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dem alle deutschen Volksstämme durchdrungen sind, niemals ge stat⸗ ten werde, sich auf deutschem Boden festzusetzen oder die politische und faktische Existenz irgend eines Staates, und sei es des kleinsten,
auf die Dauer zu gefährden.“
Oesterreich. Wien, 13. Juni. Nach dem vom Kaiser genehmigten Gesetze in Betreff der Taggelder und Reisegebühren für die Mitglieder des Abgeordnetenhauses des Reichsrathes er⸗ halten sämmtliche Mitglieder des Abgeordnetenhauses ein Taggeld von zehn Gulden öhsterreichischer Währung und zwar für die Zeit ihrer Anwesenheit bei dem Reichsrathe; außerdem eine Reisekosten— Entschädigung von Einem Gulden österreichischer Währung für jede Meile Entfernung von dem Sitze des Landtages in Wien, sowohl für die Hin- als auch für die Rückreise. Kein Mir glied des Abgeordnetenhauses darf auf deren Bezug verzichten.
König Ludwig von Bayern erfreut die hiesige Künstlerwelt
it sei esuchen. *
4 . des Erzherzogs Rainer zum inländischen Ehren⸗ mitgliede der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften ist höchsten t nehmigt woeden. — an, , ö ist die Anstellung eines griechisch nicht⸗unirten Weihbischofs gestattet und der serbische Patriarch ermächtigt wor— den, zu diesem Amte den Archimandriten des Klosters Krusedol Nicanor Gruis zu konsekriren. — ö .
Pesth, 17. Juni. Das Oberhaus des ungarischen Landtages hielt am 15ten d. M. die vierte seiner seit Monat April ausge— setzten Sitzungen. Bemerkenswerth sind die beiden Zuschriften an bas Oberbau, mit welchen der Patriarch Rajacic und der Bischof Kengyelacz ihr Ausbleiben vom Landtag entschuldigen.
„Ew. Excellenz wird es bekannt sein,“ bemerkt der erstere nach der Einleitung, „daß mit dem X. Artikel des Jahres 1792 dem Erzbischofe und den Bischöfen der orthodoxen orientalischen Kirche versprochen wurde, daß sowohl bezüglich ihres Sitzes, als auch ihres Stimmrechtes auf dem ungarischen Reichstage ein Beschluß gefaßt werden wird. Seitdem sind 69 Jahre verflossen, und es hat sich wahrend dieser Zeit öfters der ungarische Reichstag versammelt; meine Vorfahren, ich und die Bischöfe sind auf den Reich stag gegangen, es kam mehrmals zur Sprache, daß uns ein unserer Stellung gebührend entsprechender Platz in der Reihe der Prälaten der Kirche gegeben werde, aber unsere diesfälligen Vorstellungen sind ohne allen Erfolg geblieben und sind zum Aergerniß unserer Würde, unserer Nation und Kirche, von welcher die Könige Ungarns unter dem J. Géza ihre Krone
erhielten, mit der sie sich seit jener Zeit krönen ließen, in die hinter
den ungarischen Magnaten befindlichen Bänke, geschoben worden.
Se. K. K. Hoheit der selige Palatinus Erzherzog Joseph ge⸗ langte zur Einsicht dieser ärgerlichen Behandlungsweise und traf mit den Erzbischöfen der orlhodoxzen orientalischen Kirche die Ver⸗ fügung, daß für uns, außer der Reihe der. Oberpriester und hinter dem Rücken der oberen Stände wie mit irgend einer Krank— heit Behaftete, ein Tisch gegeben werde, und neben einem solchen Tische saß ich mit meinen Bischöfen auf den Reichstagen seit dem Jahre 1843. . . . .
