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jede Minute für ihn Werth. Als ich einst zauderte, auf eine Frage, der ich lieber ausgewichen wäre, elwas zu erwiedern, antwortete er selbst, fügte aber hinzu: „Wenn Sie erst ein paar Feldzüge mitgemacht hätten, so würden Sie sich nicht so lange besinnen.“ Zum letztenmal sah Stein Rehberg im Jahre 1802. Er redete ihm zu, in preußische Dienste zu tre— ten, kurz, ehe ihm selbst der Antrag gemacht wurde, Minister in Hannover zu werden. Beide lehnten das ihnen gestellte Anerbieten ab, Stein aus dem Grunde, daß seine Ueberzeugung von der Nothwendigkeit einer Vereinigung der zerstreuten und zerstückelten Kräfte Deutschlands sich nicht mit den Pflichten verträgen, die man ihm dann auf— legen würde, und daß die Entfernung und das Alter Georgs III. eine durchgreifende Aenderung der verroltteten hannoverschen Zu⸗ stände doch unmöglich machte.
Zu den Männern, mit denen ebenfalls in diesen Jahren mehr durch seinen Charakter als durch seine Stellung Stein eine nähere Verbindung knüpfte, gehört der Prinz Louis Ferdinand. Pertz begnügt sich, zu seiner Charakterisirung die berühmte Schilderung von Elausewitz zu wiederholen, wie der Prinz durch ein gewinnendes Aeußere, durch glänzenden Witz, durch feine Lebenslust der Liebling der Gesellschast, durch seine Herzhastigkeit und die Verwegenheit, mit der er Gefahren aufsuchte, der Abgolt der Soldaten wurde; wie aber sein freies Wesen nicht in den Zwang der Sitte und des Soldatendienstes paßte, wie er sich für die Pe⸗ danterle, in der man ihn hatte halten wellen, durch ein Uebermaß von Vergnügungen, in die er sich stürzte, entschädigte. Sein Durst nach Nuhm und Ehre machte ihm die Unthätigkeit, in die er nach dem Fiieden gebannt war, unerträglich. Er beschäftigte sich lebhaft mit den großen Weltereig⸗ nissen, wünschte mit allen Wissenschaften sich zu bereichern; aber er war viel zu unruhig, die Ideen anders als von der Oberfläche abzuschöpfen; ihm fehlte die Fähigkeit zu ernstem, ruhigem, selbstthätigem Nachdenken, wie die Festigkeit des Charakters, welche zu solgerechtem Handeln führt Stein hatte den Prinzen in den Rhein- Feldzügen mehrfach gesehen; die Verirrungen des leidenschaftlichen Jünglings hatten ihn anfangs zurückge⸗ stoßen; als aber der Prinz nach dem Frieden im Mindenschen sein Quar tier erhielt, lernte er seine großen Anlagen und seinen guten Willen kennen, und suchte ihn in seinem Streben, so viel an ihm lag, zu unterstutzen. Pertz theilt mehrere Briefe mit, die ein eben so schlagendes Zeugniß sind für den edlen Sinn des Schreibers, als für die großen Erwartungen, zu denen der Empfänger berechtigte. Am 17. November 1796 schreibt er: „Es ist gewiß, daß der philosophische Geist, welcher die Beziehungen ver— allgemeiner und die vereinzelten Gegenstände unter einem Grundsatz oder einem höheren Gesichtspunkt zusammenfaßt, diejenige Art des Geistes ist, welche den großen Mann bezeichnet; aber mit dieser Geistesart muß er die Kraft des Charakters verbinden, welche ihm in ruhigen Zeiten der Fleiß zur Arbeit, die Hartnäckigkeit, Alles was auf seine Ausbildung einwirkt, zu verfolgen, in den Zeiten der Thätigkeit die nöthige, sittliche Kraft giebt, um die Anstrengungen des Geistes und des Körpers zu ertragen, welche der Drang der Umstände erheischt.. Lebt der Mann, welcher sich durch die Natur zu einer großen und nützlichen Laufbahn berufen fühlt, inmitten der Weichlichkeit der Höfe und unter kleinen kleinlichen Leuten, so kann er nur dann sich erhalten, und diese Charakterstärke entfalten, wenn er sich mit den großen Männern der Geschichte umgiebt und sich durch ihre Vorbilder gegen die zerstörenden Eindrücke verderbter und kleiner Umgebungen schützt.
Ich theile Ihre Schmerzen, ich fühle Ihre Lage; aber geruhen Sie sich zu erinnern, daß gleicherweise Friedrich der Große in Ihrem Alter von der Schulfuchserei und dem Geize erdrückt worden ist, und keinen anderen Trost fand, als nur in der Einsamkeit und der Liebe zu Wissenschaft und Künsten, welche ihn einem jeden Alter so reichlich darbieten.“ Und am 23. Februar 1799: „Obwohl ich seit fast einem Jahre des Glückes beraubt bin, mich Königl. Hoheit zu nähern“ (der Prinz war nämlich in der Zwi— schenzeit nach Magdeburg versetzt worden) „so ist doch meine Theilnahme an Ihrer Ruhe und Ihrem Ruhme zu lebendig und zu aufrichtig, als daß ich mich nicht damit beschäftigt hätte, und von Allem, was sich darauf be— ziehen kann, berührt worden wäre. Es hat mir eine große Genugthuung gewährt, zu hören, «“ mit welchem Fleiße Sie die Wissenschaften studiren, die das Ganze der furchtbaren und erhabenen Kriegs- kunst bilden.«« Aber während Sie Ihre Fähigkeiten entwickeln, ..
