waministerium darauf aufmerksam gemacht, daß die ben
habe er en leer eg n' obliegenden Leistungen schon 47 , . Bundes verfassung nicht der vorgängigen Zustim⸗ . der Stände unterworfen gewesen seien und daß, die Central⸗ ern bieselben Befugnisse beanspruche. Das ¶Ninisterium habe ferner erklärt, daß das längere Ausbleiben der rückständigen Fonds er rnsch⸗ Hemmungen nach sich ziehen müsse, und daß es nicht neigt sei, dit Verantwortlichkeit für eine solche Benachtheili⸗
an gie öffentlichen Interesses zu übernehmen. Hierauf habe der . gis⸗ Bevollmächtigte am 25. Januar erklärt, die Staat lasse ö für die ehemaligen geringen Matrikularbeiträge Bayerns h . die Kasse sei durch große unvorhergesehene Ausgaben er⸗ . t Die Regierung glaube aber für die außerordentlichen von schopst ; f genehmigten Flottenbeiträge die Genehmi⸗
ione mlung g tj , dnn , einholen zu müssen. Das werde ohne Aufschub
„ Herbeischaffung des Geldes werde eben so ohne i n . . fur ; nachdrückliche Zuschrift an die n. Reglerung sei dem Ministerium am 5. Februar ein letztes Schreiben des interimistischen bayerischen Bevollmächtigten zugekommen von gleichem Inhalte wie das vom 15. Januar 1849. ö.
Bachfen wolle abwarten, bis die betreffenden Zahlungen sei— tens der anderen Staaten, wenigstens der meisten größeren, auch gesichert seien, rücksichtlich der Modalität der Zahlung aber, das Reich sministerium auf die Sachsen zukommende Rate aus der Zoll⸗ vereinskasse anzuweisen, sehe es von dem wohlgemeinten Vorschlage des Reichsministeriums ab, und ziehe vielmehr die direkte Ab— führung der fraglichen Gelder vor. Das Ministerium habe den Vorhehalt ber sächstschen Regierung für unzulässig erklärt. In einem Erwiederungsschreiben vom 26. November sei dann die sächsische Re⸗ serung dem Vorschlage des Reichsministeriums beigetreten; bei der Ile ung aber, welche das Reichsministerium mit dem preußischen Finanzministerium gepflogen, habe sich ergeben, daß Sachsen nicht in die Kategorie dersenigen Staaten geböre, für welche Preußen auf künftig sich ergebende Zollüberschüsse hin Vorschub leisten könne, da Sachsen in der Regel selbst Herauszahlungen zu machen habe; sodann sei die sächsische Regierung neuerdings am 6. und 22. Januar dringeud um die baare Einzahlung der fraglichen Summe angegangen worden, und der sächsische Bevollmächtigte habe seitdem mündlich erklärt, daß seine Regierung diese Angelegenheit nicht ohne Mitwirkung der Stände, welchen jedoch bereits die erforderliche Vorlage gemacht worden sei, erledigen könne. Obgleich dieser Grundsatz, welcher das Bestehen einer Centralregierung in Frage stelle, eben so, wie es in der Verhandlung mit Bayern geschah, auch hier zurückgewiesen wor⸗ den sei, so habe doch die sächsische Regierung ihre Verbindlichkeiten bis jetzt nicht erfüllt.
Kurhessen habe sich Anfangs auch darauf berufen, daß es berechtigt sei, seine von militairischen Leistungen herrührende Forde⸗ rung gegen den betreffenden Matrikularbeitrag zu kompensiren, habe jedoch, wie schon oben bemerkt, die Baarzahlung verfügt.
Der Bevollmächtigte für Limburg und Luxemburg habe Na⸗ mens der niederländischen Regierung am 3. Februar 1849 erklärt, daß dieselbe bereit sei, ihre durch die Bundesakte vom 8. Juni 1815 fest—⸗ gestellten Verbindlichkeiten gegen den deutschen Bund zu erfüllen, sie glaube sich aber zu der Erklärung berechtigt, daß wenn jetzt Schwierig keiten sich erhöben, diese weniger ihren Grund in dem traktatenmäßigen Stande der Sachen, als in den Beschlüssen und Entscheidungen der Na— tionalversammlung hätten. Die Errichtung einer deutschen Marine, wie roß auch deren Nützlichkeit für die äußere und innere Sicherheit Her lor end sein möge, sei unbestreitbar sowohl für Limburg als für Niederland ein unvorhergesehenes Ereigniß, und aus diesem Um⸗— stande entspringe gerade für die Königliche Regierung die Schwierig⸗ keit der Ausführung. Die niederländische Regierung sei ein consti⸗ tutionelles, im geregelten Gange befindliches Gouvernement. Das Budget müsse durch ein Gesetz festgestellt werden. Die Kosten für eine deutsche Marine seien bei dem Budget 1849 nicht vorausgesehen, und die Regierung lönne diese außerordentliche Ausgabe, die sich noch vermehren zu wollen scheine, nicht ohne Mit— wirküng und Zustimmung der Stände anweisen. Das Ministerium habe sich dagegen auf die der Centralgewalt zustehenden Befugnisse berufen, wie gegenüber Bayern, Sachsen und Oesterreich, und in Anbetracht derselben in einer Note vom 8. Februar und 8. März I. J. die niederländische Regierung ersucht, den Antheil von 41,883 Fl. 12 Kr. für Luxemburg und Limburg baldigst an die Reichskasse zu entrichten. Nach einer neueren, dem Reichsministerium jedoch nicht offiziell zugelommenen Nachricht haben die Stände von Luxem- burg den Beitrag für die Flotte ganz verweigert.
Die Regierung von Liechtenstein zeigte unterm 25. Januar an, daß sie die betreffende Behörde angewiesen habe, ihren frag— lichen Matrikularbeitrag hierher zu übermitteln.
Hinsichtlich der zweiten Um age sei zu möglichster Erleichterung der Einzelstaaten vom Reichsministerium der Finanzen, im Einver— ständnisse mit dem Marinedepartement, die Anordnung getroffen worden, daß die erste Hälfte dieser Umlage Anfangs März, die zweite Hälfte aber Anfangs Mai zu entrichten sei. Hannover, Holstein und Schaumburg-Lippe haben jedoch beide Termine be— reits abgetragen; die . Hälfte der Quote Preußens kompen⸗ sire sich theilweise durch Schiffsmaterial, welches das Marine— Departement von der preußischen Regierung zufolge eines be— reits im Dezember abgeschlossenen Uebereinkommens übernehme. Ferner haben ihren im März zu zahlenden Antheil die nachfolgenden Regierungen entrichtet: Großherzogthum Hessen, Nassau, Sachsen—
. Inhalt Bernburg, Anhalt ⸗ Dessan, Schwarzburg⸗Nudol⸗= ar 86 jüngere Linie, Hessen⸗Homburg und die freie Stadt Frank— N 53 Endlich ist. anzunehmen, daß mehrere norddeutsche kiten, ener 3 des Inanministe riums, ihre Zahlungen nicht
,,, den ihnen bezeichneten Seeplätzen, wo das ,,,,
iht VLemn ga ge gegeben haben, worüber die bestätigende Nach—
Was die
en beir nr rb ütung n. fe J inisterien des H
. ö. K die ) richtet, daß die zweite 24 . 8 . 3 . , i diese Angelegenheit erneuert in V md in der Konserenz vo n Jevollmaächtigte mit hae 9. ann, lonen einholen wollten, Namens ihrer R z rtheilt, daß die Einzahlungen an' den e , erden. Daß schon der nächste Bedarf der ö othwendige Vermehrung, als durch die laufe as Ergebniß der beiden Matrikularumlagen i egen der ernsten Erwägung der Cent ende Ministerium sei mit der Ermittelun
e, sei der Das betref⸗
eckungs⸗ Annahme
zu bringen, ohne geführt werden
4156
rührten Thatsache, daß Oesterreich Angesichts der bestehenden Ver- in f, w , 5 , dänische Offiziere für seine Flotte engagirt habe, sei dem Ministerium leine offizielle Keuntniß geworden.
