1849 / 336 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

gegen 1 ü .

ĩ daß unter seinem inisterium keine ersetzun⸗ 5 n = * politischen Gründen vorgekommen seien, wie dies auch Lerchenfeld von dem seinigen behaup⸗ let habe. Prinz verwahrt sich vor dem Vorwurf, als sei sein Referat eine Anklage. Es wird nunmehr zur Ab⸗ srimmung über Art. 4 übergegangen. Die Modisteation Reinhard's wird verworfen und der Regierungsentwurf angenommen. Die zweite Modification hatte Reinhard zurückgezogen, um sie zu Art. zu stellen. Zu Art. 5 bringen Arnheim und Lerchenfeld Modifica⸗ ionen ein; die weitere Berathung wird jedoch auf Nachmittags 5 Uhr vertagt. .

In ihrer Abendsitzung vom 1. Dezember hat die Kammer der Abgeordneten die noch übrigen Artikel des Amnestiegesetzes durch⸗ berathen und angenommen. Art. 5 erhielt folgende Jassung: In der durch Art. ertheilten Amnestie sind nicht begriffen: 1) Die Anstifter und Vorstände einer als Staatsverrath ersten und zweiten Grades (Art. 300 und 302 Th. J. des St. G. B. vom Jahre 1813) strafbaren Verschwörung oder Verbindung. 2) Diejenigen, welche mündlich in einer öffentlich versammelten Volksmenge oder durch Verbreitung schriftlicher, gedruckter oder ungedruckter Aufsätze un⸗ mittelbar (direkt) zum Umsturze der Staatsverfassung mittels Waf⸗ fengewalt aufgefordert haben. (Diese Ziffer 2 ist eine Modification von Lerchenfeld; der Ausschußantrag ging auf gänzlichen Wegfall dieser Ziffer, so daß die Lerchenfeldsche Modification als Verschär⸗ fung erscheint). 3 Die im Art. 2 Ziffer 2 genannten Personen. Die übrigen Artikel wurden, da der Ausschuß keine Modificationen zu denselben beantragt hatte, im Regierungsentwurf angenommen: Art. 6. Die Vorschriften des Art. 3 Ziffer 1 und 3 (Amnestie für Ableistung des Eides auf die Reichsverfassung und für Theilnahme am stuttgarter Parlement) komnien auch in den Landestheilen diesseits des Rheins in Anwendung. III. Allgemeine Bestimmungen: Art. 7. Wegen derjenigen Verbrechen und Vergehen, in Ansehung welcher nach den Bestimmungen der Art. 1 und die anhängigen Un⸗ tersuchungen niedergeschlagen werden, darf unter denselben Voraus⸗ setzungen eine strafrechtliche Verfolgung nicht eröffnet werden. Art. 8. Die Kosten der niedergeschlagenen n n, . sind von der Staats⸗ Kasse zu tragen. Art. 9. Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem Tage seiner Einrückung in das Gesetzblatt und in das Amtsblatt der Pfalz in Wirksamkeit. Das auf diese Weise modifizirte Gesetz wurde zuletzt bei der Abstimmung über das Ganze einstimmig an— genommen. Angenommen wurde ferner folgender Zusatz des Aus⸗ schusses: Die Königliche Staatsregierung wird ermächtigt, in Fäl= len, wo Personen oder Kategorieen, die durch vorstehendes Gesetz von der Amnestie ausgeschlossen sind, aus besonderen Gründen der— selben würdig erscheinen, die Niederschlagung der Untersuchung ohne Zustimmung der Kammern zu verordnen“; dann ein Wunsch von Jäger: Die Regierung wolle gegen diejenigen Studenten, welche am pfälzischen Aufstande sich betheiligten und durch gegenwärtiges Gesetz amnestirt werden, volle Vergessenheit üben und jede diszipli⸗ naire Einschreitnung gegen sie fallen lassen.

Ju stiz⸗ Minister spricht

Sachsen. Dresden, 3. Dez. (Leipz. Ztg.) In der heuti⸗ gen Sitzung der zweiten Kammer wurden eine Mittheilung des Gesammt⸗ Ministeriums über das Ergebniß der Wahlen und eine dergleichen über die Verhängung des Kriegestandes in der Residenzstadt Dresden und dem Amtsbezirke Werdau der Kammer vorgetragen; aus der letzte⸗= ren ging hervor, daß die Regierung die Aufhebung des Ausnahme⸗ zustandes zur Zeit nicht für thunlich hält, weil die Verhältnisse, die dessen Anordnung auf Grund der Verordnung vom 7. Mai d. J. nöthig gemacht, sich gegenwärtig noch nicht der Art geändert hät⸗ ten, um die Aufhebung zu rechtfertigen.

Bevor zur Tagesordnung übergegangen wurde, kündigte der Abgeordnete Hering für eine der nächsten Sitzungen eine Inter pellation des Ministeriums des Auswärtigen an, und zwar dar⸗ über, ob dasselbe für Auslieferung der im Großherzogthum Baden angeblich wegen politischer Vergehen gefangen gehaltenen sächsischen Staatsangehörigen sich verwendet, ob und welche Erfolge diese Verwendung gehabt, und ob es, wenn diese Verwendung bis jetzt unterblieben, gesonnen sei, sie baldigst und kräftigst eintreten zu lassen?

Der erste Gegenstand der Tagesordnung war die für Dring⸗ lichkeit erklärte Berathung eines Berichts des ersten Ausschusses über das Dekret, einen Aufschub des Ablaufs der in dem Gesetze vom 23. Juli 1846 bestimmten Verjährungsfrist betreffend. Der von der Regierung vorgelegte Gesetz-Entwurf bestimmt, daß für alle in dem Gesetze wegen Einführung einer kurzen Verjährungs⸗ frist für gewisse Forderungen vom 23. Juli 1845 genannten An⸗ sprüche, deren Verjährung nach §8. 2 und §. 3 dieses Gesetzes mit dem Schlusse des Jahres 1846 begonnen hat und daher mit dem Schlusse des gegenwärtigen Jahres ablaufen würde, die in dem mehrgedachten Gesetze eingeführte dreijährige Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert werde, dergestalt, daß sie nicht mit dem Schlusse des Jahres 1849, sondern mit dem Schlusse des Jahres 1850 abläuft, wogegen die übrigen Vorschriften des Ge⸗ setzes vom 23. Juli 1846, namentlich die Bestimmung im ersten Abschnitte des s. 2, ingleichen die Bestimmung im zweiten Ab— schnitte des 5. 3 in Kraft bleiben sollen.

