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§. 22.
Ist das Schulzen-Amt mit dem 963 eines bestimmten Guts (Lehn— oder Erbschulzen⸗Gut) verbunden, so muß der neue Besitzer eines solchen Guts vor Antritt seines Amts der gutsherrlichen Orts-Obrigkeit zur Prüfung und Bestätigung vorgestellt werden. ;
Dieselbe ist, wenn es ihm an den erforderlichen Eigenschaften und Fahigkeiten fehlt, einen Stellvertreter zu ernennen berechtigt.
(§8§. 48 und 49 ebendaselbst)
Wer zum Schulzen-Amte bestellt werden soll, muß des Lesens und Schreibens kundig und von untadelhaften Sitten sein. (8. 51 eben⸗
daselbst.) z 5. 24.
Die Unstatthaftigkeit der Konzessionirung von Orts-Schulzen zum Betriebe der Schankwirthschaft ist als Regel festzuhalten. ( Ministerial⸗ Restript vom 5. Dezember 1840, Ministerial-Blatt S. 485, und vom 10. März 1817, Ministerial-⸗-Blatt .
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Dem Schulzen sind von der gutsherrlichen Orts⸗Obrigkeit wenigstens zwei Schöppen oder Gerichtsmänner, welche, so viel als möglich, ange— fessene Wirthe und Leute von unbescholtenem Rufe und untadelhaften Sitten sein müssen, beizuordnen.
Ueber die Ernennung, sowohl des Schulzen als des Schöppen, ist dem Landrathe sofort Anzeige zu erstatten.
Der Schulze, wie auch die Schöppen, sind dem Staate, der Herr— schaft, so wie der Gemeinde, zur getreuen Besorgung ihrer Amts⸗Ange⸗ legenheiten in Gegenwart der letzteren, eidlich zu verpflichten. (Vergl. §§. 13 und 74 Titel 7 Th. II. des Allg. Landrechts.)
Diese Vereidigung findet auch bei den Stellvertretern für nicht qua— lifizirte Lehn- und Erb-Schulzen statt. ;
Die über die Eidesleistung aufzunehmende Verhandlung ist, insofern die zu gewährenden Emolumente nur die Entschädigung für Auslagen und sonstigen Dienstaufwand bilden, n mr
9. 26.
In dem zum Verwaltungs-Verbande der Provinz Sachsen gehörigen, der westfälischen Zwischen⸗Regierung unterworfen gewesenen Landesthei⸗ len steht der gutsherrlichen Srts-Obrigkeit zwar nach S8. 47 und 49 ebendaselbst die Wahl des Schulzen zu; der Gewählte ist aber dem Land⸗ rathe zu präsentiren, welchem es obliegt, dessen Qualificationen zu prüfen und ihn zu bestaͤtigen, oder die Wahl eines anderen Kandidaten zu ver— langen. (8. 3 b. der Allerhöchsten Verordnung vom 31. März 1833, Gesetzsamml. Nr. 1433.) ö.
Das von der Behörde ihm aufgetragene Schulzen- und Schöppen— amt kann ein Mitglied der Gemeinde nur aus solchen Gründen ablehnen, die von der Uebernehmung einer Vormundschaft entschuldigen.
(8. 75 Tit. 7 Th. II. des Allg. Landr.)
Weigert sich ein Mitglied der Gemeinde ohne gesetzlichen Grund, das ihm aufgetragene Schulzen- und Schöppenamt anzunehmen, oder ge⸗ hoͤrig fortzusetzen, so kann es nöthigenfalls dazu mit Zwangsmitteln an—
gehalten werden. ; Inhaber der gutsherrlichen Orts-Obrigkeit können in Gemeinden,
über welche dieselbe sich erstreckt, ein Schulzen- oder Schöppenamt nicht übernehmen. §. 28.
Die Pflicht der Schöppen ist, dem Schulzen in seinen Amtsverrich⸗ tungen beizustehen. n Abwesenheit oder bei Verhinderung desselben vertreten sie seine Stelle.
