1855 / 188 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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des letzten italienischen Krieges gerade die Herrscher, welche er so sehr unter feine Protection nehme und als Freunde der Ruhe und Ordnung vertheidige der Papst nämlich und der König von Neapel große Streitkraͤfte aussandten, um zu Gunsten der Revolution zu kämpfen, die Fremden aus dem Lande zu jagen und ein einiges Italien herzustellen. Diese Truppen seien später entlassen worden, hätten jedoch seines Wissens nirgends Unruhen angestiftet oder den Frieden Italiens gestört. Seiner Ansicht nach würde jeder wahre Freund der gegenwärtigen römischen und neapolitanischen Regierung diesen Negie⸗ rungen einen weit größeren Gefallen thun, wenn er ganz über sie schwiege, als wenn er den Versuch machte, ihr Benehmen zu vertheidi⸗ gen. Er könne dem Vorredner versichern, daß er sich vollständig äber die Zustände des Kirchenstaates und Neapels und über das dort herrschende Regierungs-System täusche. Freilich sage der ehrenwerthe Herr, es sei nicht grausam, wenn man den Leuten den Kopf abschlage (Heiterkeit). Das sel Geschmackssache. Doch lasse sich sehr viel Grausam⸗ keit ausüben, ohne daß man die Opfer derselben geradezu tödte, und daß sehr große Grausamkeiten in den beiden erwähnten Staaten begangen worden, sei aller Welt bekannt. Das Benehmen der britischen Regierung Italien gegenüber sei durchaus zu rechtfertigen. Lord Minto sei nach Italien gegangen, um mit den Regierungen, die geneigt gewesen seien, seinen Rath anzuhören, Rücksprache zu nehmen und ihnen ein ruhiges, leidenschaftloses, beharrliches Fortschreiten auf dem Wege der administra— tiben Verbesserungen anzuempfehlen. Er habe ihnen gerathen, alle übereilten Schritte zu vermeiden, die zu einer Krisis führen könn— ten, und erst die Verwaltung zu verbessern, ehe sie an eine Ver— besserung der Verfassnng dächten. Lord Minto habe keinerlei Din⸗ gen Vorschub geleistet, die er öffentlicht mißbilligt habe, und sein ganzes Benehmen sei gerade und offen gewesen, und jeder seiner Schritte vertrage die strengste Prüfung.“ Auch Herr Freeborn, der britische Konsul in Rom, habe der päpstlichen Regierung große Dienste geleistet. Als nach Einzug der Franzosen in Rom die Revolution unterdrückt und der Republik ein Ende gemacht worden sei, würden biele seiner Männer, deren tapfere Vertheidigung der Stadt allgemeine Bewunderung erregt habe, als Opfer der Rache gefallen oder die Instrumente ihrer eigenen Rache geworden sein. Entweder würden sie nach Wiedereinsetzung der Regierung hart bestraft oder die Opfer der Privatrache in Folge von Raub und Plünderung geworden sein. Der britische Konsul habe diesen Männern mit Gutheißung der britischen Regierung Pässe gegeben und dadurch Rom von Elementen innerer Ge— fahr befreit. Was die gegenwärtigen Zustände Roms angeht, fährt der Redner fort, so hege ich nicht den Wunsch, mich auf eine Diskussion über die Handlungen einer fremden Regierung einzulassen; doch darf ich wohl sagen, daß die Regierungen Englands, Frankreichs, Rußlands und Oesterreichs der päpstlichen Regierung schon im Jahre 1832 gewisse Maßregeln anempfahlen, die sich, wären sie angenommen worden, als sehr segensreich erwiesen und viele seitdem vorgekommene Uebel verhütet haben würden. Eine der damals angerathenen Maßregeln war die so— nannte Säkularisation der administrativen und exekutiven Körper— schaften. Es liegt auf der Hand, daß die Staats-Angelegenheiten in

