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unterstützt. Valero macht kräftigst geltend, daß hierbei die Finan- zen leiden und der Ausfall dann anderswo eingebracht werden müßte. Ministerial Rath Dr. Hock schlägt in Würdigung der von Szabel vorgebrachten sehr beachtenswerthen Bemerkungen über das Mißverständniß, welchem ver Ausdruck Kaffee- Surrogate, rohe, ausgeseßt wäre, folgende Textirung vor: Kaffee a) röh, b) ge⸗ brannt, wie auch Käsfee-Surrogate, welche Terttrung von den BVer⸗ sammlung angenommen wird. Werner aus Lemberg stellt die Frage, ob das Seffnen der Waarenbehältnisse und dag, 234 derselben bei Verzollung der Waaren nöthig sein werde? Minist ja 4 Rath Hock entgegnet, daß es den Zollbeamten vorbehalten pteihben müsse, zur Entdeckung allfälliger ünterschleife, z. B. der Bei⸗ mischung anderer höher verzollter Waaren, solche Entlee rungen . Behältnisse zeitweise vorzunehmen. Nach mehreren von Seiten der Abgeordneten gemachten Bemerkungen wird die Abstimmung über die Kaffeezollsaͤtze vorgenommen, welche die Anträge der Kommission zum Beschlusse der Versammlung erhebt. Den Referent Hr. Ho ck notivirt nunmehr die Eintheilung der Gewürze in drei Klassen, gemeine, feine und feinste. Ülebergehend zu den Einfuhr⸗Zollbeträ⸗ gen für die drei angenommenen Farifsätze mit 10, 25 und 50 Fl. wurde die Angemessenheit derselben zu den erhobenen Preisen nach⸗ gewiesen, und bei zwei Gewürzen, Pfeffer und Zimmt, in eine nä⸗ here Ersrterung eingegangen. Pfeffer zahlte bisher den Zoll von 29 Fl. für den wiener Centner und soll fortan mit 10 Fl. Efür den Zoll ꝛc.) belegt werden, was den Fi⸗ nanzen, falls die bisherige Einfuhr sich nicht vermehrte, ein Opfer von 160, 000 Fl. verursacht. Allein diese Einfuhr wird sich wegen des verminderten Schmuggels steigern, und selbst wenn hierdurch den Finanzen nicht der volle Ersatz erwüchse, ließe sich eine Consumtions-Abgabe von 150 pCt. des Werthes nicht rechtfertigen. Was den echten Zimmt betrifft, so werden von demselben nur etwa 30 Cent. des Jahres in ganz Oesterreich eingeführt, während vom gering belegten Mutterzimimt mehr als 3000 Cent. eingehen; ein unwidersprechlicher Beweis des stattfindenden Unterschleifs. Darum hat die Kommission es für nöthig gefunden, die Unter⸗ scheidung zwischen dem echten Zimmt und Mutterzimmt aufhören zu lassen und beide den feinen Gewürzen mit dem Zolle von 25 Fl. einzuordnen. Nach mehreren Bemerkungen von Seiten der Abgeordneten bei Gelegenheit der Frage, ob die Gewürze in drei Satze mit 10, 25, 50 Fl. oder in zwei mit 10 und 50 Fl. Zoll einzureihen seien, wird zur Abstimmung geschritten, und die Ver— sammlung erklärt sich mit überwiegender Mehrheit mit der Texti⸗ rung des Entwurfes einverstanden, worauf auch die Zollsätze des Entwurfes von 10, 25, 50 Fl. angenommen werden. Es wer⸗ den nunmehr die Tarifs-Abtheilung 4 und 5: Sago, Ta⸗
pioca, auch Sago⸗Surrogate und Arrow ⸗⸗ Root, dann Thee motivirt und die im Entwurfe beantragten Sätze von 5 und 15 Fl., mit allseitiger Anerkennung des nament⸗
lich in letzterer Beziehung dem Staatsschatze, dem redlichen Handel und dem Wohle eines bedeutenden Theils der Konsumenten durch die beantragte, den Schmuggel fortan beseitigende Zollermäßigung erwachsenden Vortheils, einstimmig angenommen. Eine Erörterung führte bei der Frage über den Theezoll Fürst Salm herbei, wel⸗ cher einen Differenzialzoll zu Gunsten des russischen oder soge⸗ nannten Karavanen-Thees wünschte, um auf diese Weise Oester— reichs Beziehungen zu diesem großen, durch seine gegenwärtige Ta⸗ rifreform sich ihm aufschließenden Reiche enger zu knüpfen. Der Referent machte jedoch unter voller Anerkennung der ausgesprochenen Motive darauf aufmerksam, daß bei weitem der größte Theil des russischen Thees nicht unmittelbar über die russische Gränze, sondern über den großen Stapelplatz Leipzig nach Oesterreich komme, wo dann im gewöhnlichen Zollverfahren nicht zu erkennen sei, ob es wirklich ruͤssischer oder sogenannter holländischer in Seetransport nach Europa gelangter Thee sei, und daß ferner eben durch An⸗ nahme eines gleichen Zolles der russische, weit bessere und bei wei⸗ tem theurere Thee eine Begünstigung erhalte gegenüber dem an⸗ deren. Die Sitzung wurde sofort um 2 Uhr von dem Minister mit der Einladung, am folgenden Tage um 10 Uhr wieder zu er— scheinen, geschlossen.