Aus den dem Gesetz-Entwurfe beigegebenen Motiven geht her⸗ vor, daß der Grund dieser nur temporären Verlängerung der gesetzlich bestimmten Verjährungsfrist außer dem Gesetze selbst, in den Zeitverhältnissen zu suchen ist. Was zuvörderst die Frage anlangt, ob nicht den wohlerworbenen Rechten der bethei— ligten Schuldner durch eine solche Verlängerung Eintrag gesche⸗ hen dürfte, so ist in dem Gesetzentwurfe von der Rechtsansicht aus⸗

egangen, daß nur erst die vollendete Verjährung Rechte gewähre, eineswegs aber aus deren Anfang ein Befugniß, die angefangene Verjährung nach dem bestehenden Rechte zu vollenden, abgeleitet wer— den könne. Die politischen Gründe anlangend, welche für die im Ge— setzentwurfe ausgesprochene Verlängerung der Verjährungsfrist aufge⸗ stellt worden sinba so hat man uicht nur auf die in den Fahren 18416 und 1847 stattgefundene Theuerung und die im Jahre äs in Folge politischer Bewegung eingetretene Nahrungslosigkeit im Allgemeinen hingewiesen, sondern vorzüglich auch die Gefährdung der Gläubiger, die Bedrängniß der Schuldner und die Ueberhäufung der Gerichte in Erwähnung gebracht, wenn das in der Mitte des Jahres 1816 ohne die Boraussicht und Permuthung der bevorstehenden Ereignisse er⸗ assene Gesetz zur strengsten Geltung gebracht werden müßte, und hat diese Umstände, weiche auch in' verschledenen bei der? Staats? . so wie bei der Volksvertretung eingebrachten Petitionen hervorgehoben worden sind, im allgemeinen Interesse für wichtiger angesehen, als daß man nicht die Regel, daß einem einmal n nen und zeitig publizirten Gesetze die en getragen werden müsse in diesem Falle eben so in Hintergrund stellen eh, als es früher schon 6fters aus Billigkeitsrücksichten geschehen ist.

Der mit der Begutachtung beauftragte erste Ausschuß (Refe— rent Dr. Held) erklärt sich mit dem Inhalte des zu berathenden Gesetzentwurfs, einige redactionelle Abänderungen ausgenommen, völlig einverst anden, und beantragt, die Kammer wolle demselben

ihre Genehmigung ertheilen.

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Durch diesen Antrag erklärt der Ausschuß zugleich die über diesen Gegenstand bei der Kammer eingegangenen Petitionen für erledigt. Ferner haben sich die Mitglieder des Ausschusses, aus Rücksichten der Zweckmäßigkeit und damit die Gefahren, welche aus der abgekürzten Verjährung für die Gläubiger entstehen, zur allgemeineren Kenntniß gelangen, als durch die gewöhnliche Art der Publication bewirkt wird, in Uebereinstimmung mit den Regierungs⸗ lommissarien zu dem gemeinschaftlichen Antrage vereinigt: die Staats⸗ regierung zu ersuchen, daß dieselbe im Laufe des Jahres 1859 so⸗ wohl das Gesetz vom 23. Juli 1846, als das neuerlich zu erlassende Gesetz durch wiederholte Veröffentlichung auf geeignete Weise zur allgemeineren Kenntniß des Volkes bringen möge.

Nach einer kurzen Debatte, an der sich außer dem Referenten nur Vice ⸗Präsident Haberkorn und Staatsminister Dr. Zschinsky betheiligten, und die sich in dem gegenseitigen Wunsche konzen⸗ trirte, daß Gesetzvorlagen in Rückicht auf das nichtjuristische Publikum, stets möglichst deutlich und faßlich abgefaßt sein möchten, wurde der Gesetzentwurf in der von dem Ausschusse vorgeschlagenen Fassung durch Namensaufruf von der Kammer einstimmig angenommen. Dasselbe war mit dem zweiten Antrage der Fall, der auf Antrag des Abgeordneten Hähnel dahin er⸗ weitert wurde, daß der Bekanntmachung des neuen Gesetzes das ältere Gesetz vom 23. Juli 1846 beigedrrckt werde, womit Staats⸗ Minister Dr. Zschinsky Namens der Regierung sich einverstanden erklärte.

Hierauf schritt die Kammer zu dem zweiten Punkte der Ta— gesordnung, den Antrag des Abgeordneten Oberlieutenant Müller, die Aufhebung des Kriegsstandes in der Residenzstadt Dresden und im Amtsbezirke Werdau betreffend.

Der erste Sprecher war der Abgeordnete Wagner aus Dres⸗ den. Nachdem derselbe zuvörderst darauf hingewiesen hatte, daß die Gründe der Regierung in der heute vernommenen Mittheilung des Gesammt-Ministeriums nicht hinreichend dargelegt seien, um dieselben bei seiner Abstimmung als maßgebend betrachten zu können, erklärte er, daß er für den Antrag des Abgeordneten Mül— ler stimmen werde, jedoch nicht gerade allenthalben aus den von dem Antragsteller angeführten Gründen, von denen er viele nicht als ganz stichhaltig bezeichnen müsse. Seine Ansicht gehe dahin, daß die Regierung zu Ausnahmsmaßregeln vollkommen berechtigt sei, wenn wie im Mai d. J. die Achtung vor dem Gesetze ver— schwunden, die Kraft der Obrigkeit gebrochen, die Sicherheit der Personen gefährdet werde; daß aber auch dieser Ausnahmezustand nicht mehr gerechtfertigt erscheine, sobald die Ursachen, die denselben nöthig gemacht, nicht mehr vorhanden seien. Letzteres sei jetzt der Fall, denn im Volke lebe wieder der Sinn für Gesetz und Ordnung und die Regierung stehe wieder gekräftigt da. Die Fortdauer des Belagerungszustandes müsse er ferner für bedenklich halten, weil dadurch ein Mißtrauen aufrecht erhalten werde zwischen Regierung und Volk, das der Begründung entbehre und weil dadurch leicht der Sinn für gesetzliche Freiheit geschwächt werden könne.

