gestandenen herrschenden Hauses Habsburg Lothringen zu entscheiden. Und damit die zu fassenden Beschlüsse mit um so größerer Oeffentlichkeit und Feierlichkeit erfolgen, wurde die Sitzung in der großen reformirten Kirche im Beisein vieler Tausende abgehalten. . ; . .
Nachdem der Präsident des Landes vertheidigungs Comites über die ewonnenen Schlachten und das siegreiche Vorschreiten unserer tapferen fn Bericht erstattet, hob er den Umstand hervor, es sei die Zeit gekom= men, wo Ungarn, seine 300 jährigen Fesseln abschüttelnd, den ihm gebüh= renden Platz im Kreise der europäischen Staaten -Familie einnehme und mit jener Bynastie ins Reine komme, die die Liebe und Treue dieser groß= müthigen, unverbrüchlich treuanhänglichen Nation durch ewigen Treubiuch,
unerschöpflichen Verrath leichtsinnig für ewige Zeiten verloren. Und einen diesfälligen Beschluß der National ⸗Versammlung hordert von ihr das Volk, welches die Lasten unseres Freiheitskampfes
treu und mit patriotischer Bereitwilligkeit trägt; dies verlangt von ihr die tapfere Armer, die für Errettung unseres Vaterlandes ihr Leben opfert, — darauf dringen die Umstände, damit in dem abzuhalten beabsichten europäi- schen Kongresse über uns nicht ohne uns entschieden werde, mit einem Worte, hierzu wird das Repräsentantenhaus aufgerufen von dem Vaterlande, von der Welt, von Gott; — worauf der Herr Negierungspräsident das Reprä-= sentantenhaus zur Fassung r, Beschlüsse aufforderte: Anträge:
Es werde im Namen der Nation ice i eren en.
4. Ungarn wird mit dem gesetzlich vereinten Siebenbürgen und allen zugehörigen Ländern, Theilen und Provinzen als freier, selbstständiger, unabhängiger europäischer Staat pioklamirt, und die Territorialeinheit 2. , dieses ganzen Staates für untheilbar und unantastbar erklärt.
2) Indem das Haus Habsburg Lothringen durch seinen Verrath, Treubruch und Waffenergreifen gegen die ungarische Nation, nichi minder durch das Wagniß, wonach es die Zerstückelung der Ter— ritorigl - Integrität des Landes, Siebenbürgens und Kroatiens Losreißung von Ungarn und die Tödtung des selbstständigen Staatslebens mit Waf— fengewalt zu versuchen, und zu diesem Behufe sogar die bewaffnete Macht eines auswärtigen Staates zum Morde des Volkes zu verwenden sich er= frechte, — sowohl die pragmatische Sanction, als überhaupt jene Bande, die auf Grundlage beiderseitiger Verträge zwischen demselben und Ungarn sammt stinen Appertinenzen bestanden, mit eigenen Hän— den zerrissen: so wird demnach' dieses treubrüchige Haus Habs— burg „ Lothringen, von der Herrschaft Ungarn, Siebenbürgen und alle hierzu gehörige Länder und Provinzen hiermit im Namen der Nation auf cwige Jeiten ausgeschlossen, ausgeschieden und aus dem Ge— biete des Landes und dem Genusse aller Bürgerrechte verbannt.
Demgemäß es hiermit im Namen der Nation als thronverlustig aus- geschlossen und verbannt erklärt wird.
I) Indem die ungarische Nation, kraft ihres unveräußerlichen Rechtes, als selbstständiger und unabhängiger freier Staat in die europäische Staa tenfamilie eintritt, erklärt sie zugleich, daß es ihr entschiedener Wille ist, allen anderen Staaten gegenüber, wenn ihre eigenen Rechte nicht verletzt werden, Friede und Freundschaft zu bezeigen, und hauptsächlich mit jenen
Völkern, die ehedem mit uns unter einem Fürsten gestanden, als auch mit
den benachbarten türkischen und italienischen Ländern eine gute Nachbar— schast zu gründen, zu wahren und auf Grundlage der gegenseitigen Inter= essen mittelst freundschastlicher Verträge in Bündnisse zu treten.
H Das zukünftige , n in allen seinen Einzelnheiten wird die Nationalversammlung feststellen; bis dies den obigen Grundsätzen festgesetzt ist, wird ein regierender Präsident mit sich beizugesellenden Mini- stern, unter eigener und der durch ihn zu ernennenden Minister persönlicher Verantwortlichkeit und Rechenschaftsverbindlichkeit das Land in feiner gan= zen Aue dehnung regieren.
5) Die Fassung der in diesen Beschlüssen enthaltenen Grundsätze zu einem Manifeste wird einem aus 3 Mitgliedern bestehenden Ausschusse
i bertragen.
Die Volksrepräsentanten haben mit einem Willen und allgemeiner Ueber- einstimmung die Anträge des Herrn Regierungspräsidenten Ludwig Kossuth sich zu eigen gemacht, und der sanctionirende Ausspruch der Volksrepräsentanten wiederhallte mit gränzenloser Begeisterung von den vielen Tausenden des anwesenden Volkes. Freudenthränen erglänzten in den Augen der vielen Tausende und es unterliegt keinem Zweifel, daß der miteinstimmende billi⸗ gende Donner der Millionen der Nation Europa und der Welt die Kunde bringe, daß in heutigen denkwürdigen Beschlüssen des Repräsentantenhauses sich der Wille eines die Geschicke der Menschen und Nationen weise len⸗— kenden Gottes geoffenbart hat. Dieser donnernde Zuruf der Millionen der Nation ist das Wiegenlied unserer nationalen Auferstehung und wird das Schwanenlied des verbannten treubrüchigen Herrscherhauses sein.
Den vierten Antrag des Repräsentanten Ludwig Kossuth betreffend, hat das Haus eines Sinnes und Herzens erklärt, daß sein ungetheiltes Zu⸗ trauen in dem unerschütterlichen Patriotismus des bisherigen Herrn Regie⸗ rungspräsidenten Ludwig Kossuth sich konzentrire, weshalb es ihn zum re- gierenden Präsidenten wählet und mit der Bildung eines verantwortlichen Ministeriums beauftragt. Die Abfassung der in den erfolgten Beschlüssen enthaltenen Grundsätze zu einem Manifeste wurde den Herrn Repräsen-— tanten Ludwig Kessuth, Emerich Szacsvapy und Stephan Gorove über— tragen.
Vorläufiger Bericht über n des Oberhauses vom 14. April.