Die gestrige Sitzung des Zoll-Kongresses begann wieder unter dem Vorsitze des Handelsministers. An der Tagesordnung war die Zuckerfrage; Referent: Ministerialrath Pr. Hock. Die vierzehn bis funfzehn Mitglieder, die vorgestern nach dem bekannten Vor falle die Sitzung verlassen hatten, stellten sich zur gestrigen Sitzung wieder ein. Der prässdirende Minister begrüßte mit freundlichen Worten das Wiedererscheinen der vorgestern während der Sitzung ausgetretenen Mitglieder und nahm darauf die ihm von Riedl überreichte Erklärung entgegen, die in Hinblick auf die aus dem Munde des Ministers erhaltenen Aeußerungen die näheren Gründe enthielt, aus welchen die Misorität sich bewogen fand, den Verhandlungen wieder beizuwohnen. Nach Bekanntmachung dieser Eingabe bemerkte Herr von Brück, daß, wenn die Erklärung so verstanden werden sollte, als ob auch die Prinzipien, ob Prohibition, ob Schutzzoll oder Frei⸗ handel, Gegenstand der Erörterung bilden würden, er dagegen pro kestiren müsse, im entgegengesetzten Falle aber und beim Festhalten des Schutzzoll-Prinzipes sei er mit der Verwahrung der Abgeord⸗ neten, welche dieses Aktenstück unterzeichneten, vollkommen einver⸗ standen und lade daher die Versammlung zur Fortsetzung ihrer dringenden Arbeiten ein. Das System des Schußzolles sei eine ausgemachte Sache, von Prohibition und Freihandel könne weiter keine Rede mehr sein. Da die Versammlung dieser Ansicht bei⸗ stimmte, schritt man unverweilt zur Tagesordnung. Zucrst sprach der Deputirte aus Czernowicz über die Durchfuhrzölle. Hierauf befürwortete Hlubeck aus Graz die Interessen der inländischen Runkelrüben— zucker-Fabrication. Auf Antrag des Fürsten Salem wurde in dem Tarifs Entwurfe bei dem Artikel „Kolonial⸗Waaren“, a) den Wor⸗ ten: „sowohl in Hüten, als gestoßen“, noch der Beisatz: „oder wie immer verkleinert, hinzugefügt. Der Vorschlag Hagenaner' s aus Triest, den Einfuhrzoll von Zuckermehl, wie auch flüssigem Zucker, von dem im Tarife enthaltenen Satze per 11 Fl. auf 7 Fl. herabzusetzen, wurde ebenfalls zurückgewiesen und die ur sprüngliche Ifffer genehmigt. Alle weiteren Posttionen des Tarifs wurden so—⸗ fort angenommen, bis die Debatte zu dem dritten Abschnitte: „Taback und Taback - Fabrikate“, gelangte und Fürst Jablo— nowsky das Wort ergriff. Szabel beantragte, vor den desiniti⸗ ven Verhandlungen über die Tabackfrage eine Kommission niederzu⸗ setzen, welche in die von der Regierung früher in dieser Angelegen⸗ heit gemachte Enquete Einblick nehmen sollte, um nach gehöriger üntersuchung die Resultate derselben dem Kongresse vorzulegen. H. Neumann sprach dagegen und machte bemerkbar, daß die En. nennung von Kommissionen den Gang der Verhandlungen zu sehr verzögere. Uebrigens sei diese Einleitung fen zwecklos und über⸗ flüsstß, wenn anders die ministe rielle Versicherung, daß die Akten ber früheren Enqueten auf den Tisch der Versammlung gelegt und jedem Mitgliede zur Einsicht offen stehen wür⸗ ken, als wahr geachtet werden wollten. Spabel's Antrag wurde in Folge dieser . einhellig verworfen und vie Fortfẽtzungen der Verhandlungen über „Taback und Taback⸗ Fabrikate“ auf heute er,. Die Eingabe der vorgestern aus ber Sitzung abgetretenen Kongreß -⸗Mitglieber lautet, wie folgt:
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„Die Gefertigten haben in der ersten, am 22sten d. abgehaltenen Bersammlung des nach Wien berufenen Zoll-Kongresses sich ver⸗ pflichtet erachtet, nachdem sie die von dem hohen Ministerium des handels für die Versammlung vergeschriebene Geschäftsordnung mit den früheren hohen Ministertial-Dekreten und Zusicherungen, welche den Deputirten eine Berathung des Zolltarif ⸗ Entwurfs in seiner Gesammtheit und nach den denselben zu Grunde liegenden Prinzipien in Aus icht stellten, nicht in Einklang fanden, mit sich zu Rathe zu gehen, ob es ihnen nach ihrem Mandate möglich sei, den Bera— hungen der geehrten Versammlung fernerhin beizuwohnen. Im Anbekrachte: Taß Se. Ercellenz der Herr Handels-Minister die Er⸗ klärung abgegeben hat, es sei durch den im §. 1 der Geschäfts⸗ Ordnung ausgesprochenen Grundsatz: „der Zweck der Versammlung ist die Prüfung der einzelnen Sätze des Tarifs⸗Entwurfs“, die Vebatte über die Prinzipien-Fragen durchaus nicht ausgeschlossen, vielmehr soll bei Berathung der einzelnen Tarifsätze die Gelegen— heit offen bleiben, unbeirrt' darauf Linzugehen. Im Anbetrachte: Daß Se. Excellenz der Herr Sections-Chef von Baum⸗ garfner die Versicherung aussprach: Es könnten nach Bil⸗— dung des Tarifs, die vorerst als Zweck der Versammlung zu betrachten sei, die Mittel zur wirksamen Durchführung erwogen werden und die wichtige Frage über die Opportunität der Einfuͤh— rung desselben offen und unbenommen bleiben. In Anbetracht fer— ner: daß durch diese beiderseitigen Ertlärungen das Bedenken ent⸗ fällt, als wäre die von dem hohen Handels Ministerium vorge— schriebene Geschäfts Ordnung allein maßgebend und lasse sich daher mit dem Mandate der Abgeordneten nicht in Einklang bringen, worüber der mitgefertigte Antragsteller Herr Riedl sich auszuspre⸗ chen nicht in der Lage war, weil ihm das Schlußwort nicht ge⸗ währt worden ist, betrachten die Gefertigten die in dem Wortlaute der Geschäfts-Ordnung vorgefundenen Hindernisse ihrer Theil— nahme an der Berathung des Zolltarifs- Entwurfes für be—
hoben. Wien, 23. Januar 1851. J. B. Riedl, Ptaͤ⸗ sident der Prag - Pardubitzer Handels- und Gewerbe⸗
kammer, als deren Delegirter. Dr. Joseph Neumann, als Dele⸗ girter des nieder⸗österreichischen Gewerbe-Vereins, gesendet von der Handels- und Gewerbe⸗Kammer im Kronlande Nieder⸗-Oesterreich. Joh. Pet. Kretz, als Delegirter des Kronlandes Kärnthen. A. Lanna, Delegirter der Handels- und Gewerbe-Kammer zu Budweis. Jos. Winter, Delegirter der Handels- und Gewerbe-Kammer im Kronlande Nieder-Oesterreich. J. G. Richter, Delegirter der Han— dels- und Gewerbe⸗Kammer im egerer Kreise. W. E. Redtham⸗ mer, Delegirter für die Baumwollweberei in Böhmen. Otto Bi⸗ schoff, Delegirter der Handels- und Gewerbe-Kammer aus Pilsen. Fr. Richter, Vice-Präsident und Delegirter der Handels- und Ge— werbe-Kamer zu Prag. Franz Florian Sigmund, Delegirter des reichenberger Gewerbe-Vereins. Karl Ganahl, Präsident der Han— dels-Kammer für Vorarlberg. M. Gomperz, Delegirter der Han— dels- und Gewerbe-Kammer in Brünn.“
Die Handels- und Gewerbekammer zu Pilsen hat dem Mini⸗ sterium eine Petition wegen Anlage einer Staats-Eisenbahn von Prag direkt über Pilsen nach Hof mit Zweigbahnen von Pilsen nach Budweis, dann von Prag nach Pilsen übexreicht. —
Die Direction der südöstlichen Staats-Eisenbahn macht bekannt, daß vom 1. Februar d. IJ, an der Waarenverkehr auch von und nach der Station Sava eröffnet werden wird.
