1849 / 164 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

. ich nach seiner Ankunft ven da weiter über ,. . ö . abreisen werde. Auf dem Dor auf welchem sich der Kaiser befand, wurden noch funf Kai⸗ ih Equispagen nachgeführt, welcher Umstand auch ein weiteres f el vermitthen läßt. In Wien muß man über die Stunde der Ankunft des Kaisers nicht genau unterrichtet gewesen sein, denn es wurde krine irgend hohe Person an der Gränze zum Empfange desselben bemerkt. Erst heute fruh 11 Uhr fuhr der Erzherzog Wil⸗ helm auf der Eisenbahn, von Wien kommend, über Kosel in der Richtung nach Krakau hin, um, wie seine Umgebung äußerte, den Raiser zu empfangen und demmächst zu begleiten.“

Kreuznach, 12. Juni. (O. P. A. 3.) Unter großer Be⸗ allitung der Bewohner und frehen Gesängin rüdten heute unsere Tinrpen nach der insurgirten bayerischen Rheinpfalz. Land- und Stadibewohner wünschten den schönen und begeisterten Trupren Gluck und baldige Ruckkehr als Sieger. Die Obernburg, wo Zitz mit den mainzer Freischaaren gestern Abend noch hauste, wurde von einer Cempagnie des 24sten Infanterie⸗Regiments besetzt. Wider⸗ stand leistete Niemand. Die, welche daselbst gehaust hatten, waren eilig und ohne Vertheidigung dieser Veste Franzens von Sickingen abgezogen. Die bayerischen Landleute begrüßten die Preußen mit Jubel als ihre Erlöser von hartem Drucke.

Kreuznach, 13. Juni. (O. P. A. 3.) Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz von Preußen und Prinz Friedrich Karl kamen in letzter Nacht hier an und setzten heute fruh gegen 9 Uhr mit dem ganzen Generalstabe zu Pferde ihre Reise nach Rheinhessen und Bayern fort. Die Truppen brachten dem Prinzen ein begeistertes Lurrah, namentlich die koblenzer, düsseldorfer und magdeburger Garde- Landwehr. Alle Truppen freuen sich, daß es nun zum Kam⸗ pfe lommen wird, Alle sind der langen Märsche, welche sie den De⸗ mokraten zuschreiben, müde. Die ersten Gefechte dürften von unse⸗ rer Seite mit größter Erbitterung geschlagen werden. Die Procla⸗ matlonen des Generals von Lirschfeld an die Rheinhessen, Badener und Bayern, so wie die an die Armee, machen den besten Eindruck. Dieselben lauten:

Aufruf. „Bewohner von Rheinbayern und Rhein— bessen! Auf Befchl meines Königs, veranlaßt durch die Aufforde— rung Eurer Regierungen, die bundesmäßige Lulfe zu leisten, betrete ich mit meinen braven Truppen, Euren deutschen Brüdern, heute Eure Gränzen, um Euch den durch Aufruhr und Verrath gestörten Frieden wieder zu bringen. Den wohlgesinnten Burgern verspreche ich Schutz und erwarte von ihnen kräftige Unterstützung bei Hand- habung vis Gesetzes und Herstellung der Ordnung. Die Aufrührer aber, die Euch in Ungluck und Verderben gesturzt haben, werde ich mit starker Hand niederwerfen, wo ich sie finde. Ihr preußischen Unterthanen aber, die Ihr durch Aufruhr und Verrath den preußi⸗ schen Namen schändet und in den Reihen der Rebellen gegen Eure Bruder kämpft, Ihr seid dem Kriegsgesttz un nachsichtig verfallen. Ihr habt die Todesstrafe verwirlt, und sie wird Euch treffen nach dem Gesetz. Hauptquartier Baumhelder, den 12. Juni 1819. Der kommandirende General. (gez) von Hirschfeld.“

„Aufruf an die Truppen des mobilen Armeecorps. Auf Befehl Sr. Majestät des Königs habe ich Euch an diesen fernen Gränzen unsers preußischen Vaterlandes versammelt, um Euch, auf Anrufen unserer deutschen Bundesgenossen in Bayern, Hessen und Baden in die benachbarten Lande zu fuhren, wo der Aufruhr tobt, die Willkür herrscht und die Rechte und die Freiheit aller ehrlichen Leute täglich mißhandelt werden. Preußens ruhmvolle Waffen sind berufen, diesen Ländern Recht und Gesetz wiederzu⸗ bringen, Freiheit und Frieden dahin zurückzuführen. Mit Gottes Hülfe werdet Ihr diefe, Preußens tapferer Armee würdige Auf⸗ gabe wie Ehrenmänner lösen, zum Ruhme Eurer glorreichen Fahnen und zum Heile unseres gemeinsamen Vaterlandes. Kameraden aller Grade und aller Waffen! Das erwarte ich von Eurer Tapferkeit mit Zuversicht! Eben so bistimmt aber erwarte und fordere ich von Euch den punktlichsten Gehorsam, die sirengste Bewahrung der Disziplin. Ein ircües und gehorsames Heer ist der Stolz und die Ehre, eine zuchtlose Truppe die Schmach und die Geißel des Vaterlandes. Das eben seht Ihr in den unglücklichen Ländern, die Ihr betreten werdet. Und nun vorwärts, Kameraden! Ihr werdet sehen, ob man uns als Retter und Befreier oder als Feinde empfangen wird. Der Bedrängte fuhle Euere helfende Hand, der feindliche Bedrän⸗ ger die volle Wucht Eurer scharfen Waffen! Vorwärts! Mit Gott, für König und Vaterland! Hauptquartier Baumholder, den 12. Juni 1849. (gez.) von Hirschfeld.“

Oesterreich. Wien, 13. Juni. Der Lloyd meldet „Wir vernehmen, daß der Kaiser von Rußland heute in Krakau ankemmen und seine Truppen selbst nach Dukla führen wird. Fürst Vaskewitsch soll auch heute in Krakau eintreffen.

