1854 / 65 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Zustiz⸗Ministerium.

Der Rechts Anwalt und Notar Pflesser zu Fürstenwalde ist auf seinen Wunsch in gleicher Eigenschaft an das Kreisgericht zu Friedeberg mit Anweisung seines Wohnsitzes in Driesen, versetzt

worden.

Erkenntniß des Königlichen Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenz-Konflikte vom 26. November 1853 die Unzulässigkeit des Recht s⸗ weges über den Antrag auf Wiederherstellung eines in Folge polizeilicher Anordnung nieder⸗ gerissenen Anbaues betreffend.

Auf den von der Königlichen Regierung zu Arnsberg erhe⸗ benen Kompetenz-Konflikt in der bei dem Königlichen, Kreisgericht zu S. anhängigen Prozeßsache ꝛc. 3c. K , richtshof zur Entscheidung der Kompetenz Konflikte fü: 3 echt: daß der Rechtsweg in dieser Sache für unzulässig und der erhobene Kompetenz⸗Konflikt daher für begründet zu erachten. Von Rechts wegen. ö

Gründe.

Der Kläger, Steiger H. in S., besitzt in diesem Orte ein Haus mit einem Ueberbau, welcher auf einigen Pfosten ruhte, der⸗ gestalt, daß unter dem Ueberbau der Raum frei blieb und von Wagen und Personen passirt werden konnte., Neuerdings hat nun der Kläger, ohne den Ueberbau hinauszurücken, solchen ver⸗ ändert, gleichzeitig aber den Raum zwischen den Tragepfosten zu⸗ gebaut, so daß die unter dem Ueberbau hinführende Passage un—⸗ möglich gemacht ist. Nach der Behauptung des Klägers in der Klage sind nun eines Tages im Januar 1852 der Maurermeister S, Zimmermeister K. und andere in der Klage bezeichnete Perso⸗ nen erschienen und haben widerrechtlich und eigenmächtig, wie er angiebt, die Umfassungsmauern zwischen den Tragpfeilern des Ueberbaues abgebrochen und dadurch die Passage unter dem lieber⸗ bau wieder frel gemacht. Kläger behauptet, er sei Eigenthümer des Raumes unter dem Ueberbau, und hat daher bei dem Kreis⸗ gericht zu S. die oben bezeichneten Personen mit dem Antrage verklagt: J

sie zu verurtheilen, den auf einem (der Klage beigefügten) Hand⸗ riß bezeichneten Anbau des klägerischen Hauses, soweit sie solchen niedergerissen, sofort wieder aufzubauen resp., in den Zustand wiederherzustellen, in welchem er sich vor dem Abbruch befand.

Die Beklagten beantworteten die Klage dahin, daß sie bei dem Abbruch lediglich im Auftrage des Bürgermeisters B. und des Srts—⸗ Vorstehers W. gehandelt, die ihnen befohlen hätten, den Anbau, da Klaͤger sich dessen geweigert, abzubrechen; diese Ortsbehörde sei daher allein für das Verfahren verantwortlich, und indem sie auf Abweisung des Klägers antrugen, denunzirten sie dem B. und dem W. litem.

Der Bürgermeister B. und der Ortsvorsteher W. gaben hierauf das Sachverhältniß dahin an, es sei schon früher wegen des Unter baues Streit gewesen, der dahin verglichen worden, daß Kläger oder sein Vorbesitzer die Passage unter dem Ueberhau freilassen solle, weil solche zu einem oͤffentlichen Wege gehöre. Dem entgegen habe Kläger vor einiger Zeit den Raum unter dem Ueberbau zugebaut, letzteren selbst auch, ohne ihn hinauszurüscken, verändert, hierdurch sei der Weg, der unter dem Ueherbau geführt, unmöglich gemacht, und da hieraus die größten Inkonvenienzen entstanden, so habe das Landrathsamt dem Kläger wiederholt hbe⸗ fohlen, den früheren Zustand wieder herzustellen, da er sich dessen aber geweigert, sei ihnen, als dem Ortsvorstande, vom Landrathe, der dazu auch die Genehmigung der Regierung eingeholt hahe, be fohlen, den früheren Zustand wieder herzustellen. Dies hätten sie

durch die Verklagten ausführen lassen; es liege daher weder gegen

sie, noch gegen die Verklagten, die in ihrem Auftrage gehandelt hätten, Grund zu einer Klage vor.

