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derartige Bedingung angesehen werden, wenn verlangt wird, daß während der Verhandlungen über ein Provisorinm und über die Neugestaltung des gesammten deutschen Bundes die Wirksamkeit der berliner Uebereinkunft vom 26. Mai v. J. ununterbrochen bleibe und die Fortentwickelung einer Union zugestanden werde, de⸗ ren Mitglieder öffentlich und feierlich erklärt haben, „daß sie, um den ernsten Willen zu bethätigen, die Verhältnisse Deutschlands in Zukunft nach den Bedürfnissen der Zeit und den Grundsätzen der Gerechtigkeit zu ordnen“, sich verpflichten, „dem deutschen Volke eine Verfassung nach Maßgabe des unter ihnen vereinbarten und diesem Vertrage anzuschließenden Entwurfs zu gewähren?“
Daß aber dieses sich am 26. Mai v. J. vorgesteckte Ziel noch unverrückt verfolgt wird, geht aus unzähligen Thatsachen und aus offiziellen Aktenstücken hervor, aus welchen letzteren man nur die der Königlich sächsischen Regierung auf die Anzelge von ihrem Aus tritte aus der Union ertheilte Erwiederung, das von dem Kö⸗ niglich preußischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten an den Königlich hannoverschen Gesandten am 225sten v. M. erlassene Antwort schreiben und die Note des Großherzoglich oldenburgischen Stagts Ministeriums an die Königlich hannobersche Regierung vom 13ten v. M. hervorzuheben braucht.
Sie liefern den klaren Beweis, daß die Lösung der Aufgabe, welche die verbündeten Regierungen sich durch den Artikel 1V. des Bündniß⸗Statutes vom 26. Mat gestellt haben, auch heute noch in gleicher Weise angestrebt wird.
Wollte man auch nicht danach fragen, worauf sich der von einem Theile der Genossen des Bundes übernommene Beruf gründe, Deutschlands Zukunft zu ordnen und dem deutschen Volke eine Ver fassung zu geben, wollte man ferner nicht des entschiedenen und vollberechtigten Widerspruchs gedenken, welcher von Oesterreich und mehreren anderen deutschen Regierungen gegen die Berechtigung zu einem solchen Berufe und gegen dessen Geltendmachung erhohen worden ist, muß doch die Frage aufgeworfen werden, wie es mög⸗ lich sei, daß der Gesammtbund zu einer Verhandlung und zu einem Beschlusse über seine Neugestaltung gelange, wenn ein Theil dessel⸗ ben sich für berechtigt hält, die Verhältnisse Deutschlands zu ordnen und dem deutschen Volke eine Verfassung zu geben?
Müsse diese desselben Bestrebungen nicht durchkreuzen und ge⸗ genseitig lähmen?
Oder soll vielleicht das Verfassungswerk der Gesammtheit ru hen Und der Bund, eines gemeinsamen und wirksamen Central Organs entbehrend, in dieser unseligen, auf alle Stände und alle Verhältnisse der Bevölkerungen so empfindlich zurückwirkenden Un⸗ gewißheit und Zerklüftung verharren, bis der für das Ganze be rechnete Verfassungsbau der Union geschlossen ist, damit der deutsche Bund sich an ihn schmiegen, sich ihm unterordnen könne?
Der Bund ist eine Gemeinschaft selbstständiger, unter sich un⸗ abhängiger Staaten, mit wechselseitigen gleichen Vertragsrechten und Vertrags-Obliegenheiten. Nur der Gesammtheit der Bundesglieder steht die Befugniß der Entwickelung und Ausbildung der Verfas sung zu.
Dieses Recht muß Allen gewahrt bleiben, als ein unantastbares und als eine Bürgschaft für ihre Zukunft. Indem die Kaiserliche Regierung dieses Recht unwandelbar zu vertreten nie aufgehört hat, glaubte sie jedoch für die Formen seiner Ausübung nicht zu streng an dem Gegebenen halten zu sollen, sondern vielmehr Räcksichten vorwalten lässen zu dürfen, welche ihr geeignet schienen, ohne Ge⸗— fährdung des materiellen Rechts, durch Vermittelung der sich entge⸗ genstehenden Ansichten, die Einigung zu fördern.
In diesem Sinne waren Oesterreichs redliche Bestrebungen, eine Verständigung mit Preußen herbeizuführen. Diesem Zwecke war es sehr namhafte Opfer zu bringen bereit in Allem, was zunächst seine Interessen berührte.
Der Eintracht willen hat es noch im Monat April sich dringend bei dem berliner Kabinet verwendet, dasselbe möge sich damit ein— verstanden erklären, daß der Kaiserl. Hof, mit ausdrücklicher Beru fung auf die Zustimmung Preußens, sämmtliche Genossen des Bun— bes zu einem Staatskongresse einlade,
Doch scheiterten alle diese Bemühungen an dem als Bedingung
stets wiederholten Verlangen der nicht zulässigen Anerkennung der Union. Da unter solchen Umständen nicht nur die Anbahnung der im⸗ mer dringender werdenden Verfassungs⸗Revision, sondern selbst die unerläßliche Bildung eines neuen Provisoriums unmöglich geworden war, blieb kein anderer Ausweg übrig, als sich auch in formeller Hinsicht mit Entschiedenheit auf den Boden des alten Bundesrechts zu stellen und denselben festzuhalten, bis das Neue zu Stande ge⸗ kommen sein würde. Dieser Weg mußte als der unter den einge— tretenen Verhältnissen einzige anerkannt werden, welcher noch ge eignet war, aus dem Labyrinthe der allgemein eingerissenen Ver⸗ wirrung zur gedeihlichen Lösung der obschwebenden Lebensfragen zu führen. .
Der Kaiserliche Hof hat ihn auf die Gefahr hin eingeschlagen, von Vielen mißverstanden zu werden. Das Vertrauen, welches sein Wort genießt, hat aber die Besorgnisse beschwichtigt, die an man⸗ chen Orten aufgetaucht sein mochten. Man hat seiner Versicherung Glauben geschenkt, daß mit der Einberufung einer außerordentlichen Bundes-Plenarversammlung nicht die Rückkehr zu früheren Zustän⸗ den, sondern nur die Entwickelung des zu schaffenden Neuen beab sichligt werde.
