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Griechenland. Athen, 19. Januar. Heute Morgens haben die Wahlen der Abgeordneten für die neue Kammer in Athen und zugleich in der ganzen Provinz Attika ihren Anfang genommen. Die Regierung hat noch vorgestern eine Preclamation an das Volk erlassen, welche im Auszug lautet: .
„Der Ministerrath an das hellenische Velk. Mitbürger! Ihr seid berufen, neue Stellvertreter zu wäblen. Eine Majorität, aus fremd⸗
artigen Elementen zusammengesetzt, stellte sich in der Kammer schon von Anfang an feindlich dem Ministerium gegenüber, indem sie durch diese Baltung ihre Absicht ausdrückte, dem Gang der Regierung Schwierig—
Im Angesicht solcher Thatsachen hielten es die Minister für ihre ht, sofort ibre Entlassung nachzu⸗ suchen: allein der erhabene Fürst des Landes hielt es im Interesse seines geliebten Volks für , . von seinem constitutionellen Vorrecht Ge⸗— brauch zu machen und die Kammer aufzulösen. Die Minister nahmen die Amtsgewalt wieder an, in der Ueberzeugung, daß sie auf diese Weise die wohl⸗ wollenden Absichten Sr. Majestãt für die richtige Durchführung der Constitution und für das Wohlergehen des Landes fördern würden. Die Beurtheilung der mi⸗ nisteriellen Handlungen durch den gesetzgebenden Körper ist bom Staats— grundgesetz festgestellt, und legt bei der Ausführung dieser Beurtheilung gegenseitige Verpflichtungen auf. Die Majorität der Kammer wollte die Mi nister verurtheilen, ehe fie dieselben angehört hatte, und versuchte sie aus dem Amt zu entfernen statt ihre Handlungen zu beurtheilen. Auf diese Weise verletzte sie mittelbar ein Königliches Recht, das von der Constitution für die Wohlfahrt des Landes festgesetzt ist. — Was suchten die Gegner der Regierung und was hat dieselbe gethan, als diese Majoritaͤt fich ihr gegenüberstellte? Das Ministerium hatte damals vorbereitet, den gesetzgebenden Körpern verschiedene Gesetzentwürfe, deren Nutzen augenscheinlich war, vorzulegen. Dergleichen sind: die Einführung der Lebenslänglichkeit der Richter, die Befreiung der Bauern von der Aussaatsteuer, die Regelung der Eintrei— bung der Staatsschulden und die gleichzeitige Anordnung, daß ein großer Theil dieser Summen dazu verwendet werden solle, um für die im Un— abhängigkeitskampf gebrachten Opfer als Entschädigung zu dienen; ein neues Preßgesetz; ein Pensionsgesetz für die Civilbeamten und deren Fa⸗ milien; ein Gesetz über Rekrütirung, Reserbe und Landwehr u. s. w. Damit, Mitbürger, beschäftigte fich immer unter den wohlwollenden Ein⸗— flüssen unseres volksfreundlichen Herrschers die mit seinem Vertrauen be— ehrte Regierung, als eine mißgestimmte Gegnerschaft sich unrechtmäßig ihr entgegenstellte. Die Auflösung war ein Werk der Nothwendigkeit. An, euch liegt es demnach, Mitbürger, die öffentliche Ordnung zu be— festigen, indem ihr unparteiisch die jüngste Vergangenheit beurtheikt. Be— denkt, daß die Zeiten groß und bedeutsam sind. Athen, 416. Januar. Der Ministerrath.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 31. Januar. Die Kaiserin hat folgendes Handschreiben an die Baronesse Bud— berg, Gemahlin des außerordentlichen Gesandten und bevollmaͤch— tigten Ministers am preußischen Hofe, gerichtet: Baronesse Marie Petrowna! Zur Bezeigung Meines besonde— ren Wohlwollens für Sie und in Anerkennung des ausgezeichneten und nützlichen Dienstes Ihres Gemahls haben Wir Sie, mit Be willigung Sr. Majestät des Kaisers, unter die Zahl der Ordens— damen vom kleinen Kreuz der Heiligen Großmäriyrerin Katherina ö dessen Insignien hierbei folgen, damit Sie dieselben anlegen.
