erfolg gegen die Könige donnerte (Gelächter), und der Kö⸗— nig von Preußen würde Ihnen für Ihren heutigen Beschluß den Gehorsam versagen, wie er Ihre früheren Entscheidungen unbe⸗ achtet ließ! Wollen Sie ihn etwa mit Reichstruppen zwingen? Keine Korporalschaft steht Ihnen gegen ein gekröntes Haupt und für das Volk zu Gebote. Ich will daher so freimüthig sein, Ihnen auch meinen letzten Rath nicht vorzuenthalten: „Gehen Sie nach Hause!“ Bei diesem Schlusse Martiny's bricht die heitere Laune, mit welcher die Versammlung dem unbeholfenen Vortrage des Red— ners zugehört hat, in ein herzliches Lachen aus.
Wurm aus Hamburg hofft, daß man dem Rathe des „beredten Mannes“, der vor ihm auf der Tribüne gestanden, nicht so rasch folgen werde. Er vermißt in dem Ausschußbericht den Ausdruck des sittlichen Unwillens, den die Versammlung zu empfinden habe, einem Staatsstreiche gegenüber, wie die Auflösung der berliner Versamm⸗ lung und die octroyirte Verfassung ein solcher sei. Diesen Ausdruck des sittlichen Unwillens hält er für um so unerläßlicher, als in Preu⸗ ßen die Tribüne fehlt, ihm Worte zu verleihen. Von der Seite gerade müsse er ausgehen, die die Einheit darum über Alles stelle, weil dann die Freiheit von selbst kommen werde. Wurm fordert da— her eine motivirte Tagesordnung. (Schluß folgt.)
Frankfurt a. M., 3. Jan. Die O. P. A. Z. meldet: „Der Reichsverweser hat (wie bereits erwähnt) am 1. Januar, Abends um 63 Uhr, die Glückwünsche des Gesammtvorstandes der Reich s⸗ Versammlung zum neuen Jahr entgegengenommen. Ter Präsident der Reichs⸗Versammlung, Sim son, äußerte sich bei dieser Gelegen⸗— heit in folgender Weise: „„Der Gesammtvorstand der verfassung⸗ gebenden Reichs⸗ Versammlung darf es sich erlauben, bei dem einge⸗ tretenen Jahre swechsel Ew. Kaiserl. Hoheit mit seinen ehrfurchtsvollen Glückwünschen zu nahen. Ew. Kaiserl. Hoheit werden an diesem Tage mit uns die Blicke rückwärts und vorwärts richten: in ein ab⸗ gelaufenes Jahr, das unter schweren Stürmen reiche Saaten ge— streut, aber auch tiefe Wunden geschlagen hat — und in das eben angebrochene, vor dem wir in der vertrauungsvollen Erwartung stehen, es werde mit deren Heilung die nachhaltige und ausgie— bige Aerndte wahrer bürgerlichen Freiheit und staatlicher Einigung über unsere Fluren bringen. Ew. Kaiserl. Hoheit haben sich mit den Arbeiten und Mühen der Reichs -Versammlung eng verbinden wollen, da Sie den Ruf der Vertreter des deutschen Volkes mit dem vaterlanderfüllten Herzen annehmen, das die Nation an Ew. Kaiserl. Hoheit kennt und dankbar verehrt. Wenn uns ge⸗ lingt — und es wird uns gelingen — unserem Volke endlich die Stelle unter den Völkern der Erde zu erringen, die ihm wenn nicht alle Zeichen trügen nach dem Rathschluß der Vorsehung beschieden sst, so sind unsere Erfolge auch die Ew. Kaiserl. Hoheit; unserem Volke solches Heil wünschen, heißt einen Segenswunsch aus⸗ sprechen über Ew Kaiserl. Hoheit. Genehmigen Ew. Kaiserl. Hoheit ben 'ehrerbietigen Ausdruck solcher Gesinnung und die innigen Wün— sche, die wir daran für die Erhaltung und das Gedeihen des Er— lauchten Familienkreises knüpfen, der Ew. Kaiserl. Hoheit zunächst umgiebt, und dem in Ihrem Herzen die nächste Stelle bestimmt ist nach dem deutschen Vaterlande!““ .
