1856 / 119 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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ihr Votum gegen die Errichtung eines gemeinschaftlichen Appel= la hon See ch für beide Herzogthümer in hiesiger Stadt abge— geben und dadurch die Gemeinschaftlichkeit der Gerichtsorganisa—⸗ tion überhaupt in Frage gestellt haben. Die Rechtsgesetzgebungs⸗ Kommission, welche übrigens bezüglich der einzuführenden thürin⸗ gischen Strafprozeßordnung in ihrer Mehrheit die Einführung von Geschwornengerichten für unser Land abgelehnt hat, ist in Folge jenes Votums zu dem Antrage geführt worden, daß der gemein⸗ schaftliche Landtag vorerst nur beschließe, daß einseitig in den

beiden Landestheilen mit der Gerichtsorganisation vorgeschritten

erde. inschaftli ird am 22st ö , . . 4 ; werde. Der gemeinschaftliche Landtag wird ng sten d. M. h liefen, so sei ein Defizit von 22,732. 000 Pfd. geblieben, wobei der Vor—

schuß von einer Million auf die sardinische Anleihe und die Ablösung ererbter Pensionen, die sich auf 213,000 Pfd. beliefen, nicht mitzerechnet seien. Im Ganzen habe man mithin 23,936,000 Pfd. mehr verausgabt,

seine Verhandlungen wieder beginnen. (L. Ztg.!

Frankfurt a. M., 21. Mai. Gestern Nachmittag sind Ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kron⸗— prinzessin von Württemberg von Stuttgart hier angekom—

men und haben auf dem Schnellzug der Main-Weserbahn die Reise z . brae 1 . 00 h ͤ chnellzuz h mehr, als der Betrag des Defizits. Am 31. März 1856 seien

5,60 0000 Pfd. am 31. März des vorhergehenden Jahres hingegen

nach Berlin fortgesetzt, um dort die Kaiserliche Mutter von Ruß— land zu begrüßen. (Fr. P. Ztg.)

Großbritannien und Irland. London, 20. Mai. Das Oberhaus versammelte sich gestern zum ersten Male nach Pfingsten. Lord Colchester kündigte auf Donnerstag eine Resolution an, welche die auf dem pariser Kongresse beschlossenen Reformen des Seerechtes verdammt. Lord Elgin fragte, ob ein in den Zeitungen veröffent—