Der Schritt, welchen Oesterreich am 26. April d. J. gethan hat, wurde in einem großen Theile von Deutschland mit Dank und Theilnahme begrüßt und allenthalben ohne Mißtrauen hinge— nommen.
Nur eine Anzahl von Bundesgenossen hat sich auf diesem Wege die Verständigung aus mehr als zweifelhaften formellen Gründen versagen zu sollen geglaubt, und hierdurch abermals der Erreichung der obersten Bundeszwecke, ja die Erhaltung des Bundes selbst, durch die Vereitelung der so nothwendigen Einigung, und noch unmittel— barer durch die ausdrücklich abgegebene Erklärung in Frage gestellt, daß nur noch eine „freie Verathung der souverainen Staaten Deulschlandg statisinden könne, deren Beziehungen auf dem völker⸗ rechtlichen Grunde vollkommener Freiheit und Unabhängigkeit ruhen und deren Zusammentritt und Vereinigung nur aus vollkommen freiem Entschlusse hervorgehen kann.“
Ist aber mit solchen Ueberzeugungen die Aenderung der Gül⸗ tigkeit Ter Bundesverträge möglich, deren Bestimmung zwar ist, die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit eines jeden Staates nach Au⸗ 1 , Innern zu wahren, welche jedoch zugleich diese Unab .. ö beschränkt haben, als es die Bundeszwecke und mitzuwirken . zur, Erreichung derselben
Wer kid were l e, ig erkennen ließen? Freiheit für a * 1 nicht e = ,. und unhedingte Verträge nicht mehr an. nimmt, erkennt auch die Bundes⸗
Obwohl die auf dem Boden des Rechtes in Frankfurt ver— sammelten Regierungen vollkommen befugt gewesen wären, von die⸗ sem Rechte Gebrauch zu machen und vie zur Erhaltung des, Bun⸗ des und zur Erreichung seiner Zwecke erforderlichen Beschlüsse zu fassen, ist doch die Kasserliche Regierung, um kein Mittel der El—
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nigung unversucht zu lassen, auch den ihr im verflossenen Monate
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von dem Königlich preußischen Kabinet gemachten Vorschlägen be⸗ reitwillig entgegengekommen und hat sich seinen Wünschen mit sel⸗ tener Nachgiebigkeit in allen Punkten gefügt. —
Nichtsdestoweniger sollte selbst dieser Versuch fruchtlos bleiben, nachdem Preußen diesmal zwar ausdrücklich nur die Anerkennung des Prinzips der freien Unirung angesprochen hatte, um hierdurch eine Verständigung über die spezielle Ausführung der Union und ihr Verhältniß zu den außer ihr stehenden Staaten Deutschlands offen zu erhalten, zugleich aber in entschicdenem Widerspruche mit dieser Erklärung die ununterbrochene Fortdauer, der aus dem Ver⸗ trage vom 26. Mai v. J. hervorgegangenen Verhältnisse, so weit died aus der Wirlsamkeit dieses Verkrages thatsächlich und unver— meidlich sich ergebende Fortentwickelung der Union sich vorbehalten zu müssen behauptet hat.
Daß aber ein solches genügend dargethan worden.
Dasselbe wäre aber auch selbst dann, wenn Preußens und sei ner Verbündeten Interessen von jenen der übrigen Mitglieder des Bundes und der Gesammtheit dieses Vereins verschieden sein könn— ten nicht durch ein wahres Bedürfniß geboten.
Das Statut des Bündnisses vom 26. Mai v. J. giebt als Veranlassung zu dieser Uebereinkunft an: Daß unter den damaligen Verhältnissen die von dem deutschen Bunde gewahrte innere und äußere Sicherheit Deutschlands gefährdet sei, und daher die Um⸗ stände zur Herstellung einer einheitlichen Leitung der deutschen An— gelegenheiten eine engere Vereinigung der kontrahirenden Regie⸗ rungen nöthig machen.
Als Zweck dieses Bündnisses wird ferner im Artikel J. seines Statuts „die Erhaltung der inneren und äußeren Sicherheit Deutschlands und die Unabhängigkeit und Unverletzlichkeit der ein⸗ zelnen deutschen Staaten“ angegeben.
Ohne auf die Ursachen zurückkommen zu wollen, welche die Verhältnisse herbeigeführt haben, deren dieses Aktenstück erwähnt, beschränken wir uns auf die Frage: ob nicht der schon im Jahre 1815 gestistete Bund sich im Artikel II. der Bundesakte und im Artikel'J der wiener Schlußakte die Zwecke vorgesetzt hat, zu deren Verfolgung die Union gegründet worden ist, und ob die Erreichung dieser Zwecke nicht für Deutschland gesichert erscheint, wenn Preußen und dessen Verbündete zur Einsetzung eines zeitgemäßen und kräf⸗ tigen obersten Bundesorgans aufrichtig mitzuwirken geneigt sind?
Ist aber dieses der Fall, wozu bedarf es der fordauernden Wirksamkeit einer die freie Entwickelung und gedeihliche Lösung
Zugeständniß unmöglich sei, ist bereits
der deutschen Verfassungsfrage nur störenden und hemmenden Union,
und weshalb könnte deren Ausbildung und Wirksamkeit nicht ver⸗ tagt werden, bis das allgemeine Verfassungswerk zu Stande ge— kommen sein und sich ergeben haben wird, ob dann noch die Noth wendigkeit vorliege, von dem Rechte der Unirung Gebrauch zu ma chen, und welche Gränzen der Anwendung eines solchen Rechtes
durch die neue Verfassung gezogen worden sein werden?
Nur die Verhältnisse berücksichtigend, wie sie jetzt vorliegen, muß deren ernste Erwägung zu der Ueberzeugung führen, daß wir auf dem Wege freier, d. h. nicht durch die Formen der Bundes⸗ Verfassung geleiteten und bedingten Vereinbarung nimmermehr zur Bildung eines Provisoriums und noch weniger zu einem Beschlusse über die nicht minder nothwendige und dringende Revision der Bun⸗ des- Verträge gelangen werden.
Aus dieser Ueberzeugung muß aber folgerecht jene hervorge hen, daß es nur ein Mittel mehr gebe, dem unheilvollen Zustande der jetzt in Deutschland herrschenden Verwirrung ein Ziel zu setzen.