Ueber die Frage in Betreff der Uniformirung und Bewaffnung der Gemeinde-Polizei⸗-Organe hat das Ministerlum des Innern nunmehr definitiv entschieden, daß es zwar den Gemeinden über⸗ lassen bleibe, die Bestimmungen über die Uniformirung und Be⸗ waffnung der Polizei⸗Organe zu treffen, daß sie jedoch hierbei die allgemeinen Verbotsgesetze und die besonderen, den Gebrauch mili⸗ kairischer Abzeichen Oder das Tragen von Staatsbeamten-Uniformen untersagendens Vorschriften genau im Auge zu behalten und keine Uniformirung zu wählen haben, die der Armee, der Gendarmerie oder der Militair-Polizeiwache eigen ist
Der Entwurf des neuen Ehegesctzes ist, wie das Neuigtkeikhs⸗ Büreau hört, vollendet und soll den früheren mährisch-schlesischen Appellationsrath Dr. Beidtl zum Verfasser haben. Die Eivilehe hat nach demselben keinen Eingang gefunden.
In einer Zucker-Raffinerie der Vorstadt Leopoldstadt wollten mehrere Arbeiter durch Einstellung der Arbeiten einen höheren Lohn erzwingen, haben aber ihren Zweck nicht erreicht, da die eingeleitete Untersuchung die Entfernung derjenigen zur Folge hatte, die ihre Zuständigkeiten nicht nachweisen konnten.
Die wiener Bürgermeisterwahl ist auf den 2bsten bestimmt.
Troppau, 13. Jan. Der Statthalter hat an die ehemaligen Guts-Unterthanen im Kronlande Schlesien folgende Bekanntmachung erlaffen: „In kürzester Zeit werden Grund und Boden vollständig entlastet sein. In allen Gemeinden des Kronlandes sind, mit Aus⸗ nahme weniger Einzelfälle, die Entschädigunge- und Ablssungsbe— träge für die aufgehobenen Zehent- und Ürbarialschuldigkeiten durch Kafserliche Kommissionen erhoben und ordnungsmäßig festgestelli worden. dürfen uns zu Liesem befriedigenden Erfolge Glück wünschen, welchen wir eben so sehr der unermüd— lichen Thätigkeit der Kommissionen als dem guten Wil⸗ len und lobenswerthen Entgegenkommen der Betheiligten zu danken haben. Jeder Verpflichtete weiß nun gengu die sährliche Rente, welche er als Entgelt für die bestandenen Schul- digkeiten fortan zu entrichten hat, so wie ihm zugleich das Kapital bekannt gegeben ist, durch dessen Erlag er seinen Grund auch von dieser Rentenzahlung für immerwährende Zeiten hefreien kann. Diese Geldlast ist überall nach so billigen Grundsätzen ermittelt und nach so mäßigen Werthansätzen bemessen worden, daß Niemand die großen Vortheile verkennen kann, welche den Verpflichteten dadurch zu Theil wurden. Die Belästigungen und Uchervor⸗ theilungen, so wie der empfindliche Zeilverlust, wozu die Ro⸗ bot und andere Natural-Leistungen Gelegenheit gaben, haben anf⸗ gehört, und an deren Stelle tritt eine verhältnißmäßig kleine Rente, welche zudem jeden Augenblick abgekauft werden kann. Der Werth des Grundes, welcher von einer großen unbestimmten Last befreit wurde, muß dadurch nothwendig steigen; der fleißige Grundwirth aber, welcher nun Herr seiner Zeit und Arbeitskraft ist, wird seine Thätigkeit ungetheilt seinem Eigenthume zuwenden können und da⸗ durch in der Lage sein, den Ertrag und Werth seines Besitzthums noch fort und fort zu erhöhen. Dies Alles ist erreicht durch die Uchernahme einer verhältnißmäßig geringen jährlichen Zah⸗ lung. Diese müß nun aber auch unweigerlich und regelmä⸗ ßig geleistet werden. So verlangt es das Gesetz, der Befehl des Kaisers und der Ausspruch des Rechtes und der Billigkeit. Es ist meine heilige Amtépflicht, für den Vollzug dessen mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln zu sorgen. Dieser Pflicht gemäß habe ich die K. K. Steuer -Aemter beauftragt, von nun an alle ihnen zur Einkasstrung überwiesenen Renten, so wie die Rückstände an diesen, unnachsichtlich hercinzubringen und gegen die Säumigen ihr Amt zu handeln. Nach einem beinahe dreijährigen Verzug wäre eine fernere Nachsicht in Hereinbringung der Renten und Rückhstände eine tadelnswerthe Schwäche, für welche mir selbst die jenigen in Zukunft nicht danken würden, welchen für jetzt eine
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scheinbare Erleichterung dadurch zu Theil würde, denn da sie jeden⸗ falls und unter allen Umständen bezahlen müssen, so würde ein fer⸗ nerer Aufschub der Zahlung keine andere Folge für sie haben, als einen fort und fort wachsenden Schuldenstand. Ein solcher Auf⸗ schub wäre aber auch eine Ungerechtigkeit, entweder gegen die be— rechtigten Gutsbesitzer, wenn man diesen abermals vorenthalten wollte, was ihnen nach Recht und Gesetz gebührt, oder aber gegen alle anderen Steunerpflichtigen, wenn der Ab— 1694 2 diesen vorgeschossen und hereingebracht werden sollte.
