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sie zur Nachtzeit eintreffen, ohne Verzug bestellt werden, sofern vem Ab⸗ sender oder Empfänger nicht ausdrücklich ein Anderes bestimmt ist, Sie müssen derjenigen Person behändigt werden, an welche die Adresse lautet. Wird dies durch besondere Umstaͤnde verhindert, so kann die Aushändi⸗ gung an Haus- und Comtoir⸗Beamte oder erwachsene Familienglieder

z r Empfänger muß dem Ueberbringer darüber ' 1 es Adressaten geschehen; de 2 . 8 dem Tage der Abreise und spätestens vor dem Schlusse der Post für die

WPersonen-Beförderung geschehen.

quittiren und die Stunde des Empfanges dabei bescheinigen. f) Zahlungssätze für Estafetten, welche zu Pferde oder mittelst Cariols ö. befördert werden. Die Expeditions-Gebühr für eine Estafette beträgt 15 Sgr.

Rur die Post⸗Anstalt des Absendungsortes oder, wenn die Estafette vom Auslande kommt, die zuerst berührt werdende preußische Post⸗

Station ist zur Ansetzung der Expeditions-Gebühren und zur Ausferti— gung eines Passes berechtigt.

Die Zahlung für ein Estafetten Pferd erfolgt nach demselben Satze, ; Die Zahlung für ein Estafetten Pferd erfolgt nach demselben Satz Publikum bestimmten Dienststunden (§. 23) geschehen, doch bleibt für

welcher für ein Courier⸗-Pferd feststeht. . Außer der Zablung für das Pferd find diejenigen Gefälle an Chauffee⸗, Damm., Brücken- und Fährgeld ꝛc. zu entrichten, welche auf

Erhebung kommen.

a) bei den Post⸗Anstalten, oder b) an den unterwegs belegenen und bon den Ober-Post-Directionen öffentlich bekannt gemachten Haltepunkten.

a) bei den Post⸗Anstalten. Bei den Postanstalten kann die Meldung frühestens acht Tage vor

Der Schluß der Post für die Personen-Beförderung tritt ein: wenn im Hauptwagen oder in den bereits gestellten Beichaisen noch Plätze offen find, fünf Minuten, und . wenn dieses nicht der Fall ist, sondern die Gestellung von Beichaisen erforderlich wird, funfzehn Minuten

vor der festgesetzten Abgangszeit der betreffenden Post. Die Meldung muß innerhalb der für den Geschäftsverkehr mit dem

Reisende, welche von weiterher kommen und mit der nächsten vor Be— ginn der Dienststunden abgehenden Post weiter reisen wollen, die Zeit

fette bersandt werden und das Gewicht von 2 Pfund überschreiten, muß

von dem Absender außer den Estafetten-Gebühren noch ein besonderes

Porto gezahlt werden. Dasselbe beträgt bei Briefen und Schriften für

jedes Loth über 2 Pfund das einfache Briefporto. ür andere Gegen- 31 betressen ; u d f f h 5 ) die Plätze im Hauptwagen schon vergeben sind, oder auf den Unterwegs—

rn die Plätze im Hauptwagen bei Ankunft der Post schon be— setzt sind.

stände wird das 2 Pfund überschreitende Gewicht mit der Paket-Taxe belegt. Auf Post-Routen, wo die Beförderung der Estafetten von Station

u Station geschieht, werden die Rittgebühren nach der wirklichen post-⸗ 6 . geschieht, J h die Annahme nur unter dem Vorbehalte statt, daß in dem Hauptwagen und in den etwa mitkommenden Beichaisen noch unbesetzte Plätze sich

nungen unter und bis ju zwei Meilen für zwei Meilen voll bezahlt darbieten.