warum möchten Sie, gnädiger Herr, so viele andere sittliche Beziehun- gen verletzen, gegen so viele andere Grundsätze verstoßen, in deren Achtung eine gefühlvolle, für zärtliche Neigungen empfängliche Seele wie die Ihrige, ihr Glück finden müßte? Ich gestehe es Ihnen, gnädiger Herr, daß es mich sehr betrübt hat, zu vernehmen, wie weit Sie sich von Ihren Aeltern entfernen, wie sehr Sie vernachlässigen, dem Verlangen zu entsprechen, wel— ches sie Ihnen bezeigen, sich Ihnen zu nähern... Sie haben ein Le⸗ bensalter erreicht, wo Alles sich vereinizt, um Ihnen zu rathen, eine Ver— bindung einzugehen, welche Ihnen den Genuß häaslichen Glückes sichert; Sie haben Gefühl dafür; Sie haben mir oft mit erweichtem Herzen von dem Bilde gesprochen, welches Ihnen die Familie einer von Ihnen ange— beteten Schwester darbietet; ich bin gewiß, die Bemühungen einer jungen, liebenswürdigen und ehrbaren Gattin, die rührenden Liebkosungen Ihrer Kinder würden Sie von dieser unglücklichen Leidenschaft des Spiels zurück— rufen, welche von der Langenweile und einer unbestimmten Unruhe genährt wird, Sie aus den Armen Ihrer Freunde reißt und Sie in Gesellschaften zieht, die durch die zügelloseste Habsucht vereinigt und durch die widerwär— tigsten Leidenschaften in Bewegung gesetzt werden.“ Auch guf anderem Wege suchte Stein für den Prinzen zu wirken, er wendete sich namentlich wiederholt an seine Aeltern, damit diese ihm durch Tilgung seiner Schul⸗ den, durch Erlaubniß zu nützlichen Reisen die Erreichung des Ziels, das Stein für ihn erstrebte, erleichterten. Der Erfolg war nicht der gewünschte. Stein schrieb später, den 15. Dezember 1799, an Frau von Berg: „Ich bedaure sehr, Ihnen keine befriedigende Nachrichten über Prinz Louis geben zu können; obgleich sein Regiment seit dem Oftober in Bielefeld steht, so bleibt er noch mmer in Hamburg, und wir leben hier in der vollkommen sten Unwissenheit über seine Aufführung. Ich fürchte sehr, er wird nie anders, als wegen des Mißbrauchs seiner wahrhaft seltenen Talente er⸗ wähnt, und diese niemals für das allgemeine Wohl verwendet werden.“
Von der allgemeinen Politik hielt sich Stein in diesen Jahren fern, er empfand gegen die Männer, welche den jungen, damals eben zur Regierung gelangten König umgaben, die entschiedenste Abneigung. Der König hatte gewünscht, daß der Herzog von Braunschweig die Leitung der ganzen Ver- waltung übernehme; der Herzog scheute aber die Mühen und die Verant- wortlichkeit einer solchen Stellung, und der König sah sich genöthigt, sich mit dem Generalmajor von Köckeritz, als General-Adjutanten, und dem Grafen Haugwitz, als Minister der auswärtigen Angelegenheiten, zu be— gnügen. Köckeritz war, nach Stein's Urtheil, ein ehrlicher, wohlmeinender, nach seiner Ueberzeugung dem König rathender Mann, aber von einge— schränkten Begriffen und ohne Bildung. Er hatte sein ganzes Leben mit dem kleinen Dienst in der potsdamer Garnison zugebracht, und wünschte weiter nichts, als Ruhe und Friede von außen, Ver- träglichkeit im Innern, um ungestört seine Spielpartie und Tabacks-= pfeife genießen zu können. Haugwitz besaß einen gewandten, biegsamen und schlauen Verstand, aber weder Stetigkeit noch Reinheit des Charakters. Er haite im Laufe seines Lebens mannichfaltige und einander widerspre— chende Formen angenommen: ein süßlicher Student, dann Nachahmer der sogenannten Genies deutscher Schöngeister, mit dem Streben nach dem
12 Schein eines ungebundenen Sonderlings, dann Landwirth, Theosoph, Gei— sterfeher, Frömmler, Anhänger der Herrnhuter, bei denen er erzogen war, in deren Sinn er ein Gebelbuch schrieb, zuletzt ausschweifend und genuß liebend bis zur Erschöpfung, mit oberflächlicher, schönwissenschaftlicher und Weltbildung, die er durch Lesen und auf Reisen erworben hatte, leer an gründlichen Kenntnissen, ohne Geschäftserfahrung, faul, abgespannt, zer streut. Dem Großherzog Leopold von Toskang auf einer Reise nach Ita—= lien bekannt geworden, ward er bei dessen Thronbesteigung erwählt, die Glückwünsche nach Wien zu bringen. Auf diese Weise lrat er in die aus- wärtigen Geschäfte. Er war gänzlich abhängig von dem Kabinetsrath Lombard, den er wiederum gegen die schon damals laut gewor— dene bffentliche Stimme hielt. Was Lombard angeht, so gehörte er zu der französischen Kolonie in Berlin, welche lange Zeit für eine Pflanz- schuͤle der Diplomaten galt, er besaß Geist, lebhaften Verstand, gründliche Renntniß der klassischen und französischen Literatur, Dichtertalent und große Gewandtheit in Arbeiten; aber sein Leichtsinn, seine liederlichen Sitten be— raubten ihn jeden inneren Halts; er war weichlich, schlaff, genußsüchtig. Der zweite Kabinetsrath war Beyme, von gewöhnlicher Necht⸗ schaffenheit, aber ohne große Gefühle, arbeitsam, kräftig, eitel und abspre—= chend. Er dachte nie an durchgreifende Verbesserungen, wollte nur flicken, das Laufende abmachen, das Alte halten, auch wo es nicht zu halten war.