Bayern. Kaiserslautern, 10. Juni. (Frankf. J.) In dem Amts- und J stelligenz-⸗Blatte der provisorischen Regierung der Rheinpfalz wird ein Dekret bekannt gemacht, durch welches zur Auf— röchterhaltung der Ordnung und zur Ferstellung einer strengen Mannszucht für die Dauer des gegenwärtigen Kriegszustandes und bis zum Erlasse eines definitiven Kriegegesetzes transitorisch scharfe Gesttze vererdnet werden. Sie betreffen den Umfang der Militair- Gerichtebarkeit, die militairischen Vergehen und Verbrechen, die Strafen (einfacher, d. h. geheimer Verweis; scharfer, d. h. öffent⸗= licher, vor der Compagnie ertheilter Verweis; Gefängniß bis zu 14 Tagen, und niederum ven 15 Tagen bis zu 2 Jahren, Tod Lurch die Kugel), die Untersuchung, die Strafgewalt, das Straf⸗ Verfahren, das Strafurtheil, das (öffentliche) Kriegsgericht (Geschworene aus den Bataillonen von den Soldaten ge⸗ wähli, den Vellzug des Urtheils und die Strafmilderung. Das Ober, Kommando ernennt zwar für die Dauer eines Monats den Präsidenten, welcher die Debatte des Schwurgerichts leitet; allein er ist weder slimmberechtigt, noch darf er den eh mei) Berathungen der Geschworenen beiwohnen. Der Militair-

Justiz- Beamte, welcher die Untersuchung gefuhrt hat, ist Bericht⸗ 6 und der Ankläger wird vom Ober⸗ommando ernannt. 3h J ern dsemähh ern. welche jeden Monat ein Bataillon lie Kia . iges Truppen⸗-Corps wählt, werden fur jede ein⸗ j . gesache 12 Geschwörene zum Kriegsgericht durch das Loos zeichnet. Bei der Looszichung kann der Angeklagte acht, der , . vier der 80 Pertraucnsmänner ohne Angabe eines Grundes 18 rn n. relustren. Die Geschworenen entscheiden über das zSchuldig unk, wenn dies erfolgt, uber das Strafmaß. Zu Bei= dem ist eine Mehrheit von 8 Sümmen erforderlich. Auf Todes⸗ strafe kann nur durch Stimmen-Einheit erkannt weiden. U

Die Division ven Webern hat gestern am 13 unbedeutenden Grfecht bei Hemburg ö e , , . tier und heute zwischen Landstuhl und Kaiserglautern Kaͤntonnfrun gen bezogen., Die Division Niesewand ist, ohne Widerstand zu fin⸗ den, bis Kaiserslausgrn, wohin heute das Hauptquartier verlegt ist vorgedrungen und hält die Stadt und Umgegend besttzt. ; Das Landvolk begrußt die Truppen uberall als Befreier; in

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den Städten, namentlich in Kaiserslautern, begegnet man viel un⸗ willigen und verdächtigen Gesichtern. Die provisorische Regierung ist verschwunden.

Württemberg. Stuttgart, 12. Juni. Im Schwäb. Merk. liest man: „Wir erfahren aus sicherer Quelle, daß Se. Köͤ⸗ nigliche Majestät unterm 16. Juni sämmtlichen wegen Meuterei zur Militair⸗Kreisgefängnißstrafe verurtheilten Individuen des Sten In⸗ fanterie⸗Regiments (12 an der Zahl), so wie den wegen der Ex⸗ zesse im Schiffwirthshause zu Ulm zur gleichen Srafart verurtheil- ken Angehörigen des Zien Reiter⸗ Regiments (27) den Rest ihrer Strafe in Gnaden erlassen haben.“

Die „deutsche Reichs -Regentschaf“ hat dem General von Prittwitz folgende Depesche zugehen lassen: „Wir setzen Sie hier⸗ durch davon in Kenntniß, daß die deuische konstituirende National- Versammlung in ihrer Sitzung vom ten d. M. beschlossen hat: „„die bisherige Centralgewalt ihres Amtes zu entheben und eine Regentschaft fur Deutschland einzusetzen, welche in allen Angelegen⸗ heiten, die die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt Deutschlands betreffen, die vollziehende Gewalt zu üben hat.““ In Folge dieses Be⸗ schlusses hat hierauf die konstituirende National⸗Versammlung die Unter⸗ zeichuelen als Mitglieder dieser Regentschaft erwählt und uns die vollzie⸗ hende Gewalt übertragen. Wir ar n ,, Indem wir hierven Ihnen, Herr General, Nachricht ertheilen, for⸗ dern wir Sie auf, kunflig nur von uns, der previsporischen Reichs- Regentschaft, und von Niemand Anderem, Befehl oder Instructio— nen anzunehmen. Zugleich ertheilen wir Ihnen hierdurch die Wei⸗ sung, den Krieg gegen die Dänen rasch und energisch fortzuführen und namentlich ganz Jütland militairisch zu besetzen, damit baldigst ein ehrenvoller ne geschlossen werden könne. Zu Vermittelung eines solchen Friedens werden wir demnächst einen Reichs⸗Kommissär absenden. Unterhandlungen, Waffenstillstands⸗ oder Friedensschlusse zwischen Dänemark und deutschen Einzelstaaten werden wir nicht anerkennen.“

Stuttgart, 12. Juni. (O. P. A. 3.) Heute früh fand im Wernerschen Saale eine vorberathende (nicht öffentliche) Sitzung der National⸗Versammlung statt, in welcher M. Mohl den Vor— schlag machte, die beschlußfähige Anzahl für den Nothfall auf 50 herabzusetzen. Dieser Antrag wurde mit großer Mehrheit verwor— fen, well man die bestimmte Ueberzeugung habe.“, daß bis künf⸗ tige Woche mindestens 150 Mitglieder anwesend sein werden. Bis heute sind etwa 110 Abgeordnete hier, unter ihnen Adam von Itz— stein, über dessen Verhaftung viele falsche Gerüchte umgingen. Es kursirt eine Extrabeilage zum Beobachter, worin etwa 15 Offi⸗ ziere der Bürgerwehr sich für die Versammlung erklären. Linien- Militair strht bekanntlich in Stuttgart selbst gegenwärtig gar nicht.

Baden. Karlsruhe, 11. Juni. (O. P. A. 3.) Mie⸗ roslawsky ist vorgestern hier angekommen. Er scheint kaum an die Möglichkeit eines Sieges der badisch-⸗pfälzischen Revolution zu glau⸗ ben und hat die ihm übertragene Oberbefehlshaberstelle sür den Augenblick entschieden abgelehnt.

Rastatt, 9. Juni. (O. P. A. 3.) Heute war Brentano hier, um, wie man hört, die hier gefangen sitzenden Dragoneroffi⸗ ziere mit sich fortzunchmen und nach Kislau zu schicken; ob in Folge eines Urtheils über dieselben, oder nur um sie in eine etwas leich⸗ tere Verwahrungshaft, als die hiesigen Kasematten gewähren, zu bringen, ist nicht bekannt. Vorgestern kam Bernstedt von Kislau kommend hier durch nach Illenau, woselbst er seine Gesundheit in wenigen Tagen hergestellt zu sehen hofft. Sein Geistes zustand ist in der That derart, daß er einer gründlichen seelenärztlichen Be⸗ handlung bedarf.