mäßigen Entfernung berechnet. ; ö Bei Estafetten nach Orten außerhalb der Poststraße müässen Entfer⸗

werden. Geht die Estafette von einer Station nach einem solchen, auf der Post straße belegenen Orte, welcher sich vor der nächsten Station befin⸗

det und nicht zwei Meilen entfernt ist, so erfolgt die Zahlung ebenfalls für zwei Meilen, jedoch nur in dem Falle, wenn die Entfernung zur nächsten Station zwei Meilen beträgt. Ist die ganze Stationsentfernung unter zwei Meilen, so geschieht die Zablung nur für so viel Meilen, als

die ganze Stationsentfernung beträgt. . Für Estafetten aus einem Post Stationsorte nach einem Eisenbahn—

rechnen, wenn die Entfernung unter und bis eine Meile beträgt. Wünscht der Absender einer Estafette, welche nur bis zur nächsten

Station oder nach einem Orte geht, der ohne Pferdewechsel erreicht wer⸗ den kann, die Zurückbeförderung der Antwort durch den Postillon,

welcher die Estafette überbracht hat, so ist dieses zulässig, wenn der Postill on den Rückritt innerhalb sechs Stunden nach seiner Ankunft und nicht vor Ablauf von so viel Stunden, als die Tour Meilen hat, antre—

ten kann. Der Absender der Depesche muß seinen Wunsch aber gleich bei Aufgabe derselben der Post⸗Anstalt anzeigen, damit der Postillon da- nach angewiesen werden kann. Fur den Zurückritt wird dann nur die

Hälfte der reglementsmäßigen Ritigebühren gezahlt.

Die Erhebung des Chaussee⸗, Damm-, Brücken- und Fährgeldes ge—

schieht sowohl für die Tour als für die Retour nach dem Tarife.

Die Ausstellung eines neuen Estafettenpasses für die Retour ist nicht erforderlich, daher auch die Expeditions-Gebühren nur einmal zu ent-⸗—

richten find.

Für die Bestellung eines jeden mit Estafette eingehenden Briefes werden am Bestimmungsorte 5 Sgr. erhoben.

s) Zahlungssätze für Estafetten, welche mit der Eisenbahn befördert

werden.

Für estafettenmäßige Beförderung von Sendungen auf Eisenbahnen

werden erhoben:

a) . Gebühren nach den oben angegebenen

en,

b) das tarifmäßige Porto nach Maßgabe des vollen Gewichts mit Berücksichtigung des Inhalts und zwar für die nach der direkten Entfernung zu berechnenden Strecken, welche die Estafetten-Depesche auf der Eisenbahn zurücklegt,

c) das vom Empfänger zu entrichtende Bestellgeld für jede Estafetten— Depesche mit 5 Sgr., außerdem, wenn wegen mangelnder Postbe— gleitung ein besonderer Begleiter zur Sicherung der Sendung mit— gegeben werden muß,

d) das tarifmäßige Personengeld für die Hin- und Ruͤckreise des Be— gleiters auf einem Platze dritter Klasse,

e) die Diäten des Begleiters mit 15 Sgr. für jeden angefangenen Tag, welcher zur Hinreise des Begleiters und zur Rückreise desselben mit dem nächsten Zuge erforderlich ist.

n) Berichtigung der Kosten.

Der Absender einer Depesche ö. sämmtliche Kosten, mit Ausnahme des Bestellgeldes, bei der Absendung bezahlen. Können dieselben von der absendenden Post-Anstalt nicht genau angegeben werden, so muß ein an— gemessener Geldbetrag deponirt und die Feststellung des Kostenbetrages bis zur Zurückkunft des Estafetten⸗Passes ausgesetzt werden.

, it. Von der Beförderung der Perfonen auf den ordentlichen Posten. ; §. 40.

Meldung zur Reise.

. Mel dung zur Reise mit den ordentlichen Posten kann statt—

der von der Estafette berührten Tour nach den bestehenden Tarifen zur ur Meldung außserhalb der Dienststunden bis zum Schlusse der betref—

fenden Post offen, auch kann die Meldung ausnahmsweise bis zum Ab—

Fuͤr Briefe, Schriften und sonstige Gegenstände, welche mittelst Esta= gange der Post zugelassen werden, wenn dadurch der Abgang der Post

nicht verzögert wird.

Erfolgt die Meldung bei einer Postanstalt mit Station, so kann die Annahme nur dann wegen mangelnden Platzes verweigert werden, wenn zu der betreffenden Post-Beichaisen überhaupt nicht gestellt werden, und

Erfolgt die Meldung bei einer Post-Anstalt ohne Station, so findet

b an Haltepunkten.