Mit diesen Umgebungen konnte der König keinen krästigen Entschluß fassen. Als 1799 England, Rußland und Oesterreich eine neue Coalition schloffen, schien ihnen der Beistand Preußens unentbehrlich, um Frankreich ganz einzuschließen; Kaiser Paul schickte einen Unterhändler nach Belli. Der König, der sich gerade in einem Uebungslager zu Petershagen an der Weser befand, berieth sich zuerst mit dem Hersog von Braunschweig und Haugwitz, und war zum Beitritt geneigt. Aber auf der Reise von Minden nach Wesel redeten ihm Beyme und Köckeritz im entgegengesetzten Sinne zu, und er änderte seinen Entschluß, nachdem Haugnitz schon abgeschickt war, mit dem russischen Unterhändler abzuschließen. Die Coalition ward geschla— gen, und die Abtretung des linken Rheinusers war die Bedingung des Frie- dens. Um die Fürsten, deren Länder abgetreten wurden, zu entschädigen, mußten Secularisationen und Medlatisirungen im inneren Deutschland ge— schehen. Die Habsucht und der Neid der deutschen Fürsten gegen einander gab auch dies Geschäft in Frankreichs und Rußlands Hände. Oesterreich ward von den Vermittlern nur kärglich bedacht, um seine Eifersucht gegen Preußen rege zu erhalten. Preußen erhielt unter Anderem auch einen Theil der westfälischen Bisthümer. Sie für Preußen zu übernehmen und über— einstimmend mit der Verfassung der übrigen preußischen Länder einzurichten, ward Stein ausersehen. Die Aufgabe war zugleich schwierig und undank— bar. Die neuen Unterthanen waren über den unfreiwilligen Wechsel ihrer Herren erbittert, und wenig entgegenkommend. Die Mitberechtigten, d. h. die Fürsten, welche zu ihrer Entschädigung auf den übrigen Theil der Bis— thümer angewiesen waren, erschwerten durch ihre Ansprüche auf Theilnahme jede Verhandlung. Stein suchte nun zuerst unter den Landesangehörigen selbst und zwar wo möglich unter den ehemaligen Mitgliedern der Landstände, einige Männer zu gewinnen, welche geneigt wären, die Vorarbeiten zur Reorgani— sation zu übernehmen. Mit diesen Beamten, deren Kenntniß der Verhält- nisse se wenig wie ihre Unparteilichkeit und Liebe zum Lande bezweifelt werden konnte, sand er dann allmälig Zutrauen beim Volke und bei den Interessenten und brachte endlich auch nach mehr als einjährigen An— strengungen eine Auseinandersetzung und Organisation zu Stande, welche alle Parieien befriedigte: Charalteristisch ist sein Verhalten, als nach diesem glücklich erreichten Resultat die fürstlichen Abgeordneten den preußischen Be— vollmächtigten ein Geschenk von tausend Carolin anboten. Stein, davon in Kenntniß gesetzt, zeigte dem Generaldirektorium (so hieß damals das vor— gesetzte Ministerium) den Vorgang mit den Worten an: „Ich haste es un⸗ ser der Würde der Staatsdiener der preußischen Monarchie, Geschenke von kleinen und selbst in diesem Augenblick noch Geldunterstützung benöthigten Ständen anzunehmen. Verdienen die Staatsbeamten dieser Monarchie eine Belohnung, so dürfen sie sie nur von Ew. Königlichen Majestät erwarten.“ Der Graf Haugwitz war freilich anderer Meinung; er erwiederte, solche Geldbelohnungen seien keineswegs ungewöhnlich, und er erachtete dieselben namentlich für passender als eine Erhebung in den Adelstand, auf welche Stein für die verdienten Beamten angetragen halte.
Während Stein so für die Organisation der preußischen Besitzungen thätig war, wären seine eigenen beinahe zum Opfer einer anderen Art von Organisation gefallen. Bei der neuen Theilung von Land und Leuten und der daraus erwach⸗ fenden Verwirrung glaubten die kleineren Reichsstände eine gute Gelegenheit gefunden zu haben, sich auf Kosten der kleinsten zu vergrößern; es begann ein ziemlich allgemeiner Versuch der fürsilichen Reichsstände, mit den reichs— ritterschaftlichen Besitzungen sich zu arrondiren. So erließ der Herzog von Nassau. Usingen am 31. Dezember 1803 ein Patent, „er wolle die in seinem Gebiet gelegenen reichsritterschaftlichen Besitzungen gegen andere Stände sichern, und darüber die Landeshoheit nehmen, wenn die Auflösung der Reichsriiterschaft erfolgen sollte.“ Drei Tage darauf erschienen nassausche Beamte und Truppen auf den Steinschen Gütern, nahmen Besitz davon und verboten die fernere Bezahlung der Abgaben an den Herrn von Stein. Der Steinsche Rath Wieler legte sogleich Verwahrung, ein, und Stein selbst schrieb auf die erste Nachricht von der Gewaltthat einen Brief an den Herzog, worin es unter Anderem heißt: „Deutschlands Ungabhän⸗ gigkeit und S elbstständigkeit. wird dunch, die Co nsolid ation der wenigen reichsritterschaftlichen Besitzungen mit denen sie umgebenden kleinen Territorien wenig gewinnen; sol— len diese für die Nation so wohlthätigen, großen 3weche erreicht werden, so müssen diese kleinen Staaten mit den beiden großen Monarch ieen, von deren Existenz die Fort— dauer des deutschen Namens abhängt, vereinigt werden, und die Vorsehung gebe, daß ich dieses glü ckliche Ereigniß ,, Die Beweggründe, worauf das Patent beruht, finden auf meine hinweggenommenen Dörfer keine Anwendung; sie selbst nebst ihren Feldmarken liegen mitten in den nassauischen Fürstenthümern. Keiner der benachbarten Fürsten konnte, ohne mehrere Stunden weit durch das Nassaui— sche zu gehen, sie besetzen, und eine solche Gewalthätigkeit war nicht zu er— warten. Diese schützende Maßregel war also nicht erforderlich, sie ist aber auch von einer inkompetenten Behörde angeordnet? Ew. Durchlaucht versprechen im Fall der Auflösung der Ritterschaft ihren Mitgliedern Alles, was Höchstdero angestammte Liebe zur Billigkeit und Achtung gegen ange sehene Familien nur an die Hand geben könne. Es wird also statt eines auf Gesetze und Verfassung gegründeten Zustandes ein bittweiser, auf Bil— ligkeit und andere wandelbaren Basen beruhender, zugesagt. Welche Aus⸗ sicht!! und auch auf diese darf ich nicht rechnen Wird der ritter⸗ schaftliche Verein auf eine gewaltsame Art zertrümmert, so entsage ich dem Aufenthalt in einem Lande, das mich mit Gegenständen bitterer Erinnerun— gen umgiebt, und wo mir alles den Gedanken an den Verlust meiner Un abhängigkeit und meine neue Fesseln zurückruft.“ Uebereinstimmend damit erklärte er seinem Rath Wieler: „Wird die Ritterschaft aufgelöst, so komme ich nie wieder nach Nassau (so hieß sein Bauerhof) und behandele dieses ganz als ein Bauerngut, verpachte die Gärten, holze den Stein ab u. s. w. Ich werde nie einen Räuber für meinen Landesherrn anerken— nen.“ Diesmal gelang jedoch dem Herzog seine Absicht noch nicht. Stein's Btief, der gedruckt verbreitet ward, regte die öffentliche Stimme zu hefüi auf: die Nassauer mußten unverrichteter Sache wieder abziehen. eh
entdeckt. Friedrich Wilhelm II. bei einer Vorstellung scherzend
/ lischen Blokade wegen des dadurch erzwungenen lebhafteren
mache es nicht,“ sagte Stein später einmal, „wie ein begossener Kater, der den Schwanz zwischen die Beine zieht und sich davonmacht; ich beiße tüchtig um mich.“
Bereits am 1. Dezember 1803 war Stein Ober- Präsident von ganz Westfalen geworden, indem zu seinem früheren Departement setzt auch die neuerworbenen Länder hinzutraten. Es änderte sich damit nur das Gebiet, nicht die Art und die Richtung seiner Wirksamkeit. Mit wie umfassendem Geist er die Fortentwickelung aller Theile des Nationalwohlstandes erstrebte, beweist am besten der vol. ihm selbst verfaßte Verwaltungs-Bericht vom 109. März 1801, welchen Pertz veröffentlicht. Kaum irgend ein Zweig der materiellen Interessen, den er nicht durchforscht hätte und für den er nicht neue Schöpfungen in Aussicht stellte! Viele von den Einrichtungen, die später unter seinem eigenen und seiner Nachfolger Ministerien ausgeführt wurden, finden sich hier schon angedeutet, und Manches, womit man heut zu Tage noch beschäftigt ist, die Errichtung von Kreditkassen z. B., wird hier schon entworfen. Zugleich war aber Stein auf die Heranbildung jüngerer tüchtiger Beamten bedacht, weil er erkannte, wie viel gerade in der Verwaltung an der Ausführung gelegen sei; und dabei ist wieder der richtige Blick zu bewundern, mit dem er stets die Fä— higsten herausfand. Bei dem später berühmten Freiherrn von Vincke hatte er schon in den Anfängen der Laufbahn desselben das ungewöhnliche Talent Er machte ihn zum Landrath, als er noch so jung war, daß fragte: Macht man hier Kinder zu Landräthen? Ja, sagte Stein, ein Jüngling an Jahren aber ein Greis an Weisheit! Er hob ihn schnell von einer Stufe zur anderen, und bei seinem Abgang aus der Provinz ruhte er nicht eher, als bis sie in ihm einen würdigen Stellvertreter seiner erhielt.
