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darin dem Justiz⸗-Minister beigelegten Ermächtigung, unter Vorbe⸗ halt etwaiger weiterer sich als nothwendig ergebender Anordnungen, Folgendes bestimmt.
1. Hinsichtlich der west lichen Provinzen:
1) Jedes der vier Obergerichte zu Münster, Paderborn, Hamm und Arnsberg bildet in den in S8. 2 — 3 der Verordnung vom 12. November 1865 erwähnten prozes— sualischen Angelegenheiten der vormaligen Reichsstände seines Departements die erste Instanz.
2) Zur Verhandlung und Entscheidung der zu 1. bezeichneten Rechtsangelegeuheiten werden bei jedem der gedachten vier . besondere Senate von fünf Mitgliedern ormirt.
3) Die zweite Instanz in diesen streitigen Rechtsangelegen— heiten bildet a) für die Obergerichte zu Paderborn, Hamm und Arns—
berg das Appellationsgericht zu Münster,
b) für das Obergericht zu Münster das Appellations— gericht zu Paderborn.
Bei jedem der beiden Obergerichte zu Münster und Paderborn wird zur Verhandlung und Enischeidung dieser prozessualischen Angelegenheiten zweiter Instanz ein Senat von sieben Mitgliedern errichtet.
Die in der Instruction vom 30. Mai 1820 8. 19 lit. a bis C. einschließlich (6. 4 ver Verordnung vom 12. No— vember 1855) bezeichneten nicht streitigen Rechtsangelegen— heiten der vormaligen Reichsstände werden bei den Ober— gerichten zu Paderborn und Hamm in einer aus fünf, bei den Obergerichten zu Münster und Arnsberg in einer aus vier Mitgliedern bestehenden Abtheilung bearbeitet. Für diese Abtheilungen sind Mitglieder zu wählen, die nicht dem zu 1) erwähnten Senat für streitige Rechts— angelegenheiten erster Instanz angehören.
Der Justiz-Senat zu Ehrenbreitstein verhandelt die streitigen und nicht streitigen Rechtsangelegenheiten er ster
Instanz der mittelbar gewordenen Fürsten und Grafen
seines Departements im Plenum seines Kollegiums.
Die Functionen des Gerichts zweiter Instanz für die streitigen Rechtsangelegenheiten (68. 2 — 3 der Ver— ordnung vom 12. November 1855) des Departements werden dem Appellationsgericht zu Arnsberg überwiesen.
6) Für den Fall, daß bei den vorstehend erwähnten Ober— gexichten wegen etwa eintretender gesetzlicher Verhinderungs—
gründe eine genügende Zahl von Richtern für die Ver- handlung und Entscheidung einer streitigen Rechsangele⸗ genheit erster Instanz — in Civilsachen drei, in Straf⸗ sachen fünf Richter — nicht vorhanden sein sollte, wird
substituirt:
a) dem Obergericht zu Münster das Obergericht zu;
Hamm,
Arnsberg,
c) dem Obergericht zu Hamm das Obergericht zu
Paderborn,
d) dem Obergericht zu Arnsberg das Obergericht zu
Paderborn,
e) dem Obergericht zu Ehrenbreitstein das Obergericht
zu Hamm.
„Die hiernach etwa eintretende Substitution hat keinen Einfluß auf, die Kompetenz zweiter Instanz, vielmehr hat stets dasjenige Obergericht, welches die Appellations-In
stanz für das ursprünglich zuständige — nicht für Das
substituirte — Gericht erster Instanz nach den vorstehen⸗ den Bestimmungen unter Nr. Z und 5 bildet, in zweiter Instanz zu verhandeln, zu entscheiden und auf Beschwerden
in prozessualischen Angelegenheiten zu befinden. II. Hinsichtlich der östlichen Provinzen werden 1) bei dem Kammergericht und bei jedem der Obergerichte zu Königsberg, Marienwerder, Insterburg, Frankfurt, Stettin, Breslau, Glogau, Ra⸗ tibor, Posen, Bromberg, Magdeburg und Naumburg für die streitigen Rechtsangelegenheiten Jer
zu den vormals reichsständischen Familien gehörigen PAr⸗ vom 12. November
sonen (68. 2—3 der Verordnung 1856) zwei Senate, der eine von f ünf Mitgliedern für die erste und der andere von sieben Mitgliedern für die zweite Jnstanz gebildet. Dem Senat erst er Instanz werden zugleich die nach S. 19 Litt. b. und ée. der Instruction vom 30. Mai 1826 (8. 4 der Verordnung vom 12. November 1855) etwa vorkommenden Angelegenheiten der nicht streitigen Ge— richtsbarkeit überwiesen. Bei den Obergerichten zu Köslin und Halberstadt werden die streitigen Rechts-Angelegenheiten (98. 2 —3 der Verordnung vom 12. November 1855) erster In—