Der geehrte Präsident des Oberhauses Baron Sigmund Perényi hielt es für seine unabweisliche Pflicht, dahin bemüht zu sein, daß die in der heutigen Sitzung des Repraͤsentantenhauses gefaßten großen Beschlüsse un⸗ verzüglich zur Kenntniß des Oberhauses gelangen; zu welchem Behufe er die vom Präsidenten des Repräsentantenhauses zugestellt erhaltenen, gleich- wohl noch nicht autentizirten Anträge und Beschlüsse dem Oberhguse unter- breitete, Und das Oberhaus hat, in Befolgung des Beispiels der Volksreprä—- sentanten, ohne weitere Erörterung mit feierlichem Erheben von den Sitzen und einhelliger Uebereinstimmung die Beschlüsse sich zu eigen gemacht und zur Gründuͤng der Selbstständigkeit Ungarns und der Verbannung einer treu brüchigen Dynastie für ewige Zeiten mit patriotisch unerschütterlicher Ent- schiedenheit hülfreiche Hand zu bieten sich beeilt. Dem mit Abfassung des Unabhängigkeitsmanifestes beauftragten Ausschusse hat das Oberhaus sei—⸗ nerseits den Casander Bischof, Mich. Horväth und den Weßprimer Ober- gespann Anton Hunkär beigegeben, — und die Wahl Ludwig Kossuth's zum regierenden Präsidenten mit allgemeinem Beifalle entgegengenommen.
Bayern. München, 1. Mai. (Nürnb. Korr.) Der Reichs⸗-Kommissär Herr Mathy ist gestern Abends hier eingetroffen und hatte bereits diesen Morgen eine längere Unterredung mit dem Staats-Minister des Aeußern, Herrn von der Pfordten. Der Reichs⸗ Kommissär wird wahrscheinlich noch heute von dem Könige empfan⸗ gen werden.
Ein großer Theil der Beurlaubten der Infanterie⸗Regimenter Der hiesigen Garnison wurde einberufen, da die Compagnie auf 110 Mann gebracht werden soll. Ein Gleiches soll bei den Regimen— ern in den Provinzen geschehen. —
Nürnberg. 1. Mai. (Nürnb. Korr.) Sämmtliche Beur⸗ laubte unseres zten Jufanterie- Regiments sind einberufen, so daß der Stand desselben auf 2706 Mann erhsht wird; ingleichen sind Ehevauxlegers von Anspach und Neumarkt, so wie die zweite Halfte der reitenden Batterie in Triesdorf requirirt worden. Ein Aufruf an das bagerische Heer zur Unterzeichnung von Advresfen fär! bi Reichsverfassung wurde heute morgen vertheilt, aber von der Po— lizei konfiszirt.
Sach sen. Dresden, 3. Mai, Mittags 11 Uhr. D. A 3.) Heute ist Alles in erg ef, Auf ver Sthloßgaf⸗ und auf dem Markte stehen dichte Menschengrußpen, welche? vnn einzelnen Sprechern haranguirt werden. Man sieht selbst einzelne Vie , und andere Waffen umhertragen. Der König hat diesen Morgen die Deputationen der Bürgerwehr und der arne Be⸗ hörden empfangen, die betreffenden Adressen entgegengenommen, aber eine abschlägliche Antwort ertheilt. Nur wenn , . und Bayern die Reichsverfassung anerkennen würden, könne und würde
sammlung in Abrede, die
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auch er sie anerkennen, soll der König geset haben. Der Köni erklärte insbesondere der Deputatlon der städtischen Behörden, da er zu jedem Opfer bereit sei, wie er dies ja auch in früherer Zeit bewiesen habe. Er könne aber, seßzte er hinzu, von seiner Weige⸗ rung nicht abgehen, denn die Reichsverfassung werde Deutschland nicht groß, einig und stark machen, sondern zerstückeln, zerreißen; ohne daß Preußen und Bayern sie annehme, könne er sie nicht an⸗ erkennen. Ungeachtet einiger Einwendungen, die einzelne Deputirte machten, beharrte der König bei seiner Ansicht, und stellte er ins⸗ besondere auch die D m, und das Recht der National ⸗Ver⸗
eichsverfassung allein zu geben. In diesem Augenblicke besinden sich die leipziger und die freiberger De— putation auf dem Königlichen Schlosse. Es verbreitet sich das Ge⸗ rücht, daß diese Nacht zwei Regimenter Preußen in Sachsen ein⸗ gerückt sein und bereits bei Großenhain stehen sollen. Dieses je⸗
mf. noch ungegründete Gerücht trägt vielleicht dazu bei, die
Aufregung zu vermehren, die aber noch keine bestimmte Richtung angenommen hat. ö
Um 1 Uhr wurde für die Kommunalgarde Appell geschlagen und Glockensignal gegeben, um, wie ein Plakat sagte, den Abthei⸗ lungen die Antwort des Königs mitzutheilen und die in den gestri= gen Urversammlungen beschlossene Parade abzuhalten, welche jedoch auf Befehl des Generalkommando's untersagt worden ist. Die auf dem Altmarkt aufgestellten Bataillone gingen bis auf angeblich zwei unter einem dreimaligen Hoch aus einander. Das neustädter Ba⸗ taillon steht in diesem Augenblicke noch vor dem Rathhause. Gleich⸗ zeitig rückten auch mehrere Abtheilungen Infanterie ins Schloß. Sechs Geschütze sind in der Kavallerie⸗Kaserne unter einer entspre⸗ chenden Infanterie⸗ Bedeckung aufgestellt, eben so mehrere Geschütze im Zeughause. Die Artillerie marschirte unter Hurrahruf hinter ihren Kanonen über die Brücke. Alle Eingänge des Königlichen Schlosses sind gesperrt und von außen durch die Menge verram⸗ melt worden. Eine zahllose Menschenmenge wogt durch die Stra⸗ ßen; es wurden dort Reden gehalten, und die Lust zu Gewaltthä⸗ tigkeiten scheint sich in dem Maße zu steigern, als das Gerücht immer mehr Glauben sindet, daß preußische Truppen einrücken sol⸗ sen. An mehreren Orten macht man einen Anfang zur Sperrung der Passage. In diesem Augenblicke treten die Stadtverordneten zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen, um über die Nieder setzung eines Vertheidigungs⸗Ausschusses zu berathen. Später wurde die Kommunalgarde nochmals durch Generalmarsch versammelt. Man hatte die Kirchen erbrochen, man läutete Sturm, und ein Volkshaufe versuchte das Zeughaus zu stürmen. Das Militair ver⸗ theidigte dasselbe, es wurde häufig gefeuert, und man sah mehrere Todte über den Neumarkt tragen und fahren. Ob das Eindringen in das Zeughaus den Angreifern gelungen, darüber waren die Ge⸗ rüchte verschieden. Ein höherer Offizier soll geblieben sein. In⸗ dessen scheinen die sich nach der Richtung des Zeughauses bewegen⸗ den Massen durchaus unbewaffnet zu sein. Augenzeugen versichern, daß im Augenblicke, wo sie die Stadt verlassen, gegen 7 Uhr, Bar— rikaden im Innern der Stadt errichtet würden. Man hört keine Schüsse mehr. Militair⸗Patrouillen durchziehen die Stadt, vor dem Schlosse sind Kanonen aufgefahren, die Kommunalgarde scheint ab⸗ getreten. Der König hat die Stadt nicht verlassen, so eben sind noch Deputationen von ihm angenommen worden. Wie man hört, haben sie leider keine günstigere Entscheidung, wie die bereits be⸗ kannten, zu erlangen vermocht.
