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Gründe. .
Die Königliche Regierung zu Aachen hat durch eine Verfügung die Erhöhung des Gehalts der städtischen Polizeidiener zu N. von 189 Nthlr. auf 240 Rthlr. jährlich angeordnet und die Stadtgemeinde N. vom 1. Januar 1855 ab zur Zahlung dieses höheren Gehalts genöthigt. Nachdem darüber bei dem Ministerium des Innern ohne Erfolg Be⸗ schwerde geführt war hat die Stadtgemeinde N. unter dem 20. August 1855 die Königliche Regierung zu Aachen vor, das Landgericht daselbst laden lassen mit dem Antrage, zu erkennen, daß sie — die Gemeinde N. den bon ihr angestellten Polizeibeamten nur die ihnen zugesicherte jährliche Besoldung zu zahlen verbunden, daß die Regierung nicht be⸗ rechtigt sei, die Klägerin zu einer Erhöhung dieser Besoldung zu zwingen Ind demnach die Verklagte zur Erstattung der der Klägerin abgenöthig⸗ ten Mehr-Ausgaben zu verurtheilen. Die Königliche Negierung hat
biergegen mittelst Plenarbeschlusses vom 21. August 1855 den Kompetenz- Konflikt erhoben, über welchen von Seiten der Klägerin rechizei eine Gegenerklärung eingegangen ist. Derselbe muß, in Uebereinstim⸗
mung mit dem Gutachten des Ober-Prokurators für begründet erachtet ; Polizei von städtischen , . und müssen, und die meisten Statuten der Kreissparkassen haben, emeinde⸗
genommen, daß Darlehne aus denselben auch gewährt werden können,
werden. Denn obwohl in R. die. n st waltet wird, mithin nach 5§. 53 der daselbst geltenden Ordnung vom 11. März 1850 die Ernennung dieser Beamten dem Ge—
meinde-Vorstande und nach §. 60 die Festsetzung ihrer Besoldungen dem s i ) vom
die Polizei-Verwaltung, (Gesez-⸗Sammlung
zusteht, so ist doch im 4 des Gesetzes
über der Regierung, aäbgesehen davon, städtischen Polizei-Beamten gebührt,
Gemeinderath 11. März 1850 S. 265 s44.)
stätigung aller
daß ihr die Be⸗ allgemein die Verwaltung erfordert, besondere Vorschriften zu erlassen.
nach zu niedrig bemessenen Besoldungen der Ner. Polizeibeamten von
1860 Rthlr. auf 240 Rthlr. jährlich angeordnet, eine Anordnung welche wie die Klägerin
— mag sie nun als eine polizeiliche Verfügung oder, will, als ein Akt des Kommunal-AUufsichtsrechts aufgefaßt werden, beiden Fällen dem Ressort der Regierung angehört und weil sie, «e das pridatrechtliche Gebiet zu berühren, lediglich das Interesse des öffent⸗ lichen Dienstes betrifft, im ersteren Falle nach dem Gesetze vom 14ten Mai 1812, im letzteren Falle nach §. 142 der Gemeinde Ordnung vom 11. März 1859 der richterlichen Cognition entzogen ist. Der Ein⸗
.
werde und daß solche Behauptungen genügten, um den Kompetenz⸗ Konflikt zu befeitigen, bedarf keiner besonderen Widerlegung, indem es
sich von selbst versteht, Konflikt berufene Behörde zu beurtheilen har, ob das Recht, dessen Ver—
auferlegten Verpflichtung abgeleitet wird, sezes vom 11. Mai 1847 dazu geeignet sind, eine Ausnahme von der Regel des §. 1 zu rechtfertigen.
Aus vorstehenden Gründen hat der erhobene Kompetenz-Konflikt als gerechtfertigt anerkannt werden müssen.
Berlin, den 5. April 1856.
Königlicher Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenz⸗Konflikte.
von Lamprecht.
MWinisteriunm des Fnunern.