Bei dieser Lage der Sache erhob die Königliche Regie—⸗ rung zu Arnsberg mittelst Beschlusses vom 11. Juli 185 den Kompetenz-Konflikt, bestätigte die Angaben des Ortsvorstandes, und bemerkte, daß nach wiederholten vergeblichen Aufforderungen an den H., die freie Passage und den früheren Zustand herzustel— len, dem Kreis-Landrath aufgegeben sei, solches bewirken zu lassen; dies sei geschehen, die Klage bezwecke die Aufhebung einer von der Polizeibehörde in den Gränzen ihrer Befugnisse erlassenen und im Wege der administrativen Execution in Vollzug gesetzten Anord— nung; hiergegen sei ein Prozeß auf Herstellung der abgebrochenen Ummauerung um so mehr unstatthaft, als es sich um einen öffent⸗ lichen Weg handle; allein selbst wenn es sich um ein Privat-Eigen—

thum handelte, würde immer nicht auf die Sperrung des Weges

und Herstellung der Absperrung, sondern nur auf Entschädigung geklagt werden können, denn es handle sich hier um Freigebung einer für nothwendig erachteten Passage, und wenn folche von

Landes Polizeiwegen angeordnet sei, so könne nicht ein Prozeß auf Absperrung angestellt werden.

Kläger hat hierauf nicht zu bestreiten vermocht, daß ihm vom Landrath und Orts-Vorstande, ehe der Abbruch durch die Verklag— ten bewirkt worden, aufgegeben sei, solchen selbst zu bewirken, er bestreitet aber, daß es sich hier um einen öffentlichen Weg handle da er vielmehr früher nur gestattet habe, daß man unter seinem Ueberbau wegfahre, es handle sich hier um sein behauptetes und im Prozeß nachzuweisendes Privateigenthum, und da auch das Gesetz vom 11. Mai 1842 Klagen wider polizeiliche Anordnungen, sobald es sich um ein dagegen behauptetes Eigenthumsrecht handle, zulasse so müsse dem Prozeß Fortgang gegeben werden.

Das Kreisgericht zu S. hält die Klage für unstatthaft und bemerkt, daß es solche gar nicht eingeleitet haben würde, wenn Klä⸗ ger das Sachverhältniß richtig angegeben hätte, und dem ist auch das Appellationsgericht zu Arnsberg beigetreten.

Man kann es dahingestellt sein lassen, ob der Raum unter dem Ueberbau ein öffentlicher Weg ist, oder ob er zum Privat— Eigenthum des Klägers gehört, der und dessen Vorbesitzer die Pas⸗ sage unter ihrem Ueberbau connivendo oder als ein Privat⸗Ser⸗ vitut gestattet haben. Denn auch, wenn man mit dem Kläger an⸗ nehmen will, daß der qu. Raum ihm eigenthümlich gehöre, war die Landespolizei⸗Behörde befugt, aus Gründen des öffentlichen Wohles und zur Herstellung einer nothwendigen Passage die Absperrung zu verbieten, und gegen eine solche landespolizeiliche Anordnung findet keine auf Aufhebung der Anordnung gerichtete Klage gegen die Ortsobrigkeit oder deren Beauftragte, sondern nur eine Entschä— digungsklage, wenn solche sonst begründet werden kann, statt. Klä⸗ ger hat nun, und zwar ohne dazu eine polizeiliche Bau-Erlaubniß erlangt zu haben, die Passage abgesperrt, und die Landespolizei⸗ Behörde ist, so wie sie befugt war, den Bau zu untersagen, ebenso, nachdem er ausgeführt worden, den Wiederabbruch anzuordnen be⸗ fugt, und da Kläger solches der Aufforderung ungeachtet nicht selbst vorgenommen hat, so war die Regierung, der Landrath und die Ortsbehörde befugt, im Wege der administrativen Execution den Abbruch vornehmen zu lassen. Der Klageantrag geht dahin, dies wieder aufzuheben und die Absperrung der von der Regierung für nothwendig erachteten Passage herzustellen; eine solche Klage gegen eine landespolizeiliche Maßregel ist unstatthaft. , .