Im Sommer 18094 war der Minister Stiuensee so gefährlich erkrankt, daß er sich von den Geschästen zurüchziehen musite. Der Kabinels-Rath Beyme schlug dem Könige Stein an seiner Statt vor; Stein ward ernannt und nahm die Stelle nach einigen Unterhandlungen an. Welches Mini sterium er aber damit erhielt, läßt sich nicht so kürzlich angeben; die ßische Ministerial⸗Verfassung war damals so eigenthümlich verwickelt, daß die bestimmten Geschäftskreise der einzelnen Minister nur mit Mühe gesondert werden können. Die oberste Finanz- und Polizei-Behörde des preußischen Staates (das General-Direktorium) bestand aus einer Anzahl Provinzial und einigen Fachministern. Eine Art leitender Minister war dec General— Controlleur der Finanzen und Schatzmeister, damals Graf Schulenburg— Kehnert, unter ihm verwalteten vier Minister die Provinzen, mit Ausnahme Schlesiens, das wieder ganz außerhalb des General-⸗Direftoriums stand, ein Minister die Accise-, Zoll, Salz-, Fabrik-, Manufaktur- und Kommerz Sachen, ein anderer das Berg und Hüttenwesen. Das Ministerium der Accise, Salz und Manufaktursachen war es nun, welches Stein erhielt, so weit dasselbe nicht durch die gleichberechtigten Provinzial⸗Minister und den Schatzmeister beschränkt war. Stein suchte sich aber sogleich möglichst un— abhängig zu stellen, und er erhielt von dem Kabinets-Rath Beyme, der alle Schreiben des Königs, und namentlich die Ernennungen, mit seinen Schreiben zu begleiten und nach seiner Art zu erläutern pflegte, gleich An= fangs die Versicherung, daß wenn die Bank, Seehandlung und Salz⸗-Ad— ministration auch dem Namen nach mit unter dem Grafen Schulenburg ständen, derselbe doch eben nur den Namen hergeben, höchstens guten Rath ertheilen, die Entscheidung aber stets bei Stein sein solle.
Stein begann seine Geschäste mit der Ueberzeugung, daß in einem Lande von sehr mittelmäßiger Ertragsfähigkeit die freie Benutzung des Bo dens und eine möglichst geringe Beschränkung des menschlichen Fleißes die fehlenden Güter ersetzen müssen. Und diese beiden Prinzipien Freiheit des Bodens und Freiheit der Arbeit waren es, auf denen später der neue preußische Staat auferbaut wurde. So weit war Stein Anhänger des physiokratischen und Smithschen Sostems; in dem Sinne aber, wie dasselbe im Gegensatz des nationalen Handelsspstems auftritt, war er es nicht. beabsichtigte große Baumwollspinnereien anzulegen, um das Land von seine bisherigen Abgabe an das Ausland zu befreien; er freute sich fast der en
prell⸗
r
den Handelsplätzen des Kontinents selbst. Von den zahlre die Stein schon in diesen Jahren auf dem Gebiet des l Gewerbe durchführte oder anbahnte, kann eine dürftige Aufzäh keine Anschauung geben; Pertz hebt deshalb auch nur die Haupt hervor, und schildert mehr die Regsamkeit, mit der er in alle
. drang und den unermüdlichen Eifer, der ihn keine Anstrengung scheuen lief von Provinz zu Provinz in n Reisen führte, um sich per ic von dem Zustand der Dinge und dem, was Noth that, zu ü hätten wohl gewünscht, daß Pert Theile von S
und namentlich den positiven Schöpfungen desselben größe
seligen
z diesem
1 7 29 ] schenkt hätte; wir verkennen aber nicht, daß darunter die Harmonie de J NR MBichtiał al . Ganzen gelitten hätte. Von allgemeinerer Wichtigkeit als die handel li tische Thätigkeit Steins war sein politischer Einfluß, und seinen politischen
n m h 2 Nor! Handlungen gebührt deshalb der Vorzug. (Schluß folgt.) 2 2 s 2 * E 2 w 2 Eisenbahn⸗Verkehr. Köln-Mindener Eisenbahn Im Monat November 1849 wurden eingenommer Rthlr. Sgr. Pf Rthli r. Pf
aus dem Personen-ransport
Güter⸗-Transport
18 6, .
78,898. 11. 10.
Summa 127,104. 1
Im Monat Novbr. 1848 wurden eingenommen: aus dem Personen⸗-Transport 41,779. 23. 9. Güter⸗Transport 566 ,, .
Summa 108,027. 1. 10.
Mithin im Monat Nov. 1849 ein Plus von 19 , ö. In den ersten 11 Monaten des Jahres 1849
wurden eingenommen: aus dem Personen-Transport 704,631. 8. 2. „ Güter⸗Transport*) 765,176. 13. 9. Summa 1,469,807. 21. 11
In den ersten 11 Monaten des Jahres 148 dagegen: aus dem Personen⸗-Transport 699,461. 13. 7
— „ Güter⸗Transport 441,158. 23. Summa 1,140,620. 7
1849 ein Plus von 329,187. 14. 11
.