In Fällen, wo der Schulze seine Pflichten zu beobachten unterläßt, sind die Schöppen bei Vermeidung gleicher Verantwortung, ihr Amt zu ihun, oder der Obrigkeit die noͤthige Anzeige zu machen verpflichtet. (898. 76 bis 78 ebendas.) ;
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Der Schulze verwaltet die , Angelegenheiten, beaufsichtigt die im Dienste der Gemeinde stehenden Personen, ist in allen polizeilichen Angelegenheiten Organ und Hülfsbehörde der gutsherrlichen Orts⸗-Obrig⸗ keit, und hat alle örtlichen Geschaͤfte der allgemeinen Verwaltung, insofern nicht andere Behörden dazu bestimmt sind, auszuführen. Der Schulze hat hiernach für die gehörige Bekanntinachung und Befolgung der Ge⸗ fetze, Verordnungen und obrigkeitlichen Verfügungen zu sorgen. (Vergl. 83 46, 52 bis 71 und 73 ebendaselbst; auch §§. 19, 20, 41, 47, 48.
5 und 60 der gegenwärtigen Zusammenstellung.) §. 30.
Der Schulze und die Schöppen haben auch die Mitüberwachung der Interessen und Obliegenheiten der nicht stimmberechtigten Einwohner des Bemeindebezirks in Bezug auf die Kommunal- Angelegenheiten gewissen— haft wahrzunehmen.
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Die Schulzen und Schöppen machen zusammen die Dorfgerichte aus. (Vergl. §. 19 und folgende Tit. 7 Th. II. des Allg. Landr.; ferner die im Bezirke des Königlichen Kammergerichts und des Königlichen Appel⸗ lationsgerichts zu Frankfurt a. O. zur Anwendung kommende „revidirte Instruckion sür die Dorfgerichte bei, den von ihnen vorzunehmenden, ge⸗ richtlichen Verhandlungen.“ — Justiz-Ministerial-Klatt bon 1854 S206 und außerordentliche Beilage zu dem Amtsblatte der Königlichen Negie⸗
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rung zu Frankfurt a. O. von 1855 Rr. 4) ,
Gegen diejenigen, welche ö amtlichen Anordnungen des Schulzen die gebührende Folgeleistung verweigern, kann derselbe Geldstrafe bis zu Einem Thaler, als Executionsmittel, nach vorgängiger Androhung, ver⸗ fügen und nöthigenfalls zwangsweise einziehen, Es fließen diese Straf⸗ gelder zur Gemeindekasse. (Vergl. auch F§. 48 der gegenwärtigen Zu⸗ sammenstellung)
Beleidigungen und Widersetzlichkeiten gegen den Schulzen werden
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mit Gefängnißstrafe von 8 Tagen bis zu 2 Jahren bestraft. (Vergl. §. 102, 5. 89 des Strafgesetzbuchs, Gesetz-Samml. pro 1851, S. 101)
Nach Maßgabe der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 1. Mai 1843 und vom 27. November 1854 ist gestattet, daß die Schulzen als Amts— zeichen Schulzenstäbe und Armbinden tragen. (Ministerial-Blatt für die innere Verwaltung 1855 S. 135 und 136.)
In der Herrschaft Schwedt verbleibt es jedoch bei der dort herge⸗ brachten besonderen Amtstracht der Schulzen.
Die dem Schulzen für seine Bemühungen etwa zukommenden Vor— theile oder Freiheiten werden nach der Verfassung eines jeden Orts be— stimmt. (§. 72 Tit. 7 Thl. II. des Allgem. Landr.; §. 96 des Gesetzes vom 2. März 1850, Gesetz⸗Samml. 95. 77.)
Im Anschlusse an die bestehe der Ortsverfassungen, dient als Grund— satz, daß dem Schulzen für baare Auslagen und Dienstaufwand Ent— schädigung geleistet werden muß, deren Betrag im Falle unzureichender Emolumente und in Ermangelung einer gütlichen Einigung, nach Ver⸗ nehmung der Betheiligten und der gutsherrlichen Orts-Obrigkeit, auf das Gutachten des Landraths, nach Anhörung des Kreistags von der Regierung festgesetzt, und namentlich mit Berücksichtigung des obwalten⸗ den Interesse bei den Dienstausgaben beziehungsweise Geschäfts⸗Vermeh⸗ rungen des Schulzen auf den Gutsherrn und die Gemeinde repar— tirt wird.
