1849 / 326 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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„154 des Gesetz Entwurfs stellt Freudenthei

V 22 antrag: letz Nr. 4 die Worte hinzuzufügen „oder 4 uldigte durch neue, bislang in den Akten nicht

e E 2 2 den Ungrund des Anschuldigungsbewei⸗

s kann.“

ie, n, dr lee wee e gegen, daß die Kammer durch BVerbesserungs⸗ Anträge die Premul. gation des Gesetzes nicht aufhalten möge, diesen Antrag stellen zu müfsfen; allein die Abwendung der Gefahr, einen ichn, n Strafe verurtheilt zu sehen, ist ihm zu wichtig, als daß er die selbe auch nur für die Dauer eines Provisoriums bestehen lassen mag. Es sind ihm zu viele Fälle bekannt, wo Unschuldige durch Schwurgerichte verurtheilt worden sind, als daß er nicht dagegen eine sichernde Bestimmung in dem Gesetze, durch unbeschränkte Zu⸗ sassung des Beweises der Unschuld auch nach der Verurtheilung, aufgenommen zu sehen dringend wünschen muß. .

Es entspinnt sich hierauf eine längere und lebhafte Debatte, bei welcher, außer dem Antragsteller und dem Negierungs from missär Leonhardt, von Düring, Stüve, Gerding und Lang ll. sich betheiligen. Von der einen Seite wird mit dem Bedauern, daß der Antrag erst bei der dritten Berathung gestellt ist während viele andere wichtige Punkte, um die Verkündigung des Gesetzes nicht aufzuhalten, unbeachtet geblieben, wiederholt darauf hingewiesen, daß, wie die Geschichte anderer Länder, namentlich Frankreichs, gezeigt, die Zulassung eines Unschuldsbeweises nach gesprochenem Urtheile der Jury mit dem ganzen Institute der Geschwornengerichte als unvereinbar sich darstelle. Das lediglich auf einem münd⸗ lichen Verfahren beruhende und durch subjektive, auf augenblick⸗ lichen Eindrücken oft basirende Ueberzeugung hervorgerufene Urtheil der Geschwornen könne durch Wiederaufnahme des Verfah⸗ rens, bei welchem keine Akten existiren, nicht beseitigt werden, wenn man nicht das ganze Ansehen der Geschornen-Gerichte untergraben und das Institut überhaupt in Frage stellen wolle. Wenn die Möglichkeit der Verurtheilung eines Unschuldigen durch die Ge⸗— schwornen allerdings zugestanden werden müsse, so werde, abgesehen da⸗ von, daß die Fälle nur selten vorkommen und die meisten dafür angeführ⸗ ten Beispiele dem Gebiete des Romanes anheimfallen, eine große Beruhi⸗ gung darin gefunden werden können, daß durch die Gnade das wieder gut zu machen sei, was im Wege Rechtens gefehlt worden; denn die Regierung müsse und werde in solchen Fällen stets Be⸗ gnadigung des unschuldig Verurtheilten eintreten lassen. Diese und andere ausführlich für die Fassung des Gesetzentwurfes dargelegten Gründe vermögen die Vertheidiger der entgegenstehenden Ansicht jedoch uicht zu überzeugen, welche mit ihrem Rechtsgefühle die Möglichkeit der Verurtheilung eines Unschuldigen nicht vereinen zu können vermeinen und in der Zulässigkeit der Begnadigung nur ein schwaches und nicht ausrei⸗ chendes Schutzmittel gegen die große Gefahr erblicken wollen. Nach geschlossener Diskussion motivirten noch Windthorst, Weinha— gen und von Garßen ihr Votum gegen, Lang II. und Gerding für den Antrag, und wird derselbe sodann mit großer Mehrheit von der Kammer abgelehnt. Der Gesetz-Entwurf dagegen wird mit dem Antrage Kaulen's zum drittenmale im Einzelnen und Ganzen angenommen, so wie die zur Ausführung beantragte Geld— bewilligung wiederholt ausgesprochen.

Gleichfalls zum drittenmale angenommen wird hierauf der Gesetz⸗ Entwurf, die Bildung von Schwurgerichten be treffend, und zwar mit dem zum Eingange bei der zweiten Lesung von Schlüter gestellten Verbesserungs-Antrage. Auch bezüglich des von Garßenschen Ur⸗Antrages, die Erweiterung der gesetzlichen Bestimmungen wegen Allodification der Lehen betref fend, wiederholt die Kammer den bei der ersten Berathung gefaß ten Beschluß. Das auf der Tagesordnung folgende Regierungs⸗ Schreiben, den Eisenbahnbau und das Betriebs ⸗Material betref fend, wird auf Stüve's Antrag an eine gemeinschaftliche Kommis ston beider Kammern von je drei Mitgliedern zu verweisen beschlossen. ;

Nachdem hiernächst aus erster Kammer mitgetheilt, daß dort der Ur⸗Antrag Thiermann's wegen Amnestie verworfen und eine Konferenz von je zwei Mitgliedern jeder Kammer zur Aus gleichung der abweichenden Beschlüsse beliebt, auch der Eingang eines Ministerial-⸗Schreibens, das Offizier⸗Pensionswesen betreffend, vom Präsidium angekündigt worden, schreitet die Kammer zur Wahl der Finanz⸗Kommission.

Hannover, 24. Nov. (Hannoversche Zeitung.) In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer kam der in der Sitzung vom 16. November gestellte (in Nr. 319 des Staats Anz. mitgetheilte) Antrag von Lang: „Stände beschließen, an die Königliche Regierung über die schleswig⸗holsteinische Angelegenheit folgende Erklärung gelangen zu lassen: Stände sprechen das Ver trauen zu der Königlichen Regierung aus, daß sie während der Dauer des gegenwärkigen (sei es faktisch oder rechtlich bestehenden) Waffenstillstandes auf strenge Durchführung eines dem Rechte ent— sprechenden, dänische Uebergriffe zurückweisenden Verfahrens hinwir— ken und bei den Friedensverhandlungen dahin streben werde, die Rechte der Herzogthümer und die Ehre Deutschlands zu wahren. Sie werden, wenn zur Erreichung des Zweckes ihre Mitwirkung erforderlich werden sollte, diese auf Antrag der Königlichen Regie rung nicht versagen“, zur Berathung. Nach längerer, hauptsächlich zwischen dem Antragsteller und dem Minister Stüve geführten De— batte wurde der Antrag gegen 4 Stimmen von der Kammer zum Beschlusse erhoben. .