Der Geist der Zeiten hat sich konsolidirt, die ewige Wahrheit und das Recht haben ihre Blicke auf den gegenwärtigen Reichstag gerichtet, ich mit meinen Bischöfen, die wir unter der ungarischen Krone in kirchlichen Dingen eine Nation von 3 Millionen Seelen repräsentiren, wünschen mit voller Berechtigung das Gesetz, wonach unser gebührender Platz und, unser Stimmrecht auf dem ungari⸗ schen Reichstage festgestellt werden wird. Der serbische Nationgl⸗ kongreß hat in dieser Beziehung den unter a. verzeichneten Be⸗ schlüuß gefaßt, welchen ich Ew. Excellenz devotest und ergebenst mit der Bitte unterbreite, daß Ihr mächtiger und hoher Einfluß erwir— ken möge, daß diese seit 60 Jahren unerledigt gebliebene Angele⸗ genheit auf dem gegenwärtigen Neichstage erledigt und die Erledi⸗ gung zum Gesetz erhoben werde.“ ;
Die „Wiener Zeitung“ bringt eine Adresse der dem öster⸗ reichischen Reichsrathe angehörenden 19 Metropoliten und Bischöfe an den Kaiser.
Nachdem die Bischöfe die Erklärung abgegeben haben, daß sie sich berpflichtet halten, zur Bewahrung der Einheit des Reichs nach Kräften mitzuwirken, weifen sie auf die Erschwerung der Neugestaltung Oester— reichs durch die Agitationen der Partei hin, welche berkündige, „daß Oesterreich und der Kirchenstaat untergehen“ müßten. Die Feinde Oester⸗ reichs und der Kirche hätten die öffentliche Meinung verfälscht; Frechheit und Lüge zeige das Gaukelspiel der Volksabstimmung in Italien; mit ähnlichen Waffen ziehe man „gegen die katholische Kirche oder vielmehr gegen das Christenthum“ zu Felde, Religion und Sittlichkeit, Recht und Wahrheit seien einer Anzahl bon Spekulanten und Wühlern preisgegeben. Deshalb wären die Unterzeichner es Gott, ihrem Hirtenamte und der Kaiserlichen Majestät schuldig, jene Rechte der Kirche zu vertreten, wider welche der künstlich angeregte Sturm zunächst gerichtet sei.
„Schon längst genossen, fahren die Bischöfe fort, die Protestanten in Oesterreich jener Gleichheit der politischen und bürgerlichen Rechte, auf welche sie kraft des 16. Artikels der deutschen Bundesafte in allen Bun⸗ desländern Anspruch haben, und erfreuten in Betreff der Religionsübung sich einer Freiheit, welcher die Katholiken noch in vielen protestantischen
Ländern entbehren. Neuerlich hat das Gesetz vom 8. April ihnen die Selbstständigkeit in Verwaltung ihrer religiösen Angelegenheiten nach allen Richtungen hin gesichert und eine Freiheit der Bewegung eingeräumt, welche weiter reicht als jene, die den Katholiken kraft der bestehenden Gesetze und Verträge zukömmt. Die treugehorsamst Unterzeichneten kön— nen den Wunsch nicht unterdrücken, Ew. Majestät möchten Sich bewogen finden, bei Ausführung des Gesetzes den eigenthümlichen Verhältnissen Tyrols und dem einstimmigen Wunsche eines getreuen, biederen Volkes huldvolle Rückficht zu schenken; übrigens haben sie nicht das Geringste dagegen einzuwenden, daß die Christen des augsburgischen und helvetischen Bekenntnisses ihre religiösen Angelegenheiten nach den Grundsätzen ihrer Religion ungehindert ordnen und derselben staatsbürgerlichen Rechte wie die Katholiken genießen. Es giebt aber auch solche die Religion betref— fende Angelegenheiten, bei welchen Katholiken und Protestanten nothwen— dig mit einander in Berührung kommen. Läßt sich eine Richtschnur fin— den, durch welche beide Theile zufriedengestellt werden, so entspricht es dem Geiste der Milde und des Wohlwollens, welchen auch die treugehor— samst Unterzeichneten gewahrt wünschen, daß dieselbe in Anwendung gebracht werde. Allein dies ist das Aeußerste, was die Protestanten von der Re⸗ gierung Ew. Majestät verlangen können, ohne ihr die sonderbare Zu⸗ 5 zu stellen, mit Gerechtigkeit und Klugheit in Zusammenstoß zu gerathen.