Behufs Abmessung der Entschädigung muß eine genaue Ermittelung und Veranschlagung der mit dem Schulzen-Amte bisher verbundenen Vortheile und Freiheiten vorausgehen, namentlich des Durchschnitts⸗ Ertrages der Dienstländereien, in deren Genuß der Schulze sich befindet, der mit dem Schulzen-Amte verbundenen Hebungen und Geld-Einnahmen, so wie Befreiungen von Gemeinde-Abgaben und Diensten.
Die sich als nothwendig ergebende Ergänzung der Entschädigung ist in baarem Gelde zu leisten, wenn die Betheiligten sich nicht gütlich wegen entsprechender Gewährung von Nutzungen, Hebungen oder Be⸗ frelungen in Ansehung der Gemeinde-Abgaben und Dienste für die Ver— waltung des Schulzenamts einigen. (Vergl. Allerhöchste Kabinets-Ordre bom 18. März 1817, von Kaimptz Annalen Jahrgang 1829 2tes Heft S. 311; Minist. Reskript vom 12. Januar 183. von Kamptz Annalen Jahrgang 1834 1stes Heft S. 453; Minist. Reskript vom 21. Januar 1839, von Kamptz Annalen pro 1839 1stes Heft S. 146.)
— §. 35. ; Dem Schulzen ist nicht gestattet, für Amtsgeschäfte, welche ihm in der Eigenschaft als Gemeinde⸗-Polizei⸗Verwaltungs- und Gerichts⸗Beamten obliegen, Gebühren von einzelnen Betheiligten oder aus der Gemeinde— Kasse zu erheben, wenn ihm hierzu nicht die Berechtigung speziell beige⸗ legt ist. (Vergl. die im Bezirk des Königlichen Kammergerichts und des
Königlichen Appellationsgerichts zu Frankfurt a. d. O. zur Anwendung kommende „Allgemeine Gebühren-Taze für die Dorfgerichte in gericht⸗ lichen Angelegenheiten. Beilage der 'revidirten Instruction für die Dorfgerichte bei den von ihnen vorzunehmenden gerichtlichen Verhand⸗ lungen;“ Justiz-⸗Ministerialblatt von 1854 S. 226 und außerordentliche Beilage zu dem Amtsblatte der Königl. Regierung zu Frankfurt a. d. O. bon 1855 Nr. 4). Die Schulzen erhalten keine Pension. (Schluß folgt.)
Nichtamtliches.
Preußen. Charlottenburg, 6. Dezember,. Se. Ma⸗ jestät der König nahmen die gewöhnlichen Vorträge entgegen, beehrten die Ausstellung des Vereins für, arbeitslose Frauen in Charlottenburg und geruhten daselbst, so wie Ihre Majestät die Königin, mit Allerhöchstwelcher Seine Majestät hier zusammen⸗ trafen, viele Ankäufe zu befehlen, und machten hierauf in Berlin der nach dem Haag abreisenden Prinzeß Friedrich der Niederlande einen Abschiedsbesüuh. — Um 3 Uhr fand Familientafel zu Charlottenburg statt; um 6 Uhr reiste Ihre Königliche Hoheit die Prinzeß Friedrich, der Niederlande nach dem Haag ab, während Se. Majestät im Königlichen Schlosse zu Berlin den Vortrag des Minister-Präsidenten entgegennahm. Um 7 Uhr beehrten Ihre Majestäten der König und die Königin das Kon⸗ zert von Lißt und begaben Sich hierauf direkt nach Charlotten⸗ burg zurück.