Wir verbleiben Ihnen für immer wohlgewogen.
. Unterzeichnet: Marie. Zarskoie⸗Sselo, den 6. Dezember 1860.
Mittelst Allerhöchst am 26. Oktober 1860 bestätigter Reichs⸗ raths-Sentenz war verordnet worden, daß in Rußland vom 1sten Januar 1863 ab, d. h. von dem Augenblick des Ablaufes der gegenwärtig bestehenden Branntweinspachten, ein allgemeines reines Getränke⸗Accisesystem einzuführen und dem Finanz⸗-Minister anheim— zustellen sei, für diesen Gegenstand einen ausführlichen Gesetzent— wurf auf nachstehenden Hauptgrundlagen zu verfassen. — Diese Grundlagen sind in 25 Punkten enthalten, denen wir in kurzer Uebersicht Folgendes entnehmen:
An Stelle der Pacht tritt sowohl eine Accise von den Getränken selbst, wie eine Steuer von der Getränkefabrication und dem Getränkeverkauf. Das Finanz-Ministerium überwacht dieses Accisewesen durch eine beson—⸗ dere Acciseberwaltung. Der Accise unterliegen: Spiritus und Brannt⸗ wein aus verschiedenen Produkten, Branntwein aus russischen Weintrauben, Früchten und dergl, Porter, Bier, Meth und die an gewissen Orten fabri— zirten Getränke Braga und Suslo. Accisefrei sind: Spiritus, Branntwein, 4 aus denselben, Bier, Porter und Meth, — die ins Ausland ver⸗
ührt werden; Spiritus, der in den Fabriken zu Leuchtmaterial verarbeitet wird; alle von veraceisetem Spiritus und Branntwein fabrizirten Getränke und Erzeugnisse, Essig und süßer Kwas. Die Accise wird in allen Gou— vernements gleichmäßig von jedem Wedro der vorerwähnten accisbaren Getränke erhoben, wobei 20 Grad nach dem Spiritusmesser von Hesse als Normalstärke angenommen werden. Die Accise wird von dem, nach der Productionskraft jeder Brennerei für das Jahr zu berechnenden Quan— tum Spiritus oder Branntwein erhoben, jedoch nach Maßgabe des Absatzes aus der Fabrik. Für das Recht der Production und des Verkaufs von Spiri⸗ tus, Branntwein und der übrigen accisbaren Getränke besteht eine beson⸗ dere Patentsteuer. Das Recht, Branntwein zu brennen, steht nur den Personen derjenigen Staͤnde zu, welchen dieses Recht nach den bestehenden
erordnungen berliehen ist. Das Recht, Bier, Meth u. dgl. m. zu brauen, besitzen sowohl Personen der berschiedenen Handelsklassen, gleichwie die Hutgbesitzer, ohne Eintritt in die Hanbelsklassen. Der En-gros- und En- detail Verkauf von Getränken bildet den Gegenstand freien Handels. Die Anzahl und die Oertlichkeit der Trinkhäuser, Schenken u. s. w. wird nicht
keiten in den Weg zu legen.
beschränkt (mit gewissen Ausnabmen im Interesse der öffentlichen Sitt—⸗ lichkeit). Dieselben können jedoch nur mit Genehmigung der betreffenden städtischen oder ländlichen Lokalobrigkeit von Personen eröffnet werden,
welche das Recht zum Handel besitzen. Branntwein kann, en gros oder
en detail, von jedem Stärkegrad derkauft werden. Der Detail ⸗ Verkauf geschieht zu beliebigen Preisen, jedoch nach den gesetzlichen Maßen, mit Ausnahme der Traiteurs, Dampfschiffe c., wo beliebige kleine Quantitäten derkauft werden können. Der Detail-Verkauf aus den Productions⸗
Lokalen selbst ist untersagt, — doch können die Produzenten besondere: .