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 24. Nov. (Meckl. Ztg.) Hier ist folgender Großherzoglicher Erlaß veröffentlicht worden:

„Friedrich Franz ꝛc. In Folge des Gesetzes vom 10. 9Ok— lober d. J., betreffend die Aufhebung der landständischen Verfassung, haben Wir durch Unser Gesammt⸗Ministerium die bisherigen ritter schaftlichen Aushebungs-Bezirks Behörden, welche früher Auslosungs⸗ Behörden genannt wurden, zur Erklärung darüber auffordern lassen, ob sie Willens seien, ihre bisherigen Geschäfte zum Ressort des betreffenden Ministeriums fortzuführen. Die Mehrzahl derselben hat sich zwar der Fortführung der Geschäfte nicht geweigert, dage⸗ gen aber die Rechtgbeständigkeit der Verordnung vom 10. Oktober d. J. bestritten und die Erklärung abgegeben, daß sie Ramens der Ritterschaft fungiren werde. Diese Erklaͤrung ist gesetzwidrig, wes⸗ halb Wir verordnen, wie folgt: 1) die bisherigen rilterschaftlichen und Kloster-Aemter werden der ihnen bis dahin als Militair Aus— hebungsbehsrden obliegenden Geschäfte enthoben; 2) die wegen an

zerweltiger Fortführung rieser Geschtste ersorteilschen An? Fenn bleiben zur Zeit vorbehalten. ö ö. , 6 Unser Gesammt-Ministerium, Schwerln, am

Friedrich Franz. L. von Lützow. Stever. M. von Liebeherr. Meyer.“ Se. Königl. Hoheit der Großherzog hat am Zten d. M den Herrn Napoleon Alcindor Beaulieu zu Ludwigalust in feierlicher Audienz empfangen und aus dessen Händen ein Schreiben Sr. Majestaͤt des Königs der Belgier entgegengenommen, wodurch der⸗

halten mit Preußen treu und fest an dem Vertrag.

die Wittwen der Gefallenen, vorlegen werde. u : seau nimmt vom Platze aus das Wort, um Unterstützung für die Wittwen der Munizipalgardisten zu beanspruchen, welche die einzi⸗

in der der Präsident

nung gerufen zu werden.

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selbe in der Eigenschaft eines i, e. belgischen Minister⸗Residen⸗ ten an dem Großherzoglichen Hofe beglaubigt worden ist.

Oldenburg. Oldenburg, 23. Nov. (Wes. Ztg.) Die gestern kurz erwähnte Antwort des Staatsministers Schloifer auf die in Bezug auf die deutsche Frage von dem Landtage gestern gestellten beiden Anträge lautet folgendermaßen:

„Erlauben Sie mir, meine Herren, daß ich zuvörderst für die ehrende und lohnende Anerkennung unserer guten Absichten und unserer stets und in allen Verhältnissen nur auf das Wohl des Landes gerichteten Handlungs- weise unseren angelegentlichen Dank ausspreche.

„In Beziehung auf den heute verhandelten Gegenstand, den Anschluß an das Berliner Bündniß, lebt das Ministerium aus den mehrfach von

ihm dargelegten Gründen der festen und unveränderlichen Ueberzeugung von

der Nothwendigkeit des Beharrens auf dem betretenen Wege zur Verwirk⸗ lichung des deuischen Bundesstaates und zur Wahrnehmung und Sicherung unserer besonderen Landesinteressen.

„Die Regierungen von einigen zwanzig anderen deutschen Staaten, deren Volksvertretungen sich mit dem Bündniß einverstanden erklärt haben, Auch ihnen gegenüber ist die hiesige Staatsregierung daran gebunden; sie könnte nicht zurückgehen, ohne wortbrüchig zu werden. Daß zwei Königreiche das Bündniß ablehnen, zwei andere, die es mit hervorgerufen, die Aussetzung der Reichstagswahlen wollen, kann nach Ansicht des Ministeriums nichts daran ändern, auch eine Sistirung der bisherigen Theilnahme Oldenburgs nicht rechtfertigen.

„Ob überall und dann in welcher Zeit die deutsche Frage in der han— novherschen Ständeversammlung zur Erörterung kommen wird, läßt sich nicht

voraussehen.

„Würde die jetzige Volksvertretung am Ende die Politik der Regierung billigen, und sich gegen die Wahlen zum Neichstag erklären, wenn auch aus

verschiedenen Gründen, je nach dem Standpunkte der Parteien, so könnte doch das hiesige Ministerium auch dann die von ihm politisch richtig gä⸗

haltene Bahn nicht verlassen. Im anderen Fall wäre der allgemeine Land-

tag Oldenburgs mit seiner Zustimmung zu dem Bündniß nur vorange—

gangen. . . 9 w „Weßhalb die für Oldenburg mögliche Selbstständigkeit in seiner Po- litik aufgegeben und mittelbar die Beschlußnahme darüber an Hannover

übertragen werden sollte, vermag das Ministerinm nicht einzusehen. Olden⸗

burgs spezielle Interessen können nach seiner Ueberzeugung durch ein thätiges

Verharren im Bündniß nicht gefährdet werden.

„Dagegen würde durch weitere Zögerung die oldenburgische Regierung in

ihren Beziehungen zu den verbündeten Staaten, die für sie in aller Zeit und

besonders in der nächsten höchst wichtig ist, gestört, Mißtrauen in ihre Auf richtigkeit begründet, und eine genügende Vertretung der hiesigen Interessen, so wie eine Betheiligung Oldenburgs bei den Wahlen zum Volkshause un⸗ möglich gemacht. Das Staatsministerium möchte nicht die Verantwortlichkeit tragen, durch ein schwankendes und zurückziehendes Benehmen zuerst von allen einig gebliebenen Regierungen eine ihm antinational und partikulari— stisch scheinende Richtung vor ganz Deutschland eingeschlagen zu haben. „Wie das Ministerium die gegenwärtige Lage der Dinge in klarer und entschiedener Auffassung begreift, ist es unsähig, Sr. Königl. Hoheit dem Großherzog die Zustimmung zu einem weiteren Aufschub der Frage zu empfehlen. So sehr es bereit wäre, an der mühevollen und schwierigen Leitung unserer öffentlichen Angelegenheiten sich ferner zu betheiligen, wenn Fürst und Volk es fordern, so ist doch seine Stellung und Mitwiükung zu irgend entscheidenden Verhandlungen und Beschlüssen, sei es in inneren oder äußeren Angelegenheiten des Landes, von der Erklärung des allgemetnen Landtags über den Anschluß Oldenburgs an das berliner Bündniß abhängig. „Ich kann nicht umhin, diese bereits in dem Ausschuß des allgemeinen Landtags ausgesprochenen Erklärungen hier zu wiederholen und muß Namens des Staats⸗Ministeriums die geehrte Versammlung dringend ersuchen, über den in seinem Schreiben vom 6ten d. M. enthaltenen Antrag der Staats—⸗ Regierung ungesäumt und mit Aussetzung aller anderen Verathungen Be—

schluß fassen zu wollen oder doch sich damit einverstanden zu erklären, daß die Staats⸗Regierung in Bezug auf das berliner Bündniß und die daran sich

knüpfenden Verhaͤltnisse und Vollziehungs-⸗Maßregeln in bisheriger Weise fortfahre und handle.“