Mithin pr. ) inkl. eines Plus von 1921 Rthlr. 21 Sgr. 2 Pf., welches sich bei Fest stellung durch die Kontrolle für den Monat Oktober ergeben hat.
.
e, m e .
Bekanntmachungen.
las ,
Gegen den unten signalisirten Lohgerbergesellen In⸗ lius Joha nn Becker, welcher * in . aufhielt, ist wegen großen Hausdiebstahls die Untersu' chung eingeleitet worden. Derselbe hat sich jedoch seit dem 11. Juli d. J. aus Rummelsburg entfernt und ist angeblich über Pollnow nach Segenseld gegangen. Da indessen sein Aufenthaltsort nicht zu ermitteln ist so werden sämmtliche Civil. und Milligit- Behbrdäan ergebenst ersucht, auf den 21. Becher Acht zu haben und ihn im Betretungsfalle zu verhaften und an un— seren Gefangen⸗Inspeltor abliefern zu lassen.
Bütow, den 16. Dezember 1849.
Königliches Kreisgericht. J. Abtheilung.
59
Slg hn alem ent,
Der Lohgerbergesell Julius Johann Becker ist aus Segenseld gebürtig, hat sich früher in Goldberg aufgehalten, wo sein Wanderbuch unterm 24. Novem- ber 1835 von dem dasigen Magistrate ausgestellt ist.
Größe: 5 Fuß 3 Zoll, Haare: dunkelbraun, Au— genbrauen: braun, Augen: klein, Stirn: frei, Nase und Mund: groß, Bart: schwarz, Kinn: oval, Gesichts farbe: gesund, Statur: klein. hat einen krummen Finger. 1 5 von Seiten des Königl. Preußischen Konsu—
lats für die Walachei.
Die unter Preußischem Schutze stehende Handlung der Gebrüder Bakaloglu hat im Jahre 1845 ihre Zah— Der Erlss ihres Waarenlagers ist unter diejenigen Gläubiger pro rata vertheilt worden, welche sich bei dem Konsulate gemeldet haben. stehend verzeichnete Personen haben die auf sie fallen
Fd oislrtalr GC itg ti d h.
Die verehelichte Brenner Kremin, Ludowiea geborene Czarnecka, hat gegen ihren Ehemann, den Brenner Kan Kremin, wegen böslicher Verlassung und Bigamie auf Ehescheidung angetragen.
Klage haben wir einen Termin auf den 14. März 1850, Vormittags 11 Uhr,
Kulm, den 10. November 1849. Königl. Kreisgericht.
vor dem Herrn Obergerichts -Assessor Annusle anbe⸗ raumt, und laden hierzu den Beklagten, welcher sich im Jahre 1847 von Gniewkowo entfernt hat und dessen gegenwärtiger Aufenthalt unbekannt ist, unter der Ver— warnung vor, daß bei seinem Ausbleiben dem Antrage der Klägerin gemäß erkannt werden wird.
I. Abtheilung.
den, neben dem Namen ausgedrückten Raten bisher nicht erhoben, auch ist ihr Wohnort nicht zu ermitteln gewesen. Sie werden daher aufgefordert, bis zum 1. Juli k. J. den auf sie fallenden Betrag zu erheben, widrigenfalls derselbe unter diejenigen Gläubiger ver theilt werden wird, welche sich bei dem Konsulate ge— meldet haben.
1) Gebrüder Wildmann (oder Boldmann) haben zu
erhalten 462 Piaster 25 Para,
Besondere Kennzeichen:
lungen eingestellt. Zur Beantwortung dieser
D gn nin n chan ng
2) die Handlung Wall (oder Boual) 502 Piaster 15 Para, ö .
3) Gebrüder Molli 408 Piaster 15 Para,
4) die Handlung Boual i037 Piaster 33 Para,
F) die Handlung Zoupper (wahrscheinlich Zuber aus Karlsruhe) 608 Piaster 37 Para.
Bukarest, den 11. Dezember 1849.
8.) (gez. König.
Nach⸗ ¶
Das Abonnem ent beträgt: 3 Rthlr. für J Jahr. 4 Rthlr.« * Jahr. 8 in allen Theilen der Monarchie ohne Preis ⸗Erhöhung. — Bei einzelnen Nummern wird der Bogen mit 25 Sgr. berechnet.
2 7 3 *
3 In t
Preußischer
Anzeiger.
Berlin, Do nner stag den 3. Fanuar
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9
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Deutschlan d.
Preußen. Potsdam. Hofnachricht. Berlin. Die Mäcrkische Eisenbahn.
Oesterreich. Wien. Die Finanz-⸗Ergebnisse. Die Zolllommissions⸗ anträge. Die Fragt hinsichtlich des Zollanschlusses von Oesterreich an Deutschland. Herabsetzung des Ausgangszolls auf Uhren. Auf⸗ hebung des Zeitungsstempels. Vermischtes. Triest. Erdbeben.
Bayern. München. Geheimerath Dr. Walther 4.
Hessen und bei Rhein. Darm stadt. Kammer ⸗Verhandlungen.
Anhalt ⸗Deßau. Deßau.
Befinden der Herzogin. Frankfurt. Frankfurt a. M. Festmahl beim Enherzog Johann. — Ankunft des Prinzen von Preußen.
A uslaud.
Niederschlesisch⸗
Oesterreich. Lemberg. Handhabung des Belagerungszustandes, — Zemlin. Die kirchlichen Angelegenheiten der serbischen Woywodschaft.
Frankreich. Geschgebende Versammlung. Die La Plata-An- gelegenheiten. — Paris. Der Neujahrs-⸗Empfang beim Präsidenten.— Aufschub der Auflösung der Mobllgarde. Diplomatische Konferenzen.
Gesandter für Spanien. — Vermischtes.
Großbritanien und Irland. London. zollsystem. .
Nußland und Polen. St. Petersburg. Ukas und Tagesbefehl in Bezug auf die Geburt eines Enlels des Kaisers. Die Eisenbahn nach Moskau. Kalisch. Gewerbeverkehr. Klassensteuer.
Niederlande. Aus dem Haag. Kammer-Verhandlungen.
Italien. Von der italienischen Gränze. Nachrichten aus ver schiedenen Staaten.
Börsen und Handels⸗Nachrichten.
Peel gegen das Schutz
2. me m
Amtlicher Theil.