einem Lande nicht gedeihen können, wo die Verwaltung und die ver-

schiedenen Gerichte unter Leitung der Priesterschaft stehen, und wenn das mit Bezug auf jede Priesterschaft wahr ist, so muß es ganz beson— ders wahr sein mit Bezug auf die katholische Priesterschaft, weil schon die Eigenthümlichkeit des katholischen Priesters seine Abgeschiedenheit von allen weltlichen Angelegenheiten, in so fern er nicht Gatte und Vater sein darf und jenen gesellschaftlichen Banden fremd ist, welche sonst den Menschen in der Regel mit seinen Mitmenschen verbinden ihn noch ungeeigneter als jeden anderen Priester macht, der exekutive und administratibe Agent einer Regierung in allen ihren Verzweigungen zu sein. Der ehrenwerthe Herr ist durchaus falsch berichtet, wenn er sagt, daß kein Druck in den römischen Staaten ausgeübt worden ist. Die Ge— fängnisse in jenen Staaten beherbergen noch immer eine große Anzahl von Gefangenen.

12. August. Die Königin wird morgen zu Osborne auf der Insel Wight eine Sitzung des geheimen Raths halten, in welcher die Prorogations⸗Rede ihre endgültige Fassung er— hält. Die Prorogation des Parlaments findet am Dienstag statt. Die Königin verläßt Osborne am Donnerstag in Begleitung Lord Clarendon's und gedenkt am Sonnabend in Paris einzutreffen.

Die Rückkehr Ihrer Majestät erfolgt zehn Tage später. (K. 3.)

Spanien. Nach einer Depesche aus Madrid vom 10. August ist der Termin für die freiwilligen Unterzeichnungen auf die Anleihe von 230 Millionen Realen bis zum 31. August verlängert worden. Die Zeichnungen haben guten Fortgang.

Türkei. Aus Aexandrien wird vom 28. v. M. geschrie— ben: „Die vom Vize-König von Aegypten selbst geführte Expedition gegen die aufrührerischen Beduinen hat ihren Zweck vollkommen erricht; die Rebellen haben sich in die Wüste zurückgezogen. Said Pascha, der sie dorthin nicht verfolgen wollte, hat zwei Compagnieen Kavassen aus Kairo kommen lassen und sie bis auf Weiteres dem Gouverneur von Ober⸗Aegypten zur Verfügung gestellt; er selbst ist nach Alexandrien . Es sind genug Truppen an Ort und Stelle, um die Ruhe im Fayum und den angrenzenden Distrikten ungestört zu erhalten. Ueberdies können die Beduinen um diese Jahreszeit nicht lange entfernt vom Nilthale bleiben und werden daher aller Wahrscheinlichkeit nach sich bald freiwillig unter⸗ werfen. Dagegen werden Ruhestörungen im Sudan befürchtet, woselbst sich eint nur ungenügende Truppenmacht befindet.

Der „Sinai“ ist mit Nachrichten aus Konstantinopel vom

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2. August und aus der Krim vom 31. Juli in Marseille am 11. August eingetroffen. Danach waren ungeheure Massen von Wurfgeschossen in die Laufgräben gebracht worden; doch waren noch mancherlei Vor? kehrungen nöthig, bevor zu einem neuen Angriffe auf den Malag— koff⸗Thurm geschritten werden kann. Die „Presse d' Orient“ be— merkt, daß 56 Batterieen allein für den Angriff auf dem linken Flügel in Entfernungen von 50 bis 120 Metres von den feind lichen Werken errichtet worden seien. Bei Abgang des „Sinai“ weilte Omer Pascha noch immer in Konstantinopel. Die Türken verschanzen sich an der Donau. Die Schifffahrt an der Sulina⸗ Mündung wurde durch Räuber unter— brochen; der Donau Handel ruft den Schutz der ver⸗ bündeten Mächte an, damit die Schifffahrt die nöthige Sicherheit erhalte. Zwischen den Befehlshabern der türkischen Truppen und der österreichischen Militairbehörde in den Donau— fürstenthümern sind Mißhelligkeiten ausgebrochen, da letztere die Zumuthung wagte, daß sie im Voraus von allen militairischen Operationen, welche die Türken etwa vornehmen wollten, unterrich— tet werde. Laut Nachrichten von der asiatischen Küste ist es den russischen Truppen, die Anapa vor zwei Monaten räumten, endlich gelungen, über den Kuban zu gehen, so daß sie jetzt ihren Rückzug, ohne Furcht, abgeschnitten zu werden, vollenden können. Sefer Pascha organisirt eine tscherkessische Miliz; aber Schamyl bleibt noch immer im Gebirge und zeigt keine Neigung zu einer Diversion; Kars leistet noch immer Widerstand. Die Armee, welche dasselbe vertheidigt, steht noch in ihrem verschanzten Lager.

