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deutschen Regierungen entspricht, dem gänzlichen Ruin des Vater landes vorgebeugt werde.“ ; Mit den Ansichten des Vorredners völlig einverstanden ist Grumbrecht. Die Sache derjenigen, meint er, welche zu dem vorsährigen Beschlusse in der deuischen Frage- mitgewirkt haben, sel es gewesen, jetzt zu prüfen, ob die Regierung diesen Beschluß als Richtschnur für ihr Verhalten in der deutschen Politik sich 6. dienen lassen. Möge die Lage Deutschlands noch so traurig sein, nimmermehr dürfen Stände das Reglerungsschreiben zu den Akten nehmen, womit nichts Anderes ausgesprochen werde, als, entweder man wolle oder man könne nichts in der Sache thun. Ife Standpunkte seien für eine Stände⸗Versammlung gleich verwerflich. Die Regierung habe mit dem Schreiben den Ständen Rechnung ablegen wollen über ihr Verhalten in der deutschen Politik, wie könne nun die Stände Versammlung erklären, daß sie eine Recht- fertigung der Regierung nicht verlange, und mit der Sache nichts zu ihun haben wolle? Er hätte gewünscht, zumal den früheren Aeußerungen der Minister gegenüber, daß ein Antrag auf lommn sa⸗ rische Prüfung gestellt wäre, und behält sich vor, je nach . laufe der Debakte selbst noch diesen Antrag einzubringen. ; 4. ist der Ansicht, daß die Vorredner zu viel Gewicht e, den, e, dungen und Gefühle gelegt haben in iner Angelegenheit, bie nach den Regeln der Vernunft beurtheilt werden müsse. Er fucht im Anschlusse an von Garssen 8. Deduction u eigen, daß das Schreiben der Regierung, da die erforderlichen Ak⸗ lenstücke nicht mit vorgelegt find, nur als ein Programm anzusehen sei, worauf Stände eine Erwiederung nicht abzugeben brauchen, zumal die Sachen noch zu sehr in der Schwebe sich besinden, alg daß es gerathen für die Stände sein könnte, die Regierung auf eine ganz bestimmte, die Interessen des Landes vielleicht sehr beeinträchtigende Bahn hinzudrängen. Nachdem Ellissen und Grumbrecht gegen den Vorwurf sich verwahrt, daß sie zu sehr von Empfindungen und Gefühlen sich haben bei ihren Ansich ten bestimmen lassen, und Oppermann zu zeigen versucht, daß nicht alle in Frage stehenden Angelegenheiten noch obschweben de selien, daß namentlich die Aufkläcung des Dunkels üben die Ab⸗ stimmung des hannoverschen Bevollmächtigten bei den Bundesbe⸗ schlüssen in der hessischen Angelegenheit und in Betreff der so ge⸗ nannten Ausnahmebeschlüe sehr, wünschenswerth sein würde; er— hebt sich Böhmer zur Vertheidigung des nach seiner Ansicht sehr mißdeuteten von Garssenschen Antrages. „Wir Alle sagt der Redner haben ein Herz für die deutsche Sache, aber das Herz darf mit dem Verstande nicht davon gehen.“ Die wahre Bedeu⸗ tung des Antrages sei die, daß die Angelegenheit überhaupt, wie namentlich die Stellung der Regierung in derselben zu einer Be— urtheilung seitens der Stände noch nicht reif erscheine. Bei dem Mangel an Aktenstücken, welche die Regierung nicht vorlegen zu können erklärt habe, müssen Stände ihr Urtheil für eine spätere Zeit vorbehalten. Kommissarische Prüfung werde auch keinen er— sprießlichen Erfolg haben können: die der Kommission zu ma— chenden Mittheilungen können, da sie vertraulicher Natur sein wür— den, wohl für die Kommission, nicht aber für die Stände eine Ueberzeugung begründen. Der Antrag solle ferner aussprechen, der Regierung in der Entwickelungsperiode freie Hand zu lassen und sie nicht auf vielleicht gefährliche Bahnen zu drängen. Der Redner legt schließlich im Einzelnen dar, weshalb er dem Ellissen schen Antrage nicht beistimmen könng. Ellissen vertheidigt seinen Antrag gegen die gemachten Einwendungen, und Grum⸗ brecht stellt nunmehr den bestimmten eventuellen Antrag (d. h. für den Fall der Ablehnung des Ellissenschen Antrages): „Das Schreiben der Regierung an eine gemeinschaftliche Kommis— sion beider Kammern voön je 5 Mitgliedern zur Prüfung zu kber⸗ weisen.“ Gerding, Detering, Weinhagen und Bueren erklären sich für den Garssenschen Antrag, weil sie bei dem Man— gel an Aktenstücken zu einer begründeten Ansicht nicht glauben gelangen zu können, und gegen den Ellissenschen Antrag, weil darin der von ihnen nicht gebilligte vorjährige ständische Beschluß zur Basis genommen ist. Bei der gegenwärtigen Lage der deutschen und europäischen Angelegenheiten, wo die Leitung der Fäden wieder von der Diplomatie in die Hände genommen ist, versprechen sie sich überhaupt gar keinen Nutzen mehr von parlamentarischen Re⸗

den und Verhandlungen in politischen Angelegenheiten. Sie hoffen, daß der Kampf bald wieder auf ein anderes Feld

werde gebracht werden, auf welchem das Volk selbstthätig auf die Bestimmung seiner Geschicke einwirken werde. Gerding giebt einen kurzen Ueberblick über die gegenwärtige politische Lage Europa's und deutet darauf hin, daß die Partei des Umsturzes überall gerüstet und kampfbereit unter den Waffen stehe. Ent— weder russisch oder fret, meint der Redner, das sei jetzt die ein— zige Alternative. Jacobi lenkt die Aufmerksamkeit auf die Er— eignisse der jüngsten Vergangenheit zurück. Für den Antrag Ellis⸗ sen's kann er abgesehen von allem Anderen schon we— gen des Passus in Betreff der Mißstimmung des Landes über den Durchmarsch der österreichischen Truppen sich nicht erklären. Der mit Dänemark abgeschlossene Frieden sei die Thatsache, von der man dabei auszugehen habe. Nach Maßgabe dieses Friedensschlus⸗ ses sei das Einrücken deutscher Bundestruppen in Holstein noth— wendig geworden; man möge immerhin den Friedensschluß und den Inhalt desselben in Betreff der Pacification Holsteins beklagen. Nachdem derselbe einmal abgeschlossen worden, könne man den Folgen desselben sich unmöglich entziehen wollen, und man könne deshalb wohl von Mißstimmung des Landes über den Frieden, un— möglich aber über eine Selbstfolge des Friedens sprechen. Ob aber die Mißstimmung über den Abschluß des Friedens im Lande wirklich so groß gewesen, das möge doch wohl eine so ausgemachte Sache nicht sein.