lichter Brief, welcher sich auf Waffenlieferungen seltens der englischen

Regierung an die Regierung von Costa Rica beziehe, echt sei. Der Earl von Clarendon antwortete bejahend. Seit dem Ein— falle Walker's in Nicaragua, bemerkte er, hätten sich die Re— gierungen Costa Rica's und anderer central-amerikanischen Staaten an England um Hülfe gewandt. Auf alle derartigen Aufforderungen habe die englische Regierung eine abschlägige Antwort ertheilt, indem sie erklärte, die Angelegenheiten Central-Amerika's gingen sie nichts an, wiewohl ihr der Angriff auf Nicaragua leid thue. Letzteres sei um so mehr der Fall, weil das Eigenthum britischer Unterthanen durch Walker gelitten habe, und sie werde sich daher freuen, wenn sein Unternehmen keinen weiteren Fortgang habe. Alles, was sie zu thun gedenke, werde sich darauf be— schränken, daß sie einige Schiffe zum Schutze britischer Interessen und britischen Eigenthums an die central- amerikanische Küste senden werde. Doch habe sich die englische Regierung bereit erklärt, der Republik Costa Rica, mit der sie auf freundschaftlichem Fuße stehe und die ihren Verpflichtungen gegen England stets redlich nach— gekommen sei, was sich bon den übrigen central-amerikanischen Staaten nicht sagen lasse, Waffen zu liefern. In Costa Rica sei viel britisches Eigenthum aufgehäuft. Zur Absendung jener Waffen sei es übrigens gar nicht gekommen, da mittlerweile der Agent Costa Riꝑeag's mit dem man unterhandelt habe, gestorben sei. Vor einiger Zeit habe Walker britisches Eigenthum in Nicaragua mit Beschlag belegt. Die englische Regierung habe mit der Regierung der Vereinigten Staaten über das Unternehmen Walker's Rücksprache genommen, und Crampton berichte in einer Depesche vom 15. März über eine diesen Gegenstand betreffende Unterredung mit dem Staats-Secretair Marcy. Letzterer habe bei jener Gelegenheit geäußert, daß die Regierung der Vereinigten Staaten den Zustand der Dinge in Nicaragua im höchsten Grade bedaure, da derselbe geeignet sei, den guten Ruf der Union zu benach— theiligen. Sie wünsche den Sturz der Herrschaft Walker's eben so sehn— lich herbei, wie die englische Regierung, und sei entschlossen, Genugthunng für den Schaden zu fordern, der Bürgern der Vereinigten Staaten durch Walker zugefügt worden sei. Darauf hin habe er (Clarendon) zu ver— stehen gegeben, daß ein gemeinsames Handeln beider Regierungen zum Schutze des Eigenthums ihrer Angehörigen rathsam sein würde. Als Antwort auf verschiedene Fragen des Earl von Malmesbury ent— gegnete Lord Clarendon, es sei allerdings wahr, daß eine Tscher— kessen-Deputation bei der Pforte erschienen sei; doch habe er von dem britischen Gesandten in Konstantinopel weiter kein Dokument erhalten, als einen Brief der Tscherkessen-Haäuptlinge an die Königin. In Folge der Nachricht von dem Abschlusse des Friedens hätten die Tscherkessen den Wunsch kund gethan, ihre Unabhängigkeit ge— sichert zu sehen. Die Persönlichkeit, welche an der Spitze der Beputation stehe, sei kein Tscherkesse und habe sich während der beiden Kriegsjahre den Verbündeten nichts weniger als freundschaftlich erwiesen. Jenem Manne sei es hauptsächlich zu verdanken, daß die Befestigungen von Anapa nicht zerstört worden seien, und er sei einer der eifrigsten Agenten Rußlands. Die besagten Personen hätten daher durchaus keinen An— spruch auf das Wohlwollen der Verbündeten. Der Vorlegung der an die englische und franzoͤsische Regierung gerichteten sardinischen Note

stehe nichts im Wege. Ein Antrag des Earl von Albemarle auf damals. Man hoͤre vielfach die Ansicht äußern, daß der Uebergang aus

Einsetzung eines Untersuchungs-Ausschuffes, welcher dem in Ost— indien herrschenden Regierungs-Systeme seine Aufmerksamkeit wid— men soll, wird verworfen, ohne daß es darüber zur Abstim— mung kommt. Lord Brougham'es Ehe -⸗Bill geht durchs Comité.

In der gestrigen Unterhaus-Sitzung fragte Otwah den Mini-

ster der Bauten und Parks, wie es sich mit dem Verbote der sonntäg⸗

lichen Musik⸗Aufführungen verhalte. Sir B. Hall: Ich erhielt vor

einigen Tagen von meinem an der Spitze der Regierung stehenden edlen reunde den Auftrag, die sonntäglichen Mufsik-Aufführungen in den Parks

einzustellen, Das ist alles, was ich von der Eache weiß. Otwah bittet ierauf Lord Palm er ston um Auskunft, und dieser erklärt, daß das be⸗—

2 Verbot seinen Grund in dem mehrerwähnten Briefe des Erzbischofs

von Canterbury habe, sich jedoch auf keine anderen Städte, als auf Lon.

