1850 / 166 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

lung vergessen, welche in der von Gott gewollten Ordnung der Welt dem Staate und der Kirche angewiesen ist. Staak und Kirche sollen in freiem und freundlichem Zusammenwirken die Pfade der Völker bahnen, lenken, behüten, und der Vulkan der Revolution kann sich nicht schließen, bevor dies Zusam— menwirken mit der Kraft inniger Ueberzeugung erneuert wird. Indem wir dazu die Hand bieten, erfüllen wir eine Pflicht gegen die Kirche wie gegen den Staat, gegen Gott wie gegen die Mensch— heit. Diese Anerkennung wird uns bei allen Angelegenheiten, de—⸗ ren Natur eine Verständigung zwischen den Vertretern des Staates und der Kirche fordert, als unwandelbare Richtschnur leiten. Voll⸗ kommen würdigen wir auch die besonderen Pflichten, welche die Ver— hältnisse der Gegenwart uns auferlegen. Die Ruhe, welche in den

äußeren Zuständen waltet, ist in die Gemüther noch nicht vollkom—

men eingekehrt. Die Spannung und Reizbarkeit, welche von der gewaltigen Aufregung zurückblieb, zeigt ihre Einflüsse auch auf dem Gebiete der Vorurtheile, welche die Kehrseite der moder— nen Bildung sind. Wir würden an unserem heiligen Amte und an der Menschheit freveln, wenn wir bei Verjüngung der kirchlichen Thätigkeit die Vorurtheile des Tages zur Richtschnur nehmen woll- ten; aber als Jünger des Lehrers der Geduld und Sanftmuth wer— den wir nicht nur die berechtigten Forderungen der Zeit im Auge behalten, sondern auch ihre Stimmungen und vorgefaßten Meinun—⸗ gen mit schonender vorsichtiger Hand berühren. Mit Vertrauen und Ehrfurcht empfehlen wir die noch obschwebenden Verhandlungen Ew. Majestät huldreichem Schutze. In großem Sinne hat das Werk be— gonnen, in großem Sinne wird es vollendet werden, und die Er— neuerung in Glauben und sittlicher Kraft besiegeln. Indem wir die Huldigung unserer Dankbarkeit an den Stufen des Thrones niederlegen, bitten wir den König der Könige, daß er an Ew. Ma— jestät und dem Ihrer Obhut vertrauten Vaterlande seine Gnade verherrlichen wolle. Unter Ew. Majestät ruhmvollen Scepter sei das verjüngte Oesterreich Europa's Vorbild und der Hort des Glaubens, der Sitte, des Friedens. Im Namen aller zu Wien im Jahre 1849 versammelten Bischöfe. Salzburg, 19. Mai. Fr. Kar⸗— dinal F. Schwarzenberg, Erzbischof zu Salzburg.“

Der Feldmarschall Graf Radetzky hat am 11ten wieder Mai land verlassen und sich zurück nach Verona begeben.

Der Zollertrag des Zwischenverkehrs mit Ungarn und Sieben— bürgen belief sich nach amtlichen Ausweisen im Jahre 1819 auf nicht mehr als 915,‚395 Fl. 437 Kr., und zwar betrugen die Ein— fuhrzölle 796,536 Fl., die der Ausfuhr 118,859 Fl. 437 Kr. C. M.

Hinsichtlich der Ertheilung von Ehebewilligungen hat das Mi—

nisterium den Kreis-Regierungen und Bezirks⸗Hauptmannschaften bedeutet, daß sie bei den Gesuchen aller zur Einholung der Ehe— Konsense verpflichteten Klassen der Bevölkerung um Heirathsbewil⸗ ligungen die Erklärungen der Gemeinden, wohin der Heirathswer— ber zuständig ist, und von welchen derselbe sammt seiner Familie im Verarmungsfalle unterstützt oder versorgt werden muß, gehörig be— rücksichtigen und gegen den Willen der Gemeinden diesen Konsens nur in solchen Fällen ertheilen sollen, wenn wichtige Gründe dafür sprechen. Mit der bloßen Erwerbsfähigkeit, ohne gegründete Wahr— scheinlichkeit auf einen andauernden Erxwerb darf sich hei Ertheilung des Heiraths⸗Konsenses gegen die Einsprache der Zuständigkeits⸗ Gemeinde nicht mehr begnügt werden, da sich die Besorgnisse we⸗ Jen Vermehrung eines die Kräfte der Gemeinden in Zukunft zu sehr drückenden Proletariats nicht ganz ungegründet darstellen.

Am 11. Juni trafen Ihre Majestäten Kaiser Ferdinand und Maria Anna in Jansbruck ein und bezogen die Resivenz auf dem Rennplatze. Ein Theil der Garnison war in Parade ausgerückt, die zahlreich versammelte Volksmenge sah mit herzlicher Freude und . Rührung den gütigen Kaiser und seine fromme Gemahlin wieder.

Die Generalität der österreichischen Armee besteht gegenwärtig aus 7Feldmarschällen, 23 Feldzeugmeistern, 115 Feldmarschall Lieute! nants, 147 General⸗Majors und 200 Pensionisten.

Der russische Senator und Geheime Rath von Tengoboreki ist gestern hier eingetroffen.

Graf Sedlnitzky ist vorgestern nebst Familie von hier nach Steyermark abgereist. . ;

Prag, 15. Juni. (C. Bl. a. B.) Bakunin wurde gestern in Prag eingebracht und soll, dem Vernehmen nach, hier mit meh-⸗— reren Maigefangenen konfrontirt werden.

Bayern. München, 14. Juni. Se. Majestät der König wird dem Vernehmen nach gegen den 20. Juni eine Badereise nach Aachen antreten.

Sachsen. Dresden, 16. Juni. Von morgen an beginnt im hiesigen Zeughause die Zurückgabe der im vorigen Jahre ab- gelieferten Waffen, wozu mehrere Wochen nöthig sein werden. Vom 17—19. Juni werden nur diejenigen Dresdener, welche ihre Waf⸗ fen in Kisten verpackt abgaben, so wie die Scheibenschützen (die Engrosisten), expedirt, am 20. Juni kommt Tharandt, Grüllenburg und Umgegend, am 21. Juni die Stadt Pirna, am 22. Juni Ras deberg, Pulsnitz und Umgegend an die Reihe. Weitere Bekannt— machung ist vorbehalten.