Des Königs Majestät haben Sr. Hoheit dem Erbprinzen don Sachsen-Meiningen-Hildburghausen den Schwarzen Adler-Orden zu verleihen geruht.
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Dem Großherzoglich mecklenburg-schwerinschen Hof⸗Marschall von Bülow den Stern zum Rothen Adler-Orden zweiter Klasse, so wie dem fürstbischöflichen Rath, Redacteur und Herausgeber des Oesterreichischen Zuschauers, Dr. Ebersberg in Wien, den Ro⸗ then Adler⸗Orden vierter Klasse zu verleihen;
Dem Geheimen Registrator Lop pe in dem Ministerium der geistlichen . den Charakter eines Kanzlei⸗Raths bei zulegen; un
An die Stelle des bisherigen Vice
f igen FRiee Konsuls Fr, Winberg in Kronstadt den Kaufmann Earl Winberg zum vic? don i daselbst zu ernennen. die Trauer auf 14
ir Königliche Hof legt heute, am 2ten, . von Anhalt⸗
22 k * ö ser gain raae für Ihre Königl. Hohei die Frau Herzogin Deßau an. .
Berlin, den 2. Januar 1850. — ( .
Der Vice⸗Ober⸗CEeremonienmeister,
Freiherr von Stillfried.
Se. Königl. Hoheit der Prinz August
St. Petersburg zurückgekehrt.
Angekommen: on Württemberg ist von St.
ö
Uichtamtlicher Theil. Dent schland.
Potsdam, 1. Jan. Se. Majestat der König und Ihre Majestät die Königin geruhten hzute Morgen vor 15 Uhr, die Glückwünsche der Prinzen und der Prinzessinnen des Kö⸗ niglichen Hauses, so wie der Hofstaaten und. der Minister, im Kö— niglichen Schlosse zu Charlottenburg entgegenzunehmen. Um 10 Uhr wohnten Allerhöchstdieselben nebst den Prinzen und Prinzessin nen dem Gottesdienste in der Schloßkapelle bei und fuhren später um 125 Uhr nach Potsdam, wohin von Berlin aus ein Extrazug die Allerhöchsten und höchsten Heirschaften beförderte. . vam waren im Königlichen Schlosse die 3 fftzier Corps, dir König⸗ ffaen und stäbtischen Behörden, so wie die Geistlichkeit, im König— lichen Schlosse zur Gratulation persanmelt; Un 3 Uhr fand groö⸗ ßes Diner statt, an dem sämmtlich Kontglich prinzen , m. zessinnen, so wie die ß ,, Hennen i en, Theil nahmen. Außer den Hofsstagten ,, zöheren häilitairpersonen, Civilbe amten und Geistlichen von. Potsdam, so wie einige andere Perso⸗ nen von Auszeichnung, befohlen. =.
Leider ward die Feier des Tages durch das Cintreffen der Nachticht von dem Ableben der Frgu Herzogin von Deßau Königl. in schmerzlicher Weise getrübt.
2. Jan. Nachdem sbie Köönigliche Verwaltung der Märtischen Eisenbahn heute durch den Königlichen Avministration der Bahn und des Betriebes eingewiesen worden ist, hat dieselbe ihre Functionen angetreten.
Oesterreich. Wien, 31. Dez. Mtachträglich zu den gestern nn e me Ergebnissen Re gsnan iel ng Ciel ght ung im . Zunrtale 1849“ giebt der Lloyd noch die Nesultate derselben wäh⸗ rend der verflossenen neun Monate des Jahres. „Vom 1. Novem⸗ ber 15418“, bemerkt dies Blatt, „bis Enpe 9 ä5t9 betrug die Gesammtsumme der Einnahmen , , Fh, Ausgaben 193,192, 636 Fl., blieben sonach zu decken 90, 46,9864 Fl. Durch
Preußen.
Hoheit
Berlin, Niederschlesisch . Kommissarius in dit
mehrfache außerordentliche Rückzahlungen wurde dieser Betrag zur kompletten Summe von 91,125,787 Fl. gesteigert. Die Deckung erfolgte mittelst des Kredits der Nationalbank, welche im Laufe der neun Monate dem Staate 20 Millionen unver— zinslich und 14 Millionen zu 5pCt. darlieh, mittelst der Ausgabe ungarischer Assignationen im Totalbetrage von 9,024,932 Fl., Zproz. Central⸗Kassen⸗Anweisungen im Betrage von 44,583, 100 Fl., lombardisch-venetianischen Tresorscheine im Betrage von 6,636,140 Fl. ꝛc. 2c. Hieraus ergiebt sich, daß die Einnahme in den Monaten Mai, Junt und Juli d. J. sich, verglichen mit den früheren Quartalen, nicht bedeutend erhöht hatte, während die Last der Ausgaben, ohne Zweifel zunächst in Folge der im Som mer d. J. höchstgesteigerten Armee⸗Auslagen, zunahm. Das Bud get dieses wichtigen Zweiges betrug im dritten Quartal allein 15, 025,927 Fl. E. M. Als Resultat der finanziellen Gebahrung des gesammfen Verwaltungsjahres 1848 ergiebt sich hoffentlich ein ungleich befriedigenderes Ergebniß, da in der Periode des vierten Quartals, worüber jedoch bis jetzt noch kein Ausweis zusammengestellt wurde, der Ausschuß des 41proz. Anlehens, das Einlaufen der sardinischen Kriegsentschädigungs-Raten, die Herstel= lung des Friedens und namhafter Steuerzuwachs von Ungarn und Italien her zusammentreffen.“ Der Wanderer sagt: „Wenn wir nicht dem Ausweis über die Finanzgebahrung des dritten Quartals 1849 mit Befriedigung entnehmen, daß Ungarn und Italien bereits wieder als kontribuirend eingetreten, so können wir unser Bedauern über die Lage von Siebenbürgen, von Croatien, Slavonien, der Woi