Verkaufslokale für den Detail-Verkauf halten, unter Beobachtung der gesetzlichen Regeln. In den Weinkellern dürfen die bisher gestatteten BHetränke nur zur auswärtigen Consumtion verabreicht werden; die Umfüllung ausländischer Spirituosa und derartiger inländischer 9 brikate, welche bisher unter Aufsicht von Kronsbeamten geschehen mußte, ist dieser Kontrole enthoben. Behufs Abfassung des be—⸗ treffenden Gesetz⸗ Entwurfs ist von Seiten des Finanz⸗Rinisters eine Redactions⸗Kommission zu bilden, und ist der Entwurf zum 15. April d. 8. dem Reichsrath vorzulegen. Als Ergänzung zu obigen Bestimmungen ist durch die Allerhöchst am 12. Dezember 1865 bestätigte Reichs rathssentenz verordnet worden: Mit dem Jahre 1863 in den Ostseegouvernements an Stelle des bisher geltenden Modus der Getränke⸗Steuer⸗Erhebung das gegenwärtig für das ganze Reich bestätigte allgemeine Accisesystem einzu⸗ führen, dem Finanzminister jedoch anheimzustellen, bei Abfassung des Ge— setzentwurfs darauf Bedacht zu nehmen: 1) Welche Uebergangsmaßregeln in diesen Gouvernements zu treffen wären. 2) Ob nicht, insbesonderé im Interesse der Landwirthschaft, den Branntweinsproduzenten gewisse Er— leichterungen gewährt werden können. (R. P. 3.
Am 12. Januar feierte die Univerfität Moskau das 106te Jahr ihres Bestehens. Die Autoritäten, Professoren und Studen— ten, so wie eine große Anzahl von Gästen hatten fich in der Universitäts-Kirche und später in der Aula versammelt. Professor Leontjew hielt die Eröffnungsrede, darauf wurde der Jahres⸗ bericht verlesen und Preis-Medaillen für die eingegangenen besten Bearbeitungen der Preisfragen an die Studenten dertheilt. (M. 3.
In den Beziehungen die
Amerika. Lima, 29. Dezember. 3
ses Landes zu seinen beiden Nachbarstaaten Ecuador und Bolivia ist auch in diesen letzten 14 Tagen wieder gar keine Veränderung eingetreten; in ersterem fährt General Flores fort, seine Stellung zu befestigen und ungeachtet Castilla zufolge seines Defenfi- Und Offensib⸗ Traktats mit Franco gezwungen ist, denselben gegen Flores zu unterstützen, so thut er doch nicht das Mindeste in dieser Richtung, einfach deshalb, weil er augenblicklich mit Bolivia beschäftigt ist und auch in Ecuador pofitiv nichts thun kann. Ueber diplomatische Verhandlungen, um den Streit mit Bolivia friedlich zu schlichten, verlautet bis jetzt noch nicht das Geringste. — Die Ar— beiten, um die vor drei Monaten im Floating-Dock gesunkene Kregsfregatte „Callao“ wieder über Wasser zu bringen, sind bislang fruchtlos gewesen, doch soll jetzt Hoffnung vorhanden sein, daß im Laufe der nächsten Woche die Arbeiten mit Erfolg gekrönt werden. — Die schwebende Münzfrage ist insofern in ein neues Stadium ge⸗ treten, als jüngst der Finanzminister im Kongreß geradezu erklärt hat, daß der Staat unter keiner Bedingung für' die Differenz zwischen der peruanischen und bolivianischen Münze verantwortlich sein könne. — Dem Vernehmen hat die Regierung dieser Tage wieder eine Uebereinkunft mit dem Hause Gibbs getroffen, nach welcher jenes Haus von Neuem 600,000 Doll. gegen neue Guano— Sendungen vorschießt. (H. B. H.)