Lindemann hat zwar einen anderen Antrag als den von Gars⸗ senschen erwartet, indem er geglaubt, daß man die Niedersetzung einer Kommission beantragen Kürde. Bei richtiger Würbigunz habe indessen der Antrag, das Schreiben zu den Akten zu nehmen, wenig gegen sich, und da derselbe einmal gestellt worden sei, so werde er sich um so mehr dafür erklären, als vom praktifchen Standpunkte aus der Antrag seine volle Berechtigung habe; inso— fern nämlich von einer kommissarischen Prüfung ein großes prakti— sches Resultat kaum erwartet, vielmehr vorausgesetzt werden dürfe, daß man dadurch nicht viel weiter komme. Derselbe praktische Standpunkt führe aber auch zur Verwerfung des Ellissenschen An— trages; denn wenn es mit der vorangestellten Ohnmacht Hanno— vers seine Richtigkeit habe, so könne man doch unmöglich daran die Schlußfolgerung knüpfen, daß die Regierung auf die Entwicke⸗ lung der deutschen Angelegenhelten einen Einfluß ausüben solle. Fehle den Ständen die Macht, auf die Entwickelung der deutschen

Verhältnisse einzuwirken, so mögen ste lieber ganz schweigen, als ein ohnmächtiges Bedauern über ihre Machtlosigkeit zu erkennen geben. Wenn von einer gewünschten Rückäußerung der Stände in dem Antrage die Rede, so sei zu bemerken, daß die Regierung ihrerseits eine Rückäußerung auf ihr Schreiben nicht beantragtzund insofern der Schlußsatz des Schreibens mißverstanden sei. Der Antrag empfehle sich ferner nicht wegen seiner inneren Inkonse—⸗ quenz. Einmal werde erklärt, daß man die Verhältnisse nicht

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ü 1nd dann wolle man doch der Regierung eine . 23 ihr Verhalten vorzeichnen. Daß dle Reglerung im Allgemeinen auf dem vorjährigen ständischen i, gefußt und daran festgehalten habe, sei in dem Schreiben 4 J ausg. sprochen; ob aber das damals vorgezeichnete Ziel noch heute zu er⸗ reichen in den Gränzen des Möglichen liege, 64 sei 41 andere Frage, über deren Lösung den Ständen shterẽ th ungen zu machen die Regierung sich vorbehalten müsse. Daß n nin n, unserer Verfassung die Folge der Verhandlungen iber Dec an vo Neugestaltung sein könne, set eine völlig unbegründete Befürchtung, da ein solcher Umsturz ohne Zustimmung der Regierung nicht dik⸗ tirt werden könne, die Regierung aber niemals einen anderen, als

so wenig habe die Reglerung ihre Zustimmung . der 2 einführung der sogenannten Ausnahmegesetz: geg⸗ n we . vielmehr als auf gültigem Wege beseitigt ihrerseits betrachte. Ellissen spricht wiederholt zur Vertheidigung seines Antrages, namentlich gegen den Vorwurf der Inkonsequenz und hält nach den Acußerungen des Vorredners es für doppelt nöthig, die Regierung auf den vorjährigen ständischen Beschluß mit Nachdruck zu verwei— sen. Grumbrecht abermals zur Unterstützung Ellissen's; Böhmer nochmals in scharfen Sätzen dagegen; er mißbilligt den Antrag in allen seinen Theilen, von Anfang bis zu Ende. Meyer (Staats⸗Minister) giebt dem Garssenschen Antrage den Vorzug vor anderen Anträgen, weil die Regierung wünschen müsse, in ihren auf das Beste des Landes gerichteten Bestrebungen mög— lichst wenig gehemmt zu werden. Er hält auch nichts von diplo— matischen Verhandlungen, kann aber die Zustände Deutschlands für so hoffnungslos nicht erachten, daß nur auf gewaltsamen Wegen Besserung erwartet werden dürfe. Lassen Sie uns, schließt der Redner, unsere Hoffnung auf die Weisheit und Gnade dessen setzen,

den verfassungsmäßigen Weg betreten und niemals zu einem Umsturze der Kerfassung ihre Einwilligung ertheilen werde, Eben

der über den Sternen die Geschicke der Völker lenkt! Nach⸗ dem endlich noch Groß seine volle Uebereinstimmung mit den im Ellissenschen Antrage dargelegten Ansichten bezeugt hat, wird

zur namentlichen Abstimmung über die drei vorliegenden Anträge geschritten. 1) Antrag Ellissen's. Dafür stimmen: Adickes, Ahlborn, Bojunga, Brammer, Düffel, Eckels, Ellissen, Freudentheil, Gossel, Groß, Grumbrecht, Hintze, von der Horst, Kaulen, Köhler, Krönke, Lang J., Lang II., Meyer (Senator), Münster, Ohling, Oppermann, Pfaff, Reese, Richter, Röben, Rohrmann, Schläger, Schlüter, Siedenburg, Wißmann (31). Dagegen stimmen: Berg⸗

mann, Böhmer, Bueren, Buß, Detering, Eggers, Fründt, von Garssen, Gerding, von Hagen, Hanstein, Heilmann, Heinemann,

Heise, Heyl, von Hinüber, Jacobi, Kannengießer, Klee, Lange, Leh— zen, Lichtenberg, Lindemann, Mackensen, Merkel, Meier, Meyer (Staats⸗-Minister), Meyer (Siebenmeier), Niedmann, von der Osten, Rehden, Riechelmann, von Rössing, Schmidt, Staffhorst, Stubbe, Stüve, Thedinga, Vespermann, Wehmann, Weinhagen, Wilhelmi, Wilkens (43). Danach ist der Antrag mit 43 gegen 31 Stimmen abgelehnt. 27) Antrag Grumbrecht's (auf Kommission). Da— für stimmten dieselben wie ad 1, mit Ausnahme von Bo— junga, Düffel, Eckels, Gossel, von der Horst, Lang J., Ohling, Pfaff, Röben, Rohrmann, Schläger und Schlüter. Dagegen die⸗ selben, wie ad 1, mit Ausnahme von Kannengießer und von der Osten. Danach ist- der Antrag mit 53 gegen 21 Stimmen abge— lehnt. 3) Antrag von Garssen's. Dafür stimmen alle diejenigen, welche gegen den ersten Antrag gestimmt haben, mit Ausnahme von der Osten's und Weinhagen's (welcher sich inzwischen entfernt hat). Dagegen alle diejenigen, welche für den ersten Antrag gestimmt haben, mit Ausnahme von Eckel's. Danach ist der Antrag mit 43 gegen 30 Stimmen angenommen.

