Breslau, 28. Mai. (Schl. Ztg.)
früher gemeldet worden, in Breslau eintreffen. Dichte Menschen⸗ massen drängten sich die Straße entlang nach dem oberschlesischen Bahnhofe. Zunächst war die Schweidnitzer Straße ganz mit Men⸗ schen gefüllt, welche der Einfahrt des gellebten Königs ins Schloß harrten. Punkt 6 Uhr kündigten Kanonen schläge die Ankunft des Extrazuges an. Der General von Aschoff, der Polizei⸗Präsident von Kehler, der Regierunge Praä⸗ sident Graf von Zedlitz, der Landrath Graf von Königsdor, der
Bürgermeister Bartsch, die Stadträthe Gerlach und Sỹide! und der stellvertretende Vorsteher des Gemeinderathes, Aderholz, halten sich versammelt, den Königlichen Herrn zu empfangen, der begleitet von Sr. Excellenz dem General⸗Lieutenant Herrn von Lindheim und dem Sber Praästhenten Herrn von Schleinitz aulangte. Se. Majestät bestieg sofort den bereitstehenden Wagen des Generals von Lind— heim und fuhr sammt Gefolge, begleitet von dem Freudenruf der Menge, ins Schloß. , . . .
fleber bie Reise Ihrer Majestäten des Königs und des Kai⸗
sers von Rußland gehen uns folgende Nachrichten zu: ö Ihre Majestälen hatten Warschau am 27sten d. verlassen und
waren in Granitza um 87 Uhr Abends eingetroffen, woselbst Se.
Majestät der Kalser übernachtete, während Se. Majestät der König
noch nach Myslowitz fuhren, daselbst um 95 Uhr anlangten und die
in Bereitschaft gesetzten Räumlichkeiten in dem Königlichen Steuer amts-⸗Gebäude in der Nähe des Bahnhofes bezogen.
In der Begleitung Sr. Majestät des Kaisers befanden sich Ihre Kaiserl. Hoheiten die beiden jüngeren Großfürsten, der Fürst Paskiewitsch, die Generale Menczikoff, Orlof, Benkendorf und der Kaiserliche Leibarzt.
Heute Morgen gegen 9 Uhr traf der Kaiser in Myslowitz ein, nachdem er in Szarkowa, der österreichischen Station der Krakauer Bahn, vom Feldmarschall⸗Lieutenant Fürsten Liechtenstein und einer Deputation der Stadt Krakau begrüßt worden war.
In Myslowitz, der ersten preußischen Station, empfing Se. Majestät der König den Kaiser, der in preußischer Gene ralunisorm die aufgestellte Ehrenwache, eine Compagnie Garde⸗Landwehr, in— spizirte. Gegen 9 Uhr setzten Ihre Majestäten in dem Wagen Sr. Majestät des Königs die Reise nach Kosel weiter fort. Auf allen aufs schönste gezierten Bahnhöfen, die Ihre Majestäten berührten, ge— ruhten die Allerhöchsten Reisenden auszusteigen und die Ehren— wachen, in Gleiwitz eine Schwadron Ulanen, in Kosel eine Com— pagnie Jäger, zu besichtigen.
Nach kurzem Aufenthalt auf den Bahnhof in Kosel fuhren Ihre Majestäten nach Ratibor, woselbst der Herzog von Ratibor die hohen Herrschaften empfing und zu dem daselbst arrangirten Gabelfrühstück gezogen wurde. In Annaberg, der letzten preußi— schen Station, verabschiedeten Sich die beiden Monarchen auf das Herzlichste. Se. Majestät der Kaiser begab Sich nach Olmütz, Se. Majestät der König aber um 15 Uhr nach Breslau.
Auf der Rückfahrt von Annaberg nach Breslau ist Se. Majie— stät nur in Oppeln ausgestiegen, woselbst sich der Regierungs-Prä— sident Graf Pückler verabschiedete. Alle Bahnhöfe, die der König berührte, Oppeln, Löven, Brieg, Ohlau waren mit Blumen und Fahnen zierlich dekorirt. Se. Majestät der König werden morgen um 11 Uhr nach dem Gottesdienst die Reise nach Berlin weiter
ö . Noch früh genug hatte sich die Kunde verbreitet, Se. Majestät der König werde eher als
fortsetzen.
Oesterreich. Wien, 28. Mai. Gestern früh um 9 Uhr setzte sich ein Extrazug in Bewegung, um die von Sr. Majestät dem Kaiser an das Hoflager nach Olmütz beschiedenen Autoritäten dahin zu bringen. Unter den Abgereisten befanden sich die Feld— marschälle Graf von Radetzky, Graf von Nugent und Fürst Win— dischgrätz, die Generale Freiherr von Heß, von Jellacic, von Au— Zustin, von Wratislaw, von Appel, Fürst Edmund Schwarzenberg, Jürst Liechtenstein, Graf Clam- Gallas, Baron von Urban. Die Adjutanten und Flügel⸗Adjutanten Sr. Majestät des Kaisers wa— ren schon vorgestern mit der Suite und den Kaiserlichen Ordonanz— Offizieren nach Olmütz abgegangen. Zwischen Olmütz und War— schau in einer, so wie Berlin in zwelter Richtung ist eine regel mäßige Courier-Verbindung auf die Dauer von acht Tagen her⸗ gestellt worden, woraus man schließen will, daß der Aufenthalt der hohen Gäste in Olmütz kaum über acht Tage dauern dürfte. Der Minister-Präsident Fürst von Schwarzenberg ist vorgestern Abends, der Kriegsminister Freiherr von Csorich gestern nach Ol— mütz abgegangen.
Das Tagesgespräch bildet jetzt die bevorstehende Abreise des Civil und Militair⸗Gouverneurs von Wien, Freiherrn von Welden, auf sein Gut in Steyermark, welche Sonnabend erfolgt. Noch ist man im Publikum darüber in Ungewißheit, ob der Gouverneur auf seinen Posten wieder zurückkehren werde oder nicht. Im letzteren Falle werden Fürst Friedrich von Schwarzenberg und der Gendar— merie⸗General⸗Inspektor Feldmarschall⸗Lieutenant Freiherr von Kem pen als Nachfolger bezeichnet. .