Der Herr Finanzminister schloß seinen Vortrag mit solgenden Worten: „Durch die obige ausführliche Mittheilung hat das Reichs ministerium der hohen Versammlung einen Einblick in einen Theil der Schwierigkeiten gegeben, mit welchen die Centralgewalt in ihrer Wiek⸗ samkeit zu kämpfen hat. Wenn durch solche Hemmnisse das große Werk, um das es sich in dem vorliegenden Falle handelt, die Gründung einer Kriegsmarine, bis jetzt keine Störung erlitten hat, sondern mit allem Nachdruck fortgeführt worden ist, so werden doch auf die Dauer auch die angestrengteste Sorgfalt und die hingebendste Vaterlandsliebe vergebens mit den Mängeln eines Organismus ringen, in welchen die Centralregierung große nationale Aufgaben zu erfüllen, aber die dazu erforderlichen Mittel nur aus unzuverlässigen Quellen zu schöpfen hat. Konnten der provisorischen Centralgewalt diese Schwierigkeiten nicht erspart werden, so liege es doch in der Macht der National⸗ Versammlung, die Zukunft Deutschlands vor den Gefahren solcher Zustände zu bewahren, und durch geeignete Verfassungsbestimmungen die definitive Reichsregierung so zu stellen, daß sie in ihren Finanz quellen von dem guten Willen der Einzelregierungen unabhängig ist. Nur dann wird ihre Stellung der Gesammtheit der Nation würdig, nur dann wird sie zur Wahrung der höchsten vaterländischen Inter= essen befähigt, nur dann wird die deutsche Einheit eine Wahrheit
sein.“ (Lebhafter Beifall und Zuruf von mehreren Seiten: Sehr wahr!)
Hessen. Darm stadt, 8. März. (Darm st. 3.) Bei der heutigen Berathung der ersten Kammer über den Gesetzentwurf, die vorläufige Zusammensetzung der beiden landständischen Kammern und die Wah⸗ len der Abgeordneten betreffend, sprach sich Freiherr von Gagern über den Gesetzentwurf im Allgemeinen folgendermaßen aus:
Wir sind also an dem Hauptgegenstand unseres diesmaligen Zusam— mentritts angelangt. Zugleich ist es die Krisis, die dieser ersten Kammer Dasein, unserer dermaligen Gestaltung und Wirksamkeit ein Ende machen wind. Bei diesem so bedeutenden Anlaß also glaube ich, daß persönlicher Standpunkt mich präliminar zu einigen Allgemeinheiten berechtigt, auf die es jedoch bei diesem unverkennbaren Kampf der Leidenschaften wesentlich ankommt. Nicht nur könnte ich mich auf Alter und Erfahrung berufen zwischen zwei Jahrhunderten mit beobachtendem Auge gleichsam mitten inne; sondern ich habe mich einen großen Theil meines Lebens hindurch ganz eigenthümlich damit befaßt, diese politischen Elemente geschichtlich zu zer— gliedern. Vermöge dieses Zweckes habe ich nicht dem einen oder dem an— deren das Wort geredet, sondern Monarchie, Aristokratie und Demokratie gesondert betrachtet, ihre Schicksale, ihr Entstehen, Dauern und Wirken und schließlich die großen Versuche der ueueren Nationen ge— schildert, sie parlamentarisch zu verschmelzen. Leidenschaft und Haß habe ich dort, wie heute hier, zu verbannen getrachtet. Unter jenen Allge⸗— meinheiten und zu bekämpfenden Mißverständnisse setze ich die Volkssou⸗ verainetät oben an. Aber so wenig will ich die Volkssouverainetät als abstralte Theorie in Abrede stellen oder bekämpfen, daß ich darin nur einen Pleonasm finde, daß ein solches Verleugnen mich zum Satz des Wider— spruchs sühren würde — ein Ganzes, das kein Ganzes, ein All, das kein All sein würde — denn in diesen Worten und Begriffen von Nation und Volk sind offenbar die Fürsten und Vorsteher, wie die Bettler, begriffen. So wie ich aber biese Worte näher anschaue, stoße ich alsobald auf Klassen, die mich und jeden zum Sondern nöthigen; Klassen des Geschlechts, des Alters, des Vermögens; — Klassen, die die bereits vorhanden sind, um Anordnungen unter sich zu treffen, Gesetze abzufassen. Eine völlige Gleichheit ist ein Unding und führte, wenn sie denkbar wäre, zur thierischen Natur. Sich auszeichnen, streben ist das Kennzeichen der Menschheit. Das führt mich zu dem sonderbaren Vorwurf, den ich dem Bericht des Ausschusses machen will und welchem Beispiel ich nicht folgen werde, daß er nämlich bei dem Gegenstand und der Bewandtniß einer ersten Kammer, wo also von Aristokratie so wesentlich die Frage ist, das Wort, den Begriff der Aristokratie, fast ganz vermeidet. Er setzt den Zweck urd die Pflichten einer ersten Kammer fast ausschließlich in die Vertretung des monarchischen Prinzips und kennt bei dem constitutionellen Element in beiden Kammern nur monarchische und demokratische Färbung. So viel Wahres nun dabei, besonders in Deutschland, sein mag — denn in Nordamerika ist es anders — so repräsentirt, so versritt, so bewahrt doch überall eine erste Kammer, die Aristokratie, das Konservative in allen Beziehungen, so weit es verständig und heilsam ist. Sie widerstrebt un sicheren, ungeprüften Neuerungen, nicht minder warm für die Bedürfnisse, für die Wünsche, für die Ameliorationen Aller. Und der Bericht erwähnt mit Recht und mit Selbstbewußtsein bei dieser nahe bevorstehenden Schei- dung dieser Kammer, mit welcher Wendung sie unter permanentem treffli— chen Präsidium ihre Pflichten gethan habe, wie manches Ersprießliche, na— mentlich bezüglich der Auswanderung, essentiell von ihr ausgegangen sei, des deutschen Zollwesens nicht zu gedenken. Es wird uns also eine andere erste Kammer nach dem vorliegenden Zuschnitt und in anderer Gestaltung und Zusammensetzung folgen. Nach dem Vorgang von England hat auch ein solches System, solche politische Einrichtung zweier Kammern fast über— all die Oberhand gewonnen. Nur Frankreich, unser mächtiger Nachbar, auf das wir so vielfältig hinschauen, schwankt noch und ist darum den Ge— fahren der Anarchie noch nicht entgangen, trotz so vieler höchst verständiger Warnungen, wie namentlich von Barante oder von Guizot: de la démo— cratie en France. Seine Zwecke verfolgen, aber sich vertragen, sich nicht tödtlich hassen und zu vernichten streben, das sind nach Geizot die Bedingungen der Freiheit und jeder nützlichen Wirksamkeit. Angelangt in diesen Konklusionen, und da ich mich so auf Frankreich, seine Zustände, Lei⸗ denschaften und Gährungsstoff berief, sei es mir bei dieser unserer nahen ständischen Auflösung erlaubt, auf einen Augenblick den höchsten geschicht= lichen Standpunkt einzunehmen und im Ganzen mit Anerkenntniß und Zu— versicht auf unser großes und theures Vaterland zu schauen, auf die Zeit, in der wir leben, auf ein Jahrhundert, das hinter uns ist, ouf das abge— laufene Jahr von März zu März; ja auf mögliche Gesahren. Es hatte auch bei uns eine große Revolution statt, mit ungemeinen Sym— ptomen des Mißvergnügens, mit vielfältigem Verlangen, mit