Württemberg. Stuttgart, 14. Juni. (D. Ztg.) Vermöge höchster Enischließung vom 21. Mai l. J. hat Se. Ma— jestät der König den seither im Quiescentenstande befindlich gewe— senen Legationsrath Freiherrn August von Wächter zum württem— bergischen Ministerresidenten in Paris ernannt.

Stuttgart, 15. Juni. (Schw. M.) Gestern wurde folgen⸗ des an den Ausschuß der Landes-Versammlung gerichtetes König— liches Reskript, betreffend 1) die Aeußerungen des Departements—⸗ Chefs der auswärtigen Angelegenheiten über die Fortdauer des deutschen Bundes und der Bundes-Akte, und 2) die Bitte des Aus—⸗ schusses um Wiedereinberufung der Landes⸗Versammlung, ausgege⸗ ben: „Wilhelm, ven Gottes Gnaden König von Württemeig. Liebe Getreue! Auf die Eingabe der verfassungrevidirenden Lan— , , n, vom 31sten v. M., betreffend die Aeußerungen des

epartements Chefs der auswärtigen Angelegenheiten über die . des deutschen Bundes und der Bundes⸗Akte, und auf 2 itte des Ausschusses vom sten d. M. um unverweilte Wieder? ! . der Landas-Versammlung geben Wir Euch Folgendes zu (gtennen: 1) Die Bitte der Landes⸗Versammlung um Auskunft

darüber, ob das Gesammt⸗Ministerium mit der von dem Departe⸗

ments Chef der auswärtigen Angelegenheiten in der Mitte der

Landes Versammlung aus des deut g an gchrochentn Ansicht von Lem Forttbestande . . n Bundes und der Bundes Atte einverstanden sei, hat

ohem G ; Thef die bon . heftenden müssen, da der Departemenks«

gesprochene Ansicht nicht etwa b ; persönliche, sondern als! die der n n, e, n e, r gin e n r 8 ffn e ein haltbarer Rechtferti⸗ etzenden weisg . vorgelegen ist, wie denn namentlich die' B hauptung des Berichts der Verfa ungskommission Selte 5, d 5. vem Schreiben des Gesammtmini Eriums an die a n

des- Central Ktommission vom 31. Januar 185 .

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lehenvertrags eine andere Ansicht sich ausdrücke, mit dem ganzen In- halt dieses Schreibens, welches wesentlich in einer Erörterung über den Sinn und die Anwendung des als fortdauernd wirksam

anerkannten Artikel 17 der Bundes -Alte besteht und wel⸗ ches die Zuständigkeit der Bundes- Central⸗Kommission für

die Entscheidung von Differenzen über die Anwendung die— ses Artikels nur aus der in dem Vertrage über das In— terim enthaltenen Begränzung des Wirkungskreises dieser Kommis⸗ sion bestreitet, in wesentlichem Widerspruche steht. 2) Die von der Landes⸗Versammlung ausgesprochene Erwartung, daß die Staats⸗ Regierung einer Rückkehr zum deutschen Bunde oder einer anderen Verletzung der Rechte des deutschen Volkes und des württembergi— schen insbesondere keinen Vorschub leisten werde, geht von der Vor⸗ aussetzung aus, daß der deutsche Bund und die Bundesakte gänzlich auf⸗ gehoben seien. Diese Voraussetzung ist aber offenbar irrig. Durch die Bundesbeschlüsse vom 30. März und 7. April 1848 und durch die Akte der Nationalversammlung vom 28. Juni und der Bundes versammlung vom 12. Julils48 sind allerdings die Organe und Formen des Bun⸗ des wesentlich abgeändert und die hierauf sich beziehenden Bestim⸗ mungen der Grundgesetze des Bundes außer Wirksamkeit gesetzt worden. Inebesondere wurde durch die Akte der National⸗Ver⸗ sammlung und der Bundes-Versammlung vom 28. Juni und 12. Juli 1848 das frühere Central-Organ des Bundes, der Bun⸗ destag, als die Versammlung der Bevollmächtigten der deutschen Fürsten und freien Städte, aufgehoben und durch ein einheitliches Organ, den Reichsverweser, auf welchen von der Bundes-Ver— sammlung ihre Befugnisse übertragen wurden, provisorisch ersetzt. Aber der materielle Theil der Bundes-Verfassung, die Rechte und Pflichten der einzelnen Bundes-Staaten im Verhältniß zu Deutschland, wurden als von dem Wechsel des Central⸗Organs ganz unabhängig nicht verändert, und noch viel weniger wurde der Bundesverein selbst in seinem Fortbestande angetastet, wie denn auch die National⸗Versammlung und der Reichsverweser den Bund immer als fortbestehend angeschen, die Bundeszwecke besorgt, über die Militairkräfte des Bundes verfügt und Umlagen auf die Bun

desglieder nach der Bundesmatrikel gemacht haben. Die Vorgänge des Jahres 1848 bezielten überhaupt nicht, den Bund aufzulösen, sondern im Gegentheil denselben kompakter und fester zu knüpfen und das vorher bestandene gemischt völker- und staatsrechtliche Band in ein rein staatsrechtliches Band zu verwandeln, und zu diesem Ziele war die provisorische Schöpfung eines einheitlichen Central-Organs der erste Schritt. Wenn seitdem der Reichsverwe⸗ ser seine Würde niedergelegt und seine Gewalt an die deutschen Fürsten und freien Städte zurückgegeben hat, und wenn eben so die rechtliche Wirksamkeit des Interims vom 30. Sep⸗ tember vorigen Jahres mit dem 30. April dieses Jahres abgelaufen ist; so folgt hieraus doch gewiß nicht das Aufhören des Bundes, sondern es wird dadurch nur die Nothwendigkeit begrün— det, daß die ursprünglichen Konstituenten des Bundes entweder die Geschäfte desselben durch Benehmen unter sich besorgen oder über ein neues Organ übereinkommen. An einer definitiven Ueber

