1856 / 21 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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dann aus dem Fonds n n, wenn dies auf eine ganz be⸗ nders vortheilhafte Weise geschehen kann.

s 15. n, el gi für eine einzelne Pfarrstelle aus dem onds nicht mehr als Eintausend Thaler aufzuwenden, Aus nahms weise

. das Kuratorium die Aufwendung bis zu dem Kötrgge bon Funf,

zehn Hundert Thalern ausdehnen, Soll aber auch diese letztere Summe

zroch Kberschritten werden, so ist dazu die Genehmigung des Ministers

der geistlichen gu gel ger ert, im Einverständnisse mit dem Evangelischen

—⸗Keir e erforderlich.

8 1 der Ländereien geschieht auf den Namen des Fonds. Leistet ein Pfarrsystem einen erheblichen Beitrag zu dem Acgqui= sitionspreise, so kann das Kuratorium gestatten, daß der Erwerb auch fogleich auf den Namen der Pfarre selbst erfolgt, und daß der Zuschuß aus dem Fonds, unter Festsetzung der Rückzahlungs-Modalitäten, nur hypothekarisch versichert werde. Auf den Namen des Pfarrers darf der Erwerb niemals geschehen. ; .

§. 17. Der Pfarre werden die erworbenen Ländereien sofort zur Nutznießung übergeben, und zwar unter der Bedingung, daß jährlich die Hälfte des festzusetzenden Nutzungs-Ertrages der Ländereien in den Fonds zurückgezahlt werden muß, und daß mit dieser Rückzahlung so lange fortzufahren ist, bis, und zwar ohne Berücksichtigung von Zinsen, das ganze Anlage⸗Kapital gedeckt ist. In der Regel ist hierbei der Nutzungs— Ertrag nicht unter 5 pro Cent des Anlage⸗Kapitals anzunehmen.

§. 18. So lange das Anlage-Kapital durch die im S. 17 bestimm⸗ ten jährlichen Zahlungen an den Fonds noch nicht vollständig zurück, gewährt ist, bleibt der Fonds selbst Eigenthümer der auf seinen Namen erworbenen Ländereien, und das Kuratorium kann so lange auch den Nießbrauch des Pfarrers revoeiren.

Letzteres soll geschehen, wenn der Pfarrer die Ländereien entweder devastirt oder vor Sebastationen nicht gehörig schützt, oder wenn er schuld⸗ barer Weise die Rückzahlungen an den . nicht leistet. Ueber diese Gründe der Revocation und die Ausübung des Revocations⸗Rechtes überhaupt hat allein das Kuratorium zu befinden. und der Rechtsweg ist dabei ausgeschlossen. .

Kommt es zur Entziehung des Nießbrauches, so sind die Ländereien anderweitig zu verpachten und aus dem Pacht-Ertrage die festgesetzte Rückzahlungs-Rate zu entnehmen, von dem übrigen Theile die etwa ent— standenen Kosten zu decken, und der Rest dem Pfarrer zu überweisen. Dem letzteren steht ein Anspruch auf Rechnungslegung eder irgend ein Monitum über die Verwaltung der Ländereien und deren Ergebniß nicht zu.

9 19. Das Kuratorium ist ermächtigt, den nutznießenden Pfarrern die Rückzahlung zu stunden oder für ein und das andere Jahr auch gaͤnzlich nachzusehen, wenn dieselben durch besondere Umstände und ohne ihr Verschulden in die Lage gekommen sind, die Zahlung nicht leisten zu können. Auch hierüber entscheidet, mit Ausschluß des Rechtsweges, le— diglich das gewissenhafte Ermessen des Kuratoriums. Von der vollstän— digen Rückzahlung des Anlage-Kapitals überhaupt kann aber in einem Falle etwas nachgelassen werden.

§. 20. Ist die Rückzahlung des Anlage-Kapitals für die aus dem Fonds und auf den Namen des Fonds erworbenen Ländereien durch die in Gemäßheit des §. 17 geleisteten jährlichen Theilzablungen vollständig erfolgt, so werden die Laͤndereien alsdann der Pfarre als Eigenthum überwiesen.