gewaltiger Neuerungssucht. Das ist bereits hinter uns. Man ist entgegengekommen. Der Terrorismus, das Schreckensspstem ist uns fremd geblieben. Kein La— martine kann uns eine Histoire des Girondins liefern; keine Schilderung der höchsten Verruchtheit der menschlichen Natur. Bei uns, die wir eben falls die größte Umwandlung, so viele Grundrechte in Anspruch nahmen, ist es, einzelne isolirte Verbrechen, die wir förmlich sichtlich beklagen, abgerech net, keinesweges dahin gekommen. Kann ich Anderem als unserem Natio- nal-⸗Charakter das beimessen? Wie ernstlich strebte man, nicht in Anarchie zu verfallen, wie gewannen die Besseren ein Uebergewicht, und wie war die Erkiesung des Erzherzog Johann ein wohlgewähltes Mittel, unter die Aegide der Gesetze und der Besonnenheit Zeit zu gewinnen. Mir gebühren nun freilich keine ferneren Blicke in die Zukunft, aber indem ich zu diesem Groß⸗ herzogthum, zu diesem Wahlgesetz, zu dieser unserer nahen Zukunft zurück kehre, darf ich meine Hoffnung aussprechen, daß die Wahlen auch sür diese erste Kammer verständig und zweckmäßig ausfallen werden. Ueberall, durch alle Stände, wenn sie Günstiges von der Zukunft erwarten, spricht sich die Erwartung aus; das Vertrauen kehre zurück. Daß solch Vertrauen ferner zurückkehre, hängt von besonnenen Wahlen und besonnenen Gewählten ab.“
Graf zu Solms-Laubach: „Meine bei anderen Veranlassungen hier ausgesprochenen Ueberzeugungen über die Nothwendigkeit der Erhal— gn ft e glei feen Prinzips in dem ständischen Srganismus bin . den Tagesmeinungen zum Opfer zu bringen. Die Reher . . Ansichten nicht andern können, sie haben viel= r e e k bestärkt, daß die Zerstörung jedes erhaltenden edauern R riger eit für Fürst, Land und Volk um so mehr zu Massen sich bem seri? , . Neuerungssucht, die dermalen der eise angefacht und 3 . . den Leitern derselben auf alle fand, den vernünstt genährt wird, unsere Civilisation, unseren Wohl- Ziteß bedroht igen Forischritt zum Besseren, kurz unsere höchsten selbe meint Deshalb kann ich mit dem Gesetzentwurf, 1 it der⸗ einer Ansicht nach, den Tagesmeinu , .
8 ngen zu große Konzessionen
macht, mich nicht, einverstanden erklären. Dazu muß ich aller dings. uch die durch den Gesetzentwurf beabsichtigte Entziehung hes erblichen, Stand schaftsrechtes zählen, welches scither den erblichen Mitgliedern dieser hohen Kammer zustand. Da ich jedoch zugleich hinsicht= lich dieses Punktes die Unmöglichkeit anerkennen mußte, wider den Strom zu schwimmen, so war ich lange zweifelhaft, ob es nicht am angemessensten sein dürste, bei der dermaligen Gestaltung der Verhaͤltnisse vorerst gar nicht hier zu erscheinen und mich auf eine mein Recht verwahrende Erklarung zu beschränken. Es überwog jedoch die Erwägung, daß es Pflicht sei, bis auf den letzten Augenblick, so weit die Verhältnisfe es gestatten, für das zu wirken, was ich dem Interesse des Landes, dem ich angehöte, so wie des Fürsten, dem ich Treue schuldig bin, für angemessen erachtete. Auch hielt ich es für eine Ehrensache, bis zuletzt freimüthig meine Ueberzeugungen an dieser Stelle auszusprechen, zu einer Zeit, wo man es für Mangel an Muth auslegen könnte, den Ansichten, die in der großen Masse verbreitet sind, nicht zu widersprechen. Ich erkläre daher, daß ich nur der Gewalt der Umstände weiche, wenn dem vorliegenden Wahlgesetze unter den von unserem Ausschuß vorgeschlagenen Modificationen beistimme, wenngleich selbst mit dieser Mo— siscation staats - und völkerrechtlich garantirtt Rechte meiner und anderer Familien vernichtet werden sollen, deren Erhaltung ich weniger in ihrem, als im wahren Interesse des Vaterlandes wünsche. Hätte ich im Gegen— theil die Ueberzeugung, daß durch Vernichtung ves erblichen Standschafts— Rechts das Volkswohl befördert würde, so würde ich auch dieses Recht, wie so viele andere, mit Beruhigung auf den Altar des Vaterlandes nie dergelegt haben und bin von den übrigen Mitgliedern dieser hohen Kam— mer, dle in gleicher oder ähnlicher Lage wie ich sich befinden, von der glei— chen Gesinnung überzeugt. Da ich nicht zweifle, daß die Zeit die Richtig— keit meiner Ansicht beweisen werde, so glaube ich, eine Pflicht gegen das Vaterland zu erfüllen, wenn ich, wie hiermit geschieht, meinem Hause die ihm zustehenden Standschaftsrechte reservire, in der Erwartung, daß die Zukunft, wenn auch nicht mich, doch meine Nach— kommen auf diesen Platz n n, ö England, wo die Pairs in Folge der Cromwellschen Usurpation von ihren Sitzen im Oberhaus verdrängt worden waren, dieselben im wahren In— teresse des Landes später wieder eingenommen haben. Ueberdies sind die Verträge von 1815 noch nicht aufgehoben, weshalb ich um so mehr zu der Erklärung mich gedrungen fühle, daß ich mich gegen alle Folgerungen ver— wahre, welche aus meiner Theilnahme an den dermaligen Verhandlangen über das neue Wahlgesetz auf einen Verzicht auf meine Standschaftsrechte von itgend einer Seite eiwa gezogen werden wollten. Um nun spezieller auf dieses uns vorliegende Wahlgesetzes überzugehen, so habe ich die An— sicht, daß der Zweck des Zweikammer-Sostems durch dasselbe verfehlt wird. Eine Aufgabe der ersten Kammer oder des Oberhauses ist es, meiner Ansicht nach, die konservativen Interessen des Staats zu vertreten und die Krone gegen den allzjzumächtigen Andrang der beweglicheren Elemente zu unterstützßen, denen sie auf die Dauer unterliegen muß, wenn sie deren unmittelbaren Andrang beständig ausge— setzt ist. Ist aber das Oberhaus. dazu bestimmt, der NRegula⸗ lor der Konflikte der Krone mit dem Volkshaus zu sein, so gehört dazu ein erbliches, von der Krone sowohl, als von den wechselnden Stimmungen der Massen möglichst unabhängiges Oberhaus, welches nicht aufgelöst werden kann. Ist die Krone mit dem Volkshaus einverstanden, so vermag das Oberhaus auf die Dauer nicht zu widerstehen, nur in den Konflikten zwi= schen der Krone und dem Volkshaus kann es durch seine Entscheidung den Ausschlag geben, ohne bei freier Presse und den sonstigen freien Institutio- nen, die nunmehr ins Leben getreten sind, den wahren Bedürfnissen des Volkes nachtheilig werden zu können. Zwei Kammern aber, welche beide das demofratische Element repräsentiren, muß auch ich mit mehreren Red-— nern der zweiten Kammer für eine unmotivirte, nur Geschäftsverzögerung und unnöthige Kosten veranlassende Institution halten. Ganz dieselbe Gründe, welche für eine erbliche Monarchie sprechen, sprechen auch für eine erbliche Pairie: Festigkeit des Systems, Unabhängigkeit von den augenblicklichen Stimmungen und Launen der Zeit. Je mehr