Dieses Mittel liegt in der Einberufung des engeren Rathes der Bundes -Versammlung, mit der Aufgabe, bis zur Einsetzung einer neuen provisorischen Bundes-Centralgewalt, seiner ursprüng⸗ lichen Bestimmung gemäß, die Obliegenheiten eines solchen Organs zu besorgen und gleichzeitig zu den behufs der Verfassungs-Revi— sion erforderlichen Arbeiten zu schreiten.
Die Bundes-Versammlung hat ihre von der Gründung des Bundes an bis zum 12. Juli 1848 fortgesetzte Wirksamkeit mit diesem Tage als geschlossen erklärt und die Ausübung ihrer Rechte und Pflichten an eine provisorische Centralgewalt in der sich von selbst verstehenden Voraussetzung übertragen, daß eine definitive Bundesgewalt in Folge der Einführung einer neuen Verfassung an deren Stelle treten werde.
Dlese Erwartung ist nicht in Erfüllung gegangen, und der Erzherzog Reichsverweser war in dem Falle, die ihm anvertrauten Gewalten abermals nur an ein interimistisch bestelltes Bundes ⸗Or gan zu übergeben.
Bei dem am 1. Mai d. J. erfolgten Erlöschen der Vollmach⸗ ten dieses Letzteren war die vorerwähnte im S. 3 der Uebereinkunft vom 30. September v. J. näher angedeutete Voraussetzung noch immer nicht in Erfüllung gegangen.
Die neue Bundesverfaffung ist bis jetzt nicht zu Stande ge— kommen. Die rechtmäßige Wirksamkeit der einstweilen geschaffenen Provisorien hat aufgehört. Der Bund ist daher thatsächlich ohne ein gemeinsames oberstes Organ. Die Hoffnung auf die Möglich keit, ein solches zu schaffen, ist geschwunden, während die Existenz bes Bundes, welcher ohne diese Einrichtung nicht zu bestehen ver mag, wesentlich gefährdet ist.
Es können daher die unter solchen Umständen erledigten Ge walten, deren Ausübung nicht unterbrochen werden darf, nur an die als das beständige verfassungsmäßige Organ des Wollens und Handelns des Bundes erklärte Bundesversammlung zurückfallen.
Auf deren Einberufung anzutragen sieht sich demnach Oester reich durch die Umstände genöthigt, und wer die Verträge noch an erkennt, wird diesem Antrage beitreten müssen, denn so lange jene bestehen, ist dieser vollkommen begründet. ;
Wir haben bisher gezögert, eine solche Maßregel in Vorschlag zu bringen, aus Rücksichten, die zu nahe liegen, als daß sie näher bezeichnet zu werden brauchen.
Heute, wo kein anderer Ausweg mehr wir uns zu diesem.
Man hat bereits bei der Berufung der Plenagr⸗ Versammlung unserem Worte vertraut und wird ihm auch diesmal Glauben schenken, wenn der Kaiserliche Hof dasselbe verpfändet, daß seinem Antrage nicht die Absicht zum Grunde liege, zu den früheren Zu⸗ ständen und Formen zurückzukehren, und sein Schritt ihm im Ge⸗ gentheil nur als das einzige noch erübrigende Mittel gelte, zu einer pen Bedürfnissen der Zeit entsprechenden Neugestaltung des Bundes zu gelangen, welche er seinerseits redlich und nach Kräften zu för⸗ dern bemüht sein wird.
Wird aber diese feierliche Zusage mit Vertrauen aufgenommen, so können nur aus den, wie bereits erwähnt, mehr als zweifelhaf⸗ ten formellen Gründen abgeleitete Bedenken gegen einen solchen Vorgang erhoben werden, und es wird wohl kaum Jemand den Muth haben, unter den gegebenen Verhältnissen solche Gründe vor ver Welt noch geltend machen und deren Geltendmachung vor Deutschland in einem Augenblicke vertreten zu wollen, wo Deutsch⸗ lands Wohl und Deutschlands Zukunft 3a dem Spiele steht.
Ew. = gegenwärtiger Depesche und unser
erübrigt, entschließen
haben der — Regierung von
Kenntniß und auf Verlangen auch Abschrift zu geben,
Ersuchen dringend zu befürworten, daß es ihr gefällig sein möge,
ihren Bevollmächtigten bei der Bundes⸗ Plenarversammlung ohne
Zeitverlust mit den geeigneten Instructionen zu versehen, damit so
dald als möglich ein demnächst von dem Vorsitzenden im Auftrage
seines Hofes und in Uebereinstimmung mit meinen heutigen Eröff⸗
nungen zu stellender Antrag zum Beschlusse erhoben werden könne. Empfangen Ew. — u. s. w.“
Sachsen. Dresden, 2. Aug. (Dresd. Journ.) Die heutige Sitzung, für welche der Bericht der ersten Deputation über die Kompetenzfrage und über den Gesetz-Entwurf, die provisorischen Gesetze vom 15. November 1848 betreffend, zur Berathung auf die Tagesordnung gebracht war, begann nach 9 Uhr in Anwesenheit von 53 Kammer -Mitgliedern, so wie der Staats⸗-Minister Dr. Ischinsky, Rabenhorst, von Friesen und Behr, zu denen später auch der Staats-Minister von Beust eintrat.
Der Referent Abg. Schäffer trug den (bereits erwähnten) Bericht der ersten Deputation über die Kompetenzfrage vor. Der Bericht zerfällt in drei Haupt-Abtheilungen, von denen die erste die eigentliche Kompetenzfrage, die zweite den Gesetz⸗ Entwurf über die provisorischen Gesetze vom 15. November 1838 und die dritte die Erklärungen der nicht erschienenen Abgeordneten umfaßt. Ueber jede dieser Abtheilungen wurde eine besondere Bera thung eröffnet. In Bezug auf den ersten Punkt bean tragt die Deputation, in dem Beschlusse sich zu einigen: die Kammer erklärt sich, wie 8. 78 der Verfässungs⸗Urkunde Hor schreibt, im Verein mit der ersten Kammer, als das gesetzmäßige Organ der Gesammtheit der Staatsbürger, und als solches bern fen, deren auf der Verfassung beruhende Rechte in dem durch sel bige bestimmten Verhälinisse geltend zu machen und das unzer trennliche Wohl des Königs und des Landes mit treuer Anhäng lichkeit an die Grundsätze der Verfassung möglichst zu befördern, und dadurch die Kompetenz der Kammer auszusprechen.