Württemberg. Stuttgart, 4. März. Der Staats⸗ Anzeiger erkennt die Echtheit des folgenden bereits von mehre— ren Blättern mitgetheilten an den Fürsten von Schwarzenberg ge— richteten Schreibens Sr. Majestät des Königs an:

„Ew. Durchlaucht! Aus den Berichten meines Bevollmächtigten in Dresden habe ich ersehen, daß Sie entschieden den Gedanken verwerfen, neben der von uns neu bestellten obersten Bundesgewalt eine Vertretung der Gesammt-Nation ins Leben zu rufen. Daß ich diese Nachricht aufrichtig beklage, werden Ew. Durchlaucht nach meiner bekannten Freimüthigkeit auch in dieser offenen Erklärung natürlich finden. Was mich betrifft, so habe ich sowohl vor als nach den bedauerlichen Ereignissen des Jahres 1848 eine Reform der Bun— desakte und namentlich eine Revision des 13. Artikels derselben für ganz unerläßlich gehalten. Die letztere insbesondere sehe ich auch heute noch als das wahre Palladium und als den einzig richtigen Pro— birstein alles dessen an, was wir in Dresden Gemeinsames ver— handeln und beschließen werden. Soll aber der erwähnte Artikel in einer Weise revidirt werden, welche nicht hinter der Zeit und dem moralischen Bedürfnisse der Nation zurückbleibt, so müssen wir die bisherige landständische Vertretung auf das fö— deralistische Band im Ganzen anwenden und die einzelnen zersplit— terten unfruchtbaren und verwirrenden Kräfte der verschiedenen Ständekammern in ein einiges, oberstes National- Parlament zu— sammenfassen. Nur mit einem so vereinten Parlamente ist, nach meiner festen Ueberzeugung, die Begründung einer einigen, starken und ganz besonders einer allseitig geachteten und dauerhaften Cen— tralgewalt möglich, deren Thätigkeit, Thatkraft und Ansehen man vergebens in ihrer äußeren Zusammensetzung und numerischen Beschaffenheit ganz allein suchen würde. Ju unseren Tagen zu— mal vermag die bloße physische Gewalt kein Gemeinwesen aufrecht

zu halten; Repressivgesetze und Polizeimaßregeln allein haben bis jetzt weder staatliche Institutionen gewährleistet, noch staatliche Umwälzungen abgewandt. Irre ich mich nicht,

so hat uns dies der vormalige Bundestag an einem abschreckenden Beispiele zur Genüge bewiefen! Ein Staatenverband ist ungleich schwerer zu führen und zusammenzuhalten, als ein Einzelstaat. Je⸗ ner bedarf noch ungleich mehr als dieser eines gemeinschaftlichen moralischen Bandes, welches ihn gegen innere Auflösung und aus— wärtige Zerstörung schützt. Ein solches moralisches Band für ganz Deutschland kann aber zeitgemäß nur en allgemein parlamentarisches sein. Ganz vergeblich würden wir einen Ersatz für dasselbe in einer allge⸗ meinen Zoll- und Handelsverbindung suchen, Die materiellen Interessen fördern weit mehr die gesellschaftliche Umwälzung, als daß sie dieselbe verhindern; diese Inkeressen schlagen sich nicht, sie ziehen sich zu= rück und unterwerfen sich schnell und unbedingt in der Stunde der Gefahr, und sie sind so veränderlich, wie das Vermögen, auf wel ches sie sich stützen; ihre ausschließliche Förderung hat in Frank— reich weder den Sturz der Restauration, noch die Staatsumwäl⸗— zung von 1848 verhindert. Nach meinem Dafürhalten ist eine von der Gesammt⸗Vertretung der Nation gestützte und gehobene Bundes Regierung ganz allein im Stande, nach unten die zerstörenden Elemente zu bemeistern und nach oben die Ab— sonderung und die Leblosigkeit der Bundesgewalt, so wie die Lockerung des gemeinschaftlichen Bandes unter den Einzelregie⸗ rungen, mit Erfolg zu verhindern. Wenn wir der Nation den ihr gebührenden Selbstantheil an den obersten Angelegenheiten ihres staatlichen Gesammtlebens vorenthalten, so dürfen wir nicht hoffen,

sie mit der Bundes⸗Verfassung auszusöhnen und eben so wenig die Revolution in Deutschland zum Stillstande zu bringen, vielmehr wird sich mit der Zeit der alte Kampf aller anarchischen Kräfte in und außerhalb der verschledenen Stände⸗ Kammern gegen die oberste Bundesgewalt aufs neue entwickeln, und ch glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich dabei von der Voraussetzung ausgehe, daß diefer Kampf auf die Länge nicht un Vortheil unserer neuen politischen Schöpfung ausschlagen wird. Im Obigen haben Ew. Turchlaucht mein aufrichtiges politisches Glaubensbekenntniß über die Frage der staatlichen Neugestal— lung Deutschlands. Entweder können wir in den Einzel- staaten ö ohne Kammern und Volksvertretungen regieren oder wir können dies nicht. Können wir es“ nicht,“ so können wir auch im Mittelpunkte des Bundes eine solche Vertretung nicht entbehren, wenn wir anders früher oder später nicht zwischen der neu zu errichtenden Centralgewalt und den degorganisirten ständischen Elementen einen Konflikt hervorrufen wollen? welcher auf die Länge den Bund innerlich lockern und nach außen mehr und mehr abschwächen muß. Die Ausführbarkeit eines allgemeinen parlamentarischen Bandes bestreiten, heißt, nach meiner Anschauungs— weise, nichts Anderes, als den Bund selbst mit dieser Zeit unvereinbar und auf die Dauer für unmöglich halten. Ew. Durchlaucht wissen, ich bin kein Freund von improvisirten Charten und modernen Staats Experimenten, aber eben so wenig liebe ich auf dem politischen Felde die Einführung oder Rückkehr dessen, was zu spät kommt oder sich überlebt hat. Als Bundesfürst werde ich gegen den neuen Bund wie gegen den alten meine Pflicht gewissenhaft erfüllen, aber als Deutscher und als Regent meines Landes kann ich nach Gewissen und Ueber⸗ zeugung eine Bundesrevision nicht als eine zeitgemäße, genügende und definitive erkennen, welche den gerechten Ansprüchen der Nation

auf eine Selbsttheilnahme an ihren großen politischen Ge— schicken nicht die gebührende Rechnung trägt. Glücklicher weise bin ich alt genug, um die unaucbleiblichen Fol⸗

gen des Handelns wie des Unterlassens von allem demjenigen nicht mehr erleben zu müssen, was wir in diesem Augenblicke in Dresden vollbringen! Genehmigen Ew. Durchlaucht die erneuerte Ver sicherung derjenigen ausgezeichneten Hochachtung, mit welcher ich verbleibe Ew. Durchlaucht ganz ergebener (gez) Wilhelm. Stutt⸗ gart, den 18. Januar 1861.“