rum kann und darf ich nicht Nachsicht üben. Ich erwarte jedoch von dem Rechtssinne und dem Pflichtgefühle der braven Schleier, daß die Anwendung von Zwangsmitteln nirgend nothwendig sein werde. Ich erwarte vielmehr von ihrer Einsscht 1 sie die gro⸗ ßen Vortheile einer vollständigen Entlastung! nicht nn und das Aeußerste anwenden werden, um das Kaͤpital' selbst abzuzahlen was ihnen durch Theilzahlungen nach Möglichkeit erleichterl verden soll. Ich vertraue hierbei auf die Mitwirkung und ünterstützung der nen gewählten Gemeindevorstände. Sie werden, dessen bin ich sicher, mir gern und eifrig beistehen, wenn ich sie auffordere, durch Beispiele und Belehrung dahin zu wirken, daß das hochwichtige Geschäft der Grundentlastung in Eintracht vollendet werde, wie es bis nun in Friede durchgeführt wurde. Der rasche Gang desselben hat den Schlesiern die Gelegenheit dargeboten, den Mitbürgern in anderen Kronländern ein nachahmungswerthes Beispiel zu geben, und sie werden es geben. Sie werden durch Achtung vor dem Gesetze und durch billige Anerkennung fremder wohlerworbener Rechte darthun,
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daß sie die ihnen gewordene Befreiung vom Bande der Unterthä— nigkeit verdienen, indem sie ihre neuen Pflichten begreifen und er— füllen. Troppau, 10. Januar 1851. Dr. Ritter ven Kalchberg, K. K. Statthalter und Ministerial-Kommissär für die Grundent⸗ lastungm i Kronlande Schlesien.“
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Sachsen. Dresden, 23. Jan. (D. J.) In der heuligen Sitzung der ersten Kammer befand sich unter den Registranden⸗Ein⸗ gängen folgende Eingabe des Bürgermeisters Koch in Leipzig: „An die erste Kammer der Ständeversammlung des Königreichs Sachsen. Tie erste Kammer der Ständeversammlung wolle aus dem beigefügten Zeugnisse meines Hausarztes ersehen, aus welchen Gründen ich der Einberufung in die Kammer Folge zu leisten zur Zeit behindert bin und mich demnach wegen meines Nichterscheinens für entschuldigt erachten. Leipzig, 19. Januar 1851. Otto Koch.“
Präsident von Schönfels schlug sofortige Beschlußfassung über diese Eingabe vor und bemerkte, das Direktorium sei der Ansicht, den Bürgermeister Koch dahin zu bescheiden, daß, da er vorher auf verschiedene Weise die Kompetenz der Kammern bestritten, eine indirekte Anerkennung derselben, denn als etwas Anderes könne die eingebrachte Entschuldigung nicht angesehen werden, gegenwärtig nicht mehr ausreiche, weshalb Bürgermeister Koch die Kompetenz der Kammer ausdrücklich anzuerkennen und dann ein förmliches Urlaubsgesuch einzureichen habe. (Allseitiges Bravo in der Kam- mer.) Mit dirsem Vorschlage des Direktoriums, der später in seiner Fassung dahin verändert wurde, dem Bürgermeister Koch die Be— scheidung zu geben, daß er vor Allem in die Kammer eintreten zu wollen zu erklären und alsdann erst um Urlaub zu bitten habe, erklärte auch der Staats⸗Minister von Friesen sich einverstanden, und machte zugleich darauf aufmerksam, daß Koch bereits einmal Urlaub von der Kammer erhalten habe, und der Regierung aus politischen Gründen daran liegen müsse, das hier in Frage kom⸗ mende wichtige Prinzip aufrecht zu erhalten, selbst auf die Gefahr hin, ihr Verfahren gegen die betreffende Person als ein hartes be trachtet zu sehen. Zugleich machte der Staats-Minister der Kam mer noch eine Mittheilung über den Stand der Kochschen Angele— genheit im Allgemeinen, aus der, neben schon Bekanntem, zu ent— nehmen war, daß das Ministeri3im dem Bürgermeister Koch statt der durch dessen Krankheit unterbrochenen letzten Frist noch die letzte gesetzliche Frist zur Abgabe seiner desfallsigen Erklärung
anzuberaumen! gedenkt, nach Lessen erfolglosem Ablauf so⸗ dann nicht mehr von einem Eintritte in die Kammer die Rede sein könne, sondern in der Weise zu verfahren sein werde, welche das Staatsdienergesetz bei erfolglos gebliebenem
Besserungsverfahren vorschreibe, nämlich mit Entfernung vom Amte. von Egidy und von Welck erklären ihr Einverständniß mit dem Direktorial-Antrage und meint Ersterer, daß die neue Eingabe des Bürgermeisters Koch weiter nichts wäre, als ein neuer Ver⸗— such, den Leuten Sand in die Augen zu streuen, und der Letztere, daß, wenn derselbe eine aus mindestens zwanzig Worten bestehende Erklärung an die Kreis-Direction abzugeben vermocht habe, en auch im Stande sein werde, die drei Worte zu sagen: „Ich will kommen.“ Schlicßlich wurde, dem obigen Antrage des Direktoriums gemäß, mit Einstimmigkeit der Beschluß gefaßt, Bürgermeister Koch zu bescheiden, daß er seine Bereitwilligkeit zum Eintritte in
die Kammer zu erklären und dann erst um Urlaub nachzusuchen habe. Hannover. Aurich, 20. Jan. (Ost fr. 37 Der Pro
vinzia! Landtag hat in erster Berathung den Entwurf einer Ver⸗ fassungs-Urkunde bis heute in folgenden Theilen angenommen:
J. Umfang und Zusammensetzung der Provinzial Landschaft.
§. 1. Unsere ostfriesische Landschaft besteht sowohl für Unser Fürsten⸗ thum Ostsriesland als für das demselben einverleibte Harlingerland. Alle Gesetze und alle Anordnungen, welche in Folge von Verhandlungen mit Unserer ostfriesischen Landschaft getroffen werden, sollen für den ganzen Bezirk der Provinzial - Landschaft gelten, insofern nicht in einzelnen Fällen eine Ausnahme davon in verfassungsmäßigem Wege ausdrücklich festgestellt wird. Auch ist sowohl in der gegenwärligen Verfassungs-Urkunde als in allen anderen, von jetzt an zu eriassenden Verfügungen unter der Bezeich— nung von Ostfriesland das Harlingerland mitbegriffen.
§. 2. Die ostfriesische Provinzial Landschaft besteht aus Abgeordne— ten der Städte und des platten Landes, welche in ungetrennter Versamm⸗ lung berathen und beschließen.
§. 3. Die Städte wählen zu der Provinziallandschaft 19 Abgeord= nete, die Flecken und Landgemeinden 33.
§. 4. Von den Abgeordneten der Städte erwählen: die Städte Em— den 6, die Stadt Norden 4, die Stadt Leer 4, die Stadt Aurich 3, die Stadt Esens 2.
§. 5. Die Deputirten werden von den Magistrats-Mitgliedern, einer gleichen Anzahl Stadtverordneter und einer gleichen Anzahl stimmfähiger Wahlbürger gewählt.
§. 6. Wählbar ist jeder stimmberechtigte Bürger, so wie die Mitglie- der und Secretarien der Magistrate.