stanz und die nach g. 19 Litt. b. und e J ; vom 30. Mai 18260 etwa vorkommenden idr r in Nechts Angelegenheiten der zu den Familien der bon gn gen Reichsstände gehörigen Personen in Senaten wel f . . Mitgliedern bestehen, bei dem Hbergerits li . wald aber im Plenum des Kollegiums ven
Die zweite Instanz in streitigen, bei de ᷣ Nr. 2 erwähnten Obergerichten anhang er unn e gel Angelegenheiten der mittelbar gewordenen Fürsten und Grafen und der Mitglieder ihrer Familien bilder für die Obergerichte zu Köslin und Greifswald das Appellations⸗ gericht zu Stettin, für das Obergericht zu Halberstadt . das Appellationsgericht zu Magdeburg. ; — III. Die Obergexichte, bei welchen für die streitigen Rechts- Angelegenheiten der zu den vormals reichsständischen Jamilien gehörigen Personen nur ein Senat besteht, haben sich he ihren Entscheidungen und Verfügungen der gewöhnlichen Be— zeichnung ohne weiteren Zusatz zu bedienen. Dagegen ist von denjenigen Obergerichten, bei welchen nach den Hvorstehen! den Bestimmungen unter Ii. Nr. 1) zwei Senate für die erste und zweite Instanz gebildet werden, jener Bezeichnung in streitigen Rechts Angelegenheiten der Zusatz „Erster
Senat“ und beziehungsweise „Zweiter Senat!“ beizufügen. Indem die vorstehenden Anordnungen den sämmtlichen Ge—
richtsbehörden zur Nachachtung hiermit bekannt gemacht werden,
werden die Präsidien der betreffenden Obergericht gleichzeitig auf—
gefordert, wegen Vertheilung der Mitglieder in die danach zu bil—
denden Senate und wegen Bestimmung der in Verhinderungsfällen
nothwendig werdenden Ergänzungsrichter ungesäumt Vorschläge
zu machen. ö Berlin, den 17. Dezember 1855.
De; Der Justiz⸗Minister Simons.
An sämmtliche Gerichtsbehörden, mit Aus— schluß derer im Bezirk des Appella— tionsgerichtshofes zu Köln.
Erkenntniß des Königlichen Ober-Tribunals vom 260 September 1555 — betreffend die Bestrafung von Chaussegeld-Contraventionen.
1) Jedes einzelne Umfahren einer Chausseegeld-Hebestelle, und über— haupt jedes einzelne Unternehmen, sich der Entrichtung des Chausseegel—
3. des zu entziehen, ist selbstständig mit ber borgeschriehenen Stre falle h) dem Obergericht zu Paderborn das Obergericht zu . j st 9 ( e rgeschriebenen Strafe zu be⸗
legen. 2) Wo verschiedene selbstständige Handlungen vorlie— En, ist es un⸗ statthaft, ein fortgesetztes , ,, ö Chausseegeld⸗Tarif vom 29. Februar 1840. Zufätzliche Vorschriften Nr. 5, 1 . S. 98. Strafgesetzbuch §. 56. In der Untersuchung wider den Landwirth K. zu B., auf die Rich— tigkeitsbeschwerde des Königlichen Ober-Staatsanwalts zu M. . hat das Königliche Ober-Tribunal, Senat für Strafsachen zweite Ab⸗ theilung, in der Sitzung vom 20. September 1855 20. . ö in Erwägung, daß der erste Richter thatsächlich festgestellt hat, daß von de = geklagten am 123. Oktober 18654 ö Barrier: . ö. seinem Fuhrwerk passirt worden, ohne Chausseegeld zu bezahlen; daß diese Feststellung völlig unangefochten geblieben ist und daher, wie auch geschehen, der Entscheidung des Appellationsrichters unverän⸗ dert zum Grunde gelegt werden mußte; . in Erwägung, daß die Nr. 5 der zusätzlichen Vorschriften zu dem Tarif zur Er— hebung des Chausseegeldes vom 29. Februar 1846) bestimmt: „Wer eine Chausseegeld-Hebestelle umfährt ꝛe. oder überhaupt es unternimmt, sich der Entrichtung des Chausseegeldes auf irgend eine Art ganz oder theilweise zu entziehen, erlegt, außer der vorenthaltenen Abgabe, deren vierfachen Betrag, mindestens aber einen Thaler als Strafe“; daß bei der Anwendung dieser Strafbestimmung auf jenen That— bestand es nicht zweifelhaft sein kann, daß den Angeklagten, da derselbe sich einer zweimaligen Chausseegeld-Defraudation schuldig gemacht wegen einer jeden derselben eine Strafe von einem Thaler und mithin im Ganzen eine Geldbuße von 2 Thalern treffen muß; daß in dieser Art auch ganz richtig bon dem ersten Richter er— kannt worden ist; in Erwägung, daß, wenn hiergegen der Appellationsrichter den Angeklagten nur zu einer Geldbuße von im Ganzen einem Thaler verurtheilt hat, hierin eine Verletzung der Strafbestimmung jener Rr. 5 angetroffen werden muß, weil bel dieser Entscheidung die letztere auf die eine der beiden Chausseegeld⸗Defraudationen gar nicht zur Anwendung gekommen, die eine derselben vielmehr ganz unbestraft geblieben ist; daß der Appellationsrichter seine Entscheidung zwar durch die