Frankfurt a. M., 14. Juni. (O. P. 2l. 3.) Das Groß⸗ herzoglich badische Regie rungsblatt enthält Folgendes; „Se. Königl. Hoheit der Großherzog haben durch höchste Entschließung vom 3. Juni 1849 die Mitglieder des Staats-Ministeriums, mit Ausnahme des Präsidenten des Kriegs Ministeriums, General- Lieutenant Hoffmann, ihrer Stellen in Gnaden enthoben. Sodann haben Se. Königl. Hoheit durch höchste Entschließung vom 6. Juni i849 den Geheimen Rath Klüter zum Staats⸗Minister des Groß⸗ herzoglichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten ernannt; und endlich durch höchste Entschließung vem 8. Juni 1849 auch den General⸗Lieutenant Heffmann, auf sein unterthänigstes Ansuchen, von seiner Stelle als Mitglied des Staats⸗Ministeriums und Prä⸗ sident des Kriegs⸗-Ministeriums gnädigst er theben, und andererseits den bisherigen Präsidenten des Justiz-Ministeriums, Staatsrath Freiherrn von Stengel, als Mitglied des Staats⸗Ministeriums ohne Portefeuille von neuem in Thätigkeit zu setzen geruht.“

Ferner enthält das genannte Blatt eine Vekanntmachung, die deutsche National⸗Versammlung betreffend, folgenden Inhalts: „Leopold, von Gottes Gnaben, Großherzog von Baden, Herzog von Zähringen. Da der unlängst von Franksurt nach Stuttgart übergesiedelte Theil der National ⸗Versammlung durch eben diese Ueberstedelung die Grundlage der Berufung und des rechtlichen Daseins der National-Versammlung selbst aufgegeben und jener Rest der Versammlung seitdem überdies offen den Weg des Auf⸗ ruhrs eingeschlagen hat, so vermögen wir in demselben die deutsche Nalional-Versammlung nicht mehr anzuerkennen, und indem wir dieses hierdurch erklären, betrachten wir zugleich die Vollmachten der dabei noch befindlichen badischen Abgeordneten als erloschen. Beschlossen im Großherzoglichen Staats⸗Ministerium zu Mainz, den 12. Juni 1849. Leopold. Kluber. Stengel.“

Hessen und bei Rhein. Vein 13. Juni. Ueber das (bereits erwähnte) Attentat auf Se. Königliche Hoheit den Prinzen von Preußen meldet die Darmst. Ztg. Folgendes: „Ge⸗ gen den gestern Abend um 7 Uhr von hier abgefahrenen Prinzen von Preußen hat ein schändliches Attentat stattgefunden. Als in Nieder⸗Ingelheim die Pferde gewechselt wurden, hatten sich ziemlich viele Nugierige hervergedrängt und sellen mehrfache aufregende Worte gefallen sein, ohne daß man übrigens ahnen konnte, daß Bö⸗ ses beabsichtigt sei, indem die meisten der Anwesenden gar nicht wis⸗ sin konnten, wer der Reisende sei. Nachdem die zwel vierspänni⸗ gen Wagen, welche den Prinzen von Preußen und sein Gefolge führ⸗ fen, umgespannt waren, schlugen sie die Richtung nach Kreuznach ein, und hatten eben einige hundert Schritte von dem letzten Hause des Orts zurückgelegt, als sich plötzlich ein Mann im Korn aufrichtete und auf den zweiten Wagen, in welchem der Prinz ver⸗ muthet wurde, abfcuerte. Der Schuß traf den Postillon, welcher

tödtlich verwundet von vorüberkommenden Fuhrleuten in das Dorf

zurückgebracht wurde, während einer der Bedienten des Prinzen den Postillon ersetzte, worauf sich die Wagen im raschen Laufe gegen Kreuznach zu enifernten. Auf die hierher gelangte Nachricht eilten heute früh der Dirigent der Regierung für Rheinhessen, von Dal⸗ wigk und der Greßherzogliche Staats⸗Prokurator, Dr. Kuyn, nach Ingelheim, um dort an Ort und Stelle die Untersuchung einzu⸗ leiten. Ohne Zweifel dürften diese Herren aber unerwarteten Wi⸗ derstand gefunden haben, denn, nachdem um 113 Uhr eine Stafette beim Gouvernement eingetroffen war, jagte schon um 12 Uhr eine

ganze Schwadren Dragoner mit verhängtem Zügel zum Münster⸗ there die Straße nach Ingelheim hinaus. Als dringend verdäch- tig des verabscheuungswürdigen Attentats gegen den Prinzen von Preußen, wurde von der Untersuchungs⸗Kommission zu Nieder⸗ Ingelheim arretirt und am 13ten nach Mainz eingebrächt der 2bjährige Adam Schneider, Sohn eines Schneidermeisters in Nie⸗ der-Ingelheim. Man fand bei demselben eine frisch abgeschossene Büchse, in welche die bei dem Postillon vorgefundene Kugel voll- kommen paßte: das schmutzige Schuhwerk hielt mit den verfolgten Fußtapfen im Felde gleiches Maß, und Zeugen bekräftigten, den⸗ selben gleich nach jenem Verbrechen in sehr verwirrtem Zustande getroffen zu haben, aus welchen Indizien sich wohl mit zlemlicher Sicherheit entnehmen läßt, daß dieser Mensch der Thäter war. Die nach Nieder⸗Ingelheim entbotene Schwadron scheint nur eine Vor⸗ sichtsMaßregel wegen Transportirung des Verhafteten gewesen zu sein. Der Greßh. Regierungs- Dirigent ist in Begleitung des Staats= Prokurators am 131in Abends sofort von Nieder⸗Ingelheim nach Kreuznach abgereist, wahrscheinlich, um Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen von Preußen das Resultat der bisherigen Untersuchung mitzutheilen und von dessen Gefolge weitere Notizen einzuziehen.