ast in allen Ländern des Kaiserthums sind die Rechte der katholi⸗
schen Kirche so alt als die Entwickelung eines geordneten Staatslebens:
denn fast alle haben die sämmtlichen Güter einer höheren Gesittung im Schooße der katholischen Kirche empfangen. Die beklagenswerthe Glau— bensspaltung, welche das sechszehnte Jahrhundert brachte, hat ihr Werk durch Gewalt vollendet. Bekanntlich unterdrückten die protestantischen Fürsten den katholischen Gottesdienst, wo und wie sie vermochten, und es blieb den Katholiken nichts übrig, als das Recht der Selbstverthei⸗ digung zu üben. Die Zustände trauriger Zerrissenheit und die furchtbaren Verwüstungen, welche in Folge derselben namentlich über Deutschland hereinbrachen, wurden durch Verträge beendigt. Diese Verträge blieben das Unterpfand des europäischen Friedens, bis die Feindschaft gegen das Christenthum in Frankreich auf das Feld der Thatsachen überging und ihre volle Wuth gegen die katholische Kirche kehrte, weil sie in ihr die feste Burg des Christenthumes erkannte. Die Rechte nun, welche die katholi— sche Kirche aus allen diesen Stürmen gerettet hat, sind mehr als tausend— jährige, und wer sie als keiner Beachtung würdig behandelt, der pflichtet den Grundsätzen bei, nach welchen Gewalt und Aufwiegelung, wenn man sie mit gleißenden Redensarten zu verhüllen weiß, an die Stelle des Rechtes zu treten haben.
Wenn die Partei der Bewegung von Ew. Majestät verlangt, den kathelischen Charakter des Kaiserthums Oesterreich zu verleugnen, so ist dies nicht nur eine Verwegenheit, sondern es enthält auch einen Wider⸗ spruch: weil dieselbe Partei die Regierung Ew. Majestät ohne Unterlaß auf das Beispiel von England und Preußen hinweist. Vor wenigen Tagen, nämlich am 19. April d. J., erklärten die englischen Minister vor dem versammelten Parlamente: England habe zwar sehr viele katholische Unterthanen, sei aber ein protestantischer Staat. Doch in den europäi⸗ schen Besitzungen Großbritanniens leben neben 22 Millionen Anglikaner, Presbyterianer und Methodisten 6 Millionen Katholiken. Die preußische Regierung betrachtet Preußen als einen protestantischen Staat und handelt bei jeder Gelegenheit zwar nicht ohne Vorsicht, allein mit großem Nachdrucke in diesem Sinne. In den preußischen Ländern machen aber die Katholiken mehr als ein Brittel der Bevölkerung aus: denn sie be— tragen siebenthalb und die Protestanten etwas über zehn Millionen. Da— gegen haben die Länder, welche gegenwärtig in dem Reichsrathe vertreten sind, nahe an 20 Millionen Katholiken und nicht volle 300,000 Protestan— ten, welche hiermit eine berschwindend kleine Minderzahl sind. Im ganzen Kaiserthume stellt das Verhältniß sich allerdings anders; dennoch bleiben die Katholiken ungleich mehr als die Protestanten in England, geschweige denn als in Preußen, die sehr große Mehrzahl der Bevölkerung. Wie, und Oesterreich sollte nicht eben so gut ein katholischer Staat sein, als England und Preußen ein protestantischer? Es sollte dem katholischen Kaiser von Oesterreich, dem Erben und Enkel der Schutzherren der Kirche, nicht gestattet sein, den katholischen Inter— essen dieselbe Beachtung zu schenken, deren die protestantischen in England und Preußen sich erfreuen? Die