Sachsen⸗ Weimar. Weimar, 21. Nov. (D. A. 3.) Die Entschädigung der Patrimonial⸗-Richter hat unseren Landtag mehrere Sitzungen hindurch beschäftigt. Das Ministerium und der Aus⸗ schuß stimmten in dem Grundsatz überein, daß der Staat an sich nach positiven Rechtssätzen keine Verpflichtung zur Entschädigung habe, daß er jedoch aus Rücksichten der Billigkeit von derselben nicht freigesprochen werden könne. Der Landtag entschied sich auch im Allgemeinen für eine Entschädigung, jedoch unter folgenden Be— schränkungen: 1) Denjenigen Patrimonialgerichts-Beamten solle keine Entschädigung gegeben werden, welche nach ihrem Vertrage mit dem Gerichtsherrn für den Fall der Aufhebung der Patrimonialgerichts⸗ barkeit keine Vergütung beanspruchen können. 2) Bei den nach Publi— cation der Grundrechte Angestellten findet kein Anspruch auf Entschä digung statt. 3) Gerichtsverwalter, welche zugleich Advokaten sind, bekommen keine Entschädigung, wenn ihr Einkommen aus der Ge— richtshalterei nur ein Drittel ihres Gesammteinkommens beträgt. I) Diejenigen Patrimonialgerichts-Beamten, welche sich ausschließ— lich oder vorzugsweise mit Gerichts⸗-Verwaltungen beschäftigt haben, soll die Regierung durch eine Anstellung enktschädigen. Was die Höhe der Entschädigung betrifft, so wurden folgende Ansätze ange nommen: Wer sich nur mit Gerichtshaltereien beschäftigte, bekommt vier Fünftel seines Einkommens; wer dagegen daneben die Advo— katur trieb, mindestens zwei Fünftel. Dabei soll die Großherzog⸗ liche Staatsregierung, je nach dem Verhältniß, in welchem Jemand mehr oder weniger überwiegend Einkommen aus der Advo⸗ katur oder der Gerichtshalterei bat, die Entschädigung inner— halb zwei Fünfteln und vier Fünfteln des Einkommens be— stimmt.

Un sland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 2I. Nov. Die heutige Sitzung beginnt mit Annahme mehre⸗ rer Gesetz-Entwürfe von blos örtlichem Interesse. L. Faucher kündigt Fragen, bezüglich der Bank von Frankreich an, wozu die Freitags-Sitzung anberaumt wird. Auf Cremieux's Frage, was die Regierung für die Februar-Verwundeten zu thun gedenke, ent gegnet der Minister des Innern, daß er nächstens einen Gesetz Entwurf für die Verwundeten vom Februar und Juni, so wie für Segur d'Agues⸗

gen gewesen seien, die in jenen Tagen sich brav aufgeführt und ihre Pflicht gethan hätten. Diese Worte erregen (wie schon er⸗ wähnt) das Geschrei der Linken; ein entsetzlicher Tumult herrscht Versammlung; die Sitzung wird unterbrochen, und bemüht sich umsonst, die Ruhe herzustellen. Baune erscheint auf der Tribüne, um sich über einen an ihn gerichteten Ruf zur Ordnung zu erklären; er wirft dem Präsiden⸗ ken vor, daß er der General-Prokurator der Majorität und nicht der Präsident einer republikanischen Versammlung sei; er beschul⸗ digt Segur d'Aguesseau, der Trabant dieser Regierung der Ver— achtung zu sein. Die Rechte erhebt nun ihrerseits Lärm. Baune stellt den Präsidenten direkt zur Rede, der ihn von neuem zur Ord⸗ nung ruft. Alle Mitglieder der Linken erheben sich und verlangen, indem sie Vivats für die Republik ausbringen, ebenfalls zur Srd— Dreißig Mitglieder werden zur Ord⸗ nung gerufen; eine neue Unterbrechung, mit Geschrei und Fuß⸗

trampeln vermischt, macht eine Viertelstunde lang jede Debatte un⸗ möglich. Inmitten des Lärms wird Bertholon zur Ordnung gerufen; er springt auf die Tribüne und schreit; Diejenigen, welche verdienten, daß man sie zur Ordnung rufe, seien die royalistischen Aufwiegler, welche die Republik beschimpften und zum Bürgerkriege aufhetzten. Beifall auf der Linken und Ruf: „Nieder mit den Aufwieglern!“ Segur deAguesseau erhält das Wert und ertlärt, daß er in die Versammlung eingetreten sei mit der ehrlichen Absicht, unter Mitwirkung der rechtlichen Leute die Grün⸗ dung der Republik zu versuchen; er habe als guter Republikaner zu handeln geglaubt, und man verleumde ihn, wenn man ihm an— dere Absichten beimesse. In einer guten Republik dürfe es Ehren und Belohnungen nur für diejenigen geben, welche für die Gesetze gestorben seien. Lagrange besteigt die Tribüne und giebt, ob gleich der Präsident ihm bemerkt, daß er nicht das Wort habe, Herrn Segur d'Aguessean die Beschuldigung des Ver⸗ leumdens zurück. Der Präsident befragt die Versammlung, welche Lagrange das Wort nicht bewilligt. Dieser verläßt die Tri— büne protestirend, indem er dem Präsidenten zuruft, daß er sehr parteiisch sei. (Ja! Ja! der Linken. Die lebhafteste Aufregung folgt dieser langen Skandalscene, worauf die Be⸗ rathung des Vorschlages von Vatimesnil über die Natura sirung und den Aufenlhalt von Ausländern in Frankreich fort⸗ gesetzt und nach einigen Bemerkungen des Berichterstatters ange— nommen wird. Hierauf entwickelt Huguenin seinen Vorschlag, daß fortan das Einnahme⸗Kapitel des Budgets vor dem Ausgabe⸗ Kapitel berathen werden solle, damit endlich der entsetzlichen finan⸗ ziellen Unordnung ein Ende gemacht werde, welche den Staat zu Grunde richten müsse. Um 5 Uhr herrscht in der Versammlung noch gewaltige Aufregung. Das Gerücht verbreitet sich, daß meh⸗ rere Duelle, man spricht von nicht weniger als fünf, stattfinden würden. Zwei bezeichnet man als unvermeidlich, zwischen zwei Mit- gliedern des Berges nämlich und zwei Mitgliedern der Majorität; es heißt sogar, daß sie sich schon mit den Waffen gegenüberständen. Die Erwä⸗ gung des Hugueninschen Antrags, die Einnahmen vor den Ausgaben festzu⸗ stellen, wird abgelehnt. Dasselbe begegnet dem Vorschlage eines Mitgliedes des Berges zur Abschaffung des Artikels 474 des Strafgesetzbuchs, Polizei⸗Vergehen betreffend. Ueber die Erwägung des Didierschen Vorschlages zur Ernennung eines Ausschusses durch die National Versammlung, um die Algerien versprochenen Gesetze auszuarbeiten, entsteht eine längere Debatte, an der Piscatory, Henry Didier und. der Minister des Innern Theil nehmen. Piscatory spielt auf die Schweigsamkeit des Ministeriums bei der neulichen Diskussion über die für den Vice-Präsidenten der Republik verlangten Woh— nungskosten im Vorbeigehen an, worauf F. Barrot entgegnet, es habe der National-Versammlung zugestanden, die Würde des zwei ten Beamten der Republik zu wahren, die übrigens vorzugsweise nur von der Linken angegriffen worden sei. Die weitere Diskus⸗— sion wird auf morgen verschoben.