45 Uhr Nachmittags. So eben ist der eerste Angriff von dem Volk auf das Zeughaus gemacht, und von dem dort postirten Bataillon Prinz Albert sind die ersten drei Salven gegeben wor⸗ den. Fünf Todte und mehrere Verwundete sind die ersten Opfer. Man fährt die Todten auf Wagen unter Racheruf hinweg. Die Sturmglocken ertönen, der Generalmarsch wirbelt durch die Stra⸗ ßen; das Rathhaus wird erstürmt und auf den Altan desselben die schwarz-roth⸗ goldene Fahne aufgepflanzt. Weiter vernimmt man, daß der Kommandant der Koömmunalgarde, Kaufmann Lenz, sein Kommando niedergelegt hat und statt ö. Oberstlieutenant Heinze zum Kommandanten erwählt worden ist. Vor dem Schloß auf dem Brückenplatze wogt eine Menschenmenge, Steine wirft man nach den Fenstern des Wohnzimmers des Königs, zwei derselben werden zertrümmert.
5 bis 6 Uhr. Jetzt rückt das neustädter Bataillon der
Kommunalgarde über die Brücke. Aber hinterher rasseln vier Ge— schütze und mehrere Schwadronen des leichten Reiter⸗Regiments, welche sich auf dem Brückenplatze, dem Königlichen Schlosse gegen⸗ über, aufstellen; man hört Kanonenschüsse. Es ist am Zeughause. Das 5te Bataillon der Kommunalgarde soll mit einer Kartätschen⸗ lage empfangen worden sein und mehrere Todte und Verwundete haben. Barrikaden werden errichtet. Bald ist die ganze Schloß⸗ gasse verbarrikadirt, das literarische Museum wird von einer Ab⸗ theilung der Turnerschaar besetzt und die übrigen Häuser von Kom⸗ munalgardisten. Eben so soll der Nenmarkt verbarrikadirt sein, und namentlich erhebt sich am Ausgang der Wilsdrufer Gasse, nach dem Postplatze zu, eine Barrikade, welche bis in das erste Stock der anliegenden Häuser reicht. Das Straßenpflaster wird aufge⸗ rissen, und die Straßenschleußen werden aufgedeckt, um der Kaval⸗ lerie das Manövriren zu erschweren.
6 bis 7 Uhr. Die Turnerschaar besetzt das dem Zeughause gegenüber befindliche Gebäude des klinischen Instituts, und ihre Schüsse bestreichen auf diese Weise einen Theil des Zeughaushofes. Mit einem Wagen stößt man das eine Thor des Zeughauses ein, aber in dem Augenblicke, wo das Thor zusammenbricht, kracht ein Kanonenschuß aus dem inneren Raume, und es giebt abermals Todte und Verwundete. Das Stadtverordneten⸗Kollegium und ein Theil des Stadtraths haben sich permanent erklärt und halten auf dem altstädter Rathhause ihre Sitzungen. Die Menge schreit nach Munition und Waffen. Dr. Minckwitz, Oberstlieutenant Heinze (früher in griechischen Diensten), der frühere Landtags⸗Abgeordnete, und Dr. Tzschirner erscheinen auf dem Rathhaus⸗Balkon, mahnen zur Geduld und versprechen, Waffen und Patronen herbeizuschaffen. Es wird aus der Mitte des Stadtverordneten⸗=Kollegiums und des Stadtraths an den König gesendet, der abermals unter tiefer Bewegung eine abschlägige Antwort ertheilt. Jetzt scheint man eine Art e f er Regierung eingesetzt und Tzschirner mit der wei⸗ teren Leitung des Aufstandes beauftragt zu haben.
Indem er dies vom Balkon aus der Menge bekannt macht, fällt ein Schuß, man glaubt auf ihn, aber ohne ihn zu treffen. Der Kommandant der Kommunal⸗Garde, Kaufmann Lenz, soll ge⸗ mißhandelt und in Gewahrsam gebracht worden sein. Die ganze Altstadt und einige Vorstädte sind noch in den Händen der Massen, denn die Bewegung hat nun einen ganz anderen Charakter ange⸗ nommen, die deutsche Frage scheink in den Hintergrund getreten zu sein, und nach Allem zu urtheilen treten republikanische Tenden⸗ zen immer mehr voran.
7 bis 9 Uhr Abends. dem, was in diesem Augenblicke drüben vorgeht, nur dürftig un terrichtet, indem seit 9 Ühr die Brückenpassage ganz gehemmt oder doch wenigstens sehr erschwert ist. Es scheink 46. in den inneren Stadttheilen eine Art Schreckensherrschaft ausgeübt zu werden und die republikanisch⸗demokrattsche Partei allein den Kampf fort⸗
Bataillon Schützen Befehl erhalten habe, noch
Wir sind hier in der Neustadt von
führen zu wollen, dessen endlicher Ausgang kaum zweifelhaft sein dürfte, da man vielleicht noch im Laufe ine Nacht 1 ge j in die Hand bekomme, den Aufstand zu dämpfen. Das Kleingewehr schweigt, und man schließt daraus, daß man auf beiden Seiten eine Waffenruhe eingegangen habe. Um 109 Uhr hört man wieder feuern und Generalmarsch schla— en. Die Waffenruhe mag also zu Ende gegangen sein. Zwei
eschütze der reitenden Artlllerie rasseln herbei, um die Brücke nach der neustädter Seite hin am Blockhause zu decken. Beim Auffahren wäre es beinahe zu Konflikten gekommen, indem die Kavallerie eine Charge machen mußte, und 6e Kanonen zu laden gezwungen waren.
11 Uhr. Es ist Alles ruhig. Der beginnende Morgen wird die Erneuerung des e n nur noch kurzen Kampfes bringen. Zuzug wird von allen Seiten zwar erwartet, aber wie die Sachen in diesem Augenblicke stehen, ist an einen Sieg der Massen nicht zu glauben. Die Neustadt ist vollkommen ruhig. Das Militair, kee fl uns zur Kenntniß gelangt ist, hat eine feste Haltung be⸗ währt.
4. Mai früh 55 Uhr. Um 3 Uhr hat der Kampf un der Schloßgasse wieder begonnen; Sturmgeläute und Kleingewehrfeuer. Von dem Militair sind auf der Schloßgasse zwei Barrikaden ge⸗ nommen; fremdes Militair ist noch nicht eingerückt. .