Mexiko. Der „Moniteur“ schreibt: „Bekanntlich ist Gene— ral Miramon von dem unter Befehl Ortega's stehenden liberalen Heere vollständig geschlagen worden und aus der Hauptstadt ent— flohen, in welche die Sieger einzogen. In Erwägung der Gefah— ren, welche ihre Staatsangehörigen in einer sich selbst überlassenen Hauptstadt ohne Regierung und Polizei bedrohten, entschlossen die Gesandten Frankreichs und Spaniens sich dazu, ihre Landsleute zu bewaffnen, und beauftragten sie, uber die Aufrechterhaltung der Ordnung zu wachen. Schon am 24. Dezember hatten sich etwa S00 Franzosen und Spanier ihren Gesandten zur Verfügung ge— stellt, und Dank ihren Bemühungen ward der von dem ausm ärhi— gen Handelsstande bewohnte Stadttheil vor jeder Störung der Ordnung bewahrt. In den andern Stadttheilen war das nicht der Fall. Doch fing man allmälig an, sich einigermaßen wieder zu beruhigen und die Krisis als beendigt zu betrachten. Trotzdem mußte die Anwesenheit von 2000 Mann unter Carbazal und Cuellas, die zum größten Theil aus der gefährlichsten Klasse be— standen, einige Besorgniß erregen. Ortega hatte eine sehr ge— mäßigte Proclamation erlassen, die günstig aufgenommen worden war. 6 Juarez ward von Tag zu Tag in der Hauptstadt erwartet.
Telegraphische Depeschen. (Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Büreau.)
Wien, Dienstag, 5. Februar, Morgens. Die heutige „Wiener Zeitung“ meldet in ihrem amtlichen Theile, daß Graf
der Regierung, wenig
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Rechberg auf sein Ansuchen der Präsidentschaft des Staats— Ministeriums enthoben sei, mit der Leitung des Mini— steriums des Kaiserlichen Hauses und der auswärtigen An— gelegenheiten aber betraut bleibe. Dem Erzherzog Rainer ist die Leitung der Geschäfte des Ministerraths und das Prä— sidium desselben übertragen. Das Präsidium des Reichsraths ist bis auf Weiteres dem Grafen Nadasdy zugewiesen. Protobevera ist zum Justiz-Minister, Graf Wickenberg zum Minister des Handels und der Volkswirthschaft er— nannt. Alle Angelegenheiten, welche die organische Gestal— tung und die Wirksamkeit der politischen Vertretungskörper betreffen, die dermaligen Geschäfte des bestandenen Unterrichts- und Kultusministeriums, so wie die Oberleitung der wissenschaftlichen und Kunst-Institute sind dem Staatsministerium zugewiesen, wäh⸗— rend die übrigen bisher dem Staatsministerium zugehörigen Ge— schäfte der politischen Verwaltung in einem eigenen Förper behan— delt werden sollen, dessen unmittelbare Leitung Herrn von Lasser übertragen worden ist. Polizei⸗Direktor Päum ann ist mit wirk— lichem Hofrathscharakter zum Polizei-Direktor in Krakau, der bis— herige Polizei⸗Rath Ullmann zu Wien mit dem Titel eines Re— gierungs-⸗Rathes zum Polizei⸗Direktor in Prag ernannt worden.
Paris, Montag, 4. Februar, Nachmittags. Die Rede, welche der Kaiser bei der heutigen Eröffnung der Sitzung der Legislativen gehalten, lautet wörtlich:
Meine Herren Senatoren, Meine Herren Deputirten!