Der Antragsteller, Abgeordneter Müller, führte hierauf einige Gründe näher aus, die er bei der mündlichen Motivirung seines Antrages aufgestellt hatte, und bemerkte, wie er diesen Antrag, der lediglich die praktische Seite der Sache ins Auge fassen solle,

nur aus dem Grunde eingebracht habe, weil er sich als ein Abgeordneter, den zwei im Kriegsstande befindliche Bezirke ge wählt, hierzu besonders für verpflichtet erachte. Die Hauptsache sei für ihn, die auf seinen Wählern ruhende drückende Ein quartierungslast zu vermindern, und er glaube, daß die Re gierung, wenn sie von den Vertretern des Volkes die Zusicherung erhalte, daß keine Spur von Aufregung im Lande mehr vor handen sei, sich entschließen werde, dem von ihm gestellten An⸗ trage zu entsprechen; sie werde hierdurch nicht nur dem Lande Ko⸗ sten ersparen, sondern demselben auch durch alsdann in Aussicht ge⸗ stellte Brurlaubung eines Theils des Militairs neue produktive Kräfte zuführen. Wenn die Regierung das Fortbestehen des Kriegs—⸗ standes dadurch zu rechtfertigen suche, daß sie die Aufhebung dessel ben, wie in der Mittheilung des Gesammt-Ministeriums geschehen, als „unthunlich“ bezeichne, so müsse er es bedauern, daß dieselbe für diese Bezeichnung der Kammer die Gründe schuldig geblieben sei.

Ter Abgeordnete Wig and verwendete sich ebenfalls für die Annahme des Müllerschen Antrags und versicherte aus persönlicher Anschauung, daß im 38. Bezirke, den er vertrete, die vollkom— menste Ruhe, der tiefste Frieden herrsche und nicht ein Grund mehr vorhanden sei, einen Ausnahmezustand fortbestehen zu lassen, der, anstatt zum Frieden zu führen, einen Stachel zurücklasse in der Brust des Bürgers, das Ansehen und die Kraft der Regie— rung schwäche, und um dessen Aufhebung er im Interesse der ar⸗ beitsamen Bevölkerung jenes Bezirks die Staats-Regierung auf das dringendste ersuchen müsse.

Hier machte der Präsident aufmerksam, daß ihm jetzt, nachdem drei Redner hinter einander gleichmäßig für den Antrag gesprochen und kein Sprecher dagegen sich angemeldet habe, die Landtags-Ordnung die Pflicht auferlege, über den Schluß der De batte abstimmen zu lassen, weshalb er die Kammer fragen werde, ob sie die Debatte fortsetzen wolle. Bevor diese Frage formulirt war, erhob sich der Staats⸗Minister von Friesen, um das Ver⸗ fahren der Regierung mit einigen Worten zu beleuchten. Wenn in der Mittheilung des Gesammt-Ministeriums keine Gründe angegeben seien, weshalb die Aufhebung des Kriegszustandes als unthunlich erachtet werde, so sei dies in der festen Ueberzeugung geschehen, daß diese Mittheilung einem Ausschusse zur Berichterstattung werde überwiesen werden, und sich dann der Regierung Gelegen— heit darbiete, biese Gründe demselben darzulegen. Wenn die heu⸗ lige Berathung in der Kammer nur vom praktischen Gesichtspunkte aus geführt werden solle, so müsse er bemerken, daß die Gründe der Regierung anderer Art seien, da sie vie Nothwendigkeit des Fortbestehens des Ausnahmezustandes lediglich in politischen Grün⸗ den finde. Daß übrigens der Kriegsstand für Handel und Gewerbe Nachtheil gebracht, könne er nicht zugeben; das Aufblühen dieser Zweige hänge eben nicht von lokalen Juständen ab, sondern beruhe auf der Gestaltung der Verhältnisse Europas. Was die klei⸗ neren Gewerbe anlange, so sei hier allerdings in Dresden eine Abnahme nicht zu verkennen; allein nicht durch den Kriegsstand sei diese herbeigeführt, sondern weil durch die Ereignisse der letzten Jahre der Fremdenzug nach Dresden bedeu— tend nachgelassen. Daß es dringend nothwendig gewesen, in Dres⸗ den nach den Vorgängen im Mai seitens der Regierung zu außerordentlichen Maßregeln zu schreiten, darüber werde wohl in der Kammer kein Zweifel herrschen, und es könne sich also nur darum handeln, ob jetzt schon die Verhältnisse sich der Art ge⸗ ändert, daß die Aufhebung gerechtfertigt erscheine, und dieser Zeit⸗ punkt, daoon halte sich die Regierung überzeugt, sei gegenwärtig noch nicht gekommen. Das Wesen des Belagerungs-Zustandes in Sachsen bestehe eigentlich nur in einer temporären Aufhebung des

Vereinsrechts; in dieser Beziehung werde in allernächster Zeit ein Gesetz entwurf über die Beschränkung des Mißbrauchs des Vereins-

rechts an die Kammer gelangen, damit die Regierung in den Stand P gesetzt werde, die Ausnahme- Maßregeln ihne l, zu können. Auch die Regierung finde keinen Gefallen an diesem Ausnahmezustande,

sie halte es aber für Pflicht, denselben nicht eher aufzuheben, bis

sie die feste Ueberzeugung erlangt, daß nicht nur ein ähnlicher Zu⸗ stand, wie der, welcher den Kriegsstand herbeigeführt, nicht so fort nach der Aufhebung wieder eintreten könne, sondern daß der Re⸗ 2 dann auch die Mittel gegeben seien, diesem Zustande mit der erforderlichen Kraft entgegen zu treten.

Der Präsident brachte nunmehr die Frage zur Abstim⸗

mung, ob die Kammer die Debatte über diesen Gegenstand noch

sortsetzen wolle; sie wurde einstimmig bejaht. Der Abgeordnete Schwedler, welcher nun das Wort erhielt, sprach für den An—⸗ trag hauptsächlich in Bezug auf Krimmitzschau und Werdau, und hob hervor, daß in Krimmitzschau Mangel an Arbeitskräften ein⸗ getreten sei, weil die Arbeiter nicht in eine Stadt gehen wollten, wo sie dem Kriegsstand unterworfen, und es hierdurch unmöglich werde, die dort eingegangenen zahlreichen Aufträge auf Fabrik— erzeugnisse auszuführen. Nicht blos um Suspension des Vereins— rechtes handele es sich in diesem Bezirke, es seien auch andere Ge— setze aufgehoben worden.