Baden. Breisach, 2. März. (D. R.) In Folge der bei Hartheim von bewaffneten französischen Staats-Angehöͤrigen verübten großen Holzdiebstähle auf diesseitigem Gebiete war Be— schwerde bei den französischen Behörden erhoben worden, welche die Freilassung des über den Rhein geschleppten Waldhüters Rützen⸗ thaler und die Einleitung einer Untersuchung gegen die Wald— frevler zur Folge hat. Das Einschreiten der französischen Behör— den hat auch weitere Diebstähle verhindert.

Hessen. Kassel, 3. März. (D. R.) Der neue preußische Kommissar, Staats-Minister Uhden, wird morgen Vormittag hier erwartet, und wird Herr von Peucker uns nach seiner Ankunft im Laufe dieser Woche verlassen. Die sogenannten Kirchenparaden, welche im Jahre 1848 abgeschafft wurden, sind seit gestern, wo dieselbe wieder stattfand, hergestellt. Das sogenannte Bundes⸗ Kriegsgericht hat noch nicht aufgehört zu existiren, sondern unterm 1. März noch zwei Personen, eine wegen Unfolgsamkeit, die an⸗ dere wegen Beleidigung und Bedrohung gegen fremde Truppen unter mildernder Berücksichtigung des Zustandes der Trunkenheit zu 14tägigem, resp. Stägigem geschärften Arreste bei Wasser und Brod verurtheilt. Gestern kam hier ein ca. 250 Mann starker Nachzug des in Schleswig-Holstein stationirten österreichischen Armee⸗-Corps an, nebst 36 Bagagewagen. Die Truppen wurden außerhalb der Stadt, vor dem luͤbecker Thore, einquartiert und sind heute weiter marschirt. Nach der Kasseler Ztg. ist der dem Bundes⸗-Civil- Kommissar Grafen von Leiningen beigegebene kurhessische Territorial— Kommissar Staatsrath Scheffer auf unbestimmte Zeit von hier ab— gegangen und wird durch den ihm beigegeben gewesenen Regierungs— rath Wegener inzwischen vertreten. Der Vorstand des Finanz⸗Mi— nisteriums, Geheime Rath Volmar, hat vorgestern vom Kurfürsten das Commandeur⸗Kreuz zweiter Klasse des Kurfürstlichen Hausordens vom goldenen Löwen erhalten.

Schleswig⸗Holstein. Altona, 6. März. Der Al— tonaer Merkur enthält die Verfügung, betreffend die einst weilige zollamtliche Behandlung des Verkehrs mit dem Her⸗ zogthum Schleswig. Mit Rücksicht darauf, daß zufolge Be— kanntmachung für das Herzogthum Schleswig vom 28. Au⸗ gust v. J. das Herzogthum Holstein in Bezug auf das Zoll- wesen des Herzogthums Schleswig bis auf Weiteres dem Auslande gleichgestellt ist und die Aufhebung der desfalls neuerdings getroffe⸗ nen Maßregeln bisher nicht hat bewirkt werden können, wird zur unerläßlichen Sicherstellung der diesseitigen Interessen hinsichtlich der Zollverhältnisse des Herzogthums Holstein zu dem Herzogthum Schleswig vorläufig Folgendes zur Nachachtung hierdurch verfügt.

S. 1. Für alle vom Herzogthum Schleswig in das Zollvereinsgebiet

des Herzogthums Holstein zum Verbleiben eingehenden Waaren sind die Zollabgaben nach dem für die Einfuhr aus der Fremde geltenden Tarif zu erlegen. §. 2. Die zu einem Ausfuhrzoll angesetzten Waaren sind bei der Versendung nach dem Herzogthum Schleswig mit die sem Zoll zu berichtigen. 58. 3. Die Durchfuhr nach dem Herzog- thum Schleswig bleibt, unter Beobachtung der in dieser Beziehung angeordneten Kontrole⸗Maßregeln, bis weiter abgabefrei. Dagegen ist, bis die genügenden Kontrole-Maßregeln über die Durchfuhr einge— führt werden können, bei der Durchfuhr ausfuhrzollpflichtiger Waa— ren aus dem Herzogthum Schleswig über die holsteinische Zollver— einsgränze bei der betreffenden Gränzzollstätte der tarifmäßige Aus— fuhrzoll zu erlegen. S. 4. Landwärts ist die Einfuhr der nach §8. 1 zollpflichtigen Waaren aus dem Herzogthum Schleswig nach dem Herzogthum Holstein nur gestattet: a) auf der schleswig— rendsburger Chaussee über das Zollamt zu Rendsburg; b) auf der eckernförder-kieler Chaussee über die Kanalbrücke zu Levensaue und von dort über das Zollamt zu Kiel. Die Zollberichtigung für die auf diesen Straßen eingehenden zollpflichtigen Ge— genstände (§. 1) ist bei den Zollämtern zu Rendsburg und zu Kiel zu beschaffen. §5. 5. Alle sonstigen Uebergänge über den schleswig⸗holsteinischen Kanal und die Eider und über die dort be— sindlichen Kanalbrücken und Fährstellen sind, bei Vermeidung der in den §§. 240 und 243 der Zollverordnung vom 1sten Mat 1838 angedrohten Strafen zum Transport zollpflichtiger Einfuhrgegen— stände aus dem Herzogthum Schleswig verboten. S. 6. Für den Verkehr über den schleswig⸗holsteinischen Kanal und die Eider mit nachbenannten Erzeugnissen der Land- und Forstwirthschaft, des Gar⸗ tenbaues, der Jagd und Fischerei wird eine Ausnahme in der Weise gestattet, daß Kornwaaren nebst Mehl, Grütze und Brod, Hülsen⸗ früchte, Kartoffeln, Fettwaaren, Käse, Fleisch und Speck, Milch, Eier, Honig und Wachs, Geflügel, Brennholz und Torf, frische Gartengewächse, frisches Obst, Vieh und Pferde, unbereitete Häute und Felle, Wild, Fische und Austern bis weiter zollfrei in das Herzogthum Hol⸗ stein eingehen mögen. Dieselbe Begünstigung ist auf die Flußschifffahrt auf der Eider und dem Kanal so lange anzuwenden, als dadurch nich