einkunft hierüber, an dem Abschluß der Verfassung Deutschlands überhaupt, hat allerdings nach den Bundesbeschlüssen vom 30. März und 7. April 1848 eine Vertretung des deutschen Volkes, eine National⸗Versammlung, theilzunehmen. Einer Mitwirkung der Stände der Einzelstaaten dagegen bedarf es dabei nicht, da der Lan— desherr in seinem verfassungsmäßigen Verhältnisse zum Bund nicht von der Mitwirkungder Stände abhängig ist, wie denn insbesondere in Würt⸗ temberg die Verpflichtungen gegen den Bund älter sind, als die Verfassungs- Urkunde, welche überhaupt Unser Verhältniß zum Bunde in anderer Weise, als im 5. 3 derselben geschieht, nicht be— schränkt. Wenn Wir nach dem Vorstehenden, und zwar in Ueber— einstimmung mit allen übrigen deutschen Regierungen, den deutschen Bund als in seinem Wesen und seinem Zwecke fortbestehend be— trachten und jede auf der Voraussetzung, als ob das durch den Bund zwischen den deutschen Einzelstaaten begründete materielle Rechtsverhältniß erloschen sei, beruhende Anmuthung oder Forde— rung als eine solche erkennen, welche Württemberg den übrigen deutschen Staaten recht- und pflichtlos gegenüberstellten und einer in solchem Sinne handelnden Regierung den gegründeten Vorwurf der Verletzung bes §. 3 der Verfassungs⸗ Urkunde und des im Ar⸗ tikel 148 des Strafgesetzhbuches vorgesehenen Verbrechens am deut schen und am württembergischen Volke zuziehen müßte, so nehmen Wir doch, so viel 3) die in eurer Eingabe berührte Protestation mehrerer vormaligen Standesherren gegen das Aufhören ihrer Vor— rechte betrifft, keinen Anstand, euch zu bemerken, daß der dies fällige Inhalt des jedenfalls nicht von der Fortdauer des Bundes abhän— genden Art. XIV. der Bundesakte in Folge des von dem Reichs— verweser während seiner in anerkannter Wirksamkeit bestandenen Gewalt verkündeten Reichsgesetzes vom 21. (27. Dezember 1848 und der zu seiner Einführung und Vollziehung von der gesetzgebenden Gewalt in Württemberg geschehenen Schritte, auch nach Unserer Ueberzeugung für Württemberg seine Gültigkeit verloren habe, wie denn auch die Kammer der Standesherren an den diesfälligen Einführungsmaßre— geln, so lange sie vollzählig war, persönlich Theil genommen hat, während sie hinsichtlich der nach ihrem Abgange mit der zweiten Kammer verabschiedeten Gesetze nach §. 161 der Verfassungs Ur kunde als einwilligend zu betrachten ist. 4) Betreffend euer Ge— such um unverweilte Wiedereinberufung der Landes ⸗Ver— sammlung, so würde das Gesammt Ministerium in Erwä— gung gezogen haben, ob nicht der Eintrittszeitpunkt der um der dringend nöthigen Förderung der Arbeiten der Finanz-Kommission willen verfügten Vertagung der Landes-Versammlung zurückzu— schieben und der Versammlung Frist zu vorheriger Berathung des wegen der Anklage des Departementschefs der auswärtigen Ange— legenheiten an sie gebrachten Antrages zu gewähren sei, wenn es nicht durch eine unrichtige Fassung der für die Abendsitzung der Versammlung vom 3ten d. M. bestimmten Tagesordnung zu der Voraussetzung einer anderen Absicht der Versammlung veranlaßt worden wäre. Nachdem nun aber die Vertagung eingetreten ist und der von derselben übrige Zeitrest kaum mehr als die bei einer Einberufung der Versammlung für die Zusammenkunft ihrer Mit— glieder nothwendig offen zu lassende Frist beträgt, so ist hierdurch der Bestimmung des §. 188 der Verfassungs-Ürkunde in Betreff einer von dem Ausschusse zum Zweck einer Minister-Anklage nach— gesuchten und als dringend nachgewiesenen Einberufung einer außer—⸗ ordentlichen Stände⸗Versammlung im voraus enlsprochen und kann eine besondere Einberufung, durch welche die Wiedereröffnung der Versammlung höchstens um einige Tage vorgerückt würde, fuglich unterlassen werden. Wir verbleiben euch mit Unserer Königlichen Huld stets wohl beigethan. Stuttgart, im Gesammt-Ministerium, den 12. Juni 1850. . Auf Sr. Königlichen Majestät besonderen Befehl: Herdegen.

Sach sen⸗Koburg⸗Gotha. Gotha, 15. Juni. (D. A. n Diese Woche fand die dritte kirchliche Versammlung Thü—⸗ e,, in dem Raume unserer Margarethenkirche statt. Es moch— * etwa 160. Theilnehmer sein, und waren durch dieselben die

immtlichen thürin gischen Landeskirchen, bis auf die reußische, ver=

treten. Geheimer Kirchenrath Schwarz aus Jena führte abermals den Vorsitz. Die Debatte bezog sich zunächst auf die kirchliche Ver— fassungsfrage, und man vereinigte sich zuletzt allgemein in dem Wunsche, daß das bestehende Kirchenreglment mit den Schritten zur Selbstständigkeit der Landeskirche in sedem thüringischen Lande in übereinstimmender Weise den Anfang machen möge. Ueber den Weg hierzu vermochte man sich jedoch nicht zu einigen. Am meisten fand noch der Antrag Anklang, daß der Entwurf eines Wahlgesetzes zur Beschickung eines Kirchentages von dem jetzigen obersten Kir⸗ chenregiment gegeben werden möge, welcher Entwurf auf eine eben falls von letzterem zu bestimmende Weise von Beamten und Glie⸗ dern der Kirche geprüft und zur landesherrlichen Sanction vorge⸗ legt werde. Der übrige Theil der Verhandlungen war der Bespre— chung über die innere Mission gewidmet.

Frankfurt. Frankfurt a. M., 15. Juni. (Fr. J.) Die für unser? Garnison bestimmten Verstärkungs-Truppen sind gestern und heute hier eingetroffen. Die gestern früh abgerückte halbe Schwadron des Sten preußischen Kürassier-RKegiments wurde gestern durch eine ganze Schwadron des 12ten preußischen Husaren-Regiments ersetzt; für die heute Morgen abgegangene halbe Batterle vom Ästen preußi⸗ schen Artillerie⸗Regiment ist heute Nachmittag eine ganze Batterie des Sten preußischen Artillerie⸗Regiments hier eingetroffen.