Ueber die (bereits erwähnte) Ministerkrisis wird . amt⸗ lich bekannt gemacht: „Der König hat die Staats- Minister Dr. Held, von Chrenstein und Dr. Weinlig auf ihren Wunsch ihrer Function als Staats⸗Minister enthoben und dem Geheimrath Hr. Ferdinand Zschinsky, unter Ernennung zum Staats⸗Minister, das Departement der Justiz neben dem Vorsitz im Gesammt⸗Ministerium übertragen, auch auf denselben den Auftrag in den evangelischen Angelegenheiten erstreckt. Wegen der Wiederbesetzung des Mini—⸗ sterlums der Finanzen, des Kultus und öffentlichen Unterrichts und des Innern hat sich der König die Entschließung noch vorbehalten und angeordnet, daß die seilher mit deren Leitung beziehentlich previsorisch beauftragten Staats⸗-Minister die Geschaͤfte noch fort⸗ führen, bis deren Nachfolger eingetreten sein werden.“
Leipzig, 4. Mai. (D. A. 3.) Die hier herrschende Auf⸗ regung über die deutsche Verfassungsfrage erhielt gestern Nachmit= tag einen neuen Anstoß durch die Nachricht, daß das hier liegende am Abend auf der Eisenbahn nach Dresden abzugehen. Bedeutende Massen hatten sich, um den Abmarsch zu hindern, beim Eingang, wie beim Ausgang des leipzig dresdener Bahnhofes e und hinter demselben bis ziemlich weit hinaus die Bahn stellenweise aufgerissen, so daß der Abgang der Schützen auf der Eisenbahn unmöglich wurde. Die Truppen gingen daher zurück und verließen die Stadt durch das Gerberthor, wo sie über Schönefeld die Bahn erreicht und einen Postzug zu der Fahrt nach Dresden benutzt haben. Die Reisen⸗ den, die mit dem Zuge von Dresden kamen, darunter auch die von hier an den König gesendeten Deputattonen, mußten da, wo die Schienen aufgenommen, die Wagen verlassen und zu Fufi, zur Stadt kommen. Von einzelnen Hindernissen, welche den Schüßen bei ihrem Ausmarsche durch Sperrung der Straßen bereitet, wird erzählt, jedoch ist es nirgends zum Exzeß gekommen. Durch das Gerücht, preußische Truppen würden einrücken, wurde bei einem Theile ves Publikums die Aufregung erhalten. Man ging so weit, Waffen vom Stadt⸗-Rathe zu fordern, und als diese nicht geliefert werden konnten, wurde von Einzelnen der Versuch gemacht, Sturm zu läuten, bei welcher Gelegenheit Verhaftungen vorgenommen wurden. Nun wurde um 11 Uhr Generalmarsch geschlagen, wor⸗ auf sich, nachdem die Kommunalgarde zahlreich zusammengetreten, die Menge sere, Vor dem frankfurter Thore wurde ein Vern such gemacht, Barrikaden zu erbauen, um den von dort erwartete⸗ Einmarsch preußischer Truppen zu erschweren. Die herbeigekom— mene Kommunalgarde fand die Barrikaden verlassen. Heute Vor⸗ mittag sind die Eisenbahnzüge nach Dresden wieder abgegangen.
So eben erscheint folgendes Plakat:
„Mitbürger! Unsere gemeinschastliche Deputation, bestehend aus dem Vicebürgermeister Koch, Stadtrath Flescher, Vorsteher Werner und Vicevorsteher Dr. Rüder, welche wir gestern mit dem Auftrage nach Dresden entsendet haben, Se. Maj. den König wiederholt um Anerkennung der Reichsverfassung, so wie darum dringend anzugehen, daß er nur deutschgesinnte, der Reichs verfassung unbedingt ergebene Minister in seinen Rath berufen möge, ist von dieser im Verein mit den Deputirten des akabdemischen Senats, dem Herrn Reltor Professor Erdmann und Professor Albrecht, unternommenen Sendung in verwichener Nacht e, e. und hat uns über deren Erfolg berichtet, daß Se. Majestät der König sie zwar wohlwollend empfangen und die Lauterkeit der Beweggründe zu obigen Anforderungen aneikannt, sich sedoch dahin ausgesprochen habe, daß er, obschon zu jedem persönlichen Dyfer für die deuische Einheit bereit, es mit seiner Ueberzeugung nichl in Ein⸗ klang bringen könne, die Reichs⸗Verfassung unbedingt, und so lange dieser Schritt von Preußen noch nicht gethan sei, anzuerkennen, da er in dersel, ben, wie sie von der National ⸗-Versammlung verkündet worden, kein Heil für das Vaterland erblicke. Die Deputation hat sich trotz dieses ablehnen den Bescheids nicht davon abhalten lassen, ihre Bitten in Gemeinschasft mit den Deputirten der dresdner Corporationen bei dem König damm dringender noch zu wiederholen, als bereits ein blutiger Zusammenstoß stattgefunden hatte; leider blieb der Erfolg der frühere. .
„Mitbürger! Wir sind hiermit in eine schwere Katastrophe eingetreten. Unsere weiteren Schritte werden euch zeigen, daß wir dleselbe unseren bisher in der deutschen Verfassungsfrage ausgesprochenen Grundsätzen getreu in Gemeinschaft mit unserer pflichtgetreuen Bürgerwehr durch entschiedene Hal⸗ tung zu lösen unablässig bemüht, dabei aber auch unvergessen sein werden, unseren Pfiichten, die uns die Ünverletzlichkeit der Person wie des Eigen thums auferlegt, zu genügen. Dazu bedürfen wir nicht fremder Truppen, von deren Einrücken wir durchaus noch keine Kenntniß, gegen deren Beru⸗ fung wir jedoch vorsorglich bereits Verwahrung eingelegt haben, wohl aber eurer Unterstützung; und wir zählen auf euch fest und vertraueng voll, denn wir wissen, daß euch, wie uns, die Person uud das heimische wie das un— serer Obhut anvertraute fremde Eigenthum heilig ist,. z
Mitbürger! Hegt zu euren gif Vertretern wie zu unserer Bür⸗ gerwehr das vollste Vertrauen, wie wir dies zu euch hegen! Leipzig, . 1. Mai 1819. Der Rath und die Stadtverordneten der Stad Leipzig. Klinger. Werner.“
Baden. Karlsruhe, 2. Mai. (Karlsr. Ztg.) In der Sonnabend -⸗Sitzung der zweiten Kammer erstattete Häuser den Kommissionsbericht über Lamey's Interpellation und schlug im Ein⸗ klange mit den im Bericht enthaltenen ,, der Kammer die Annahme folgender Erklärung vor: „Die zweite badische . mer erklärt, daß sie in der Note der , nr vom 11. April, s wie in den späteren Kundgebungen derselbe 6. schluß erkennt, die Reichs-Verfassung in ihrem Einzelnen, w . ihrem Ganzen, unbedingt anzuerkennen, ohne den Eintritt ö . deutschen Bundesstaat erst von der Erledigung der . . mit allen anderen deutschen Staaten . zu machen; die .
