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liche Vorbildung zu gewähren, erreicht werden kann, und zugleich dafür zu sorgen, daß die mit der absolvirten Tertia gewonnene Schulbildung einen zum Eintritt in einen prektischen Beruf der mittleren bürgerlichen Kreise befähigenden Abschluß erlange. Dabei ist aber auch nicht außer Betracht zu lassen, daß bei der von dem Magistrat beabsichtigten Einrichtung weder eine Garantie geboten ist, noch gefordert werden kann, daß die betreffenden in die unteren
Klassen einer Realschule eintretenden Knaben auch wirklich die Tertia absolviren. Dieselben werden vielmehr in der 6 die Realschule so lange besuchen, nicht bis sie ein bestimmtes Klassen⸗ ziel, sondern ein bestimmtes Lebensalter erreicht haben, welches nach den obwaltenden Verhältnissen den Uebertritt in, das praktische Leben bedingt. Sollte, was vielfach der Fall fein wird, dieser Austritt aus der Quarta oder vor Absolvirung der Tertia erfol— gen, so wäre der vorausgesetzte Abschluß der Bildung jedenfalls nicht erreicht. . -
Auf dem von dem Magistrate beabsichtigten Wege würde es aber auch den betreffenden Kreisen der dortigen Bürgerschaft nicht erleichtert, ihren Kindern die erforderliche Bildung zu verschaffen, sondern die Erreichung dieses Zieles würde ihnen erschwert werden. In den Realklassen des Gymnasiums wird nämlich ein erheblich döheres Schulgeld gezahlt, als in der Bürgerschule, wozu noch kommt, daß nach der Angabe des Magistrats beabsichtigt wird, fur das Ghmnasium eine eigene Vorschule zu gründen, so daß die betreffenden Eltern wenigstens indirekt genöthigt sein wurden, auch für die Vorbereitung ihrer Kinder auf den Eintritt in die Real⸗ klassen erheblich höhere Kosten zu verwenden. Würde bei Ausfüh⸗ rung der Vorschläge des Magistrats künftig in NR. nur noch Ele⸗ menkarschule und das Gymnasium mit seinen Realklassen für das Bildungsbedürfniß der Jugend sorgen, so würde ein großer Theil der letzleren lediglich aus dem Grunde einer über die Grenzen der Elementarschule hinausgehenden Bildung verlustig werden, weil ihr nach Aufhebung der miktleren Burgerschule die Erlangung derselben aus materiellen Gründen unmöglich geworden wäre. Eine derartige, den gegenwärtigen Zustand wesentlich verschlechternde Einrichtung kann von der Schulverwaltung nicht gebilligt werden.
Die Aufhebung der mittleren Bürgerschule kann aber auch nicht als bem Interesse des Gymnasiums und seiner Realklassen entfprechend angesehen werden. Dieselbe wird gegenwärtig von 506 Knaben besucht. Tritt, was der Magistrat vorauszusetzen scheint, der größte oder auch nur ein großer Theil derselben in die Real- lassen des Gymnasiums über, so werden diesen offenbar Elemente zugeführt, welche sie an der Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgabe hindern müssen, und welche nach §. 4 der erwähnten Schulordnung von ihnen fern gehalten werden sollen. Tritt aber, was zu wünschen ist, nicht eine so große Anzahl von Kindern, wie vorausgesetzt wird, aus der Bürgerschule über, so wird, auch ab⸗ gesehen von der zu erwartenden Vermehrung der Bevölkerung die von dem Magistrat projektirte Elementarschule mit vier Klassen zur Aufnahme aller Kinder nicht ausreichen, es werden Paralleltlassen eingerichtet werden müssen, und schließlich würde nur erreicht sein, daß an Stelle einer mittleren Bürgerschule eine Elementarschule gefreten und damit die Befriedigung des vorhandenen Bildungs— bedürfnisses beeinträchtist wäre, ohne daß die Absicht des Magi— strats, durch Verringerung der Klassen wesentliche Ersparnisse zu erzielen, realisirt würde.