aber darch die Ausbildung des Repraͤsentativsystems die Staatsgewalt nicht mehr allein in der Person des Negenten ruht, um so wichtiger ist es, daß eine Abtheilung der Stände erblich und damit unabhängig von der wechselnden Volksgunst, weil nicht von der Wahl desselben abhängig, unabhängig von der Gewalt der Regie⸗— rung, weil nnauflösbar, ist. Hätten wir fruher bei Vereinigung der ganzen Regierungsgewalt in der Person des Regenten eine wählbare erste Kam- mer gehabt, so hätte man jetzt gerade, wo der Einfluß der Stände auf die Regicrungsgewalt entscheidend geworden ist, darauf bedacht sein sollen, eine theils aus erblichen, iheils aus auf Lebenszeit durch den Regenten ernann— ten Mitgliedern zusammengesetzte erste Kammer zu schaffen, anstatt, daß man das Gegentheil thut. Man übersieht dabei ganz, daß unser den jehzigen ganz veländerten Verhältnissen eine erbliche erste Kammer eine ganz andere Stellung und Richtung einnehmen wird und muß, als unter den frü— heren. Aber selbst ünter jenen früheren Verhältnissen hat die erste Kammer in ihrer seitherigen Zusammensetzung sich sehr nützlich erwie⸗ sen; ich scheue mich nicht, das mir anzueignen, was unser Ausschuß— bericht in dieser Hinsicht gesagt hat, wenngleich die desfallsigen An führungen desselben zu einem giftigen Artikel in der Darmstädter Zeitung Veranlassung gegeben haben. Während des Bestandes dieser Kammer ist die Gesetzgebung des Großherzogthums so weit vorgeschrit= ten, daß die diesseitige Staatsregierung auf eine Mittheilung der Grund- rechte seitens des Reichsministeriums und Aufforderung desselben, ihre Bestimmungen ins Leben zu rufen, erklären konnte, daß denselben be— reits entsprochen sci. Die erste Kammer mag hier und da gefehlt ha⸗ ben, es ist dies das Schicksal aller menschlichen Einrichtungen, und man könnte auf dieselbe Weise, wie der Verfasser jenes Artikels gethan, die Verwerflichkeit der Monarchie oder auch die Ueberflüssigkeit beider Kammern beweisen. Der durch die erste Kammer gestistete Nutzen ist vorzüglich ein negativer, der erst später, wenn die neuen Einrichtungen ins Leben getreten sein werden, allgemein anerkannt werden wird, indem durch sie manches verhindert wurde, was besser unterblieben. Da aber dermalen eine auf einer erblichen Pairie basirende unauflösliche erste Kam- mer nicht durchzubringen ist und es unpraktisch wäre, das Unmögliche er— streben zu wollen, so trete ich den Anträgen unseres, Ausschusses im Allge⸗ meinen bei, Besonderes für die Diskussion der einzelnen Artikel mir vorbe— haltend.“ , . Kanzler Dr. Birnbaum sprach hierauf seine Ueberzeugung dahin aus, daß ihm der Entwurf nicht denjenigen Erfordennissen zu en tsprechen scheine, welche an ein so wichtiges Gesetz, wie. das vorliegende, gestellt werden müß⸗ ten. Allerdings müsse man den Ansichten der Jeit Nechmung tragen, und es sei dies von Seiten der Staats Regierung doch in allzugroßem Maße geschehen. Das System des Entwurfs sei nicht das der Idee der consti= kutidnellen Monarchie vollkommen entsprechende, Guizot, in dem Nedner noch immer einen großen Staatsmann bewundert habe es noch unlängst ausgesprochen, daß es gelte, die einmal in jedem Stagte vorhandenen ver— schiebenen Elemente auch politisch neben einander bestehen zu lassen, wogt⸗ gen namentlich in Frankreich keiner der politischen Zuständel zum Heile ge⸗ führt habe, in welchen im Laufe der Zeit das eine dieser Em emente, das, an- dere wechselsweise zu vernichten bestrebt gewesen sei. Zu BVerwirllichung jener Idee müsse die Theilung der staatlichen Vertretung n zwei Jammern zu wilken suchen, und jedenfalls müßten, wenn h ,,, . Sostem bestehen solle, beide Kammern ihrer Natur un ihrem Ursprunge nach von einander verschieden sein. Es sei diese Idee gewissermaßen uch in Amerika durchgeführt, so wie in der von Frankfurt usgegangenen Ver= fassung. Dagegen scheine in die ser Hinsicht der Entwurf die Grundsätze einer wahren Staatsweisheit nicht gewürdigt zu haben. Wenn man auch den Ansichten der Zeit weichen und die Aufhebung der Standes ⸗Unterschiede anerlkennen müsse, so sei es doch immerhin möglich gewesen, jene a, ren Grundsätze auf andere Weise zur Geltung zu bringen, wie diz auch in den Motiven der Regierung angedeutet worden sei, obgleich der Entwurf selbst es weniger und noch weniger die zweite Kammer, berücsichtigt haber Der Ausschußbericht der zweiten Kammer verdiene hierin größere Anerken- nung, indem er neben dem Lensus sür die Wihler bei Festsetzung der Wähibarfeit für die künftige erste Kammer die Interesen des Grundbesizes, des Vermögens überhaupt und des Staatsdienstes würdige. In dem Kö⸗ nigreich Hannover sei man hierin noch weiter gegangen und habe durch das Verfassungsgesetz vom September 1848 sowohl die wissenschaftlichen als auch die teligiösen Interessen in der ersten Kammer zur Vertretung , , n. daß auch hierbei das Prinzip der Wahl ausgeschlossen , 36 essen fürchte Redner allerdings mit dieser seiner Ansicht nicht durch m, n . und würde einen desfallsigen Antrag nnr dann stellen, wenn ihm lebhafte
Unterstützung in dieser Kammer zu Theil würde. Uebrigens sei er im All- gemeinen mit den Anträgen des Ausschußberichts einverstanden, mit Ausnahme eines Punktes, die bei Art. 24 zur Sprache gebrachte Stellvertretung der Beamten betreffend, wobei der diesseitige Ausschuß dem Bericht der zwei⸗ ten Kammer beigetreten sei, welchen er in keiner Weise billigen könne. Red⸗ ner verbreitet sich hierauf des Weiteren über die Nothwendigkeit eines Cen- sus. Die Idee, welche der für Wahlgesetze in neuerer Zeit aufgestellten Nothwendigkeit eines allgemeinen Stimmrechts zu Grunde liege, die Idee der Volkssouverainetät, sei eine durchaus theorctische. Wenn man auch zu— geben müsse, daß eine wohlthätige Auslegung derselben möglich sei, so habe man diesem Ausdrucke doch die verschiedenartigsten Auslegungen gegeben, die theilweise bis zum Unsinn geführt hätten. Auch hier wolle er die Aeußerung eines als freisinnig anerkannten Staatsmannes anführen, der in den franzöͤsischen Kammerverhaudlungen kürz nach der Juli⸗Revolution wi— dersinnigen Folgerungen aus jenem Prinzip mit den Worten entgegen ge- treten sei: er könne keine andere Souverainité, als die Souverainité de la raison anerkennen; in der That, wenn man unter Souverainetät die Herr— schaft verstche, so könne sie nach der höchsten Idee nur der Vernunft ge— bühren, es sei aber eine große Frage, ob das Vernünftige besser im Staate dadurch realisirt werde, daß man allen Staatsangehörigen einen Antheil an Bildung der Gewalten ertheilt, oder auf die Weise, wie