Sitzung vom 22. Nov. Beim Beginne der heutigen Sitzung interpellirt (wie bereits erwähnt) Pierre Bonapaxrte den Kriegs— Minister über seine Absetzung von dem Grade als Major unter der Eigenschaft als Ausländer in der Fremdenlegion. „Bürger, Volks⸗ vertreter!“ fängt er an mit einem stark italienischen Accent, mit tiefem Unwillen mache ich Ihnen Anzeige von einem Eingriff in die Unabhängigkeit eines Mitgliedes der gesetzgebenden Gewalt, das nicht gegen seinen Willen von dem Heiligthume zurückgehalten werden kann, wo sein Mandat sich erfüllt. Ich werde zur War⸗ nung einer Gewalt, die nur zu vergeßlich ist in Bezug auf den großen Charakter, womit die Repräsentanten des Volks bekleidet ind, eine motivirte Tagesordnung vorschlagen. Unsere republikani schen Institutionen, denen ich (zum Berge gewendet) mit Leib und Seele ergeben bin, laufen ernsthafte Gefahr. (Lebhaftes Auf⸗ sehen. Die Minister und Vertrauten meines Vetters, des Präsiden ten der Republik, gegen den ich meine Gesinnungen der Freundschaft und Dankbarkeit nicht verleugne, sind es, denen ich mißtraue. (Wi derspruch rechts) Wenn Sie es wollen, so werde ich denjenigen nennen, der vorzugsweise “(Nein, nein! rechts. Nennen Sie ihn! auf der Linken. Pierre Bonaparte, ohne einen Namen zu nennen, geht hierauf zur Erzählung der bekannten Thatsachen über, die seine Absetzung motivirten, wozu er aber noch hinzufügt, daß er mit dem Präsidenten der Republik und dem Kriegs⸗Minister über eingekommen gewesen, daß er zurückkehren werde, sobald er es für passend hielte: „Nicht wegen des Verlustes meiner Stelle als Ma jor in der Fremdenlegion unter der Eigenschast als Ausländer, aus der ich mir nichts mache, sondern um gegen die Verletzung der Un— abhängigkeit meines Mandats als Volksvertreter zu protestiren, werde ich der National⸗Versammlung am Ende der Diskussion eine motivirte Tagesordnung vorschlagen.“ Der Kriegs-Minister d' Hautpoulstellt den Satz auf, daß ein Volksvertreter, der einen Auftrag von der Regierung annimmt, während der Dauer desselben aufhöre, Repräsentant zu sein, weil ja sonst niemals die Regierung wagen könne, einem Volks⸗Vertre ter eine wichtige Sendung anzuvertrauen. Die Sendung P. Bo⸗ naparte's nach dem Kriegsschauplatze in Algerien mit einem mili— tairischen Kemmankdo sei überdies eine Begünstigung für denselben gewesen, uͤm die er selbst gebeten habe; denn das Lager vor der Zaatscha sei für einen Bonaparte der Platz gewesen, sich auszuzeich— nen. Statt nach dem verunglückten Unternehmen, wobei P. Bo— naparte 100 Mann befehligt und einen Araber, mit dem er hand- gemein geworden, eigenhändig getödtet habe, einem Unternehmen, dessen militairischer Werth hier nicht beleuchtet werden könne, die Verstärkungen, welche er abholen sollte und unterweges schon in Philippeville antraf, persönlich zurückzuführen und Tages darauf mit an dem Sturme auf Zaatscha Theil zu nehmen, habe er sich gegen den ausdrücklichen Befehl des Generals Herbillon nicht nach Algier begeben, sondern plötzlich nach Frankreich eingeschifft. Wenn P. Bonaparte sich vom Kriegsschauplatz entfernt hätte, ohne wenigstens diesen Befehl zu haben, so würde die Regierung ihn haben grretiren und nach Konstantine vor das Kriegsgericht brin= gen lassen. (Sensation. Lebhafter Beifall auf der Rechten,) Was der Redner über die Minister und die Umgebung des Präsidenten der Republik gesagt habe, sei falsch. Der Präsident habe keine an deren Rathgeber, als seine Minister, und diese seien entschlossen, Hand in Hand mit der Majorität der National-Versammlung zu gehen, und durch deren Vota sich leiten zu lassen. (Lebhafter Bei. fall auf den Bänken der ganzen Majorität.,) P. Bonaparte über— reicht nach wenigen Worten zur Entgegnung seine motivirte Tages⸗ Ordnung, worin die Unabhängigkeit der Volksvertreter selbst bei besonderen Missionen aufrecht erhalten werden soll. Bei der Ab⸗ stimmung erhebt sich kein einziges Mitglied dafür, die gesammte Majorität und selbst ein Theil des Berges dagegen, dessen anderer Theil sich der Abstimmung enthält. P., Bonaparte verläßt ruhig die Sitzung, ie einen Augenblick unter⸗ brochen wird. Thouret will, hierauf im Namen der Linken eine Motion wegen des gestrigen, als parteilich bezeichneten Benehmens des Präsidenten Dupin anbringen, wird aber durch den Vorsitzenden wegen Formfehlers daran verhindert, was große Unzu⸗ friedenheit des Berges erregt. Thou ret überreicht jetzt seine Mo⸗ lion in Form eines Vorschlages, wonach die Versammlung erklären