Der Reich sverweser erwiederte diese Anrede mit nachstehen⸗ den Worten: „„Empfangen Sie, meine Herren, die Versicherung des hohen Werthes, den ich auf die Glückwünsche lege, die Sie mir als Auedruck der Gesinnungen der deutschen Rational-Versammlung so eben darzubringen die Güte hatten. Indem ich dieselben herzlichst erwiedere, spreche ich zugleich die Ueberzeugung aus, daß sich unsere gegenseitigen Wünsche in dem Einen für Deutschlands Einheit, Größe und Ruhm begegnen. Mit dem begonnenen, für Deutschland so höchst wichtigen Jahre wird die National⸗Versammlung ihre erhabene Auf⸗ gabe, unserem gemeinsamen Vaterlande eine Verfassung u geben, ge⸗ löst haben, dann ist auch mein Wirken, zu dem mich Ihr ehrendes Vertrauen berief, geschlossen. Glücklich werde ich mich schätzen, wenn mir die Ueberzeugung bleibt, daß durch dieses große Werk der Grund zu Deutschlands Einheit und Größe gelegt, und fortan alle einzelnen Stämme von einem Bruderbande umschlungen in schönem Vereine mit ihren Fürsten nur ein Ziel kennen, diesen herrlichen Bau zu vervollkommnen, auf daß er, zu allen Zeiten allen Stürmen Trotz bietend, unerschüttert fortbestehe. “ . .
An demselben Abende erschienen bei Sr. Kaiserl. Hoheit die Bevollmächtigten der deutschen Regierungen. Nachdem dieselben vollzählig versammelt waren, ergriff der Bevollmächtigte für Oester⸗ reich, Freiherr von Menßhengen, das Wort: n, Im Namen . sämmtlichen Regierungs⸗Bevollmächtigten habe ich die Ehre, Ew. Kaiserl. Hoheit ihre ehrerbietigsten Glückwünsche zu dem eingetre⸗ tenen Jahreswechsel darzubringen und bei dieser Gelegenheit den Ausdruck des tiefgefühlten Dankes aller deutschen Regierungen für die schweren Opfer zu erneuern, welche Ew. Kaiserl. Hoh. it durch Uebernahme der hohen Würde eines , . über Deutsch⸗ land zu einer Zeit gebracht haben, wo die Erfüllung eines dringen den Bedürfnisses für Deutschland nir badnrch möglich wurde, daß Ew. Kaiserl. Hoheit einem wichtigen Berufe im Heimat⸗
Jahre ist es einer der
ten. Im verwichenen re, is n ö na,, gewesen, wo Höchstste, dem Wohle des
Vaterlandes sich ausschließend widmend, einen der Binge herbeiführlen. Der Rückblick auf greiches Wirken wird Ew. Kaiserl. Hoheit er- volle Last auch in diesem Jahre zu tragen, damit Versüngung Deutschlands unter Höchstihrer Ob—
antwortete mit dem Ausdrucke seines as Glück und die Wohl⸗ ölker beim Jahreswechsel doppelt
Dang ie Mitglieder des Reichs⸗Ministeriums hat⸗
ten schon zuerst am Nachmittage, nach erfolgter Rückkehr Sr. Kaiserl.
Hoheit von einer mehrtägigen Abwesenheit, beim Reichsverweser sich zu gleichem Zwecke, wie die Obigen, vorgestellt.“
Oesterreich. Wien, 3. Jan. Der Felkmarschall Fürst zu Windischgrätz hat den zu vierjährigem Festungs-Arrest verurtheilten Matteo Padovani gänzlich begnadigt, weil derselbe eine sich ihm darbietende Gelegenheit zur Flucht unbenutzt gelassen und freiwillig wieder in seinen Verhaftungsort zurückkehrte, und weil sich ferner herausgestellt, daß er einer am 6. Oktober begonnenen Plünderung eines Schwertfeger-⸗Ladens mit seltenem Muthe Einhalt gethan und außerdem die lügenhaften Angaben ausländischer Journale über die Behandlung der politischen Gefangenen kräftig widerlegt hat.