Das Gesetz vom 11. Mai 1842 §8 1 läßt zwar den Rechts⸗ weg gegen landespolizeiliche Anordnungen zu, wenn Lie Verletzung eines zum Privat- Eigenthum gehörenden Rechts behauptet wird, allein, wie es ausdrücklich heißt, unter den nachfolgenden Modift= cationen, und eine solche drückt der 5. 4 des Gesetzes am Schlusse in den Worten aus: ö

„eine Wiederherstellung des früheren (auf landespolizeiliche Anordnung abgeänderten) Zustandes kann niemals verlangt werden, wenn solche nach dem Ermessen der Polizeibehörde un—

Dieser Fall liegt hier vor, die Polizei-Behörde erachtet die Herstellung der Absperrung der Passage aus Gründen des Gemein— wohls für unzulässig, auf diese Herstellung kann daher keinesfalls, wie Kläger thut, geklagt werden.

Der Kompetenz⸗-Konflikt erscheint daher begründet und Klage unstatthaft.

Berlin, den 26. November 1853.

Königlicher Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenz-Konflikte.

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die

Vt edizin al

Der Kreis-Chirurgus Ja ecke! zu Rheinbach, Regierungs Bezirks Köln, ist in den Kreis Adenau, Regierungs⸗ Bezirks Koblenz, mit Anweisung seines Wohnorts in Kelberg, versetzt; so wie

Der Thierarzt erster Klasse K. Karschäkel zum Kreis-Thier— Arzt im Kreise Löbau, Regierungs-Bezirks Marienwerder, ernannt; und

Die Anstellung der Lehrer Ludwig Hermann Bergemann und Albert Ferdinand Zarnikow als ordentliche Lehrer an der Friedrich-Wilhelms-Schule zu Stettin genehmigt worden.

Akademie der Küuste. Diesjährige Preisbewerbungen bei der Königlichen

Akademie der Künste.

1. Große akademische Preisbewerbung in malerei.

In Gemäßheit des Statuts der von des hochseligen Königs Majestät gestifteten Preisbewerbungen in der Malerei, Skulptur und Baukunst ist die diesjährige Konkurrenz für die Geschichts⸗

malerei bestimmt. Alle befähigten jungen Künstler, insbesondere

die Schüler der unterzeichneten Akademie der Künste zu Berlin,

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so wie die Schüler der Königlichen Kunst-Akademieen zu Düssel— dorf und Königsberg, werden eingeladen, sich bei dieser Preis⸗ bewerbung zu betheiligen. Um zus den Prüfungs Arbeiten zu— gelassen zu werden, müssen die sich meldenden Künstler ent⸗ weder die akademische Medaille im Aktsaal gewonnen und die bei der Akademie vorgeschriebenen Studien gemacht haben, oder ein Zeugniß der Fähigkeit von den Direktoren der Kunst-Akademieen zu Düsseldorf und Königsberg oder von einem ordentlichen Mitgliede der unterzeichneten? Akademie, in dessen Atelier sie gearbeitet haben, beibringen. Die Meldungen zu dieser akademischen Preisbewerbung müssen bei dem Direktorat der hiesi⸗ gen Kunst-Akademie bis zum 29. April d. J. persönlich erfolgt sein. Die Prüfungs-Arbeiten beginnen am 1. Mai d. J. Dle Hauptaufgabe wird am 8. Mai ertheilt. Die fertigen Konkurrenz— Arbeiten müssen am 12. August d. J. abgeliefert werden. Die Zuerkennung des Preises, einer Penfson von jährlich 500 Rthlrn. für drei auf einander folgende Jahre zu einer Studienreise nach Italien erfolgt bei der akademischen Feier des Allerhöchsten Ge— burtsfestes Seiner Majestät des Königs. Berlin, den 1. März 185141. Königliche Akademie der Künste. Professor Herbig, Vice -Direktor.

1 1.

Keonkutren n der Maleret um den Meeis den Michael Beer schen Stiftung.