Berlin, 7. Dezember. In der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde, nach der Präsidenten⸗Wahl, über welche bereits berichtet ist, noch die Wahl der Vice— Präsidenten vorgenommen. Es wurden gewählt: zum ersten Vice⸗ Prästdenten der Abgeordnete von Arnim (QNeustettin) mit 201 von 3256 Stimmen, und zum zweiten Vice⸗-Präsidenten der Ab⸗ geordnete Büchtemann mit 260 von 322 Stimmen,
—— In Folge der auf mehreren Punkten des Königreichs Polen ausgebrochenen Rinderpest sind von den Königlichen Be—⸗ hörden in den angränzenden Kreisen des diesseitigen Gebietes die gesetzlich zulässigen Sperrmaßregeln zur Abwendung von Vieh seuchen angeordnet worden, über welche bereits unter Ge⸗ werbe und Handel berichtet worden ist. Die „Pr. C.“ bemerkt noch, um irriger Auffassung zu begegnen, daß zwar nach S. 3 der Verordnung vom 27. März 1836 bei dem Ausbruch einer Viehseuche in der Nähe der Landesgränze der Personenverkehr nur in Bezug auf solche Individuen hbeschränkt wird, die mit krankem Vieh in unmit⸗
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telbare Berührung gekommen sind, während die Einfuhr von Vieh, Thierhäuten, Hoͤrnern, Talg, Rindfleisch u. s. w. unbedingt und die Zuführung von unbearbeiteter Wolle, trocknen Häuten und thierischen Haaren aus den infizirten Orten zu verbieten ist. Doch bestimmt der §. 4 desselben Gesetzes, daß beim Ausbruch der Rinderpest hart an der diesseitigen Gränze die Regierung zur gänzlichen Untersagung alles und jedes Verkehrs mit den infizirten Gränzorten verbunden ist. Wie schon früher gemeldet worden, hat die Königliche Regierung zu Marienwerder die völlige Aufhebung des Verkehrs mit dem polnischen Gebiete, und zwar für die Gränze der Kreise Thorn, Straßburg, Neidenburg und Ortelsburg, angeordnet. Aehnliche Vorkehrungen sind von der Königlichen Regierung zu Bromberg getroffen worden. Es versteht sich daher von selbst, daß auf den , Punkten auch der Personen-Verkehr unbedingt unter— sagt is .
Holstein. Kiel, 5. Dezember. Sämmtliche hier noch lie—
gende englische und französische Linienschiffe wie kleinere Fahrzeuge
werden morgen früh unsern Hafen verlassen. (Corr. Bl.) Großbritannien und Irland. London, 5. Dezember.
Die Antwortsrede des Königs von Sardinien auf die Adresse der vallerie-Regimenter wurden in Kamiesch und Balaklava unterge⸗
City von London lautet vollständig:
Mylord Mayor! Ich danke dem Lord-Mayor, den Aldermen und den GHeineinen der City von London herzlich für die freundlichen Glück⸗ wünsche, die sie mir gelegentlich meines Besuches bei Ihrer Majestät der Königin und bei der englischen Nation darbringen. Der Empfang, welcher mir hier in dem alten Vaterlande der konstitutionellen Freiheit zu Theil wird, so wie die Adresse, welche einen Beleg dafür bietet, sind für mich ein Beweis der Sympathie, welche die von mir bis jetzt be— folgte Politik, an der ich auch in Zukunft standhaft festzuhalten ge— denke, einflößt. Das innige Bündniß zwischen den beiden mächtigsten Nationen der Erde, die ich jetzt besuche, gereicht der Weisheit der Herr⸗ scher, welche sie regieren, nicht weniger zur Ehre, als dem Charakter ihrer Völker. Sie haben eingesehen, wie sehr eine vortheilhafte Freund⸗ schaft einer alten Nebenbuhlerschaft vorzuziehen ist. Dieses Bündniß, ein neues Exreigniß in der Geschichte, ist der Triumph der Eivilisation. Trotz der Unglücksfälle, welche auf dem Anfange meiner Regierung lasteten, bin ich in dieses Bündniß eingetreten, weil das Haus Savoyen es stets für seine Pflicht hielt, das Schwert zu ziehen, wo es gilt, für Recht und Unabhängigkeit zu kämpfen. Wenngleich die Streitkräfte, welche ich meinen Verbündeten zuführe, nicht die eines großen Staates sind, so führe ich doch die Macht einer Loyalität mit mir, welche Niemand bezweifelt hat und die sich auf den Muth eines Heeres stützt, das dem Ban⸗ ner seines Königs überall hin getreu folgt. Wir können unsere Waffen nicht eher niederlegen, als bis wir einen ehrenvollen und deshalb dauernden Frieden errungen haben. Zu einem solchen werden wir mit Hülfe des Allmächtigen gelangen, indem wir einträchtig den Triumph des wahren Nechtes und der gerechten Wünsche jeder Nation erstreben. Ich danke Ihnen für die guten Wünsche, welche Sie mir heute für meine Zukunft und für die meines Reiches darbringen. Während Sie von der Zukunft sprechen, gereicht es mir zur Freude, von der Gegenwart zu sprechen und Ihnen Glück zu wünschen zu der hohen Stellung, die England ein— nimmt, und die es dem edlen und freien Charakter seines Volkes, so wie den Tugenden seiner Königin verdankt.