Der Feldmarschall-Lieutenant Freiherr von Welden veröffentlicht folgende Nachrichten aus dem Hauptquartier des Feldmarschalls Für⸗ sten zu Windischgrätz vom 31. Dezember 1848:
„Der schnelle Fortgang der Operationen in Ungarn hat kaum die nö— thige Zeit gelassen, das Publikum mit den Haupt- Ereignissen bekannt zu machen. Ein Feldzug, der in 14 Tagen alle die gegen Pesth dirigirten Ko— lonnen, die linke bis Kaschau, jene, welche über die Jablunka gegangen, bis Neustadtl, die dritte von Tyͤrnau in der Richtung gegen Neutra, eine vierte von Preßburg bis vor Comorn, die Haupt-Armee nach den Siegen bei Babolna und Moor bis vor Ofen, — endlich die rechte Flügel⸗Kolonne von Steinamanger und Körmend in der Richtung gegen Szallay⸗Egerszeg und das nördliche Ufer des Platten ⸗Sees gebracht, kann, wie natürlich, nicht viel Zeit zu einer geordneten Relation lassen. Die bisher getrennten Ko— lonnen, deren Führer bis jetzt nur selbstständig und nach der einfachen Dis- position: Vorwärts, handeln mußten, werden sich jetzt mehr zur Lösung des großen Problems vereinigen. Die Lösung kann nicht zweifelhaft sein. Ein wohlgeordnetes schlagfertiges Heer, das nur immer trotz allen Entbehrungen und Hindernissen jubelnd ins Gefecht zieht, anher durch seinen hohen Führer begeistert, von der Gerechtigkeit der heiligen Sache, die es vertheidigt, durchdrungen, gegenüber einer Bande von Nebellen, denen nichts mehr heilig ist; denn sie zerstören ohne Rückscht den letzten Wohlstand ihres Vollés; geführt durch Fanatiker, die aus den unteren Chargen der Armee entwichen oder aus dem Advofatenstande herüber getreten und auch nicht die geringsten Begriffe von der Führung eines Heeres haben, da kann wohl der Ausgang keinem großen Zweifel unterliegen. Das irregeführte betrogene Volk fängt an, aus seinem Taumel zu erwachen. Reumüthig kehrt so mancher, der nur überrascht oder verblendet war, zurück, und schnell wird das gottlose Drama enden, welches einige Verräther geschaffen und einige Wuͤthende zum Schrecken ihres eigenen Landes aufgesührt ha— ben. Muß doch Alles dem ewigen Gesetze: daß Unrecht nicht bestehen kann
unterliegen. So gewinnt der Krieg in Ungarn immer mehr einen be—⸗ stimmteren Charakter. Die regellosen Haufen, diese Nebelbilder, lösen sich auf vor der geordneten Gewalt, und was noch einen Besitzstand hat, wendet sich an den Schutz der rückkehrenden Gesetze.
Bis den 22sten hatte das äußerste Flügel-⸗Eorps unter Feldmarschall⸗ Lieutenant Grafen Schlick die ganze Landesstrecke von den Karpaten bis südlich über Kaschau vollkommen pazifizirt. Die Rebellen waren in das Innere des torner abbaujvärer Komitat geflohen, welche Komitate früher durch die bevollmächtigten Kommissäre Koffuth, Irany, Farkaszany, Graf Haller, Pulszky und Ladislaus Ujhazo, terrorisirt wurden. Feldmarschall⸗ Lieutenant Graf Schlick war beflissen, die gestörte Ordnung in allen Städten wieder herzustellen, — so viel als möglich die Lasten, welche das Einrücken einer größeren Truppenzahl hervorbringt, dem gänzlich geplünderten Lande zu vermindern, die Gutgesinnten zu ermuthigen und die Irregeführten zu ihrer Pflicht zurückzubringen. Graf Stephan Szirmay, einer der angesehensten und einflußreichsten Bewohner, des saroser Komitats, voll Thatkraft und Liebe für die geheiligte Sache seines Königs, bot sich zur Errichtung eines Freicorps an, welches auch schon durch die großen Vorräthe, welche die Rebellen auf ihrer Flucht zurückließen, bekleidet und bewaffnet ist, und zur Aufrechthaltung der inneren Sicherheit mit Nutzen verwendet wird. Den 30. Dezember hat der Feldmarschall⸗Lieutenant Graf Wrbna das nun bereits von der Insel Schütt und den beiden Ufern der Donau eingeschlossene Comorn zur Uebergabe aufgefordert. Ein ehemaliger pensionirter Kaiserl. Offizier, Meythény, don Wahnsinn befangen, daß ihn der dem Rebellen Kossuth geleistete Eid mehr binde, als jener, den er zu— erst seinem Kaiser geschworen, hat die Uebergabe bis jetzt noch verweigert. Die Donau und Waag sind so fest gefroren, daß man mit dem schweisten Geschütze von allen Seiten diese Flüsse aller Orts passiren kann, welche die Hauptvertheidigung dieser Festung bilden. Auch hier dürste der Ausgang nicht zweifelhaft sein, und die gerechte Strafe bald den Verräther er⸗ reichen. .