Staatsminister Dr. Zschinsky äußerte, daß der Antragsteller noch den Beweis zu führen habe hinsichtlich der in seinem An⸗ trage gegen das Fortbestehen des Belagerungszustandes geltend gemachten Behauptungen. Die Gemüther seien auch jetzt noch erregt, und zwar durch Fragen wichtigster Art, die nächstens zur Entscheidung kommen würden; die Bewegungspartei sei immer noch thätig, nur nicht mehr so offen, als früher. Der Belage— rungszustand sei nicht allein zum Schutze der Wohlgesinnten an— geordnet worden, sondern zum Schutze des Staats im Allgemei— nen, und ihn eher aufzuheben, als bis der Regierung die nöthi— gen Mittel gegeben, Srdnung und Sicherheit und das Ansehen

recht zu erhalten, könne nicht gerechtfertigt er—

der Behörden auf scheinen.

. Der Abg. Wagner aus Dresden gab zu, daß in Dresden der Belagerungszustand faktisch nur in der Suspension des Vex— einsrechts bestehe, und wies darauf hin, daß die Theilnahme für das Vereinswesen bereits sehr erkaltet sei, mithin Mißbräuche des— selben, wie sie vorkamen und bei der Neuheit der Sache leicht er klärlich seien, sich schwerlich wiederholen würden. Damit, daß die Kammer den Beweis dafür liefern solle, daß das Fortbestehen des Ausnahmezustandes nicht mehr nöthig sei, könnte er sich nicht ein— verstanden erklären; die Beweisführung liege der Regierung ob, sie habe gehandelt und habe die Gründe sür dieses Handeln anzu— geben. ö Der Abgeordnete Biedermann erklärte sich in demselben Sinne, und motivirte seine Abstimmung für den Müllerschen An⸗ trag besonders vom politischen Gesichtspunkte aus. Im Inleresse der Regierung, so wie der konservativen Partei, liege es, daß die⸗ ser Ausnahmezustand baldigst aufgehoben werde. Er wünsche eine starke Regierung, dies sei jedoch keine solche, die ohne Noth zu den äußersten Maßregeln greife. Durch. solche Maßregeln, die eine Sicherung mit ungewöhnlichen Mitteln bezwecke würden ge⸗ rade diejenigen Staatsbürger, denen am meisten an der Ruhe ge⸗ legen, eingeschläfert und von der regen Theilnahme am Staats leben abgehalten, und dadurch könnten leicht die Fanatiker der Ruhe zur Herrschaft gelangen. Vice⸗Präsident Haberkorn billigte das Ver⸗ halten der Regierung in den Maitagen, sprach sich aber ebenfalls für den Müllerschen Antrag aus. Wenn politische Gründe bei der Regierung maßgebend seien, so gebe dieselbe eben zu, daß der Grund des Ausnahmezustandes nicht in lokalen, sondern in allge meinen Verhältnissen liege, mithin würde dieselbe nicht blos auf Dresden, sondern eben so gut auf das ganze Land auszudehnen sein. Auch er sei der Ansicht, daß, wie auch der Abgeordnete Biedermann bereits gesagt, der Kampf um die nächsten wichtigen politischen Fragen ein rein parlamentarischer sein werde, und halte daher die Aufhe⸗ bung des Kriegsstandes im Interesse der Regierung und des Landes. Der Abgeordnefe Koch äußerte, daß die Regierung im Mai vollkom⸗— men recht gehandelt; wer dies nicht anerkennen wolle, sei undankbar. Sie habe das Land gerettet. Allein wer Einem bei den Haaren vom Ertrinken rette, erhalte dadurch kein Recht, denselben nach der Rettung noch fortwährend bei den Haaren zu halten. Maß— regeln, die nicht mehr nöthig seien, möge man sich doch hüten, zur Geltung zu bringen. Eine solche Maßregel sei auch die drei Wochen nach dem Maiaufstande durch den Oberbesehlshaber der Truppen angeordnete strenge Kontrolle der Fremden bei den Eisen— bahnen gewesen. Staats⸗Minister von Friesen bemerkte, daß die letztgedachte Maßregel, so bald sich die Regierung überzeugt habe, daß sie nicht mehr nöthig sei, von der Regierung sofort aufgeho— ben worden sei; dasselbe werde auch hinsichtlich des Ausnahmezu— standes der Fall sein, wenn die Regierung hier die gleiche Ueber— zeugung gewonnen, namentlich, wenn erst das gedachte Gesetz we⸗ gen Beschränkung des Mißbrauchs des Vereinsrechts Kraft erhal— ten haben werde.

Der Kriegs-Minister Raben horst stellte in Abrede, daß eine Zusicherung gegeben sei, als sollten nach Aufhebung des Belage— rungszustandes Beurlaubungen in der Armee eintreten, und meinte, daß die Präsenzhaltung der Truppen durch gesetzliche Bestimmun—⸗ gen geregelt sei, worauf der Abgeordnete Müller entgegnete, daß letzteres wohl nur Bestimmungen sein könnten, deren Abänderung in der Hand des Kriegs-Ministers liege.

Der Abgeordnete Harkort erklärte sich gegen den. Müllerschen Antrag, um auch nicht indirekt einen Tadel gegen die Regierung auszusprechen. Er glaube, man sei noch nicht über alle Gefahr hinaus. Auch vor den Maiereignissen sei in der Kammer von einer Seite her behauptet worden, es xistire keine Aufregung, und doch habe sie sich kurz darauf in blutiger Empörung kund gegeben. Auf der Oberfläche sei gegenwärtig keine besondere Aufregung bemerkbar, er müsse jedoch hier an Las Sprüchwort erinnern: Stille Wasser sind tief. Handel und Gewerbe hatten allerdings einen Aufschwung genommen, und dem Militair ge⸗ bühre ein guter Theil des Dankes dafür, weil es durch todes muthige Hingebung, trotz versuchter Verführung, der Schlange der Empörung den Kopf zertreten habe. . .