don, erstrecke. Eine Frage Roebuck's über die von „Daily News“

erwähnte Deputation schotkischer Parlaments⸗Mitglieder beantwortet der

Premier dahin, daß er sagt, eine solche Deputation sei gar nicht bei ihm

gewesen. Lord Goderich fragt, ob die Vorlegung der beiden die

Lage Italiens betreffenden sardinischen Noten erfolgen werde. Lord Palmerston entgegnet, er werde die Frage morgen beantworten. Im Comité der Mittel und Wege macht hierauf der Schatzkanzler seine Finanz⸗-Verlage. Er erinnert zuvörderst daran, wie er schon im Februar mit einem Budget vor das Haus getreten sei. Damals habe sich bei seinen Voranschlägen ein muthmaßliches Defizit bon 3,560, 000 Pfd. St. herausgestellt, zu dessen Deckung er eine An— leihe von 5,000,000 Pfd. St. vorgeschlagen habe, welche auch ange⸗ nommen worden sei. Später habe er dem Hause ein Projekt zur Ausgabe von 3,000,000 Pfd. in Schatzscheinen vorgelegt, welches zur Ausführung gekommen sei. Da die Ausgaben des berflossenen Jahres sich auf 88,428,000 Pfd. und die Einnahmen auf 65,B 704,000 Pfd. be—

als eingenommen. Zur Deckung dieser Summe seien durch Anleihen und Schatzscheine 26,478,000 Pfd. aufgebracht worden, also 2,542,000 Pfd.

nur 3,949,000 Pfd. im Staatsschatze gewesen. Die Gefsammt-Äuͤg—

gaben während der beiden Kriegsjahre beliefen sich mit Einschluß der Sardinien vorgeschossenen einen Million auf

155,171,000 Pfd., während die Ausgaben in den beiden letztvorhergegan— genen Frieden siahren 102,032,900 Pfd. betrugen, was einen Unterschied bon 53,088,900 Pfd. St. macht. Die Einkünfte in den beiden Kriegs. jahren beliefen sich auf 125,200,900 Pfd., in den beiden vorerwähnten Friedensjahren auf 108,018,000 Pfd., was einer auf dem Wege der Besteuerung erzielten Zunahme um 17,182,000 Pfd. gleichkommt. Durch Vergrößerung der fundirten und unfundirten Schuld wurden 33,604,000 Pfd. aufgebracht, so daß während der beiden Kriegsjahre im Ganzen 50,786,000 Pfd. mehr in den Staatsschatz flossen, als während der bei— den vorhergehenden Friedensjahre. Rechnet man dazu den Ueberschuß dieser Friedensjabre, so erhält man als für die Kriegszwecke verwendbare außerordentliche Summe 5ß,772, 9090 Pfd. und wenn man die Kriegskosten des Finanzjahres 1856/57 auf 24,500,000 Pfd. veranschlagt und die— selben mit hinzurechnet, im Ganzen 77,588,900 Pfd. Wenn auch der Krieg beendigt sei, bemerkt der Schatzkanzler, so müͤsse das laufende Jahr in finanzieller Hinsicht doch noch als Kriegsjahr betrach— tet werden. Es gereiche ihm zur Freude, mittheilen zu können, daß die Regierung im Stande gewesen sei, die ursprünglich für Heer und Flotte beranschlagten Summen bedeutend herabzusetzen, indem dieselben sich auf 54,874,000 Pfd. belaufen hätten, jetzt aber auf 37,315,000 Pfd. ermäßigt seien, was einen Unterschied von 17,559,000 Pfd. mache. Zu den eigent— lichen Kriegskosten komme noch das in Felge des Vertrages mit Sar—

dinien zu zahlende Geld. Die Gesammt-Ausgaben des laufenden Jabres mit Einschluß der sardinischen Anleihe veranschlage er auf 75,575,000

Pfd. Der Vorsicht halber aber sei es gut, da inan gewisse Ausgaben nicht vorher genau berechnen könne, noch 2,000,000 Pfd. in Bereit— schaft zu halten, se daß sich dann das ganze Ausgabe-Budget auf 77. 525,000 Pfd. belaufen würde. Da er nun die Einnahmen auf 67,152,000 Pfd. veranschlage, so sei ein Defizit von 103373, 060 Pfd. zu erwar— ten, welches jedoch, wenn man den nech nicht verausgabten Rest der Anleihe vom vorigen Jahre, 1,500,000 Pfd. nämlich, mit in Rechnung bringe, auf 8, 873,000 Pfd. herabsinke. Mit Rücksicht auf die Lage des Landes und auf die Schwierigkeit oder Unwahrscheinlichkeit, diesen Betrag sofort durch neue Steuern aufzubringen, habe die Regierung die Auf— erlegung neuer Steuern nicht für rathsam gehalten, wie sie andererseits auch eine Steuer-Ermäßigung nicht empfehlen könne. Er habe es des—