soll, daß der Präsident Dupin gestern gegen seine Pflichten gefehlt habe. Der Vorsitzende Baroche beeilt sich, troßz des heftigen Widerspruches der Linken, denselben durch die vorläufige Frage be⸗ seitigen zu lassen, was mit kompakter Majorität geschieht. Nichts—⸗ destoweniger verlangt Charras ein neues Votum, damit der Vor⸗ schlag den gewöhnlichen Weg gehe. Eine heftige Debatte entspinnt sich über die Frage, ob die vorläufige Frage hier der Geschäfts—⸗ Ordnung gemäß sei. Die Majorität beharrt bei ihrer Entscheidung. Nach einigen Verhandlungen ohne Interesse wird die Sitzung ge⸗ schlossen.

Paris, 21. Nov. Mit Belgien ist ein Schifffahrts⸗Vertrag abgeschlossen worden. Er soll der Art sein, daß er die direkte Schifffahrt zwischen beiden Ländern erleichtert; die Gegenseitigkeit ist die Grundlage aller seiner Bestimmungen. Man versichert, daß dies nur der erste Schritt zu einem Zollvereine sein solle, dessen Idee schon vor w bis 5 Jahren zu Paris und Brüssel lebhaft an⸗ geregt wurde.

Die Initiativ- Kommission ist mit Prüfung eines Vorschlages von Charras beauftragt, wonach die sogenannten Kron-Diamanten verkauft werden sollen, deren Werth angeblich auf 20,900, 000 Fr. veranschlagt ist.

General Grammont hat einen Vorschlag eingereicht, welcher die Bestrafung der Thierquäler bezweckt. U

Ein heute angeschlagener Erlaß des Polizei-Präfekten verfügt, daß in Zukunft kein Sing-Kaffeehaus ohne vorgängige Erlaubniß eröffnet werden darf. Alle früher ertheilten Ermächtigungen müssen binnen drei Monaten erneuert werden.

Der Repräsentanten-Verein vom Berge hat mehrere Sitzungen gehalten, wo die Frage der bevorstehenden Ersatzwahlen berathen wurde. Die Majorität beschloß, sich fern zu halten und keinen Kandidaten zu patronisiren; sie behielt sich sedoch das Recht vor, die Grundsätze zu verkünden, auf welche hin die Wahlen geschehen sollten.

Louis Bonaparte hat vor zwei Tagen der Kommission des öf— fentlichen Beistandes einen Gesetzentwurf in Bezug auf die Unter— stützungs- und Pensionskassen für die Arbeiter Übergeben. Die Mitglieder der Kommission beobachten bis jetzt über denselben völ⸗— liges Schweigen; das Evenement versichert, zu wissen, daß den industriellen und landwirthschaftlichen Arbeitern die Zinsen der von ihnen eingezahlten Gelder garantirt, und daß sie ermächtigt werden sollen, dieselben zu jeder Zeit zurückzunehmen. Jeder Arbeiter, der sieben Jahre in der nämlichen Fabrik, Werkstatt 3c. ununterbrochen gearbeitet hat, soll von der Regierung als Prämie 59 Fr. erhalten. Andere Theile des Entwurfs sichern den Arbeitern noch weitere Vortheile.

Nach dem Courrier frangais hat die Regierung beschlos= sen, den jetzigen General-Gouverneur von Algerien zu ersetzen; man kennt aber weder die Ursache dieses Beschlusses, noch den Nachfol—⸗ ger des Generals Charton. .

Bei dem neulichen Besuche eines Ex-Pairs zu Claremont kam, wie erzählt wird, das Gespräch auf Louis Bonaparte's Beneh— men seit seiner Wahl. Ludwig Philipp ließ seinen Verdiensten um die Sache der Ordnung gerechte Anerkennung widerfahren und setzte dann mit Lächeln hinzu: „Man hat mir vielfach vorgeworfen, daß ich zu viel gesprochen hätte; wie es mir scheint, so sollte er sich hüten, zu viel zu schreiben.“ .

Viele Journale enthalten sich jeder Bemerkung über die Ent— lassung Pierre Bonaparte's; von denen jedoch, welche darüber spre⸗ chen, und darunter auch von den demokratisch-sozialistischen Blät⸗ tern, wird die Maßregel durchgängig gebilligt. Der Rational nennt sie gesetzlich und, was mehr sei, nothwendig im Interesse der Disziplin des Heeres, setzt aber hinzu, der Kriegs-Mi⸗ nister würde seine Pflicht noch besser erfullt haben, wenn er ihn nicht blos vom Kommando entfernt, sondern ihn auch vor ein Kriegs— gericht gestellt hätte, vor welches er gehöre, gleichviel ob er zur Fremdenlegion gehöre oder nicht. Nach dem Evenement soll P. Bonaparte selbst verlangen, daß man ihn vor ein Kriegsgericht stelle. Bereits hat auch General Grammont dem Präsidenten der National-Versammlung einen Vorschlag überreicht, welcher offenbar auf diese Angelegenhelt Bezug hat. Derselbe lautet: „Art. J. Die Offiziere und Soldaten, welche zu den Fremdenlegionen im Dienste Frankreichs gehören, sollen in Bezug auf Disziplin und Beförde— rung den Gesetzen, welche für die französische Armee bestehen, un— terworfen sein. Art. 2. Die gegenwärtig in der Eigenschaft als Ausländer dienenden Offiziere sollen auf der Stelle durch franzö⸗ sische Offiziere ersetzt werden, wenn sie nicht erklären, daß sie sich allen in Kraft bestehenden Gesetzen unterwerfen. Art. 3. Von Bekanntmachung des gegenwärtigen Gesetzes an werden keine Offi— ziere in der Eigenschaft als Ausländer in die französische Armee aufgenemmen.“

Gestern und vorgestern Abend waren heftige Plakate gegen die Getränksteuer an den Straßenecken angeschlagen; die Polizei ließ sie jedoch sogleich abreißen. Die Estafette meint, es sei von Wichtigkeit, daß die National-Versammlung diese bedenkliche Frage möglichst bald entscheide.