Frankfurt a. M., 16. Juni. (D. Ztg.) Der zur Ueber⸗ nahme des Kommando's über die in Frankfurt und der Umgebung

stehenden Königlich preußischen Truppen hier erwartete Oberst, Herr von Schlichting, ist eingetroffen. Bremen. Bremen, 13. Juni. (Wes. Ztg.) In der

gestrigen Sitzung der Bürgerschaft stand zunächst ein Bericht der Finanz-Deputatson, das Einkommensteuer-Gesetz betreffend, zur Be rathung. Die Deputation schlug vor, die beabsichtigte Revision die⸗ ses Gefetzes, da die Zeit zu kurz sei, sie in umfassender Weise noch vor Erhebung des diesjährigen Einkommenschosses vorzunehmen, im Laufe dieses Jahres eintreten zu lassen. . Fremden und Schutzgenossen beantragte die Deputation, die⸗ senigen, welche ein Geschäft in Bremen betreiben und in dem der Berechnung der Steuer zum Grunde ge⸗ legten Jahre in Bremen gewohnt haben, so wie alle solche, welche kefn Geschäft betreiben, aber seit 10 Jahren und länger vor Er— hebung des jedesmaligen Einkommenschosses in Bremen gewohnt haben, auf gleiche Weise wie die bremischen Bürger zu der Steuer heranzuziehen. Dagegen sollen diejenigen Fremden und Schutzge⸗ nossen, welche kein Geschäft betreiben, auch noch keine 10 Jahre im bremischen Staate gewohnt haben, nur von demjenigen die Steuer zahlen, was sie für ihre Haushaltung, Wohnung, zum

Luxus u. s. w. im Steuerjahre aufgewandt haben. End⸗ ö. ,

lich proponirte die Finanz Deputation, die Quote vor-

läufig auf 1 pCt. festzusetzen. Die Anträge der Finanz

Deputation wurden mit einer von Herrn H. H. Meyer vor⸗ geschlagenen Modification bei der Bestimmung bezüglich der ren; den, an „zehn Jahre“ zu setzen „fünf Jahre angenommen. Es gelangte nunmehr der Bericht der zur Ausgleichung der M inunge⸗ Verschiedenheiten zwischen Senat und Bürgerschaft in Betreff des Ablösungsgesetz-Entwurfes niedergesetzten Deputation zur Berathung. Nur einige unwesentliche und mehr die Form betreffenden Amende⸗ ments wurden gestellt und genehmigt. Im Uebrigen aber trat die Bürgerschaft den Ausgleichungs-Vorschlägen mit großer Majori⸗ tät bei.

Ven sland.

Frankreich. Gesetz gebende Versammlung. vom 15. Juni. Den Vorsitz führt Daru. reicht eine Petition um Aufruf an das Volk. Der Handels- und Ackerbau-Minister bringt mehrere Supplementar-Kredite ein. Kreditforderung von 300,000 Fr. zur Reparatur der Springbrun— nen und Wasserreservoirs im Park von Versailles. Keine Debatte. Stimmende 457, dafür 397, dagegen 60. Auf Monnet's Antrag, Verweisung des Lagrangeschen Antrages in Betreff der Theater an die mit Prüfung der Regierungsvorlage über Theater- Polizei beauftragte Kommission, geht die Ver sammlung ein. Laussat's Antrag, die Kreditforderung des Mi⸗ nisters der auswärtigen Angelegenheiten für die Banda Oriental mit 1,200,900 Fr. an eine Spezial-Kommission zu verweisen, wird verworfen; der Kredit an die Budget-Kommission verwiesen. Erste Lesung des St. Priestschen Antrages auf Bestrafung des Wuchers. Zweite Lesung angenommen. Auf General Oudinot's Antrag wird der Pensions-Entwurf für Unteroffiziere und Soldaten an die Rekrutirungs-Kommission verwiesen. Tagesordnung: Bericht der Petitions⸗Kommission. Berichterstatter Lefebre Dugroviuz

Sitzung Laroche jacquelin über⸗

verliest eine Petition der Bewohner von Roquevaire wegen der Vizinalwege. An den Minister des Innern verwiesen.

früher Maire von Autun, Wird ad acta

Laureau, der Bodentheilung ein.

bringt einen Vorschlag gelegt. Feldhüter von

Courcon verlangen ihre Eintheilung in Brigaden; ad acta gelegt. Berichterstatter Plancy berichtet über Petition der

Wittwe Dumaine wegen Mißbrauch der Amtsgewalt. Die Ver— sammlung geht auf St. Beu ve's Antrag zur Tagesordnung über. Fraysse aus Paris überreicht einen Entwurf einer neuen Acker— bau- Unterrichtsmethode. An den Ackerbau⸗Minister verwiesen. Berichterstatter Douay: Einwohner von Mello verlangen Errichtung einer Staats- Pensions-Kasse für alle Bürger ohne Ausnahme. Tagesordnung. Veterinair-Aerzte des Depar— tements Calvados verlangen, daß Niemand ohne Diplom Thierarznei treiben dürfe. An den Ackerbau⸗Minister verwiesen. König überreicht Ideen zur Verbesserung der Lage der Armen. An die Unterstützungs⸗-Kommission verwiesen. Derselbe verlangt Abänderung des Wahlgesetzes; ad acta gelegt. Ferrère von Pa⸗ ris verlangt Abänderung der Constitutlon. Tagesordnung. Be— wohner von Paris, für die Colonisation in Algier eingeschrieben, verlangen baldige Abreise. An den Kriegs⸗-Minister verwiesen. Vie Sitzung wird aufgehoben.

Paris, 15. Juni. Die Gerüchte einer Vertagung der Na tional⸗Versammlung für Anfang Juli haben allen Glauben verloren. Die Repräsentanten werden, so heißt es, erst vom 15. August bis zum 20. September in Vakanz treten. Dieser Beschluß soll vom Büreau gefaßt sein und wird, wie man glaubt, von der National⸗ Versammlung gebilligt werden. Die beiden, nächsten Gesetz Ent⸗ würfe, welche das Ministerium einbringen wird, werden die Buch⸗ druckerei und die Jury betreffen. : ö