Die L. Z. C. schreibt: „Der Finanz⸗Minister von Krauß, wel⸗ cher mit dem Reichsraths-Pröäsidenten beinahe täglich Konferenzen ha, hat seine Finanz Anträge bereits ausgearbeitet, und es dürften dieselben bei der Rückkehr des Monarchen mit Bestimmtheit zur Vorlagen kommen. Ueber den Inhalt des Vorschlages cirkuliren nur unverbürgte Gerüchte.“ Verläßlich vernimmt die L. 3. C. daß der Regierung von ausländischen Bankhäusern Offerte im Jalle eines eventuellen Staats-Anlehens zugekommen sind, mit denen sich der Finanz⸗ Minister seiner Zeit in näheres Einvernehmen setzen vrürfte. Die L. 3. C. berichtet ferner: „In Betreff des neuen Zolltarifs wird mit Bestimmtheit versichert, daß der Handels? Minister von Baumgartner die gegen die Veröffentlichung dessel⸗ ben von mehreren Seiten erhobenen Bedenken einer 'entspre— chenden Würdigung unterziehen werde. Namentlich wird, bevor der Zolltarif in Wirksamkeit tritt, eine Regelung des gesammten Douanenwesens, dann Revision der Strafgesetze in Zoll⸗AÄAugelegen— heiten von demselben als unerläßlich nothwendig erkannt, ohne daß ,. die Zolltarifsfrage in der Hauptsache rückgängig gemacht würde.“ .
Die Kommission, welche beauftragt war, die nöthigen Vorar— beiten wegen Wiedereröffnung des Freihafens von Vencbig zu be sorgen, hat ihren Bericht erstattet. Nach dem diesfalls Restellten Antrage würde die Freihafens-Eröffnung am 1. Juli und in der ursprünglichen Ausdehnung erfolgen. Die im Jahre 1849 von Venedig nach Triest verlegten Militair- und Civil-Behörden oder Corporationen aber verbleiben in ihrem nunmehrigen Standorte.
Die Akademie der Wissenschaften hat am 25sten d. die Wahl ihres Präsidenten vorgenommen; es fiel dieselbe auf den nunmehri— gen Handels-Minister von Baumgartner. . Die Regierung hat abermals 18 nach der Türkei geflüchteten Polen, welche in der polnischen Legion Dienste leisteten, die Bewil⸗ ligung zur Rückkehr in ihr Vaterland ertheilt. Dieselben wurden am 2isten d. M. nach Großwarbein gebracht und gehen von dort unter Aufsicht nach Lemberg, wo sie frei entlassen werden, um sich in ihre Heimatsorte zu begeben.
Der Vivenski Dennjk bestätigt, daß Bakunin durch Kra—
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kau transportirt worden sei,. „Wenn aber“, wird bemerkt, „mit pitser Jachricht eine Auglleferung Bakunin s an Rußland in Ver binbung gebracht wird, so ist dies jedenfalls ixrig; im Gegentheile wird von gut unterrichteter Seite versichert, daß derselbe nach der Festung Munkats geführt worden sei.“
Eine Kaiserliche Verordnung vom 11. Mai, wodurch das politi⸗ schen Behörden zustehende, Zwangs- und Executionsrecht normirt wird, ist so eben veröffentlicht worden. Danach soll bei Stener⸗ Eintreibungen wie bisher bei Eintreibungen von Auflagen auf Re⸗ quisition der Gemeinde⸗ Organe eingeschritten werden. Jeder Staatsbürger ist verpflichtet, sich auf geschehene Vorladung bei den politischen Behörden zu stellen, um Auskünfte zu ertheilen, widri— genfalls ein Vorführungs-Befehl gegen ihn erlassen werden kann. In Widersetzlichkeitsfällen gegen politische Verwaltungs-Anordnun⸗ gen ist zunächst die Hülfe der Gendarmerie, nöthigenfalls aber auch des Militairs, zu requiriren. Wegen beleidigender Aeußerungen in schriftlichen Eingaben können Geldbußen bis 50 Fl. C.⸗M. verhängt werden; doch kann dies nur von Seiten der nächst vorgesetzten po⸗ litischen Verwaltungs-Behörden geschehen. Die genaueste Hand habung aller diesfälligen Vorschriften wird sowohl den politischen Verwaltungs- als den Gemeinde-Organen zur strengen Pflicht ge— macht.
Sowohl aus Böhmen als Mähren langen fortwährend Be— richte ein, welche über den Ausbruch der Cholera in verschiedenen Gegenden dieser Kronländer berichten. .
Ein Theil der Mannschaft von den Linien-Jufanterie-Regimen— tern erhält nun auch Kammerbüchsen statt der bisherigen Gewehre. Vorläufig sind 16 Mann in jeder Compagnie mit dergleichen ver— sehen worden. ö
Aus Dalmatien wird von einem glücklichen Funde berichtet, den die beiden Bauern Joan Barrach und Troppano und Biaggio Antonizza aus Hadiglie machten, indem sie in der Nähe des Dor⸗ fes Ponique ein Steinkohlen- und Harzlager entdeckten, welches nach den bisherigen Ausgrabungen reichhaltig zu sein scheint. Die Kreis—= hauptmannschaft hat dieser für die dortige holzarme Gegend höchst wichtigen Angelegenheit die nöthige Aufmerksamkeit gewidmet und ihre regelmäßige Schürfung eingeleitet.
Das Neuigkeits-Büreau bezeichnet die Nachricht von dem Tode des Grafen Sandor als eine irrige. .