Der erste Sprecher über diesen Gegenstand war. der Abgeord—
nete Kretzschmar. Derselbe erklärte, daß der Bericht der Deputation seine Zweifel über die Kompetenz der Kammer nicht gehoben habe, denn er vermisse in diesem Gutachten den für ihn die Hauptsache bildenden Beweis, daß die im Jahre 1848 vereinbarten Abänderun gen der Verfassungs⸗Urkunde auf einer Nichtigkeit und Rechtsun gültigkeit beruhten, wodurch das früher Bestandene von selbst wie der in Kraft trete. Die von der Deputation in dem Bexichte nie dergelegten Ansichten über die Natur der provisorischen Gesetze ver möge er nicht zu theilen, wie er auch die Behauptung nicht gelten lassen könne, daß die nochmalige Einberufung eines Landtages nach dem provisorischen Wahlgesetze von 1848 nicht zu dem hier in Rede stehenden Ziele geführt haben werde. Die faktische Nothwendigkeit der von der Regierung im Juni ergriffenen Maßregeln wolle en zwar nicht bestreiken, wie er sich überhaupt nicht für befugt halte, die Schritte der Staatsregierung zu beurtheilen; auch anerkenne er, daß derselben das Gesammtwohl des Landes über dem Buchstaben des Gesetzes stehen müsse. Allein für seine Person halte er sich zur Theilnahme an solchen Maßregeln nicht berechtigt, da er ein Man dat als Landstand für erloschen betrachte. Uebrigens könne er die Kammer schon um degwillen zur Aufhebung der provisorischen Ge setze von 1818 nicht für kompetent halten, weil diefenige Anzahl Abgeordneter, die nach S. 152 der Verfassungs-Urkunde zur Vexein barung über jene Abänderungen erforderlich war (drei Viertheile sämmtlicher Kammermitglieder), auch zur Wiederaufhebung derselben erforderlich sei, diese Zahl gegenwärtig in der Kammer noch fehle. Vielleicht würde er sich aber doch dem Gutachten der Deputation haben unterwerfen können, wenn er nicht in der Lage sei, über das Entstehen der Provisorien von 1848 eine „authentische Interpreta tion“ zu geben. Als Mitglied der Ständeversammlung von 1848 mtisse er erklären, daß das, was er bei Abgabe seiner Stimme für das provisorische Wahlgesetz gedacht und bezweckt habe, der Auslegung der Deputation über die provisorischen Gesetze nicht gleich komme. Die Gründe, die ihn damals geleitet, könne er nicht verleugnen und nicht einen Standpunkt einnehmen, der seinem Gewissen ent gegen sei. Könne die Kammer diese feine Ansichten nicht billigen, so offerire er seinen Austritt und hitte eventuell um denselben.
Der Referent, Abgeordneter Schäffer, ergreift das Wort zur Widerlegung des vorigen Sprechers. Zuvörderst bemerkt der selbe, daß auch die Deputation den von dem Abgeordneten K retzschmar anerkannten Grundsatz festgehalten habe, daß der Staatsregierung das Gesammtwohl des Landes höher stehen müsse, als der Buch stabe der Gesetze, daß aber die Deputation der Ansicht, als sei ein provisorisches Gesetz einem endgültigen Gesetze ganz gleich zu er achten, als habe es denselben Charakter wie jenes, und namentlich der Behauptung, als würde durch ein Provisorium die Gesetzge bung, für welche es gegeben wurde, vollständig aufgehoben, au das entschiedenste widersprechen müsse. In dem Unterschie de, der zwischen definitiven und provisorischen Gesetzen begründet sei, liege auch die Ursache, daß zur Wiederaufhebung einer pro vifbrischen Bestimmung nicht diejenige Anzahl Kammermit⸗ glieder erforderlich sei, welche in 8. 153 der Verfassungs Urkunde zur Aufhebung einer definitlen Bestimmung der Verfassungs⸗ Urkende vorgeschrieben ist. Auf die authentische Interpretation des Abgeordneten Kretzschmar vermöge die Deputation aber um deswil len kein Gewicht zu legen, weil der Gedanke, die Ansicht oder die Meinung eines Einzelnen keine Norm zur Auslegung eines Be— schlusses der Gesammtheit abgehe.
Der Abgeordnete Riedel schließt an, was der erste Sprecher ausgeführt hat. Die Deputation, äußerte er, habe alles Mögliche gethan, um das Verfahren der Re gierung zu rechtfertigen, allein ihre „Scheingründe“ hätten ihn nicht überzeugen können, daß der gegenwärtige Landtag ein gesetzmäßiger sei. Die provisorischen Gesetze von 1848 könnten nach seiner Ansicht nicht ohne alle Formalitäten, sondern nur unter der in s. 152 der Verfassungs⸗-Urkunde enthaltenen Form aufgehoben werden. Hierauf vertheibigt derselbe den aufgelösten Landtag hinsichtlich eines Verhal⸗ tens in Betreff des vorgelegten Wahlgesetzes und führt an, In. dieses in dem Ausschusse mit ausdrücklicher Zustimmung der Re⸗ gierung zurückgelegt worden sei. Er erklärt schließlich, daß er ge gen den Antrag der Deputation, also gegen die Kompetenz der Kammer, stimmen werde. . . . ö
Staats-Minister von Friesen findet sich durch die Aeuße⸗ rungen des Abgeordneten Riedel zu der Erklärung veranlaßt, daß die Angabe, als sei der an die letzte, zweite Kammer gelangte Wahlgesetz⸗ Entwurf mit ausdrücklicher Zustimmung der Regierung n' bem 'Ausschusse zurückgelegt worten, nicht auf Wahrheit beruhe. Er selbst habe damals bei dem betreffenden Aus⸗ schusse als Kommissar fungirt und, vermöge daher die beste Auskunft zu geben. Nur in Betreff des mit, dem Wahl gesetz an die Kammer gelangten Entwurfs über die Ab⸗ änderung eines Theils der Gemeinde- Ordnung sei von der Re gierung eine Erklärung abgegeben worden, nämlich die, daß es nicht möglich sein werde, dem damaligen Landtage die von dem Ausschusse gewünschte vollständige neue Gemeinde⸗-Ordnung zugehen zu lassen. Als daräuf im Ausschusse die weitere Frage angeregt worden, ob nicht das ganze Wahlgefetz zurückzulegen sei, habe er (der Minister)
sich in der Hauptsache dem
sich dahin ausgesprochen, daß er allein eine Erklärung Namens der Regierung hierüber nicht abzugeben im Stande sei, sondern zuvor Rucksprache mit dem Gesammtministerium nehmen müsse. Eine an⸗ dere Erklärung sei dem Ausschusse damals nicht geworden.