Der zu München 1833 verstorbene Dichter Michael Beer aus Berlin hat durch testamentarische Verfügung eine Allerhöchst geneh— migte Stiftung begründet, um unbemittelten Malern und Bild— hauern jüdischer Religion den Aufenthalt in Italien zur Aus— bildung in ihrer Kunst durch Gewährung eines Stipen— diums zu erleichtern, welches dem Sieger einer jährlich statt— findenden Preisbewerbung zu Theil wird, mit deren Ver⸗ anstaltung der Senat der unterzeichneten Königlichen Akademie der Künste nach dem Wunsche des Stifters beauftragt worden ist. Demgemäß wird hierdurch bekannt gemacht, daß Lie diesjährige Konkurrenz um den Michael-Beerschen Preis, unabhängig von der gleichzeitigen großen akademischen Preisbewerbung, ebenfalls für Werke der Geschichtsmalerei bestimmt ist. Die Wahl des darzu— stellenden Gegenstandes bleibt dem eigenen Ermessen der Konkurren⸗ ten überlassen; doch müssen die, Bilder ganze Figuren enthalten, akademische Studien aus denselben ersichtlich sein, eine Höhe von wenigstens 3 Fuß und eine Breite von 25 bis 245 Fuß haben und in Sel ausgesührt sein. Unter Umständen kann selbst eine einzelne Figur genügen. Der Termin für die Ablieferung der zu dieser Konkurtenz bestimmten Oelgemälde an die Akademie ist der 16. Sep— tember d. J. und muß jedes mit folgenden Attesten versehen sein: 1) daß der namentlich zu bezeichnende Konkurrent sich zur jüdischen

Religion bekennt, ein Alter von 22 Jahren erreicht hat und

Zögling einer deutschen Akademie ist;

daß die eingesendete Arbeit von ihm selbst erfunden und ohne fremde Beihülfe von ihm ausgeführt worden ist.

Die Zuerkennung des Preises, eines einjährigen Stipendiums von 500 Rthlr. zu einer Studienreise nach Rom, erfolgt ebenfalls in der öffentlichen Sitzung der Akademie bei der diesjährigen Feier des Allerhöchsten Geburtsfestéss Sr. Majestät des Königs.

Berlin, den 1. März 1854.

Königl. Akademie der Künste. Professor Herbig, Vice -⸗Direktor. Ministerium des Innern.

n *

ö rr. Neunundzwanzigste Sitzung am 17. März 1854 Börnmittgag ) hr.

1) Bericht der Kommission XIX. über vie Anträge der Abgeord

neten von Below und von Meding, betreffend das Preß⸗ gesetz vom 12. Mai 1851. Bericht der Kommission XVIII. über den Antrag des Abgeord— neten Grafen zu Dohna-Lauck, betreffend die Abänderun⸗ gen der Artikel 73, 76 und 99 der Verfassungs-Urkunde vom 31. Januar 1850.

3) Bericht der Handels -Kommission über den Gesetz⸗ Entwurf, betreffend die gewerblichen Unterstützungs-Kassen.

4) Dritter Bericht der Petitions-Kommission.

ö n n Fünfunddrelßigste Sitzung am 17. März 1854, Vormittags 10 Uhr.

1) Bericht der Justiz-Kommisslon über den Gesetz⸗Entwurf be⸗

treffend die Eheschließung und die Beurkundung des Per⸗—

/

sonenstandes evangelischer preußischer Unterthanen in außer— europäischen Ländern.

Bericht der Kommission für Finanzen und Zölle über Petitionen. Zweiter Bericht der Kommission für Handel und Gewerbe über verschiedene Petitionen.

Dritter Bericht der Petitions-Kommission.

Bericht, der Kommission zur Prüfung des Staatshaushalts— Etats über die Etats der Domainen- und Forst⸗Verwaltung, der Central-Verwaltung für Domainen und Forsten, des Ministeriums für landwirthschaftliche Angelegenheiten und der Gestüt⸗Verwaltung pro 1854.

Angekommen: Se. Durchlaucht der Fürst Peter zu Sayn⸗Wittgenstein-Berleburg, von München.

Se. Excellenz der Herzoglich anhalt-deßau-röthensche Staats⸗ Minister, von Goßler, von Cöthen. Se,. Excellenz der General -Lieutenant und Commandeur der Ften Division, von Hirschfeld II., von Magdeburg.

S i ch t amtliches.