Die Rede bei Eröffnung einer jeden Session resümirt in we— nigen Worten die vorangegangenen Akte und die Entwürfe fur die Zukunft. Bis heute setzte diese ihrer Natur nach beschränkte Mittheilung Meine Regierung nicht in genügend innige Be— ziehung zu den großen Staatskörpern, und letztere waren der Fähigkeit baar, die Regierung durch ihre öffentliche Zustimmung zu kräftigen oder sie durch ihre Rathschlaͤge aufzuklären. Ich habe bestimmt, daß alljährlich ein General-Exposé über die Lage des Reiches Ihnen vorgelegt werde und daß die wichtigsten di— plomatischen Depeschen auf Ihre Büreaus niedergelegt werden sollen. Sie können ebenfalls in einer Adresse Ihre Meinung über die Thatsachen, die sich erfüllen, kundgeben; nicht mehr wie sonst durch eine einfache Paraphrase der Thronrede, sondern durch den freien und lohalen Ausdruck Ihrer Meinung. Diese Verbesserung weihet das Land vollständiger in seine eigenen Angelegenheiten ein und lehrt es besser diejenigen kennen, welche es regieren, wie diejenigen, welche in den Kammern sitzen, und alterirt trotz ihrer Wichtigkeit den Geist der Verfassung keinesweges. Sonst war, Sie wissen es, das Stimmrecht beschränkt; die Deputirtenkammer hatte, es ist wahr, ausgedehntere Prärogative, aber die große Anzahl der öffentlichen Beamten, die einen Theil dersel— ben ausmachten, gab dem Gouvernement eine direkte Ein— wirkung auf ihre Entschlüsse. Die Pairskammer votirte auch die Gesetze, aber die Majorität konnte jeden Augenblick durch fakulta— tibe Hinzufügung neuer Mitglieder verschoben werden. Endlich wurden die Gesetze nicht immer nach ihrem reellen Werthe diskutirt, sondern nach den Chancen, welche ihre Annahme oder ihre Verwerfung haben konnte, ein Ministerium zu halten oder zu stürzen, daher war wenig Aufrichtig⸗ keit in den Berathungen, wenig Stabilität in dem Gange nuͤtzliche Arbeiten wurden ausgeführt. Heute werden alle Gesetze mit Sorgfalt und Ueberlegung durch einen Rath vorbereitet, welcher aus aufgeklärten Männern zusam— mengesetzt ist, die ihre Ansicht über alle zu nehmenden Maßregeln kundthun. Der Senat, als Hüter des fundamentalen Vertrages, dessen konservative Macht sich nur der Initiative unter wichtigen Umständen bedient, prüft die Gesetze unter dem alleinigen Gesichts— punkte ihrer Verfassungsmäßigkeit; aber als wahrhafter politischer Cassationshof ist er aus einer Anzahl unabsetzbarer Mitglieder
gebildet.
Der gesetzgebende Körper — es ist wahr — mischt sich nicht in die Einzelnheiten der Verwaltung, aber er ist direkt durch das allgemeine Stimmrecht berufen, und zählt in seinem Schooße keinen öffentlichen Beamten Er diskutirt die Gesetze mit vollständigster
Freiheit; werden dieselben verworfen, so ist dies eine Mahnung,!
der die Regierung Rechnung trägt, aber dieses Verwerfen erschuüt⸗ tert nicht die Macht, hält den Gang der Geschäfte nicht auf, und zwingt den Souverain nicht, Männer in seinen Rath aufzunehmen, die sein Vertrauen nicht haben würden. Dies sind die hauptsãch⸗ lichsten Verschiedeaheiten zwischen der gegenwärtigen Verfassung und derjenigen, welche der Februar-Revolution vorangegangen. Erschöpfen Sie, Meine Herren, während der Abstimmung über die Adresse, alle Diskussionen nach Maßgabe ihrer Wichtigkeit, um fich darauf ganz den Angelegenheiten des Landes weihen zu kön⸗ nen, denn wenn jene eine gründliche und gewissenhafte Prüfung fordern, so harren die Interessen ihrerseits ungeduldig einer raschen Lösung. Am Vorabend detaillirterer Erörterungen werde Ich Mich darauf beschränken, Sie summarisch daran zu erinnern, was