§. 21. Es soll die Veranstaltung getroffen werden, daß die König— lichen Kreis-Kassen alle an den Fonds zu leistenden jährlichen Rückzah— lungen aufsammeln und an die Instituten-Haupt-Kasse der Königlichen Regierung zu Breslau abführen. Die Zahlung an die betreffende Kreis— gef haben die einzelnen Nutznießer auf ihre Kosten zu leisten.

. 22. Jedem Nutznießer der auf dem Namen des Fonds erwor⸗ benen Ländereien ist vor oder bei Uebergabe der letzteren ein die §§. 17 bis 21 enthaltender Extrakt dieser Statuten in zwei Exemplaren auszu— händigen, von welchen er das eine zu seinem Gebrauche behält, das an— dere, nachdem er es mit seiner Unterschrift versehen, an das Kuratorium zurückreicht.

§. 23. Abänderungen in den Grundbestimmnngen dieses Statuts können nur auf Antrag der Minister der geistlichen Angelegenheiten und des Innern, im Einverständnisse mit dem Evangelischen Gber-⸗Kirchen— Rathe, durch unmittelbare landesherrliche Verordnung geschehen.

Berlin, den 3. Mai 1855.

Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten. von Raumer.

Justiz⸗ Vt inisterium.

Erkenntniß des Königlichen Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenz-Konflikte vom 9. Juni 1855, daß Streitigkeiten zwischen einer Guts— herrschaft und einer Gemeinde darüber, ob die erstere wider ihren Willen mit der letzteren einen gemeinschaftlichen Armen-Verband zu bilden und demgemäß zu den Kosten der Armenpflege in dem Gemeinde⸗Bezirk beizutragen verpflichtet, im Rechtswege zu entscheiden seien. Auf den von der petenz - Konflikt in der cid J , e, Prozeßsache ꝛc. 6. erkennt der Königliche Gerichtshof zur Entfchelbung

der Kompetenz-⸗ftonflikte für Recht: daß ber Rechtsweg in dieser Sach:

für zuläffig und der erhobene K ; ; j zu et achten Von Rechts , Konflikt daher für unbegründet

Gründe.

Zwischen den Parteien ist streitig geworden, ob die Gutsherrschaft zu den Kosten der Armenpflege in dem bezeichneten Antheil von T. ver— pflichtet sei. Die Gemeinde, welche dergleichen Beiträge fordert, während die Gutsherrschaft solche verweigert, nahm bei der Armen ⸗Rechnung für 1853 die Vermittelung des Landraths in Anspruch, welcher auch den für dieses Jahr von der Gutsherrschaft zu leistenden Beitrag auf 14 Thlr. 4 Sgr. 6 Pf. festsetzte und, als die Zahlung unterblieb, durch administra— tive Exekution beitreiben ließ. Dies veranlaßte die Gutsherrschaft zur vorliegenden Klage gegen die Gemeinde, in der sie behauptete: sie besitze in T. weder ein Vorwerk, noch sonst Grund und Boden oder Gebäude; die früher von den Dorfsbewohnern ihr entrichteten gutsherrlichen Zinsen seien 1851 durch Rezeß vollständig abgelöst und so jeder gutsherrliche Nexus zwischen ihr und der Gemeinde beseitigt; niemals habe sie vor 1853, insonderheit nicht seit 40 50 Jahren, zu den Armen-Ver⸗ pflegungskosten der Gemeinde beigetragen; ihre durch den Landrath jetzt erfolgte Heranziehung dazu werde weder durch einen besonderen Rechts— titel, noch durch die bestehenden Gesetze gerechtfertigt; das die Verpflich— tung zur Armenpflege in der ganzen Monarchie regulirende Gesetz vom 31. Dezember 1842 mache im §. 5 diejenigen Gutsherrschaften, deren Güter, wie es hier der Fall sei, nicht im Gemeindeverbande sich befän— den, nur zur Fürsorge f die in dem Gutsbezirk befindlichen Armen, nicht aber auch zur Mitverpflegung der Armen der Gemeinde verbindlich; eine Ausnahme trete nach §. 7 a. a. O. zwar da ein, wo Rittergut und Ge⸗ meinde verfassungs- oder vertragsmäßig zu einem gemeinschaftlichen Armen-Verbande vereinigt seien; dies aber sei hier niemals geschehen und könne namentlich nicht etwa aus dem für Schlesien ergangenen Edikte „wegen Ausrottung der Bettler 26.“ vom 14. Dezember 1747 und aus ö Vorschrift hergeleitet werden, daß die Grundherrschaf— ten bei Versorgung der zu ihrer Jurisdiction gehörenden Armen mit den Gemeinden zu konkurriren hätten; denn gemeinschaftliche Armen-Verbände zwischen Gutsherrschaften und Gemeinden habe das Edikt hierdurch nicht geschaffen, sondern nur bestimmt, wer zur Armen— pflege überhaupt heranzuziehen sei; an die Stelle dieser Bestimmungen aber seien die neuen Vorschriften des Gesetzes vom 31. Dezember 1842 getreten, dessen 5. 36 ausdrücklich alle darüber früher ergangenen, so—⸗ wohl allgemeinen als besonderen Vorschriften außer Kraft gesetzt habe, mithin auch jenes für Schlesien ergangene Edikt, dessen Vorschriften überdies schon dadurch unanwendbar geworden seien, daß inzwischen die Erb-Unterthänigkeit und gutsherrliche Jurisdiction, aus denen sie abge— leitet worden, aufgehoben seien. .