Daß die Leiter der Operationen des Rebellenheeres sowohl in diesen Operationen selbst, als auch in den aller Orten angelegten Vertheidigungs- Anstalten, den krassesten Unverstand beurkunden, dafür sprechen die letzten Vorgänge bei Raab. Eine zwecklos abgehauene Allee der schönsten Pap- peln zwischen Raab und Hochstraß in einer helzarmen unschönen Gegend, welche den bei Nacht so wie in Schneegestöber Reisenden — wenn jede Spur der Straße unsichtbar wird — zur Richtschnur dienten; unzweckmäßig angelegte Feldverschanzungen in den größten Ausdehnungen, welche zu be— setzen doppelt so viel Truppen und Geschütz erfordert hätten; eine vorgefun⸗ dene, neun Fuß tiefe, mit drei Centner Pulver gefüllte Flattermine, deren Placirung und Wirkung sich in einer durchaus offenen Gegend — die von selbst auf eine Umgehung hinweist, keinesfalls als großartig herausstellen bürste und nicht zu erklären ist; anderer schändlicher Mittel nicht zu gedenken, von denen nur des Einen Erwähnung gethan wird, dessen Rusführung nur durch das schnelle Vorrücken des 2ten Armee ⸗ Corps auf der kleinen Schütt hintertrieben wurde— Eine Quantität frisch ge- schlachtetes Fleisch, welches für die Festung Comorn bestimmt war, im letz ten Augenblick aber nicht fortgeschafft werden konnte, sollte vergiftet und unseren Truppen überlassen werden, wie viele rechtliche Bewohner Raabs bezeugen können. Nur Hie schnellen Operationen unserer Truppen hatten dieser Schandthat, die ihres Gleichen nur in der Ermordung von 53 ge⸗ fangenen Kroaten in Güns findet, nicht zur Ausführung kommen lassen. Unter civilisirten Völkern ist noch nie ein Krieg dieser Art geführt worden, und wir zweifeln, daß unter den Wilden ein solches planmäßiges Schand-⸗ gewerbe stattgefunden. Die Zerstörung alles Eigenthums, so mancher blü— henden Anstalten, treten dagegen in den Hintergrund. So sind aus dem Kaiserlichen Gestüte von Babolna 103 Pferde und 138 zum Verkauf an⸗ wesende Ochsen geraubt worden. Und an der Spitze aller dieser ruchlosen Thaten steht theils der hohe Adel des Landes, theils die gerühmte In— telligenz, welche das Licht und das Glück der Freiheit selbst in die Nach barstaaten verbreiten sollte. Aber die Langmuth des Himmels scheint ihre Gränze erreicht, und die Kraft der neuen Regierung wird das begonnene Weik, wenn nicht den alten Wohlstand — denn er ist für Jahrhunderte zerstört — doch Ordnung und Recht herzustellen wissen. Die Schuldtra⸗ genden, und dies sind wohl nur einige Wüthende der höheren vermöglichen Klassen und nicht das Volk im Allgemeinen, werden mit Leben und Eigen— thum den Schadenersatz, so weit dies möglich ist, zu tragen haben. So wurde bereits das im eisenburger Komitate gelegene Vermögen der Rebel⸗ sen Graf Ludwig Bathiany, Graf Anton Zapary, Graf Kasimir Bathiany und Vidos durch die mobilen Kolonnen, welche zugleich die ganze Gegend entwaffnet, unter Sequester gesttzt.
Bayern. München, 3. J.in. (N. K) Das Regierungs⸗ Blatt enthält nachstehendes Einberufungsschreiben zum Landtag:
„Maxlmilian II. 2c. Wir haben beschlossen, den Landtag in Folge des §. 22 Tit. VII. der Verfassungsurkunde den 15. Januar 1849 einzu⸗ berufen, und befehlen demzufolge Unseren Kreisregierungen, alle in die zweite Kammer aus ihrem Kreise bestimmten Abgeordneten sogleich unter abschriftlicher Mittheilung dieser öffentlichen Ausschreibung aufzufordern, sich an dem festgesetzten Tage unfehlbar in Unserer Haupt- und Residenz⸗ Stadt einzufinden ünd nach ihrer Ankunft sich in dem Ständehause nach Vorschrift der 5§. 52 und 6t Tit. J. Abschnitt III. der X. Beilage zur Verfassungsurkunde bei der Einweisungs⸗Kommission persönlich zu melden. Der Tag, an welchem Wir die Sitzung des Landtages eröffnen werden, wird durch besondere Entschließung brkannt gemacht werden. Nymphenburg, den. 1. Januar 1819. Max. Beisler. Heintz. Graf von Bray. von Weigand. von Lesuire.“
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43 Ausland.