Cirkular-Erlaß vom 18. April 1856 — betreffend die Verbindung von Leihkassen mit den städtischen und Kreis-Sparkassen.
Cirkular-Erlaß vom 14. Juli 1854. (Staats-Anzeiger Nr. 159 S. 15027 Cirkular⸗Erlaß vom 24. Juli 1854. (Staats⸗-Anzeiger Nr. 187 S. 14533).
In dem Cirkular-Erlasse vom 14. Juli 1854 ist der wichtige
Einfluß dargelegt worden, welchen die Sparkassen auf das Wohl der arbeitenden Klassen üben, und es sind aus Lieser Rückicht die auf die Förderung und
Zur Erreichung dieses heilsamen Zwecks sind demnächst in dem Cirkular-Erlasse vom 24. Juli 1854 diejenigen Punkte spezieller hervorgehoben worden, welche bei der Aufstellung der Statuten der Kreis-Sparkassen vor⸗ zugsweise ins Auge zu fassen sind. Ist nun auch das Ziel, welches erstrebt werden soll, in jedem Kreise mindestens Eine Sparkasse zu begründen, noch nicht erreicht, so habe ich doch andererseits anzu⸗ erkennen, daß durch die Bemühungen der Behörden seit jener Zeit
Königlichen Regierungen veranlaßt worden, Gründung dieser Institute thätig hinzuwirken.
die Zahl der Sparkassen in erfreulicher Weise sich vermehrt hat,
und ich glaube mich der Hoffnung hingeben zu können, daß es ihnen
auch ferner gelingen wird, erfreuliche Resultate auf diesem so wich— tigen Gebiete des Kommunal- und Armenwesens zu erzielen. Die Bedeutung der Sparkassen ist eine zwiefache. Sind sie
auf der einen Seile dazu berufen, vie Sparsamkteit zu fördern, und hierdurch Sittlichkeit und konservativen Sinn hervorzurufen, so haben sie auf der andern Seite die nicht minder wichtige Aufgabe,
Existenzen zu erhalten, welche sonst wenn nicht geradehin zerstört, doch wesentlich gefährdet werden möchten. Die Leihkasse, welche
rechtzeitig personen zu erlangen.
ohne 9. ö. hierdurch keide Theile. verstärkt, und demjenigen, der des Darlehns bedürftig ist, wird
letzung behauptet wird, zum Privat-Eigenthum gehört, und ob die Gründe, den Regierungen hestätigt wird. aus denen eine Befreiung von der durch eine polizeiliche Verfügung nach § 2 und folg. des Ge⸗
mit jeder Sparkasse nothwendig verbunden sein muß — §. 5 des Reglements vom 12. Dezember 1838 — ist es, welche diese letztere Aufgabe zu lösen hat, und jemehr die Sparkassen-Verwaltung von der Wichtigkeit dieses Berufes durchdrungen ist, um so wohlthätiger wird sie nicht blos in ihrem, sondern auch im Interesse des Kom— munalbezirkes und des Armenwesens wirken. Sie wird hierbei vorzugsweise die Verhältnisse der arbeitenden Klasse überhaupt, und namentlich die der kleineren Handwerker ins Auge zu fassen, und sich zu vergegenwärtigen haben, daß bei diesen Unglücksfälle nicht selten zum völligen Ruin führen, wenn nicht schleunig und in entsprechender Weise geholfen wird. Handelt es sich hierbei auch meist nur um an sich
geringe Summen, so sind doch diese Beträge für die hier in Rede
stehenden Personen nicht unbedeutend, und auf der andern Seite wird es ihnen, wenn nicht unmöglich, doch schwer, diese von Privat—
Die Sparkassen sind es, welche hier helfend eintreten können
um diese Aufgabe zu erfüllen, deshalb auch die Bestimmung auf—
ohne Pfand, wenn nur für den eigentlichen Schuldner durch solide und zuverlässige Personen für Kapital, Zinsen und Kosten Bürg— schaft geleistet wird. Gefahren sind hieraus bisher nicht entstanden, sie können auch füglich nicht entstehen, da die Bürgschaft von an
Befugniß beigelegt, über die Einrichtungen, welche die örtliche Polizei- sich sicheren Männern in allen Beziehungen ausreicht, dieselben von Kraft dieser
Befugniß hat die Regierung zu Aachen die Erhöhung der ihrer Ansicht zu erweitern sein.