Bensheim, 12. Juni. (O. P. A. 3.) Bei den verschiedenen Rekognoszirungen in der letzten Zeit gingen die badischen Truppen, sobald sie die diesseitigen sahen, zurück, entweder gar keinen Schuß gebend, oder nur einen einzigen; ja bei dem Gefechte in Hemsbach versteckte sich eine große Zahl badischer Soldaten in die Keller, und nachdem die Freischaaren und die hessischen Truppen abgezogen wa⸗ ren, gingen sie in den Odenwald, um in ihre Heimat zu eilen, und so aus einer bedrückenden Lage zu kommen, die ihnen unerträglich gewerden sein muß. Wie wenig auch selbst den noch in Baden befindlichen Offizieren, vielleicht io an der Zahl, während 250 den Dienst in Baden verlassen haben, sich theils im hessischen Lager, theils in Franlfurt und Mainz befinden, es Ernst ist, mit unseren Truppen zu kämpfen, beweist der heutige Uebergang ven 3 Offizieren und 1Kriegsschüler, die als Vorvosten der Badener bei Schriesheim, diesseits Heidelberg, standen. Sie gingen von Schriesheim nach Lampertheim hinauf, und schlossen sich dort wartend einer vorbeizie⸗ henden hessischen Reiterpatrouille an. Zwei von ihnen waren Ma⸗ jöore und Bataillons-Kömmandanten bel den Badenern. Der eine heißt Eichfeld und ist der Bruder des früheren Kriegs⸗Ministers. Dicse Offiziere gaben bei ihrem Uebergehen die Erklärung, daß sie deshalb in Baden noch geblieben seien, weil sie geglaubt hätten, einflußreich auf die untreuen Truppen wirken zu können, was nun aber durch das Terroristren der Freischaaren so unmöglich geworden, daß sie ihre gute Absicht aufgegeben, und aus diesem Grunde erst jetzt sich ihren diesseitigen Kameraden anschließen.

In Mannheim werden die Pferde aus dem Marstalle der Her- zogin Stephanie, die sich in Mainz befindet, von den Freischaaren zu allen ihnen beliebigen Zwecken gebraucht.

Bensheim, 13. Juni. (O. P. A. 3.) Heute früh um 3 Uhr fand bei Waldmichelbach, vier Stunden von hier, links von Heppenheim im Odenwald ein Gefecht statt, in dem die Aufständi= schen total zurückgeschlagen wurden. Das Arbeiter Bataillon aus Mannheim und die schweizer Scharfschützen hatten sich dort zu einem Einfall gesammelt und wurden unter der Führung des Ober- sten ven Witzleben mit mecklenburger Dragonern und Artillerie angegriffen. Nach einem kurzen Gefecht ergriffen die Aufständischen die Flucht. Sie verloren 19 Tobte und 11 Gefangene, unter denen 3 Verwundete waren. Die Mecklenburger hatten leinen Ver- wundeten, aber einen Todten. Von den Aufständischen ist dort kei- ner mehr zu sehen. Die Mecklenburger haben ihre alten Positionen wieder eingenommen.

Nassau. Wies baden, 12. Juni. (O. P. A. 3.) Das heute erschienene Verordnungsblatt ves Herzogthums Nassau verkündigt ein Herzogliches Dekret, wonach der Herzog auf Antrag des Staats⸗Ministeriums (Wintzingerode) beschlessen hat, die Siz⸗ zungen der Stände⸗Versammlung, welche durch Allerhöchste Entschlie- ßung vom Sten d. M. auf acht Tage unterbrochen worden waren, auf weitere vier Wochen, bis zum 14. Juli d. J., zu vertagen.

Musland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 12. Juni, 65 Uhr Abends. Laclaudu re, vom Berge, dringt auf Vorlegung der diplomatischen Aktenstücke zur Unterstützung der Anklage gegen Prästdent und Minister. (Ja, ja! links; nein, nein! rechts Toc que ville, Minister der auswärtigen Angelegenhei- ten, bekämpft den Antrag der Linken auf Vorlegung der Akienstücke

als einen bleßen Winkelzug, um dir e , . die ohnedies schon

herrsche, zu verlängern. Bie Ankläger seien hinlänglich unterrichtet

durch die Lessepeschen Enthüllungen. Um den Eindruck zu mildern, den der Verlust bel einem zweiten Angriff gegen Rem am 3. Juni im Lande hervorgerufen, liest Tocqueville zwei Oudinvtsche Depeschen, die ihm durch den „Veloce“ zugegangen und also lauten: „Villa Santucci, 5. Juni, 7 Uhr Abends. Gestern Abend 5 Uhr fand die Eröffnung des ersten Laufgrabens statt. Heute früh 5 Uhr haben zwe gedeckte Batterieen ihr Feuer begonnen. Um die Aufmerksam⸗ leit des Feindes zu äuschen, ließ ich ihn an den entgegengesetzten Villas Corsini und Valentini angreifen. Dies gelang vollstaͤndig, und kein einziger Schuß fiel auf unsere Laufgräbenarbeiter. Während des Tages richtete der Feind ein lebhaftes Feuer gegen ung, ohne uns indeß starken Verlust zu verursachen. Das Föste Linien- Regiment traf gerade fin, um an den Erdarbeiten sofort Theil zu nehmen. Pente Molle ist ausgebessert und die Passage wieder hergestellt; 150 Pfund Pulver wurden in einer Flattermine entdeckt. Vom h. Juni, 37 uͤhr Morgens. Die Nacht ging ungestört vorüber. Morgen Abend wird man den Bau neuer Belagerüngs⸗Batterieen beginnen. San Pancrazio und die Landhäuser Corsini und Valentini werden zu starker Vertheidigung eingerichtet.“ Ledru Rollin: Die Vorle⸗ fung dieser Depeschen, die übrigens über die Vorfälle des 3. Juni keine Sylbe enthalten, kännten das Ministerium und die Majorität unmöglich von der e, n. sämmtlicher Aktenstücke entbinden. Es unterliege keinem Zweifel, daß Oudinot geheime Verhaltungsbefehle erhalten habe. Die Welt müsse erfahren, wer im Gegensatze zur National-Versammlung diese geheimen Befehle ertheilt habe. Der Redner beruft sich ebenfalls auf die Lessepschen Enthüllungen. (Stimmen rechts: Zum Schluß! zur Abstimmung!) Es entspinnt sich ein Tumult über die Fragestellung. Man ruft: Die Depeschen müssen vorgelegt werden! Benoit durch den Tumult: „Ich bringe die Frage zur Abstimmung: Ob die Versammlung zur Debatte im Allgemelnen übergehen will? (Nein, nein) Die Abstimmung hierüber begreift ja den Antrag auf Vorlegung der Altenstücke von selbst in sich.“ (Hefliger rr sor nh zur Linken.) Stimmen vom Berge: Das hat keinen Sinn! Wir verlangen Abstimmung über die Frage; Ob die Aktenstücke vorgelegt werden sollen oder nicht? Europa muß die volle Wahrheiterfahren. Baroche, Staatsanwalt, eilt mit dem Reglement in