Der Abgeordnete Schwarz dankte der Regierung für ihr kräftiges Auftreten in den Maitagen, sprach sich aber ebenfalls für den Mül⸗ lerschen Antrag aus, hauptsächlich weil, durch den Aus nuahmezustand die Gerichtsbehörden den Militairbehörden untergeordnet werden und die Gefahr ensstehen könne, durch letztere ne fen; sogar Todes strafe angedroht und verhängt zu sehen. Staats MNinister Dr. 3 schins ky bemerkt hierzu daß in Sachsen auch während des Ausnahmezustandes die gewöhnlichen Behörden in ihrer Thä—

it geblieben seien. . igtet g n 60 die Abgeordneten He vin g und Nake für den Antrag sich erklärt und leßterer seine Ansichten über die Maiereig⸗ nisse kurz dargelegt und dabei letzterer den Charakter einer vorhe⸗= relleten Revollirusg abgesprochen hatte, nahm der Staats⸗Minister von Beust das Wort und wies in einer Vergleichung auf die Zustände hin, die einerseits in Berlin, andererseits in Dresden

den Belagerungs-Zustand herbeigeführt, wobei derselbe auf den

Abstand aufmerksam machte, der sich in dieser Beziehung zu Hunsten der sächsischen Regierung herausstelle, und doch habe nach mehr als halbjähriger Dauer der größere Theil der Einwohnerschaft

Berling den Belagerungs-Zustand als eine Wohlthat anerkannt. In Sachsen seien die Zustände so außerordentlicher Natur gewesen, daß die Regierung in ihren Maßregeln hätte viel weiter gehen können, und es sei ihr vielfach angesonnen worden, dies zu thun. Sie habe jedoch dadurch sich nicht beirren lassen, vielmehr da, wo sie den Aus— nahmezustand anordnen mußte, denselben mit Milde geübt, die Preßfreiheit nicht beschrnkt, den Verkehr nicht gehemmt. Des⸗ halb habe sie geglaubt, die Erwartung hegen zu dürfen, die Kam— mer werde bis zu Erlassung des Gesetzes uber das Vereinsrecht von einem Antrage, wie er heut hier diskutirt worden, absehen. Der Abgeordnete Biedermann verwahrt sich dagegen, als habe er in seiner Rede die von der Regierung im Mai ergriffenen Maß⸗ regeln getadelt, erklärt vielmehr, daß er vollkommen damit einver⸗ standen sei, bemerkt jedoch hinsichtlich der Zustände in Berlin und Dresden bei Verhängung des Belagerungszustandes, daß er keinen großen Unterschied findet und erinnert hier besonders an den Sturm des berliner Zeughauses, der Zeugniß liefere, daß dort ebenfalls die Kraft der Regierung gebrochen gewesen sei. Nachdem hierauf der Abgeordnete Müller nochmals zum Schluß gesprochen, wurde ab— gestimmt, und das Resultat war, daß der Antrag: im Vereine mit der ersten Kammer die Staats-Regierung um sofortige Aufhebung des Kriegszustandes in Dresden, Crimmitzschau und Werdau zu ersuchen, bei Namensaufruf mit 48 gegen 7 Stimmen von der Kammer angenommen wurde. Hiermit wurde die Sitzung ge schlossen. . Dresden, 4. Dez. Nachdem in der heutigen Sitzung der ersten Kammer das Protokoll verlesen und genehmigt worden, er klärte Präsident Georgi, daß die Kammer die Freude habe, heute Se. Königl. Hoheit den Prinzen Johann in ihrer Mitte zu sehen, indem derselbe von dem ihm nach der Verfassung zustehenden Rechte, in die Kammer einzutreten, Gebrauch gemacht habt. Prinz Johann leistete hierauf den vorgeschriebenen Handschlag. . Der Abgeordnete Dr. Joseph hatte zwei Interpellationen eingebracht, in deren ersterer er anfragt, welche Hindernisse dem Eintritte der in mehreren Wahl ⸗Abtheilungen Gewählten entgegenständen, und in derl zweiten, aus welchen Gründen der im 21sten, 25sten und 26sten Wahlbezirke gewählte Abgeordnete Lindner noch nicht einberufen sei. Der Interpellant bemerkte hierbei, daß der Abgeordnete Lindner längst hätte einberufen werden sollen, da es immer Gebrauch gewesen sei, kleinere Fehler bei der Wahl zu übersehen, wenn der betreffende Gewählte eine so bedeu— tend größere Stimmenzahl erhalten habe, daß bei einer Nachwahl ein anderes Resultat nicht zu erwarten stehe; dies sei auch der Fall bei dem Abgeordneten Lindner, wie es aus den Zeugnissen hervor— gehe, die ihm zu Gebote gestellt seien und die er dem Direktorium zu weiterer Verfügung zustelle. Er halte eine Interpellation für diesen Gegenstand für fast zu wenig und stelle daher den Antrag, daß der Abg. Lindner unmittelbar einberufen werde. Eine Legitima tion von dem Ministerium des Innern sei zum Eintritt in die Kammer überhaupt gar nicht erforderlich und er halte sogar den Präsidenten für berechtigt, wenn jener Abgeordnete nicht eintrete, ihn einzuberufen. Der Antrag wird morgen begründet werden. Abg. von Watz dorf hatte ebenfalls eine Interpellation eingebracht, welche dahin lautete, warum unter den bei Eröffnung des Land— tags von. Ministerium angekündigten Gesetzentwürfen nicht jene zwei enthalten gewesen wären, über Abschaffung der Todes strafe und über Einrichtung der Standesbücher und Einführung der Civilehe, wie es nach den Grundrechten gefordert werde. Hierauf folgen die Anzeigen über die Konstitulrung der Ausschüsse.

Ausland.

Oesterreich. Agram, 26. Nov. (P. 3.) In Bosnien scheint es wieder Ernst werden zu wollen, wenigstens deuten die Nachrichten die den hiesigen Nar. Now. von der Gränze mitgetheilt werden darauf hin. Nach Kosovo zieht ein reguläres Armee-Corps von 16,000 Mann, welches auch dort verbleiben wird, und in die Kra jina soll ein eben so starkes Corps beordert sein. Diese Truppen hätten nach Einigen die Bestimmung, die legale Ordnung in Bos⸗ nien wieder herzustellen, nach Anderen aber weiter ausgreifenden möglichen Eventualitäten zu begegnen. Von den 300 Arnauten, die in Bihacz als Besatzung blieben, sind die meisten auseinanderge— gangen, die zurückgebliebenen aber ziehen fleißig auf Raub aus; so z. B. haben sich sechs Arnauten aus Bihacz nach dem Dorfe Ze⸗ gar begeben, wo sie aus einem Schafstalle mehrere Stücke wegtrei ben wollten und bei dieser Gelegenheit ein Kind erschlugen, aber von der Dorfbevölkerung, die sich in Masse erhoben hatte, an dem Diebstahl verhindert wurden. Einer von dieser Diebesrotte wurde bei diesem Anlasse tödtlich verwundet und verschied Tages darauf in Bihacz. Auf die Nachricht von dem Tode des Arnauten schickte der Pascha Bisceviez seine Wachen nach Zegar und ließ den Aelte sten aus jedem Hause vor sich laden; die armen Leute sind auch wirklich nach Bihaez gekommen, wo sie der Pascha in das Gefängniß werfen ließ und ihnen auch mit der Prügelstrafe drohte, welche Drohung er aber noch nicht ausgeführt hat. Die bihaczer Türken, empört über diese Gewalt— maßregel, hatten sogleich Emissäre nach der Krajina abgeschickt, die das Volk zum Ausfstande bewegen sollten, indem sie ihm die Bruta— lität des Pascha und seine Wortbrüchigkeit vorzustellen hätten, welche darin besteht, daß er, ungeachtet der mit den Bewohnern abgeschlos senen Convention, die Arnauten wegen ihrer Gewaltthätigkeiten ge gen den weiblichen Theil der Bevölkerung nach Travnik zu beor— dern, noch immer zögere. Es ist mithin die Besorgniß vollkommen gerechtfertigt, daß, falls sich obige Angaben des Korrespondenten der Nar. Now. bestätigen, die Ruhe in der Krajina wieder ge⸗ stört und eine allgemeine Schilderhebung stattfinden möchte. Die nächsten Tage werden uns hoffentlich hierüber nähere Aufschlüsse bringen.