das constitu—= tionellcmonarchische Prinzip wenigstens in einem Lande Europa's sich durch die Erfahrung von Jahrhunderten erprobt habe. Indem man übrigens von einem Recht Aller rede, um einem theoretischen Grundsatze zu genü— gen, gebe man dem Worte eine mehr oder minder willkürliche Beschrän— kung, wonach darunter doch niemals wirklich Alle verstanden würden. Die hierin am weitesten Gehenden müßten doch zugeben, daß nie mehr als ein Fünftel der Bevölkerung wirklich stimmberechtigt nach ihrer Ansicht erscheine. Dle Frauen, die Minderjährigen und Andere schließe man ja allgemein aus; einen in der Kon- sequenz des Prinzips der Volkssouverainetät liegenden Grund hierzu suche man in Beziehung auf Frauen vergeblich. Eben so werde man im Einzelnen immer zu einiger Abweichung von dem Prinzip gelangen, wenn man auch für die Wahlberechtigung die mindeste Altersgränze festsetze, indem man wenigstens bei einzelnen Minderjährigen gewiß nicht selten eine größere Ein⸗ sicht in politische Verhältnisse finden werde, als bei hundert Großjährigen von geringer Bildungsstufe. So oft man auch für das allgemeine Stimm⸗ recht verschiedene Staaten als Beispiel angeführt habe, so sei dasselbe bis jetzt doch nur in einem Lande so viel als möglich durchgeführt gewesen, und zwar in Frankreich. Dort habe man im Jahr 1793 das allgemeine Stimmrecht festgesetzt, aber im Jahr 1795 schon wieder aufgeben müs⸗- sen, und die Wiederholung dieses Versuchs in dem letzten Jahre habe noch keine Erfahrung für sich, welche zur Nachahmung auffordern könne. Amerika und die Schweiz hätten keineswegs allgemeines Stimmrecht. Dort seien zur Wahl für den Kongreß berech— tigt nur diejenigen, welchen die Constitution des von ihnen bewohnten Staats das Necht gebe, an der zahlreichsten Abtheilung des gesetzgeben den Körpers Theil zu nehmen. Es iomme aber in der Verfassung dieser einzelnen Staaten ein Census für aktive und passive Wahlfähigkeit auf die mannigfaltigste Weise vor, eniweder allgemein oder nur für die freie schwarze Bevölkerung, natürlich mit aller Ausschließung von Skla— ven. Auch, Amerika habe demnach seine Aristokratie, die man theils Geld-, theils Haut-Aristofraten nennen könne. Ein ähnliches Verhält- niß finde in der Schweiz statt. Auch hier seien in den einzelnen Kan— tonen eine Menge von Einwohnern von dem aktiven Bürgerrecht aus- geschlossen. Selbst die neueste Bundesverfassung vom September 1848 gebe das Recht freier Niederlassung in den Kantonen nur allen Schwei- zeö, die Christen seien und nachweisen könnten, sich und ihre Familien ernähren zu können, und den Kantonen das Recht, wegen Verarmung die Niedergelassenen auszuweisen, und erkläre stimmberechtigt für die Bundesversammlung nur diejenigen, die nach der Gesetzgebung des Kantons, wo sie Wohnsitze haben, nicht vom Altivbürgerrecht ausge— schlossen seien. Auch aus den Verhandlungen der Nationalversammlung in Frankfurt, welche die Einführung eines Census verworfen habe, gehe klar hervor, daß man dies nur deshalb gethan habe, weil es schwierig gewesen sei, die verschiedenen Verhältnisse Deutschlands unter einen Ge⸗ sichtspunkt zu bringen. Zudem liege in dem von der National-Versamm- lung bis jetzt Beschlossenen ein dringendes Motiv, unsere Landesvertre⸗ tung anders zu ordnen, als im Entwurf vorliege; man solle, wie für das deutsche Volks- und Staatenhaus verschiedene Prinzipien der Kon— stituirung maßgebend gewesen seien, auch in unsere Landes ⸗Verfassung in der einen Kammer das numerisch durchgezählte Volk, in der anderen die Interessen zur Vertretung bringen. Indessen verkennt Redner nicht die großen Schwierigkeiten der jetzigen Lage, und wenn er davon abweichend vorliegenden Anträgen beitreten werde, so geschehe es in der Erwartung, daß, wie die jetzigen Zeitforderungen gekommen seien, sie auch verschwinden und andere politisch heilsamere Prinzipien im Laufe der Zeit zur Geltung kommen werden.
Graf v. Görtz schloß sich zunächst den Ausführungen, so wie der Rechtsverwahrung des Grafen zu Solms-Laubach, an. Wenn durch den vorliegenden Gesetzesentwurf an jeden Einzelnen dieser hohen Kammer die Anmuthung gelangt sei, sich selbst, so wie diese wahrhaft ehrenwerthe Ver- sammlung der bisherigen Stellung, für unwürdig zu erklären, so suche man vergeblich nach den Motiven zu einem solchen Beschlusse. Wenngleich die unreife, jeder Verführung preisgegebene öffentliche Meinung mit großer Entschiedenheit das Urtheil über die erste Kammer gefällt habe, so berech tige dazu weder die Zusammensetzung noch die bisherige, Wirksamkeit dieser höhen Kammer. Wohl aber müsse man erkennen, wie eine verhängnißvolle Fügung der Vorsehung diesen Stimmen der Mehrzahl, die nicht gewogen, sondern gezählt würden, ein entscheidendes lUebergewicht in unseren deutschen Zuständen gegeben habe. „Diese Souveränität der Tagesmeinung,? so fährt der Redner fort, „ist es, die uns erdrückt, wit sie jede heilsame Schranke erdrücken wird, die sich ihr entgegen zu stellen wagt. Kann sch mich unter dem Druck solcher Zustände enischließen, in die Aufhebung der bisherigen Vertretung in die erste Kammer einerseits zu willigen, so erfenne ich doch die gebieterische Pflicht an, solche Beschlüsse zu fassen, den Grundsätzen und Gesinnungen, welche uns bisher geleitet haben, auch fernerhin Geltung sicheinn. Als jüngstes Mitglied setze ich mich we⸗ niger als irgend ein Anderer dem Vorwurfe, des Eigenlobs aus, wenn ich der hohen Achtung erwähne, welcher sich diese Kammer zu allen Zei⸗ ten und bei allen redlichen Freunden des Vaterlands erfreut hat. Sie hat sich, wie vielleicht keine andere erste Kammer in Deutschland, den Ruf der Intelligenz und Tüchtigkeit, der Unabhängigkeit nach Oben und Unten, des Eifers fürs Volkswohl und des strengen Rechtsgefühls er— worben. Mag man auch manches an den früheren Zuständen zu ta— deln haben, — so lang es dieser Kammer vergönnt war, ihren Antheil an der Gesetzgebung frei auszuüben, so hat das Land wenigstens solche ent= muthigende Zustände nicht gekannt, die schon das Volk mit trübem Spott unter dem Namen Märzerrungenschaften, als den Inbegriff unserer jetzigen trauri= gen Lage, bezeichnet. Daruͤber aber täusche man sich nicht, daß Gesetze, wie sie unter dem Despotismus jener souveränen Tagesmeinung seit dem März gemacht worden sind und noch bevorstehen, daß namentlich der vorliegende Entwurf, nicht die Schuld fruͤherer Zustände es sind, die uns jetzt an den Rand des Verderbens zu bringen drohen. Somit erkläre ich mich mit den Anträgen des Ausschusses für einverstanden und werde dem ge— mäß stimmen.