Der Dotations- Entwurf wird nach der allgemeinen Ansicht, wenn auch in modifizirter Form, bewilligt werden., Als Haupt⸗ grund wird angegeben, daß mañ sonst die Möglichkeit eines Kon— fliktes des Präsidenten und der Majorität befürchte. Vielleicht, meint man, würde der Kredit nicht bewilligt werden, wenn nicht die Regierung die Gesetz⸗Vorlage unmittelbar nach Verkündigung des Wahlgeskctzes gemacht hätte. Vorgestern hatten die Repräsen⸗

tanten der Rechten abermals eine Parteiversammlung zur Bera⸗ thung des Dotationsprojektes, unter dem Vorsitze des Herren von Balzac. Crouseilhes sprach eifrig für das Projekt im Namen der Gewalt, der Einheit der Majorität und ber Harmonie zwischen Präsidenten und National- Versamm⸗ lung. Dagegen sprach Piboux und bemerkte, daß ein Theil des Publikums und der Presse, welcher bisher mit der Majorität ge⸗ gangen, die Beweggründe des Entwurfes nicht begreife und den⸗ selben mißtrauisch aufnehme. Wenn man nun die Symptome der Botschaft vom 31. Oktober, die auf den Präsidentschafts⸗Reisen ge⸗ führte Sprache, die wohlgefälligen Bemerkungen über historische Erinnerungen in Noyon, die Motivirung des Totations-Entwurses, welche einen fertigen imperialistischen Restaurationsplan enthalte, betrachten wolle, sei es augenscheinlich, daß der Gesetz-Entwurf die Versammlung über eine Geldbewilligung hinauszuführen beabsichtige. Was man von Befestigung der Regierung, Harmonie der beiden Staats⸗ gewalten und dergleichen spreche, werde bei der Forderung um Verlän⸗ gerung der Regierungsgewalt ebenfalls wieder vorgebracht werden. Ob man dann werde verweigern können, wenn man jetzt nachgebe. Besser sei es, in den Schranken der Constitution zu bleiben und das Land, so lange es noch Zeit sei, vor Versuchen zu bewahren, die es in traurige Krisen stürzen würden. Diese Rede machte leb— haften Eindruck auf die Versammlung und erhielt Herrn Berryer's Billigung. Derselbe zeigte, daß man eine Dotation entschieden ver— weigern, dagegen freigebig in den ehrenvollsten Formen die Schulden des Präsidenten decken müsse. Ein Amendement des Herrn Dufougerais, Mitgliedes der Dotations-Kom— mission, die Schulden zu bezahlen und noch 300,000 Fr. Repräsentations-Kosten zu bewilligen, fand keinen Anklang. Ber— ryer's und Pidoux's Ansicht wurde angenommen. Mehrere Mit⸗ glieder der Rue Richellen-Versammlung (Orleanisten) erklärten ebenfalls ihre Zustimmung. Hiernach würden dieses Jahr 3 Mil— lionen bewilligt, als einfaches Finanzgesetz, ohne Praäͤjudiz für die Zukunft. Da Soult sich geweigert, soll Creton (gegen) zum Be— richterstatter der Dotations⸗Kommission gewählt werden. Guizot hat sich für einfache Annahme des Entwurfes ausgesprochen. Die

Minister Rouher, Fould und d'hautpoul sind' fest entschlos⸗ sen, keine Modification anzunehmen. Dagegen sollen Ba— roche und der Rest sich dem Willen der Majorität fügen wollen. Der Tiers parti spricht sich nicht aus, um für

den Fall eines Ministerwechsels, wie es heißt, möglich zu bleiben. In der heutigen Sitzung der Dotations-Kommissioön kamen meh— rere Anträge auf Bewilligung von nur 2 oder 13 Millionen zur Sprache. Diese, wie der Minoritätsvorschlag, die 3 Millionen jedes Jahr neu zu bewilligen, wurden verworfen. Die Masorität scheint vorschlagen zu wollen, ein- für allemal 2 Millionen zur Deckung der Schulden zu bewilligen, dagegen für die Folgezeit den Präsidenten bei den bisherigen Bezügen zu belassen. Baroche, Rouher und Fould sollen in der Kommission erklärt haben, sie ver⸗ würfen jede Verminderung, seien aber mit der jährlichen Bewilli— gung ein verstanden. Die Dotationsfrage hat bedeutende Rückwir⸗ ö, auf die Börse. Es werden nur sehr wenige Geschäfte ge— macht.

Heute erschien das Probeblatt des Journals Le Peuple de 1850, zwei Bogen stark. Es ist der Nachfolger der nach einan—⸗ der unterdrückten Representant du Peuple, Peuple und Voir du Peuple. Man findet darin den Kriegsplan der äußer— sten Partei in einem Artikel mit der Ueberschrift: „Rolle der Op— position“, verzeichnet. Er beginnt damit, daß er die Haltung der Opposition seit einem Monat weder verständig, noch würdig nennt.

Das größte Verdienst eines Republikaners im gegenwärti⸗ gen Augenblicke sei nicht leeres Protestiren, sondern Nöthi⸗ gung der Reaction, möglichst schnell aus ihren Handlungen die letzten Folgen zu ziehen. Das werde die Aufgabe des Journals sein. Sie wollten möglichst schnell, gleich—

gültig, auf welchem Wege, aus dem Willkürzustande treten; denn die Spposition bedürfe ein gegebenes, ein öffentliches Recht zu ihrer Existenz. Daher sei sie am Tage der Verkündigung der Constitu⸗ tion entstanden. Der Sozialismus habe dies begriffen. Die eigent⸗ liche Opposition höre mit dem Verschwinden der Constitution auf. Dann gebe es nur Parteien. Die Gesellschaft befinde sich dann im Kriegszustande. Das sei die gegenwärtige Lage. Denn mit der Aufhebung des allgemeinen Wahlrechts habe die Constitution auf⸗ gehört. Die einzige Aufgabe der Opposition sei, eine Antwort auf die Frage zu fordern, welches Staatsrecht an die Stelle der durch das Dekret vom 31. Mai abgeschafften Constitution zu setzen sei.

Das definitive Resultat der Ergänzungswahl im Niederrhein ist nach eben eingegangener telegraphischer Depesche folgendes: Girardin 37,566, Müller 29,539, Liechtemberger 13,067 Stimmen. Girardin will seine parlamentarische Thätigkeit in der Steuerreform konzentriren,

Die Reisen nach dem englischen Badeort St. Leonard's werden höchst verschieden beurtheilt. Darin kömmt man jedoch überein, daß noch kein bestimmter Plan entworfen und, wenn von politischer Tendenz die Rede sein kann, daß dieselbe erst in England fixirt würde. Die Orleanisten hier sollen sich nicht nur noch nicht mit den Legitimisten, sondern sogar nicht einmal unter sich geeinigt haben. Molé geht nicht nach England, und man will wissen, bo— napartistischer Einfluß habe ihn gewonnen. Guizot geht zu Ludwig Philipp mit Ansichten, die denen des Herrn Thiers, welcher angeb⸗ lich gegen die Versöhnung beider Linien ist, entgegengesetzt sein sol len. Auch die Herren Duchatel und Dumont, welche ihn begleiten werden, sollen gleiche Tendenz verfolgen. Broglie dagegen will sich, wie es heißt, Mühe geben, Guizot und Thiers zu versohnen.