Venedig, 22. Nov. (Eloyd.) Unterm heutigen Tage wurde bekannt gemacht, daß alle für Zoll-Uebertretungen bis zum 21. August entfallenden Strafbeträge, fo wie alle anderen Strafgelder, Taxen und Spesen, erlassen werden. Gleichzeitig wird in Erinne— rung gebracht, daß die Personal-Steuer aufgehoben und daß die rr zung der Salzpreise auch für Venedig und Chioggia gül ig ist.

Mantua, 26. Nov. (Lloyd.) Der Gouverneur unserer Jestung, General der Kavallerte, von Gorzkowsll, hat in Betracht, daß hier die vollkommenste Ruhe herrscht, angeordnet, daß von nun an Lie Passage durch vie Festungsthore einem Jeden unge— hindert gestattet sein soll.

Verong, 24. Nov. (Const. Bl. a. B.) Der Bau der hierländigen Festungsarbeiten schreitet rasch vorwärts. Die Bau⸗ ten im Etschthal zur Schließung der Chiusa sollen binnen Jahres⸗ frist fertig werden, eben so die beiden Befestigungsthürme auf dem Monte Pippalo und die Batterien auf Rocch und Castello. Die Kosten hierfür sind für die Chiusa mit 36,000 Zwanziger, für die Batterie Nr. 1 mit 55,000 und für jene Nr. 2 mit 36,000 Lire

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2209

veranschlagt. Das wichtige Werk „Heß“ wird in zwei Jahren zur Vollendung gebracht. Es kostet 76, 666 Fl. 40 Kr.

In Folge der Einstellung aller Requisitionen ist nunmehr auch für dieses Jahr der für die Erhaltung der lombardisch - venetiani⸗ schen Nobelgarde fällige Betrag den betreffenden Kontribuenten nachgesehen worden.

In Verona wurde neuerlich ein Bürger wegen Besitz eines Bajonetts standrechtlich erschossen.

Mailand, 23. Nov. (Opinione.) Der Podesta von Mailand war dieser Tage in Verona, um dem Marschall Graf Radetzky seine Ergebenheit zu bezeugen. Während des Gesprächs ließ der Podesta einige Worte über den allgemeinen Wunsch in Bezug auf die Aufhebung des Belagerungszustandes fallen. Der Marschall soll ihm erwiedert haben, daß, so leid es ihm thue, er doch diesem Wunsche für jetzt nicht entsprechen könne, da es nichts weniger als friedlich aussehe; es scheine ihm vielmehr, daß er im künftigen Frühjahr zu einer militairischen Pnromenade nach den sardinischen Staaten genöthigt sein werde.

Frankreich. vom 3. Dezember. Präsident Dupin. Die Sitzung wird mit der Einreichung mehrerer Petitionen wegen der Getränksteuer eröffnet. Das Gesetz wegen der Naturalisation der Fremden ist an der Tagesordnung. Die Kommnission entscheidet sich für das Amendement des Herrn Lefrane: „Die vorhergehenden Bestimmun gen haben keinen Einfluß auf das Wahlrecht und auf die Wähl— barkeit der Individuen, die das Bürgerrecht vor der Veröffentlichung dieses Gesetzes erhalten haben. Sie verwirft jedoch den Antrag des Herrn Wolowski, der das Vorrecht auch denen gesichert haben will, die ihr Gesuch um Naturalisirung vor der Veröffentlichung des Gesetzes eingereicht haben werden. Die Kammer nimmt das Amendement des Herrn Lefrane und auch folgendes Amendement an: „Der Fremde, der vor der Veröffentlichung des Gesetzes die Erklärung abgiebt, die der Art. 3 der Constitution vom Jahre VIII. vorschreibt, kann nach einem Aufenthalt von 10 Jahren die Natu ralisation nach den Bestimmungen des ersten Artikels erhalten.“ Der Justiz-Minister bringt einen Gesetzvorschlag zur Ergän zung der Organisirung der Konfliktgerichte ein. Die Dringlichkeit wird bewilligt. Der Minister des Ackerbaues verlangt einen Kredit von einer Million zur Unterstützung der Arbeiter-Associatio nen. Die Dringlichkeit, die der Minister verlangt, wird nicht be— willigt. Herr Dorbach wünscht an den Minister des Innern we— gen der Anrede des Präsidenten der Republik an die Präfekten, die neulich veröffentlicht wurde, eine Anfrage zu stellen. Die Versamm⸗ lung schiebt die Anfrage auf drei Monate hinaus. (Allgemeines Ge— lächter.. Die Sitzung wird aufgehoben. Der Aufschub der In— terpellation des Herrn Dorbach auf drei Monate hat einen starken Eindruck auf den Berg hervorgebracht, sogar der Tiers-Parti war mehr als betroffen.

Gesetz gebende Versammlung.

Sitzung

Paris, 3. Dez. Der Präsident der Republik hat dem Mi— nisterrathe zwei von ihm selbst ausgearbeitete Gesetz-Entwürfe vor— gelegt; der eine belrifft die Reserve des Heeres, der andere den öffentlichen Beistand.