Aus Marseille vom 11. August wird ferner gemeldet, daß General Canrobert sich nicht an Bord des „Sinai“ befand. Es bestätigt sich, daß das Haus Rothschild der Pforte 10 Millionen zu 6 Prozent zu leihen zugesagt hat. Die reformistischen türkischen Minister wollen aus dem Divan alle diejenigen Mitglieder, welche den Reformen abhold sind, entfernt wissen; ein neuer Minister—

wechsel steht also in Konstantinopel in Aussicht. Die Dardanellen—

stadt erfreute sich endlich wieder der Ruhe; die Baschi⸗Bozuks raubten und plünderten jedoch noch in der Umgegend und brann— ten die benachbarten Dörfer nieder. Auch in der zu Konstantinopel gebildeten englischen Legion sind zahlreiche Desertionen erfolgt. Diese Legion soll nach Schumla geschickt werden.

Aus Trapezunt, 24. Juli, wird dem „Moniteur“ nach Briefen aus Erzerum vom 17. gemeldet, daß die Russen, welche noch immer anderthalb Wegstunde von Kars lagern, durchaus nicht die Entschlossenheit zeigen, diese Festung anzugreifen; da sie Kunde erhalten, Kars sei nur auf vier Wochen verproviantirt, so suchten sie alle Zufuhren aufzufangen und hofften, die Garnison auf diese Weise zur Uebergabe des Platzes zu nöthigen. Schereff Pascha, der nach der Schlacht von Indschedere zum Gouverneur von Kars ernannt und dann mit der Aussicht über die Getraide-Magazine in Dscheni-Kuni betraut worden war, ist auf Geheiß des Ober⸗ Befehlshabers Vassiff Pascha verhaftet worden, da er auf die Kunde vom Anrücken der Russen sofort alle Vorräthe verkauft hatte und nach Erzerum enflohen war. Die Russen scheinen die bajazider Straßen gänzlich verlassen zu haben, so daß die Wege nach Persien wieder frei sind und der Handel dahin wieder eröffnet werden könnte, wenn die Räubereien der Kurden nicht zu fürchten wären. Die Berichte aus Batum sind ohne Interesse. Das dort wie an den übrigen Küstenpunkten stehende türkische Corps ist an Regu— lairen etwa 19,900 Mann stark. Hafis Pascha, der sich in Baibut befindet, hat 3⸗ bis 4000 Mann nach Erzerum geschickt.

Nach Privatmittheilungen der „Pr. C.“ aus Smyrna vom Isten d. Mts. hatte man dort die Nachricht aus Trapezunt, daß der Pascha dieses Orts mit 20,900 Mann Baschi-Bozouks zur Verstärkung des von Mustapha Pascha befehligten Heeres ausgerückt war, daß aber sein Miliz-Corps nach achttägigem Marsch nicht weniger als 12,000 Mann „durch Desertion verloren hatte. Ueberhaupt zeigt sich in allen türkischen Militair-Depots mehr oder weniger die Unmöglich— keit, diese mit so ungeheuren Kosten zusammengebrachte Miliz der Baschi⸗-Bozouks zu organisiren und nach Bedarf zu verwenden. In der Gegend von Smyrna war man eben mit Einbringung der Getreide⸗-Ernte beschäftigt, die bedeutend reichlicher ausgefallen ist, als man erwartet hatte.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 7. August.

Laut Bekanntmachungen des St. petersburger Militair-General⸗ Gouverneurs nahm die feindliche Flotte während der Tage vom 19. 23. Juli (vom 31. Juli bis 4. August) keine Bewegungen n, den ersteren drei Tagen war sie zeitweise in Nebel gehüllt. ; Zur Ver vollständigung der telegraphischen Depeschen vom 11. (23.) und 15. (27.) Juli über den Gang der Belagerungsarbeiten vor Sebastopol werden hier folgende, aus dem durch den General⸗ Adjutanten Fürsten Gortscha ko ff eingelieferten Kriegsjournal vom 19. (22.) bis zum 14. (263 Juli ausgezogene Mittheilungen ver⸗ öffentlicht:

Während der genannten Zeit beschoß der Feind wie früher Nacht und Tag die Festungswerke är dr tel 6 c , .