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Erwägung zu rechtfertigen gesucht hat, daß ein Grund nicht vorliege, das Hin und Her, jedes besonders, mit einem Thaler Strafe zu bele— gen, indem vielmehr dieses Hin und Her als eine fortgeschte Hand— lung zu betrachten sei; . daß diese Auffassung jedoch, selbst abgesehen davon, daß von dem ersten Richter ein solches Hin und Her thatsächlich gar nicht festgestellt worden, nicht für richtig zu halten ist; . . . daß hier von einem blos fortgesetzten Vergehen um deswillen nicht die Rede sein kann, weil es im Wort und Sinn der Nr. 5 der obge— dachten zusätzlichen Bestimmungen liegt, jedes einzelne Umfahren einer Hebestelle und überhaupt ein jedes einzelne Unternehmen, sich der Ent⸗ richtung des Chausseegeldes zu entziehen, selbstständig mit der vorgeschrie— benen Strafe ohne alle Rücksicht darauf zu belegen, in welcher Weise die Defraude selbst verübt worden; daß daher auf jede der beiden fraglichen Defraudationen, da sie nach dem §. 56 des Strafgesetzbuchs als verschiedene selbstständige Handlungen anzusehen, sie auch nur mit einer Geldbuße (Gesetz vom 3. März 1853) bedroht sind, die volle gesetzliche Strafe zur Anwen— dung kommen und auf solche vereinigt gegen den Angeklagten erkannt werden muß; in Erwägung, daß hiernach das Appellations-Erkenntniß wegen Verletzung der Nr. 5 jener zusätzlichen Bestimmungen der Vernichtung unterliegt; daß zugleich aber in der Sache selbst das erste Erkenntniß, da dasselbe eine ganz richtige Entscheidung enthält, auf die Appellation des Angeklagten lediglich zu bestätigen ist, außer daß aus selbigem die in ein Straferkenntniß nicht gehörende Verurtheilung des Angeklagten zur Nachzahlung der vorenthaltenen Abgabe fortbleibt; daß endlich die Entscheidung des Kostenpunktes durch die Bestim⸗ mung des §. 118. der Verordnung vom 3. Januar 1849 gerechtfer— tigt wird; für Recht erkannt:
daß das Erkenntniß des Kriminal⸗Senats des Königlichen Appella⸗
tionsgerichts zu M. vom 27. April 1855 zu vernichten, und in der Sache selbst auf die Appellation des Angeklagten das Erkenntniß des Kommissarius des Königlichen Kreisgerichts zu D. vom 6. März 1855, jedoch unter Fortfall der Verurtheilung des Angeklagten zur Nach— zahlung des defraudirten Chausseegeldes mit 2 Sgr. 8 Pf., zu bestätigen, dem Angeklagten auch die Kosten aller Instanzen zur Last zu legen.
s siti steziun der geil ichen, Unterrichts- un-
lich we dizina!⸗*ugelegenbeiten.
1
Die Berufung des Lehrers Friedrich Gustav Adolph!
Breddin zum ordentlichen Lehrer an der höheren Gewerbs- und
Handelsschule zu Magdeburg ist genehmigt worden.
Finanz⸗Ministeriun .
Cirkular⸗Verfügung vom 29. Juni 1855 — be⸗ treffend die Portofreiheit des amtlichen Schrift⸗ wechsels in Zollvereins-Angelegenheiten.
—
Nach Artikel 16 zu 3 des Schlußprotokolls vom 4. April 1853
zu dem Artikel 30 des offenen Vertrages über die Fortdauer und die Erweiterung des Zollvereins von demselben Tage soll der ge- sammte amtliche Schriftwechsel in den gemeinschaftlichen Zollangele⸗ genheiten zwischen den Behörden und Beamten der Vereinsstaaten im ganzen Umfange des Zollvereins auf den Brief⸗ und Fahr-
posten portofrei befördert und zur Begründung dieser Portofreiheit
die Korrespondenz der gedachten Art mit der äußeren Bezeichnung „Zollvereins-Sache“ versehen werden.