Hiernach wird sich der Magistrat überzeugen, daß die Auf— hebung der mittleren Bürgerschule und deren Umwandlung in eine Elementarschule nicht genehmigt werden kann. Dagegen wird die Königliche Regierung eine Revision des Lehrplans der Schule vor— nehmen und denselben überhaupt, namentlich aber, was den bisher üblichen Unterricht in der Mathematik und in der französischen Sprache betrifft, den jetzigen Verhältnissen entsprechend und mit Rücksicht auf die durch das Gymnasium und seine Real⸗Klassen anderweit zu befriedigenden Unterrichtsbedürfnisse angemessen um—
estalten.
4 Nachdem hiermit das Fortbestehen der genannten Schule ent⸗ schieden ist, kann dieselbe auch nicht länger eines eigenen Rectors entbehren, und hat der Magistrat der hierauf gerichteten Anordnung der Königlichen Regierung Folge zu geben.
Berlin den 14. November 1860.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal— Angelegenheiten. bon Bethmann-Hollweg.
An den Magistrat zu A.
Justiz ⸗ Ministerinm.
Der Rechtsanwalt und Notar Denso zu Warburg ist in gleicher Eigenschaft an das Kreisgericht in Minden, mit Anweisung
Der bisherige Kreisrichter stutscher ist zum Rechtsanwalt bei dem Kreisgericht in Stolp und zugleich zum Notar im Depar⸗ tement des Appellationsgerichts zu Cöslin, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Stolp, ernannt worden.
Ober ⸗RNechnungskammer.
Der bisherige Regierungs-Sekretariats-Assistent Winkel⸗ mann ist zum Geheimen revidirenden Kalkulator ernannt worden.
Angekommen: Se. Excellenz der General der Kavallerie und kommandirende General des V. Armee-Corps, Graf von Waldersee, von Stockholm.
Berlin, 21. Februar. Se. Majestät der König haben Aller⸗ gnädigst geruht: Dem Geheimen Regierungs Rath a. D. derzei⸗ tigen Ober-Inspektor der Rheinschifffahrt, Bitter zu Mannheim, die Erlaubniß zur Anlegung des von des Kaisers von Rußland Majestät ihm verliehenen St. Annen-Ordens zweiter Klasse; so wie dem der Gesandtschaft in Rom attachirten Lieutenant a. D. Freiherrn v. Vincke zur Anlegung des von des Königs beider Sicilien Majestät ihm verliehenen Ritter⸗streuzes des Conslantini⸗ schen St. Georg-Ordens zu ertheilen.
S ichtamtlich es.
Preußen. Berlin, 21. Februar. Se. Majestät der König nahmen heute die Vortraͤge des Friegsministers General— Lieutenants von Roon und des General-Adjutanten General— Majors Freiherrn von Manteuffel, so wie die Meldungen des Ge— nerals der Kavallerie Grafen von Waldersee, des Obersten Her⸗ zogs von Ratibor Durchlaucht und mehrerer anderer Offiziere im Beisein des Kommandanten General-Lieutenants von Alvensleben entgegen und empfingen den Ober-Präsidenten von Witzleben.
— Das Herrenhaus lehnte im Verlaufe seiner gestrigen Sitzung die von der Königlichen Staatsregierung in dem betreffen— den Gesetzentwurf vorgeschlagene Abänderung des §. 11 der Städte-Ordnung für die 6 östlichen Provinzen vom 30. Mai 1853 bei namentlicher Abstimmung mit 72 gegen 40 Stimmen ab und setzte die Berathung über das in Rede stehende Gesetz in der heutigen Sitzung fort. Hierbei wurden, nachdem auch die vorgeschlagene Abänderung des S§. 33 nicht die Zustim⸗ mung des Hauses gefunden hatte, die übrigen Paragraphen des Gesetzeatwurfs mit geringen, von der Kommission beantragten Aen— derungen angenommen. Hierauf schritt das Haus zur Berathung des Ersten Berichts der Petitions-Kommission.