Hierauf schlossen sich Fürst zu Jsenburg-Büdingen und Graf zu Leiningen-We sterburg der von Seiten des Grafen zu Solms-LauQ bach ausgesprochenen Rechtsverwahrung an; Graf zu Leiningen-Westerburg unterstützie außerdem zum voraus den angekündigten Antrag des Kanzlers Dr. Birnbaum auf die Vertretung der wissenschaftlichen Interessen. Auch Freiherr Riedesel trat der mehr genannten Rechtsverwahrung bei. Seine Familie habe den ehrenvollen Beruf gehabt, seit 400 Jahren beständig an den wichtigsten Angelegenheiten Hessens Theil zu nehmen, und er glaube sich auf die Geschichte dieses Landes berufen zu können, wenn er die lleber= zeugung ausspreche, daß ihre Anwesenheit nie Hessen zum Nachtheil, oft zum Vortheil gereicht habe. Professor Pr. Schmid hob den großen Irr— thum der Zeit hervor, daß man die allgemeinen Interessen mik den parti kularen verwechselt. Man nenne dasjenige partikulär, was doch das Allge⸗ meine sei. Das allgemeine Interesse aber sei das religiöse, das wissen⸗ schaftliche, das geschäftliche, die gute Sitte. Diese allgemeine Interessen gelte es, zur Vertretung zu bringen, ihre Herrschaft sei identisch mit der von Seiten des Herrn Kanzlers angeführten Vernunftsouveränität.
Der erste Präsident, Prinz Emil von Hessen, glaubte zunächst zwei Besorgniß erregende Stellen der den Gesetzentwurf begleitenden Mo—
die
457
tive hervorheben zu müssen, da von dem ihnen beizulegenden Sinn viel von dem Werthe des ganzen Entwurfs abhänge. Die erste Stelle sei diejenige, in welcher eine vollständige Revision der Verfassung, als nur in dem gegenwärtigen Zeitpunkte bedenklich, bezeichnet werde. Durch die Erfüllung der in dem März gegebenen Zusicherung sei eine Reihe von Veränderungen in die Verfassungsurkunde übergegangen; der vor— liegende Gesetzentwurf beabsichtige gleichfalls fast einen ganzen Titel der Verfassung ausscheiden zu lassen; in gleicher Weise würden alle Aenderungen, die etwa noch durch die Reichsverfassung nothwendig wer— den sollten, in die Verfassung übergehen. Hierin liege ein schlagender Beweis, daß alle durch die mit gebotenen Modificationen Eingang in die Verfassung finden könnten, auf dem von ihr selbst vorgeschriebenen Wege, ohne daß eine vollständige Revision der Verfassung als nothwen⸗ dig erscheine. Weiter ergebe sich hieraus, daß eine solche Nevision we⸗ der als geboten, noch als gerechtfertigt erscheine. Die Verfassung sei das höchste Gut des Volks, nicht blos eines Theils desselben, nach dessen Gutdünken sie abgeändert werden dürfte, sondem des ganzen Volkes; nur in ihr sei der Rechtsboden enthalten, auf dem Regierung und Staatsangehörige fußen könnten. Allerdings lönne diese Ver—= fassung in einzelnen Theilen modifizirt werden, sie enthalte aber selbst den im Interesse der Stabilität vorgeschriebenen erschwer— len Weg dazu. Das Erforderniß einer vollständigen Revision an⸗ kündigen, heiße Alles in Zweifel stellen, was durch diese Verfassung gewährt und gesichert sei, es heiße eine Art an den Stamm legen, die Basen des Rechtszustandes wie die Säulen des Tempels erschüttern, dessen Ball man vor 28 Jahren mit Jubel begrüßt habe. Deshalb gäben Sie sich auch der Hoffnung hin, daß die in den Motiven enthaltene An— deutung nur diejenigen Artikel der Verfassung im Auge habe, deren Ab- änderung durch die Reichs⸗Gesetzgebung nothwendig werde, so wie, daß diese Aenderung nur auf dem durch die Verfassung vorgeschriebenen Wege geschehe, alle übrigen Bestimmungen davon unerreicht bleiben. Die zwelte Besorgniß werde durch die Stelle der Motive erweckt, welche das vorliegende Gesetz als provisorisches bezeichne. Beruhsgung gewähre es, wenn man auch hier nur die durch die Reichsgesetzgebung gebotenen Veränderungen im Auge habe; ein Provisorium aber, welches der nächsten Ständeversammlung die Beschlußnahme über ein neues voll— ständiges Wahlgesetz auferlegen wolle, sei ein Bermächtniß, welches nicht allein der Regierung allen Anhaltspunkt entziehen, sondern auch cine Aufregung erzeugen werde, die nur unheilvoll sein könne. — Was den Gesetzesentwurf selbst angehe, so könnten Sie, wie sehr Sie auch der Anforderung der Zeit Rechnung trügen und die Einwirkung der gänzlich veränderten Verhältnisse und bindende Kraft des Fürstenwortes, an dem man nie mäkeln dürfe, anerkennten, doch in dem Allen keine Rechtfertigung für einen Gesetzesentwurf finden, der, wie der vorliegende, so wenig dem constitutionell⸗ monarchischen Prinzip gemäß sei. Derselbe eigene sich eben so gut für eine republikanische Staatsform, was, so lange wir einer solchen noch nicht verfallen seien, als Vorwurf betrach⸗ tet werden müsse. Man könnte dem das Zweikammersystem des Entwurfs
entgegen halten wollen; aber abgesehen davon, daß sich dieses System
auch in Republiken finde, werde demselben jeder Einfluß durch die Zu⸗
sammensetzung der beiden Kammern durch die direkten Wahlen und
die Unzulänglichkeit des Census entzogen. Je weniger demnach
dem Gesetzes-Entwurf beistimmen könnten, um so mehr müßten Sie das
Bestreben des diesseitigen Ausschusses anerkennen, das im Geiste der
Zeit Liegende und aus den gegebenen Verhältnissen Heivorgehende mit den nie zu verleugnenden Grundsätzen und Erfordernissen der Staats— Wohlsahrt zu verschmelzen. Alle Sonderinteressen seien ausgegeben und
hinsichtlich der Punkte, bei welchen eine Modification für nöthig erach tet worden sei, herische der Geist einer Mäßigung, die hinreichend beweise, wie ernst und angelegen der Wunsch sei, eine Verständigung her— beizuführen. Derselbe Zweck werde auch Sie bei der Berathung des vor- liegenden Entwurfs leiten, und Sie würden in die Prüfung des Gesetz— Entwurfes dieselbe Gewissenhaftigkeit zu legen sich bestreben, die Sie für die Wohlfahrt Ihres Vaterlandes von dieser Stelle aus, wie in allen anderen Verhältnissen Ihres Lebens, stets geleitet habe, und würden sich daher rück— sichtlich aller etwanigen Desiderien nur auf das unumgänglich Nothwendige beschränken, daran aber, unbekümmert um den Erfolg, um so fester halten, eingedenk, daß es auch im Staatenleben ewige Wahrheiten gebe, die ver— kannt und geleugnet werden könnten, die aber sicherlich immer wieder zur Geltung kämen.