halb vorgezogen, eine Anleihe bon 5, 000,900 Pfd. abzuschließen. Wie er

von Baron Rothschild gehört habe, beliefen sich die Deposita bereits auf 4,000,000 Pfd., das heißt auf eine Summe, welche ein zum Vor— schusse bereites Kapital von 40,000,000 Pfd. repräsentire. Die An— leihe werde jedoch nicht das ganze Defizit decken. Um die noch außer— dem zu bestreitende Summe aufzubringen, werde er später die Ermächti— gung nachsuchen, noch weitere 900,090 Pfd. in Schaktzscheinen zu borgen. Der gegenwärtige Stand des Geldmarktes lasse eine Erhöhung der schwehen— den Schuld nicht als rathsam erscheinen. Doch glaube er, daß die Ent— werthung der Exchequer-Bills in vorübergehenden Ursachen ihren Grund hahe. Der Werth der noch ausstebenden Exchequer-Bills belaufe sich auf 20,124,000 Pfd., von welcher Summe sich 5, 000,000 Pfd. in den Händen der Kommissare für die Reduction der National-Schuld

befänden, so daß eigentlich nicht mehr als 15,24, 000 Pfd. auf den

Markte seien. Wenn man die Höhe der Staatsschuld zu Ende des letzten großen Krieges mit der gegenwärtigen Finanzlage vergleiche, so zeige sich eine Abnahme der konsolidirten Schuld um 49 000,000 Pfd., und der schwebenden Schuld um 17000, 900 Pfd., während man jetzt an Zinsen für die Schuld 4500. 000 Pfd. weniger zahle, als kem Kriegs in den Friedenszustand ein günstiger Zeitpunkt für eine Re— bifion des Steuerwesens sei. Was den Zolltarif angehe, so sei derselbe

bereits durch Sir R. Peel revidirt worden, und die einzigen Zölle,

welche man noch als Schußtzölle bezeichnen könne, seien die auf ausländische Soirituosen und auf ausländisches Malz. Auch die Stempelgebühren und die Luxussteuern (assessed taxes) seien revidirt worden, und der Accise habe das Haus fortwährend seine Auf— merksamkeit angedeihen lassen. Zum Schlusse beantragt der Redner eine Anzahl von Resolutionen, durch welche die Anleihe sanctio— nirt wird. Disraeli freut sich, aus der eben stattgehabten Darstellung zu ersehen, daß die Hülfsquellen des Landes unver— mindert sind. Er thut hierauf der Beziehungen zu Sarbinien Erwäb— nung und meint, die paxiser Konferenz-Protokolle seien geeignet, zu der Annabme zu verleiten, daß zwischen dem sardinischen Ministerium und der britischen Regierung eine auf die Befreiung Italiens abzielende Ver— abredung getroffen worden sei. Wie stimme aber dazu der zwischen

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England, Frankreich und Oesterreich abgeschlossene Sondervertrag, welcher einer Politik das Siegel aufdrücke, die der anscheinend von England begünstigten sardinischen Politik schnurstracks zuwiderlaufe? Lord 5 1 für durchaus unbegründet. Die Stellung Englands zu Sardinien, bemerkt er, liege klar vor aller Welt da und finde in den Konferenz⸗Protokollen und in dem Friedens-Vertrage ihren

lmerston erklärt den von dem Vorredner ausgesprochenen Arg⸗

sdruck. Es herrsche zwischen beiden Ländern Freundschaft, Vertrauen Ausd *

und ein inniges Bündniß. Wie aber irgend Jemand auf den Verdacht gerathen könne, daß ein geheimer Plan, Italien zu revolutioniren, im Werke sei, vermöge er schlechterdings nicht zu begreifen. Der Vertrag mit Oesterreich babe einen ganz bestimmten Zweck, und zwar nur einen einzigen Zweck, den nämlich, für die gehörige Ausführung des die Unab⸗ hängigkeit der Turkei sichernden Vertrages zu sorgen. England und