Irankreich. Paris, 5. Dezember. Der „Moniteur“ giebt heute eine Zusammenstellung der hiesigen Fleisch⸗ und Brot⸗ Preise während der ersten Hälfte des November, mit den Preisen dieser Artikel in achtzehn englischen, belgischen, deutschen, holländi⸗ schen, spanischen und italienischen Städten, so wie in Konstantinopel und Smyrna während des nämlichen Zeitraumes verglichen. Nur in dreien dieser Städte, zu Liverpool, Nizza und Mons, war das Brot erster Qualität um 3 Cent. billiger, als in Paris, wo das Kilogramm 58 Cent. kostete; zu Brüssel und Santander war der Preis gleich, in allen übrigen Städten höher; am höchsten aber zu Stettin, Konstantinopel und Memel, wo sich die Preise auf 110, 103 und 99 Cent. stellten. Die Ver⸗
gleichung der Fleischpreise liefert ein für Paris weniger günstiges Ergebni z in London und Amsterdam waren dieselben bedeutend höher, in Santander, Rom, Smyrna und Konstantinopel bedeutend
niedriger als hier. — Der Seine-Präfekt hat der Departemental⸗ Kommission einen Bericht über die Finanzlage des Departements
; 3 8 ; 2 7 6837 r = vorgelegt, wonach sich im Budget von 1856, zum ersten Male seit zwungen fahen, niedergebrannt, nachdem dieselben etwa 30 Todte
17 Jahren, die Einnahmen und die Ausgaben gleich stellen; aus
den Vorjahren bleibt jedoch noch ein Rückstand von 9 bis 10 Mill. Fr. zu decken, der hauptsächlich durch die Errichtung der Bäckerei⸗ Kasse entstanden ist, und zu dessen Tilgung der Präfekt eine neue Anleihe für das geeignetste Mittel hält.
Spanien. Die „Madrider Zeitung! vom 29. November berichtet: Morgen wird in den Cortes der Kommissionsbericht über den Gesetz-Entwurf bezüglich der Presse verlesen werden. Für alle vermittels der Presse begangenen Vergehen ist die Einsetzung einer doppelten Jury, für die Anklage und für die Aburtheilung, definitis genehmigt worden. Alle Steuerpflichtigen, die 1000 Rea— len und mehr zu entrichten haben, so wie alle Kapazitäten, werden durch Ernennung oder Wahl diese Jury bilden. — Die amtliche Zeitung veröffentlicht auch eine Liste von 17 Grafen und Mar⸗ quis, die ihre Adelstitel verlieren, wetl sie die Erbfolge⸗Abgaben nicht zahlen wollen oder können. — Aus Melilla wird unterm
18. November berichtet, daß die langjährigen Streitigkeiten mit Marokko ihrem Ende nahe . ö n Genn des Kaisers Abderrhaman ist an der Spitze von 4000 Mann Infanterie und eben so viel Reiterei in der Nähe dieser Stadt angekommen, um den maurischen Völkerschaften den förmlichen Willen seines Vaters zu bedeuten, daß sie ihre Feindseligkeiten ge⸗ gen die Spanier einzustellen haben. Auch sind bereits durch eine gemischte Kommission die Grundlagen zu einem Friedens- und Freundschafts-Vertrage zwischen Marokko und Spanien festgesetzt, wonach Kaiser Abderrhaman sich u. A. auch zur Unterdrückung der Seeräuberei verpflichtet und allen in Noth befindlichen Schiffen . französischer oder englischer Flagge Hülfe zu leisten erspricht.