Der Constitutionnel zeigt an, daß der Präsident die Heer schau über die Nationalgarde und die Besatzung von Paris, welche am 10. Dezember stattfinden soll, wenn das Wetter sie ge stattet, auf dem Marsfelde abhalten werde. In den Sälen des Stadthauses werden Vorkehrungen zu einem großen Bankett und Ball getroffen, welche der Seine- Präfekt am Abend des 10 Dezember den großen Würdenträgern der Republik geben wird. Es soll richtig sein, daß der Präsident sich mit einer neuen Bot— schaft beschäftige, die aber angeblich mit jener vom 31. Oktober nichts gemein haben, sondern nur einen Jahresbericht über den Gang der öffentlichen Angelegenheiten enthalten werde.

Prinz Georg von Preußen ist vorgestern in Bordeaux ange— kommen.

Der Constitutionnel versichert, daß über die Besetzung der Batschafterposten in Wien und St. Petersburg noch gar keine de⸗ finitive Entscheidung erfolgt sei. Er setzt hinzu, daß die Schwie— rigkeit, die diplomatischen Posten zu besetzen, noch größer werde in Folge der Bestimmungen des Wahlgesetzes, wonach kein Repräsen tant länger als sechs Monate einen diplomatischen Posten be— kleiden könne, ohne seine Eigenschaft als Repräsentant zu verlieren. So werde z. B. Drouyn de Lhuys, der als Ge— sandter in London die wichtigsten Dienste leiste, nächstens diesen Posten niederlegen müssen, weil er sein Mandat als Repräsentant nicht aufgeben wolle. Der Constitutionnel fragt, weshalb nicht bereits eine Abänderung dieser die auswärtigen Interessen so nach theiligen Bestimmungen vorgeschlagen worden sei.

Die schon kurz erwähnte telegraphische Depesche im Moniteur über den Sieg in Algier ist aus Marseille vom 29. November da⸗ tirt und lautet: „Der General⸗Gouverneur der französischen Be⸗ sitzungen in Nord⸗Afrika an den Kriegs⸗-Minister. Der Oberst Daumas sendet mir von Buzadah unterm 22. November einen Brief des Generals Herbillon vom 16. November, wonach er unter demselben Datum bei Tagesanbruch über die bei Urtal, 5 Stunden südlich von Zaatscha gelagerten Nomaden hergefallen war und ihnen 200 Mann getödtet, so wie 3000 Kamele und 15,000 Hammel weggenommen hatte. Unsere Gums hatten eine unermeßliche Beute gemacht, und alle Zelte, so wie alle Gegenstände, die man nicht hatte mitnehmen können, waren verbrannt worden. Die Häupt linge mehrerer Nomadenstämme sind am 16ten Morgens zum Ge— neral Herbillon gekommen, um sich ihm zu ergeben. Dieses Er— eigniß ist entscheidend. Es hat auf dem ganzen von den Courie— ren zurückgelegten Wege eine bedeutende Wirkung hervorgebracht. Es kann den Fall der Zaatscha nur beschleunigen.“

Die Budget-Kommission beschäftigt sich jetzt mit dem Kriegs⸗ budget, bei dem sie auf möglichste Ersparung hinzwarbeiten entschlossen ist. Sie wird in dieser Beziehung nächstens den Kriegsminister hören, um dessen Erläuterungen zu berücksichtigen.

Großbritanien und Irland. London, 3. Dez. Gestern früh um 2 Uhr ist Ihre Majestät die verwittwete Königin Adelaide, Gemahlin Wilhelm's IV., geborene Prinzessin von Sachsen-Meinin gen, nach langen Leiden gestorben. Die Herzogin Ida von Sach sen⸗Weimar, die Prinzen Eduard und Gustav und deren beide Schwestern waren am Sterbebette anwesend. Die letzten Lebens⸗ stunden der Verblichenen sind, dem ärztlichen Bülletin zufolge, an⸗ scheinend schmerzlos gewesen; ihr Bewußtsein hat die Verewigte bis zum letzten Augenblick behalten.

Die Communications - Linien durch den elektrischen Telegrapen, sagt der Sun, sind nun so ausgedehnt, daß sie alle bedeutenden Städte des Vereinigten Königreichs umfassen. Sie erstrecken sich von einem bis zum anderen Ende des Landes.

Die Dublin Post ist geneigt, den allgemeinen Zustand Ir lands in minder düsterem Lichte zu betrachten als die Mehrzahl der irländischen und englischen Journale. Sie sagt: „Trotz aller ent⸗ muthigenden Wirkungen einer langen Hungersnoth und des noch weitverbreiteten Pauperismus, der aus mehrjährigen Kartoffel⸗

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Mißärndten entsprungen, zeigen sich unzweideutige Spuren des Besserwerdens, welche, wie klein sie auch sind, doch die tröstliche Hoffnung gewähren, daß Irland die schlimmsten Stadien seiner ge⸗ sellschaftlichen Revolution bereits hinter sich hat. Gewerbe und Handel sind im Allgemeinen weit weniger gedrückt, als sie es vor einem halben Jahre waren. Aeußerste Entblößung ist viel sel-⸗ tener geworden, Lebensmittel sind im Ueberfluß vorhanden und wohlfeil, und die Banken besorgen weit mehr sichere und stätige Geschäfte. In den letzten zwei Jahren vor dem 1. August 1849, zwei Jahren voll beispielloser Schwierigkeiten und Leiden, war das Circulations-Medium in Irland von mehr als 7 Millionen Pfd. St. auf 33 Millionen gesunken, weil das Grundrigenthum sich rasch entwerthet hatte, das Vertrauen zerstört, Handel und Wandel gelähmt war. Aber in den letzten zwei Mo⸗ naten, die auf eine reiche Aerndte folgten, haben die Emittirungen der Banken sich so stätig gemehrt, daß der Geldumlauf einen Zu⸗ wachs von beinahe 1 Milllon Pfd. St. erhalten hat.“ Die in der letzten Parlaments- Session ange ommene Gesetzes⸗ Akte zur Er⸗ leichterung des Verkaufs verschuldeter Güter in Irland ist jetzt in voller Wirksamkeit, und Güter im Schätzungswerth von 1 Million Pfd. St. sind auf dem Punkte, ihre Besitzer zu wechseln. Man nennt mehrere menschenfreundliche Grundherren, die ihren Pächtern neuerdings den Grundzins ermäßigt haben. Andererseits fehlen aber auch nicht neuere Beispiele von Pächter⸗Vertreibungen. Nachrichten aus Rio Janeiro sind vom 4. Oktober aus Montevideo vom 15. und aus Buenos-Ayres vom 11. Sep⸗ tember. Die brasilianische Kaffee⸗Aerndte ist sehr bedeutend unter einem Durchschnitts⸗-Ertrage ausgefallen, und die Preise sind dem— gemäß gestiegen. Die politischen Beziehungen zwischen Brasilien und Paraguay einer- und Buenös-Ayres andererseits gestalten sich immer feindlicher. In Buenos-Ayres wird eine große See-Expedi⸗ tion, muthmaßlich zu einem Angriff auf Brasilien, vorbereitet; die Regierung hatte eine dänische Brigg und einen nordamerikanischen Schooner angekauft. In Brasilien war es bei den Repräsentanten Wahlen an vielen Orten zu blutigen Auftritten gekommen, einige der namhaftesten Männer, Cavalcanti, Carvalho, Chalon zc., wur⸗ den ermordet. Das paraguavsche Heer behauptet seine Stellungen und wird fortwährend verstärkt. Flüchtlinge aus Uruguay haben sich ihm angeschlossen; auch Corrientes dürfte sich bald gegen seinen Gouverneur erheben. ;