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Frankreich machen sich durchaus nicht verbindlich, Oesterreich seine italie⸗ ischen Besitzungen zu garantiren. Sir F. Baring billigt die von dem Schatzkanzler ergriffenen Maßregeln, hofft jedoch, daß im nächsten Jahre

cine Ermäßigung des Ausgaben-Budgets, die das Volk erwarte, erfol⸗—

gen werde. Gladstone meint, es sei ganz in der Ordnung, daß Disrageli Sardiniens Erwähnung gethan habe. Er seines Theils glaube freilich richt, daß dieser Staat mit Angriffsplänen umgehe. Es sei die Aufgabe

Sardiniens, dem übrigen Italien als glänzendes Beispiel vorzuleuchten, und wenn es das thue, so werde es sicherlich dafür belohnt werden. Auch

er billigt das Verhalten des Schatzkanzlers. Die von letzterem bean— tragten Resolutionen werden hierauf angenommen.

21. Mai. Der Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen traf um Mitternacht in Dover ein, übernachtete da- selbst und reiste heute Morgen mit einem Extrazuge über Ports⸗

mouth direkt nach Osborne. (Tel. Dep.)

Frankreich. Paris, 20. Mai. Der „Moniteur“ bringt di len-Verleihungen, die Marschall Pelissier unterm 16. April vor— genommen hat. Nach demselben Blatte sind gestern wieder ein Linienschiff und eine Dampffregatte von Toulon nach der Krim ab— gegangen. Der Kaiser wird wahrscheinlich, bevor er nach den Tauffestlichkeiten die Kaiserin nach Biaritz geleitet, eine Badekur von einigen Wochen zu Plombieres gebrauchen. Gleich nach seiner Rückkehr würde dann die Reise nach Biaritz erfolgen, wo in diesem Augenblick der im vorigen Jahre begonnene Bau des am schönsten Uferpunkte gelegenen Schlößchens beendigt wird. Der hohe

Mlethspreis der Arbeiterwohnungen hat in der Vorstadt St. Mar—

teau eine gewisse Aufregung hervorgerufen.

ie Bestätigung einer ansehnlichen Zahl von Ordens- und Medail— 12

Spanien. Eine Depesche aus Madrid vom 20. Mai

lautet: „Es scheint, daß die Frage wegen Auflösung oder Pro⸗

rogation der Cortes unverzüglich zur Entscheidung gelangen soll.

Die theilweise Veränderung des Ministeriums wird später statt

haben. In den Cortes hat das Ministerium die Verwerfung eines, Amendements des demokratischen Deputirten Rivero mit 20 Stimmen

Mehrheit durchgesetzt.“

Rußland und Polen. St. Petersburg, 15. Mai. Der neue Kriegsminister, General Suchosanet II. hat beim Antritt

seines Amtes sich durch einen bei solcher Gelegenheit üblichen Tages—

befehl eingeführt, den er vorgestern erlassen hat. Berichte aus

Tiflis melden, daß 300 Lesgier ein russisches Dorf überfallen, an gezündet und 16 Mann gefangen weggeführt haben. Nach Be- richten aus Odessa von Anfang Mai war der Handel daselbst sehr

belebt. Die Generäle Lüders, Kotzebue, Liprandi und Krusenstern

waren daselbst seit mehreren Tagen eingetroffen. Fürst Galizin ist

am Typhus gestorben. Vorgestern begab sich der erste Dampfer

nach Kronstadt und brachte Passagiere von dort her. Die „Nord.