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Chr ührt werden. §. 7. Die von schleswigschen . a Zoll- Dokumente, über verzollte Waaren, wire auch Vieh und Pferde, imgleichen die von diesen Zollämtern ausgefertigten Erlaubnißscheine zum Probenhandel gelten in dem Zolloereinsgebiet des Herzogthums Holstein nicht! 5. 8. Ebenfalls sind Spielkarten, welche vom Herzogthum Schleswig eingeführt werden, der Stempelung und den für fremde Spielkarten angeord— neten Abgaben unterworfen. 8. J. Die Schifffahrts-Abgaben für die Fahrk von und nach schleswigschen Häfen sind nach der Taxe für die inländische Fahrt zu erheben. Vorberegte Anordnungen tre ten mit dem heutigen Tage in Kraft.

Kiel, den 5. März 1851. Die oberste Civil-Behörde. Ad. Blome. Prehn.

Kiel, 3. März. (H. N.) In diesen Tagen ist der brasilianische General do Rejo Barros in Begleitung des Offiziers Sousa Aguiar hierselbst eingetroffen. Kürzlich waren auch die Herren Ge— neral Zobel, Commandeur der in Altona einquartierten Brigade der österreichischen Truppen, und der Generalstabs-Chef des Feld marschalls von Legeditsch, Oberst von Henningstein, hier anwesend.

Kiel, 4. März. (H. N.) Der schleswig⸗holsteinischen Armee steht eine dritte Reduction bevor, so daß die Compagnie auf eine Stärke von 19 Mann zurückgeführt wird. Auch soll, um den Ueber— gang zur neuen Formation des holsteinischen Kontingents zu ver⸗— mitteln, die Auflösung der Cadres in Angriff genommen werden.

Sachsen⸗ Weimar. Weimar, 1. März. (W. Ztg.) In der heutigen Landtags⸗Sitzung kam der von der Regierung vor⸗ gelegte Entwurf eines Nachtrags zu dem Gesetze über die Ablösung grundherrlicher Rechte vom 18. Mai 1848 zur Berathung. Da die Gewährung einer billigen Entschädigung aus der Staatskasse an die Kirchenärarien, Pfarreien und Schulstellen wegen der Ein— bußen, welche ihnen in Folge der Ablösung grundherrlicher Rechte entstehen, angemessen erscheint, die Mittel zu einer solchen Entschä⸗ digung aber zur Zeit nicht vorhanden sind, trägt die Staatsregie rung darauf an, das Proveécationsrecht der Verpflichteten auf Ab lösung solcher grundherrlicher Rechte, welche Kirchen, Pfarreien und Schulstellen zustehen und der Ablösung unterliegen, bis auf Weiteres aufzuheben. Der Ausschuß für Rechtsgesetzgebung will dagegen in dem Ablösungsgesetz, daß selbst von der Staats— Regierung für ein abgeschlossenes erklärt worden war, auch nur in einer einzelnen Bestimmung für jetzt keine Abänderung ein— treten lassen, trägt daher auf Ablehnung des Regierungs-Antrages an und schlägt dagegen vor: 1) daß eine Entschädigung zur Dek— kung der in Folge der Ablösung grundherrlicher Rechte entstehen den Ausfälle von denjenigen geleistet werden solle, welche nach den Verhältnissen des einzelnen Falles als die Besoldenden, seien es die Kirchen oder Schulgemeinden oder Patrone, rechtlich anzusehen sind; sodann 2) daß zu Erfüllung der dem Staats-Fiskus behufs einer solchen Entschädigung obliegenden Leistungen von den zu Schulzwecken bewilligten 18,000 Rthlrn. der Betrag von 60009 Rthlrn. verwendet werden möchte. Geheimer Staatsrath von Wy— denbrugk hob hervor, daß auch die Staats-Regierung nur sehr ungern eine Sistirung der Ablösungen in Bezug auf die Pfarreien und Schulstellen in Vorschlag bringe, daß aber im anderen Falle, wenn dieser Antrag abgelehnt werde, nichts übrig bliebe, als eine besondere Summe zur Entschädigung der den Pfarreien und Schulstellen entstehenden Ausfälle zu bewilligen. Behufs einer sol⸗ chen Entschädigung 6000 Rthlr. von den zur Aufbesserung gering dotirter Schulstellen vom Landtage bereits bewilligten 18,000 Rthlr. in Abzug zu bringen, wurde vom Landtage auf den Antrag des Abgeordneten Fries für unzulässig erklärt, dagegen aber ein An— trag des Abgeordneten Ratenbacher angenommen, der dahin geht, der Staatsregierung zur Deckung der durch Ablösungen bei Kir— chen, Pfarreien und Schulen erwachsenden Ausfälle eine Summe von 2000 Rthlr. für jedes der drei Finanzjahre zu bewilligen. Ein Antrag des Abgeordneten Fries, der Staatsregierung anheimzu geben, eine Finanzproposition darüber zu machen, welchen Betrag sie dazu bedürfe, um diejenigen Ansprüche zu decken, welche im Rechtswege gegen den Staat geltend gemacht werden können, wurde

ahgelehnt.

Lübeck. Lübeck, 4. März. (L. 3.) Der Vertreter Lü— becks auf den dresdener Konferenzen, Senator Dr. Brehmer, einige Tage hier anwesend, reiste gestern wieder nach Dresden zurück.

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Mnuslantd.