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er dann und wann gegen einzelne Theile der Vertheidigungslinie ver— siürkte. Gegen die Stadt wirkte der BVelagerer parabolisch, indem er eine überaus große Menge verschiedener Wurfgeschosse und Raketen hin— einschleuderte. Eine so hartnäckige und andauernde Kanonade und Bom⸗ bardirung, zu denen sich noch das ununterbrochene und. sehr starke Büchsen⸗ feuer gesellte, hinderten die tapfere Garnison Sebastopols nicht daran, pie Beschädigungen in den Werken auszubessern, an manchen Stellen neue Vatterieen zu errichten, wirksame Maßregeln zur Verstärkung der inneren Vertheidigung der Stadt zu ergreifen, und mit Benutzung günstiger Um⸗ fände, in kleinen Schaaren Ausfälle gegen die nächstgelegenen Logements bes Gegners zu machen. Unsere Artillerie fährt mit vollkommenem Er— folge fort, dem Belagerer entgegenzuwirken, . Zu dieser allgemeinen Skizze fügt. der General. Adjutant Fürst Goxt⸗ schakö ff nachstehende Einzelnheiten über die Operationen beider Theile: 16. Juli. Um 8 Uhr Morgens lieferten wir links vor der Bastion Nr. 4 eine sehr gelungene Guetschmine gegen die feindlichen Trichter. Zeinerseits sprengte der Belagerer gleichfalls zwei Minenherde, ohne uns doch Schaden zuzufügen; außerdem vereinigte er, durch einen allgemei⸗ nen Laufgraben die Logements gegenüber der Bastion Korniloff. erhöhte und berdichtete die Approchen gegen die Fte Aktheilung der, Vertheidi⸗ inie und warf zwei neue Laufgräben vor der Bastion Nr. ö. Die Festungs-Artillerie hatte diese Arbeiten durch ihre Schüsse Gegen 10 Uhr Abends und 2 Uhr Morgens geschahen zwei

gungsl auf. erschwert.

Allarmirungen, die durch ein zufälliges Zusammenstoßen unserer und

der feindlichen Lauerposten veranlaßt waren. Von beiden Seiten eröff—

neten die Schützenketten das Feuer, worauf. ein starkes Bataillen- und Geschütztkeuer auf der ganzen Linie erfolgte, das etwa eine halbe Stunde dauertt. Man bemerkt, daß der Feind verstärkte Arbeiten an der Stre— letzüicht ausgeführt hat. 11. Juli. Den Tag über war die Kang— nabe des Gegners sehr stark; unsere Werke agirten sowohl gegen die das Feuer unterhaltenden Batterieen als auch gegen die nächstgelegenen Arbelien des Belagerers. Von der Nordseite Sebastopols wurde gegen bie Approchen vor der Bastion Nr. 2 gefeuert und dadurch 6 Raum zwischen den ehemaligen Redouten Sselenginst und Wo⸗ ihnsk und der Bucht gesäubert. Der Belagerer begann Approchen auf dem grünen Berge anzulegen, verdichtete und erhöhete etwas die Tranchee bor der Korniloff-Bastion und führte zwei neue Logements für Schützen gegenüber der Bastion Nr. 2 auf. 12. Juli. Nach einer zu Zeiten heftigen Kanonade und Bombardirung, vorzüglich gegen die Karabelnaja⸗ Seite, machte der Feind links vom Kapital der Vastion Nr. 4 eine Spren⸗ gung, ohne daß es ihm gelungen wäre, unsere Gallerieen zu beschädigen. Seine Arbeiten bestanden in der Beendigung der Tranchee vor der Bastion Korniloff. In der Nacht vom . 2. auf den 1 uli gegen 2 Uhr Morgens rückten unsere Freiwilligen, unter Kommando des Stabs⸗ Capitains Bratkowski, unterstützt durch eine Compagnie des Jäger- Regiments Krementschug, hinter welcher zwei Compagnieen des Jäger-Negiments Alexopol, in voller Bereitschaft standen, aus der Baftion Nr. 2 aus, warfen sich ungestüm auf das mittlere Logement des Belagerers vor der genannten Bastion, trieben den Feind heraus und zerstörten das Logement; unser Verlust bei diesem Ausfall bestand aus J Todten und 18 Verwundeten (unter diesen auch der Stabs-Capitain