Preußen. In der Stadt Jacobshagen, Regierungsbe—

zirk Stettin, und in der Stadt Werben, Reglerungsbezirk Magde— burg, ist die Städte-Ordnung vom 30. Mai 1853 vollständig ein— geführt worden. Oldenburg, 13. März. Se. Kaiserliche Hoheit der Erz⸗ herzog Stephan ist nach einem zehntägigen Aufenthalt am hie⸗ sigen Hofe wieder abgereist. Vor einigen Tagen traf der Kaiserlich russische außerordentliche Gesandte v. Struve, welcher in Ham⸗ burg residirt, hier ein und hatte eine Audienz bei Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzoge. Gestern wohnte derselbe der Parade J I

Altenburg, 12. März. Die gestern ausgegebene Nummer der Gesetz-Sammlung enthält ein Patent vom 27. Februar, mit— telst dessen die neue Strafprozeßordnung nebst einer Ge⸗ bührentaxe für die Verhandlungen in Strafsachen zur Publication gebracht wird. Die Strafprozeßordnung umfaßt 338 Artikel.

Als Gerichts-Behörden werden in Strafsachen danach künf—

tig thättg fein: die ntricht?, mn en, , . Unter -Behörde ein Aktuar besonders bestellt wird; die zwei kollegialisch eingerichteten Kriminalgerichte zu Altenburg und Roda; ein besonders zu konstituirender größerer Gerichtshof; endlich das Appellations- und Ober -Appellationsgericht. Eine Mitwirkung von Geschworenen findet bei keinem dieser Gerichte statt. Dagegen wird bei jedem der Kriminalgerichte ein Staats Anwalt angestellt. In Rücksicht auf das Strafverfahren zerfallen die Verbrechen in Verbrechen im engeren Sinne und in Ver— gehen. Zu den letzteren werden alle geringeren Verbrechen ge⸗ rechnet, die mit einem Strafsatz von höchstens sechs Wochen bedroht sind, ferner alle Ehrenkränkungen, geringeren Körperverletzungen und Forstpolizei-Vergehen. Die Untersuchung und Bestrafung die ser

Vergehen erfolgt von den Einzelrichtern von Amts wegen oder bei den nur auf Antrag eines Betheiligten strafbaren Vergehen

auf Antrag des betheiligten Privat -Anklägers ohne Hinzutritt

eines Staats-Anwalts. Bei allen anderen, vor Kriminalgerichte

gehörenden Verbrechen im engeren Sinne tritt die Staats-Anwalt⸗

schaft nach den Grundsätzen des Anklage-Prozesses als öffent⸗

liche Anklägerin auf. Stehen Verbrechen in Frage, welche mit mehr als 4jährigem Arbeitshause, mit Zuchthaus oder Todesstrafe bedroht sind (in dem Gesetz Verbrechen 1ster Klasse genannt), so

werden die Kriminalgerichte, unter Zutritt von Mitgliedern des Appellationsgerichts, von 3 auf 5 Mitglieder verstärkt und so der oben erwähnte besondere Gerichtshof gebildet. Die Hauptverhand⸗

lung ist sowohl in den Sachen, die vor die Einzelrichter gehören, als vor den Kriminalgerichten öffentlich und mündlich. Durch das

Publications-Patent ist übrigens noch angeordnet, daß die unbe— gründete Immunität der Landtagsabgeordneten von kriminalrecht⸗

licher Verfolgung zugleich mit Einführung der neuen Strafprozeß⸗

Ordnung aufhört. Gleichzeitig hiermit ist auch ein Gesetz publi⸗ zirt, welches den privilegirten Gerichtsstand für Personen und

Hüter aufhebt. Ausgenommen hiervon ist nur die Militair⸗Ge⸗ richtsbarkeit über in aktivem Dienst stehende Militairpersonen,

und der persönliche Gerichtsstand für die Dirigenten der unteren

Justizbehörden, welcher dem Justizkollegium verbleibt, jedoch immer

urch dazu zu kommittirende Unterbehörden auszuüben ist. Ferner

verbleiben auch die Eheirrungen und Streitigkeiten über Aufbrin⸗

gung kirchlicher Lasten, insofern die letzteren sich nicht auf besondere Riechtstitel stützen, bei dem Konsistorkum. Ingleichen verbleibt es

auch hinsichtlich des Landesherrn und der Glieder des Herzoglichen Hauses bei den bisherigen grundgesetzlichen Bestimmungen. Der Tag, mit welchem beide Gesetze in Kraft treten werden, ist noch nicht besätimmt. Jedenfalls wird derselbe nicht eher festgesetzt werden, bis auch die neue Organisation der unteren Gerichtsbehörden voll⸗ endet ist. Nach dem Stande der Vorbereitungsarbeiten ist die Vollendung dieser Organisation in nicht zu lange Ferne gerückt.