Der Regierungs⸗Kommissär Ministerial Rath Maurer machte darauf aufmerksam, wie der vorliegende Entwurf nothwendig zu einer Vereinigung führen müsse, wie es darum wünschenswerth sei, das erreichbare Ziel nicht aus den Augen zu lassen. Es sei kaum möglich, daß irgend ein Theil aus dieser Versammluͤng mit vollkommener innerer Befriedigung scheide. Der äußere Friede aber müsse nothwendig erhalten werden. Nur unter sei⸗ nem Schutze sei die Möglichkeit gegeben, die jetzt schroff gegenüberstehenden Ansichten zu versöhnen. Was insbesondere die von Seiten des hohen Prä⸗ sidiums hervorgehobene Besorgniß angehe, so sei der Sinn der erwähnten Stelle ein negativer. h
2 Sie
Sie halte eine Revision der Verfassung so lange für unzeitgemäß, als nicht die Hauptvoraussetzungen erfüllt seien, welche diese Revision bedingten. , .
Prinz Emil fand diese Erklärung allerdings in etwas beruhigend, wünschte jedoch, daß positiver, als es geschehen, erklärt werde, daß die Re⸗ gierung durch die erwähnte Stelle der Motive der folgenden Ständekammer feinen Anspruch auf eine vollständige Nevision der Verfassung einräumen wolle. . ö
Prälat Dr. Zimmermann sprach sich gegen die in dem Ausschuß⸗ Berichte ausgesprochene Ansicht, daß in constitutionellen Staaten die erste Kammer das monarchische, die zweite Kammer das demolratische Prinzip zu vertreten habe, in längerer Rede aus. In beiden Kammern solle das con- stitutionell⸗monarchische Prinzip seine Vertretung haben; die zweite Kammer vertrete das Volk im Ganzen, die erste mehr den besitzenden Theil des Volkes; jene mehr das mobile, diese das konservative Prinzip. Der Bericht spreche von einer scharfen Spaltung beider Kammern. Bei einer solchen sehle jeder Vereinigungspunkt, und man müsse diese Ansicht, wenn sie die herr= schende werden soll'e, als die nothwendige Brücke zu dem für den Bestand des Staates so gefahrvollen Einkammer-System betrachten. Redner bean- tragt demnach, daß die Kammer dem von ihrem Ausschusse aufgestellten Prinzip nicht beitrete, sondern das von ihm angedeutete adoptire. Er wendet sich darauf zu der wünschenswerthen Vertretung der Kirche in der ersten Lammer und verwahrt sich im Namen der evangelischen Kirche gegen die Nachtheile, welche derselben aus ihrer Nichtvertretung erwach sen könnten. Freiherr von Breidenstein nahm das von Seiten des Dr. Zimmermann angegriffene Prinzip als ein uraltes in Schutz. Ein Band zwischen beiden Kammern werde doch immer bestehen, und es komme nur darauf an, dem Ueberwogen beider eine Schranke zu setzen. Nachdem noch Kanzler Dr. Birnbaum sich der Ansicht des Ausschußberichtes insofern angeschlossen, als in den beiden Kammern verschiedene Elemente vertreten sein müßten, Dr. Zimmermann aber gerade die Benennung dieser Ele— mente als eine falsche angegriffen und Prinz Emil sich mit dem Prinzipe des Ausschußberichtes als zur Vermittlung zwischen beiben Kammern geeig— net einverstanden erklärt hatte, ging die Kammer zur Berathung der einzel- nen Artikel über.
———
Musland.
Belgien. Brüssel, 15. März. Bisher bestand eine geist⸗ liche Inspection für den Elementar- Unterricht, wofür im Budget des Innern eine bestimmte Summe ausgesetzt war. Diese soll nun⸗ mehr wegfallen, indem das Kabinet in der nächsten Session einen Gesetzvorschlag einbringen will, wonach die bisherige Aufsicht des Klerus aufgehoben werden soll.
Dänemark. Kopenhagen, 14. März. Der Alt. Merk. enthält eine Uebersetzung des in französischer Sprache geschriebenen Aktenstückes, mittelst dessen die dänische Regierung den malmöer Waffenstillstand in Berlin gekündigt hat; dasselbe lautet:
„Der Unterzeichnete, Präsident des Conseils und Minister der auswär— tigen Angelegenheiten Sr. Majestät des Königs von Dänemark, ist durch
reichen, haben Se. Majestät nicht die Größe der Opfer in
Herrn Grafen von Bülow, Staatsminister der auswärtigen Angelegenheite
Sr. Majestät des Königs von Preußen, die nachstehende Eröffnung zu ma— chen: Bei Ratification der malmöer Waffenstillstands-⸗Convention vom 26. August 186458 waren Se. Majestät der König von Dänemark und Se, Ma jestät der König von Preußen von dem Wunsche beserlt, die schweren Ver wickelungen, welche damals die Aufrechthaltung des allgemeinen Friedens bedrohten, zu vermindern und einen gesetzlichen Zustand in den Herzogthümern Schleswig und Holstein wieder herzustellen. — Um diese Restltate zu er echnung ge⸗ zogen, welchen Sie für Ihren Theil sich auferlegten, Se. Majestät haben gewissenhaft die übernommenen Verpflichtungen erfüllt, und Ihre Hand⸗ lungswejse ist durch einen allgemein aneifannten Geist des guten Glaubens bezeichnet, Se. Majestät berufen sich in dieser Hinsicht mit vollem Vertrauen auf das Urtheil der Macht selbst, welche den Waffenstillstand mit unter, zeichnete und die Aufgabe hatte, in Uebereinstimmung mit Sr. Majestät die gemeinschaftlich übernommenen Verpflichtungen zur Durchführung zu bringen. — Die Ereignisse der letzten sechs Monate haben bewiesen, wie sehr diese Opfer fruchtlos geblieben sind in Betreff der inneren Bezie hun gen der dänischen Monarchie. — Anstatt eine Wohlthat für die eg, thümer und ein Verbesserungswerk für den Frieden zu sein. hat biese Con- vention nicht nur dem Aufruhr in den Herzogthümern neue inn f ge⸗ geben, sondern sie ist auch in Dentschland das Signal zu den ern esten Uünordnungen gewesen. — Die Herzogthümer seufzen noch unter dem Joch der aufrührerischen Partei, welche die Convention benutzt hat, um sich mit dem Schein einer legalen Unabhängigkeit zu decken, und welche die Herzog⸗ thümer in einen noch beklagenswertheren Zustand versetzt hat, als derje⸗ nige war, den sie während des Verlaufes eines traurigen Krieges ertragen haben. — Dies sind in wenigen Zügen die Folgen der Art und Weise, wie die Bestimmungen der Waffenstillstands⸗Convention in Ausführung gebracht worden sind, verfälscht und verkannt bis auf den heutigen Tag. — Der Unterzeichneie ist innig überzeugt, daß das berliner Kabinet mit Bedauern gesehen haben wird, wie trotz seiner guten Dienste die Resultate des Waffen stillstandes so weit hinter den gerechten Erwartungen der hohen kontrahiren· den Theile zurückgeblieben sind. Die wohlverstandenen Interessen der übri- gen Regierungen nicht minder als diejenigen, welche der väterlichen Für⸗ sorge des Königs anvertraut