§. 7. Von den Abgeordneten der Flecken und Landgemeinden erwäh—⸗ len: das Amt Werner 2, das Amt Jemgum 2, das Amt Leer 2. das Amt Friedeburg 2, das Amt Wittmund 2, das Amt Berum 2, das Amt Esens 2, das ümt Emden 2, das Amt Greetsphl 2, das Amt Norden 2, das Amt Ost-Aurich 2, das Amt West-Aurich 2, die Aemter Nord- und Süd- Sisckhausen 3 Abgeordnete, von denen jede Abtheilung einen, beide Abthei⸗ lungen zusammen den dritten Abgeordneten und zwar aus den größeren Grundbesitzern wählen.
Außerdem haben die zwölf erstgenannten Aemter noch 6 Deputirte in der Art zu wählen, daß das eine Mal 6 Aemter jebrs einen und das an- dere Mal die übrigen 6 Aemter jedes einen Deputirten wählen.
Wer das erste Mal u wählen habe, entscheidet das Loos. Der Wech- sel sindet statt; zwischen Emden und Leer, zwischen Weener und Jemgum
zwischen Friedeburg und Winmund, zwischen Berum und Esens, zwischen Hrectsphl und Norden, zwischen Ost⸗-Aurich und West⸗-Aurich.
§. 8. Die Wahl dieser Abgeordneten erfolgt nach absoluter Stimmen mehrheit durch die Amtsvertreter jedes Wahlbezirks. Conf. wegen des Amts Stickhausen S. 7. . ö
§. 9. Wählbar ist jeder zur zweiten Kammer der allgemeinen Stände⸗ BVersammlung wählbare wohnberechtigie Einwohner des betreffenden Wahl—⸗
bezirks.
Einer der Abgeordneten jedes Wahlbezirks muß jedoch den größe ⸗·
ren Grundeigenthümern desselben angehören. Zu den letzteren sind zu
zählen die zur ersten Kammer der allgemeinen Sände-Versammlung wähl—⸗ baren Grundeigenthümer, vorausgesetzt, daß in dem Wahlbezirke deren 50
vorhanden sind, und, wo dies nicht der Fall ist, so viele der den höchsten
Grundsteuerbetrag entrichtenden Grundeigenthümer, wie zur Erreichung die⸗ ser Zahl erforderlich sind. Der zur Wählbarkeit erforderliche Grund besitz muß ganz oder zum größten Theile in dem betreffenden Wahlbe⸗ zirfe beltgen sein; dagegen braucht der Grund- Eigenthümer nicht zu den Einwohnern dieses letzteren Bezirks zu gehören, muß aber auf dem Lande wohnen. Die zur ersten Kammer wählbaren Grund- eigenthüner, deren Grundbesitz unter einer städtischen Obrigkeit belegen ist, sollen den wählbaren Grundeigenthümern eines benachbarten Wahlbezirks hinzugelegt werden.
S. 10. Für jede Landschafts⸗Versammlung tritt eine neue Wahl ein.
8. 11. Der in die Provinzial-Landschaft zu wählende Deputirte muß in der Provinz geboren sein oder daselbst drei Jahre gewohnt haben. Es ist der Vater sür die Kinder, sofern ihm die Verwaltung oder der Nieß— brauch des Vermögens derselben zusteht, so wie der Mann für die Frau, zu rscheinen berechtigt. §. 12. Der Ausschuß der Amtsvertretung leitet die Wahlen der Ab—Q geordneten; auch stellt derselbe die Vollmachten aus.
s. 13. Unfer Ministerium des Innern ist ermächtigt, die zur Vor— nahme der Wahlen erforderlichen näheren Anordnungen zu treffen.
Baden. Karlsruhe, 21. Jan. (N. Fr. Ztg.) Der Vorstand des Großherzoglichen Ministeriums des Innern, Freiherr von Marschall, hat unterm 11ten d. das nachfolgende Ausschreiben an die Großherzoglichen Aemter erlassen: „Nach einer Meldung des Großherzoglichen Gendarmerie⸗Corps-Kommando's vom Zten d., womit dasselbe eine vergleichende Uebersicht der in den Monaten Oktober und Dezember v. J. vorgekommenen Verbrechen und Ver— gehen vorgelegt, haben die Exzesse politischer und polizeilicher Natur im letzten Monat bedeutend zugenommen.
„Wenn man nun auch zugeben muß, daß gewöhnlich in den Wintermonaten wegen des häusigeren Wirthshausbesuchs und des Aus— setzens der Arbeiten vermehrte Anlässe zu Exzessen gegeben sind, so beweist doch die Handhabung deröffentlichen Srdnung während der Dauer des Kriegszustandes, daß sich während desselben, und namentlich im Winter 1849 — 50, die Verbrechen und Vergehen auf eine sehr erfreuliche Weise gemindert haben. Es ist daher allerdings auffallend, daß sich die Verbrechen und Vergehen im Monat Tezember im Verhältniß zum Monat Oktober so bedeutend vermehrt haben. Wenn wir auch nicht annehmen wollen, daß die Polizei-Behörden in ihrem Eifer für Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung nachgelassen haben, so for dert doch dieser Umstand zur größten Wachsamkeit auf.
„Den Behörden stehen fortan die Mittel zu Gebote, der Zu neigung zu Exzessen auf das kräftigste zu begegnen, den Sinn für Ordnung unter ber Bevölkerung in aller Weise zu wecken, so wie eine dauernde Angewöhnung unter das Gesetz zu befestigen; Das darf durchaus nicht geduldet werden, daß Unordnungen, welcher Art sie auch seien, wiederkehren. Der kleinste Anfang hat unabseh— bare Nachtheile, weil er die Kraft der öffentlichen Autorität in zweifel setzt.
„Die Großherzoglichen Aemter werden daher angewiesen, die Ursachen wiederkehrender Unordnungen in den Gemeinden genaue stens zu erforschen, über die öffentlichen Zustände ihrer Bezirke die Großherzoglichen Militair-Kommandanten fortwährend zu unterrich— ten, die Einwohner auf die schweren Folgen sich erneuernder Sit⸗
n- und Zuchtlosigkeit, so wie auf die großen Nachtheile nothwen dig werdender militairischer Executions-Maßregeln, aufmerksam zu machen, die geistlichen und weltlichen Ortsvorstände zum gemein— schaftlichen Zusammenwirken zur Befestigung der öffentlichen Ord nung aufzufordern, die Letzteren dafür verantwortlich zu machen, daß keine Vergehen verbeimlicht und jede Gesetz- Uebertretung unnachsichtlich zur Anzeige und Strafe gebracht werde, die lässigen Ortsvorstände mit Strafe zu belegen oder deren Entfernung zu veranlassen, insbesondere das Treiben der Wirthe, welche bei jungen Leuten den Hang zum Genusse geistiger Getränke zu wecken suchen oder in ihren Wirthschaften Unordnungen dulden, schärfstens zu überwachen und in vorkommenden Fällen das Schließen der Wirthschaften unnachsichtlich zu veranlassen, das Po⸗ lizei-Aufsichtspersonal zur pünktlichen Aufsicht anzuweisen, die lässi⸗ gen oder untauglichen Polizei Bediensteten vom Dienste zu entfernen, die Untersuchungen schleunigst zu erledigen, so daß die Strafe den Vergehen auf dem Fuße folgt, und überhaupt alle Mittel vorzukeh— ren, kurch welche dem Gesetze Achtung verschafft und jeder Anlaß zu Unordnungen im Keime erstickt wird.