Olmütz, 27. Mai. (Lloyd.) Heute war auf der nimlauer Haide in Anwesenheit Sr. Majestät und Sr. Durchlaucht des Herrn Minister-Präsidenten Fürsten Schwarzenberg, welcher in seiner Uni— form als Feldmarschall-Lieutenant den Evolutionen beiwohnte, aber— mals Feuer-Exerzitium; um 9 Uhr erschien die zweite Division un— ter Feldmarschall Lieutenant Baron Parrot, um 11 Uhr ie erste Dwision unter Kommando des Feldmarschall-Lieutenant Fürsten Thurn und Taxis auf der Haide und machten Uebungen im Feuer. Auf Nachmittag war die dritte Diviston unter Feldmarschall-Lieu— tenant Barko bestimmt, allein die regnerische Witterung ließ dieses Manö⸗ ver unterbleiben. Mit dem heutigen Frühtrain kamen von Wien der Herr Minister des Innern und mehrere Mitglieder des diplomatischen Corps in unserer Festung an. Nachmittag waren die von Sr. Majestät ge⸗ ladenen Gäste angelangt und demzufolge an allen bedeutenden Sr— ten Stabs-⸗Offiziere zur Signalisirung der Ankunft aufgestellt. Auf, dem Bahnhofe befanden sich der General⸗Adjutant Graf Grünne, welcher die hohen Gäste im Namen Sr. Majestät begrüßen sollte, mehrere Generale und Stabs⸗Offiziere, die aus Ungarn ge— kommenen, aus dem Dragoner-Regimente Kaiser Nikolaus, ehemals Auersperg, gewählten je zwei Chargen, mit dem Obersten an der Spitze, und ein großes Publikum, welches sich trotz des regne— rischen und unfreundlichen Wetters daselbst eingefunden, be⸗ gierig, den geliebten Marschall und Ehrenbürger unserer Stadt zu begrüßen. Gegen halb 1 Uhr langien die Herrschaften mit der Lokomotive „Juno“ im Bahnhofe an, und der greise Feld— marschall wurde mit einem stürmischen Vivatrufe von der versam⸗ melten Menge empfangen. Unter den Angekommenen befanden sich Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen, Se. Excellenz der Herr Feldzeugmeister Baron Jellacic, der Armee Kommandan? Ba⸗ ron Appel, der Herr Feldmarschall Windischgrätz und mehrere hohe Militairs, welche in bereitstehenden Hofwagen nach der Festung fuhren. Se. Königliche Hoheit der Großherzog inspizirse eint Grenadier⸗Ehren-Compagnie, welche mit der Musikkapelle des Re⸗ giments Zanini vor seinem Absteige⸗Quartier, der Residenz des Weihhischofes, aufgestellt war, und ließ sie vor sich defillren. Se. Majestät Kaiser Franz Joseph stattete demselben in Obersten-Uni— form sogleich einen Besuch ab, um ihn zu begrüßen. Der Herr Feldmarschall Radetzly stieg in der Wohnung des Domherrn Sza— pary ab. Morgen erwartet man die Ankunft des Kaisers von Rußland. Große Fest-Dekorirung der Häuser.
Baden. Karlsruhe, 22. Mai. (F. J.) Das Groß⸗ herzoglich Regierung sblatt vom 20sten d. M. enthält die nunmehr ins Leben tretenden gesetzlichen Bestimmungen über die Verfassung und Verwaltung der Gemeinden, die Bürgerausschüsse und Gemeindevorstände. Hiernach wird in allen Gemeinden von achtzig und mehr Bürgern ein großer Ausschuß gewählt; die Zahl der Mitglieder beträgt wenigstens 18 und in Städten über 2060 Einwohner 95. Die Wahlberechtigten werden in drei Klassen ge— lheilt; die erste Klasse besteht, aus Höchstbesteuerten, welche zu⸗ sammen ein Drittheil aller in den Gemeindekataster gehörigen Steuerkapitalien der Gemeindebürger; die zweite Klasse aus den Mitlelbeste'uerten, welche das zweite Drittheil besitzen; die dritte Klasse aus sämmtlichen übrigen wahlberechtigten Bürgern. Wenn die Klasse der Höchstbesteuerten aus weniger als dem zwanzigsten Theile der Bürger der Gemeinde bestehen würde, so ist dieser Theil derselben zur ersten Klasse zu ziehen. Jede Klasse muß übrigens jedenfalls doppelt so viel Wahlberechtigte enthalten, als dieselbe Mitglieder in den großen Ausschuß zu wählen hat. Jede der drei Klassen wählt für sich besonders den dritten Theil der Mitglieder des großen Ausschusses. Das Amt eines Mitgliedes des großen Ausschusses dauert sechs Jahre. Der Ausschuß er—= neuert sich alle drei Jahre klasfenweise zur Hälfte. Die Zahl ter Mitglieder des Gemeinderaths soll außer dem Bürgermeister nicht unter drei und nicht über funfzehn sein. Bürgermeister und Gemeinderäthe werden von der Gemeindeversammlung resp. dem großen Ausschuß gewählt; der Erstere bedarf der Bestätigung der Staatsbehörde. Wenn er vieselbe auch bei der dritten Wahl nicht erhält oder nicht die gehörige Stimmenzahl vorhanden ist, so wird mit Umgehung einer weiteren Wahl von der Staatsbehérde der Bürger— meister und zwar auf drei Jahre ernannt. Das Amt des Bür⸗ germeisters dauert 9 Jahre, jenes der Gemeinde -Räthe 6 Jahre. Die Austretenden sind wieber wählbar. In Städten über 3600 Einwohner kann zur Unterstützung des ersten Bürgermeisters noch ein zweiter gewählt werden. Sein Amt dauert 5 Jahre. Die Zahl der Mitglieder des kleinen Bürger-Ausschusses ist der Zahl ker Gemeinde⸗Räthe mit Einschluß des Bürgermeisters gleich. Sie werden von der Gemeinde resp. dem Ausschusse gewählt. Ihr Amt dauert 5 Jahre. Der Austretende ist auch hier wieder wählbar. Die Mitglieder des Ausschusses erhalten weder Ge=
halt noch Gebühren, außer bei Gemeinde -Angelegenheiten außer Orts. Landgemeinden unter sechzig Bürger konnen bis auf Wi— derruf auf das Institut des kleinen Bürger-Ausschusses verzichten; in diesem Falle tritt die Gemeinde⸗Versammlung an seine Stelle. Gegenwärtiges Gesetz soll binnen Jahresfrist von dem Tage seiner Verkündigung an auch in Vollzug gesetzt werden. Zuerst werden in den betreffenden Gemeinden die großen Ausschüsse gewählt, so— dann die Bürgermeister und nach diesen die Mitglieder des Ge— meinderaths und des kleinen Ausschusses. Die gegenwärtig im Amte befindlichen Gemeinde⸗Beamten haben, ohne daß inzwischen eine Erneuerungswahl stattfindet, den Dienst sortzuversehen, bis die nenen Wahlen stattfinden und die Neugewählten eingetreten sind. Nachdem die Wahlen stattgefunden, wird durch das Loos bestimmt, welche Mitglieder nach drei, und welche nach sechs Jahren auszu— treten haben.