der Hand auf die Tribüne und bekämpft die Zumuthung der Lin-

ken, das Eingehen in die Debatte bis zur Vorlegung der Instruc⸗

tionen zu verschleben. Cor all) behauptet, daß Baroche gehn das Reglement versteße, denn es sei ein Unterschied, ob das Ministe⸗ rium oder Mitglieder der Versammlung Propositionen stellten. Be⸗ noit läßt ungeachtet dieses Widerspruchs zur Abstimmung schrei⸗ ten, und die Versammlung entscheidet mit 377 gegen 7 Stimmen, daß sie zur allgemeinen Dabatke schreite. Die Linke enthielt sich in Masse des Stimmens. Pascal Duprat dringt, ehe die Debatte beginnt, wiederholt auf Vorlegung der Aktenstücke. Die Linke ver⸗ lange keine Vertagung, sie beabsichtige keinen Winkelzug, sie appel⸗ lire nur an das Gerechtigkeitsgefühl der Majorität. Odilon Barrot bekämpft die Vorlegung gleich seinem Kollegen. Sie sei eine Kriegelist der Ankläger. ieselben seien hinreichend unter—⸗ richtet. Cremieur: „Zwischen den Anklägern und der Ma— jorität stehe eine dritte Partei (Ah! ahh, und diese verlange Auf— klärung ehe sie votire; darum formulire er den Antrag auf Vorle— gung aller Attenstücke, namentlich der Befehle an Oudinot vom 29. Mai 1849. Thiers gesteht zwar den Unierschied zu, der zwischen der Partei des vorigen Redners und den Unlerzeichnern des An— klage Aktes obwalte, kann aber nicht begreifen, warum diejenigen, die gestern hinreichend unterrichtet gewesen, um eine Anklage gegen die höchste Gewalt zu formuliren, heute es weniger sein sollten. Er sei kein Schmeichler neuer Regierungen. (Oh! oh Aber er ver— theidige die Ordnung, und der Kampf bewege sich heute um Ord— nung und Demagogie, (Bravo's rechts.) Ledru Rollin: „Diese Worte sind nicht Ihr Eigenthum. Sie gehören dem Kaiser von Ruß— land. (Stürmischer Beifall vom Berge; die Rechte erhebt sich dagegen und Thiers . dazwischen: Sie sprechen wie ein Juni⸗Insurgent )) Demagogie heißt bei Ihnen, Herr Thters, nur Republik. Lesen Sie die russischen und preußischen Manifeste. Alle Anstrengungen gelten der Februar⸗Revolution. (Rechts: Jetzt werden sie auch den Kaiser von Rußland und den König von Preußen noch in Anklagestand setzen.) Ihre Ordnung (zu Thiers gewendet unterjocht Deutschland, Ihre Ordnung nähert sich den französischen Gränzen, Ihre Ordnung rückt gegen Kehl und Straßburg, Ihre Ordnung räumt in Würt⸗ temberg auf. Ihre Ordnung will die Monarchie; Sie sind von der Partei der Kosaken, Sie sind (zur Rechten gewendet) keine Republi. kaner! (Lärm rechts mit dem Ruf: „Sie sind von der Partei der Plünderer, der Mordbrenner!“ Ein unerhörter Tumult bricht los; bei dem Alles durch einander schreit und Thiers wiederholt auf der, Tribüne erscheint; links drückt man Ledru Rollin bie Hände.) Thiers giebt nun eine Definition der „Kosaken⸗Partei, wie er sie auffasse und ruft das Land zum Richter seiner Handlungs- weise auf. Er sei ein Repulikaner. (ũHöhnisches Geläch⸗ ter zur Linken. Er habe die Republik genehmigt. „Aber Sie“, ruft er seinen Gegnern zu, „Sie haben das arme Piemont, das arme Sicilien zum Aufruhr gehetzt (Oh, oh!) und ins Unglück i und nun stürzen Sie Rom ebenfalls ins Unglück!“ (Hei⸗ all rechts und Ruf: Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!) Pyat, Cremieurx, Pascal Duprat, Adelsward und Andere beantragen wie⸗ derholt die Vorlegung der Aktenstücke. Benoit: „Ich lasse über die Schlußanträge des Kommisstons Berichts, welche auf Verwer⸗ fung der Anklage lauten, abstimmen.“ Links heftig: „Nein! Ueber die Aktenstücke!! Wir protestiren“ Rechts: „Lasfen Sie doch die Urne aufstellen!! Die Urne wird unter furchibarem Tumult auf— 6 Links Stimmen: „Infamie! Laßt uns fortgehen!“ Die linke geht weg. Gegen 10 Uhr proklaniirt Benoit folgendes Re⸗ sultat: 377 gegen 8 Stimmen nehmen die einfache Verwerfung der Kommissions⸗-Anträge an. Die Sitzung ist geschlossen. Die zahl⸗ reichen Gruppen auf dem Revolutions- Platz zerstreuen sich. Um ö. . Nachts war die ganze Gegend still und kein Montagnard rretirt.

Sitzung vom 13. Juni. Dupin eröffnet um K vor 3 Uhr die Sitzung, obgleich laut ver Tagesordnung heute nur Versamm⸗ lung in den Abtheilungen stattfinden sollte. Die Rechte ist voll⸗ zählig, viele Bänke der Linken sind leer; doch zählt man etwa 100 Montagnards. Ein Mitglied der Nechten interpellirt das Ministe= rium über die Lage von Paris. Odilon Barrot antwortet im Namen des Ministeriums. Er wiederholt die Details der gestri⸗ gen Sitzung und legt die erneuerte Heftigkeit der rothen Morgen⸗ Journale dar. Ein großer Zug habe sich hierher begeben wollen, dem sich die Regierung zu widersetzen für gut befunden habe. Der Ruf zu den Waffen sei erschallt und ein Anfang zum Barrikaden bau gemacht worden. (Sensation.) Unter diesen Ümständen werde das Haus wohl zu außerordentlichen Maßregeln seine Zuflucht nehmen müssen. (Beifall) Du faure, Minister des Innern, folgt ihm auf der Tribüne und stellt die Anträge: 1) die Ver— sammlung möge sich permanent erklären; 2) den Belagerungszu— stand von Paris verordnen. Er legt beide Gesetzentwürfe nieder und beantragt, die Versammlung möge sich sogleich in die Abtheilungs⸗ saäle zur Begutach ung zurückziehen. Lagrange, vom Berge, eilt auf die Tribüne und protestirt gegen jede Beschlußnahme. Die Verfammlung sei nicht vorschriftsmäßig Asammengerufen worden, eine Tagesord⸗= nung für eine öffentliche Sitzung nicht vorhanden. Der Redner wirg unterbrochen, und es entsteht eine sehr tumultuarische Scene. Odilon Barrot will auf die Tribüne steigen, worauf Taschereau steht. Taschereau geht herab; General Leydet hebt einen Fuß gegen ihn. Mehrere Mitglieder, einer mit einem Stoch, stürmen gegen Leydet. Endlich stellt sich k her. Pierre Bonaparte entschuldigt Liydet. Odil on Barrot kommt zum Wort und begründet die vorgeschlagenen Maßregeln. Charras bekämpft sie. Die Ver⸗ sammlung zieht sich um 4 Uhr in die Abtheilungen zurück. Um vor 6 Uhr erscheint Gustav von Beaumont mit dem Bericht über die beiden von Dufaure vorgelegten Gesetz Entwürfe. Der Ausschuß trägt zunächst auf Genehmigung des Belagerungszustan⸗ des von Paris und des ganzen Umkreifes der sten Militair⸗Division an. Die Dringlichkeit wird ausgesproͤchen. Die Debatte geht zum Entwurf selbst über. Pierre Leroux nimmt zuerst das Wort egen, den Entwurf. Er beschwört die Versammlung, unter