Protestanten Oesterreichs besaßen schon längst die staatsbürgerliche Gleichberechtigung vollständiger, als es bei den Katholiken des freien Englands seit der Emancipation der Fall ist, sie erhielten nun durch die Gnade Ew. Majestät eine Selbstständigkeit in Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten, welche ihnen bis jetzt kein einziger protestantischer, geschweige denn ein katholischer Staat gewährt hat: wenn dies nicht genügt, wenn man im Namen der Freisinnigkeit an Oesterreich die Forderung stellt, daß bei jedem Widerstreite der auf die Religion gegründeten Forderungen die katholische Ueberzeugung aufgeopfert werde, so gehe man zuerst in das Mutterland der verfassungsmäßigen Freiheit und verlange von dem englischen Parlamente ein Geseß, kraft dessen bei jedem Widerstreite der auf die Religien gegründeten Forderungen in England und Irland die Grund⸗ sätze der Hochkirche, in Schottland die der Presbyterianer dem katholischen Gesetze zu weichen hätten. Jedermann weiß, daß die Negierung und das Parlament von England eine solche Zumuthung mit Verachtung zurück⸗ weisen würde. Da nun die Männer des Forischrittes dies recht und billig finden, so mögen sie entweder gutheißen, daß die österreichische Re⸗ gierung den Katholiken jene Rücksichten zolle, welche die englische den Protestanten im Ueberflusse gewährt, oder es gerade heraussagen, daß die Katholiken immer und überall den Protestanten nachgesetzt werden sollen. Dagegen muß man im Namen des Gewissens und der Gerechtigkeit Ein⸗ spraͤche thun; es ist aber auch eine Ehrensache. Sollen die Katholiken sich als die Heloten Europas bekennen? Dies Gefühl mag durch die Strömung des flugenblickes zurückgedrängt sein; es wird sich aber, so wahr die katho— lische Kirche in Oesterreich noch Leben und Zukunft hat, seiner Zeit mit
Nachdruck geltend machen, Ueberdies sind die Staatsgesetze, welche das Verhältniß der katho—
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lischen Kirche zu den protestantischen Bekenntnissen regeln, mit sorgfältiger Beachtung der Gerechtigkeit und Billigkeit geordnet und auch die Kirche hat ibre Rachsicht so weit ausgedehnt, als sie es vermag, ohne sich selbst ungetreu zu werden. Nach der Lehre der katholischen Kirche ist die Ehe ein Sakrament und das Band derselben kann, wenn sie vollzogen ist, nur durch den Tod gelöst werden. Der Katholik kann also keine, auch keine gemischte Ehe schließen, ohne daß sie dem Gesetze der Unauflöslichkeit unterworfen wird. Gestattet das Staatsgesetz, daß der protestantische Theil sich der Erlaubniß bediene, welche das protestantische Eherecht ihm gewäbrt, und die Trennung der Ehe verlange, so waltet zwischen den in gemischter Ehe lebenden Gatten eine grelle Rechtsungleichheit ob. „In re communi potior est conditio prohibentis.“ Dies ist ein Grundsatz, dessen Billigkeit offenbar und seit der Römerzeit von allen Schulen der Rechtsgelehrten anerkannt ist. Dem Katholiken macht seine Religion die Ehetrennung unmöglich, dem Protestanten ist sie durch die Vorschrif⸗ ten seines Bekenntnisses nicht geboten, sondern nur erlaubt. Er verzichte darauf, sich dieser Erlaubniß zu bedienen, oder er lenke seine Wahl auf eine protestantische Person.