Ew. ꝛc. wollen den Hauptämtern jene Bestimmung zur Nach
achtung und mit der Erläuterung bekannt machen, daß sich die dar⸗
nach zulässige Portofreiheit nur auf Briefe und Pakete mit Akten, nicht aber auf Gelder oder auf Pakete, welche andere Gegenstände als Akten enthalten, erstrecke. .
Berlin, den 29. Juni 1855.
An sämmktliche Provinzial-Steuer-Direktoren. Abschrift zur Kenntnißnahme, um auch die Regierungs⸗-Haupt— Kassen darnach mit Anweisung zu versehen. Berlin, den 29. Juni 1855.
Der Finanz⸗Minister.
An sämmtliche Königliche Regierungen.
Verfügung vom 30. Septem ber 1855 — betref⸗ fend die Stempelfreiheit der sogenannten Extraditionsscheine.
Im gesetzlichen Sinne lassen sich, wie ich dem Haupt⸗Steuer⸗ Amte auf den Bericht vom 17. d. Mts. unter Rücksendung der eingereichten Anlagen erwidere, die sogenannten Extraditions⸗ scheine als Cessionen nicht ansehen, indem es sich dabei nicht um die Uebertragung eines besonderen Forderungs⸗ rechts gegen Festsetzung einer Valuta handelt. Der Zweck dieser Extraditionsscheine ist kein anderer, als der, der Packhofs⸗ verwaltung davon sichere Mittheilung zu machen, daß die Disposi= tionsbefugniß über die niedergelegten Waaren Seitens des Nieder⸗ legers, auf dessen Namen der Niederlageschein lautet, an den an— derweiten im Extraditionsschein benannten Eigenthümer oder son— stigen Disponenten übergegangen ist, und erfordern dergleichen, unter der bloßen Privatunterschrift des Niederlegers ausgestellte Bedingungen tarifmäßig einen Stempel nicht. In Zukunft ist da⸗ her der Cessionsstempel dazu nicht weiter zu erfordern.
Berlin, den 30. September 1865. Der General-Direktor der Steuern.
An das Haupt-Steueramt für ausländische Gegenstände hier.
Verfügung vom 20. Oktober 1855 — betreffend die Stempelpflichtigkeit einseitig vollzogener KJ
Ew. 2c. haben das zweite vom Vermiether unterschriebene Exemplar des Vertrages vom 8. September 1850 zwischen Ihnen und dem N. erhalten, während das von Ihnen unterzeichnete Ver⸗ trags-Exemplar sich in den Händen des Vermiethers befunden hat. Nach Art. 1325 des Civilgesetzbuchs sind Urkunden unter Privat-Unter⸗ schrift, welche gegenseitige Zusagen enthalten, gültig, wenn so viele Origi⸗ nalien davon gemacht sind, als es Parteien giebt, die ein verschle⸗ denes Interesse dabei haben. Jede Urkunde unter Privat- Unter⸗ schrift hat gegen denjenigen Beweiskraft, welcher sie unterschrieben hat (Art. 1323). Deshalb ist es auch nicht nothwendig, daß jedes Exemplar der Urkunde über einen zweiseitigen Vertrag von beiden Theilen unterzeichnet wird; es genügt vielmehr, daß das Exemplar, welches der einen Partei eingehändigt wird, von der Gegenpartei
wunterschrieben worden ist. Es liegt also hier ein, durch eine gül⸗
tige Urkunde verbriefter Miethsvertrag vor, welcher der Stempel⸗
steuer unterworfen ist u. s. w.
Berlin, den 20. Oktober 1855.
Der General⸗Direktor der Steuern.
An Friedensrichter N. zu N.
Haupt⸗Verwaltung der Staatsschulden.
Bekanntmachung Ho im 2727. Deza m bit 1855 — be⸗ treffend die Ausreichung der Zins-Coupons Ser. II. zu den Stamm-Actien der Niederschlesisch⸗ Märkischen Eisenbahn. Bekanntmachung vom 16. Dezember 1855. (Staats-Anzeiger Nr. 295. . S. 2196.)
Mit Bezug auf das Publikandum vom 16ten d. M, betreffend die Ausreichung der Zins-Coupons Ser. Il. zu den Stamm -Actien der Niederschlesisch⸗Märkischen Eisenbahn,
machen wir hierdurch wiederholt bekannt, daß die Actten nicht an uns, noch an die Kontrole der Staats-Papiere, sondern an die hiesige Hauptlasse der Königlichen Direction der Niederschlesisch⸗ Märkischen Eisenbahn zur Beifügung der Coupons einzureichen sind.
Actien, welche uns dessenungeachtet noch zugehen, werden den Einsendern ohne Weiteres zurückgesandt werden.
Berlin, den 22. Dezember 1855.
Haupt-Verwaltung der Staatsschulden. Natan. Rolcke. Gamet. Nobiling.
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