Frankreich. National-Versamm lung. Sitzung vom 3. Januar. Präsident Marrast eröffnet sie um 25 Uhr. In Folge der gestrigen Enttäuschung sman erwartete Minister-Geheimnisse) ist der Andrang zu den Gallerieen viel geringer. Guichard verlangt vor Beginn der Tagesordnung, daß man das neue Jagdgesetz näch⸗ stens diskutire. (Sh! Ohh Die Versammlung läßt den Antrag fallen. Lacroix erklärt und entschuldigt eine Aeußerung, mit der er gestern Dupin den Aelteren unterbrach, und die darin bestand, daß er ihm zurief: „Das ist nicht wahr!“ (Zur Tagesordnung! Mar— na st läßt nun zur Debatte über einen Kredit von 400, 999 Franken schreiten, der eine Lücke im vorjährigen Budget für die sämmtlichen Pfarrämter füllt. Der Berg ruft; „Wir sind noch nicht heschluß— fähig! Zettel-Abstimmung!“ Maxrast läßt die Nebensäle hier— von benachrichtigen, und im Nu füllt sich der Saal. Die Zahl der Abstimmenden beträgt 637 von denen 632 gegen 8 den Kredit vo—⸗ tiren. (Erstaunen,. Combarel de Leyval erhält Urlaub. Emile Lenglet (Nord) reicht seine Demission ein. Mathieu (Dröme) stellt einen Spezial⸗-Antrag. „Seit einiger Zeit“, sagt er, „läuft eine Menge von Bittschriften ein, welche auf Verringerung der Taggelder der Volksvertreter und even—⸗ tuell auf AÄuflösung der National-Versammlung antragen. Ich schlage vor, daß man der Versammlung alsbald Bericht über alle diese Anträge abstatte.“ Wird allseitig unterstützt und soll geschehen. Juljmien stellt ebenfalls einen Spezialantrag, der darin besteht, das gestrige Gesetz (Aenderung des Reglements rücksichtlich der dreimali⸗ gen Abstimmung über jeden Gesetz- Entwurf) nicht auf Lokalgesetze anzuwenden (Ja! Ja! Nein! Nein! Vivien, Exminister: „Das versteht sich von selbst.“ Die Versammlung diskutirt dann einen Gesetz-Entwurf, welcher Paris und sein Weichbild ermächtigt, bei der Bank ein abermaliges Anleihen von 3 Millionen Fres. zu machen. Wird genehmigt. Die Diskusston bietet für das Ausland kein In terese. Der Minister des Innern verlangt 130,000 Fres. für die Transportkosten der Juni-Insurgenten. Stimmen zur Linken lironisch): „Muß dreimal vorgelesen und votict werden! „Marrast: Das gestrige Gesetz kann keine rückwirkende Kraft haben und erstreckt sich nur auf Gesetz-Entwürfe, die von heute an eingebracht werden. Hubert Delisle: Das gestrige Gesetz sei ja noch nicht fertig. Ein Theil liege noch dem . vor. (Zur Tagesordnung 5 Die Versammlung hebt ein Dekret vom 29. März 1848, die Wechsel⸗ fristen betreffend, wieder auf. Dann bestimmt sie, daß sie das Ge— setz rücksichtlich der Eheaufgebote erst morgen berathen wolle. Gegen 4 Uhr geht sie zur Aenderung der Artikel 414, 415 und 416 des Strafgesetzbuches über, welche von der Arbeiter -Coalition handeln. Artikel 414 soll dahin geändert werden: „Sind mit 6 Tagen bis 3 Moneten Gefängniß und mit 100 bis 1000 Fr. zu bestrafen. Diejenigen, welche es versuchten oder ausführten, eine Lohnserhöhung oder Erniedrigung zu bewirken, sei es durch Drohungen, Gewalt⸗ thätigkeiten oder andere individuelle oder kolleltive Einschüchterunge⸗ Mittel, sei es durch die Arbeiter, indem sie ihre Werkstätten ver= lassen, oder sei es durch diejenigen, welche Arbeiter fortschicken, ohne die durch Reglements oder sonstige Gebräuche festgesetzte Frist inne⸗ zuhalten.“ Artikel 415: „Dieselben Strafen treffen diejenigen, welche durch obgedachte Mittel die Freiheit der Verträge, wenn in ihnen besondere Arbeitsbedingungen festgestellt werden sollten, umzustürzen oder eine Arbeitseinstellung oder Verminderung in den Werkstätten verursachten.“ Artikel 416: „Gegen die Urheber oder Anstifter der in vorstehenden Artikeln bezeichneten (Coalitions⸗-) Fällen können die Strafen verdoppelt werden.“ Die Debatte wird eröffnet und dauert über eine Stunde. Valette findet die Modification höchst zweck⸗ mäßig und empfiehlt deren Annahme ohne Weiteres. Leblond findet sie im Gegentheile parte isch und, beantragt Verwerfung. Die erste Pflicht in der Republik sei die Geichheit für Arbeiter und Meister. Beranger nimmt das Wort, um zu beweisen, daß Gleichheit im Entwurfe liege, wenigstens so viele Gleichheit, als heutzutage mög- lich sei. Corbon spricht für die Arbeiter und trägt auf unbedingte Abschaffung obiger Artikel an. Er hält sie für überflüssig, weil der Staat nimmermehr werde eine Coalition hindern können. Die Ver⸗ sammlung entscheidet, den Entwurf den Büreaus noch einmal zur Prüfung vorzulegen. Dies geschieht, und die Versammlung trennt sich schon um 55 Uhr.