Hessen und bei Rhein. Darmstadt, 26. Mai. (Darmst. Ztg.) Zweite Kammer. In Gemäßheit der Tages— ordnung schreitet die Kammer über den Erlaß der ersten Kammer, den Gesetz-Entwurf die Stellvertretung im Großherzoglich hessischen Militairdienste betreffend, und den Antrag des Abgeordneten Sar torius über diesen Gegenstand. Dieser Antrag bezweckte, einem vielfach ausgesprochenen Wunsche Worte verleihend, die Großher zogliche Stagts-Regierung zu ersuchen, „die durch das Gesetz vom 1. März 1849 aufgehobene Staals-Assekuranz-A1nstalt für die Stell vertretung nach dem Gesetze vom 19. März 1836 wiederherstellen zu wol len“, indem diese Anstalt sich des allgemeinen Vertrauens erfreute. Bevor noch der Ausschuß über diesen Antrag Bericht erstatten konnte hatte die Staats-Regierung ganz im Sinne Herrn Antrag stellers der ersten Kammer einen solchen Gesetzentwurf vorgelegt der auch in der Sitzung dieser Kammer vom 7. April angenommen wurde, wie wir damals näher berichtet haben.
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Ueber die desfall sige Mittheilung der ersten Kammer erstattete Abgeordu, Matty in der zweiten Kammer Namens des Gesetzgebungs Ausschusses Bericht. In diesem Ausschusse hatte sich eine große Verschieden⸗ heit der Ansichten darüber kund gegeben und eine Vereinbarung derselben konnte nicht vermittelt werden. Die Majorität des Aus— schusses, aus drei Mitgliedern bestehend (den Herren Klipstein Reh und Ploch), schlaͤgt der Versammlung vor: „dem Be schluß der ersten Kammer beizutreten“, Minorilät desselben, aus zwei Mitgliedern bestehend (den Herren Matty Mohr) beantragt: ihm nicht beitreten zu wollen. Das Votum ker Majo⸗ rität basirt sich auf Folgendes:
Die Majorität des Ausschusses, von der Ansicht ausgehend, es ein im Lande verbreiteter und wohlbegründeter Wunsch ist, das Gesetz vom 19. März 1835, das, wie die Erfahrung gelehrt, nur wohlthätig gewirkt hat, wiederhergestellt zu sehen, erachtet sich verpflichtet, der Kammer die desfallsige Pr der Staate Regierung zur Annahme zu empfehlen. Zu Vermeirung von Wie derholungen erlaubt sie sich, Bezug zu nehmen auf die Verhand lungen der ersten Kammer, und bemerkt nur noch, daß sie bei Prüfung der verschiedenen Artikel des Gesetzve hebliche Bedenken nicht gefunden hat. Das Recht der vertretung im Militair ist jedem Hessen, der militairpflich tig ist, durch den Artikel 29 der Verfassungs — Urkunde rantirt. Der 5. 7 der Grundrechte des deutschen Volks schließ zwar die Stellvertretung aus, allein die Majorität des Ausschusses ist der Ansicht, daß diese Vorschrift wenigstens in so lange nicht, wie dieses auch der Artikel 3 Nr. 3 des Einführungsgesetzes ver fügt, bindend sein kann, als nicht eine umfassende neue Gesctz gebung über die Wehrpflicht erfolgt sein wird. Der tikel hindert deshalb die Faktoren der Gesetzgebung nicht, nöthig erscheinenden Abänderungen und Verbesserungen der Gesetze vorzunehmen. Die Majorität des Ausschusses findet in dem Art 12 des Gesetzes vom 19. März 1836 keinesweges ein Monopol für den Staat, schon darum nicht, weil ein Sonderrecht nur dann zu einem Monopol wird, wenn es seiner Natur nach dazu geschaffen ist, um zum Privatvortheil ausgebeutet zu werden. Ein Haupt vorzug des Gesetzes vom 165. März 1836 besteht in damit gründeten Staats-Assekuranz⸗Gesellschaft, weil durch sie Stell vertretung bedeutend wohlfeiler geworden, und je zahlreicher eine de artige Gesellschaft ist, desto weniger Gefahr gelaufen wird, daß un günstiges Loosen den einzelnen Gesellschaftsmitgliedern unverhältniß mäßige Opfer aufbürdet. Die Erfahrung hat gelehrt, daß neben einer Staats-Assekuranz-Gesellschaft derartige Privatgesellschaften nicht bestehen können; es scheint daher, zumal die Konzessions-Er theilung, wie die Konzessions- Verweigerung seitens des Staates gleichmäßig übel gedeutet werden kann, der Masjorität des Aus schusses zweckmäßiger, wenn der Artikel 42 folgendermaßen gefaßt werde: „Zur gemeinschaftlichen Aufbringung der Vertretungssumme soll von Staats wegen eine Assekuranz-Gesellschaft errichtet werden, Privatvereine zu demselben Zwecke sind nicht erlaubt.“
Die Minbrität des Ausschusses kann den vom Ausschuß der ersten Kammer aufgestellten Gründen, welche ihn bewogen, den Regierungsentwurf zur Annahme zu empfehlen, so wie auch den Gründen der Majorität des Ausschusses der Kammer durchaus nicht beistimmen. Diese Gründe und darauf ge⸗ bauten Konsequenzen scheinen ihr viel zu weit zu gehen Würde es die Sache fördern, so müßte die Minorität Vieles was richtig stehen soll, in dem Bexichte bekämpfen. Namentlich würde das nach Seite 3 und 4 im Ausschußberichte der anderen Kammer Gesagte ihre Zustimmung durchaus nicht erhalten können, da dem höchst wichtige Gründe und Erfahrungen entgegengehalten werden müßten. — Aber die Minorität des s, so sagt