Eine Depesche aus Madrid vom 4. Dezember lautet: „In der gestrigen Sitzung hat der Siegesherzog für das Vertrauens⸗ Votum an Marschall O'Donnell gestimmt. Olozaga hat sich der Abstimmung enthalten, so wie auch die gemäßigte Minorität, eine große Anzahl von Demokraten und einige Progressisten.“
Türkei. Die Nachrichten aus der Krim und aus Kolchis laufen sehr unregelmäßig und spärlich ein. Das Winterlager der Alllirten ist von allen Truppentheilen bezogen worden. Die Ka⸗
bracht oder in den Bosporus verschifft. Der Vorpostendienst wird sehr strenge verrichtet; es befinden sich in den Reihen der Alliirten viele Rekruten, welche jetzt im Tschernaja-Thale praktisch abgerich⸗ tet werden. Bei der vortrefflichen Organisation des französischen Heerwesens war es möglich, alle in Abgang gebrachten Mann⸗ schaften der Krim-Armee zu ergänzen; die Garde —-Trup⸗ pen wurden bekanntlich durch eine Infanterie ⸗-Diviston abgelöst. Da auch das englische und das piemontesische Corps an— sehnlich verstärkt wurde und für die nach Kolchis ver(chiften Trun⸗
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pen Omer Pascha's die anglo-türkischs Fremdenlegion! auf dem taurischen Kriegsschauplatze erschienen ist, so kann a ö daß sich die Stärke verhäl tnisse der zwei kriegführenden Parteien in der Krim ausgeglichen haben; nur an Kavallerie und Feldgeschützen sind die Russen stärker; dagegen verfügen die Alliirten über eine mächtige Flotte und beherrschen mit derselben alle Küstenpunkte. Es ist nicht bekannt, ob die Allüirten Vorbereitungen zu einer Belagerung der Nordforts treffen. Die schwimmenden Batterxieen, welche vor Kinburn gute Dienste geleistet haben sollen, befinden sich in Kamiesch. Am südlichen Rhede-Ufer wurden 26 Strand⸗— batterieen errichtet und armirt. Alle anderen Belagerungsgeschütze werden im Laufe des Winters 1855 — 56 in die westmächtlichen und türkischen Arsenale gebracht. Die Verschanzungen im Tschernaja Thale und am Plateau sind mit 360 Positions- Geschützen versehen; darunter befinden sich Schiffskanonen von großer Tragweite. Der Winter hat in der Krim die Sffensive ergriffen; es ist nicht wahrscheinlich, daß die Waffenruhe vor dem Frühjahre 1856 gestört wird, denn die Stellung beider Armeen ist derart befestigt worden, daß sich zu deren Forcirung weder der eine noch der andere Feldherr hingezogen fühlen dürfte. Auch in Kolchis hat Omer Pascha seit dem 7. November keine weiteren Operationen oder Mansver aus⸗ geführt. Die bei Anaklea zurückgedrängten Russischen Milizen ha— ben am Flusse Tschetschen⸗Kale Posto gefaßt und zwar an der Straße 5 Stunden von Redut-Kale entfernt. Der Serdar hat den Marsch in das Innere der Provinz nicht angetreten und die Demonstration von dieser Seite, um die Belagerung von Kars auf⸗ zuheben, ist als mißlungen zu betrachten, denn Kutais, Tiflis und Achaltzik sind von den Russen stark besetzt und dem Falle der Ana⸗ tolischen Festung sah man im Hauptquartiere des Serdars Ekrem am 17. Rovember mit Sicherheit entgegen, was nicht wenig Be⸗ stürzung in der Türkischen Hauptstadt hervorruft. (Oestr. Mil. Ztg.) Die türkische Regierung hat Nachrichten aus Kars bis zum 3. November. An diesem Tage hatte die Garnison mit Erfolg einen, von Murawieff in Person gegen ein am Fuße des Forts Thamas⸗ Tabia gelegenes Dorf geführten Sturm abgeschlagen. Das Dorf ward jedoch von den Russen, als dieselben sich zum Rückzuge ge—⸗
und 50 Verwundete bei dem Sturme eingebüßt hatten. Notz dieses neuen Sieges war die Lage der Garnison wegen Mangels an Lebensmitteln verzweifelt. Die türkische Regierung schickte Transportschiffe nach Eupatoria, um Truppen vom englischen Kon⸗ tingent nach Batum überzusetzen. Dieselben sind zum Marsche nach Kars bestimmt.
Die türkische Reiterei kehrt aus der Krim nach Konstantinopel zurück, wo die erste Abtheilung am 26. November bereits einge⸗ troffen war. Auch das in Kertsch gelegene türkische Kontingent soll zurüdgerufen sein.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 29. Novem⸗ ber. Die hiesigen Blätter melden, daß der General-Adjutant des Kaisers, General-Major Todtleben, hier angekommen ist.
Telegraphische Depesch en. Dirschau, 7. Dezember. Trajekt über die Weichsel bei Tages⸗