Bratkomskis, der Verlust des Feindes muß beträchtlicher sein, da seine q

Reserven bei der Abwehr unseres Angriffs unter das Feuer der Festungs⸗ werke und eines Dampfers geriethen. 13. Juli. Der Belagerer hat durch berstärktes Feuer besonders gegen die 3te und Hie Abtheilung der Vertheidigungslinie agirt, jedoch keine neuen Approchen aufgeführt, wahr— scheinlich, weil das siarke Feuer unsrer Werke ihn daran verhinderte.

Der locum tenens Ataman des donischen Heeres, General Ajutant Chomutoff, berichtet unter dem 19. (31.) Juli Fol⸗— gendes:

Den 11. Juli Abends kam ein Schrauben-Kanonierboot vor Ta⸗ ganrog und schoß auf die Stadt. Es wurde in der Kathedrale gerade der Nachtgottesdienst gehalten; eine Kugel von großem Kaliber schlug in die äußere Altarwand, ohne daß der Tempel besonders beschädigt wurde; die Stuckatur löste sich und der im Tempel befindliche Protohierei Sseboff erhielt dadurch einen Stoß. Der Gottesdienst nahm trotz dieses Schusses

seinen Fortgang und keiner von den Andächtigen verließ die Kirche.

Mit Einbrüch' der Nacht steuerte das Kanonierboot zur Kri— waja-Kossa und gerieth daselbst 40 Faden vom Ufer auf den Grund. Sobald der Heeresälteste Afanassjeff davon Kunde erhielt, traf er mit einer Ssoinie des donischen Kosaken-Regiments Nr. 70 an Ort und Stelle ein, ließ die Kosaken absitzen, postirte sie hinter den

Unebenheiten des Ufers und eröffnete gegen das Boot ein Gewehrfeuer,

welches die Mannschaft verhinderte, dasselbe flott zu machen. Seinerseits begann der Feind aus den Geschützen auf die Kosaken zu feuern, allein diese Kanongde währte nicht lange, weil das Wasser durch den starken Ostwind immer seichter wurde und das Boot dadurch noch mehr auf die Seite zu liegen kam. Inzwischen kam ein feindliches Dampfboot von großem Umfange, um Hülfe zu leisten, ziemlich nahe ans Ufer heran und eröffnete gleichfalls eine starke Kanonade, wobei es zugleich alle mögliche Mühe anwandte, um das auf den Grund gerathene Schiff zu retten. Inzwischen war der Commandeur des Regiments Nr. 70, Oberst- Lieutenant Demjanow, mit noch zwei Ssotnien seines Regi— ments zur Kriwaja-Kossa geeilt, ließ die Kosaken absitzen und verstattete dem Feinde, auf den er unausgesetzt feuern ließ, nicht, auf dem Verdeck zu arbeiten. Nach langem Hin- und Wiederschießen begann die Mann⸗ schaft des Kanonierboots, welche die Hoffnung, es zu retten, verloren hatte, sich auf die Schaluppen zu begeben, ohne daß sie bei dem starken Gewehrfeuer der Kosaken auch nur die Flagge herunternehmen konnte, Da warfen sich an 20 Mann Kosaken ins Wasser, schwammen an das mit den Wellen kämpfende Fahrzeug, und bemächtigten sich desselben, trotz des heftigen Feuers vom Dampfboote, nahmen die große und kleine Flagge ab, brachten zwei 24pfündige kupferne Kanonen heraus und zündelen das Boot an, welches auch bis zum Boden verbrannte.

Das Boot hatte 3 Masten und 120 Fuß Länge: als die Kosaken Hand daran legten, entfernte sich das Dampfschiff. Der vom Brande unver⸗ sehrt gebliebene Theil des feindlichen Fahrzeuges begann sich mit Sand zu füllen; die Kosaken strengten sich an, eint Bomben⸗-Kanone und die Maschine herauszunehmen, allein das bot große Schwierigkeiten dar. Die beiden kupfernen Kanonen befahl ich nach Nowotscherkask zu schaffen. Während der ganzen Affaire wurden unsererseits, Gott sei Dank, nur 3 Kosaken verwundet. So eben erhalte ich Nachricht, daß in Sicht von Kriwaja⸗Kossa sich 7 feindliche Dampfer gezeigt haben, wahrscheinlich um den übrig gebliebenen Theil des verbrannten Bootes zu retten. Die von den Kosaken erbeuteten Flaggen erfolgen hierbei.