Ber Referent, Abg. Schäffer, trug zur Bestätigung dessen, das der Herr Staatsminister eben erklärt, das über diesen Gegen⸗ stand seiner Zeit im Ausschusse aufgenommene Protokoll vor, wel⸗ ches mit den Anführungen des Herrn Staatsministers vollkommen
übereinstimmt, und wendet sich mit der Bitte an den Abg. Riedel, er möge die in dem Deputationsberichte angeblich enthaltenen „Schein⸗ gründe“ näher bezeichnen und sich durch den Referenten dann der Widerlegung seiner Ausstellungen versichert halten.
Der Abgeordnete Unger spricht sich in einfacher, aber warmer Rede für den Deputationsbericht aus. Mit schmerzlichen Gefühlen im Herzen habe er heute den Saal betreten, well er erklären müsse, daß er „das Kind des Jahres 1848“ hasse. Der Interpretation des Abgeordneten Kretzschmar müsse er widersprechen, denn der größ e Theil der Abgeordneten sei 1848 von der Voraussetzung ausgegan⸗ gen, daß das Provisorium der Gesetze vom 15. November nicht lange dauern werde. Es sei dies Provisorium überhaupt nur durch den“ Sturm ver Zeit hervorgerufen, dabei von beiden Seiten gefehlt worden und jetzt die Zeit, sich wieder zu vereinigen und der Regie—⸗ rung die Hand zu reichen, um dem Lande Gesetze zu geben und zu sichern, die dessen Wohlfahrt befördern.
In gleichem Sinn sprachen sich auch mit wenigen Worten die Abgeordneten Sachße, Rittner, Heyn und Huth aus, wobei Letzterer bemerkte, wie er 1848 nur unter der Voraussetzung für die provisorischen Gesetze sich erklärt habe, daß sie sich als praktisch und nützlich erweisen möchten, daß aber diese Voraussetzung purch die Erfahrungen der letzten beiden Jahre nicht bestätigt wor den sei.
Vice-Präsident von Criegern wies als Mitglied der ersten Deputation darauf hin, daß in der gegenwärtigen Angelegenheit der Schwerpunkt in der Beantwortung der Frage ruhe: ob das provisorische Gesetz über die Abänderungen der Verfassungs-Urlunde ein integrirender Theil unseres Staats- Grundgesetzes geworden sei? und führte sodann aus, wie die Deputation diese Frage zu verneinen sich bewogen gefunden habe, weil bei diesen Abän derungen der oberste Grundsatz eines Staats-Grundgesetzes, das Feststehen desselben nicht gefunden werden könne. Des halb könnten auch für die Aufhebung dieser provisorischen Be stimmungen die Vorschriften des §. 152 der Verfassungs-Urkunde nicht maßgebend sein. Daß mit diesem Abänderungs Gesetze nur etwas Vorübergehendes hätte geschaffen werden sollen, darüber seien 1848 wohl alle Parteien einig gewesen, so wie es jetzt Jeder, der sehen wolle, darüber sei, daß ein weiterer Versuch mit einem Land tage nach dem provisorischen Wahlgesetze den Ruin des Landes herbeigeführt haben würde.
Staats-Minister Dr. Zschinsky rechtfertigte in einer aus führlichen Darlegung die Regierung hinsichtlich der Erlasse vom 3. Juni und namentlich wegen der Einberufung der Stände von 1848. Derselbe wies nach, daß die provisorischen Gesetze vom 15. Novem— ber nach der Auflösung der letzten Kammern als außer Kraft ge⸗ treten zu betrachten sind; denn sowohl aus den Motiven, welche seitens der Regierung diesen Gesetzen beigegeben worden, als auch aus den Verhandlungen der Stände-Versammlung von 1848 gehe deut lich hervor, daß die Gesetze nur für den nächsten Landtag giltig sein, nicht über denselben hinausgehen sollten, und die Regierung hätte da⸗ her, wenn sie ferner in Gültigkeit bleiben sollten, ihre ausdrückliche Zustimmung dazu zu ertheilen gehabt. Diese Zustimmung habe aber die Regierung verweigert, und dadurch seien jene provisori schen Gesetze erloschen. Hieraus folge, daß die Regierung bei ih⸗ ren Erlassen vom 3. Juni in ihrem Rechte war und dabel zugleich einer Pflicht genügte; sie sehe daher ruhig den Beschlüssen der Kammer entgegen.
Der Abgeordnete Lehmann erklärte stimmung zu dem Berichte der Deputation, init dem Bemerken, daß auch er bei seinem Eintritte in die Kam mer zu den dissentirenden Mitgliedern gehört habe, in der Deputa tion aber, wo ihm früher nicht gekannte Quellen Aktenstücke, Protokolle und Auseinandersetzungen früherer Mitglieder sich erschlossen, von der Unrichtigkeit seiner damaligen Ansichten über⸗ eugt worden sei.