— In der heutigen (16ten) Sitzung des Hauses der Ab⸗— eordneten wurden sämmtliche Gegenstände der Tagesordnung (Abänderung mehrerer Vorschriften über die preußische Postporto⸗ Taxe, Wahlangelegenheit, Petitionen) nach den Anträgen der Kom⸗ mission erledigt. Abg. v. Rönne überreichte einen Antrag auf Revision der Fremdenpolizei-Gesetzgebung.
Wesel, 18. Februar. Für die Wasserbeschädigten in Holland sind vom hiesigen Comité 1762 Thlr. 16 Sgr. 3 Pf. an den sommissar des Königs der Niederlande in Gelderland Grafen Limburg⸗Styrum zu Arnheim zur Vertheilung an die vom Wasserschaden betroffenen Personen übersandt worden. (Rh. und
R. Ztg.
Sachsen. Dresden, 20. Februar. Das „Dr. Journ.“ veröffentlicht in seinem amtlichen Theile das Gesetz, die Auf- hebung der Durchgangs-⸗Ab gaben vom 1. März d. J. be⸗ treffend. — Die Erste Kammer ist heute den zuslimmenden Be— schlüssen der anderen Kammer bezüglich der beiden Königlichen De— krete über die Aufhebung der Durchgangszölle und über die An— fertigung neuer Kassenbillets zum Umtausch defekt gewordener Billets beigetreten. — In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurden zuvörderst die beiden letzten Positionen des Militairbudgets erledigt. Sodann beschloß die Kammer in Folge eines Vortrags der dritten Deputation über den Stand der Wahlreform -Angelegenheit, daß im Hinblick auf eine von der Re—
seines Wohnsitzes daselbst versetzt worden.
gierung zugesagte Wahlgesetzvorlage die Berichterstattung über die
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vorliegenden ständischen Wahlreform-Anträge ausgesetzt blei⸗ ben soll. Zuletzt wurde eine Petition um Ausdehnung der Paß— kartenertheilungsbefugniß der Regierung zur Erwägung zu übergeben beschlossen.
Württemberg. Stuttgart, 20. Februar. Der „Staats⸗ Anz. f. Württemb.“ bringt eine Königliche Verordnung, betreffend die Aufhebung der Durchgangs⸗Abgaben und der ihre Stelle vertretenden Ausfuhrzölle.
Belgien. Brüssel, 19. Februar. Die heftige Polemik der Journale über die antwerpener Festungsbauten hat heute in der Repräsentanten-Kammer zu einer Interpellation des Hrn. Coomans Anlaß gegeben, in deren Beantwortung der Friegs— Minister Chazal alle von verschiedenen Seiten gegen sein De— partement ausgestreuten Gerüchte widerlegte. Der General ver— theidigte das in dem erwahnten Festungsbaue befolgte Polygonal⸗ System, versicherte, alle bis jetzt vorgenommenen Detail-Aenderun— gen seien ganz unwesentlicher Natur und hätten außerdem noch Er— sparnisse bezweckt, und gab über den angeblich von einem auswärtigen General über die Festungsbauten ausgesprochenen Tadel die beru— higendste Erklärung. Dieser General, so sagte Hr. Chazal, habe in Antwerpen die Museen und Kirchen, keinesweges aber die Festungswerke besucht, die er nur vom Thurme aus gesehen, und über deren allgemeine Dispositionen er sich im Gegentheil sehr günstig ausgelassen habe. Hr. Coomans und die Kammer zeigten sich durch die Mittheilungen des Kriegs⸗-Ministers durchaus befriedigt. Das Haus ging alsdann zur allgemeinen Debatte des von Hrn. Dumortier eingebrachten Gesetzentwurfes über Wieder herstellung des Legal-Courses der französischen Goldmünzen über.
Gräaßbritannien uns Irland. London, 19. Februar. Der Prinz-Gemahl ist in der Genesung und machte gestern zum ersten Male einen Spaziergang im Garten des Palastes.
Parhaments-⸗Verhandlungen am 18. Februar. Im Ohberhause zeigt Lord Stratford de Redeliffe an, daß er am kommenden Montag die Verlegung der die syrischen Ereig— nisse betreffenden Korrespondenz beantragen wird.