Der Toulonnais meldet, daß nach einem Schreiben aus Gibraltar vom 5ien die Fregatte „Pomone“ mit dem französischen Geschäftsträger in Marokko an Bord von Mogador dort angelangt

war, dem bald ein anderes Schiff von Tanger her folgte, welches

den für jetzt mit Vertretung der französischen Interessen beauftrag— ten neapolitanischen Konsul brachte. Man versicherte, daß Frank⸗ reich alle Genugthuung, die es zu fordern berechtigt war, erhalten und daß man die Fregatte bei der Abfahrt von Mogador mit 21 Kanonenschüssen salutirt hatte. ie Behörden zu Tanger sollen Weisungen zur Erledigung aller Differenzen empfangen haben, und man betrachtete zu Gibraltar die Streitsache als abgethan.

Paris, 22. Nov. Der gestrige skandalöse Auftritt in der National⸗Ver sammlung wird heute überall besprochen. Die Pa trie sagt: „Nach dem tumultuarischen Vorfalle, der den Anfang der Sitzung bezeichnete, war nur von zwischen mehreren Mitglie dern der Majorität und des Berges ausgewechselten Duellforderun gen die Rede. Man versicherte sogar, daß bei Wiederaufnahme der Sitzung vier Repräsentanten, von ihren Zeugen begleitet, sich un verzüglich an den zum Kampfplatz ausersehenen Ort begeben hät⸗ ten. Der Prokurator der Republik, Foucher, begab sich sogleich nach dem Palaste der Versammlung, um die Mittel zur Verhütung jedes Unglücks anzurathen. Indem' wir dies schreiben, können wir nicht umhin, peinliche Betrachtungen anzustellen über die beklagenswerthe Nei⸗ gung, die Erörterungen der Tribüne in persönlichen Hader ausarten zu machen, welche sich eines Theils der Verfammlung bemächtigt zu haben scheint. Das Land wird den schmerzlichen Eindruck hiervon nach—⸗ empfinden, und was die Freiheit angeht, so kann sie nur verlieren durch diese Auftritte der Gewaltthätigkeit, welche an die schlimmsten Tage unserer Geschichte erinnern und' welche die Civilisation zurück⸗ weist.“ Das Evenement meldet, daß in Folge des gestrigen Skandals einerseits zwischen Segur d'Aguessean und Bertholon, andererseits zwischen Brives und Berard Herausforderungen ergan⸗ gen seien. Von einem bereits stattgehabten Duell weiß man bis setzt

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nichts Sicheres, und man zweifelt vielfach, daß es dazu kommen werde, da sofort Vermittelungs Versuche gemacht worden sein sollen. Was Pierre Bonaparte angeht, so soll er nicht blos dem Haupt⸗Redacteur des Temps, Durrien, sondern auch den Redacteurs zweier an⸗ deren Journale Herausforderungen zugeschickt haben; ob sie ange⸗ nommen oder, wie angeblich von Seiten Durrieu's, abgelehnt wur—⸗ den, ist noch unbekannt.

Die Presse sagt, die neuen Ernennungen von Präfekten, welche der Moniteur enthalte, hätten weniger Bedeutung durch die darin aufgeführten neuen Namen, als durch die vierzehn Ab setzungen, welche unter der offiziösen Formel der Berufung zu an⸗ deren Functionen versteckt seien. Vier der neuen Präfekten bekleide⸗ ten diesen Posten schon unter Ludwig Philipp. Der neue Präfekt des Nord-⸗Departements ist Herr Vaisse, der sich vor wenigen Ta— gen auf kurze Zeit schon als Minister des Innern betrachten konnte.

In der National⸗Versammlung wurde gestern der Text eines

Gesetz, Entwurfs vertheilt, welcher die Advokaten der Patenssteuer unterwirft. Die Darlegung der Motive hat der Finanz-Minister verfaßt. Victor Hugo war als Mitglied des bonapartistischen Reprä— sentanten⸗-Vereins genannt worden. Das Evenement erklärt, daß bis jetzt V. Hugo noch keinem Repräsentanten-Vereine beige⸗ treten sei.

Man spricht seit Kurzem von einer Annäherung zwischen dem Präsidenten der Republik und E. von Girardin; gewiß ist, daß die Polemik des letzteren sich in den letzten Tagen wesentlich geän— dert hat.

Die Einstellung der Bauthätigkeit an den Arbeiterwohnungen lenkt von neuem die Aufmerksamkeit des Publikums auf die Geld— verlegenheiten hin, welche das Elysée beunruhigen und nach dem Ausdrucke eines dem Präsidenten ergebenen Blattes diesem eine Stellung bereiten, wobei die Würde der Nation leiden könne.

Die demokratische Propaganda hat gestern eine sogenannte Bot— schaft des französischen Volkes an L. Bonaparte verbreiten lassen, worin unter Anderem gesagt wird: „Ich (das Volk) habe mir nur zwei oberste Rechte vorbehalten, erstens meine Verfassung über die Gesetze hinaus aufrecht zu halten, und zweitens, wenn gewisse Ge— setze mir nicht gefallen, andere Deputirte zu senden, um sie aufzu⸗ heben und neue zu machen.“

Pierre Bonaparte hat unterm 19ten ein Schreiben an den Kriegsminister gerichtet, worin er sein Verhalten zu rechtfertigen sucht. Er behauptet, daß er seinen Posten in der Fremdenlegion schon wiederholt habe niederlegen wollen und ihn nur auf dringen— des Begehren des Präsidenten bisher bekleidet habe. Mit seiner Entlassung, die er blos deshalb nicht gleich am 17ten nach seiner Rückkehr eingereicht habe, um keinen Skandal zu machen, sei er an und für sich ganz zufrieden, denn sie bringe ihn aus einer unge— regelten und ihm nicht zusagenden Stellung, die er unter keiner Bedingung länger beibehalten hätte. Was nun das Dekret des Präsidenten angehe, so sei es nicht wahr, daß ihm auf sein Verlan gen eine Mission in Algerien übertragen worden sei; nur auf drin⸗ gendes Ersuchen des Präsidenten habe er sie angenommen. Es sei ferner unwahr, daß er sich zur Erfüllung eines Dienstes verpflichtet habe, dessen Dauer die Regierung festzusetzen hatte. Seine Mis⸗ sion, die nach dem organischen Wahlgesetze in keinem Falle über sechs Monate dauern konnte, sei vorübergehend, unbestimmt, mit keinem Gehalt verknüpft und von seinem Willen abhängig gewesen. Andererseits habe ihn sein Grad als Bataillonschef in der Eigen⸗ schaft eines Ausländers offenbar nicht seines Charakters als Mit⸗