Frankreich. Paris, 4. März. Die Pat rie hatte eine angebliche Scene nach dem Sonnabendsvotum zwischen Cavaignac und Charras erzählt. Charras schickte darauf an den gestrigen National folgende Erklärung: „Die Patrie von heute Abend erzählt ein Gespräch, welches gestern zwischen General Cavaignac und Oberst Charras stattgefunden haben soll. Der Bericht der Patrie ist in Form und Inhalt eine Lüge. Charras, Volksver—

treter.“ In ihrer Mittagsausgabe bestand die Patrie auf ihrer Angabe, behauptete, Zeugen anführen zu können, und stützte sich hauptsächlich darauf, daß General Cavaignae ihr kein

Dementi gegeben habe. Das Evenement bringt nun Folgendes: „General Cavaignac, der von dem Artikel der Patrie nur durch vie Widerlegung, zu welcher sie den Obersten Charras veranlaßte, Kenntniß erhalten hat, ersucht uns um die Erklärung, daß es voll kommen wahr sei, daß Oberst Charras ihn weder mit den von der Patrie unterschobenen Worten angesprochen, noch er ihm mit dem gleichfalls ihm Zugeschriebenen geantwortet habe.“ Wir haben da— her in unserem Blatte die Scene der bonapartistischen Patrie mit Recht als eine „angebliche“ bezeichnet.

Die neuen Büreauwahlen der National-Versammlung sind folgendermaßen ausgefallen: Präsidenten der 15 Abtheilungen: Beugnot, de Broglie, Odilon Barrot, Darblay, Dupetit Thouars, Kératry, Lauriston, Lacrosse, Berryer, Cécile, Mornay, Panat, Le— pelletier, Chadenet, Benoist d'Azy. Secretaire: Kasimir Périer, Echasseriaux, Chassaigne Goyon, Payer, Talhouet, Pidoux, Bavoux, Demoustier, Blavoyer, Espinay, Howyn Tranchere, Lagrange, Loyer, Bryas, Bermarec. „Der Constitution⸗ nel bemerkt über diese Wahlen: Die Sonnabend Sitzung hat schon ihre Früchte getragen. Die Versöhnung scheint von seiten derjenigen Mitglieder, welche mit eben so viel Leiden— schaft als Unklugheit die Initiative zur Auflösung der alten Majo— rität ergriffen hatten, minder schwierig geworden zu sein. Man sah, daß die Legitimisten sich nicht, wie bei der Konstituirung der Abtheilungen im vorigen Monate zu dieser Vereinigung, zu diesem Zusammentreffen ihren Abstimmungen mit denen des Berges her⸗ gaben, in Folge deren die am weitesten gehenden Mitglieder der Linken zu Prässdenten oder Secretairen ernannt und bald nachher in mehrere wichtige Kommissionen, namentlich in jene für den Ge⸗

etz-Entwurf über innere Verwalkung (Lamoricière als Prästdenth gebracht wurden.“

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Großbritanien und Irland. Parlament. Ober⸗ haus. Sitzung vom 3. März. Nachdem, wie bisher in jedet Siz⸗ zung, zahlreiche Petitionen sowohl gegen die „päpstlichen Ueber⸗ griff“, wie gegen die über die gesstliche Bill übergeben worden, spricht im Namen des Ministeriums Lord Lans downe: „Bevor ich die Vertagung des Hauses beantrage, möchte ich mich einer Pflicht entledigen, indem ich Ew. Herrlichkeiten benachrichtige, daß bei den gegenwärtig obwaltenden Verhältnissen und nach drei fehl⸗ geschlagenen Versuchen, ein neues Kabinet zu bilden, Ihre Majestät nach reiflicher Ueberlegung der Lage, welche aus diesen mißlunge⸗ nen Versuchen hervorgegangen ist, geruht hat, diejenigen ih⸗ rer Minister, welche bisher im Amte waren, aufzufordern, wieder ihre Aemter zu übernehmen und sich zu bemühen die Regierungs-Geschäfte des Staates weiter zu füh— ren. Mylords! Ihre Majestät hat diesen Schritt nicht ohne volle und gebührende Ueberlegung gethan, und ich bin durch Ihre Majestät autorisirt, mitzutheilen, daß, nachdem sie in der Zwischen⸗ zeit den Rath und die Ansicht eines edlen und berühmten Herzogs, des ausgezeichnetsten Mitgliedes dieses Hauses (Wellington), in An⸗ spruch genommen hat, Beides, seine Meinung sowohl wie sein Rath, mit diesem Schritte übereinstimmten. Unter diesen Verhältnissen habe ich Ew. Herrlichkeit mitzutheilen, Ihrer Majestät bisherige Minister seien der Ansicht, daß ihnen keine Alternative übrig bleibe,

als eine Aufgabe zu übernehmen, die ihnen zumeist von der Nothwendigkeit zugewiesen wird. Nach dieser Auseinan— dersetzung möge es mir nur noch gestattet sein, hinzuzu⸗

und ich bin überzeugt, Sie werden meinen Versicherun⸗ gen Glauben schenken, daß Niemand aufrichtiger als ich die Exi⸗ stenz von Meinungsverschiedenheiten bedaure, die wie es Ew. Herrlichkeiten eben so gut wie dem Lande und der Welt bekannt ist die Bildung einer neuen, kräftigeren und wirksameren Ver⸗ waltung gehindert haben.“ (Hört, hört! von Seiten Lord Broug⸗ ham's. Der Herzog von Argyll erklärt sich bei Gelegenheit der Ueberreichung einer Petition gegen die „päpstlichen Uebergriffe“, für strenge Maßregeln von Seiten der Regierung und des Parlaments, und versichert die Lords, daß in seinem Heimatlande (Schottland) die Ansicht von der Nothwendigkeit solcher Maßregeln eine allgemeine sei. Dagegen meint Lord Brougham, man möge sich in diesem Augenblicke mit einer Resolution beider Häuser über diesen Gegen⸗ stand zufrieden geben, wäre es auch nur, um gegenwärtig jede weitere politisch-religiöse Agitation zu vermeiden. In demselben Sinne spricht der Graf von Aberdeen. Er hebt in seiner Rede namentlich das Gehässige hervor, was in den Strafgeldern der ministeriellen Bill liege, und daß man sich nicht auf frühere Zeiten berufen dürfe, wo der Begriff „Verfolgung“ freilich andere Grän⸗ zen gehabt, als heutzutage. Das Haus vertagte sich dann auf morgen.