vorn herein zu beseitigen. Soll aber die volle Wirkung dieser Einrichtung sich gelte d machen, so wird sie nach zwei Seiten hin
Zunächst wird zur Erleichterung der Schuldner die Möglichkeit gewährt werden müssen, die empfangenen Darlehne in Ratenzahlun— gen oder durch Amortisation zurückzahlen zu können. Es gewinnen
Die Sparkasse wird in ihrer Sicherheit
wesentlich geholfen. Es wird ihm leichter, seiner Verpflichtung sich
? hterlichen E zu entledigen, und er kommt auch eher in die Lage, die Bürgschaft, wand, daß von Seiten der Klägerin die Verletzung eines, zum Prxivat« veren er bedarf, zu beschaffen.
Eigenthum gehörigen Rechts und die Befreiung von der ihr auferlegten j ; . Verpflichtung auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften behauptet
Die Statuten, welche Darlehne dieser Art gegen bloße Schuld— scheine und gegen Bestellung von Bürgen für zulässig erklären, be— dürfen zur Einführung dieser Maßregel der formellen Aenderung
daß die zur Entscheidung über den Kompetenz. nicht; es genügt vielmehr, wenn dieser Verwaltungs-Modus von
den Vertretern der Kreise oder Kommunen genehmigt und von
Dann aber kommen die städtischen Sparkassen in Betracht. Bei den Statuten derselben fehlt meist die Bestimmung, welche Darlehne dieser Art für zulässig erklärt, und doch machen gerate die Rücksichten, welche für diese Darlehne sprechen, vorzugsweise in den Städten lh geltend.
Ich kann die Durchführung dieser Einrichtung nicht dringend genug empfehlen, und indem ich Ew. zwe. ergebenst ersuche, dem— gemäß die Königlichen Regierungen, Landräthe und Magistrãäte aufzufordern, mit Eifer sich die Förderung dieser Momente ange— legen sein zu lassen, bemerke ich, daß zur Gültigkeit dieser Nor—
men, ohne Unterschied, ob es sich um städtische oder Kreis⸗Spar⸗ kassen handelt, die Königliche Sanction nöthig ist, und daß ich keinen Anstand nehmen werde, dieselbe zu erbitten.
In 6 Monaten wollen Ew. ꝛ2c., unter Berücksichtigung der
bereits in Gültigkeit seienden Statuten, mir gefälligst die erlang⸗ ten Resultate näher anzeigen.
Berlin, den 18. April 1856.
Der Minister des Innern. von Westphalen.
An die Königlichen Ober-Präsidenten sämmt— licher Provinzen.
Finn nz⸗Meintster tut.
Erlaß vom 17. März 1856 — betreffend die Wahr-
nehmung des Interesses der Domainen- und
Forstverwaltung bei Ausführung von Actien⸗ Chausseen.
Durch die Cirkular-Verfügung vom 8. Juli 1854 ist die Königliche Regierung bereits darüber mit Anweisung versehen, in welcher Ärt das Interesse der Domainen— und Forst⸗Verwaltung bei der Ausführung von Chausseen durch die Kreis-Verbände wahr⸗ zunehmen ist.
In derselben Art ist aber auch dann zu verfahren, wenn Chausseen nicht von den Kreis-Verbänden, sondern von speziell zu⸗
sammentretenden Chausseebau⸗Gesellschaften, sei es mit oder ohne eine Prämie aus Kreiskommunal-, Provinzial⸗ oder Staatsfonds
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ausgeführt werden sollen, und in den über Chausseebau-⸗ Projekte der letztgedachten Art zu erstattenden Berichten ist daher ebenmäßig zu erörtern, ob und inwieweit das Interesse der Domainen- und Forst⸗Verwaltung dabei in Betracht kommt.