Die Meldung an Haltepunkten kann nur dann berücksichtigt werden, wenn noch unbesetzte Plätze im Hauptwagen oder in den Beichaisen offen sind. Der Reisende muß an diesen Haltepunkten, wenn die Post anhält, ohne Aufenthalt der Post sofort einsteigen. Gepäck von solchen Nei⸗ senden kann nur in so weit zugelassen werden, als dasselbe ohne Be— lästigung der übrigen Passagiere im Personen⸗Raum leicht untergebracht

. 6. Die Packräume des Wagens dürfen dabei nicht geöffnet ( u ch ein. d werden, auch ist jedes längere Anhalten der Post unstatthaft.

hofe, resp. Haltepunkte, oder umgekehrt, sind die tarifmäßigen Gebübren . 3 halten der Post unstatt haft nach der wirklichen Entfernung, mindestens aber für eine Meile zu be⸗

Wünschen Reisende sich die Beförderung mit der Post von einer Post-Anstalt ohne Station oder von einer Haltestelle ab zu sichern, so müssen sie sich bei der vorliegenden Post-Anstalt mit Station melden, von dort ab einen Platz nehmen und das Personengeld dafür erlegen.

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Personen, welche von der Reise mit der Post ausgeschlossen sind.

Von der Reise mit der Post sind ausgeschlossen:

1) Kranke, welche mit epileptischen oder Gemüthsleiden, mit an— steckenden oder Ekel erregenden Uebeln behaftet sind,

2) Personen, welche durch Trunkenheit, durch unanständiges oder rohes Benehmen, oder durch unanständigen oder unreinlichen Anzug Anstoß erregen;

3) Gefangene;

4) Erblindete Personen ohne Begleiter, und

5 k welche Hunde oder geladene Schießwaffen mit sich führen wollen.

Wird erst unterwegs wahrgenommen, daß ein Passagier zu den vor— stehend bezeichneten Personen gehört, so muß derselbe an dem nächsten Umspannungsorte von der Weiterbeförderung ausgeschlossen werden. §. 42. Passagierbillet.

Geschieht die Meldung zur Reise bei einer Post-Anstalt, so erhält der Reisende gegen baare Entrichtung des Personengeldes ein Billet, in welchem

I) der Tag und der Bestimmungsort der Reise angegeben find,

2) die Zeit des Abganges der Post bestimmt, und

3) der Platz, welchen der Reisende im Wagen einzunehmen hat, durch eine Nummer bezeichnet ist.

Es ist Sache des Neisenden, gleich bei Lösung des Passagierbillets zu prüfen, ob dasselbe den Tag und Bestimmungsort der Reise richtig bezeichnet. Nach der ohne Erinnerung erfolgten Annahme des Passagier— billets kann der Einwand, daß der Tag oder der Bestimmungsort der Reise in demselben unrichtig angegeben sei, nicht mehr zugelassen werden.

Die Zeit des Abganges der Post kann bei Posten, deren Abgang bon dem Eintreffen anderer Posten oder Eisenbahnzüge abhängt, nur dahin bestimmt werden:

die Post geht ab Stunden Minuten nach Ankunft des

Isten, Aten 2c. Eisenbahnzuges (der Post) aus

und es liegt in dergleichen Fällen dem Keisenden ob, die möglichst früheste Abgangszeit zur Richtschnur zu nehmen.

Die Nummer des Passagierbillets richtet sich nach der Reihefolge, in welcher die Meldung zur Mitreise geschehen ist, doch steht es Jeder⸗ mann frei, bei der Meldung unter den im Hauptwagen noch unbesetzten Plätzen sich einen bestimmten Plat zu wählen.

Personen, die sich an Halteplätzen gemeldet haben und aufgenommen worden sind, können ein Passagierbillet erst bei der nächsten vostanstalt ausgestellt erhalten und haben bei diefer oder, wenn sie nicht so weit fahren, an den Conducteur oder Postillon das Personengeld zu ent⸗

richten. (Schluß folgt.) Beilage

1065 Beilage zum Königlich Preußischen Staats-A Anzeiger.

M 132.