Zu Clewer, in der Nähe von Windsor, wird unter dem Pa⸗ tronat des Bischofs von Oxford, des Dechants von Windsor und des Provost der Eton-Schule, ein protestantisches Schwestern⸗In— stitut zur Besserung gefallener Frauenzimmer errichtet.

Italien. Turin, 29. Nov. (Lloyd.) Vorgestern hielt der König auf dem Marsfelde Revue über die hier garnisonirenden Truppen. In seinem Gefolge bemerkte man den Herzog von Ge⸗ nua, den Prinzen von Carignan und die Herren M. d'Azeglio, J. Durando und Dabormida. Der französische Gesandte Lucian Murat war ebenfalls zugegen.

Der General-Lieutenant La Marmora hat sich in der Eigen⸗ schaft eines Militair-⸗ Kommandanten der Insel Sardinien an sei⸗ nen Posten begeben. Dem Vernehmen nach soll vor Wiederersff⸗ nung der Kammern ein Gesetz in Betreff der öffentlichen Sicherheit publizirt werden.

Eine ungewöhnlich starke Ueberschwemmung hat in der Ebene von Chambery sehr bedeutende Verwüstungen angerichtet. Der Leisse⸗Fluß schwoll in Folge eines Schneefalls und des darauf ein— tretenden Thauwetters dergestalt an, daß das Wasser sogar in das Innere der Stadt drang. Einige Brücken sind weggerissen, die Communicatien mit den verschiedenen Ortschaften in der Nähe ist unterbrochen. Auch mehrere Menschen haben den Tod in

den Wel⸗ len gefunden.

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Turn, würde nicht weie sten ausfielen.

Die Ankunft des Generals Baraguay d'Hilliers in Rom soll, wie das Legge schreibt, den Kardinälen nicht sehr angenehm sein. Er soll erklärt haben, der Präsident sei nicht gesonnen, gewisse Skandale zu dulden. Der National, ein französisches Blatt, das in Turin erscheint, und die Concordia finden die Wahl des Generals nicht glücklich. ein Charakter sei für seine Stellung nicht angemessen. ;

Die Concordia meldet: „Die Kardinäle der Regierungs⸗ Kommission ertheilen täglich Aubienz. Am 24. November empfin— gen sie Herrn Ceccarelli, früheren Adjutanten des Zten Bataillons der Bürgergarde. Er überreichte eine Petition und verlangte augen— blickliche Hülfe. Plötzlich zieht er ein Messer und droht sich zu verwunden, wenn man ihm nicht sogleich 106 Fr. gebe. Er fügte sich auch wirklich eine Verwundung zu und wurde damit dem Ge— richt ausgeliefert. Ehe er sich verwundete, bedrohte er auch die Kardinäle, die um Hülfe riefen und durch herbeigeeilte Dienerschaft vor seinen Dolchstichen gerettet wurden.“

Der Gesandte von Montevideo bei der französischen Republik schreibt der Concordia: „Wenn Montevideo siegt, so werden die Verbannten Italiens daselbst ein zweites Vaterland finden. Gari— baldi und seine Leute haben der orientalischen Republik diese Ver⸗ pflichtung auferlegt.“

Legge meldet, das Ministerium Wahlen nicht zu seinen Gun

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Livorno, 27 (Lloyd.) Das Lazareth, in welchem die politischen Gefangenen verhaftet waren, ist nun geräumt, da dieselben in Folge der vom Großherzog ertheilten Amnestie ihren Familien wiedergegeben sind. Möge die von ihnen gemachte Er⸗ fahrung nicht ohne Lehre für ihre Zukunft sein. l

Nov.

Ferrara, 24. Nov. (Lloyd.) Ein 1200 Mann zählendes Bataillon des ersten Kaiser- Regiments ist dieser Tage nach Tos— cana marschirt. Die aus Römern bestandene Besatzung des Forts wurde durch das aus dem Venetianischen eingetroffene Bataillon Koudelka Nr. 40 ersetzt. Gestern kam hier eine Schwadron Hu saren aus Bologr a an.

Bologna, 24. Nov. (Lloyd.) Aus den Enthüllungen der hier verhafteten dreißig Individuen, unter denen drei Weiber sind, geht hervor, daß nun die bereits erwähnte Banditengesellschaft ihre Verzweigungen in Ravenna und Livorno hatte. Die österreichische Milttair-Behörde hat einen gewissen Natali, Exauditor des Gart baldischen Corps, in Freiheit gesetzt.

Rom, 27. Nov. (Lloyd.) Die Gesellschaft „Pia⸗Latina“ hat vorläufig die Bewilligung zum Bau einer Eisenbahn von Rom nach Frascati erhalten.

Um die Anlegung von Frucht- und Nutzbäumen zu befördern, zat die Regierungs⸗Kommission Prämien für neue Pflanzungen be⸗ stimmt und zu diesem Behufe auf funfzehn Jahre, von 1850 ange⸗ fangen, ein Kapital von 10,000 Sendi jährlich angewiesen.

Sowohl hier, als in mehreren Provinzial-Städten, sind neuer-= dings verdächtige Individuen eingezogen worden. . .

Ueber die Rückkehr des Papstes weiß man noch immer t. Bestimmtes; allgemein glaubt man indeß, daß dieselbe am 29sten l. M. erfolgen werde.