dische Kammer erwarte! ferner mit fester Jupversicht, daß die
eff falls nach dem Beschlusse der Natlenal. Versa nm. ung vom! 26 sten diefes Monats auch an sie die ic, deruͤng der Centralgewalt um unbedingte Anerkennun z Verfassung ergehen follte, diese Anerkennung unbedingt u f ; umwunden' wiederholen und nicht säumen werde, das im 6 ; Gesetzblatt ö Wahlgesetz, so wie die von der Natlonalver⸗ sammüung proklamirte. Reichtzpeifassung, gesehlich zu publiztren;
ben, den aufrichtigen Ent=
ie badische Kammer erklärt endlich, daß der Regierung zu Allem, . pie Ce, n, . der deutschen Reichsverfassung nothwendig macht, ihre eigene , . aufs , . und bereitwilligste Tzu Gebote stehen solle. Staaksrath von Sten gel bezieht sich, ohne auf die Ausführungen im Kommissionsberichte näher einzuge⸗ hen, auf die in gestriger Sitzung durch die Regierung abgegebene Erklärung und fügt solcher mir noch bei, daß die Regierung durchaus nichts einzuwenden habe, wenn auch die Kammer ihre Zustimmung hierzu gebe. eller unterstützt mit Freuden ven Kommissions⸗Antrag und bemerkt nur noch, daß er den Schlußsatz in der Note vom 11Iten d. M. nie anders verstanden, als wie er jetzt von der Regierung und der Kommission ausgelegt worden. Lam ey: Er habe sich stets für das Festhalten an den Beschlüssen der National Versammlung ausgesprochen, thue es auch jetzt wieder und stimme für den Kommissions⸗Antrag. Zell: Die National⸗ Versammlung sei gewählt worden, um das Verfassungswerk zwischen den Regierungen und dem Volle zu Stande zu bringen; man habe sich in Frankfurt mit geringer Majorität dafür und für die Ober⸗ hauptswahl entschieden, es wäre also hinlänglicher Grund zu einer reif⸗ licheren Ueberlegung vorhanden; übrigens theile er die Ansicht der Kommission. chaaff: Er müsse sich durchaus für den Kommis— sions⸗Antrag erklären; die Zeit des Lavirens sei vorbei, man habe sich jetzt für eine bestimmte Richtung zu entscheiden. In den März⸗ tagen hätten sich alle Regierungen auf demselben Standpunkte be— funden, während jetzt wenigstens einzelne sich davon wieder entfer— nen wollen; die unsrige habe festgehalten. Die Kammer müsse da— her die, Folgen mittragen und ihre Meinung ohne Furcht und Nebenrücksichten aussprechen. Ein Laviren würde man später be= reuen müssen. Er bedaure, daß nicht auch noch die Mitglieder der äußersten Linken l zeugung habe, solche würden dem Kommissions-Antrag ebenfalls beitreten. Zentner: Er halte die Erklärung der Regierung für vollkommen befriedigend und sei auch früher schon über die Aus—= legung des Schlußsatzes der Note vom 11ten d. M. mit sich einig gewesen. Baden wolle sich von Keinem in die Tasche stecken lassen, und wäre es auch der König von Preußen. Die Bemühungen der Nationalgewalt und, die unsrigen seien jedoch fruchtlos, wenn nicht ein Anderer mitwirke. Er ineine das deutsche Volk, dieses müsse entscheiden und da, wo noch keine Anerkennung der Be— schlüsse der National⸗Versammlung erfolgt sei, auf dem Wege der gesetzlichen Agitation, wie dies in Württemberg geschehen, fag durchsetzen. Württemberg habe eben so viel Sinn für gesetzliche Ordnung als für seine Freiheit gt und verdiene Nachah⸗ mung. Dennig beantragt den Bruck und die Vertheilung des Häusserschen Kommissions Berichtes und glaubt, daß jene, welche die badische Nete vom 11ten d. M. verdaͤchtigten, damit nur ihre eigenen Schwächen decken wollten. Nez: Er habe immer gefun⸗ den, daß die badische Regierung offen zu Werke gegangen sei, und dies auch gestern schon erklärt; nur Eines noch erwarte er, nämlich eine sofortige Verkündigung der Reichs⸗Verfassung und des Reichs⸗ Wahlgesetzes, obgleich er wohl wisse, daß die Regierung nur noch auf eine offizielle Mittheilung derselben warte. Bei der hierauf erfolgten Abstimmung wird von der Kammer der Kommissions⸗ Antrag einstimmig angenommen und vem Präsidenten die öffent⸗ liche Sitzung geschlossen.
Braunschweig. Braunschweig, 1. Mai. (Magdeb. Ztg.). Die in der Stadt herrschende Gaͤhrung (. sich zu einer bedenklichen Höhe . Von Seiten des Volksvereins ist eine permanente Kommission aus 25 Mitgliedern niedergesetzt, welche sich heute früh konstituirte, und von der Tag und Nacht drei Mit⸗ glieder beisammen sind, die alle zwei Stunden durch drei andere abgelöst werden. Ihr wichtigster Beschluß war, sofort die Auslie⸗ ferung aller der Waffen zu verlangen, die für die vollständige Ar⸗ mirung der Volkswehr erforderlich sind; sodann im ganzen Lande Proclamationen zu verbreiten und die übrigen Städte und Ortschaf⸗ ten des Landes aufzufordern, daß sie sich bereit halten möchten, bei dem ersten Signale sofort bewaffnet der Hauptstadt zu Hülfe zu eilen. Eine Deputation an den Commandeur der Volkswehr hat den Erfolg gehabt, daß auch dieser die schleunigste Bewaffnung der Volkswehr energisch zu betreiben sich verpflichtek hat. Gestern lbend durchzogen fee. Schaaren die Straßen und brachten, besonders vor dem Re⸗
denzschlosse, der Republik ein Hoch. Von großer Wichtigkeit ist auch der Umstand, daß heute Nachmittag sich gleichfalls der Gesammt— Ausschuß der Volkswehr für permanent erklären und zunächst eben⸗ falls auf schleunige Bewaffnung dringen wird. In der auf morgen angesetzten Sitzung der Deputirtenkammer wird der Antrag auf so⸗ forlige . des Militairs und der Volkswehr auf dle Reichs⸗ verfassung gestellt werden.