Anlangend die Frage, inwieweit die Domainen- und Forst— Verwaltung sich demnächst bei solchen Chausseebau-Gesellschaften als
Mitglied zu betheiligen dabe, deren Bau⸗Projekte zu fördern, über⸗ haupt im Interesse der Domainen- oder Forst⸗Verwaltung befunden
wird, so ist als Regel in dieser Beziehung Folgendes festzuhalten:
1) Die Forst⸗Verwaltung, ingleichen die Domainen-Verwaltung hat in Betreff der Königlichen Forst-Grundstücke, so wie aller Grund- stücke, welche nicht mit Domainen-Vorwerken zusammen verpachtet sind, sich auf eine Theilnahme an der Bau⸗-Ausführung und der zu— künftigen Unterhaltung der Chaussee in der Regel nicht einzulassen, mithin auch der Chausseebau⸗-Gesellschaft als Mitglied nicht beizu— hen, Sie kann das Projekt höchstens durch Gewährung einer Prämie resp. eines Beitrages zu den Neubaukosten in Pausch und Bogen an die Unternehmer begünstigen, deren Höhe in jedem ein- zelnen Falle nach den Vortheilen, welche die Anlage dem Fiskus ver⸗ spricht, und nach den hier disponiblen Fonds, bemessen werden muß. — Eine den Fiskus definitiv verpflichtende Erklärung wegen einer solchen, aus den Fonds der Domainen- und Forstverwaltung zu gewährenden Neubau-⸗-Prämie darf, wie sich von selbst versteht, ohne vorgängige ausdrückliche diesseitige Genehmigung nicht abgegeben werden, und da die Forstverwaltung zu Chausseebauten überhaupt keine etatsmäßigen Fonds besitzt, derartige Prämien mithin in der Regel speziell bei den extraordinairen Bedürfnissen durch den Staats⸗ haushalts-Etat liquide gemacht werden müssen, so werden Anträge
treten.
auf desfallsige diesseitige Bewilligungen stets so frühzeitig ange— bracht werden müssen, da wurfes zum Staatshaushalts-Etat berücksichtigt werden können.
9 9 J 4 2) In Betreff der Domainen-Pachtungen, deren Pachtkon-
e , die durch das Cirkular⸗Nestript , Dezember 846 vorgeschriebene Bedingung wegen Ausführung von Chaussee—
bauten durch die Domainen-Pächter enthalten, kann die Königliche
Regierung dagegen solchen Chausseebau-Gesellschaften ohne Be—
richtserstattung beitreten, sofern die betreffenden Domainen-Pächter
damit einverstanden und zur Erfüllung ihrer kontraktlichen Ver— pflichtung in Betreff der betreffenden Chausseelinie bereit sind. Hofern die betheiligten Domainen-Pächter aber gegen die Chaussee— Anlage protestiren, also ein Zwang gegen dieselben eintreten
. ist vorab zu berichten, und dabei zu erörtern, welcher Vortheil für die Domainen aus dem Chaussee-Projekte zu er⸗
warten ist.