glied der gesetzgebenden Gewalt beraubt, und er sei, was auch der

Präsident davon sagen möge, dessen Dekrete, Gott sei Dank, keine Gesetze wären, völlig befugt gewesen, ohne Jemandes Erlaubniß auf seinen wichtigsten Posten, den in der National⸗Versammlung, zurückzukehren und allein über den angemessenen Zeitpunkt seiner Rückkehr zu urtheilen. Uebrigens sei der Zweck des ihm vom Ge neral Herbillon gegebenen Auftrages in dem Augenblicke erfüllt ge wesen, wo die Verstärkungen, die derselbe erwartete und die er auf dem Marsche antraf, gesichert waren. P. Bonaparte soll bei der Nachricht von seiner Absetzung ausgerufen haben: „Mein Vetter hat mich geopfert, ich werde daran denken.“ Man erinnert sich, daß gerade Pierre Bonaparte es war, der seine Familien⸗Anhänglichkeit an den Präsidenten bis zum Fanatismus trieb und einen Mon⸗ tagnard ohrfeigte, weil dieser eine beleidigende Aeußerung über denselben sich erlaubte. Andererseits soll Louis Bonaparte geäußert haben: „Etwas habe ich wenigstens mit meinem Onkel gemein; ich habe Verwandte, die mich geniren.“

Die Voix du Peuple behauptet in Entgegnung auf die Er— klärung im Moniteur, wonach Louis Bonaparte befürwortend zu Gunsten der polnischen Flüchtlinge eingeschritten wäre, daß in der letzten Zeit etwa 100 Polen, zum Theil ansässig und Familien⸗ väter, aus Paris ausgewiesen worden seien.

Der Courrier frangais, der in enger Beziehung zu Thiers steht, spricht von beunruhigenden Nachrichten aus St. Petersburg, wonach Rußland in Felge der drohenden Haltung Englands weit minder friedfertig gegen die Pforte gestimmt sei; er setzt hinzu: „Die Folgen dieses plötzlichen Wechsels können um so ernster wer den, da der an unsere Flotte abgeschickte Befehl zur Rückkehr an geblich in Toulon zurückgehalten worden ist, wo sich der Ueberbrin— ger des ministeriellen Schreibens an Admiral Parseval noch jetzt befinden soll.“

Die Bauten an der großen Arbeiter-Kaserne in der Straße Rochechouart sind seit einigen Tagen eingestellt, und zwar, wie die Reforme sagt, aus Mangel an Geld. Louis Bonaparte, der für 50,000 Fr. Actien gezeichnet hat, soll seine Zahlung nicht geleistet haben und dies den anderen Unterzeichnern zum Vorwande dienen, ebenfalls mit der Zahlung zurückzuhalten.

Die Majorität der National-Versammlung ist ernstlich darauf bedacht, dem allgemeinen Stimmrechte eine neue Organisation in mehr konservativem Sinne, insbesondere durch Abstimmung nach Gemeinden, zu geben, und ein Mitglied der Rechten hat schon ei— nen Vorschlag in diesem Sinne der National-Versammlung einge reicht, den der Verein vom Staatsrathe unterstützen will.

Der Präsident der Republik soll über die Anwesenheit mehre⸗ rer Häupter der Majorität der National⸗Versammlung bei der er sten Abendgesellschaft der Fürstin Lieven sehr unzufrieden sein, und besonders die Gegenwart Changarnier's, dessen zuvorkommendes Benehmen gegen Guizot allgemein bemerkt wurde, übelgenommen haben. Ein Abendblatt giebt zu verstehen, daß die Polizei das Ho tel Guizot's und das der Fürstin Lieven streng überwachen lasse, da Letztere durch Lord Palmerston aus London unter der Hand aus gewiesen worden sei, weil sie den Mittelpunkt von Besprechungen in London, namentlich in Bezug auf die ungarische und die russisch türkische Angelegenheit gebildet habe, wovon Lord Palmerston sogar die französische Regierung in Kenntniß gesetzt hätte.

In den Departements enden fast alle Prozesse, die auf die Juni-Ereignisse Bezug haben, mit Freisprechung. In Bordeaux ist ein dortiges demokratisches Organ, das der Aufreizung zum Auf. stande und zum Hasse gegen die Regierung zweifach angeklagt war, von der Jury freigesprochen worden.

Aus Algesiras wird unterm 10. November berichtet, daß in

Folge der von Marokko gegebenen Genugthuung die Fregatte

„Pomone“ die französischen Konsuln wieder nach Tanger und Mo⸗ gador zurückgebracht habe.

Die Repräsentanten vom Berge haben eine Protestation ver⸗ öffentlicht, worin sie, nach Anführung der Worte Segur d' Aguesseau's in der gestrigen Sitzung, Folgendes erklären: „Diese Worte bil⸗ den eine öffentliche, von der Höhe der National⸗Tribüne, im Bet⸗- sein der Volks⸗Repräsentanten ver Februar⸗Revolution und der durch sie gegründeten Republik ins Gesicht geschleuderte Beschim⸗ pfung. Biese Beschimpfung mußte durch eine rasche und auffällige Rüge von Seiten des allein mit der Polizei der Versammlung be⸗ auftragten Prästdenten wieder gutgemacht werden. Nichts vdesto⸗ weniger hat, trotz unseres dringenden Begehrens nach dem Rufe zur Srdnung, der ' Präsident sich hartnäckig geweigert, denselben aus⸗ zusprechen. Noch mehr, er hat, nachdem er einem unserer Kolle⸗ gen, der auf die Tribüne gestiegen war, um die der Re⸗ publik angethane Beschimpfung zu rächen, das Wort ge— nommen hatte, den traurigen Muth gehabt, ihn zur Ordnung zu rufen und sogar die Censur über ihn auszusprechen. Die Minister, von Herrn Segur d'Aguesseau interpellirt, haben gegen ihre erste Pflicht gefehlt, indem sie nicht im Namen der Republik gegen die Beschimpfung derer protestirten, welche dieselbe durch ihre elden⸗ müthige Aufopferung gründeten. Die Unterzeichneten sind es sich selbst und dem Volké, das ihnen den ruhmvollen Auftrag ertheilt hat, die Republik zu vertheidigen, schuldig, hier öffentlich gegen die Worte des Herrn Segur d'Äguesseau, gegen die Weigerung des Präsidenten, den Redner zur Ordnung zu rufen, und gegen das Schweigen der Minister zu protestiren, wie sie in der Versammlung mit dem Ruf: Es lebe die Republik! protestirt haben.“

Odilon Barrot, noch immer leidend, wird wahrscheinlich den Winter in Italien zubringen.