sind, legen Sr. Maj. die heilige Pfl cht auf, einen Zustand aufhören zu lassen, der den Heerd des Aufruhrs fortdauernd erhält. Wenn der König sich dieser Aufgabe entzöge, so würde er von dem Wege abweichen, welcher mit einer so weisen Ausdauer von den Mãchten, die Vertheidiger und Freunde einer gesetzmäßigen Ordnung sind, verfolgt wird, und Er würde schlecht Seinen heiligen Beruf erfüllen, die Grund⸗ sätze der Legitimität aufrecht zu erhalten und Sein treues Volk eben so sehr als die' Unabhängigkeit und die Rechte der dänischen Monarchit zu be⸗ schützen, so wie diese durch die bestehenden Verträge begründet und garan- tirt sind. Der Unterzeichnete giebt sich gern der Uebetzeugung hin, daß das ber⸗ liner Kabinet den Motiven r r n e nen ff wird, welche seinem er⸗ habenen Herrn abrathen müssen, eine Convention zu verlängern, welche Seinem freien Handeln Hindernisse enigegenstellt und Ihn der Mittel beraubt, die Anarchie in einem Theile Seiner eigenen Staaten zu unterdrücken und Seine treuen Unterthanen unter Seinen Königlichen Schutz zurückzuführen. Aus die sen Beweggründen hat der König dem Unterzeichneten befohlen, feierlich zu er klären, daß Se. Majestät Sich durch die durch die malmöer Wafenstill⸗ stands - Convention vom 26. August 1848 übernommenen Verpflichtungen nicht über die sieben Monate hinaus gebunden erachten wird, welche ur⸗ sprünglich für ihre Dauer festgestellt sind, und folglich die genannte Conven- tion am nächsten 25. März wird erloschen sein. Wenn indessen vor dem Ablauf diefer Frist Friedens-Präliminarien einen Zustand der Dinge in den Herzogthümern wieder herstellen könnten, welcher der Würde und den Rech, fen? Tes Königs mehr angemessen wätle und dessen Aufrechthaltung durch wirkliche und genügende Garantieen gesichert wäre, so würde die Negierung Sr. Majestät sich in keiner Weise weigern, die Vorschläge, welche man ihr zu diesem Ende machen möchte, in reifliche Erwägung zu ziehen. Der Ko nig ist im voraus überzeugt, daß Se. Majestät der König von Preußen zu großes Vertrauen in die in hohem Grade friedlichen Absichten Sr. Majestät setzt, um nicht den gefaßten Entschluß als vollkommen verträglich zu betrach= ten mit dem aufrichtigen Wunsche, zur baldigen und vollständigen Wieder—⸗ herstellung des guten Verhältnisses zwischen Dänemark und Preußen beizu⸗ tragen, dessen Unterbrechung in so hohem Grade die gegenseitigen Interessen benachtheiligt. Da die regelmäßigen diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Höfen unterbrochen sind, so wird der Königliche Kammerherr,
Baron Karl von Plessen, welcher sich gegenwärtig in besonderer Sendung zu Berlin besindet, die Ehre haben, die gegenwärtige Erklärung in die Hand Sr. Excellenz des Herrn Grafen von Bülow gelangen zu lassen, welcher gebeten wird, dieselbe ohne Verzug zur Kenntniß seiner Regierung bringen zu wollen. Der Baron von Plessen ist ebenfalls ermächtigt, die Antwort in Empfang zu nehmen, welche das berliner Kabjnet für angemessen erach- ten möchte, dem Unterzeichneten durch seine Vermittelung zukommen zu las— sen. Kopenhagen, den 23. Februar 1819. A. W. Moltke.“
Der französische General Fabvier ist hier gestern mit dem Dampfschiff „Malmö“ angekommen. Er wurde von der Zollbrücke mit einem Königlichen Wagen abgeholt, und er wohnt auf Ama⸗ lienburg. Die vier bei ihm für jede Waffengattung ernannten Ab- jutanten sind: Oberstlieutenant Schlegel vom Ingenleurcorps, Ca- pitain Raaslof von der Artillerie, Oberstlieutenant Müller von der Kavallerie und Major du Plat von der Infanterie.
Wissenschaft und Kunst. Königliches Opernhaus. Esmeralda, großes Ballet von J. Perrot. gesetzt von Leon, Musik von Pu gng. (Freitag, den 16. März.)
Unser Gast, Dlle. Lucile Grahn, gab als Es meralda den Be- weis, daß sie auch in der heiteren Region zu Hause ist, und Mienen und Füße akkompagnirten sich wechselsweise. Mit dem feinsten Takte schattirte sie ihr Benehmen gegen jeden ihrer drei Liebhaber; den armen Gring oire (Herrn Gasparini) regalirte sie mit Spott und Mitleid, den Archidiakonus Frolle (Herrn Stull müller) mit Furcht und Abscheu und Shöbus (Herrn Ebel) mit Liebe und Zärtlichkeit. Anmuth und Grazie sprach aus allen Bewegungen, denen fast ununterbrochen lebhafter Applaus folgte. Auch die Soli und Ensembles, Ballabile, Truandaise, Galop des Truands, Pas de Basque und der Pas de deur des Herrn Ho guet-Vestris und der Dlle. Galster wurden mit gewohnter Eleganz ausgeführt, mit vielem Bei- fall aufgenommen und Dlle. Grahn, Herr Gasparini und Herr Ebel zu⸗ letzt hervorgerufen. — In der vorhergehenden „Phantasie aus dem Bar⸗ bier“ von Servais, eine Composition oder vielmehr ein Arrangement, wie wir hundert andere haben, legte Herr Th. Ahnend, ein junger Violoncel- list, durch zartes, gesangvolles Spiel vortheilhaftes Zeugniß ab für seine Ausbildung und fand aufmunternde Anerkennung beim Publikum.
In Scene
Königliches Schauspielhaus. Clavigo, Trauerspiel in 5 Aufzügen von Göthe. (Den 14. März.)
Von allen in Götheschen Dichtungen auftretenden schwachen Charakteren — und deren Zahl ist wahrlich nicht klein — ist Clavigo unstreitig der schwächste, die Zeichnung aber die meisterhafteste. Das Stück soll auf Veranlassung einer Dame innerhalb eines Zeitraums von 8 Tagen geschrie= ben und der Stoff Beaumarchais' Memoiren entlehnt sein. Wenn dem so ist, so sucht man sich vergebens Göthe's bekannte Strenge und Sorgsamkeit zu erklären, mit der er sonst seine Werke prüfte und feilte, denn dieses Produkt einer Woche ist in der Form vollendet, die Sprache fließend und blüthenreich, ohne Ueberladung, die Gesprächsführung lebhaft, natürlich, und nirgend eine Spur von Flüch= tigkeit. Für die Bühne ist es wie geschaffen, obgleich der funste Akt der un- bedeutendste und feine einzige sogenannte Glanzrolle darin ist, oder auch, wenn man will, deren vier, die alle fast gleichmäßig hervortrefen. Thatsache ist, daß sie alle Meister der Bühne von jener Zeit bis auf heute mit * sonderer Vorliebe spielten, weil darin die höchsten Aufgaben der 2 lungskunst zu lösen sind. Im gewöhnlichen Sinne des Dortes 1 1 bare Rolle ist Elavigo deshalb, weil die äußeren Zeichen des
ausdrückichen Befehl seines erhabenen Hern beauftragt, Sr. Excellenz dem
Trauerspielen die Masse nur ganzen und großen Charafteren zu spenben pf