Man glebt sich der sicheren Hoffnung hin, daß die Großher zoglichen Ae nter, geleitet von dem Eifer für gewissenhafte Pflicht— erfüllung, fortan mit Kraft, Umsicht und Ausdauer die Befestigung
öffentlichen Ordnung sich werden angelegen sein lassen, und
man wird sich über ihre Thätigkeit genauestens verlässigen. „An der kräftigen Unterstützung der Großherzoglichen Aemter werden es die vorgesetzten Behörden nicht fehlen lassen.“
Karlsruhe, 21. Jan. Die heutige Sitzung wird mit der Anzeige Präsidenten eröffnet, daß die erste Kammer den an sie wiederholt gelangten Gesetz-Entwürfen über die Polizei der Presse und über die Einführung des Strafgesetzbuchs nebst Schwur— zerichten beigetreten. Hierauf beantragt Staatsrath Regenauer ine Aenderung in §. 6 des jüngsthin angenommenen Gesetzes, die Aufnahme eines Anlehens von 5,000,000 Fl. betreffend, welche da hin geht, daß die Regierung ermächtigt sein solle, im Falle 43pro— zentige Obligationen ausgegeben werden, solche schon nach dem 1. Februar 1858, und wenn 5prozentige ausgegeben werden, die—
selben schon nach dem 4. Februar 1856 wieder einlösen zu bürfen. Es wird hierüber in abgekürzter Form berathen und
diese Aenderung einstimmig genehmigt. — Die Tagesordnung führt zur Berathung des durch Hoffmann erstatteten Kommissions-Berichts nebst Nachtrag über das ordentliche Budget des Kriegs⸗Ministe⸗ riums für die Jahre 18650 und 1851. In letzterem fordert die Regierung zur Deckung des ordentlichen Militair-Aufwandes für das Normaljahr 1851 die Kammer mittlerweile den Gesetz⸗Entwurf über Wiedereinfüh⸗ rung des Einstandsrechts angenommen, die für Alterszulagen in Anspruch genommenen Summen wieder abgehen. Der ordentliche Militair-Aufwand für das Jahr 1837 betrug 1, 9b7,547 Fl. und hat sich. sonach mit Einschluß der abzurechnenden Alterszulagen erhöht um 142,79 Fl., zu welchen die Regierung noch eine weltere Summe von S3, 9092 Fl. für eintretende besondere Verhältnisse in Aussicht stelt. Der Kommissions- Bericht nebst Nachtrag befassen sich nur mit ber ersterwähnten wirklich nachgewiesenen Summe und stellen nur lahin bezügliche Anträge, die ausführliche Verhandlun— gen vergulaßten, in heutiger Sitzung aber noöch zu keinem End resultat führten. Wir müssen vorläufig nur noch erwähnen, daß
2, 410,526 Fl., wovon aber jetzt, nachdem.
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anläßlich dieser Verhandlungen die Kammer die ausgezeichneten Verdienste und das uneigennützige Wirken des Obersten von Rog= genbach, welcher als Präsident des Kriegs Ninisteriume in der jüngstvergangenen Zeit die Leitung der Geschäfte mit Beibehaltung seines Ranges und seiner Besoldung als Oberst übernommen, da⸗ durch anerkannte, daß sich sämmtliche Mitglieder auf Ullrich's An⸗ trag von ihren Sitzen erhoben haben.
Heidelberg, 23. Jan. H. J.) Unsere Universität hat abermals einen empfindlichen Verlust erlitten durch den Tod des Geh. Rathes Nägele, Direktor an der Entbindungs⸗Anstalt. 1778 in Düsseldorf geboren, kam derselbe 1307 als außerordentlicher Professor hierher und wirlte ununterbrochen sowohl für die Wissen—⸗ schaft, die er durch gediegene Schriften bereicherte, in denen er die Resultate seiner Erfahrungen niederlegte, als auch als Geburtshel fer, in welcher Eigenschaft er in Deutschland als einer der Ersten anerkannt wurde.
Sachsen⸗ Weimar. Weimar, 24. Jan. (W. Ztg.) Auf Vermittelung Ihrer Kaiserlichen Hoheit der regierenden Frau Großherzogin hat Se. Majestät der Kaiser von Rußland dem Großherzoglichen Münzkabinet hier eine sehr werthvolle Sammlung russifcher Münzen 342 Stück, davon 70 in Gold, 206 in Silber, 3 in Platina und Medaillen 510 Stück in Erz, verehrt. Diese Sammlung, von dem Herrn Professor Hr. Stickel zu Jena, geord⸗ net und sehr zweckmäßig und gefällig eingerichtet, ist nunmehr in der Großherzoglichen Bibliothek hier ausgestellt. Im Verein mit den schon früher hier vorhandenen 103 russischen Münzen und Me daillen vergegenwärtigt sie beinahe alle wichtigeren Momente der russischen Geschichte seit Rurik (860 vor Christus) bis auf unsere Tage.