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d Ausschusses, so sie ferner, kann für den Augenblick darauf gar nicht eingehen; es ist darum auch die Aufgabe des Berichterstatters nicht, durch Ex— cerpiren einen Ueberblick über die Verhandlungen der ersten Kam— mer oder über die Ansichten der einzelnen Mitglieder derselben zu geben; ihr Standpunkt ist in dieser Sache ein ganz anderer als der, von dem der Ausschuß der ersten Kammer ausging. Sie halte bei der Verhandlung über die vorgeschlagene Stellvertretung im Großherzoglichen Militairdienste nichts vor Augen, als das po— sitive Gesetz. Und dieses positive Gesetz gerade unter sage, dem vor— gelegten Beschluß der ersten Kammer, und damit auch dem vorliegenden Entwurfe über die Stellvertretung ihre Zustimmung zu geben. Ein« mal ist die Bestimmung des §. 7 der Grundrechte sehr klar und nicht zu übergehen. Sie lautet: „Die Wehrpflicht ist für Alle gleich; Stellvertretung bei derselben findet nicht statt.!“ Darauf hin wurde das Gesetz vom 1. März 1849 emanirt und in dessen Art. 6 heißt es hierauf bezüglich: „Die in Folge des Art. 142 des Gesetzes vom 19. März 1836 errichtete Staats-Assekuranz⸗Anstalt für die Stellvertretung hört vom Jahr 1849 an auf.“ Um jeden Zweifel über die Geltung der Grundrechte — worüber sich jedoch auch schon der höchste Gerichtshof des Landes ausgesprochen hat — zu beseitigen, erinnert die Minorität des Ausschusses an die Ver⸗ ordnung vom 31. März 1849, in der ausdrücklich gesagt ist, daß alle Reichsgesetze im Großherzogthum ihre volle Geltung haben. Sie glaubt darum nicht empfehlen zu dürfen, einem Beschlusse bei—⸗ treten zu wollen, , , gegen die Grundrechte und gegen die Ver⸗ ordnung vom 31. März 1849 ist. Erst wenn die Grundrechte des
deulschen Volkes auf gesetzlichem Wege aufgehoben oder für un⸗ gültig erklärt seien, erst dann wäre die Möglichkeit gegeben, den PFeitritt zum Beschluß der ersten Kammer im gegebenen Fall auch von ihrer Seite zu befürworten. Dazu komme aber auch noch, daß eine solche Zustimmung zu dem der ersten Kammer vorgelegten Ge— setz⸗ Entwurf über die Stellvertretung im Widerspruch mit den llaren Bestimmungen des Gesetzes vom 30. Juli 1848 stehe. Durch dieses Gesetz wären die Handels- und Gewerbs-Privilegien (Mo— nopole) aufgehoben. Würde der Gesetz-Entwurf auch von dieser Kammer gutgeheißen, so träte damit auch wieder der Artikel 42 des Gesetzes vom 19. März 1836 in seine volle Gültigkeit, und damit würden wir auch die Staats-Assekuranz-Anstalt für die Stell vertretung im Militairdienst, wie sie Abgeordneter Sartorius bean⸗ tragt hat, wieder erhalten. Dies habe gerade wegen ves angeführten Gesetzes vom 30. Juli 1848 ebenfalls seine sehr großen Bedenklichkeiten. Die Monopole seien aufgeho⸗ ben; aber der Staat selbst würde wieder ein nicht unbedeu— tendes Privilegium gleichsam sich selbst schaffen, da eine Konkurrenz der Privaten zur eigentlichen Unmöglichkeit werde. Nach dem Allen beantragt die Minorität, dem Beschlusse der ersten Kammer nicht
beizutreten. . Der Präsident leitete die Berathung ein und eröffnete die
Diskussion, welche bezüglich des Gesetzes im Allgemeinen über vier-.
Stunden dauerte und woran sich die Herren erster Vice-Präsident Klipstein, Matty, Eich, Zöppritz, Reh, Müller- Melchiors, Franck a. D., Mohr, Beer, so wie die Großherzoglichen Regierung Kommissaire, der Kriegs-Minister Freiherr von Schäffer-Bernstein Excellen;z und Ministerial ⸗Rath Maurer beiheiligten. Wir bemerken hierbei, daß, nach einer weiteren Debatte der Herren Reh, Müller — Melchiors, Breidenbach, Mohr, von Rabenau, Lehne, Krug, Matty, Franck a. D., Hofmann z0. über die Frage, ob die Abstimmung jetzt schon oder erst nach dem Schlusse der Berathung über die einzelnen Artikel des Gesetz⸗-Ent⸗ wurfs zulässig sei? ein Antrag des Abgeordneten Müller⸗Melchiors also lautend: „den vorliegenden Gesetz-Entwurf zu verwerfen, der Staatsregierung überlassend, eine dem Art. II. S. 7 letzten Absatz der Grundrechte entsprechende neue Proposition vorzulegen“ — nach bejahendem Beschlusse der Kammer über die Vorfrage der Zulässig keit der Abstimmung zur namentlichen Abstimmung kam und mit 6 gegen 21 Stimmen verworfen wurde.
Frankfurt a. M. Frankfurt, 28. Mai. (O. P. A. 3.) Der Königl. preußische General Lieutenant und Bundestags-Ge— sandte, Herr von Rochow, ist gestern Abend um 10 Uhr mit dem letzten Zuge der Main⸗Weser-Eisenbahn hier eingetroffen, und hat sein Absteigequartier im Hotel zum englischen Hof genommen. Fürst von Metternich wird den 16. Juni Brussel verlassen und den [(9ten desselben auf dem Johannisberg eintreffen. Im Zeptember gedenkt er nach Wien zurückzukehren.
Monats
— m tiee=··
Aten sIlazd.
Oesterreich. Zara, 22. Mai. (W. 3.) Omer Pascha weilt
in Banjaluka, Skenderbeg steht in Novi.
Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 27. Mai. Funfzehn Repräsentanten der Majorität deponiren wieder Petitionen um die Reviston der Verfassung aus verschiede⸗ nen Departements. Die meisten dieser Petitionen verlangen die Revision schlechtweg, einzelne, unter anderen die von General Husson und Odilon Barrot überreichten, die gesetzliche Revision, was mit Beifallsbezeugungen sowohl auf der Rechten, als auf der Lin— ken aufgenommen andere die Revision im Hinblick auf die Abschaffung Artikels 45 der Verfassung gegen die Wiederwählbarkeit Präsidenten der Republik. Ein Mitglied Linken auch eine Petition um Ab⸗ schaffung Gesetzes 31. Mai und um Rückkehr zum allgemeinen Wahlrecht. Hierauf wird die zweite Berathung des Nationalgarden-Gesetzes fortgesetzt. Der Artikel über die Zu— sammensetzung des Comité's, die in jeder Gemeinde die Listen der Nationalgarde anzufertigen haben, giebt zu längeren Debatten Veranlassung. Regierung und Kommission wollen, daß das Comité zur Hälfte aus dem Gemeinderath, zur Hälfte aus Nationalgar— disten genommen, von den Unter- Präfekten, also unter dem Ein— flusse der Exekulivgewalt, zusammengesetzt werde. Pascal Du⸗ prat schlägt vor, den Gemeinderäthen die in Rede stehende Func⸗ lion zu übertragen, und fordert besonders die Legitimisten auf, sein Amendement zu votiren, indem er ihnen vorwirft, „Renegaten der Gemeindefreiheiten zu sein und Alles zu Gunsten einer Regierung, die sie nicht einmal kennen, centralisiren zu lassen.“ Lacrofse aniwortet im Namen des Ausschusses, daß im Interesse der Ordnung die Exekutiv-Gewalt bei der Zusammensetzung der Nationalgarde ein Wort mitsprechen müsse, und setzt den Anzüg—⸗ lichkeiten des vorigen Redners gegen legitimistische Mitglieder des Ausschusses ein „Renegatenthum der Ordnung“ entgegen. Der General Lamoriciere führt einen Angriff gegen das Regierungs und Kommissions-Projekt, indem er sagt: „Es handelt sich im Au genblicke darum, die Nationalgarde des ganzen Landes zusammen zusetzen. Als materielle Macht respektire ich die Nationalgarde wenig, wohl aber als moralische, und diese würde man vernichten, wenn man ihr den Kommunal-Eharakter raubte und sie als die Armee einer poli⸗ tischen Partei, vie gerade an der Regierung ist, erscheinen ließe; ich protestire dagegen.“ Die Konimission und das Ministerium acceptiren ein Amendement von Monet und Flandin, wonach der Gemeinde-Rath sein Kontingent zum Comité selbst wählen und die Regierung nur die andere Hälfte ernennen soll. Hierdurch, ge⸗ schieht es, daß Pascal Duprat's Amendement, obschon Lamoriciere noch bemerklich macht, daß es ganz dem Gesetz von 1831 ent⸗ spreche, mit 327 gegen 286 Stimmen verworfen wird. Ein ähn liches Amendement von Mitgliedern der jungen Rechten wird auch mit 335 gegen 295 Stimmen verworfen und sodann das Amendement von Monel und Flandin angenommen. Es wird hierauf zu den Bestimmungen über die Organisation der National garde geschritten. Sie soll in Infanterie⸗Legionen mit Bataillonen, Compagnieen und Unter-Abtheilungen von Compaguieen eingetheilt werden? Die Bildung von Kavallerie⸗ und Artillerie⸗Legionen soll dem Befinden der Exckutivgewalt überlassen bleiben. Schölcher (äußerste Linke), der dies mit der absoluten Unterdrückung der Spe⸗ zialwaffen für gleichbedeutend hält, hebt die Dienste hervor, welche die pariser Artillerie⸗-Legion im Juni⸗-Aufstand 1848 geleistet, wo⸗ gegen aber von der Masorität an den 13. Juni 1849 erinnert wird. Eine heftige Scene enksteht, als der Redner die Theorie aufstellt: „Die Nationalgarde soll nicht blos die Ordnung aufrechterhalten, sondern auch, falls die Republik und die Verfassung angegriffen würden, zu deren Vertheidigung die Waffen ergreifen. (Das ist das Recht zum Aufstand! ruft man auf der Rechten.) Wenn z. B. die Exe⸗ kutiv⸗ Gewalt die Verfassung angriffe. .. Der Präsident Qu⸗ pin unterbricht den Redner: „Dann würde die National Ver⸗ sammlung sie in Anklagezustand versetzen!“ Schölcher: „Und
wird, des des deponirt vom
der
des
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wenn die National-Versammlung selbst eine Verfassungs⸗Verletzung beginge ..... dulden, Vergehens noch Schölcher berufen gestattet sein, von der Vernunft Aller an zu appelliren!“ wird des Ersteren Antrag auf Beibehaltung der Nationalgarden-Artillerie und Kavallerie verworfen und die oben⸗ stehenden Bestimmungen angenommen. tige Bestimmung über die Vorgesetzten⸗Wahl in der Nationalgarde⸗ Nach dem Reglerungs- und dem Kommissions Wahlen der Subaltern-Offiziere und Unteroffiziere direkt, Bataillons-Chefs und höheren Commandeurs dagegen indirekt, d. h. sie geschehen durch das Offizier-Corps und eine den tagnards wollen die direkte Wahl für alle Grade beibehalten wissen, doch wird obige Bestimmung votirt und sodann die Sitzung ge schlossen.
Dupin entgegnet schnell: „Ich kann nicht
daß alle konstituirten Gewalten in Verdacht des gegen die Gesetze gestellt werden.“ Nachdem
sich auf den Ärtikel 110 der Verfassung Faucher entgegnet hat: „Es kann nicht
und Leon ha die individuelle Vernunft
Es folgt sodann die wich⸗
Projekt sind die die der
gleiche Anzahl in
Compagnieen gewählter Bevollmächtigter. Mehrere Mon⸗
Paris, 26. Mai. Die Sitzung vom 23. Mai, in welcher die bei⸗
den Minister Baroche und Faucher das Gesetz vom 31. Mai zu ihrem politischen Programme erklärten, giebt heute dem Constitutton nel zu folgenden Beinerkungen Auälaß:
Mann wende die Analyse viel
zu wenig auf die Politik an, sonst würde man gefunden haben, daß es in Frankreich heutzutage Factionen, Parteien und Meinungen gebe.