Biene“ beschreibt das vorgestrige Volksfest in Katharinenhof und

stellt schließlich die Frage: „Warum hat Peter J. nicht Astrachan zu seinem Aufenthaltsorte erkoren? Astrachan wäre jetzt eine berühmte Stadt und wir würden uns des prächtigen Klimas jener Gegend erfrenen, die so reich von der Natur ausgestattet ist. Unser

Handel würde durch Persien bis nach Indien vorgedrungen sein.

Ein großer Mann, wie Peter J, hat das wohl eingesehen, aber er

bemerkt, daß auch der Großherzog von Oldenburg den von der dänischen Regierung gemachten Vorschlägen beigetreten sei, daß jedoch der Bevollmächtigte Oldenburgs wegen seiner Abwefenheit das Protokoll nicht habe mit unterzeichnen könͤnen. Der dänische Bevollmächtigte rekapitulirte die von ihm in den Konferenzen am 4. Januar und 2. Februar d. J. gemachten Vorschläge und prä— zisirte diese folgender Weise: Dänemark verzichtet auf den Sund und Beltzoll gegen eine Entschädigung von 35 Millionen Reichs⸗ thalern Reichsmünze unter folgenden Bedingungen:

*) Die Ablösung soll alle beim Handel und der Schifffahrt im Sunde und den Belten interessirten Mächte einbefassen. Damit die Abschaffung des Zolles obligatorisch werde, müssen alle bei den Verhand⸗ lungen repräsentirten Mächte darauf eingehen, und behält Dänemark sich vor, mit den nicht repräsentirten Mächten separat zu unterhandeln.

b) Die genannte Summe von 35 Millionen soll als Entschãdigung betrachtet werden, sowohl für den Zoll der Schiffe wie für den Zoll der Ladungen. Der Zoll der Schiffe soll nach der Flagge repartirt werden, der Zoll der Ladungen soll zur Hälfte auf die durch den Sund und die Belte eingeführten und ausgeführten Waaren repartirt werden.

c) Die Bezahlung des Antheils, der nach der in der Konferenz vom 2. Februar vorgelegten Uebersicht jedem der repräͤsentirten Mächte zur Last fällt, soll Dänemark auf einer ihm befriedigend erscheinenden Weise gesichert werden.

Bei der Konferenz am 4. Januar waren die Bevollmächtigten von Desterreich, Belgien, Dänemark, Spanien, Frankreich, Großbrütannien, Holland, Preußen, Rußland und Schweden-Rorwegen anwesend; bei der Konferenz am 2, Februar außer den ebengenannten noch die Bevollmäch— tigten des Großherzogs von Oldenburg. Der Bevollmächtigte Dänemarks wiederholte, was er bereits in der Konferenz vom 2. Febrüar mitgetheilt hatte, daß in Folge bestimmter Ordre seiner Regierung die oben ange— gebene Summe das Minimum der Entschädigung sei, welche Dänemark sich berechtigt glaubt, für die Abschaffung des Sundzolls zu fordern.

Uebereinstimmend mit den für die Repartition der ebentuellen Ent— schädigung vorgeschlagenen Prinzipien, sind die Quoten, mit welchen die verschiedenen, in der gegenwärtigen Unterhandlung repräsentirten Mächte zu der genannten Summe von 35 Millionen Rthlr. R.⸗M. beitragen sollen, folgende: Dänemark 1,122,078 Rthlr. R. M., 3,21 pCt. von 35 Mill.; Oesterreich 29,434 Rthlr. R. M., (0, os pCt. von 35 Mill.; Belgien 301,455 Rthlr. R.-M., G. 85s pCt. von 35 Mill.; Spanien 1,020,016 Rihlr. R.-M., 2,91 pCt. von 35 Mill.; Frankreich 1,210,003 Rthlr. R.-M., 3, s pCt. von 35 Mill.; Großbritannien 10,126, 855 Rthlr. R.-M., 28, 93 pCt. von 35 Mill.; Norwegen 667,225 Rthlr. R.-M., 1,91 pCt. von 35 Mill.; Oldenburg 28,127 Rthlr. R.-M., O,os pCt. von 35 Mill.; Holland 1,408,060 Rthlr. R.⸗ M., 4,o2 pCt. von 35 Mill.; Preußen 4, 440, 027 Rthlr. R. M, 12,69 pCt. von 35 Mill.; Rußland 9. 739,993 Rthlr. R.“ M., 27,sz pCt. von 35 Mill.; Schweden 1,590,503 Rthlr. R.⸗M. , 4,55 pCt. von 35 Mill. Im Ganzen 31,692,776 Rthlr. R.-M.