3) In Betreff derjenigen Domainen-Pachtungen endlich, welche bereits vor dem Erlaß der Cirkular-Verfügung vom 2. Dezember 1316 ausgethan sind und deren Pachtkontrakte einen Zwang der Pächter zur Uebernahme solcher Chaufeeban- und Unterhaltungs— kosten nicht begründen, wird in der Regel wie ad 1 zu verfahren,
jedoch der Pächter möglichst dahin zu disponiren sein, den der be—
treffenden Chausseebau⸗-Gesellschaft seitens der Domamen-Verwal- tung zu bewilligenden Zuschuß (Bauprämie) aus eigenen Mitteln
unter der Bedingung unverzinslich vorzuschießen, daß vom Ablaufe
des Pachtjahres, in dem er den Vorschuß geleistet hat, ab alljährlich 1 pCt. dieses Vorschusses als durch die Benutzung der Chaussee
vergütet angesehen und von seinem Guthaben abgeschrieben, der
Ueberrest ihm aber bei seinem Pachtabgange von seinem Pacht-
Uachfolger erstattet werden soll. — Ist der Domainen-Pächter zu Leistung eines solchen Vorschusses nicht vermögend und kommt
deohghe die Uebernahme einer Chausseebau-Prämie auf die Fonds der Domainen-Verwaltung in Frage, so ist der Pächter wenigstens
dahin zu disponiren, das zu bewilligende Meliorations-Kapital dem Domainen-Fiskus mit 5 pCt. zu verzinsen und mit 1 pCt. jährlich u amortisiren, also eine Mehrpacht z
Fonds zu bewilligenden Bau-Prämie zu übernehmen. Anträge auf Bewilligung einer Chausseebau-Prämie für verpachtete Domainen—
Vorwerke aus Fonds der Domainen-Verwaltung sind daher in guant stets durch die Erklärung des betreffenden Domainen⸗ Pächters, daß er eine Mehrpacht von 6 pCt. des zu bewilligenden
J übernehmen wolle, zu justifiziren. a
von selbst.
Obige Bestimmungen beruhen auf der Erwägung, daß es für die Staatsverwaltung sehr belästigend sein würde, wenn sie das
Eigenthum und die Unterhaltungslast einer Menge kleiner, durch
das ganze Land zerstreuter Chausseestrecken oder Chaussee-Antheile überkommen sollte, zu deren Verwaltung und Unterhaltung ihr die
geeigneten Organe fehlen. Gleichwie das Königliche Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten das Zustandekommen i. Chausseen im Interesse des öffentlichen Verkehrs nicht da—= 1 befördert, daß es etwa bestimmte kleine Strecken derselben . Rechnung des Staats ausführt, sondern nur durch Peämien— ewilligungen in Pausch und Bogen, also wird auch das Finanz-
ß dieselben event. bei Aufstellung des Ent-
on 6 pCt. der aus Domainen-⸗
; die Königliche Regierung übrigens in allen oben ad 3 erwähnten Fällen zu definitiven Zusicherungen selbstständig nicht ermächtigt ist, sondern stets vorab zu berichten hat, versteht sich
Ministerium in allen denjenigen Fällen, wo kein zur der Chaussee⸗ Neubau⸗ und ünterhaltungslast , , existirt, die Anlegung von Chausseen auf Domainen un Forstgrund der Privat-Industrie überlassen müssen und im Interesse einer höheren Nutzung der Domainen und Forsten nur ug, ,, befördern dürfen. nnr , wird die Königliche Regierung zu beurtheilen im n, in welchen Fällen die obwaltenden Lokalverhältnisse a eine Ausnahme von den oben ausgesprochenen Regeln befür⸗
worten lassen. Berlin, den 17. März 1856.
Der Finanz⸗Minister.
von Bodelschwingh.
An sämmtliche Königliche Regierungen.
Abgereist: Der General-Major und Commandeur der gten Infanterie⸗Brigade, von Bequignolles, nach Frankfurt a. O
Der General-Major und Commandeur der T2ten Kavallerle⸗
Brigade, von Sobbe, nach Neisse. .
* i
; Preußen. Sans souci, 5. Juni. Se. Majestät der König nahmen gestern Vormittag mehrere Meldungen entgegen; — 9. . d h ; . gegen empfingen Se. Hoheit den Erbprinzen von Anh alt⸗Desfau' Höchstwelcher Abends zuvor in Potsdam eingetroffen war, und machten demnächst mit Ihren Majestäten der Kaiserin, der Königin, Ihren Königlichen Hoheiten der Großherzogin Mutter do n Mecklenburg-Schwerin und der Prinzessin Friedrich der Nie Terlande eine Spazierfahrt. Nachdem Ihre Majestäten noch den Besuch Ihrer Hoheit der Herzogin von Sachfen— Altenburg empfangen hatten, ertheilten Se. Majestät der König dem Baden'schen Gesandten Freiherrn von Meysenbug die Abschieds⸗Audienz, arbeiteten dann mit dem Minister⸗Präsidenten und demnächst mit dem Geheimen Kabinets⸗-Rath Illa ire.