Paris, 3. Jan. Ueber die Neujahrsfeier enthält der Mo⸗ nitenr gar keinen eigenen Artikel; das offizielle Blatt druckt nur in seinem nicht amtlichen Theil den gestrigen Bericht der Patnie über den Empfang beim Präsidenten ab. Der russische Geschäfts⸗ träger, Herr von Kisseleff, war bei dieser Ceremonie nicht anwesend. Der Präsident sprach mit Lord Normanby englisch, mit dem päpstli⸗ chen Nuntius italäenisch und mit mehreren deutschen Diplomaten deutsch; er gab Allen den Wunsch zu erkennen, den europäischen Frieden zu erhalten und zu befest gen. Unter den Personen, an welche der Präsident besonders verbindliche Worte richtete, werden die Herren Portalis, Troplong und Admiral Hugon genannt. Etwa vierhundert Repräsentanten erschienen persönlich im Elysée National oder gaben ihre Karten ab. Heute wird Präsident Bonaparte in der großen Oper der 312ten Darstellung von „Robert der Teufel“ beiwohnen. Levasseur wird darin den Bertram und die Damen La—⸗ grange und Julienne werden, die Prinzessin und die Alice singen; lle, Aimée Néäodot wird ein großes Pas seul tanzen. Es war schon um 12 Uhr kein Billet mehr zu haben.
Marrast richtet ein Schreiben an das Evenement, worin er ge⸗ gen dessen Behauptung, daß er erklärt habe, sich nicht mehr um den Präsidentenstuhl der National-Versammlung bewerben zu wollen, pro— testirt. Der Constitutionnel bemerkt über den letzten Ministerwech⸗ sel: „Die Ursache desselben liegt in einer bedauerlichen Differenz zwi⸗ schen Herrn von Malleville und dem Präsidenten der Nepublik. Herr von Malleville blieb bei dieser Gelegengeit der Würde seines Cha— rakters treu, so wie den Grundsätzen der eonstitutionellen Regierung.“ Der National glaubt nicht, daß diese Veränderung dem Kabinet mehr Einheit oder Stärke verleihen werde, bezweifelt die Befähigung der Herren Lacrosse, Buffet und Faucher für die ihnen zugewiesenen Fächer und freut sich über den Austritt des Herrn Bixio, als des letzten Republikaners, aus dem Kabinet. „Das Ministerium“, sagt dies Blatt, „verliert damit den Namen einer Musterkarte, und der Präsident genießt die Ehre, keinen einzigen Republikaner in seinem. Ministerium zu haben. Wir klagen nicht dar⸗ über. Der Art Leute hätten Alles verdorben. Nichts fesselt mehr unscre Staatsmänner, nichts hält sie ab, das ihrer muthvollen Mäßi⸗= gung versprochene glorreiche Ziel zu erreichen. Endlich werden wir sehen, wie ein Ministerium der Linken, das frei von aller unreinen Beimischung ist, regieren kann; vor Allem aber werden wir sehen, wie lange es besteht.“ Auch der Sieclhe ist nicht gut auf das Ministerlum in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung zu sprechen, lobt zwar, daß es nicht zurückgetreten sei, meint aber, daß die Personalver⸗ änderung es mehr geschwächt als gestärkt hätte, und daß keiner der neuernannten Minister in seinem Departement recht am Platze sei. Leon FZaucher soll das Portefeuille des Innern schon in den
nächsten Tagen wieder an Dufaure abgeben wollen.