Sonnabend, den 7. Juni 1856.

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JƷustiz⸗Ministerinm.

Erkenntniß des Königlichen Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenz-Konflikte vom 12. Januar 1866 daß, wenn ein Beamter seine Amtsbefugnisse nicht im Bewußtsein der Rechts⸗ widrigkeit seines Verfahrens, sondern aus Irr⸗ thum überschreitet, um Jemand widerrechtlich zu einer Handlung, Dul dung oder Unterlassung zu nöthigen, sein Verfahren nicht zur gerichtlichen Verfolgung, sondern nur zur disziplinarischen Bestrafung geeignet ist.

Auf den von der Königlichen Regierung zu Minden erhobenen Kon— flikt in der bei dem Kreisgericht zu B. anhängigen Untersuchungssache c. c. erkennt der Königliche Gerichtshof zur Entscheidung der Kompe— tenz-Konflikte für Recht: daß der Rechtsweg in dieser Sache für unzu⸗ lässig und der erhobene Konflikt daher für begründet zu erachten. Von Rechts wegen.

Gründe ö

Im Juni 1853 reiste der Schneider S. aus B. nach N., um sich von da näch Amerika zu begeben. Auf Ansuchen des Auctions⸗Kom— missarius N. zu O, welcher eine Forderung von 5 Thlrn. 6 Sgr. Auctions. geldern an denselben zu haben angab, erließ der Amtmann K. zu O. an die Polizei⸗Direction zu . Unter dem 15. Juni 1853 eine Requisition mit dem Ersuchen, jene 5 Thaler 6 Sgr. von dem Schneider S. im Executionswege einzuziehen, und, wenn derfelbe die Schuld nicht sollte bezahlen können, ihn durch Gendarmerie⸗Transport nach O. dirigiren zu lassen, damit er der Staatsanwaltschaft als Betrüger überwiesen wer⸗ den könne. S. zahlte den verlangten Betrag an die Polizei-Direction zu N. sofort ein, hat ihn aber nachher zurückerhalten, weil sich in einem von seiner zurückgebliebenen Ehefrau in seinem Auftrage angestellten Civil⸗ Prozesse gegen den Auctions-Kommissarius R. ergab, daß nicht er, son⸗ dern fein Bruder der Schuldner war. Auf Veranlassung dieses Vor— ganges ist gegen den Amimann K die Kriminal⸗-Untersuchung wegen Mißbrauchs seiner Amtsgewalt auf Grund des §. 315. des Strafgesetz— buchs von dem Kreisgericht zu B. eingeleitet worden, ungeachtet von Seiten der Staatsanwaltschaft die Sache nur zu einer disziplinarischen Rüge geeignet befunden und deshalb auf Einstellung des Unt ersuchungs, Verfahrens angetragen war. Die Regierung zu Minden hat . mittelst Plenarbeschlusses vom 4. Oltober 1854 den Konflikt auf Grund des Geseßzes vom 13. Februar 1854 erhoben, zu dessen Begründung fie auszuführen versucht, daß das Verfahren des Angeschuldigten zwar über⸗ eilt und ungerechtfertigt, daß es aber, weil ihm eine böse Absicht nicht beigemessen werden könne, nur zur Dis ziplinar⸗Rüge und nicht zur ge. richtlichen Verfolgung geeignet sei. Diese Ansicht, welcher das reis Gericht zu B. in seinem Gutachten entgegengetreten ist, mut in Ueber- einstimmung mit dem Appellationsgericht zu Paderborn für richtig, und daher der erhobene Konflikt für begründet erachtet dd