„Braunschweig, 2. Mai. Die Aufregung währt fort. Die Stände⸗ Kammer, die politischen Vereine, der * chuß : . alle sind in Sitzungen vereinigt. Die permanente Kommission des Volks⸗ Vereins hat so eben eine ö an die Bewohner des Lan⸗ des erlassen, sich um das Banner der deutschen Einheit zu schaaren, für Waffen zu sorgen 2c. Heute Vormittag forderte die Stände= Kammer das Ministerium auf, 1) die gesanmte Bevölkerung zu bewaffnen, so weit der Vorrath der Waffen reiche, 2) auch acht Kanonen der Volkswehr zur Verfügung zu stellen; 3) ber Central— Ie gewalt und der i, n r nn, anzuzeigen, daß die hiesige ; n. in jeder Hinsicht die eichs⸗Verfassung zu schützen bereit Hine hnen die gesammte bewaffnete Macht des Herzogthums ⸗ ĩ ö. lir und Volks wehr) zur Verfügung stelle, Auf die Erklarung ö. L n, es sei, da der Krlega-Minister fehle, im Augenblie 9 ande, die obigen Anträge genügend zu beantworten, wurde 1 Nachmittag 4 Uhr eine ZFrist gestellt und bis dahin J. andetammer vertagt. Um 3 Uhr trat ver Ausschuß der ö. , zusammen vertagte sich aber wieder bis um 6 Uüht, um , Irn des Ministerlunms abzäwarten unGnd alsdann dis nö— 54 ⸗ 3h. üsse 7 fassen. Um J ühr wurde die Sitzung der F! . w e. eröffnet., Geheimerath von Geyso erklärt: daß die
en, ei ihren frliheren Ansichken in der deutschen Angele⸗ . . eharre, sei schen am Morgen angsgesprochen.“ Pie
ö er provisorlschen Centralgewalt erlassenen Verfügungen . 5 erfüllt werden, es sei daher unbedenklich, f wenn 3 geordneten Bersammlung darauf Gewicht lege,“ die 1 erung dieses der Centralgemglt gegenüber . aus⸗ . che, da die Regierung von der Nothwendigkeit eines vollstandigen ,, . n 9 der 6. gyertretung durchdrun⸗
; erde fer ü daß di wehr in genügen dem aße , . 1643 ö .
und d entbehrlichen Gewehre an sie vertheilt würden, 6 1
auf die einzelnen Anträge zu 2 bie 3 sej indeß jetzt noch nicht
möglich. Die Versammlung erfla instimmi . amml klärt sich einstimmig mit rungen des Ministeriums r. n 6 ,
. Aueschuß der Bürgerwehr, wird sich abel fü n rig l s ini sich geändert haben, nicht für a. fig, Bolts let 8. sindet auch wieder eins General- Sitzung des bes gesammten , te e, eine Vereinigung
— — ĩ Kon Menschen sit gun en wrde er, allem Anschein nach, Tau‘
im Saale anwesend seien, indem er die Ueber-
735 Ausland.
Frankreich. Nati onal⸗Versammlung. Sitzung vom 2. Mai. Anfang 14 Uhr. Die Amnestiefrage für die traͤns Fortir⸗ ten Juni⸗Insurgenten macht die Versammlung sehr zahlreich. Marrast eröffnet die Sitzung. An der Tagesordnung steht oben⸗ an folgender Gesetzentwurf. „Artikel 1. Dem Minister des In⸗ nern 9 auf den Dienst von 1819 ein Kredit von 200,000 Franken bewilligt, um die Kosten der ersten Jahresfeier der Prollamirung der Republik durch die National⸗-Versammlung zu bestreiten, die am 4. Mai 1849 stattfindet.!“ Wird ohne alle Debatte angenom⸗ men. Marrast liest weiter: „Artikel 2 (des Ausschusses). Volle und ganze Amnestie ..... Larabit (unterbrechend): „Ich ver⸗ lange das Wort! Im Ausschuß⸗-Bericht heißt es: „„Die Heftig⸗ keit der anarchischen Leidenschaften zog über uns die Fluth des Bürgerkrieges; das Elend, die Aufregung und Unzufriedenheit wurden von denjenigen unterhalten, die eine künftig unmögliche 4 träumeu, erhoben sich wechselweise drohend gegen das Bestehen unserer jungen Republik ꝛc.““ Da ich weder zu den Träumern einer unmöglichen Vergangenheit, noch einer unmöglichen Zukunft gehöre, so protestire ich hiermit ge⸗ gen diese Stelle des Berichts.“ (Gelächter. „Protestiren Sie immer!“ ruft man vom Berge) Marrast beginnt von neuem zu lesen: „Artikel 2. Volle umd ganze Amnestie ist al⸗ len Individuen gewährt, welche in Gemäßheit des Dekrets vom 27. Juni 1818 kransportirt wurden. Artikel 1 jenes Dekrets ist abgeschafft. Faucher, Minister des Innern: „Bürger Vertreter! Die ser Artikel ist nur die Wiederholung einer Ihnen bereits mehr⸗ fach . Proposition. Die Reglerung wünscht in den Weg der Verzeihung gleich dem Ausschuß einzutreten, aber noch ist der Augenblick hierzu nicht gekommen. Unter den Transportirten befin⸗ den sich gefährliche Individuen, die Freiheits⸗Entwickelung und Auf⸗ rechthaltung der Ordnung kann eine so allgemeine Amnestie nicht gestatten. Ich bekämpfe die Maßregel und trage auf Verwerfung des Artikels an.“ (Murren links. Beifall rechts) Gouttay: „Der Ausschuß, in dessen Namen ich spreche, freut sich der Ueber⸗ einstimmung in den Gefühlen für Milde, die zipischen ihm und dem Minister herrsche; aber er kann seine Befürchtungen nicht theilen. Als Sie, Bürger Vertreter, jenes Dekret erlleßen, war der Staat in Gefahr und nur diese höc ste Gefahr könnte Sie zu ei— nem ähnlichen Beschlusse veranlassen. Mit der Staatsgefahr muß auch Ihre Sirenge verschwinden. Der Ausschuß empfiehlt nur die auf den Pontons Schmachtenden Ihrer Milde. (Beifall vom Berge und fast der ganzen Linken. Nein! Nein! rechts.) Faucher: „Das Ministerium könne die Hinweisung auf die Geschichte nicht annehmen. Die Junitage haben in ihr keinesgleichen; fle waren
kein bloßer Bürgerkrieg, sondern ein Krieg gegen die ganze Gesell⸗