Weimar, 22. Jan. (W. Ztg.) In der heutigen Land tagssitzung begann die Debatte über den die allgemeine Einkommen steuer betreffenden Gesetz Entwurf. Der Abg. Trunk brachte einen Antrag ein, dessen gesetzliche Durchführung von der größten Wich— tigkeit für unser ganzes Steuersystem sein müßte, dahin gehend, der Landtag möge beschließen, (das von der Staatsregierung in dem neuen Gesetz-⸗Entwurf s. 4 — 12) beibehaltene Ortsquoten System aufzugeben und) „die Aufnahme der Ortsquoten in das Einkom mensteuer-System abzulehnen.“ Er setzte Ausführlich die Nachtheile und großen Mängel des jetzigen Ortsquoten-Systems aus ein— ander, und wies nach, wie erfahrungsmäßig sich seit langen Jahren herausgestellt habe, daß die in den Steuerrollen be⸗ findlichen Steuer -Kapitale nicht dem Ertrag des National-Ver mögens im Großherzogthum entsprächen, was der Fall sein müßte, wenn die mühsamen Regulirungen der Ortsquoten das rich⸗ tige Mittel gewesen wären, die wahren Ansätze des Einkommens an den Tag zu bringen. Wenn man aber dieses Resultat mit Hülfe ver Orksquoten in 30 Jahren nicht erlangt habe, so müsse man einen anderen Weg zur Berichtigung der Individual Steuer⸗Kapi tale einschlagen, nämlich den, daß die Einschätzer nicht an eine Ortsquote gebunden würden; welche ohnehin nach dem Sinne der bisherigen Steuergesetzgebung von den Einschätzern überschritten werden“ könne, also einen veränderlichen Zustand zulasse, und somit ihrem Betrage nach von der Einschätzung der Steuer⸗ vertheiler abhängig gemacht werde, Wollte man aber dem Systeme der Ortsquoten einen besonderen Werth beilegen, weil man vermittelst desselben für jeden Thaler die Steuer⸗Pfen⸗ nigzahl vorausberechnen könne, so habe es auch diesen Werth nicht, weil man auf diesem Wege nicht dir richtige Pfennigzahl finde, in⸗ dem stets mit der Einschätzungs- und Fassionesumme der vorigen Finanzperiode in die Steuersumme der nächstfolgenden Periode di⸗ vidirt werde, was gegen alle Voraussetzungen des Einkommensteuer⸗ Systems verstoße. Die Art und Weise, wie die Ortsquoten festge— stellt würden, sei weder dem Volke noch der Volksvertrelung in ih⸗ ren Einzelheiten bekannt, man habe daher keine Garantie dafür, daß die Vertheilung der Steuer auf die Orte und Indi viduum gleichmäßig erfolge. Die Ungleichmäßigkeit der Ver⸗ theilung aber ergäbe sich aus der großen Verschiedenheit der Steuerpfennigzahl, welche man, bei dem zweiten Theile der Einkommensteuer in den verschiedenen Ortschaften des Groß⸗ herzogthums oder nach vorgenommener Correction der ursprüngli⸗ chen, aber falschen Berechnung, vorfinde. Die Einschätzer sowohl, wie die Behörden würden durch die Hinweisung auf die aus den vorigen Perioden herübergetragenen Quoten von der freien Ein⸗ schäßung und Richtigstellung des wahren Individualsteuer⸗-Kapitals abgelenkt, während doch ihre ganze Aufgabe darin bestände, die Individualsteuer-Kapitale ihrem wahren Bestande nach zu ermitteln, es müsse daher ihre Thätigkeit lediglich dieser Ermittelung zuge⸗ wendet werden. Aus der Summe der Individualsteuer⸗Kapitale ergäben sich dann ganz von selbst die Ortssteuer-Kapitale und aus diesen das Landessteuer-Kapital. Dividire man dann mit diesem in die von der Staatsregierung und den Ständen festgesetzte Landes ⸗-Einkommensteuer-Summe, so erhalte man auf ganz einfachem Wege Lie richtige Steuerpfennigzahl auf jeden Tha ler. Hierauf erklärte der Geheime Staatsrath Thon: prinzipiell sei es richtig, das Quotensystem aus dem Einkommensteuersystem zu entfernen, allein es ständen dem wichtige praktische Gründe ent- gegen. Die Großherzogliche Staatsregierung werde diese Frage nä her erwägen. Als seine persönlichen Bedenken trug er folgende vor: hätte man wahrgenommen, daß die Steuervertheiler geneigt gewesen wärer, den Quotenbetrag einzuhalten oder gar zu vermin⸗ dern, so würden sie bei freier Einschätzung noch mehr Antrieb zu geringeren Einschätzungen haben, durch die Ortequote würden sie aber an einen Minimalbetrag gebunden. Eine zu geringe Ein— schätzung des zweiten Theils des Einkommens würde aber einen sehr nachtheiligen Einfluß auf diejenigen äußern, welche zum ersten Theil des Einkommens Steuern zu zahlen hätten, indem de— ren Individual -Steuerkapitale ihren Beträgen nach festständẽn und durch zu geringe Einschätzung des zweiten Theils des Ein⸗ kommens für den ersten Theil die Pfennigzahl wüchse. Ferner stehe der Ausführung dieses Antrages das entgegen, daß es zu mühselig sei, die Individual-Steuer⸗-Kapitale gehörig zu prüfen und richtig zu stellen, und dadurch würden die Anfertigungen der Steuer Rollen sich zu sehr verzögern und beider verspäteten Steuer-Erhe— bung Kaduzitäten veranlaßt werden. Ueberhaupt aber sei die Durch führung des Trunkschen Antrages ein gefährliches Experiment, und solche Neuerungen müßten selbst nach der Ansicht des Aus schusses vermieden werden. Gegen diese Bedenken wurde von mehreren Ab— geordneten und zuletzt von dem Antragsteller geltend gemacht, man
dürse an der durch Vereidigung gebundenen Pflichtmäßigkeit der Steucrvertheiler nicht zweifeln, auch hätten, abweichend von der früheren Gesetzgebung, nach der neuen Vorlage die
die Einschätzung leitenden Ober‘ und Unterbehörden die Verpflich⸗ tung, in die Schätzung bestimmend einzugreifen. Uebrigens wären behufs der Kontrole und Richtigstellung die Ergebnisse der früheren Individualsteuerkapitale für die Behörden eben so ,,. wie die Ortsquoten, die Kenntniß der Individualsteuerkapitale gewähre den⸗ selben Schutz, wie die der Ortsguoten; dadurch werde die Gefährlich⸗ keit des Experiments beseitigt und die Schwierigkeit der Ausführung
mindere sich dadurch, daß bei Eifer und Pflichtmäßigkeit der leiten= den Steuer-Behörden die Rollen eben so rasch angefertigt werden könnten, als es früher der Fall gewesen. Gegen den Trunlschen Antrag sprachen von Seiten des Landtags nur die Abgeordneten Henß und Wedekind. Ersterer stellte den Antrag, die nahere Prü⸗ fung des Trunkschen Antrags der Staats⸗-Regierung anheimzugeben. Die Abstimmung wurde auf die nächste Sitzung ausgesetzt. Weimar, 23. Jan. Zu Anfang der heutigen Sitzung wurde ein Antrag vom Abgeordneten Ratenbacher gestellt, daß die Staats-Regierung ersucht werden möchte, nach Ablauf der jetzigen Finanz- Periode einen Gesetz-Entwurf vorzulegen, wel⸗ chem die Aufhebung der Orts⸗Steuerquote zu Grunde liege. Dieser Antrag konnte, da schon in der gestrigen Sitzung der Schluß der Debatte über diesen Gegenstand erfolgt war, nicht zur Berathung kommen. Geh. Staatsrath Thon erklärte, daß die Staats⸗Regie⸗ rung, wenn der Landtag den Trunkschen Antrag befürworten werde, denfelben sogleich einer näheren Prüfung unterziehen werde, die Vorsicht aber, die insbesondere der Finanzverwaltung obliege, gestatte der Regierung nicht, ein diesem Antrag entsprechendes Gesetz schon setzt ins Leben zu rufen, wo man zum ersten Mal daran gehe, bas Einkommen von Grund und Boden einzuschätzen, auf dem näch⸗ sten Landtag, wo die Resultate einer zweimaligen Einschätzung vorliegen würden, werde man auf ein solches Gesetz zweck⸗
Lauenburg. Ratzeburg, 23. Jan. (W. 3.) Gestern Mittag um 2 Uhr rückten die ersten Kaiserl. österreichischen Trup⸗ pen, nämlich eine Compagnie Kaifer-Jäger und 4 Compagnięen Li⸗ nien-Infanterie, in der Stärke von etwa 650 Mann, hier ein, sind aber heute Morgen nach Lübeck zu weiter marschirt. Sie bleiben jedoch noch einstweilen im Lauenburgischen an der lübecker Gränze stehen und beziehen im Flecken Grönau und der Umgegend Quartiere. Heute Nachmittag werden wieder 4 Compagnieen In⸗ fanterie hier einrücken; ob diese hier bleiben oder weiter marschiren, ist unbestimmt, weil die Marschordre erst kurz vor dem Abmarsche eintrifft. Der General Martini und dessen Stab liegt in Ratze— burg.