„Meinungen“, sagt Veron, „so lebhaft neben ihnen Erinne⸗ rungen und Hoffnungen stehen mögen, beschäftigen sich mit der Ge⸗ genwart, sind ruhig und geduldig. Parteien repräsentiren schon die Leidenschaft der Meinungen, sie intriguiren gegen jede bestehende Regierung und finden in einer Versammlung ein weit pas⸗ senderes Terrain, als an einem Hofe. Darum können sie auch das allgemeine Wahlrecht nicht vertragen und beschrän⸗ ken es, um es schließlich ganz aufzuheben. Die Factionen endlich sind bewaffnete Parteien. Mit dem Gesetze vom 31. Mai als Fahne können die sozialistischen Factionen auf die ganze Demokratie rech⸗ nen, ohne dasselbe werden die hervorragenden Demokraten jeden Ausbruch bekämpfen und zurückhalten. Das allgemeine Wahlrecht paßt gut zu dem Glanze des Namens Louis Napoleon Bonaparte, und die Charakter⸗-Vorzüge Louis Napoleon Bonaparte's passen gut zum allgemeinen Wahlrechte. Das Gesetz vom 31. Mai schwäche, unserer Ansicht nach, diese doppelte Macht. Und dennoch hat Herr Leon Faucher, wie Herr Baroche erklärte, das Gesetz vom 31. Mat zu seinem politischen Programm gemacht. Wir hätten begriffen, daß Herr Leon Faucher am Antrittstage seines Ministeriums stolz der Versammlung seine gesammte politische Ueberzeugung vorgelegt hätte. Wir hätten es namentlich begriffen, wenn er mu— thig die Verfassungsrevision als Programm und Zweck seiner Po⸗ litit hingestellt hätte. Aber Herr Leon Faucher hütete sich aus Furcht vor dem geringsten Sturme damals wohl, des Gesetzes vom 51. Mat auch nur zu erwähnen. Unverhofft erklärte er aber, er und das Gesetz vom 31. Mai seien Seele und Leib. Vi bedauern dieses thörichte Verfahren des Ministeriums. Bin⸗ nen kurzem wird es ihm Verlegenheiten bereiten. 3 Falten seiner improvisirten Fahne gewickelt, wird es ge⸗— wiß die Freiheit des Handelns bei den großen De⸗ batten, welche die Verfassungsrevision anregen wird, einbüßen. Der Sturm wird bei der Revistonsfrage furchtbar werden, und in dem Augenblicke der gänzlichen Erschöpfung aller Parteien hätte dann das Ministerium die schöne Rolle zu übernehmen gehabt, eine neue Politik, die Abschaffung des Gesetzes vom 31. Mat, zu beantragen. Der Widerruf oder die Reviston des neuen Wahlgesetzes hätte dann sicher Versähnung bereitet. Wir wissen uns durchaus nicht die väterliche, heftige und so verspätete Zärtlichkeit Faucher's für das neue Wahlgesetz zu erklären, welches die größte Höllenmaschine ist, um auf allen Punkten Frankreichs den Bürgerkrieg anzufach en.“ Der französische Gesandte zu Rom soll den Auftrag erhalten haben, bei der päpstlichen Regierung für den Exprästdenten der re⸗ publikanischen Constituante, Karl Bonaparte, Fürst von Canino, die Erlaubniß auszuwirken, zur Abholung seiner Gemahlin auf vierzehn Tage nach Rom zurückkehren zu dürfen. . Rach der ersten Diskusston der Verfassungs-Revision, . Dauer man auf beiläufig einen Monat anschlägt, also Ende Jult oder im August, dürfte sich die gesetzgebende Versammlung vierzehn Tage Ferien geben. Thiers geht dann, wie gewöhnlich, in die Py⸗ renäenbäder, Berryer nach Vichy, welches in diesem Jahre wahr⸗ scheinlich der Sammelplatz der politischen Gesellschaft sein wird, und Molé nach Champlatreux, wo er den Besuch mehrere Nota⸗ bilitälen erwartet. Die Minister werden Paris entweder gar nicht oder nur auf kurze Zeit verlassen.
deren
General Grammont soll den Antrag, daß blos Freiwillige zum Nationalgardedienste gezogen werden sollen, auf den Wunsch des Präsidenten gestell! haben. Das Journ al des Débats veröffentlicht heute einen ihm zugesendeten National⸗ garde⸗Organisations⸗-Entwurf, dem es beinahe seinen ungetheilten Beifall schenkt. Er besteht in folgenden wesentlichen Punkten 1) Allgemeines Exerzitium durch einen Militairlehrer, aus den Strafgeldern oder einer besonderen Stench soldet würde. 2) Die Bewaffnung beschränkt auf 5 bis 7 zCl. der Gesammtbevölkerung. 3) Geldstrafen für die meisten Fälle von bis 100 Franken. ) Zuachtpolizeistrafen für gemeinsames Ei
scheinen in Uniform außer Dienst oder aufrührerische und politische Ausrufungen in Reihe und Glied. 5) Assisenprozeß für gemeinsa
mes Erscheinen unter den Waffen außer Dienst und daraus sich herleitend⸗ Gewaltthätigkeiten. .
Der Parteiverein der Rue dis Pyramides hal in seiner gestri gen Sitzung eine neue Redaction seines Revisions Antrags ange⸗ nommen. Sie lautet: „Die unterzeichneten Repräsentanten haben in der Absicht, der Nation die volle Ausübung ihrer So uverainetät zurückzustellen, die Ehre, der Versammlung den Antrag zu machen, es möge der Wunsch nach Reviston der Verfassung ausgesprochen werden.“ Bis jetzt ist diese Redaction definitiv. Man wollte heute im Konferenzsaale der National⸗Versammlung wissen, daß Broglie gestern in der Rue des Pyramides eine Re⸗ daction des Revifions-Antrages vorgeschlagen habe, welche Modi⸗ fication der Verfassung in ihrem ganzen Umfange forderte. Die angenommene Redaction ist von Cocquerel. Manchen soll aber die Fassung heute schon wieder reuen, da die „volle Souverainetät“ ber Linken leichtes Spiel geben würde, und sind wirklich bereits mehrere Unterschriften zurückgenommen worden. Man glaubt, die definitive Redaction werde wieder abgeändert werden, Der Na⸗= tional erklärt heute, auch wenn das neue Wahlgesetz abgeschafft würde, wäre er gegen Verfassungsrevision, obwohl er Manches, 3. B. die Prästdentschaft, an der Verfassung auszusetzen hätte.
Paris, 27. Mai.
der b
Paris, 28. Mai. (K. Z.) In der heutigen Sitzung der
National-Versammlung wurde das Nationalgarden⸗Gescetz vollstän⸗
dig angenommen und der Regierung zwei Jahre zur Reorganisa⸗
tion und zu den Neuwahlen bewilligt. ö Seitz der Regierung sind noch keine Revistons -Vorschläge
gemacht worden. Die Revisions-Petitionen nehmen in Paris nur geringen Fortgang.
Das Charivari ist wegen Beleidigung des Präsidenten der Republik verurtheilt worden.
Großbritanien und Irland. Ihre Majestät die Königin machte gestern J sin von Preußen und der Herzogin von Sachsen — Koburg⸗ Gotha eine Spazierfahrt ins Freie, während Prinz Albrecht mit dem Prinzen von Preußen, dem Prinzen Friedrich Wilhelm, dem Herzog von Sachsen⸗Koburg⸗-Gotha und dem Herzog Ernst von Württemberg in Hyde⸗Park spazieren ritt. Abends war Familientafel bei Hofe. Prinz Heinrich der Niederlande war gestern in Liverpool, um die dortigen Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen. Heute ist einc militairische Parade in Woolwich, welche der Prinz von Preußen mit seiner Gegenwart beehren wird.