schaft. Darum auch Ihre Ausnahme-Beschiüsffe. Wäre für' die Ver⸗ . eines solchen Sturmes die Frist schon abgelaufen? Das Ministerium glaubt es nicht. Sie dürfen uns nicht entwaffnen. Der Sturm würde von neuem losbrechen. Stehen wir nicht am Vorabende der Wahlen? Und Sie wollen 2 — 3600 Männer nach Paris zurücschleudern, die noch nicht das geringste Zeichen von Reue ablegten? (Bewegung. Laussedat und mehrere Mitglieder des Berges sprechen warm für die Amnestie. Rechts aber wird wieder holt zur Abstimmung gerufen. Sen ard eilt auf die Tribüne und stellt den Vermittelungs-Antrag als Zusatz: „Jedoch wird der Re— gierung zur Aus führüng der Maßregel eine Frist von 6 Monaten . Gouttay, im Namen des Ausschuffes, tritt dem Zu⸗ atze bei, beantragt indeß 3 statt 6 Monate. (Zur Abstimmung!) Faucher bekämpft die 3 Monate und erklärt, 6 Monate sei Alles was die Regierung gestatten könne. (Zur Abstimmung! Es ent“ steht einige Verwirrung wegen der Abstimmung. Odilon Barrot zeigt sich auf der Tribüne. (Ah! ah! „Auch ich“, sagte er, „theile die Gefühle der Milde, aber wenn Sie alle Thatsachen kennten, dann schlügen Sie feine solche Amnestie vor. Diese Männer, die Sie begnabigen wollen, erklären an jedem Tage, daß sie die Revolu⸗ tion sofort wieder beginnen würden, sobald sie frei waren. (Liürm.) Die Regierung theilt Ihre Gesinnung für die Verurtheilten dennoch vom menschlichen Standpunkte; aber sie hat auch die schwere Pflicht, die Gesellschaft zu schützen. In, keinem Falle kann sie sich den Moment vorschreiben lassen. Ich bekämpfe daher jede kl ane. (Zur Abstimmung1h Eine neue Verwirrung erhebt sich über den Modus der Abstimmung. Tas chexeau verlangt Abslimmung durch Stimm— zettel, die Jeder in die Urne wirft, während er über die Tribüne schreitet. Clement Thomas: „Ich höre von der Rechten be⸗ leidigenden Verdacht über Stimmschmuggelei gegen die Linke aus— saeßen. Ich protestire gegen diefes unparlamentarische Betragen.“ Tumult.) Nachdem sich derselbe gelegt, schreitet das Haus zur Abstimmung über den Artikel 2. Die Frist kommt später daran. Um 3 Uhr 40 Minuten beginnt das Passtren über die Tribüne. Dasselbe dauert bis gegen 5 Uhr. Marrast proklamirt hierauf fol⸗ geudes Nesultat: Von 627 Stimmenden haben 339 gegen, 288 für Verwerfung des Artikels 2 und des Senardschen Zusatzes ge⸗ stimmt. Die Amnestie ist also verworfen. Degou ssôe stellt den Ver söhnungs - Antrag: „Es sollen die Akten jedes Transportirten noch⸗ mals durchgesehen werden,.“ F au cher erklärt diesen Antrag für unnütz, da . eine Kommission der Versammlung hierzu niedergesetzt fei. h. em ent Thomas: Allerdings bestehe eine solche Kommission; ⸗ ö man höre nichts von ihr. Er spricht dafür, die Transpor⸗ ttt . die Civilgerichte zu stellen. Lagrange erscheint auf 3 ö ibüne und tragt ebenfalls darauf an, die Transportirten den ordentlichen Gerichten zuzuweisen, wenn man ihnen keine Gnade n n. lasse wolle. Svilon Barrot: Ich schätze den Edel⸗ in. 3. Redners und verspreche seinem Antrag als Justiz⸗Mini⸗ J 06 chst nachzukommen.“ Endlich wird Artikel 3 (jetzt Arti- ‚. Y zur. Abstimmung gebracht und angenommen. Ledrü Rol- in feschht auf der Tribüne und erzähkt, daß er mit zwei Kolle⸗ gen ö. Moulins gewesen und dort von der Nationalgarde fast ge⸗ r hlt, . . . Baxrot erklärt, noch keinen h ri : ie Si 2 f 5 er strenge Untersuchung. Die Sitzung
Paris, 2. Mai. Die Opinion ᷣ ⸗ ꝛ publique beha J
. sei im Laufe des estrigeu Tages did Rach en . f n, daß 7000 Mann des franzöͤsischen Expeditions Corps gegen . marschirten, daß ihnen aber von dort 8000 Mann feindlich f feen, . Im Konferenzsaale der National Versammlung . es dagegen, eine n, , Depesche melde den Einzug dei ranzösischen Truppen in Nom. Ferner soll eine telegraphische De⸗ pesche der Regierung die definitive Capitulation Palermo's melden während der Courrier de Marseille vom 28. April noch be⸗ . daß zwischen Neapel und Palermo durchaus nichts ent? chieden sei. Der heuse in Paris eingegangene Concitiatore n. meldet indeß auch: „Palermo hat ch unterworfen; eine esandtschaft von 18 Perfonen begiebt sich zum Könige Ferdinand nach Gaeta, um ihm die Huldigungsakte zu überbringen. Seit zwei Tagen i neapolitanische . auf allen Punkten Si⸗
eiliens.“ Die Blätter von Lyon vom J. Mai enthalten ebenfalls
schon diese Nachricht.
Der Union ist aus Marseille folgender Brief Cabrera's zu- gegangen: „Marseille, den 27. April. An den Redacteur der Union. Ich wurde in einem Hause verhaftet, das an der äußer= sten Gränze liegt und wohin ich mich dee, um eine Aufgabe zu erfüllen, nicht als Flüchtling, wie man behauptet, denn ich schlug den Frind seit drei Tagen und zerstreute ihn. Eben treffe ich in Marseille ein und erfahre, daß ich unter Eskorte nach Toulon trans portirt werden soll. Ich habe nur so viel Zeit, um Ihnen diese Zeilen zu schreiben, damit Sie bei den Ministern und dem Präst⸗ denten der Republik die zu meiner Befreiung nöthigen Schritte thun können. Wie? Unter der Herrschaft der Freiheit sollte ein Fremder eben so behandelt werden, wie unter der schmählichen Ty⸗ rannei Ludwig Philipp's? Ich kann das nicht glauben und habe Vertrauen in Ihre Regierung. Ich erwarte Ihre Antwort mit Ungeduld. Sie wird hoffentlich vou einem Befreiungs-Dekret be⸗ leitet sein und von der Weisung, mich an irgend eine Gränze der ier ae Republik zu führen. Genehmigen Sie die Versiche⸗ rung meiner innigsten Hingebung und meiner alten Freundschaft.“
Cabrera traf am 28. April unter starker Bedeckung in Tbnlon ein, wo er in das Fort Lamalgue, das bereits den Progressisten⸗ General Amettler einschließt, abgeführt wurde. Cabrera, 38 Jahre alt und energischer Natur, ist an einem Beine in Folge einer sei⸗ . letzten Kampfwunden gelähmt. Er kann nur mit vieler Mühe gehen.