Die restirende Summe von 3,307,224 Thlr. R.⸗M. fällt den in der gegenwärtigen Unterhandlung nicht repräsentirten Mächten zur Last, in⸗ soweit diese Mächte in der Uebersicht haben spezifizirt werden konnen. Schließlich bemerkte der Bevollmächtigte Dänemarks, daß die gegenwärti— gen Unterhandlungen auf Grund von Meinungsberschiedenheiten zwischen der dänischen und englischen Regierung momentan unterbrochen seien und daß die Arbeiten der Konferenz in der Sundzoll-Angelegenheit deshalb für eine unbestimmte Zeit suspendirt werden könnten.“

Der König hat das Kriegsdampfschiff „Hekla“ gegen Erstat— tung der Kosten der Ausrüstung und der Fahrt den zum skandina— vischen Studentenfest in Upsala sich begebenden Studenten für die Reise von und nach Stockholm zur Disposition stellen lassen.

Der Reichsrath hat mit 46 gegen 15 Stimmen eine Reduction im Budget des Kriegsministeriums beschlossen.

Königsberg, Mittwoch, 21. Mai, Abends. (Wolff's Tel. Bur.) Se. Majestät der König sind heute Nachmittags 55 Uhr

hier angekommen, und werden morgen früh 8 Uhr der Kaiserin

fühlte das Bedürfniß, sich Europa zu nähern.“ Verläßlichen Nachrichten zufolge gehen die Bestrebungen des Banquiers Stieglitz in Gemeinschaft mit Herrn Pereire nicht dahin, in Rußland einen Credit mobilier ins Leben zu rufen, sondern eine Giro-Bank, ähn-

lich wie die an anderen Plätzen, London, Amsterdam, Warschau.

(CS. GB H.)

Zu Warschau wurde in der Nacht vom 21. Mai oder am

22. Mai die An kunft des Kaisers erwartet.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 17. Mai.

Der Kronprinz und die Kronprinzessin sind heute mit ihrer Toch—

ter und mit Gefolge auf dem Dampfschiff „Arboga“ nach Arboga abgegangen, um von da aus ihre Reise nach Norwegen zu Lande

fortzusetzen.

Christiania, 16. Mai. Der Kronprinz wird am 21. d. M.

zur Uebernahme seiner Functionen als Vicekönig von Norwegen hier erwartet.

Dänemark. Kopenhagen, 20. Mai. Die gestrige „Berl. Tid.“ bringt das unterm 9. Mat in der Sundzoll⸗ angelegenheit von den Bevollmächtigten Dänemarks, Rußlands und Schweden⸗Norwegens unterzeichnete Protokoll. Es wird darin

Mutter entgegenreisen. Eine telegraphische Depesche der „Har⸗ tungschen Königsberger Zeitung“ meldet, daß die verwittwete Kaiserin heute Nachmittags 22 Uhr mit zahlreichem Gefolge in Gumbinnen eingetroffen sei und im dortigen Regierungsgebäude übernachten werde.

Dresden, Donnerstag, 22. Mai. (Wolff's Tel. Bur.) Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Württemberg sind gestern von Stuttgart hier eingetroffen, haben im Hotel Bellevue über⸗ nachtet und sind heute früh über Breslau nach Warschau weiter gereist.

Paris, Mittwoch, 21. Mai. (Wolff's Tel. Bur.) Hier ein— gegangene Nachrichten aus Marseille vom 20. d. melden, daß die Getreidepreise im Allgemeinen gesunken seien.