Der Patrie zufolge, würde der beabsichtigte Kongreß in Brüf- sel über die italienischen Angelegenheiten wahrscheinlich nicht statt- finden. Andererseits wird berichtet, der neue Gesandte von Sardi—⸗ nien in Paris, Graf d'Arézé, habe dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten bereits die Ankunft der beiden sardinischen Bevoll- mächtigten für diesen Kongreß, der Grafen Uzine und Tafetti, ange⸗ zeigt, und ber Großherzog von Toscana habe seinen bisherigen Ge⸗ sandten in Turin, den Komthur Giulio Martini, zu seinem Vertre⸗ ter beim Kongreß ernannt.
Aus Rom hat man Nachrichten bis zum 24. Dezember. Der Commandeur der dortigen National-Garde, Galliano, hatte in Folge eines Streits zwischen der vierten und fünften Legion seine Entlassung eingereicht. Hie oberste Junta führte in Abwesenheit des Papstes die Regierung fort. Der Dekret-Entwurf zur Einberufung der kon⸗ stituirenden Versammlung war seiner Vollendung nahe und sollte den Kammern vorgelegt werden.
Der General Cavaignac ist zum Präsidenten und Herr Foy zum Secretair der Kommission ernannt, welche damit beauftragt ist, das Gesetz über die Organisation der bewaffneten Macht, der Nativnal- Garde und der Armee, vorzubereiten.
Die Herren von Sach, Ampere, Thiebault de Berneaud und Aurélian von Courson sind an die Spitze der Bibliothek des Lousre und der Mazarinschen Bibliothek gestellt. Ampere erhält hier den Posten, welchen früher Herr St. Beuve bekleidete. Herr Jahan, ehemaliger Requetenmeister beim Staatsrathe, ist zum Chef des Ka⸗ binets des Ministers der öffentlichen Arbeiten ernannt, und Herr Fremy wird als Chef des Kabinets des Ministers des Innern be⸗ zeichnet.
Jetzt zahlt Frankreich für seine Briefe nur 2 und xespeltive 4 Sone. Die ausländische Taxe aber ist noch ungeändert. Die Zahl der Briefe, welche seit vorgestern, wo das neue Porto in Kraft ge⸗ treten, in den Kasten geworfen worden, ist außerordentlich groß. Die Zahl der Franko-Briefe hat dagegen um z abgenommen. Die Meissen frankiren nicht mehr, da das Porto nur einige Sous für ganz Frankreich kostet. In der Post — Verbindung zwischen England und Frankreich hat die Anwesenheit des englischen General ⸗ Postmeistets Marquis von Clanricarde eine Verän⸗ derung zu Wege gebracht. Nach dem Vertrage vom 28. Dezember 1847 war man übereingekommen, jeden Tag zwei Posten, die eine zwischen Boulogne und Folkestone, die andere zwischen Ca⸗ lais und Dover abgehen zu lassen. Diese Einrichtung sollte versuchs⸗ weise ein Jahr dauern. Jetzt hat die englische Regierung der fran⸗— zösischen angezeigt, daß sie spätestens vom 15. Januar an die Linie liber Boulogne werde eingehen lassen. Da sich die französische Re⸗ gierung außer Stande sieht, bei so schneller Kündigung die englischen Packetböte durch französische zu ersetzen, so werden in Folge dieser Veränderung die englischen Briefe einige Stunden später in Paris eintreffen.
Der Erzhischof von Paris hat in einem Schreiben an seinen Klerus den Wunsch ausgesprochen, daß am Festtage Epiphanias in allen Kirchen seines Sprengels eine Kollekte, um einen Fonds für den Gebrauch des Papstes aufzubringen, abgehalten und zu gleichem Zwecke in allen Pfarren eine Subseription eröffnet werde. Der Prä- lat zeigt auch die Bildung eines Central-Comité's an, welches den Ertrag der Kollekten und Subscriptionen entgegennehmen und beför— dern werde. Zum Schlusse fügt er bei, daß die Bischöfe von Lan— gres, Orleans und Quimper seinen Plan vollkommen gebilligt hätten.