Paris, 23. Nov. Die Kommisston, die mit Prüfung des Gesetzentwurfs für Einrichtung von Arbeiter⸗-Hülfs⸗ und Penstons- Kassen beauftragt war, welchen Louis Bonaparte durch den Han= dels Minister den Hülfs-Kommissionen hatte überweisen lassen und der größtentheils sein eigenes Werk sein soll, hat die Entscheidung gefällt, daß das Prinzip des Gesetzentwurfes nicht zulässig sei, und daß sie es dem Ministerium überlassen müsse, denselben unter seiner ausschließlichen Verantwortlichkeit der National-Versammlung vor⸗ zulegen. Das wegen seiner sozialistischen Färbung beanstandete Prin⸗ zip besteht, wie man hört, in dem Beitrage des Staates zum Grün⸗ dungs-Kapital und in der von ihm zu übernehmenden Bürgschaft für Verzinsung der eingelegten Arbeitergelder mit 5 pCt. Nach dem Regierungs-Entwurfe koͤnnte sogar in gewissen Fällen ein erst 55 Jahre alter Arbeiter eine Pension von 1200 Franken beziehen.

Der zur Unterstützung der persönlichen Politik Louis Bona⸗ parte's gebildete Repräsentanten-Verein vom Palaste der schsnen Künste kann mit seinem Programm nicht fertig werden. In der letzten Sitzung wurde ein Entwurf verlesen, worin es hieß, der Zweck des Vereins sei, die Ideen und Absichten, welche der Wahl vom 10. Dezember zum Grunde gelegen hätten, auf die Dauer hinaus fortzuführen. Ein Anwesender wollte den Sinn dieser Ausdrücke näher erläutert wissen, was zu einer verworrenen Er⸗ örterung und dem Beschlusse führte, daß ein neues Programm entworfen werden solle. Vier oder fünf angebliche Mitglieder des Vereins lassen in den Journalen erklären, daß sie demselben fremd seien.

Der ehemalige Pair, Marquis von Boissy, tritt im Cher⸗ Departement als Kandidat für die National⸗Versammlung auf.

Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Artillerie⸗ General Lahitte, hat den Artillerie⸗Oberst⸗Lieutenant Soleille zum Kabinetschef seines Departements ernannt. Wie es heißt, sollen auch mehrere Gesandtschafts und Konsulatsposten, im Andenken an die napoleonische Zeit, mit Militairs besetzt werden.

Das Journal L' Ordre spricht von einer plötzlichen Wendung, die bezüglich der türkischen Angelegenheit in der Politik der fran⸗ zösischen Regierung eingetreten sei. Da das Ministerium, ohne England vorgängige Anzeige zu machen, die französische Flotte zu⸗ rückgerufen, so solle Lord Normanby seine Verwunderung über dieses Verfahren in sehr lebhaften Ausdrücken kundgegeben haben und das bisherige einige Einvernehmen zwischen der britischen Gesandtschaft und dem Elysee bedeutend erschüttert worden sein. Das genannte Blatt setzt jedoch hinzu, daß es die obige Nachricht nicht zu verbür⸗ gen wage. Nach Berichten aus Malta vom 13. November im Courrier de Marseille wäre übrigens dem Admiral Parker, der sich mit der englischen Flotte am Eingange der Dardanellen befand, ebenfalls der Befehl zur Rückkehr nach Malta zugeschickt worden.

Gestern früh fanden im Gehölz von Boulogne aus Anlaß des vorgestrigen Skandals zwei Pistolen-Duelle statt; das eine zwischen Briwes und Berard, das andere zwischen Segur d'Aguesseau und Bertholon; beide liefen ohne Verwundung ab, da die Sekundanten nach Auswechselung eines fruchtlosen Schusses von jeder Seite die Forderungen der Ehre für befriedigt erklärten. Vorgestern Abend waren übrigens fünf Duelle beschlossen; es ist also möglich, daß noch weitere Zweikämpfe folgen. Das Duell zwischen Pierre Bonaparte und dem Redakteur des Corsaire, Herrn von Rovigo, soll aufgehoben sein. Galigeani's Messenger sagt: „Mehrere hiesige Blätter geben in ihren Leitspalten blos eine Zusammenstellung dessen, was vorgestern in der National⸗Versamm⸗ lung vorfiel. Dies war auch vielleicht das beste einzuschlagende Verfahren; denn was kann darüber gesagt werden, das nicht sofort jedem Leser der Sitzungsberichte, der auch nur die mindeste Achtung vor dem Charakter des Landes in sich trägt, von selbst einleuchten muß? Wer hegt nicht, seine Politik sei auch, welche sie wolle, die Ueberzeugung, daß, wenn solche Auftritte, wie die kürzlich in der National⸗PVersammlung vorgekommenen, sich wiederholen, der gesetz⸗ gebende Körper durch sein Versinken in Leidenschaftlichkeit sich zu jeder ernsten Diskusston unfähig machen und aufhören wird, die Achtung ir⸗ gend eines Theiles der Nation zu genießen? Jene Organe der Masori⸗ tät, welche über den vorgestrigen Vorfall sich irgendwie äußern, tadeln, obgleich sie den ungeziemenden Ausdruck zu bedauern schei⸗ nen, welcher den Lärm hervorrief, in stärkster Weise die Wuth des Berges und seine Weigerung, auf irgend etwas zu hören, das zur Erläuterung vorgebracht wurde. Eines derselben fragt, ob denn, selbst angenommen, daß Segur d'Aguesseau vollkommen Unrecht hatte, die Worte des Einzelnen eine Beschimpfung der Majorität der Versammlung und eine beleidigende Mißachtung der Autorität ihres Präsidenten rechtfertigen könnten? Die demokratisch - sozia⸗ listischen Journale geben große Entrüstung gegen die Majorität, das Ministerium und den Präsidenten kund; da ihre Gefühle aber in dem Proteste des Berges vollständig zusammengefaßt sind, so erachten wir Auszüge aus ihren Artikeln wicht für nöthig.

Nach dem Journal de 1 Ain macht die sozialistische Pro— paganda mit dem Kolportiren ihrer Schriften und Almanache auf dem Lande nur wenig Glück, indem alle Bauern, die nur das Mindeste zu verlieren haben, von dem Soclalismus nichts k 36 wollen, so daß die Colporteure an ihrer ,,, u keren Gegner haben, als an der Wachsamkeit der en n.

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