erufung auf die Junitage, nicht zu dieser fürchterlichen Härte ihre Zuflucht zu nehmen, sondern Milde zu bewelsen. Er deufet darauf hin, welche Willkür die Minister sich mit einer so ungeheuren Waffe erlauben dürften. Was die speziellen Ereignisse selbst betreffe, so theile er ganz die Sympathieen der abwesenden Kollegen. (Lärm.) Nach seiner Üleberzeugung ist die Verfassung verletzt worden. (Un⸗ terbrechung.) Er verabscheue den Bürgerkrieg eben so sehr als irgend Einer aus der Versammlung. Er welst auf Eavaignac's Sturz hin und schließt mit dem Ausruf: „Es lebe die Verfassung!“ Cavatgnge: „Der Redner schreibt meinen Sturz der Junihãrte zu. Oh! Wir sind glorreich von der Höhe der Macht gestiegen. Sie ur Linken gewendet) verursachen mir namenlosen Schmerz. Ich 9 nie einer anderen Sache dienen als der Republik.“ eifall) Dou tre, ein Mitglied des Berges, bekämpft den Ve— grun gezustand (Es wird der Schluß verlangt. Laclau dure: . 3 mir nicht zu, nach den Motiven zu forschen, welche die n . Theils dieser Versammlung geleert haben, aber ich Bek ae. Minister, ob fie nicht seit dem Augenblick, wo sie den K beantragten, Nachrichten erhalten haben, welche isen müssen, baß ' viese Maßregel unnöthig' ist. Man

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spricht von Barrikaden; nicht der Schatten von einer Barrikade ist da.“ (Gelächter. Odilon Barrot: „Die der Kommission vom Minister des Innern vorgelegten Berichte lassen, ich glaube es, keine ernste Besorgniß für den Sieg der Ordnung entstehen, aber Gefahr ist noch vorhanden, und die Maßregel ich sage es mit Schmerz, ist noch nothwendig.“ Rancel: „Um eine so ernste Maßregel, wie den Be⸗= lagerungszustand, vorzuschlagen, müssen bestimmte Mittheilungen ge— macht werden. Hätte ich Vertrauen zu dem Republikanismus des Ministeriums, so würde ich ihm vielleicht diese unheilvolle Maß⸗ regel bewilligen, aber ich fürchte zu sehr, daß es schon vorher die Verfassung verletzt hat und sie noch ferner verletze. Ein Wort an den General Cavaignac. Auch ich bewundere die Hingebung, auch ich bewundere die Republikaner, sie sind selten genug dazu; aber ich begreife nicht, wie er seine Rede mit einer grausamen Avostrophe an den Bürger Pierre Leroux schließen konnte. (Cavaignac hatte gesagt: „Wir sind beide Republikaner, Sie und ich, Herr Leroux; aber wir sind es nicht auf gleiche Weise, und wenn es der Repu— blik je bestimmt wäre, unterzugehen, so würde es durch Ihre Ver— irrungen und Inkonsequenzen geschehen.“ Dem Philosophen, dem Mann des Friedens den Vorwurf der Gewalisam— keit machen, ist Unrecht. Der Bürger Pierre Leroux hat die Republik vorbereitet, der Bürger Cavaignac hat sie re— giert. Beide waren dazu geschaffen, sich zu verständigen; sie sollten sich nicht hier einander Beleidigungen sagen.“ Die Ver— sammlung entscheidet sich nun für den Schluß der Debatte. La⸗ grange: „Sie haben mir das Wort verweigert! Ich protestire im Namen Gottes und der Menschen gegen den Belagerungs⸗ zustand. Ich protestire gegen jede Veränderung in der Verfassung. Ich protestire gegen jede lebenslängliche Präsidentschaft.“ Der Be⸗ lagerungszustand wird hierauf zur Abstimmung gebracht. Artikel 1 und 2 werden durch Aufstehen und Sitzenbleiben angenom— men, Ueber das Ganze wird das Skrutinium beantragt. Der Präsident benachrichtigt die Versammlung, daß sie über die Ver⸗ haftung eines Mitgliedes der Versammlung zu entscheiden haben werde, welches inmitten der Volksgruppen festgenommen worden. Der Maire des 6ten Stadtbezirks habe der Versammlung das Pro- tekoll über diese Verhaftung eingesandt. (Man sagt, der verhaftete Abgeordnete sei Herr Suchet vom Var. Als der Bericht der In— dependance belge über diese Sitzung, der am weitesten reicht, wegen Abgangs der Eisenbahn abebrochen werden mußte, war es 7e Uhr Abends.)