Großbritanien und Irland. London, 3. Jan. Nach heute eingegangenen Berichten aus New Nork vom 20. Dezember war im Senat zu Washington der Antrag, den Präsidenten zu Aus— kunft über eine angeblich mit der spanischen Regierung über den An⸗ kauf der Insel Cuba geführte Korrespondenz aufzufordern, gestellt, aber bekämpft und wieder zurückgezogen worden. Die durch den Goldreichthum Kaliforniens verursachte Aufregung war in fortwäh— rendem Zunehmen. In Bezug auf die Verhaftung sogenannter ame⸗ rikanischer Sympathissrer in Irland hatte das Repräsentantenhaus zu Washington folgenden Veschluß angenommen: „Der Präsident der Vereinigten Staaten wird aufgefordert, diesem Hause darüber Aues⸗ kunft zu geben, ob er davon unterrichtet ist, daß amerikanische Bür⸗ ö ritischen Behörden in Irland eingekerkert oder verhaf⸗ tet worden; und, wenn dies der Fall ist, welche Ursachen dazu vor⸗ handen waren, und welche Schritte zu ihrer Befreiung gethan wor⸗ den sind; und, wofern es nicht nach seiner Ansicht mit dem öffent⸗ lichen Wohl unverträglich ist, diesem Hause von Korrespondenzen, die sich auf die Sache beziehen, Abschriften vorlegen zu lassen.“
Der Observer macht im voraus einige Mittheilungen über den Zustand der Staats- Einnahmen für das letzte Viertel des Jahres. Verglichen mit dem entsprechenden Viertel des vorigen Jahres, nennt er das Resultat ein günstiges, indem die Zölle einen Ueberschuß von fast einer halben Million zeigen. Die Einnahme von der Accise wird sich dagegen wenig von der im vorigen Jahre unterscheiden. Außer den Zöllen haben blos die gemischten Einnahmen zugenommen, und zwar um 200,000 Pf. St.; davon stammen aber 80, 000 von der letzten Ratenzahlung der chinesischen Kriegssteuer. Die übrigen Einnahmen von Stempelsteuer, Einkommensteuer 3c. werden kaum so gut ausfallen wie voriges Jahr. Der größte Ausfall ist bei dem Stempel zu fürchten, ungefähr 260,000 Pf. St.', was zum Theil davon herrührt, daß die Steuer von Luyuswagen jetzt zur Accise gerechnet wird. Die Ge⸗ sammt-Einnahme wird aber größer sein als die im letzten Viertel des vorigen Jahres.
Der in Folge wiederholter Schlag- Anfälle am Neujahrstage verstorbene Graf Auckland war 1784 geboren und zweiter Sohn von William Eden, Baron Auckland, einem unter Pitt sehr angesehenen Staatsmanne. Seit 1830 hat derselbe die Aemter eines Präsiden⸗ ten des Handelsamts, ersten Lords der Admiralität und des General- Statthalters von Ostindien bekleidet. Seine Verwaltung, die bis 1841 dauerte und ihm 1839 die Pairswürde eintrug, ist durch den Krieg mit den Afghanen und den Aufstand von Kabul bezeichnet. Als 1846 ein Whig-Ministerium wieder ans Ruder kam, wurde Tord Auckland wieder erster Lord der Admiralität.
In Windsor fand vorgestern bei Hofe zum Neujahrstage die ge⸗ wöhnliche Austheilung von Geschenken an die Ortsarmen statt. Ver= thesst wurden 500 Vierpfundbrote, 720 Pfd. Plumpudding, 13990 Pfd. Rindfleisch, 161 Decken und 3 Scharlachmäntel, 1222 Yards Nattun und 6238 Nards Flanell. Die Austheilung geschah in der Reitschule in Anwesenheit der Königin, des Prinzen Albrecht und eines zahlreichen Hofstaats.
Die Times meint, in Frankreich hätten nur die Personen ge⸗ wechselt; Odilon Barrot sei an Guizot's, Louis Napoleon an Lud⸗ wig Philipp's Stelle getreten, und man dürfe erwarten, daß die nächsten Wahlen eine National-Vertretung ergeben würden, die fast ganz ans denselben Männern bestehen werde, welche die letzte De⸗ putirten⸗Kammer gebildet hätten.
Lola Montez ist von Boulogne in London angekommen. .
Die Eigenthümer der London -Docks hielten gestern ihre Halb⸗ jahrs-Versammlung, in welcher die Dividende für das Semester auf
25 pCt. festgesetzt wurde.
Belgien. Brüssel, 2. Jan. 8 wurde gestern in gewohnter Weise abgehalten.
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Die Gratulations Cour Der König antwor⸗