Kardinal Dupont giebt bei seinen offiziellen Besuchen nach seiner Rückkehr von Rom die beruhigendsten Details über die An— gelegenheiten der päpstlichen Regierung. Die Oppositionsblätter haben folgende Taktik gegen das neue Wahlgesetz begonnen: Sie behaupten, daß es in Paris keine Personalsteuerrolle gebe, die Bil dung der Wahllisten daher ganz der Willkür überlassen sei. Der

Redacteur des Siincle erklärte gestern auf eine Anzeige, daß man ihn in die Wchlerliste eingetragen, er protestire gegen diesen Vorgang und wolle bis zum Cassationshof

gehen, um zu beweisen, daß er kein Wähler sei. Heute setzt der National diese Politik, Paris um seine Wähler zu bringen, fort. Der Con stitutionnel widerlegt diese Ansicht der demokratischen Blätter. Das Sid cle theilt heute auch das Schreiben seines Redacteurs an den Finanz⸗Minister mit, in welchem er seine Auf— nahme in die Wählerliste als eine Gesetzes-Verletzung hinstellt. Man sieht jetzt sehr viele beurlaubte Soldaten aus und durch Paris in ihre Heimat ziehen.

Der Napoleon wird nach der Liquidation der alten Gesell—⸗ schaft wieder erscheinen.

Großbritanien und Irland. London, 15. Juni. In der vorgestrigen Oberhaus⸗Sitzung fragte Lord Brougham die Minister mit Bezug auf die Adresse des Unterhauses in Betreff des Sonntags⸗Dienstes im Post-Amte, ob Briefe, wenn sie gleich nicht am Sonntag versandt werden sollten, nicht denjenigen, welche sie in den Stunden zwischen dem Gottegdienste auf dem Post-Amte ab⸗

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holten, abgegeben werden würden. Als der Graf von Minto eine verneinende Antwort ertheilt, erwiedert Lord Brougham: „Dann hoffe ich, daß das englische Voll, und namentlich die Kaufleute von Liverpool und anderen großen Städten, die Folgen dieser Einrich⸗ tung erfahren werden.“ e, . verlangte vorgestern im Oberhause die Vor⸗ legung von Papieren, welche sich auf die zu ernennende Untersu⸗ chungs⸗Kommissson für die Universitäten Sxford und Cambridge beziehen, und sprach sich gegen jede Einmischung der Regierung in die Angelegenheiten der Universitäten aus. Weit heilsamer, glaubt er, werde es sein, wenn man die Anregung und Ausführung von Reformen in ihrem Erziehungs⸗System diesen selbst überlasse. Der Graf von Carlisle hatte nichts gegen die Vorlegung der verlangten Papiere einzuwenden und erklärte, die Re⸗ gierung hege keine andere als die freundschaftlichste Gesinnung gegen die Universitäten. Auch werde die Kommission aus Männern bestehen, die durch ihre früheren Leistungen, ihre Bildung, ihren Charakter und ihre Achtung vor den Universitäten geeignet seien, jene Untersuchung anzustellen. Lord Brougham wollte nichts von der Kommisston wissen und sprach sein Erstaunen aus über den Brief, welchen Prinz Albrecht als Kanzler der Universttät Cambridge in Betreff jener Angelegenheit geschrieben habe. Dieser Brief lautet: „Es war, ich fühle das, auf Seiten der Universität nicht unnatür— lich, daß sie die von Lord John Russell im Unterhause vorgeschla⸗ gene Maßregel mit Besorgniß betrachtete, als welche den Widersachern dieser ehrwürdigen Institute die Mittel an die Hand geben könnte, ihre Feindseligkeit gegen dieselben auszulassen. Auch ist es wohl begreiflich, daß die Universität darin einen Mangel an Vertrauen in ihre Fähigkeit oder ihren guten Willen sieht, aus eigenem Antrieb heilsame Reformen bei sich einzuführen, und das müßte ihr doppelt schmerzlich sein in einer Zeit, wo sie sich bewußt ist, am wenigsten einen solchen Vorwurf verdient zu haben. Auf nähere Rücksprache mit der Regierung finde ich indessen mit Ver⸗ gnügen, daß ihr nichts ferner lag, als die Absicht, einen solchen Flecken auf die Universität zu werfen, daß sie vielmehr Alles zu ver⸗

meiden wünscht, was die Üniversität einer unnöthigen Anfeindung aussetzen könnte. Sie wird das durch die Auswahl der Personen zeigen, welche die Königliche Kommission bilden sollen. Wiewohl ich gewünscht, daß man es der Universität überlassen hätte, auf ihrer Bahn der Selbstverbesserung ohne äußere Einmischung fortzu⸗ schreiten, so möchte ich nun doch, nachdem die Regierung sich zur Ernennung einer solchen Kommission unwiderruflich verbunden hat, den Behörden der Universität empfehlen, derselben nicht mit Oppo⸗ sitition entgegenzutreten, sondern in ihr vielmehr den Ausdruck eines natürlichen Wunsches der Krone und des Parlaments zu erkennen, sich genaue Kenntniß zu verschaffen vom dermaligen Zustande jener mit den besten Interessen der Nation so eng verknüpften und

für diese so wesentlichen Anstalten. Möge die Universität zugleich

stolz darauf sein, daß sie Gelegenheit findet, ihren Angreifern zu

zeigen, wie gewissenhaft und eifrig sie die ihr anvertraute hohe Auf—

gabe erfüllt hat. Feindseligkeit oder Widerstand von Seiten der Universität könnte die jetzige Regierung an der Absendnng der Kommission nicht verhindern, sondern, während sie die Anklagen ihrer Feinde verstärkte, würde sie nur dazu führen, daß die Unter⸗ suchung unvollständig bliebe und, weil auf einseitige Auffassungen gegründet, wahrscheinlich den Hochschulen selbst Schaden zufügte.“

Kurz nachdem das Oberhaus sich vorgestern versammelt hatte, trat Herr Thiers, begleitet von Sir Edward Ellis, durch eine der Thüren in der Nähe des Thrones ein. Der französische Ex⸗Minister sah sehr gesund aus; er schien in der heitersten Stimmung zu sein und unterhielt sich längere Zeit lebhaft mit verschiedenen Pairs und Mitgliedern des Unterhauses, die an ihn herantraten. Lord Pal⸗ merston, welcher von der Anwesenheit des französischen Staatsman⸗ nes benachrichtigt zu sein schien, eilte rasch herbei, und nach einer herzlichen Begrüßung von beiden Seiten fand eine lebhafte Unterhaltung zwischen Beiden statt, welche einige Minuten dauerte. Darauf näherte sich auch Lord Brougham und nach ihm der Marquis von Lansdowne dem Throne. Beide schüttelten Herrn Thiers die Hand, dem Anscheine nach mit der größten Herzlichkeit. Die Geschicht⸗ schreiber des Konsulates und des Kaiserreiches blieb nur kurze Zeit im Hause; allein während seines kurzen Aufenthaltes schien er Augen für jedes anwesende Mitglied und für jede Eigenthümlichkeit des Sitzungs-Lokals Ihrer Herrlichkeiten zu haben.