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Unterhaus. Sitzung vom 3. März. Die Rede Lord John Russell' s, in welcher er dem Hause ankündigte, was in den letzten Tagen geschehen war, und daß Ihre Majestät sich bewo⸗ gen gefunden habe, ihre alten Räthe neuerdings an die Spitze der Verwaltung zu berufen, war der des Marquis von Lansdomwne ganz ähnlich. Auch er legte ein besonderes Gewicht darauf, daß die Kö⸗ nigin diesen Schritt auf den Rath des Herzogs von Wellington hin gethan habe, und daß derselbe, bei der Unmöglichkeit der anderen Parteien, ein Kabinet zu bilden, gewissermaßen eine Nothwendigkeit gewesen sei. Lord John Russell beantragte eine Vertagung des Hau⸗ ses bis zum Freitag, um dem Ministerium Zeit zu gönnen, die etwa einzubringenden Vorschläge und die Geschäftslage im Allge⸗ meinen in Betracht ziehen zu können. Er will ferner die zweite Lesung der Bill über die geistlichen Titel auf Freitag festgesetzt wissen, wo die dazu gehörigen Amendements und Abänderungen berathen und vorgelegt werden sollen. Dieser Vorschlag des Pre mierministers stieß auf mehrfachen Widerspruch. Herr Osborne wünschte zu wissen, ob das Ministerium auf seinem ursprünglich vorgelegten Budget bestehe. Lord J. Russell erklärte, daß er nicht im Stande sei, darüber vorläufig eine weitere Erklärung abzuge— ben. Herr Keogh und Herr Gibson wünschen die zweite Lesung weiter hinausgeschoben; Letztere rnamentlich, weil es weit wichtigere Angelegenheiten zu berathen gebe, als die päpstliche Frage. Herr Reynolds kündigt im voraus den entschiedensten Widerstand aller irländischen Mitglieder an. Er habe gehofft, das Ministerium werde nach den letztgemachten Erfahrungen, nachdem es mit dem Staatswagen gestürzt sei, mit neuen Passagieren und neuer La⸗ dung vor dem Parlamente erscheinen. Wofern dies nicht der Fall, werde er Alles thun, die Kutsche zum zweitenmale umzustoßen. Nachdem noch Herr Wakley, Herr Moore, Herr Williams und An⸗ dere gesprochen, wurde die Motion Lord John Russell's ange nommen.

London, 4. März. Die Königin und Prinz Albrecht nebst den Königlichen Kindern besuchten gestern den Glaspalast im Hy⸗ depark. Bei der Gelegenheit wurde ihnen Herr Sallandronze de Lamornaix, der Ausstellungskommissionär der französischen Regierung, durch den Grafen von Granville vorgestellt. Bis zum J. März sind 1505 Ballen britischer und 2277 Ballen ausländischer Aus⸗ stellungs-Artikel in London angekommen.

Die Times betrachtet es als eine der bedeutendsten unange— nehmen Folgen der Ministerkrisis, daß durch dieselbe der Einfluß und die Politik Englands dem Auslande gegenüber einen gewaltigen Stoß erlitten habe, und daß den Mächten jetzt die Gelegenheit gün⸗— stiger sei, eine der englischen entgegengesetze Politik durchzuführen. Ein fortgesetzter Parteikampf in England, die Existenz eines gewis— sermaßen nur provisorischen Kabinets und die vielleicht irrthümlichen Erwartungen eines später eintretenden Regierungswechsels seien hinreichend, die Kraft aller englischen Vorstellungen zu schwächen und entschiedenere Maßregeln von Seiten Englands zu verhindern.

Schweden und Norwegen. Christiania, 25. Febr. (D. R.) Es gingen vorgestern und gestern Morgen die übertrie—⸗ bensten Gerüchte von einer gestern, als am Jahrestage der Februar⸗ Revolution, beabsichtigten großen Demonstration des Central Comité's des Arbeiter⸗-Vereins, und überängstliche Gemüther sahen die Hauptstadt Norwegens schon Schauplatz von Scenen werden, die den sie so übermäßig ängstigenden Volkstumult in Levanger weit hinter sich ließen. Die Polizei hat den bekannten Thrane in der Nacht gesucht, um ihn aufzuheben, allein der— selbe hat sich nicht finden lassen. Gestern Nachmittag 4 Uhr redete er eine auf dem Markt veranstaltete Versammlung öffentlich an, allein nur um ihnen zu sagen, „daß er sie zwar habe zusammenrufen lassen, damit sie dem König in Prozession ihren Wunsch, neue Staats⸗Räthe zu erhalten, vorbrächten, da die alten keine Rücksicht auf die Klagen und Beschwerden der Arbeiter-Ver— eine genommen. Allein da er inzwischen erfahren, daß der König nicht wünsche, daß die Prozessien stattfinde, so könne man nur nach Hause en oder Aufruhr machen, und da man das Letzte nicht wolle, so möge man das Erste thun und nach Hause gehen, nach— dem man dreimal drei Hurrahs für neue Staats-Räthe ausge⸗ bracht.“ Was dann geschah.

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. Die Eigenthümer des Dampfschiffes Berzelius“ wollen dasselbe

mit Passagieren zur londoner Industrie⸗Ausstellung fahren lassen.

Unter den vom Staatsrath Sörensen übergebenen Königlichen Propositionen findet sich auch eine über die Versetzung des Haupt— sitzes der Bank von Drontheim nach Christianiag. ö

Der in Thrane's und Mickelsen's Briefen vorkommende De⸗— mokrat Lerche hat eine Adresse an das Volk von Levanger gerichtet, in welcher er ihnen den sozialdemokratischen Agitator Mickelsen als einen Mann bezeichnet, der nichts für sie thun könne, als sie ins Zuchthaus bringen und überhaupt noch elender machen. Was in Menschenmacht stehe, für das Volk zu thun, strebten die zu thun, welche es könnten. Allein das sei nicht so leicht und Mickelsen könne es sicher nicht; er habe trunkfällig in Drontheim gelebt, Geld er⸗ preßt und verleite das Volk mit albernen Versprechungen.