Gestützt auf diese Ausführungen, beantragte Klägerin, die Gemeinde zu verurtheilen: 1) anzuerkennen, daß die Gutsherrschaft nicht verpflichtet sei, zur Erhaltung resp. Unterstützung der Ortsarmen der Gemeinde T. zu kontribuiren, daß vielmehr die Gemeinde, der Guts herrschaft gegen⸗ äber, die Fürsorge für jene Ortsarmen allein und aus eigenen Mitteln zu tragen habe; 2) an Klägerin den mittelst administrativer Execution eingezogenen Armenpflege-Beitrag pro 1853 mit 14 Rthlrn. 4 Sgr. 6 Pf. zurückzuzahlen.

Die verklagte Gemeinde reichte zwar eine schriftliche Klage-Beant⸗ wortung ein, in der sie bon den thatsaͤchlichen Behauptungen der Klägexin, namentlich die, daß dieselbe niemals vor 1853 Armen- Beiträge geleistet habe, im Uebrigen aber zugleich alle rechtlichen Ausführungen der Klägerin bestritt. Indessen harte bereits die Regierung zu Breslau den Kompetenz— Konflikt erhoben und dadurch die Sistirung des Prozeßverfahrens herbei— geführt. Von den Parteien hat sich nur bie Klägerin Üüber den Konflikt, sedoch erst nach Ablauf der vierwöchentlichen Praäklusipfrist, und also zu spät, schriftlich geäußert. Die betheiligten Gerichtsbehörden sind über denselben verschiedener Meinung; das Kreisgericht hält den Konflikt für unbegründet, das Appellationsgericht zu Breslau meint, er sei begründet. Die erstere dieser Meinungen ist als die richtige anzuerkennen.

Die Regierung hat in ihrem Beschlusse den Kompetenz-Konflikt zum großen Theil durch Erwägungen zu rechtfertigen versucht, welche in die materielle Beurtheilung des zwischen den Parteien obwaltenden Nechts— streites selbst hinübergreifen und deshalb von dem unterzeichneten Ge— richtshofe, der nicht über diesen sachlichen, sondern nur über den Fom— petenz-Streit zu entscheiden hat, nicht in Betracht gezogen werden können. Was in dem Regierungsbeschluß auf die Kompetenz⸗Frage Bezügliches beigebracht ist, beschränkt sich auf die Behauptungen, daß dem Rechts- wege über die Klage 1) weil dieselbe gegen ein Hoheitsrecht und gegen eine „Anordnung der Landesbehörde“ ankämpfe, der §. 1. der Einleitung zur Ällgemeinen Gerichts-Ordnung, so wie der §. 36 der Verordnung dom 26. Dezember 1808, nebst dem S§. 18 Tit. 14. ZThl. II. des Allge⸗ meinen Landrechts, zugleich aber auch 2) weil dieselbe gegen eine po— lizeiliche Verfügung gerichtet sei, das Gesetz vom 11. Mai 1842 entgegen⸗ stehe. Keine dieser Behauptungen aber zeigt sich bei näherer Prüfung als durchgreifend.