Im Unterhause fragt Horsfall den Staatssecretair des Aus⸗ wärtigen, ob die Regierung irgend welche Schritte getban habe, um den vom Schifffahrts Comité in Bezug auf die Rechte der Kriegführenden zur See ertheilten Rathschlägen gemäß zu handeln. Lord J. Russell: „Die Regierung hat keine derartigen Schritte gethan, und zwar aus fol⸗— genden Gründen: Ich fand, daß, als die Frage mit der amerikanischen Regierung diskutirt wurde, Lord Clarendon dem Vorschlage, Privat⸗ Eigenthum zur See während eines Krieges zu respektiren, ungünstig ge— wesen zu sein scheint. Man kam zu keinem endgültigen Beschlusse, keine amtliche Mittheilung ward gemacht, und die amerikanische Re⸗ gierung drückte den Wunsch aus, jede den Gegenstand betreffende Communication zu suspendiren. Etwas später las mir Herr Dallas eine lange und sehr geschickt abgefaßte Depesche an Herrn Mason in Paris vor. In derselben sagte die amerikanische Regierung, es sei unmöglich, das an Bord von Schiffen, die einer der krieg⸗ führenden Mächte gehörten, befindliche Privatbermögen zu schonen. Doch fügte General Caß hinzu, seines Erachtens sei das Recht der Blo⸗— kade, wie das Gesetz der Nationen dasselbe gutheiße, ein großer Miß⸗ brauch; der einzige Fall, in welchem eine Blokade erlaubt werden sollte, sei der, wenn eine Festung von einem Landheere belagert werde und man eine Flotte dazu verwende, um sie von der Seeseite zu blo— kiren; jeder Versuch aber, den Handel durch eine Blokade zu unter— brechen, oder Handelshäfen zu bloliren, sei ein Mißbrauch, der eigent⸗ lich nicht geduldet werden sollte. Dadurch ward natürlich eine noch weitere Frage eröffnet. Meine Antwort auf diese Depesche lautete ein—⸗ fach dahin, daß, da der Krieg zu Ende und der pariser Friede abge— schlossen sei, eine Fortsetzung der Erörterung nicht als rathsain erscheine. Der Vorschlag selbst scheint mir von der höchsten Bedeutung zu sein. Er läuft in Wahrheit darauf hinaus, daß, wenn von zwei Mächten die eine ein sehr starkes Heer und eine starke Flotte, die andere hingegen ein der Zahl nach schwächexes Heer, aber eine überlegene Flotte hat, letztere Macht auf alle Vortheile, welche ihre überlegene Flotte ihr ver⸗ leiht, verzichten und gestatten soll, daß der Kampf blos durch Landtruppen entschieden werde. Seine Annahme würde zudem eher die Wirkung haben, Kriege zu verlängern, als sie zu verkürzen, weil eines der Mittel, deren sich eine große Seemacht im Kriege bedienen kann, darin besteht, den Handel des Gegners zu lähmen. Je größer ihre Stärke als Seemacht ist, desto mehr steht es in ihrer Gewalt, dies zu thun, und desto mehr Wahrscheinlichkeit hat sie für sich, den Krieg zu einem günstigen Ende zu führen. Würde der Vorschlag angenommen, so wäre jene ganze Macht dahin, welche England bisher so furchtbar zur See gemacht hat. Sodann bemerke ich Detail Schwierigkeiten, die unüber⸗ windlich sein würden. Die Handelsflotte einer kriegführenden Macht würde gegen die Wegnahme sicher gestellt sein; kein Mensch aber vermag zu sagen, ob nicht eine sich an der Kuüͤste zeigende Anzahl von Schiffen, die anschei⸗ nend Kauffahrer sind, zu Kriegszwecken gebraucht und nicht Gegenstände enthalten möge, die — Bright weist auf die Geschäftsordnung hin und er⸗ laubt sich die Frage, ob nicht der Redner gegen dieselbe verstoße, indem er fich in Beantwortung einer Interpellation in eine längere Auseinandersetzung über ein schwieriges Thema einlasse, wo keinem anderen Mitgliede, das seine Ansichten nicht theile, die Gelegenheit geboten sei, ihm zu antworten. Der Sprecher: Es war stets Brauch, einem Minister bei Beantwortung von Fragen freieren Spielraum zu lassen, als einem Pribatmitgliede. Auch werden ja in der That nur selten Fragen an Privatmitglieder gerichtet. Der edle Lord hat auseinandergesetzt, weshalb er nicht so gehandelt hat, wie