Schweiz. Bern, 26. Febr. Der schweizerische Bundesrath hat an sämmtliche eidgenössische Stände folgendes Kreisschreiben er⸗— lassen: „Getreue, liebe Eidgenossen! In den Jahren 1848 und 1849 wurde die Schweiz in Folge der damalige politischen Ereig⸗ nisse theils von Italien, theils von Deutschland her mit einer gro⸗ ßen Masse von Flüchtlingen aller Nationen überladen. Da sie un⸗ mittelbar vom Kriegsschauplatze kamen und von Truppen verfolgt wurden, konnte ihnen ein vorläufiges Asyl nicht versagt werden, theils aus Humanitäts-Rücksichten, theils um militairischen Bewe gungen an der Gränze vorzubeugen, die unser Gebiet hätten ge⸗ fährden können. Obwohl nach den Grundsätzen unseres Bundes⸗ staatsrechts die Ertheilung des Asyls zunächst Sache der Kantone ist und der Bund in der Regel die Kantone nicht zum Aspl zwingen, wohl aber dieses Recht nach Maßgabe des Art. 57 der Bundes⸗Verfassung beschränken kann, so mußte damals im höheren Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit von diesem

Grundsatze abgegangen werden. Der Bundesrath mußte ausnahmsweise das Asyl vorschreiben, eine centrale, Lei⸗ tung anordnen und die Kantone anhalten, eine gewisse An⸗

zahl von Flüchtlingen zu übernehmen. Schon damals eröffnete Ih⸗ nen der Bundesrath seine Absicht, alle geeigneten Mittel zu versu⸗ chen, damit die Kantone nicht allzu lange eine Last zu tragen ha⸗ ben, welche weit über die Gränzen des Asyls hinausgehe. (Kreis⸗ schreiben vom 5. Juli 1849.) Dieses geschah nun im Laufe der Zeit theils durch Verwendung für Amnestie, theils durch Unter— stützung aus der Bundeskasse, theils durch Wegweisungen in Folge schlechter Aufführung oder bei fälschlicher Vorgabe der Flüchtlinge, daß sie das Asyl bedürfen, theils endlich durch die Beförderung der Abreise Vieler, selbst mit bedeutenden ökonomischen Opfern. In Folge alles dessen hat sich die im Juli 1849 über 11,000 anstei⸗ gende Zahl der Flüchtlinge (in dieser Zahl sind mehrere Tausend Flüchtlinge von den in Italien zerstreuten Corps und der soge⸗ nannten italienischen Emigration nicht inbegriffen), so vermindert, daß gegenwärtig nur noch eirca 500 auf der eidgenössischen General⸗ Kontrole erscheinen. Schon seit einiger Zeit beschäftigte sich daher der Bundesrath mit der Frage, ob es nicht zweckmäßig sei, die Flüchtlings-Angelegenheit auf die gewöhnliche Grundlage zu⸗ rückzuführen und vie Flüchtlinge gänzlich den Kantonen anheim— zustellen, unter Vorbehalt ver Kontrolle und der Maßregeln, welche durch die Artikel 57 und 90 der Bundesverfassung geboten werden. Einer solchen Verfügung stand bis anhin nur das Bedenken ent— gegen, daß manche Kantone noch eine verhältnißmäßig bedeutende Anzahl solcher Flüchtlinge haben, welche ohne große Gefahr nicht heimkehren können und welche nicht die nöthigen Mittel besitzen, um nach einem entfernteren Lande zu reisen. Dieses Bedenken wird nun dadurch gehoben, daß auf die Verwendung des Bundes⸗ rathes die französische Regierung mit dankenswerther Bereitwil⸗ ligkeit sich anerboten hat, für alle nicht französischen Flüchtlinge von der schweizerischen Gränze an die Reisekosten bis nach England oder Nordamerika zu übernehmen. Unter diesen Umstaͤnden sieht sich der Bundesrath veranlaßt, die erwähnte, schon seit geraumer Zeit projektirte Maßregel zu beschließen. Nicht nur wird dadurch den Kantonen keine neue Last zugemuthet, sondern sie erhalten im Gegentheil den Anlaß, sich der ihnen bis anhin aufgedrungenen Last und aller damit verbundenen Uebelstande zu entledigen. Wenn die Kantone unter solchen Umständen von der Befugniß, die Flücht⸗ linge zu entfernen, umfassenden Gebrauch machen, so wird ein ge⸗

rechter Vorwurf von Härte ihnen nicht gemacht werden können, wenn man bedenkt, daß ste lange Zeit hindurch das Asyl in einem bisher nie gekannten Umfang und mit

bedeutenden Opfern gewährt haben, daß bei Aufnahme der Flücht— linge gewiß nirgends die Absicht obwaltete, sie bleibend zu über⸗ nehmen, sondern vielmehr sie einer vorhandenen Gefahr zu entzie hen und ihnen Gelegenheit zu verschaffen, einstweilen ihren Unter⸗ halt zu erwerben und für ihre Zukunft zu sorgen, daß ferner den Flüchtlingen andere Länder offenstehen, in welche sie ohne alle Ge⸗ fahr sich begeben können, und daß endlich auch die Reisemittel, in soweit sie derselben bedürfen, ihnen angeboten werden.

Ihnen, getreue, liebe Eidgenossen, überdies bekannt sein

der Mangel an Reisemitteln bisanhin sehr viele Flüch der Auswanderung abgehalten hat. Aus diesen Gründer der Bundesrath beschlossen: 1) Die im Juli 1849

tonen auferlegte Verflichtung zur Aufnahme wird aufgehoben. 2) Demgemäß hört jede diesfällige Ve keit des Bundes gegenüber den Kantonen auf von d an, in welchem die Entfernung der Flüchtlinge mögl

es geht namentlich auch jede Gefahr von Heimatlof Flüchtlinge ausschließlich auf die Kantone über. sische Justiz⸗ und Polizei-Departement wird über

den Kantonen die weiter erforderlichen ttheilunger

Die früheren Beschlüsse des Bundesrathes über Internirr weisung u. s. w. bleiben in Kraft. Indem wir Sie schließl mals erinnern, daß dieser Beschluß sich nicht auf die Flüchtlinge bezieht, deren Zahl übrigens sel

nutzen wir diesen Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen in den Machtschutz des Allerhöchsten zu empfehlen.“ Unterschriften.)

ĩ sehr Unbedeutt

Spanien. Madrid, 27. Febr. (Fr. B.) Mar de Benalua ist an die Stelle des Generals Armero y Miralles zum Gesandten in Berlin ernannt.

Der Präsident der Kommission zur Regelung der Schuld des Staatsschatzes, Olivan, soll heute seinen Bericht verlesen. Die Kommission billigt die Regierungsbasis, modifizirt aber die Details der Ausführung.

Königliche Schauspiele.

Sonnabend, 8. März. Im Schauspielhause Mlle Ahh nnen Vorstellung: Das Glas Wasser, Lustspiel in s 4th amen nne.

Sonntag, 9. März. Im Soernhanse. z hh Nach den Vorstellung: Armide, große heroische . . Voß. Musit von Französischen des Quinault übersetzt von 5. .

8 2 1 ö 8 j k ,,, 45ste Abonnements -Vorstellung: Die

Schachmaschine, Lustspiel in 4 Abth., nach dem Englischen, von