ad 1. Rur die erstere ist in dem Regierungs⸗Beschlusse theilweise näher entwickelt. Derselbe erblickt in der Klage ein nach f Zb der Ver⸗ ordnung vom 26. Dezember 1808 unzulassiges Ankämpfen gegen ein Hoheitsrecht und gegen eine „Anordnung der Landesbehörde“ um des— halb, weil Klägerin sich dadurch der durch ein Gesetz, nämlich durch das, wie behauptet wird, noch geltende provinzielle Edikt vom 14. Dezember 1747, in allen Dörfern Schlesiens und sonach auch in T. eingeführten und thatsächlich dort noch bestehenden Organisation zu entziehen suche, nach welcher Gutsherrschaft und Gemeinde zu einem Orts⸗Armen-⸗Ver⸗ bande vereint seien. Das Recht zur Gesetzgebung und namentlich das zur gesetzlichen Organisirung des Armen⸗-Verpflegungswesens soll also dasjenige Hoheitsrecht sein, welches zur Engebuͤhr durch die vorliegende stlage angegriffen werde. Waͤre diese Anschauungsweise, gegen die sich mit Recht“ die betheiligten Gerichtsbehörden ausgesprochen haben, gegründet, und müßte man es danach stets als einen Angriff gegen das Hoheits- oder Majestätsrecht zur Gesetzgebung bezeichnen, wenn ein äläger auszuführen sucht, daß ein gewisses einzelnes Gesetz auf ihn aus

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besonderen Gründen nicht anwendbar, oder daß dasselbe nicht mehr gültig sei, so würden unzählige Klagen vom Rechtswege ausgeschlossen werden müssen. Der §. 36 der Verordnung vom 265. Sezember 1808 untersagt aber nur solche Prozesse, die ü ber ein Hoheits- oder Majestätsrecht oder über Akte eines solchen geführt werden sollen, und paßt daher nicht auf den vorliegenden, in welchem Klägerin nicht im mindesten die legislative Berechtigung der Krone zum Erlaß jenes Edikts von 1747, sondern nur dessen bisher auf sie erfolgte Anwendung und dessen noch jetzt fort⸗ dauernde Gültigkeit mit der Behauptung bestreitet, daß dasselbe durch das spätere allgemeine Gesetz über die Armenpflege vom 31. Dezember 18427 aufgehoben sei; von einem Streit über ein Hoheitsrecht ist also hier nicht die Rede und die Ausführung im Regierungsbeschlusse mithin inso— weit verfehlt.

Indessen ist in diesem Beschlusse, wie erwähnt, bei der Bezugnahme auf den 5. 36 der Verordnung vom 26. Dezember 1898 zugleich der darin ebenfalls bezeichnete §. 78 Tit. 14. Thl. II. des Allgemeinen Land— rechts allegirt, welcher verordnet:

daß über die Verbindlichkeit zur Entrichtung allgemeiner Anlagen, denen sämmtliche Einwohner des Staats, oder alle Mitglieder einer gewissen Klasse derselben, nach der bestehenden Landes verfassung unter— worfen sind, kein Prozeß stattfinde; und wenngleich die Regierung die Gesichtspunkte nicht angedeutet hat, nach welchen sie diese Vorschrift hier für anwendbar hält, so muß diese Anwendbarkeit doch schon deshalb geprüft werden, weil auch das Kreis— gericht auf dieses Gesetz Bezug nimmt, indem es ausführt: die darin aufgestellte Regel finde auf die vorliegende Klage nur aus dem Grunde keine Anwendung, weil hier einer der Ausnahmefälle des §. 79 a. a. O. eintrete, indem Klägerin ihre Befreiung von den Beiträgen zur Armen⸗ berpflegung, wenn auch nicht aus speziellen Rechtstiteln, doch aber aus allgemeinen gesetzlichen Vorschriften nachgewiesen habe.