Das oben vorgetragene Sachverhältniß steht durch Zugeständniß des Angeschuldigten fest. Derselbe beruft sich zu seiner En ischuldigung dar⸗ auf, daß die rückständigen Auctionsgelder, deren Einziehung der lu ctions, Kommissarius bei ihm beantragt habe, armen Leuten gehört hätten, daß Gefahr im Verzuge gewesen sei, daß bei den häufigen Auswanderun— gen aus der Gegend von B. nicht selten Schulden der Auswanderer aus betrüglicher Absicht unberichtigt gelassen, würden, daß er auch bei dem . eine solche Absicht . und die Michtigkeit der Angabe des 6 Kommissarius, mit Rücksicht auf dessen amtlichen Charakter, nicht bezweise und daß er sich zu der von ihm getroffenen vorbereitenden Perfügung als Polizeibeamter nach S§. und 7 der Verordnung vom . 1819 und nach §§. 2 und 3 des Gesetzes vom 12. Februar 1856 ie. e. rechtigt gehalten ö . Irrthum gewesen, so habe er

iglich in guter Absi ehandelt. 4 a Hel ge Weise sucht 3 Regierung in ihrem an its be schlusse den Angeklagten zu entschuldigen. Sie führt aus, daß dem 9 , = digten, wenngleich derselbe die Gränzen seiner Amtsbefugnisse nicht 6 eingehalten habe, doch ein Mißbrauch seiner Amtsgewalt im . es §. 315 des Strafgesetzbuchs nicht zur Last falle, da diese , . doloses Verfahren des Beamten voraussetze. Es komme hinzu, daß s Amtmann K. von der Annahme einer beirügerischen und strafkaren Han ö lung des 2c. S. ausgegangen sei und in, dieser Rückficht dessen . gung eingeleitet habe. Auch dabei sei er im Irrthum gewesen, habe die

Thaksache unrichtig aufgefaßt und beurtheilt, und sei zu eilig und rückt

i Werke gegangen. Indessen könne deshalb ein Mißbrauch 1 ,. d dolose Absicht deklarirende Umstande, nicht angenommen werden. Sein Verfahren wurde gebilligt worden ö wenn die Schuld richtig befunden und ein betrügliches Entweichen es Schuldners, wie es bei den zahllosen Auswanderungen aus den dortigen Landestheilen fast täglich vorkomme, verhütet worden ware. . Das Kreisgericht zu B. ist der Meinung, daß die Beurthei ung darüber, ob K. dolase oder culpose gehandelt habe, dem Gericht vor⸗ ; iben müsse. 11 a . nicht beigetreten werden. Denn nach Vorschrift des 8. 3 des Gesetzes vom 13, Februgr 1854 hat der unterzeichnete Ge⸗

richtshof nicht nur darüber, ob dem Angeschuldigten eine Ueberschrei⸗ tung seiner Amtsbefugnisse zur Last fällt, sondern anch darüber zu ent⸗— scheiden, ob bejahendenfalls die Amtsüberschreitung zur gerichtlichen Ver⸗ folgung geeignet ist.

Das Verfahren des Angeschuldigten verdient allerdings Mißbilligung. Derselbe war vermöge seines Amts nicht befugt, die Polizei⸗Direction zu N. um exzekutivische Einziehung der angeblichen Forderung des Auctions⸗ Kommissarius R. an den Schneider S. zu requiriren. Denn diese angeb⸗ liche Forderung war nichts weiter als ein Civil-Anspruch. Die Beur— theilung solcher Civil⸗Ansprüche und der zu ihrer Berfolgung und Be⸗ treibung geeigneten Mittel gebührt aber gesetzlich allein dem Nichter, weshalb die Polizei⸗-Behörden sich aller selbstständigen Einmischung in derartige Angelegenheiten zu enthalten und lediglich abzuwarten haben, ob ihr Beistand vom Richter angerufen wird. Auch das jener Requisition hinzugefügte Ersuchen, den 2c. S., wenn er nicht zahlen könne, durch Gendarmerie-Transport zurück zu dirigiren, um seine Ver⸗ folgung im Wege der gerichtlichen Untersuchung möglich zu machen, ist in keiner Weise zu rechtfertigen, da zu dem Verdachte eines strafbaren Betruges nicht der entfernteste Grund vorlag.