der ehrenwerthe Interpellant vorausgesetzt zu haben scheint. j . Umstaänden wird das Haus bern e r nicht 2 r , Lord gegen die Geschäftsordnung verstoßen hat. Lord J. Russelt: Da en Sonder⸗Ausschuß dieses Hauses mit gewissen, wie mir scheint, sehr be⸗ stimmt gefaßten Rathschlägen hervorgetreten war, so ließ sich wohl an⸗ nehmen, daß es meine Pflicht gewesen wäre, ihnen gemäß zu handeln und Schritte zu ihrer Ausführung zu thun. Ich wagte es daher, dem Hause auseinanderzusetzen, weshalb ich es nicht für rathsam erachtete, solche Maßregeln zu ergreifen. Ich will mich in keine weiteren Erörterungen einlassen, sondern nur noch bemerken, daß ich die Frage als eine solche betrachte, welche unsere ganze Macht zur See berührt, und daß ein Minister der Krone sich nur mit der größten Vorsicht dazu entschließen darf, einen endgültigen Schritt in der Sache zu thun.
— 20. Februar. (Telegraphisch) In der gestrigen Sitzung des Oberhauses vertheidigte der Unter-Staatssecretair des Aus— wärtigen, Lord Wodehouse, gegen die Lords Greh und Ellen— borough die von der englischen Regierung Ehina gegenüber befolgte Politik und versprach die Vorlegung der betreffenden Schriftstücke.
Im Unterhause beantragte Hubbard (Tory) die Ein setzung eines Sonder-Ausschusses, welcher sich mit der Vertheilung der Ein kommensteuer befassen soll. Der Schatzkanzler sprach dagegen; doch ie Hubbard mit 131 gegen 127 Stimmen.
Frankreich. Paris, 20. Februar. Nach Angabe der „Independance“ ist die europäische Konferenz wegen Shriens gestern 1 Uhr im Hotel der auswärtigen Angelegen⸗ heiten zur Berathung zusammengetreten.
Folgendes ist nach dem „Nord“ der Wortlaut der Depesche, welche Hr. Thouvenel unterm 18. Januar an die Gesandten des Kaisers in Berlin, London, Petersburg, Wien und Konstantinopel gerichtet hat, um denselben von den Wünschen Frankreichs in Be⸗ treff Syriens Kenntniß zu geben: ö
Mein Herr 54 Wir nähern uns der durch den Vertrag vom 5ten September für die Dauer der syrischen Expedition bestimmten Endfrist. Mit dem Auftrage betraut, die gemeinschaftlichen Beschlüsse auszuführen, müssen wir vor Allem die Bedingungen erfüllen, unter denen wir dieses Mandat erhalten haben. Gleichwohl betrachten wir aus eben demselben Grunde, bevor wir Syrien räumen, es als unsere Pflicht, die Groß mächte zu einer gemeinschaftlichen Prüfung zu veranlasfsen, ob der Ab⸗ marsch des Expeditions-Corps zur ausbedungenen Zeit ohne Gefahr für die Ruhe des Landes vor fich gehen kann, und es schien uns zeitgemäß, auf dieses Faktum Ihre Aufmerksamkeit zu lenken. Die Mächte haben in Shrien keinen polüischen Zweck vor Augen, und die Negierung des Kaisers hat sich dieser Ansicht vollständig angeschlossen. Sie bezwecken ein Werk der Menschlichkeit. Ist dieses Werk ausgeführt? Die Kabineite kennen, wie wir, den Stand der Dinge und wissen, wie lang⸗ sam die Pacification