Mittags fand Familien⸗-Diner auf Sanssouci sstatt, an welchem auch Ihre Majestät die Königin von Baiern Theil nahmen und wozu auch Ihre Königliche Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg-Strelitz von Berlin eintrafen. Nach demselben traten Ihre Königliche Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin von Württemberg Höchst Ihre Reise nach Stuttgart an. Zu Abend waren die sämmt⸗ lich hie anwesenden Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften bei Ihren Majestäten auf Sanssouci versammelt.
Königsberg, 3. Juni. Se. Majestät der Kaiser von Rußland traf um 5 Uhr 45 Minuten hier ein. Se. Majestät der Kaiser und Allerhöchstdessen zahlreiches Gefolge wurde beim Aussteigen aus dem Königlichen Salonwagen von Sr. Excellenz dem kommandirenden General von Werder, von dem Regierungs? Dräsidenten von Koötze, dem Stadtkommandanten General ⸗Major von Röhl, dem Polizei- Präsidenten Maurach und dem Kaiserlich russischen General-Konsul von Adelson empfangen und begab Aller höchstsich nach den Königlichen Empfangsgemächern, woselbst ein Diner stattfand. Die Tafel währte bis gegen 7 Uhr. Um 7 Uhr Abends bestieg Se. Majestät den an dem Empfangsgebäude stehen⸗ den Reisewagen und setzte die Reise nach Petersburg fort.
DNDannvver, 4. Juni. Nachdem beide Kammern gestern ihre erste Sitzung nach der Vertagung gehalten hatten, wurden heute in der Sitzung der Ersten Kammer die Anträge des Finanz⸗ Ausschusses zu den Ministerialschreiben wegen der Theuerungs⸗ beihülfen und wegen Modification des Zollstrafgesetzes angenommen desgleichen die drei ersten Anträge zu dem Einnahmebudget.
Sach sen. Gotha, 2. Juni. In der heutigen Sitzung des gemeinschaftlichen Landtags nahm derselbe die auf die Justiz⸗Orga⸗ nisation bezüglichen, noch unerledigt gebliebenen Gesetze im Betreff der Einführung der schon angenommenen Strafprozeß Ordnung, der Organisation der Behörden, der Zuständigkeit der Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen und der Aufhebung des privilegirten Ge⸗ richlsstandes der Personen und Sachen nebst den Uebergangsbestim⸗ mungen für die beiden letzteren Gesetze fast ohne Debatte an.
— 3. Juni. Der gemeinschaftliche Landtag ist heute durch den Staatsminister von Seebhach vertagt worden und hat demnach vor⸗ aussichtlich, da das Mandat der Abgeordneten mit Ende dieses Monats abläuft, heute seine letzte Sitzung gehalten. In derselben kam noch der Gesetzentwurf über die Wiedereinführung der Todesstrafe, der auf Antrag der Sonderlandtage ausgearbeitet, vom gemeinschaftlichen Landtage aber bis zur Erledigung der Or⸗ ganisgtions-Vorlagen zurückgeschoben worden war, zur Berathung und Beschlußfassung, indem die Majorität der Rechtskommission die unveränderte Annahme des Entwurfs unter der Voraussetzung der Publication und Ausführung der in den letzten Tagen genehmigten Gesetzentwürfe befürwortete, die Minorität der Kommission aber die Ablehnung des Entwurfs beantragte. Von der Minorität wurde namenkliche Abstimmung über den Gesetzentwurf beantragt, und es erklärten sich bei derselben 13 gegen 6 Stimmen für die
Wiedereinführung der Todesstrafe. (L. Z.)