Rußland und Polen. Warschau, 28. Mai. Warsz.! Gestern sind Ihre Kaiserlichen Majestäten und Allerhöchsten und Höchsten Gäste von Skierniewice reist. Majestät der König von Preußen trat von da die Rückreise nach seinen Staaten an und. wurde von Sr. Majestät dem Kaiser begleitet. Gleichzeitig reiste Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich nach Preußen zu⸗ rück. Der Feldmarschall Fürst von Warschau und zahlreiches Ge⸗ folge geleiteten die hohen Herrschaften. Ihre Majestät die Kaiserin traf gestern Nachmittag in Gesellschaft Ihrer Königl. Hoheit der verwötweten Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin und Ihrer Hoheiten der Prinzessinnen Agnes und Marie von Änhalt-Beßau und des Herzogs Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin wieder in Warschau ein. Bie preußischen Hof- und Ministerial⸗ Beamten, namentlich der Geheime Kabinetsrath Illaire und der Geheime Hofrath Cottel, sind in den letzten Tagen ebenfalls von Warschau abgereist.
Portugal.
15ten mit einem
London, 27. Mai. mit der Prinzes⸗
(Kur. ihre abge⸗
Se — Ql—
Lissabon, 19. Mai. (Fr. B.) Saldanha, der auf 6 Dampfschiffen eingeschifften Armee⸗ Corps in Lissabon ankam, ist zum Minister-Präsidenten mit den Portefeuilles des Innern und des Krieges ernannt worden. Ba⸗ fon de Luz und Francini bleiben auf ihren Posten. Fobral ist zum Civil-Gouverneur von Lissabon ernannt. Marschall Saldanha ist zum Oberbefehlshaber der Armee befördert. Lissabon ist voll⸗ kommen ruhig.
am
Lissabon, 23. Mai. (K. 3.) Ein neues Ministerium aus hervorragend progressistischen Mitgliedern ist gebildet. Saldanha, Minister- Präsident; Pestannag, Inneres; Loulé, Justiz; Franzini, Finanzen; Antorgia, Aeutzeres. Ein Geschwader ist nach dem Mittelmeer geschickt worden. französische Dampfboot „Anakreon“ ist hier angekommen.
Bekanntmachung. Die am 3isten d. M. stattfindende feierliche Enthüllung des
T Denkmals Sr. Majestät König Friedrich's II. giebt zu folgenden polizeilichen Verordnungen Veranlassung: . w
Il) An dem gedachten Tage sind der Pariser Platz, die Linden, der Platz am Opernhause, der Opernplatz, der Platz ar Zeughaufe, die Schloßbrücke, der Lustgarten, die Schloßfrei⸗ heit und der Schloßplatz dem öffentlichen Verkehr von früh 7 Uhr bis zur Beendigung der Feier Nachmittags gegen 3 Uhr entzogen.
2) Zuschauer werden innerhalb des mit Geländern umgebenen inneren Raumes der Linden gestattet. Die Trottoirs der Lin den und die Fahrdämme derselben müssen wegen der dort stattfindenden Aufstellungen und wegen des Durchmarsches der Truppen von Zuschauern frei bleiben. Desgleichen können Zuschauer sich im Kastanienwäldchen bis an die Höhe der Wache, am Opernhaus bis an den Grünen Graben auf⸗ stellen.
) Die nach dem Königlichen — Personen nehmen zu Fuß ihren Eingang durch das Portal Nr. 41; zu Wagen durch das Portal Nr. 3 an der Schloß freiheit durch den Schloßhof nach dem Portal Nr. 4, vor welchem die Eingeladenen ihre Wagen verlassen. Diese fah ren demnächst durch das Portal Nr. 2 und durch die Breite Straße wieder ab. Die Anfahrt nach dem Schloßportal Nr. z findet von der Jägerstraße aus über den Werderschen Markt, die Schleusenbrücke und über die Schloßfreiheit t desgleichen durch die Brüderstraße über den ch ebenfalls nach der Schloßfreiheit. Die Abholung ist selben Weise.
h) Die Königlichen und Prinzlichen Hof⸗Equipagen fal das Portal Nr. 1 in den Schloßhof Nr. 1, wenden demselben und begeben sich durch das Portal durch die Breite Straße ebenfalls wieder zurück Die Anfahrt im Palais Sr. Königlichen Hoheit des
Preußen findet am gedachten Tage nur in der
Die Abfahrt von da Markg
Schloß zum Festzug eingeladenen
von straße statt. straße.
6) Diejenigen Zuschauer, welche t
Magistrats besitzen, gelangen zu denselben renstraße nach dem hinteren Ende des Opernz sie die Tribüne auf den dort befindlichen Die Anfahrt von Wagen findet hier Maikgrafenstraße, Behrenstraße bis an die Opernplatzes; von da hinter der katholischen ð französische Straße zurück.
Zu den Tribünen in der Un den übrigen Lokalen des Universttäts gang nur von der Dorotheenstraße durch das chen in das hintere Portal des Universitats- 6)
Wagen nehmen von da den Weg hinter der am Kupfergraben entlang. 3
Zu den Tribünen in der Universitätsstrę aß der Eingang durch die Dorotheenstraße und Universitäte
straße statt. Wagen halten an der Ecke der Dorotheen
ver Universitätsstraße und fahren hinter der Sing-Akademie und dem Kupfergraben ab. Die Abholung durch Wagen findet
Weffe statt, wie die Anfahrt geordnet ist. 7) Was das öffentliche Fuhrwerk betrifft, so dürfen an dem ge
dachten Tage von früh 7 Uhr ab bis zur Beendigung der Feier
die Halteplätze auf dem Schloßplatz, im Lustgarten, mn der
Charlottenstraße, an der Ecke der Linden und Neust adtischen
Kirchstraße, in der Schadowsstraße, auf dem Pariser Plat
und in der Mittelstraße an der Ecke der Neustäbtischen
Kirchstraße von Droschken nicht besetzt werden. ö Eben .
dürfen die Omnibus-⸗Fuhrwerke den Schloßplatz n , m.
Platz am Opernhause, pie Linden und den Pariser Platz
nicht passiren.
Berlin, den 27. Mai 1851. 3. Der Polizei⸗Präsident. von Hinckeldey.
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