Hamburg. Hamburg, 24. Jan. (B. H.) Die Verhand⸗ lungen zwischen dem Senate und dem österreichischen Gesandten haben zu dem Resultate geführt, daß doch eine Besetzung Hamburgs durch öͤsterreichische Truppen demnächst stattfinden wird. Ueber den Tag der Ankunft dieser Truppen und die Zahl derselben sind wir noch nicht im Stande, bestimmte Auskunft zu geben, gewiß ist nur die Zusage, daß die Tauer der Anwesenheit der Oesterreicher auf die mögllchst kurze Frist beschränkt werden soll. Eine Zwangs⸗ Einquartierung wird, wie übrigens auch die Natur der Sache mit sich bringt, nicht stattfinden, vielmehr soll in allen 6 Bataillons⸗ Bezirken der Stadt die Aufforderung zur freiwilligen Uebernahme der Einquartierung gegen eine Entschädigung von 12 Sch. pr. Mann ergehen. Zugleich vernehmen wir mit Bestimmtheit, daß Rendsburg össerreichische Besatzung erhalten wird.
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Ausland.
Frankreich. Gesetz gebende Versammlung. Sitzung vom 23. Jan. Den Vorfitz führt General Bedeau. Tagesordnung: Antrag von Morellet und Genossen über Zeitpacht. Der Antrag wird Unter allgemelner Unaufmerksamkeit besprochen und mit 491 gegen 104 Stimmen verworfen. Die Gruppen unterhalten sich über bie Ministerkrisis. Leon Faucher ist in der Sitzung anwesend, man will daraus schließen, sein Auftrag sei gescheitert. Es zirkuliren Listen mit d'Arbouville für Krieg, Admiral Cecil für Marine, Bauchart für Handel, Lacaze für Justiz, Buffet für Unterricht, die jedoch nicht verbürgt sind. Einige abgetretene Minister, rarunter Baroche und Rouher, sind in der Sitzung an⸗ wesend. Das Gerücht von einem außerparlamentarischen Mini⸗ sterium aus Verwaltungsbeamten gewinnt Bestand. Als gewiß wird erzählt, daß der Präfekt des Nord⸗Departements, Vaiß, ein vertrauter Freund von Baraguay d'Hilliers, sich bereits auf tele⸗ graphische Einladung hier befinde, daß telegraphische Depeschen den außerordentlichen Kommissär Lacoste von Lyon, den Präfekt der Rhonemündungen Suleau, von Marseille nach Paris laden, und daß gleiche Aufforderungen heute früh an mehrere General⸗Steuer Einnehmer gegangen. Es wird bemerkt, daß die Berufenen nicht blos Bonapartisten, sondern entschiedene Imperialisten seien. An der Tagesordnung ist nun der Antrag Lopez Dubecks und Favreau'e den außerhalb Frankreichs wohnenden Franzosen noch zehn Jahre das Recht zu ertheilen, Sklaven zu besitzen. Die Kommission klärt sich für den Antrag. Schölcher bekämpft denselben auf das entschiedenste. Flavigny, einer der Kandidaten für das Por feuille der auswärtigen Angelegenheiten, vertheidigt ihn eben entschieden. Die Versammlung nimmt den Antrag in Betracht Ein Antrag Raspail's auf Heiraths-Erlaubniß für die Pries wird durch die Vorfrage mit 159 gegen 154 Stimmen verworf und die Sitzung aufgehoben.
Paris, 23. Jan. Der Präsident soll wirklich Herrn Lamartine die Bildung eines neuen Kabinets angetragen da dieser jedoch, so wird berichtet, die Aufhebung des neuen gesetzes zur Bedingung machte, zerschlug sich die Sache. Auch lon Barrot sind angeblich neuerdings Anerbietungen gemacht
den. Er verlangte, wie es heißt, Absetzung Carlier's und nerals Baraguay d'Hillier's, was jedoch nicht genehmigt n Das heutige neueste Gerücht spricht von folgendem Kabinet: Fauck Conseils-Präsident, Waiß, Buffet, Chasseloup⸗-Laubat; es aber durch nichts verbürgt. Es soll auch die Absicht wesen, aber wieder aufgegeben worden sein, Carlier mit
Bildung eines Ministeriums zu beauftragen. Die legitimistisch Opinfon publique nimmt das Gerücht von gestern Abende
daß Fould im neuen Kabinet abermals sein Finanz Portefeuille be halten solle, und sagt: „Es giebt unmögliche Dinge. Das Bleiben Fould's im Ministerium ist eines davon.“ Das Blatt fragt den Minister, ob er allein nicht wissen wolle, was aller Welt kundig sei; für heute begnüge es sich mit dieser Frage; verstehe Fould sie, gut;
verstehe er sse nicht, so werde es ihm den Grund sagen. Dieser Grund dürfte wahrscheinlich dahin ausfallen, daß das Elysee den Minister Fould nur um des Banquiers Fould Willen
nicht entlasse, was in der Legislative mehr oder weniger ver schon öfters bemerkt wurde. Das Ordre erklärt heute: , ö Versuch, die kompromittirten Minister beizubehalten, oder ein Ae
binet in vemselben Geiste zu bilden, würde y ,,, Ueber ein präsumtives Kabinet geen, e. fare, n . des berichtet: Im Auftrage des Prfij Sonnabend
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