Paris, 13. Juni. Die Polizei suchte sich gestern Abend aller demokratischen Journale zu bemächtigen, welche die verschiedenen Aufrufe der Bergpartei, der Sozialisten, der Studenten und der Drucker an das Volk und an die Armee enthielten. Trotzdem brachten heute früh sämmtliche demokratische Organe neue Procla—⸗ mationen derselben Art. Die eine davon lautet:. „An das Volk! Der Präsident der Republik und seine Minister sind außerhalb der Ver fassung erklärt! Der Theil der gesetzgebenden Versammlung, der sich durch sein Votum von gestern Abend zum Milschuldigen am Verfassungsbruch erklärte, ist ebenfalls außerhalb der Verfassung. Die Nationalgarde steht auf, die Werkstätten schließen sich! Moͤ⸗ gen die Soldaten, unsere Brüder, daran denken, daß sie Bür⸗ ger sind, welche Stimmrecht haben, und daß ihre erste Pflicht darin besteht, die Verfassung zu schützen. Das Volk erhebe sich insgesammt! Es lebe die Verfassung! Es lebe die Repu—⸗ blik! Paris, 13. Juni. Das Comité der republikanischen Zei⸗ tungen. Das Comité der demokratisch-sozialen Wähler. Die ehemaligen Luxembourg-Delegirten. Das Comité der pariser Hoch— schulen.“ Ein zweiter Aufruf ist folgenden Inhalts: „Wir tre— ten den Erklärungen der französischen Demokraten⸗-Ausschüsse hier—⸗ mit bei und hegen das vollste Vertrauen in die Energie und den Edelmuth des pariser Volkes, das seine Februar-Versprechen zu er⸗ füllen wissen wird. Mit Herz und Hand sind wir mit ihm in die sem für die gesammte europäische Demokratie so wichtigen Augen⸗ blicke. Paris, 13. Juni., Comité der Deutschen in Paris. Comité der polnischen Emigration.“ In der verflossenen Nacht wurden zahlreiche Verhaftungen, von Privatpersonen vorgenommen. Im Klub des Abts Montlonis wurden allein 21 Mitglieder verhaftet. Der Corsaire will wissen, daß die Sections Chefs der geheimen Gesellschaften gestern eine große Menge von Patronen in der gro⸗ ßen Allee, des Luxembourg Parks ausgetheilt hätten. Auch ging das Gerücht, ein Vollshaufe, von Chaillot, im Weichbild ven Paris, herbeiziehend, habe gestern den Palast Elysése, die Wohnung des Prä— sidenten Bonaparte, stürmen wollen, Heute nach 12 Uhr Mittägs entstand auf den Boulevards ein ungeheures Gedränge, und zahlreiche Gruppen uniformirter aber unbewaffneter Nationalgarde versammel⸗ ten sich dort. Ein Theil der Sten Legion (Forrestier) und auch Ab— theilungen anderer Legionen wollten sich im Zuge zum Präsidenten— und Kammer-⸗Palaste begeben, um, wie sie fagken, die Exekutivge⸗ walt gütlich auf eine verfassungsmäßigere Bahn in der auswärtigen Politik zu leiten. Man wolle erst alle friedliche Mittel erschöpfen, ehe man zum Kampfe schreitet. Der Zug setzte sich in Bewegung. Um 4 Uhr führten die Lanciers eine Charge gegen die Menge auf den Boulevards aus, und es soll dabei Feuer gegeben worden sein. Alles floh aus einander und rief: Zu den Waffen! Unterdessen ging der lange Zug von Nationalgarde und Volk, der sich am Cha— teau d'Eau auf dem östlichen Boulevard gesammelt hatte, weiter nach den elysäischen Feldern in der Richtung der Made— leine ⸗Kirche. . An der Rue de la Paix und der Rue de la Chausse d'Antin angekommen, hemmten ihm die mobile Gendarmerie (ehemalige Munizipalgarde) und ein Ba⸗ taillon der Tirailleurs von Vincennes, mit Spitzkugelbüchsen, die auf 1200 Schritte ihren Mann selten fehlen, den Weg. Da Niemand bewaffnet war, so entstand große Bestürzung. Der Kopf des Zuges drängte zurück und die Verwirrung war allgemein. Alle Täden schlossen sich, und es erschallte von neuem der Kuf: Zu den Waffen! Um 2 Uhr schlug Ledru Rollin, an der Spitze einer starken Abthei⸗ h der pariser Stadt⸗Artillerie und mehrerer Montagnards, mit Rose und Schärpe angethan, die Richtung der Rue St. Martin ein. Man hörte, daß sich derselbe in den Saal der Gewerbschule be— gebe, um mit dem Berge dort Sitzung zu halten. Bald dar— auf verbreitete sich die Nachricht, die mobile Gendarmerie habe die Versammlung in der Gewerbschule gesprengt. Es wurde ein Plakat des Ministers des Innern angeschlagen, das die Artikel 104 und 195 der Verfassung, so wie das Gesetz vom 22. März 1831, ins Gedächtniß ruft, und jedes Zusammenstehen auf der Straße untersagt. Präsident Bonaparte ritt über einen Theil der Boulevards und bei der Börse vorbei. Um 5 Uhr wnrde aris in Belagerungszustand erklärt. Gegen Frapolli, den römi—⸗ chen Abgesandten, der in den letzten Tagen einen großen Eifer für seine Aufträge entwickelt hatte, soll ein Verhaftsbefehl vorliegen, der aber bisher keine Ausführung erhalten. In der Independance belge wird Folgendes über diese Zustände und ihren Beginn be⸗ richtet: Das Votum vom 121en Abends hat die Folgen gehabt welche die Art und Weise, wie der Anklage⸗Antrag gegen die Re⸗ gierung auf die Tribüne gebracht worden war, voraussehen ließ. An demselben Abend versammelten sich die Männer des Berges und die demokratisch - sozialistischen Comité's, um die Proclama⸗

naparte

an das Volk zu verfassen, welche die

Partei⸗ Journale am Morgen veröffentlichten. Auch erschien eine Aufforderung, die National Garde zu einer großen Manifestation zusammenzurufen. Gegen Mittag begannen in der That die Zusammenrottungen auf dem Boulevard du Temple, dem bezeichneten Sammelplatz, sich zu bilden. Es entstand daraus, wie ungeachtet der heuchlerischen Frie densversicherungen zu erwarten war, ein verbrecherischer Aufstandsversuch. Aber die Regierung war un⸗— terrichtet und in der Lage, ihn zu unterdrücken. Die Mitglieder der gesetzgebenden Versammlung, welche keine Sitzung anberaumt hatte, wurden in ihren Wohnungen zusammenberufen. Sie erklärte sich in Permanenz. Ein Gesetz⸗ Entwurf, der Paris in Belagerunge⸗ Zustand erklärt, wurde vorgelegt, für dringend erkannt und ange— nommen. Unterdessen begab sich ein großer Theil der Mitglieder des Berges, ungefähr 50, von der Artillerie der Nationalgarde geleitet, nach der Gewerbeschule in der Rue St. Martin und versuchte dort, wie man sagt, sich als Konvent zu konstituiren. Der General Changarnier befeh⸗— ligte die Truppen, welche die Volkshaufen auf den Boulevards und in den angränzenden Straßen auseinandertrieben. In einigen Stadtvierteln, besonders in der Halle, hatte man den Versuch ge⸗