wodschaft und des temescher Banats nicht unterdrücken, welche Kronländer, durch die Leiden des Krieges hart mitgenommen, noch nicht in die Reihe der contributionsfähigen eintreten konnten. Es ist kein Zweifel, daß die Veröffentlichung der Finanzgebahrung den sichersten Haltpunkt zur Beurtheilung unserer so vielfach und fälsch— lich gedeuteten finanziellen Verhältnisse bietet, kein Zweifel, daß nur dadurch allein die Ueberzeugung von dem Maße unserer Hülfsquellen gewonnen werden kann. Die Wichtigkeit dieser Publication wird noch dadurch gesteigert werden, daß wir hier zum erstenmale wieder, wenn auch nur in einzelnen Posten, den eigenthümlichen Ergebnissen der neu⸗ okkupirten Provinzen begegnen. So finden wir unter den direkten Steuern, welche im Ganzen mit 13,053,241 Fl. ausgeworfen sind, einen außerordentlichen Zuschlag zur Grundsteuer im lombardisch⸗ venetianischen Königreiche mit der Summe von J,645, 822 und bei den indirekten Abgaben, welche im Ganzen mit 18,253,552 Fl. an⸗ gegeben werden, vereinigte Gebühren, so wie Pulver und Salpe⸗ ter, in dem lombardisch-venetianischen Königreiche mit 74,079 Fl. Wenn wir nun auch sowohl bei den direkten als indirekten Abgaben eine Vermehrung gegen die früheren Quartale bemerken, so kön⸗— nen wir leider dasselbe nicht ganz von den anderen Staats⸗Ein⸗ nahmen sagen und finden bei zwei der wichtigsten Posten in der Rubrik: Einnahme vom Staats-Eigenthume, vom Berg- und Münz⸗ wesen, das fatale Wort Abgang; bei den Aerarialfabriken nämlich,
. großen Irrthume unserer Staats- Oekonomen, und 6 den Staatsbahnen, Wir sind sehr begierig ö glau⸗ en ee, aber nicht, vo, letzterer Posten, welcher jetzt be— reits die Höhe von 526,379 erreicht, sich unter dem neuen
Projekt des Handelsministers vermindern werbe. Ob bei dem Bergwesen, das in dieser Rubrik mit 1,013,612 Fl. vertreten ist, auch schon jene Metallschätze eingerechnet sind, welche der ungarische Finanzminister Duschek ablieferte, ist hier zwar nicht angegeben, wäre aber zu wissen nicht uninteressant. Die Gesammtsumme der Einnahmen in dieser Rubrik beträgt 473,342 Fl. Die Ueberschüsse des Tilgungsfonds betragen 2,524,900 Fl. Die letzte Rubrik der Einnahmen summirt verschiedene kleinere Posten zusammen. Hier müs— sen wir bemerken, daß es nicht uninteressant gewesen wäre, die Rubrik „Fiskalitäten“ und „Heimfälligkeiten,“ welche hier mit 26,3141. ange geben, etwas genauer ausgeworfen zu sehen, indem es vonWichtigkeit wäre, zu wissen, ob jene Fiskalstrafen, welche den italienischen Nobilis auferlegt wurden, oder die Contribution einzelner Judengemeinden ir Ungarn, oder die dort ebenfalls vorgenommenen Confiscationen in diese Rubrik zu werfen sind. Einen unangenehmen Eindruck muß ein Posten dieser Rubrik machen, nämlich jener: „patriotische Gaben“, 6106 Fl.! Es ist traurig, daß die Patrioten des großen Oesterreich in drei Monaten nicht mehr auf den Altar des Vater— landes niederlegten! Rechnen wir also alle Einnahmen zusammen, so ergiebt sich die Gesammt⸗ Summe von 35,126,536
Fl. in einem Quartale, wo die Steuern und Zuflüsse fast aus dem ganzen Bereiche der Monarchie eingegangen. Bei den Ausgaben macht die Wiener Zeitung die Be⸗
merkung, daß dieselben nicht durchgehends die wirklich verwendeten Summen, sondern die zur Bedeckung derselben aus der Staats⸗ Centralkasse und den Provinzial-Einnahmekassen flüssig gemachten Dotationen darstellen, von welchen zu Ende der Verwaltungs— periode nicht unbedeutende Beträge als Kassenvorräthe bei den Kassen der einzelnen Verwaltungszweige für die nächste Periode zurückbleiben. Wir begegnen hier vor Allem den Zinsen der sämmtlichen Staatsschuld, welche in diesem Quartale 17, 220, 631 Fl. C. M. betragen, eine Summe, welche, wenn auch nach der neuen Convention mit der Bank eine Zinsfußverminderung eines kleinen Theiles der Staatsschuld stattgefunden, dennoch in den kommenden Monaten leider eine neue aus dem allgemeinen Defizit hervorgehende Erhöhung erfahren dürfte. Für den Hof— staat finden wir die Summe von 963,764 Fl., für den Minister⸗ rath 22,„87, für das Ministerium des Aeußern 138,356 Fl., angesetzt. Das Ministerium des Innern ist mit einer Dotation von 3,975,470 Fl. bedacht. Nicht ohne wehmüthige Erinnerung liest man dabei Auslagen für die beiden Reichstage in Wien und Frank⸗ furt 37,282 Fl. Die politische Verwaltung in den einzelnen Kron ländern ist mit der Summe von 2,025,360 angegeben; wir bedauern sehr, dabei nicht Aufschluß zu erhalten, ob darin schon jene Ent- schäbigungen mit inbegriffen sind, welche den Patrimonialgerichten bei provisorischer Fortsetzung ihrer Wirksamkeit in Aussicht gestellt wurden. Nicht verhehlen sönnen wir dagegen, daß wir die Summe
von 479,108 Fl. für öffentliche Sicherheit für viel zu klein halten,
wenn wir annehmen, daß die einzige Stadt Paris die gleiche
Summe für das Gleiche in ihrem Budget berechnet. Das Kriegs⸗
Ministerium ist mit 45,351,943 Fl. angesetzt. Aus der Post von
16,501 Fl. für die Reichsfestungen Mainz und Luxemburg ersehen wir mit
Vergnügen, daß einerseits unsere Regierung Deutschland als Reich aner⸗
kannt und andererseits ihren Reichspflichten, was die Geldsache betraf,
immer nachgekommen ist. Für das Ministerium der Finanzen sind
3, 8õ8, 694 Fl. ausgewiesen, von welchen jene von 1,339,030 Fl.,
welche für Finanzwache angegeben, wohl in nächster Zeit durch
das verfassungsmäßige Fallen der Zollschranken gegen Ungarn sich
ermäßigen dürfte. Zwei Posten sind es, welche hier unsere Auf⸗
merksamkeit in Anspruch nehmen: Quieszenten⸗-Gehalte und Pensio⸗
nen der zu keinem der Verwaltungszweige gehörigen Individuen
smit Ausnahme des lombardisch-venetianischen Königreiches)