Diese Meinuͤng des Kreisgerichts ist jedoch jedenfalls nicht als rich— tig anzuerkennen. Wären auch wirklich die S§. 3 und 79 a, a. O. überhaupt hier anwendbar, so würde Klägerin ihr Verlangen, zum Rechts⸗ wege verstattet zu werden, durch Berufung auf den §. 79 nur dann stützen können, wenn sie ihre angebliche Befreiung von den Beiträgen zur Armenverpflegung aus einem der in den §S§. 4 8 4, a. O. des Allgemeinen Landrechts angegebenen besonderen Gründe, also entweder

aus einem Vertrage, einem Privilegium oder aus der Verjährung herzu⸗ leiten bermocht hätte. Dies aber hat sie nicht gethan, und namentlich ist— ; gebracht, über ihren Inhalt ergiebt aber die Klage, daß der Landrath da⸗

ihre thatsächliche Anführung, . ; daß sie vor 1853 niemals und insbesondere nicht seit 40 50 Jahren zu der Armenverpflegung in T. beigetragen habe,

nicht etwa als eine Berufung auf die Verjährung zu betrachten, da nach o einen Kostenbeitrag von 14 Rthlrn. 4 Sgr. 6 Pf. für die Armenpflege

5§. 656 Tit. 9 Thl. J. des Allgemeinen Landrechts hierzu noch die Be⸗ hauptung und der Nachweis erforderlich sein würden, daß sie ursprüng— lich zur Leistung dieser Beiträge aufgefordert worden sei, dieselben aber verweigert habe, und seitdem während der Verjährungszeit im Besitz der Freiheit geblieben sei.

Allein auch der §. 718 Tit. 14 Th. II. a. a. O. greift hier nicht Platz, denn von Staatsabgaben, die derselbe zunächst im Auge hat, ist hier nichk die Rede, da man die Verbindlichkeit zur Armenpflege überhaupt,

welche das Gefetz beziehungsweise den Gemeinden, Gutsherrschaften, und hin J so ist jedenfalls den betheiligten Gerichtsbehörden in der Ansicht nicht

in zubsidium den Provinzen als eine soziale Last auferlegt hat, nicht als eine bom Staate vermöge des Besteuerungsrechts den Individuen ange— sonnene allgemeine Abgabe betrachten kann. Eher würde die Ansicht zu rechtfertigen sein, daß, da die §§. 18 und 79 a. a. O. analogisch auch auf Kommunalsteuern und Abgaben anwendbar erscheinen, diejenigen Bei⸗ träge, welche jede einzelne Gemeinde zur Bestreitung der Kosten der ihr obliegenden Orts-Armenpflege von ihren einzelnen Mitgliedern fordert, der Beurtheilung nach jenen Vorschxiften zu unterwerfen seien, und daß daher auch die Zulässigkeit des auf Befreiung von diesen Beiträgen ge— richteten Prozesses eines Gemeindegliedes gegen die Gemeinde danach be— urtheilt werden müsse.

Ein derartiger Prozeß liegt aber hier nicht vor, da die klagende

Gutsherrschaft nicht Mitglied der Gemeinde ist, vielmehr außerhalb der⸗ selben steht und selbst eines derjenigen Rechtssubjekte ist, denen der Staat die Verbindlichkeit zur Armenpflege im §. 5 des Gesetzes vom 31. De⸗ zember 1842 unmittelbar mit den Worten auferlegt hat: „Gutsherrschaften, deren Güter nicht im Gemeinde-Verbande sich be⸗

finden, sind zur Fürsorge für die im Gutsbezirke befindlichen

Armen in gleicher Weise, wie die Gemeinden, verpflichtet.“

Denn daß etwa die Gutsherrschaft von T. sich mit ihren Gütern im Gemeinde-Verbande befände, ist von keiner Seite und selbst nicht von der Regierung behauptet, auch keineswegs zu vermuthen. Einem Besteue⸗ rungsrecht der Gemeinde also, das dieselbe nach Analogie des S. 78 a. 4. O. des Allgemeinen Landrechts gegen ihre Mitglieder ohne Prozeß geltend machen könnte, unterliegt die klagende Gutsherrschaft nicht; ihr soird vielmehr von der Gemeinde in Bezug auf die Last der Armenpflege ein Sozietäts-Verhältniß zugemuthet, dessen Bekämpfung im Wege des Prozesses ihr wenigstens nicht auf Grund jener hier nicht passenden land⸗ rechtlichen Vorschriften versagt werden kann.