Dänemark. Kopenhagen, 13. Juni. General Moltke hat mit seinem Stabe sein Hauptquartier in Veile. Die Garde zu Fuß ist der Irmingerschen Brigade, deren Hauptquartier in Horsens ist, zugetheilt. Es sind noch mehrere Quartierverlegungen vorge⸗ kommen. Obergeneral Krogh hat das Musikcorps der Garde nach Kolding bekommen. . z als Oberarzt im Kroghschen Stabe, Dioͤrup ist Oberarzt der ersten Division, Thune der zweiten, Nörbey der Kavallerie und Reserve⸗ Artillerie. Beim Heere ist nichts geschehen, das auf eine schleunige Veränderung ihrer Standquartiere deutet, das Ganze beschränkt

sich auf eine Aufstellung an der Gränze, und es handelt sich nicht um eine Ueberschreitung derselben.

Das Heer kostet täglich ungefähr 70,000 Rbthlr.

(N. Br. Z.) Das Comité für die im Jahre 1848 ausgege⸗ benen zinsentragenden Kreditscheine (bestehend aus dem Höchsten⸗ Gerichts-Anwalt Blichingberg, dem Grossirer Hansen und dem Guts besitzer Nyholm u. M.) hat bekannt gemacht, daß 3 Millionen Thaler dieser Papiere den 30sten v. M. öffentlich verbrannt wor den, so daß nur noch ungefähr Million der erwähnten Papiere übrig sind, die nächstens der Vernichtung preisgegeben werden; es sind also an viertehalb Millionen dieser Papiere schon wieder außer Circulation gesetzt. . ö

Von den schwedischen Truppen, die zur Ablösung nach Schles⸗ wig abgehen sollen, sind heute eine Schwadron von Kronprinz⸗ Huͤsaren unter Kommando des Freiherrn O. Thott von Helsingborg in Helsingör eingetroffen; Dienstag werden noch zwei Schwadronen schoonischer Dragoner folgen. Außerdem wird ein Feldbataillon, irca 640 Mann stark, nebst Abtheilungen der beiden smaländischen Regimenter und die Mannschaft einer Batterie ohne Geschütz und Bespannung, erstere von Malmö, letztere von Helsingborg direkt pr. Dampfschiff nach Flensburg abgehen.

Italien. Turin, 10. Juni. (El.) Gestern Abends brachte die turiner Nationalgarde dem Herzog und der Herzogin von Genua eine Serenade. Die Hauptstraßen waren glänzend beleuchtet, und von allen Seiten strömte die Bevölkerung in großen Massen herbei. Der König ritt mit der Königlichen Familie durch die Stadt und wurde allenthalben mit dem größten Enthusiasmus begrüßt.

Einem, wie es scheint, gegründeten Gerüchte zufolge, hat die sardinische Regierung in würdevollen Ausdrücken eine diplomatische Note als Antwort auf jene des Kardinals Antonelli an den päpst⸗ lichen Hof ergehen laͤssen. Die Istr. del Pop ol o will wissen, daß die franzoͤsische Regierung ihre Vermittelung zur Ausgleichung der zwischen Sardinien und Rom in Folge des siccardischen Ge⸗ setzes obwaltenden Differenz angeboten habe. ;

In der vorgestrigen Sitzung der Deputirten⸗ Kammer wurde das neue Bankgefetz mit 103 gegen 14 Stimmen angenommen.

Professor Bendz figurirt in brillanter Uniform

Rom, b. Juni. (Wanderer.) Die von Bologna hierher gekommene Deputation, welche dem Papste huldigen wollte, mußte sich verpflichten, innerhalb eines Programmes sich zu bewegen, wel⸗ ches man ihr in dem Sekretariate zeigte, und nicht nach fremdarti⸗ gen Gegenständen abzuschweifen. Die Deputation konnte sonach außer den üblichen Artigkeiten nur ganz leise jene Finanzangelegen⸗ heit berühren, welche die Provinz Bologna wegen der Emisslon von Papiergeld im Betrage von 200, 0090 Scudi im September 1818 betrifft und worüber die Anerkennung von Kardinal Amat, damals Kommissar in den Legationen, vorliegt. Jenes Geld war zum Theile dazu verwendet worden, um den durch den Einmarsch der Oesterreicher verursachten Schaden gut zu machen und um den von der päpstlichen Regierung angeordneten Widerstand zu organisiren. Jetzt scheint die Regierung wenig hiervon wissen zu wollen. Doch setzt man große Hoffnung auf die persönliche Ingerenz des Papstes.

Es soll eine Gnaden⸗Kommisston ernannt werden, welche über die Heimkehrgesuche zu entscheiden hätte. Auch die Wahlgesetze für die Munizipien sollen ehestens erlassen werden.

Die Finanz-Angelegenheit macht noch immer große Verwirrung; der Schatz scheint fo zlemlich erschöpft zu sein. Mit der Auszah— lung der Beamten und Truppen soll es hinken. Das Papier ver⸗ lierk 2 pCt. Eine beiläufige Anbeutung hierüber giebt die Eisen— bahn von Rom nach Frascati. Sie soll 10 Miglien lang werden. Die republikanische Regierung hat das arbeitslose Volk damit be⸗ schäftigt und eine Strecke von 7 Miglien vollendet. Nun ist der ganze Bau in Stocken gerathen. Der Prominister der Finanzen Gatti, hat erklärt, daß er nicht an eine erzwungene Konsolidirung des Papiergeldes denke, sondern andere Mittel suchen werde, die Masse des cirkulirenden Papiergeldes zu vermindern.