Aus Nikolajew wird der „Militair. Ztg.“ vom letzten vor. Monats mitgetheilt, daß der Vortrab des nach der Krim bestimm— ten Grenadier⸗Corps in jener Stadt bereits eingetroffen sei, und das Gros zu Anfang dieses Monats nachfolgen dürfte.

11. August. Aus Sebastopol vom 9. Abends wird ge— meldet: Nichts Neues. Die feindliche Kanonade ist schwach. (H. B. H.)

Nachrichten aus Warschau vom 9. August zufolge, war dort am Tage vorher das Geburtsfest der jetzigen Kaiserin von Rußland feierlichst begangen worden. Von Siedlce waren die Ge— neral-Lieutenants Essen J., Chef der Garde-Kürassier-Division, und Tumanski, Commandeur der zweiten Brigade dieser Division, von Wilna der General der Artillerie und Kaiserliche General-Adjutant Sumorokoff in Warschau angekommen, und von dort abgereist der General⸗Major Rudzewicz, Hetman der Linien-Kosaken am Kauka⸗

sus, nach Stawropol.

Königsberg, Sonntag, 12. August. (Tel. Dep. d. C. B.)

Hier eingetroffene Nachrichten aus Petersburg melden, daß für den

möglichen Fall eines Rückzuges der Besatzung von Sebastopol be—

schlossen worden sei, eine Brücke über die Sebastopoler Bucht zur

Verbindung des Südufers mit dem Nordufer, zwischen dem Michael⸗ Fort auf der Südseite und dem Nikolausfort auf der Nordseite, zu bauen.

Pari, S nttag, 1 Angus . dem zu Lille verhandelten Prozesse, betreffend ein Attentat auf den Kaiser, sind 3 Angeschuldigte freigesprochen worden. Dhenien wurde zu lebenslänglicher Zwangsarbeit, Desquiens zu 5 Jah⸗ ren Gefängniß verurtheilt.

Von den zunächst zum Gebrauch für Justiz⸗ und Verwaltungs⸗ beamte bestimmten, aber auch als Notizbuch für das größere Publikum sehr wohl geeigneten preußischen Termin-Kalender ist so eben der vierte Jahrgang (für 1856) im Verlag der Decker'schen Geheimen Ober⸗ Hofbuchdruckerei erschienen. Die praktische Einrichtung desselben ist be⸗ kannt. Angehängt sind demselben als Beilagen die am häufigsten in der Praxis vorkommenden Eide, die Wechsel-Ordnung, Zins⸗Tabellen, Stem⸗ pel-Tabellen und verschiedene andere landesgesetzliche Bestimmungen.

Stattstische Mittheilungen.

Die Deicharbeiten an der Weich sel im Regierungs⸗Bezirk Marienwerder schreiten in erwünschter Weise fort. Nach den am 1. August erstatteten Rapporten der Baubeamten sind: Name der Niederung. hbeschäftigte

Arbeiter. Gespanne.

gefördert. noch zu fördern. Schachtruthen. 21,500 23, 066

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Thorner Niederung. ...... .. . 95 Marienwerdersche und ; Ostlich Mewer⸗Niederung. . 449 120 Falkenauer⸗ ö 50 ECulmer⸗Amts⸗ w 40 309 Culmer⸗Stadt⸗ k. 32, 000 30, 934 Schwetz⸗Neuenburger⸗ . 51422 zh. 000 Schwetz⸗Niedwitzer⸗ w 12 2, 400 411 Summa. . . 4120 327 192, 832 190,955 Die Hälfte der Erdarbeit ist also gethan, und es ist zu hoffen, daß zum J. Oktober d. J. die zerstörten Deiche wiederhergestellt sein werden.

(Pr. C.)

20, 482 43,328 21,700

14,535 18, 929 30.080