Nach einigen gegenseitigen Bemerkungen zwischen den Abgeord neten Riedel, Lehmann und Huth wurde Die Debatte geschlossen und, nach einem kurzen Schlußworte des Referenten, dem noch ein Resumé des Präsidenten Dr. Haase über das Für und Wider folgte, wurde zur namentlichen Abstimmung über den oben mitgetheilten Antrag der Deputation geschritten. Das Resultat war, daß der selbe mit 50 gegen 3 Stimmen (Medicke, Riedel und Kretzschmar) angenommen und somit die Kompetenz der Kammer ausgesprochen worden ist
Anlangend den zweiten Theil des den Entwurf eines Gesetzes, die provisorischen Gesetze vom 15. November 1348 betreffend, wurden nach Erledigung der Haupt frage die beiden Paragraphen des Entwurfs ohne Debatte ein stimmig in folgender Fassung angenommen: 8 1 — . provisorischen Gesetze vom 15. November 1848 wegen eini ger Abänderungen der Verfassungs - Urkunde vom 4. Sep . er 1831 und die Wahlen der Landtags Abgeordneten betressend,
ausdrücklich seine Zu deren Mitglied er ist,
Deputationsberichts, über
tember — nebst den hierauf Bezug habenden Verordnungen, sind Kraft getreten. 8. 2. Bis zu der definitiven Revision der
außer Verfassungs-Urkunde vom 4. September 1831 und der Vereinba— D 91
rung über ein definitives Wahlgesetz treten die durch die §. 1 nannten provisorischen Gesetze außer Wirksamkeit gesetzten Bestim⸗ mungen der Verfassungs Urkunde vom 4. September 1831 und des Wahlgesetzes vom 24. September 1831, ingleichen des Ge setzes, die Wahlen der Vertreter des Handels und Fabrikwesens betreffend, vom März 1838 wieder in Kraft. Das Ministerium des Innern ist mit Ausführung dieses Gesetzes beauftragt.“
. Annahme des ganzen Gesetzentwurfs wurde bei der chluß Abstimmung durch Namensaufruf mit 560 gegen 1 Stimme (Kretzschmar) beschlossen. Die Abgg. Riedel und Medicke enthielten sich der Abstimmung.
Was endlich die Erklärungen der die Statthaftigkeit zur Ein berufung zu gegenwärtigem Landtage bezweifelnden Abgeordneten und Stellvertreter betrifft, namentlich der Herren Dr. Geißler Brockhaus, Fleischer, Rewitzer, Dr. Meißner, Voigt, Mauckisch, Werner, Bodemer, Haberkorn, Hauswald, Haden, Kunzmann, Wolf, Wagner, Harkort, Seyfferth, Evans, Böhler, Gehe, Winkler und Hecker, so vereinigte sich die Kammer ebenfalls ohne Debatte zu fol⸗ gendem von der Deputation vorgeschlagenen Beschlusse: „Die Be⸗ denken der vorerwähnten Herren als nicht begründet zu erkennen und die vorgenannten Abgeordneten, so wie beziehendlich die Stell⸗ vertreter, so rasch als möglich zum sofortigen Eintritt in die Kam⸗ mer aufzufordern und mithin diese Herren einzuberufen.“ Da sich Stellvertreter Kaufmann Gehe außer den Kompetenzzweifeln auch noch auf seine überhäuften Geschäftsarbeiten bei seiner Ablehnung berufen hatte, so beschloß man in Erwägung, daß derselbe schon im
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anlassung vorliege, auch u es bewenden zu lassen.
Die Tagesordnung
einzelnen Fälle,
da der Abg. Dr. Joseph noch nicht erschienen sei, Grund des §. 29 der provisorischen Landtags⸗O Stellvertreter, Herr Gutsbesitzer Pusch in Raschwitz, sein dürfte.
Herr von Nostiz mindestens Dr. Joseph die Mis
die Einberufung des genannten Stellvertreters erfolgen. Ansicht trat Tenn auch die Kammer bei Schließlich wurde noch wegen Dringlichkeit der Angelegenheit das Protokoll der heutigen Sitzung verlesen, genehmigt und vollzogen und dieselbe gegen 41 Uhr geschlossen.
/ Hessen und bei Rhein. Darmstadt (Darmst. Ztg.) Das im Regierungsblatte vom 15. Juli aus geschriebene Anlehen von zwei Millionen Gulden zur Fortsetzung des Eisenbahnbaues ist gestern an die frankfurter Häuser M. A. von Rothschild und Söhne und Phil. Nikol. Schmidt, welche sich zu diesem Geschäfte vereinigt, im Wege der Submission verliehen worden, und werden die 41prozentigen O bligationen alle auf die zwei vereinigten Firmen lautend aus gestellt.
August.
Schleswig⸗Holstein. Flensburg, 24. Juli. (H. C.) In Folge Auftrags des außerordentlichen Regierungs⸗ Kommissärs sür das Herzogthum Schleswig wird die Bekanntmachung der vor maligen schleswig⸗holsteinischen Regierung auf Gottorf vom 27. März 1818, betreffend die Unterrichtssprache an der haderslebener Ge lehrtenschule, außer Kraft gesetzt. Zugleich ist bescl lossen worden, daß der §. 3 des vom Könige von Dänemark genehmigten Regula tivs für die Gelehrtenschulen in den Herzogthümern Schleswig und Holstein vom 28. Januar 1848, wonach der Unterricht auf der ha⸗ derslebener Gelehrtenschule in dänischer Sprache zu ertheilen ist, zu Michaelis d. J. zur Ausführung gebracht werden soll.
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Vn sland.
Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. vom J. August. Den Vorsitz führt Dupin. l tet zur Verlosung der Abtheilungen. Mehrere Lokalgesetzentwürfe werden ohne Debatte angenommen. Zu dem Gesetz⸗Entwurfe über die Bahnlinien Tours⸗Nantes und Orleans-Bordeaux bringt Col- favru folgendes Amendement ein: „Art. 1. Ver Minister der öf fentlichen Arbeiten ist gehalten, vor jeder Verhandlung mit den be— treffenden Compagnieen einen genauen Standes-Ausweis ihrer Aetio naäire einzubringen, damit die Versammlung in voller Kenntniß der Sache über die allenfalls nothwendigen Abänderungen urtheilen könne.“ Das Awendement wird nach einer zweifelhaften Probe in Be⸗ tracht genommen und an die Kommission verwiesen. In Folge dessen ver⸗ tagt der Präsident die Debatte. An der Tagesordnung ist das Einnahme Budget für 1851. Daru und Genossen haben folgendes Amendement eingebracht: „Art. 1. Von den an der Grundsteuer hängenden 17 Gesammtzuschlags-Centimen ohne spezielle Bestimmung werden von 1851 an 10, Cent. zum Besten aller Departements abgeschafft. Der Ertrag der übrigen 7 Cent. wird zur Erleichterung der meist⸗ belasteten Departements verwendet, so daß zwischen der größten An zahl ein gleiches Verhältniß hergestellt wird. Art. 2. Die Repar— tition findet spätestens 1852 auf Basis der in Art. 38 des Gesetzes vom 15. Mai 1818 angezeigten Abschätzung statt. Art. 3. Als meist belastet werden folgende 52 Departements angenommen. (Folgen die Namen.“ Notlde Cherbourg entwickelt das Amendement, er lärt die Repartitionsweise und stellt als Resultat der Annahme des Amen dements hin: 52 Departements entlastet von 21,943,635, die 34 übri gen von 5,285,945, zusammen 27,229, 580. Gerechtigkeit und Sy⸗ stem der proportionellen Besteuerung sprächen für das Amen dement. Der Finanzminister erwiedert, der Regierungsantrag beabsich tige eine Entlastung um 37 Millionen., Diese berücksichtige meist pie durch die 45 Centimes schwer gedrückten, ackerbauenden Depar⸗ tements, weniger die industriellen und handeltreibenden. Er be zweifle, daß es die Versammlung nach reiflicher Erwägung werde annehmen können. Er verwerfe das Amendement, denn die Ausgleichung sei ein Traum. Er bitte, die Regie⸗ rungs⸗-Vorlage, welche das Land so freudig aufgenommen, nicht durch Innahme des Amendements zu verstümmeln. Vatismenil vertheidigt das Amendement. Berryer, als Berichterstatter der Budget⸗Kommission, bekämpft das Amendement. Für die Ent lastung müsse etwas gethan werden, und sei die Regierungsvorlage gleichförmig und proportionell. Der Kommission habe die einfache Aufhebung der 17 Cent. das beste geschienen. Das Amendement dagegen wäre ungerecht und fehlerhaft, weil es blühende Departe ments begünstige, minder wohlhabende vernachlässige. Der der Debatte wird ausgesprochen. Ueber Art. J wird ge heime Abstimmung verlangt. Resultat: dafür 163, dagegen 568, also verworfen. (Lange Bewegung) Daru zieht die übrigen Artikel zurück. Roël's Amendement, eine neue Zählung des Bo den-Ertrages zu veranstalten, damit eine neue Steuer- Repartition vorgenommen werden könne, wird, ungeachtet der Einwendungen des Finanz-Ministers, angenommen. Art, 2, 3 und 4 des Einnahme- Budgets werden dann genehmigt. „ Eine Interpellation Rigal's über die Zahlen-Differenzen der Wähler nach dem neuen Wahlgesetze gegen früher wird vertagt und die Sitzung aufge hoben.
Parts, 1. Aug. Der Präsident dem 16. und 20. August antreten. Sie umfaßt Cherbourg, Straß burg, Metz, Lyon und Marseille. Begleitet wird er nur von den Ministern des Krieges und der öffentlichen Arbeiten, während Ba roche zurückbleibt. Dem Progres du Pas-de-Calais schreibt man aus Boulogne: „Der Unter Präfekt hatte, ohne Jemand ein Wort zu sagen, den Präsidenten gebeten, ein Fest annehmen zu wollen, welches die Stadt ihm zu geben beabsichtigt. Der Präsident nahm es an. Der Munizipal-Rath, bei welchem nun die Sache zur Verhandlung kam, widersetzte sich aber einstimmig, indem er anführte, daß die Vergangenheit ein solches Fest unmöglich mache.“
In den halboffiziellen Abendblättern liest man: „Eine wiener Korrespondenz schreibt Herrn Gustav von Beaumont zur Zeit, als er französischer Gesandter in Wien war, ein Benehmen zu, welches in Widerfpruch mit seinen Pflichten stände. Diese Zumuthung ist ganz falsch. Die Regierung kann der vollkommenen Loyalität, welche Herr von Beaumont während des ganzen Verlaufs seiner
Sitzung Der Präsident schrei
Schluß
wird seine Reise zwischen
Jahre 1842 mit diesem Grunde abgewiesen worden und keine Ver⸗
Sendung bewiesen, nur vollkommene Gerechtigkeit widerfahren lassen.“
eine andere Ansicht gegenwärtig zu verfolgen, en Grund unbeachtet und bei der beschlossenen Einberufung
war hiermit erledigt, und bemerkte der Präsident Haase, daß in der näͤchsten Sitzung, welche Montag den 5. August stattfinden solle, das Direktorium über die vorbenannten über welche jetzt nur im Allgemeinen Beschluß ge⸗ faßt worden, Vortrag erstatten lassen werde, und fügte hinzu, daß, nun wohl auf rdnung dessen
einzuberufen
Drzewiecki bemerkte dagegen, daß doch sive abgefordert werden möchte, worauf Präsident Haase entgegnete, daß er schon bemerkt habe, wie bei dem demnächst zu erstattenden Direktorialvortrage alle diese Fälle zur Sprache gebracht werden würden; unbeschadet dessen könne aber doch Dieser
Hafen, zum Ausbruche kam,
P P P P gene gemacht, ͤ
Diese Erklärung bezieht sich auf ein Gerücht, wonach Herr von Beaumont in Wien mit dem Herzog von Nemours wegen Versöh⸗ nung beider Bourbonenlinien unterhandelt haben sollte.
Nach dem neuen Nationalgarde⸗Entwurfe des Ministers Ba⸗ roche wird zwar kein französischer Bürger vom Nationalgardedienste ausgeschlossen, der Präfekt ernennt aber einen Aufsichtsrath, zur Hälfte aus Mitgliedern der Munizipalität, zur Hälfte aus einge schriebenen Nationalgarden; derselbe besorgt die Einreihung der Gar⸗ ben und wählt die Offiziere, wenn die Kandidaten nach zweimaligem Skru⸗ tinium in Städten von mehreren Legionen nicht die Hälfte, in Städten von einer Legion nicht das Drittel der Stimmen erhalten haben. Die Stabsoffiziere werden durch indirekte Wahl ernannt. Von der
Regierung suspendirte Offiziere können erst bei den Gesammtwah⸗
len' wieder gewählt werden. Nach einer gewissen Anzahl Dis zipli⸗
narstrafen wird man für zwei Jahre aus den Listen gestrichen.
Die gesammte Reorganisation kann auch bei aufgelösten National⸗
garden erst in Jahresfrist nach Verkündigung des Gesetzes ge⸗
schehen. Der Moniteur enthält zahlreiche Veränderungen der Maires.