Neapel, 1. Juni. (Lloyd.) Das auf der Rhede, von Neapel vor Anker siegende französische Geschwader ist mit frischen Lebensmitteln versehen worden. Dem Vernehmen nach wird dieses Geschwader sich nach Palermo begeben, falls ein englisches Ge— schwader sich dort zeigen sollte.

Von der italienischen Gränze. (Lloyd.). Seitdem der in Florenz erscheinende Costituzionale die Nachricht von dem neuen Versuch zu einer Revolution in Palermo in der Nacht des 18. Mai l. J. brachte, suchte man umsonst in den neapolitani- schen und toskanischen Blättern, um entweder eine Bestätigung oder eine Widerlegung jener Nachricht zu finden. Da Letzteres bis jetzt nicht erfolgt ist, so dachte man, daß an der Sache doch etwas Wah⸗ res sein müsse. Jetzt endlich findet sich im Contemoran geo eine Korrespondenz aus Palermo, die einiges Licht auf jenen Revolu⸗

tionsversuch wirft und zugleich beweist, daß es in Ita⸗ lien noch immer exaltirte Köpfe, giebt, welche ihre Hoffnun⸗ gen auf Luftschlösser stützen, während sie von der Mehrheit

ber Bevölkerung nur mit Mitleid betrachtet werden. Die erwähnte Korrespondenz ist vom 19. Mai und lautet: „Ich weiß nicht, ob Du diesen Brlef erhalten wirst, den ich Dir aus dem Lager schreibe, in welchen ich mich mitten unter 8090 braven Gefährten befinde. Wir bilden die Avantgarde des Revolutionsheeres. Gestern um die vierundzwanzigste Stunde rückten wir gegen Palermo dor, und zwei Miglien von der Stadt kamen uns eine Abtheilung der nea⸗ politanischen Armee mit Artillerie und Kavallerie entgegen, an shrer Spitze der General Filangieri. Unsere Front wurde von einem Linlen⸗Regiment, unsere linke Flanke von zwei Bataillonen Jäger angegriffen. Freilich hatte uns die Klugheit geboten, uns gleich zurückzuziehen; aber es war nicht möglich, die Krieger dazu zu bewegen, welche sich mit spartanischem Muthe auf die Söldlinge der bourbonischen Tyrannei geworfen hatten und sie im Centrum dreimal zum Weichen zwangen. Unterstützt von der Kavallerie, rückte ein anderes Regiment mit gefälltem Bajonnett vor, und es begann ein wüthender Kampf. Nach einem Gefechte, welches sechs volle Stunden währte, zogen wir uns vor dem Feinde zurück, der uns nicht zu verfolgen wagte und bald in Palermo eingesperrt sein wird. Unsere Verwundeten, deren nicht viele sind, führten wir mit uns fort. Zwischen uns und der in surgirenden bour⸗ bonischen Regierung giebt es keinen Vergleichungsweg mehr. In wenigen Tagen werden Siciliens Bewohner entweder

wieder frei sein oder sich unter den Trümmern ihrer eigenen

Städte vergraben. Aber dies ist unmöglich. Man hat uns das

sichere Versprechen gegeben, daß bewaffnete Schaaren sich an allen

Punkten sammeln werden, und morgen hoffen wir, um viele Tau⸗

sende verstärkt, eine entscheidende Waffenthat unternehmen zu kön⸗

nen. Ich wiederhole, daß ich nicht weiß, ob Dir dieses Schreiben

eingehändigt wird. Ich übergebe es dem bekannten . welcher

heimlich die Stadt verläßt und ungesehen zurückzukehren hofft.

Wenn das, was er uns von Palermo erzählt, sich bewährt, so

wird Italien in wenigen Tagen eine neue unerwartete und groß⸗

artige Nachricht hören.“

wissenschaft und RKunst.

Garnisonkirche.

Zur Vorfeier der Grundsteinlegung des zu exrich ten- Fen National-Krieger-Denkmals für die in den Jah⸗— ren 1848 49 gefallenen Krieger:

Elias, Oratorium von Mendelssohn.

(Den 17. Juni.)

Zur Vorfeier der Grundsteinlegung für das im Park des Invali⸗ denhauses zu errichtende National-Krieger⸗Denkmal fand am 17. Juni in der Garnisonkirche zu wohlthätigem Zwecke eine, Aufführung von Men— delssohn's Oratorium „Elias“ statt, deren Einnahme durch die Gnade Sr. Masestät des Königs für die Fonds zur Unterstügung der Angehörigen der in den Jahren 1848 49 gebliebenen Krieger und zur Errichtung des National-KWrieger-⸗Denkmals bestimmt worden ist. Eine zahlreiche und ge— wählte Versammlung füllte die Kirche, worunter sich auch viele Mitglieder der von außerhalb zur Feier der Grundsteinlegung hierher gekommenen

Deputationen befanden. Für die Hinterbliebenen der gefallenen Krieger waren dem Altar gegenüber Plätze reservirt. Werk und Auf— führung betreffend, so erweckte Ersteres, als eine längst an—

erkannte Meisterschöpfung Mendelssohn's, um so mehr die regste Theilnahme aller anwesenden Kunstfreunde, als Letztere, die Aufführung, eine im Ganzen trefflich gelungene war. Mitglieder des Domchors, der Sing ⸗Akademie und der Königlichen Kapelle führten die Chor- und Or⸗ chester⸗Partieen, die Damen Burch ard, Hoppe, Leo und 3schie sche und die Königlichen Sänger Herren Mantius, Krgause und Z3Zschie⸗— sche vie Solo-⸗Partieen aus. Den Vortrag der Orgelbegleitung hatte Herr Musikdirektor Grell, die Leitung des Oratoriums Herr Kapellmei⸗ ster Taubert übernommen, so daß schon in den mitwirkenden Kunstkräf⸗ ten sichere Bürgschaft für eine wohl gelungene Aufführung gegeben war. Die Veranstaltung hatte somit ihren kunstlerischen, wie mildihätigen Zweck in erfreulicher Weise erreicht und diente zur würdigen Einleitung der wahr⸗ haft großartigen Feierlichkeiten, welche einen der erhebendsten patriotischen Akte, die Grundsteinlegung des Denkmals selbst, zu verherrlichen bestimmt sind.

Königliche Schauspielt.

Mittwoch, 19. Juni. Im Opernhause. 66ste Abonnements⸗ Vorstellung: Martha, oder: Der Markt zu Richmond, romantisch⸗ komische Oper in 4 Abth., theilweise nach einem Plane des St.