76,588 Fl., und Penstonen und Quieszenten⸗Genüsse aller Gefälls- und Verwaltungszweige im lombardisch⸗-venetianischen König⸗ reiche 362,552 Fl., letzterer eine traurige Erinnerung an den ersten italienischen Krieg, welcher so viele Beamte von ihren Posten entfernte. Das Ministerium der Justiz ist mit 1,259, 301 Fl. C. M. bedacht, von denen die Justiz-Verwaltung in den einzelnen Fron⸗ ländern 1,185,374 wegnimmt. Da wir von jeher gewohnt sind, das Ministerium des Ünterrichts als das mindestdotirte zu kennen, so überrascht es nicht, für einen der wichtigsten Zweige im Staate nur die Kleinigkeit von 480,116 zu finden. Das Ministerium des Handels, mit 5,832,820 Fl. C. M. bedacht, erscheint natürlich im Bau der Eisenbahnen am stärksten numerirt, nämlich mit 3, 283,979 Fl. C. M. Nicht uninteressant wäre es aber, zu erfahren, welche Straßen- und Wasserbauten denn eigentlich vorgenommen wurden, die mit nicht weniger als 2,121,749 Fl. C.⸗M. ausgeworfen sind. Bei dem Ministerium für Landeskultur und Bergwesen ist die Wahrneh— mung sehr interessant, daß die Centralleitung mit 36,283 Fl. vier⸗ mal so viel kostet, als der Staat zu Beiträgen zur Förderung der Landwirthschaft und Viehzucht verwendet, nämlich 9725 Fl. Die Kontroll-Behörden, die sich hoffentlich in einen consti'utionellen ober⸗ sten Rechnungshof verwandeln werden, absorbiren ebenfalls die Summe von 149,741 Fl. Die Gesammtsumme der Ausgaben be⸗ trägt also 79, 859, H31 Fl. Vergleicht man die Einnahmen mit 35,126,536 Fl. mit den Ausgaben mit 79, 899,631 Fl., so ergiebt sich ein Abgang mit 44,773,055 Fl. Außerdem wurden verwendet: Zur Einlösung prozentiger Central-Kassenanweisungen 48,920 Fl. Zur Einlöfung von Hypothekar-Anweisungen 1259 Fl. Zur Be⸗ richtigung von Daz-Entschädigungs⸗-Kapitalien 3668 Fl. Zur Zu⸗ rückzahlung gerichtlicher Depositen 36,889 Fl. Es waren somit zu bedecken 41,863,822 Fl. Die besonderen Zuflüsse betrugen, und zwar: Durch Abfuhren von gerichtlichen Depositen 42, 6907 51. Durch Hinausgabe von 3proz. Kassen-Anweisungen und zwar; Gegen Baar geld 6.295.305 Fl. Statt Zahlung 23,8587, 900 Fl. Durch Verwen⸗ dung von Tresorscheinen im lombardisch- venetianischen König reiche zu Zahlungen 6,636,149 Fl. Durch Verwendung von An⸗ weisungen auf die Landes-Einkünfte Ungarns 8,474,932 Fl. Durch
die Hinausgabe von deutschen Münzscheinen S883, 503 Fl. Durch die Hinausgabe von 5 pCt. C. M. Obligationen zur Berichtigung von Daz⸗Entschädigungs-Kapitalten 36650 Fl. Durch Wechsel 2, 700,605 Fl. Zusammen 418,924,747 Fl. Es blieben somit dis⸗ ponibel 4,060,925 Fl., die zum Theil zu Vorschüssen verwendet wurden, deren definitive Verrechnung erst später erfolgt; zum Theil aber als Verläge nach Siebenbürgen, Croatien, Slasonien, der serbischen Woiwodschaft und dem temescher Banate abgesendet wur⸗ den, deren finanzielle Gebahrung in die vorliegende Darstellung noch nicht einbezogen werden konnte.“ .
Im Wanderer liest man: „Zu den Vortheilen, welche die Handelswelt durch die von der Zollkommission beantragte Aufhebung der Werthzölle und Einführung des Gewichts als Einheit bei der Zollbemessung erwartet, kömmt noch eine Erweiterung der beste— henden Zoll-Befreiungen, welche die Kommission ebenfalls beantragt hat. Es sollen hiernach 1) alle Gegenstände in Mengen, von denen die Zollgebühr in der Einfuhr nicht 1 Kreuzer beträgt, die Zolllinie frei und auch außer den Zollstraßen, nur gegen vor läufige Anmeldung bei dem nächsten Finanz-Wachposten passiren können; dies soll 2) ganz auf gleiche Weise einigen ohnehin gering belegten und keinen Gegenstand eines größeren Handels verkehrs bildenden Waaren des täglichen Bedarfs oder ländlichen Verkehrs freistehen; 3) sollen alle Waaren, die anerkannt auslaͤn dischen Ursprungs sind, in der Ausfuhr, so wie im Zwischenverkehr von jeder Zollentrichtung unbedingt und ohne Forderung irgend einer Nachweisung befreit werden.“ .
Durch die Anwesenheit des Fürsten Felix von Hohenlohe u des Herrn Degenkolb, Präsidenten und Vice⸗Präsidenten des Ver eins zum Schutz der deutschen Arbeit, wurde der letzte Versamm⸗— lungs-Abend im nieder-österreichischen Gewerbevereine zu einem dei besuchtesten. „Gegenstand der Besprechung“, so berichtet der Lloyd, „war der Zoll⸗Anschluß von Oesterreich an Deutschland. Her Vice-Präsident Degenkolb hielt eine Anrede, in welcher er der Hoff— nung Raum giebt, daß, wenn auch der „Traum“ einer politischen Einigung verschwunden ist, die materielle noch immer ange— bahnt werden könne. Er sprach hierauf beiläufig, wie folgt: „„Wenn Ihre erleuchtete Regierung, wie es scheint, den Ent schluß gefaßt hat, die Prohibition fallen zu lassen, so ist da— mit die Vereinigung mit Deutschland noch nicht ausgespro⸗ chen, aber sie ist wenigstens erleichtert. Aber von welch' großer Wichtigkeit würde es nicht in materieller Beziehung für ganz Deutsch= land und eben dadurch auch für Oesterreich sein, wenn das Adria⸗ tische Meer mit den Ostseehäfen verbunden wäre. Und wenn es geschähe, was hätten sie in den meisten Fällen zu befürchten? Nach meiner Ueberzeugung kann ich keine derlei Befürchtungen für Sie mit Ihnen theilen. Sie haben ein reiches, an Roh- und Boden⸗ produkten gesegnetes Land; Ihre Industrie ist ausgebildet und in vielen Fällen weit besser, als jene in den Zollvereins -Staaten. Der Grund des Wunsches der Nicht⸗Einigung kann nur darin lie⸗
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