Sbgleich es hiernach nicht bezweifelt werden kann, daß dem Amt⸗ mann K. eine Ueberschreitung seiner Amtsbefugnisse zur Last fällt, so ist doch auf der anderen Seite, nach der ganzen Lage der Sache, nicht zu verkennen, daß er durchaus nicht in böser, widerrechtlicher Absicht, viel— mehr lediglich in guter Absicht gehandelt, und daß er nur aus Irrthum und Uebereilung in der Wahl der Mittel für den von ihm erstrebten guten Zweck fehlgegriffen hat, ohne sich dabei bewußt zu sein, daß er seine Ämtsbefugnisse überschreite. In Fallen solcher Ärt ist gesetzlich nur eine disziplinarische Verfolgung des Beamten gerechtfertigt. Zwar lautet der §5. 315 des Strafgesetzbuchs, welchen das Kreisgericht zu B. und die Anklageschrift des Staats-Acwalts der Kriminal-Untersuchung wider den Amtmann K. zu Grunde gelegt hat, ganz allgemein:

Ein Beamter, welcher seine Amtsgewalt mißbraucht, um Jemand zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung widerrechtlich zu nöthigen, wird mit Gefängniß nicht unter einem Monate bestraft; zugleich kann auf zeitige Unfähigkeit zu öffentlichen Aemtern erkannt werden.

Der böse Vorfaß gehört hiernach nicht, wie bei den meisten anderen Amtsbergehen (§§. 314, 316, 317, 318, 320, 330) zu dem Thatbestande des Mißbrauchs der Amtsgewalt. Vielmehr sindet der §. 315 auch dann Anwendung, wenn ein solcher Mißbrauch in guter Absicht stattgefund en hat. Was aber bei diesem Vergehen, wie bei allen anderen Amtsverge⸗— hen, so weit nicht das Strafgesetzbuch ausdrücklich auch die Fahr⸗ lässigkeit verpönt (88. 320 322) nothwendig zum Thatbestande gehört, das ist das Bewußtsein des Beamten von der Verletzung seiner Amtspflichten. Es liegt dies schon in dem Worte, Mißbrauch“, in der Verbindung dieses Wortes mit dem nachfolgenden Satze: „um Jemand zu einer Handlung ꝛc. widerrechtlich zu nöthigen.“

Es ergiebt sich hieraus, daß die widerrechtliche Nöthigung in der Absicht des Beamten gelegen, daß also das Widerrechtliche seines Verfahrens bei ihm zum Bewußtsein gekommen sein muß. Wenn hier⸗ nach zu dem Thatbestande des im 8. 315 des Strafgesetzbuchs verpönten Amtsbvergehens der dolus, insofern darunter das Bewußtsein von der Rechtswidrigkeit der Handlung verstanden wird, nothwendig erforderlich ist, so kann ein Beamter, welcher nur aus Irrthum seine Amtsgewalt angewendet hat, um Jemand zu einer Handlung, Duldung oder Unter⸗ lassung widerrechtlich zu nöthigen, nicht nach §. 315 a. a. O. bestraft werden. . 1 Da nun der Amtmann K. sich in diesem Falle befindet, so ist die ihm zur Last fallende Ueberschreitung seiner Amtsbefugnisse nicht zur ge— richtlichen Verfolgung, sondern nur zur disziplinarischen Ahndung ge⸗— eignet. Der gegen denselben eingeleitete Rechtsweg mußte daher für un— zuiäfsig und der erhobene Konflikt für begründet erklärt werden.

Berlin, den 13. Januar 18565. . .

Königlicher Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenz⸗-Konflikte.

NMinisterium der geistlichen, Unterrichts⸗ und ; PV edizinal⸗Angelegenheiten.

Dem Geschichtsmaler und akademischen Lehrer H. Weiß hier⸗ selbst ist das Prädikat „Professor“ beigelegt worden.

Finanz⸗Ministerin *.

Erlaß vom 30. April 1856 die Verhütung von Uueberhebungen bei den NMilitair-Gnadengehältern und Wartegeldern betreffend.

. b ich häufig die Fälle wiederholt, daß des Königs ö 4 n angestellten oder beschäftigten Militair⸗ Invaliden mit Gesuchen um Niederschlagung der von ihnen nach ihrer Anstellung oder Beschäftigung durch den Fortbezug der In⸗

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