im Innern und nach Außen geschehen ist. Was das Innere be⸗ trifft, so haben alle genommenen Maßregeln den Zweck, die land— wirthschaftliche, industrielle und kommerzielle Production zu vermeh⸗ ren. Das Theurerwerden aller Gegenstaͤnde ist die unvermeidliche Folge eines wachsenden Wohlstandes; aber wir mußten min— destens die zum Leben nothwendigsten Gegenstände so billig als möglich zu machen suchen. Zu diesem Zwecke haben Wir die Steuern auf Primitibstoffe vermindert, einen Handels vertrag mit England unterzeichnet, und den Abschluß anderer mit benach⸗ barten Ländern projektirt. Um diese ökonomischen Reformen zu verwirklichen, haben wir auf 90 Millionen jährliche Einnahmen verzichten müssen, und dennoch wird das Budget Ihnen im Gleich⸗ gewichte vorgelegt werden, ohne daß es nöthig gewesen wäre, auf die Schaffung neuer Auflagen oder auf den öffentlichen Kredit zurückzugehen, ganz so wie Ich Ihnen dies im vorigen Jahre an⸗ gezeigt habe. Die in der Verwaltung Algeriens bewirkten Ver— änderungen haben die oberste Leitung der Geschäfte in den Scho oß der Bevölkerungen selbst versetzt. Die ausgezeichneten Dienste des Marschalls, der an die Spitze der Kolonie gestellt ist, sind sichere Bürgen für deren Ordnung und Glück.
Was das Auswärtige anbelangt, so habe Ich Mich in Meinen Beziehungen zu den auswärtigen Mächten zu beweisen bemüht, daß Frankreich den Frieden aufrichtig wünscht, daß es, ohne auf einen berechtigten Einfluß zu verzichten, nirgend sich einzumischen bean— sprucht, wo seine Interessen nicht im Spiele waren. Kurz daß, wenn es Sympathieen für alles Edle und Große hatte, es nicht zauderte alles das zu verdammen, was das Völkerrecht und die Gerechtigkeit verletzte. Ereignisse, die schwer vorherzusehen waren, sind eingetreten und haben in Italien die schon so schwierige Lage verwickelt. Meine Regierung hat in Uebereinstimmung mit ihren Verbündeten geglaubt, daß das beste Mittel, noch größere Ge— fahren zu beschwören, darin bestehe, das Prinzip der Nichtinter— vention anzuwenden, welche jedes Land zum Herrn seiner Geschicke macht, die Fragen lokalisirt, und verhindert, daß europäische Kon⸗ flikte entstehen. Gewiß lasse Ich nicht außer Acht, daß dieses System die Inkonvenienz hat, als scheine es viele ärgerliche Exzesse zu begünstigen und die extremen. Meinungen zu autorisiren. Die Einen würden vorziehen, daß Frankreich für alle Revolutionen Partei nehme, die Anderen, daß es sich an die Spitze einer allge⸗ meinen Reaction stelle. Ich werde Mich durch keine dieser ent— gegengesetzten Anregungen von Meinem Wege abbringen lassen. Es genügt für die Größe des Landes, sein Recht da aufrecht zu erhalten, wo es unbestreitbar, seine Ehre da zu bertheidigen, wo sie angegriffen ist, seine Unterstuͤtzung da zu leihen, wo sie zu Gunsten einer gerechten Sache angerufen wird. Auf diese Weise haben wir unser Recht aufrecht er— halten, indem wir die Abtretung Savohens und Nizzas anneh⸗ men ließen. Diese Provinzen sind heute unwiderruflich mit Frank— reich vereinigt. So hat unser Banner, mit dem Großbritanniens vereinigt, lediglich um unsere Ehre im äußersten Orient zu rächen, siegreich auf den Mauern von Peking geweht, und das Kreuz als Sinnbild der christlichen Civilisation erhebt sich von Neuem in der Hauptstadt China's auf den seit länger als einem Jahrhundert geschlossenen Tempeln unserer Religion. So sind auch unsere Truppen im Namen der Humanität nach Shrien ge⸗ gangen auf Grund einer europäischen Convention, die Christen gegen einen blinden Fanatismus zu schützen. Zu Rom habe Ich