Endlich steht auch der von der Regierung noch allegirte 8. 1 der Einlestung zur Allgemein en Gerichts-Ordnung, welcher bestimmt:

daß alle Streitigkeiten über Sachen und Rechte, die einen Gegenstand

des Privateigenthums ausmachen, in Ermangelung gütlichen Ueber⸗

einkommens durch richterlichen Ausspruch entschieden werden sollen, der Zuläffigkeit borliegender Klage nicht entgegen. Denn abgesehen da— von,„daß es überhaupt bedenklich ist, in dieser Vorschrift, die ihren Wor⸗ ten nach auch als ein Verbot der Selbsthülfe gedeutet werden kann, eine Abgraͤnzung der Kompetenz zwischen den Gexichts- und den Verwaltungs—⸗ Behörden ünd namentlich die Bestimmung finden zu wollen, daß die Ge⸗ richte durchaus inkompetent seien, über Streitigkeiten zu entscheiden, die in das Gebiet des öffentlichen Rechts sich erstrecken, so kann man auch den borliegenden Streit zwischen der Gutsherrschaft und Gemeinde über das von der letzteren behauptete Sozietäts- Verhältniß insofern einen blos pri⸗

Streits bezweckte.

vatrechtlichen nennen, als es sich dabei nicht um das; ortbestehen der aller⸗ dings der Sphäre des öffentlichen Rechts angehörenden Armenpflege selbst, deren Sicherung, auch wenn die Gemeinde allein dieselbe besorgt, nicht in Zweifel gezogen ist, sondern lediglich um die Kosten derselben, mithin um ein oh Beld-Interesse handelt, bei dessen Beurtheilung das ge— meine Wohl in keiner Weise im Spiele ist.

Durch ihre vorstehend nach allen Seiten hin geprüfte erste Behaup— kung hat die Regierung also den Kompetenz-Konflikt nicht mit Erfolg begründet.

ad 2. Nach der zweiten soll die Klage der Gutsherrschaft um des— halb unzulässig sein, weil sie, dem Gesetzs vom 11. Mai 1842 zuwider, eine polizeiliche Verfügung angreife. Dieser Meinung ist auch das Ap⸗ pellationsgericht zu Breslau, indem dasselbe ausführt, die auf Befreiung bon der polizeilich iht auferlegten Verbindlichkeit zur Theilnahme an der Orts⸗Armenpflege gerichtete Klage der Gutsherrschaft sei unstatthaft, weil sie den Bedingungen des §. 2 jenes Gesetzes nicht entspreche. Das Kreis⸗ gericht zu M. behauptet das Gegentheil hiervon und will deshalb auf Grund eben jenes §. 2 die Klage zulassen.

. Vor Allem aber fragt sich erst, worüber die Regierung sowohl als die Gerichte sich nicht bestimmt ausgesprochen haben, welche polizeiliche Verfügung denn hier als eine durch die Klage angegriffene gemeint sei? Die Regierung scheint, nach den Worten ihres Beschluffes, dabei wieder den in Schlesien durch das Edikt von 1747 in Bezug auf die ländliche Armenpflege hervorgerufenen Zustand der gemeinschaftlichen Armen— Verbände im Auge zu haben, den sie als eine „faktisch noch bestehende Organisation‘ und als eine „Anordnung der Landesbehörde“ bezeichnet. Daß aber die Bezugnahme auf einen solchen, unmittelbar durch das Gesetz geordneten Zustand nicht genügt, wenn man einer dagegen ge⸗ richtlich erhobenen Klage das Gesetz vom 11. Mai 1843 ent— gegenhalten will, sondern daß in dem letzteren nur an solche Klagen gedacht ist, die gegen eine bestimmte, in einem gegebenen Falle von einer Behörde erlassene polizeiliche Verfügung gerichtet find, ist nach der Fassung jenes Gesetzes nicht zu bezweifeln.

Eine derartige, in das Rechtsverhältniß der Parteien eingreifende Verfügung ist aber in der That hier von dem Landrath erlassen, und auf diese scheinen daher die genannten Gerichtsbehörden den Einwand zu be— ziehen. Es fragt sich jedoch, ob dies überhaupt und mit Erfolg ge⸗ schehen kann. .