tionen und Aufrufe

macht, Barrikaden zu bauen. An der genannten Stelle wurde auch

ein Wagen des Präsidenten umgestürzt. Die Dragoner griffen eine Kolonne an, welche, wie es heißt, von Etienne Arago und Forestier eführt wurde, und zersprengten sie mit großer Energie. Die Voulevards, von der Porte St. Denis bis zum Konkordien⸗-Platz, wurden um 3 Uhr von den Truppen besetzt, und der Aufsstand beschränkte sich von da an nur noch auf die Vorstädte. General Cavaignac hat erklärt, man könne auf ihn zählen, und er werde mit seinem letzten Blutstropfen für die Ordnung einstehen. Auf Changarnier wurde in der Rue de la Lune ein Pistolenschuß ab- gefeuert, der ihn jedoch nicht traf. Die Vorstadt St. Germain ist nicht vom Militair bewacht; die zehnte Legion that ihren Dienst mit großem Eifer. Gegen den improvisirten Konvent in der Ge⸗ werbschule wurde das 24ste Linien-Regiment beordert. Pierre Bo⸗ begehrte das Kommando desselben. Die Truppen sind voll Enthusiasmus und rufen: Es lebe Changarnier! Um 8 Uhr Abends herrschte noch sehr greße Aufregung in Paris. Aber es war eine außerordentlich große Truppenmasse ent⸗ wickelt, die den trefflichsten Geist zeigte, und es unterlag keinem Zweifel, daß, wenn es zu blutigen Konflikten kommen sollte, den Gesetzen die gebührende Achtung würde verschafft werden. Um halb 8 Uhr kehrte einer unserer Berichterstatter von einer Wanderung durch die verschiedenen Stadtviertel von Paris zurück. Das An⸗ sehen der Stadt war durchaus ruhig. Die Truppen standen immer noch in ihren alten Stellungen.

Odilon Barrot's gestrige Erklärungen in der Kammer über die römischen Angelegenheiten lauteten im Wesentlichen: „Bei den Konferenzen von Gaeta hat Frankreich stets gegen die absolute Wiederherstellung des Papstes protestirt. Die Regierung konnte nur dreierlei Wege einschlagen: 1) sich für die römische Republik erklären, was Frankreich entehrt haben würde; 2) ganz neutral bleiben, ein Verfahren, wegen dessen man sie jetzt eben so heftig anschuldigen würde, oder 3) mit dem Frankreich eigenen liberalen Charakter interveniren, was sie, da ihr nichts Anderes übrig blieb, gethan hat. Wir haben stets erklärt, daß wir die römische Repu— blik nicht anerkennen, und diese Anerkennung ist auch nie beantragt worden. Wenn also die römische Republik zu fallen bestimmt war, fo blieb uns nichts übrig, als mit dem Frankreich eigenthümlichen liberalen Geiste zu interveniren. Ich erkläre, daß wir dies ge— than haben, ohne eine Verbindung mit den übrigen Mächten. Wir zeigten gleich den Charakter unserer Expedition in Civitavecchia, als wir die Fahne der Republik bestehen ließen und dem Kommissar des heiligen Stuhles die Aufnahme verweiger⸗ ten. Wir kamen weder für, noch gegen eine Regierung. Später begegneten wir dem Kriege. Unsere Soldaten, die ein General, voll von Vertrauen und beseelt von zu großer Tapfer— keit, nach Nom führte, wurden mit Flintenschüssen empfangen.“ Der Conseils-Präsident ging nun auf das Verhalten des Herrn von Lesseps ein. Odilon Barrot behauptet, daß Lesseps den zwei⸗ ten Vertrag (vom 31. Mai) ins Lager brachte, nachdem Oudinot bereits den Wiederbeginn der Feindseligkeiten in Rom angezeigt hatte. An jenem Vertrage tadelt der Minister hauptsächlich, daß Lesseps die Unterstützung der französischen Truppen zur Vertheidi⸗ gung des Gebiets der Republik zugesagt habe, was durchaus der von Frankreich in Gaeta angenommenen diplomatischen Stellung zuwider gewesen sei. Lesseps habe dadurch gegen seine Instructio= nen und gegen den Willen der National-Versammlung verstoßen. Um die Besetzung Roms durch die Oesterreicher und eine gewalt same, Revolution zu verhüten, habe Oudinot angreifen müssen. Der Minister erinnerte schließlich an die Verwerfung der französischen Dazwischenkunft durch die Sicilianer und Lombarden.

Paxis, 14. Juni, Nachmittag 4 Uhr. (Tel. Dep.) Paris ist im Belagerungs⸗-Zustande. Die Regierung hat die Befugniß erhalten, in denselben sämmtliche Städte des Landes zu versetzen. Viele Deputirte der Linken sind verhaftet. Die Artillerie der hiesigen Nationalgarde ist aufgelöst. Die Truppen sind vom besten Geiste beseelt. Die aufrührerischen Bewegungen scheinen unter- drückt zu sein. Jedenfalls ist die Regierung, wenn es noch zum Kampfe kommen sollte, des Sieges gewiß.

Graßbritanien und Irland. London, 13.

Im Oberhause richtete gestern Lord Beaumont ier , mn das Ministerium, welche Herr Hume am Tage vorher im Unter— hause vorbrachte. Der Präsident des Geheimen Rathes, Marquis don Lansdowne, gab auch dieselbe Antwort wie Lord Palmerslon. Die britische Regierung, sagte er, habe von der französischen die Mittheilung erhalten, daß diese die Absicht hege, eine Expedition nach Italien zu senden, und die Minister Ihrer Majestät hätten sich nicht verpflichtet gefühlt, hiergegen etwas einzuwenden; aber weder zur Zeit jener Mittheilung, noch später, habe die britische Regierung irgend einen Rath in dieser Sache angeboten, wohl aber habe sie Vorschläge gemacht in Bezug auf die Möglichkeit den Papst durch Unterhandlung wieder einzusetzen, und zwar unter Be⸗ dingungen, welche das römische Volk zufriedenstellen könnten. Graf Ellenborough hemerkte, England habe ein großes Interesse dabei, daß die Unabhängigkeit des Papstes aufrecht erhalten werde, und Lord Lansdowne erklärte schließlich, er werde wohl bald im Stande sein, dem Hause zu fagen, ob demselben die betreffenden Dolumente vorgelegt werden könnten. Hierauf crhielt die Schifffahrts Bill die dritte Lesung im Oberhause, ung wurde nachdem ein Zusatz-Amendement des Bischofs von Oxford, welches die Schiff? ven Rationen, die Sklavenhandel trieben, und alle fremden Schiffe, welche Ausfuhr-Ladungen von

olchen Natiönen an Bord hätten, von den Vortheilen der gegen=

wärtigen Bill ausschließen sollte, mit 23 gegen 9 Stimmen verwor=

fen worden war, definitiv angenommen. Im Unterhause .

Tobden's Antrag auf eine Adresse an die Königin, um Ihre 21.

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ö . / *. 4 1 un⸗ jestät zu ersuchen, mit den fremden Mächten über Sers n eln.

terhandeln, wonach in Zukunft alle internationalen