Großbritanien und Irland. London, 2. Mai. Die Königin hat einen großen Platz auf dem Kensalgreen⸗-Kirchhofe angekauft und angeordnet, daß dort ein Grabgewölbe für die Kö⸗ nigliche Familie erbaut werden soll.
In der City will man wissen, daß die Beendigung des däni⸗ schen Krieges in kurzem zu erwarten stehe. .
Aus Ostin dien ist heute die wichtige Nachricht hier einge- gangen, daß Schihr Singh und die anderen Sikhs-Häuptlinge zu Rawul Pindih, auf dem halben Wege zwischen dem Jelum und dem Indus, dem britischen General Sir Walter Gilbert, der zu Anfang März mit 15, 900 Mann über den Jelum ihnen entgegen gerückt war, sich ergeben hatten. Die Nachrichten aus Bombay reichen bis zum 3. April. Am 18. März war General Gilbert mit seinem Armee⸗Corps bereits in Attock eingerückt, von wo Dost Mohamed mit den Afghanen sich vor ihm zurückgezogen hatte; die britischen Truppen zogen den Fliehenden nach und hofften, ihnen im Kyber-Paß den Rückzug abzuschneiden. Man betrachtete die t des Pendschab in das britische Gebiet nun als aus— gemacht.
Gestern Nachmittag wurde unter dem Vorsitze des Herzogs von Richmond in der Handelshalle eine Protectionisten⸗Versamm- lung abgehalten, der etwa 1000 Personen beiwohnten. Die In⸗ teressen der Landwirthschaft, des Handels, des Gewerbfleißes, der Schifffahrt und der Kolonieen kamen der Reihe nach zur Erörte⸗ rung, und mehrere Beschlüsse im Geiste der Partei wurden gefaßt.
Die kirchliche Missionar -Gesellschaft hielt vorgestern ihre Jahres -Versammlung. Nach dem verlesenen Berichte betrug im dorigen Jahre das Einkommen 101,000 und die Ausgaben nur 87.909 Pfd. St. Von einem im vorigen Jahre aufgebrachten Jubilcums-Fonds, der 53, 0g) Pfd. St. beträgt, sollen A, 00h zur Unterstützung kranker oder alter Missionaire verwendet werden.
Italien. Rom, 21. April. (A. 3.) Ein S altung ist i Triumvirat eingetreten, Armellini und 6h standen . k Deshalb soll ein neues Trium virat, wahrscheinlich aus Eamerata von Ancong, Sterbini und Sturbinetti, gebildet werden. Gestern hielt der General-Ausschuß aller römischen Klubs Sitzung, um der Regierung die Mittel zu bezeichnen, wie die gegenwärtige Gefahr von der Republik abgewendet werden könnte. Unter Anderem wird gerathen, auf den Höhen des Gianicolo Verschanzungen anzulegen um von dort bei einer reactionairen Bewegung die Stadt beschie⸗ en zu können. Durch das Papiergeld ist der Preis der Lebens⸗ mittel außerordentlich gestiegen und die Mißstimmung allgemein ge⸗ worden. Durch die Abschaffung des Tabaks-Monspols verliert der Staatsschatz ein eben so bedeutendes Einkommen, wie durch die Salzsteuer. Dabei ist zu bemerken, daß die Rothschildsche Anleihe für die päpstliche Regierung theilweise von dem Fürsten Torlonia garantirt wurde, der dafür seine Monopole vrrpfändete.
Neapel, 21. April. (A. Z.) Längs der neapolitani Gränze, vom Adriatischen bis ans Mit fd is . nl sch römischen Provinzen in völliger Reaction begriffen und drohen, in Vasse nach der kathelischen Hauptstadt zu ziehen. An den meisten Orten wurden die Freiheitsbäume gestürzt und verbrannt und die päpstlichen Wappen an die Stelle der republikanischen gesetzt. Die römischen Truppen haben sich überall von unseren Gränzen zurück— gezogen und sollen sich auf Rom konzentrirt haben. Garibaldi ist, wie es heißt, von seinen eigenen Leuten ermordet worden. Diese Provinzen dringen immer mehr auf Schutz und Hülfe von Gaeta um der täglich zunehmenden Anarchie Schranken zu setzen. In Betracht dieser Umstände, die keinen Zeitaufschub erlaubten, haben die am heiligen Stuhl akkreditirten Bevollmächtigten dem König beider Sicilien durch ein von Allen unterzeichnetes Dokument di Vollmacht gegeben, mit einem Heertheile von 6000 Mann zum Schutze der Restauration in die roͤmischen Staaten einzurücken. Die— ser Einmarsch unserer Truppen ist jedoch nicht mit einer förmlichen Intervention zu verwechseln, weil, im Fall wirklich Feindseligkeiten stattfinden müßten, vorerst die Kontingente der dazu bezeichneten Mächte abzuwarten wären. Am 26. Äpril wird sich dieses Corps bei, Mola die Gaeta vereinigen und dann bei Terracina über vie Gränze rücken. Aus dem Drittel der hiesigen Garnison gezogen besteht es meistentheils aus Garden und einem Bataillon Schwei⸗ zer. Den Oberbefehl wird der König selbst übernehmen. Schon vor einigen Tagen sind zwei Compagnieen auf Verlangen der Be⸗ wohner in Rieti unter dem Jubel der Einwohner eingezogen. Von Gaeta her. verlautet, daß Pius IX. nach Herstellung der weltlichen päpstlichen Gewalt abdanken werde, um einem Anderen (man spricht i nell, die Führung des doppelten Scepters zu über⸗
en.
Privatberichte aus Palermo melden, Folge der Beschlüsse, der Kammern empört und die Behörden ge⸗ zwungen, sich zu flüchten. Es scheint indessen, der Senat habe während dieser Unruhen einen günstigen Augenblick benutzt, um sich auf einem französischen Dampfer einzuschiffen und dem König von Neapel die Unterwerfung der Stadt Palermo zu erklären.
Florenz, 22. April. (A. 3.) Die livorneser Freiwilli— welche sich bei Pistoja zusammengezogen hatten, if . re n rung nicht anerkennen wollten und in den Srtschaften namhafte Summen erpreßten, sind vor einigen Tagen auf dem Wege nach Livorno von den regelmäßigen Truppen eingeschlossen und zur Nieder⸗ legung der Waffen gezwungen worden. Die Hauptanführer wur⸗ den festgenommen. In Livorno herrscht fortwährend die gräßlichste Anarchie, und man fürchtet, daß die beiden Parteien unter sich in Kampf, gerathen dürften. Pisa hat sich, nachdem daselbst Linien⸗ Militair eingerückt war, der Regierung vollkommen unterworfen.
das Volk habe sich in
Die Munizipalgarde, welche den Aufstand zu unterhalten suchte, wurde entwaffnet.