Jene landräthliche Verfügung ist zwar von der Klägerin nicht bei—

durch, als die Gemeinde unter Vorlegung ihrer Armen-Rechnung für 1853 seine Vermittelung in Anspruch nahm, den mit der Guts herrschaft obwaltenden Streit gegen die Letztere entschied und derselben anbefahl,

jenes Jahres zu zahlen. Es kann nun zuvörderst bezweifelt werden, ob man diese Entscheidung des Landraths im Sinne des Gesetzes über— haupt eine polizeiliche Verfügung nennen könne, da sie nicht eigentlich die polizeiliche Forderung oder Sichexung der Armenverpflegung, sondern nur die Ausgleichung eines über die Kosten dieser Verpflegung bei der Kommunal-Verwaltung der verklagten Gemeinde zur Sprache gekommenen Nimmt man aber auch in der That das Erstere und mithin das Gesetz vom 11. Mai 1842 überhaupt hier für anwendbar an,

beizutreten, daß die Zulässigkeit des Rechtsweges in Ansehung der vor⸗ liegenden Klage nach dem §. 2 jenes Gesetzes zu beurtheilen sei Denn dieser Paragraph paßt hier gar nicht, weil Klägerin nicht, wie darin vor—

ausgesetzt wird, ihre Befreiung von der ihr polizeilich auferlegten Ver⸗

pflichtung, der Polizeibehörde gegenüber, verficht, sondern ihre Klage vielmehr gegen die Gemeinde T. gerichtet und nur allein von dieser

die Anerkennung gefordert hat.

daß sie, die Klägerin nicht verpflichtet sei, zu den Kosten der Orts— Armenpflege in T. zu kontribuiren, sondern vielmehr die verklagte Ge⸗ meinde, der Klägerin gegenüber, die Fürsorge für jene Armen allein und aus eigenen Mitteln zu tragen habe. Dagegen paßt auf diesen Klage-Antrag genau die Vorschrift im §. 5 jenes Gesetzes: „Behauptet derjenige, welchem durch eine polizeiliche Verfügung eine Verpflichtung auferlegt worden ist, daß diese Verpflichtung ganz oder theilweife einem Anderen obliege, so ist zur Feststellung der Rechte unter den Betheiligten und über die zu leistende Entschädigung die richterliche Entscheidung zulässig.“ Wäre daher das Gesetz vom 11. Mai 1842 hier anwendbar, so müßte nach dieser Vorschrift desselben der Rechtsweg, den die Regierung bekämpft, vielmehr für zulässig erklärt werden. ; Wenn aber nach dem Vorstehenden alle von der Regierung für den Kompetenz-Konflikt geltend gemachten Gründe nicht durchgreifend sind, so ist schließlich nur noch zu prüfen, ob dafür etwa andere Gründe in den Gesetzen sich auffinden lassen, und namentlich in dem Gesetz vom 31. Dezember 1842, durch welches über die Verpflichtung zur Armen⸗ pflege umfassende Negeln für die ganze Monarchie aufgestellt worden find.

Dies ist indessen nicht der J.

Das angeführte Gesetz hat genau festgestellt, wem an den verschiede⸗ nen Orten . Fürsorge für die als Ortsangehörige daselbst sich befin⸗ denden Armen obliege; danach trifft diese Obliegenheit in den städtischen oder ländlichen Gemeinde⸗-Bezirken die Gemeinde (8. I), in den Bezirken der Güter, die sich nicht im Gemeindeverbande befinden, die Gutsherr⸗ schaft (5. 5). Im‘ § 7 aber bestimmt das Gesetz ferner⸗

„Wo Domainen und Rittergüter, welche nicht im Gemeinde⸗Verbande sich befinden, nach besonderer Verfassung, oder in Folge freier Ueber⸗ einkunft, mit Gemeinden zu einem gemeinschaftlichen Armen⸗Verbande vereinigt sind, ist ein solcher Verband in Beziehung auf die Armen⸗ pflege einer Gemeinde gleich zu achten. ;

Diese letztere Vorschrift halten die verklagte Gemeinde und die Re⸗ gierung auf den vorliegenden Fall für zutreffend, indem sie behaupten, daß nach der durch das Edikt vom 14. Dezember 1747 in Schlefien ein⸗