bis jetzt vor sich gegangen ist. Die in Behrut ein⸗ gesetzte europäische Kommission hatte von Anfang an die dringendste Nothwendigkeit ins Auge zu fassen: einerseits Entschädigungen, anderer⸗ seits Bestrafungen zu verlangen. Das war indessen nur ein Theil ihrer Aufgabe, und nicht der wichtigste. Sie mußte noch die Grund— lagen für die neue Einrichtung, die mit der türkischen Regie⸗ rung für die Verwaltung des Berglandes zu vereinbaren war, sammeln, und den Mächten vorlegen. Diese Arbeit ist gewiß die unerläßliche Ergänzung aller der anderen im Einverständniß mit der Pforte schon ergriffenen oder noch zu ergreifenden Maßregeln. Man kann sagen, daß, so lange dies nicht fertig, noch nichts getban ist; denn in dem Zustande der Unordnung, worin sich Alles in Syrien befindet, ist es die Hauptsache, die Bedingungen für die neue Regierung des Libanon festzu⸗ stellen, und das ist es auch, was die Mächte gewollt haben. Dieser Wunsch ist nicht nur keineswegs erfüllt, sondern die Kommission kommt auch kaum mit den Unterdrückungs- und Entschädigungsfragen in Betreff des Libanon zu Ende; andererseits herrscht noch keine definitibe Verstän⸗ digung über die in Damaskus zu erhebende Entschädigungssteuer, und die Pforte bekundet das Verlangen, diese Frage in Konstantinopel lösen zu lassen. Die Umgestaltung der Verwaltung ist allerdings jüngst in vertrau⸗ lichen Besprechungen angeregt worden. Aber durch andere Sorgen in An⸗ spruch genommen, haben die Beauftragten fich bis jetzt noch nicht in der Lage gesehen, offiziell darüber zu verhandeln, und der Zeitpunkt dürfte schwer zu bestimmen sein, wo sie den Mächten das Resultat ihrer Forschungen würden mittheilen können. Die Ungewißheit selbst, welche diese Verzöge⸗ rungen über die Reorganisation des Libanon obwalten lassen, hält die Gemüther in einem Zustande äußerster Aufregung und die uns zugekom⸗ menen Berichte lassen uns fürchten, daß der Abmarsch unsexrer Truppen neue Unordnungen zur Folge haben werde, wenn er stattfindet, bedor die nothwendigen Einrichtungen zur Sicherung der Einwohner getroffen worden sind. Bei solchen Betrachtungen werden alle Kabinette begreifen, daß wir großen Werth darauf legen, von unserer Verant⸗ wortlichkeit frei zu werden. Wenn wir einerseits den durch die Konferenz festgesetzten Bestimmungen treu zu bleiben beabsichtigen, wollen wir andererseits uns keinesweges vorwerfen lassen, daß wir nicht auf die Gefahr hingewiesen hätten, welche wir zu sehen glauben. Wir sind also genöthigt, die Mächte um Mittheilung ihrer Ansicht in dieser Sache zu ersuchen, und behalten uns einfach vor, die unserige als Unter⸗ zeichner des Vertrages vom 5. September, d. b. mit derselben Berechtigung, wie die anderen Mächte, bei den Berathungen zu äußern. Wir haben durch die Beharrlichkeit, mit der wir die Arbeiten der Kommission vorwärts
gedrängt, bewiesen, wie sehr wir wünschen, Syrien zur festgesetzten Zeit
zu räumen, und noch heute würde es Niemand mit aufrichtigerer Befrie⸗ digung sehen, daß die Verhältnisse uns erlaubten, diesen Wunsch zu ver⸗ wirklichen. Wenn die Mächte entscheiden, daß die Dauer der Occupation verlängert werden soll, so werden wir, die wir es übernemmen, das Ex⸗ peditions-Corps zu stellen, uns obne Zweifel nicht weigern, die Opfer noch weiter zu bringen, welche wir auf üns genommen, um dem Sultan mit