Großbritanien und Irland. London, 34. Juli. In der gestrigen Abend Sitzung des Unterhauses wurden die vom Dberhaufe zu der irländischen Wahl-Bill angenommenen Amende⸗ ments in Betracht gezogen. Lord J. Russell stellte den Antrag, die Qualification von 15 fund St. auf 12 Pfd. St. herabzusetzen. Das Oberhaus hatte nämlich die urfprünglich in der Bill vorge— schlagenen 8 Pfd. auf 15 Pfd. St. erhöht? Die vom Oberhause vorgenommene Aenderung, bemerkte der Minister, reduzire die Zahl der Wähler von 264,000 auf 144,000. Setze man 12 Pf. In die Stelle von 15 Pf., so erhalte man 172,900 Wähler. Eine andere Veränderung, der er größeres Gewicht beilege, verletze das Prinzip der Blll, welche, statt einen besonderen Anspruch auf Registrirung zu verlangen, die Steuerrolle als von selbst sich darbietendes Register vorgeschlagen habe. Er rathe dazu, diese Aenderung durchaus zu verwerfen. Beide Anträge Lord J. Russell's wurden mit bedeutender Mehrheit angenommen, Von Fen 61 irländischen Unterhaus-Mitgliedern, welche an der Abstim⸗ mung über Lord J. Russell's Anträge Theil nahmen, stimmten 42 für, 19 gegen die Regierung; 5 durch Geburt und Interessen mit Irland eng verbundene Repräsentanten englischer Wählerschaften stimmten ebenfalls mit der Mehrheit.
Rußland und Polen. St. Petersburg. Am 22. Juli starb hierselbst der Geheime Rath Bibikoff.
Am 26. Juli brach hier in einer Tischlerwerkstatt im Hause des Alexander?Newski-Klosters auf Wassili⸗Ostrow Feuer aus, das ohne weitere Beschädigung des Gebäudes vom Löschkommando dieses und des St. Petersburgischen Stadttheiles gelöscht wurde. Mehr Scha⸗ den hat eine andere Feuersbrunst angerichtet, die gegen sieben Uhr Morgens desselben Tages, gleichfalls auf Wassili⸗Ostrow im Galgeren⸗ Hier wurde ein Haus nebst sämmt⸗ lichen Nebengebäuden völlig eingeäschert und der daranstoßende Flügel eines anderen Hauses von den Flammen stark beschädigt. Ueber die Veranlassung zu beiden Brandschäden ist die Untersuchung eingeleitet.
Dänemark. Kopenhagen, 1. 1 6dr e⸗ landet tadelt sehr die Verspätung und Mangelhaftigkeit der amt⸗ lichen Berichle. Es gefalle der Regierung also noch nicht, das Rei tergefecht bei Jagel, wo die dänische Reiterei gesiegt und 8 Gefan⸗ mitzutheilen; so sei noch immer nichts Näheres zu den ersten allgemeinen Zahlenangaben über Todte, Verwundete und Gefangene erschienen, 12 Offiziere seien im vorläufigen Bericht als todt aufgeführt, nun seien aber bereits 32 Offiziere Sonntag in Flensburg begraben; noch weniger erfahre man über die Namen der 462 (statt 104) Gemeinen, die Sonnabend dort begraben seien; statt 2000 solle man nur 800 gefangene Insurgenten in Schleswig (darunter General Baudissin und Capitain Jeß) gefunden haben.
. Vorgestern Abend, Nacht und heute sind wieder mehrere Schiffe mit Verwundeten angekommen.
Italien. Turin, 28. Juli. (LI. In der verflossenen Nacht begaben sich die vier Compagnieen nach Superga, unt der dort ver⸗— anstalteten Trauerfeierlichkeit zur Erinnerung an Karl Albert bei zuwohnen. Die Messe wurde vom Abate Cameroni, Präsident des Emigralions-Comitè's, gelesen, und die Emigration selbst war durch zahlreiche Mitglieder derselben vertreten. Eine ähnliche Feier fand auch in der Kathedrale zu Turin statt. Die florentiner Blätter Nazionale und Costituztonale erschienen am Sterbetage Karl Albert's mit einem Trauerrande.
Turin, 29. Juli. verlautet, die sardinische Regierung habe auf den von Antonelli eingegangenen Protest gegen pie ' Behandlung des Erzbischofes von Sassart energisch geantwortet Die Armonia widerspricht der Angabe von der Existenz eines päpstlichen Breve, wodurch die piemontesischen Bischöfe aufgefordert wurden, dem Stccardischen Gesetze zu gehorchen
(Lloyd.) Es
(*
Henuga, VN. Juli. (Lloyd.) Im Dogenpalaste werden Vor bereitungen zum Empfange einer hohen Person getroffen. Der K nig Victor Emanuel hat uns nämlich nach der Inspection der Marengo sich vereinigenden Truppen einen Besuch im Monate Se; tember zugedacht. Das Lager bei Marengo soll eine Art De monstration gegenüber dem Uebungslager bilden, marschall Radetzky am linken T essin-User bei Gallerata, Somma und Sesto Calende zusamme ngezogen hat. Der K önig beabsichtigt bei seiner Anwesenheit in unserer Gegend die Eisenbahnarbeiten i Augenschein zu nehmen und dafür zu sorgen, daß dieselben, wenn möglich, noch im Laufe des Sommers 1851 vollendet seien. Da— Dampfschiff „Mi zambano“ wird dem Könige zur Disposition gestellt. Von hier wird Se. Majestät sich nach dem Golf von Spezzia begeben, Militalrhafen errichtet werden soll. Die Fregatten, Briggs, Kor vetten, Schooner der Königlichen Marine würden alsdann dahin verlegt werden, um in unserem Hafen mehr Raum für die Han delsschiffe zu gewinnen, deren Zahl sich, wie man hofft, durch die mit Eröffnung der Eisenbahn zu erwartende Steigerung des Ver kehrs bedeutend vermehren wird. .
a1 1 * * welches de Felt
Modena, 29. Juli. Laut Dekret vom 24. Juli sind die Je⸗ suiten wieder aufgenommen, ihre Güter wurden ihnen zurückgestellt und ihnen die Erlaubniß ertheilt, am 1. November in Modena, Reggio und Massa Schulen zu errichten. wissenschaft und Kunst. Königliches Opernhaus. Zweites Auftreten von Frl. Rachel. Sonnabend, den 3. August.) Frl. Rachel wählte zu ihrem zweiten Debüt die Rolle der Hermione
in der Andromache des Racine. Ihr Spiel war heute ein wesentlich an=
deres, als am Donnerstag, bedingt vielleicht durch die Verschiedenheit der Dichtungen.