Die katholische Kirche kann und wird niemals eine Verbindung billi⸗ gen, bei welcher der Kattolik darauf verzichtet, seine Elternpflicht zu er— füllen und seine Kinder im Bekenntnisse der katholischen Wahrheit zu er— ziehen. Dennoch ist die Möglichkeit solcher Ehen nicht ausgeschlossen. Wenn der protestantische Bräutigam sich nicht rerpflichtet zu gestatten, daß sämmtliche Kinder in der katholischen Religion erzogen wer— den und der Verbindung kein anderweites Hinderniß im Wege steht, so werden die Berkündigungen vorgenommen und die Er⸗ klärung der Einwilligung wird tor dem Pfarrer abgegeben: was zur Giltigkeit der Eheschließung hinreichend ist. Allerdings hat der hei⸗ lige Stuhl unter dem Drange der Verhältnisse in einigen Ländern für die gemischten Ehen das Hinderniß der Heimlichkeit aufgehoben. Dadurch kehrt aber die kirchliche Gesetzgebung für die gemischten Ehen dieser Län⸗ der auf den Standpunkt zurück, welchen sie vor dem Concilium von Trient einnahm. Die gemischten Eben können dann, wenn ihnen kein ander— weitiges Hinderniß im Weg steht, zwar ohne den katholischen Pfarrer, aber auch ganz ohne Zeugen giltig geschlossen werden. Es kehren dann die beimlichen Ehen zurück, welche bis zu dem Concilium von Trient zwar den strengsten Kirchenstrafen unterlagen, aber nicht an sich ungiltig waren. Mit denselben kehren aber auch jene Nachtheile und Mißstände zurück, welche nicht nur von den Vorstehern der Kirche, sondern auch von den weltlichen Fürsten tief gefüblt wurden und die Festsetzung des Hindernisses der Heimlichkeit hervorriesen. Dies hat sich in Ungarn bewährt und während der Jahre, welche der Vorbereitung des Konkordates gewidmet waren, haben die ungarischen Erzbischöfe und Bischöfe zu wiederholten Malen ihren Wunsch ausgedrückt, daß das Hinderniß der Heimlichkeit auch für die gemischten Ehen wieder in Kraft treten möge.
Das Staatsgesetz bindert keinen Katholiken, von seinem Glauben ab⸗— zufallen; auch der sechswöchentliche Unterricht, welchen Joseph II. verord⸗ nete, ist seit mehr als zwölf Jahren aufgehoben. Allein der Katholik kann dadurch, daß er das protestantische Bekenntniß ablegt, sich nicht von bereits übernommenen Verkindlichkeiten befreien. Er ist aus freiem Entschlusse eine Ehe eingegangen, von welcher er wußte, daß sie unauflöslich sei, und die Gerechtigkeit verlangt, daß er durch dies Geseß gebunden bleibe. Die Auflösung einer lästig gewordenen Ehe und die Befriedigung sinnlicher Begierden darf nicht als Prämie für den Abfall vom katholischen Glauben angesetzt werden. Auch ein zartfühlender Pro— testant kann dies nicht wünschen.
AUebrigens steht die Staatsgewalt zu der Ehe des Protestanten in einem ganz anderen Verhältnisse, als zu der des Katholiken. Nach der Lehre der katholischen Kirche hängt die Giltigkeit der Ehe nur von dem Gesetze Gottes und der Kirche ab. Der Staat kann Eheverbote festsetzen und die Pflicht des bürgerlichen Gehorsams erstreckt sich auf die Beob— achtung derselben; aber Hindernisse der Giltigkeit kann er für die katho⸗ lische Ehe nicht aufstellen, ohne in das Gewissen der Katholiken einzu— greifen. Dagegen stellen die Protestanten die Gesetzgebung über die Giltigkeit der Ehe dem Staate anheim. Auch in Eng— land, wo die anglikanischen Bischöfe noch die Gerichtsbarkeit in Ehesachen üben, ist das Parlament, welches uͤber die Bedingungen der Gültigkeit Gesetze giebt, und erst im vorigen Monate verhandelte es wieder uber den Antrag, die Ehe zwischen Schwager und Schwägerin für gültig zu erklären. Deswegen konnte das österreichische Gesetz, ohne den Religionsgrundsätzen des Protestantismus zu nahe zu treten, jene Verfügungen treffen, welche nothwendig sind, damit das wohl⸗ begründete Recht der katholischen Kirche gewahrt bleibe und den drin⸗ gendsten Forderungen der Klugheit und Billigkeit entsprochen werde.
Die Kinder⸗Erziehung in gemischten Ehen hat zu einer Zeit, als in politischer Beziehung tiefer Friede herrschte, Mitteleuropa einige Jahre lang in Bewegung gesetzt, und es wäre traurig und bedenklich, wenn in diesen Tagen der Aufregung die zarte Frage zu Gunsten einer kleinen Minderzahl wieder angeregt würde. Uebrigens hat die Vereinbarung, welche Ew. Majestät mit dem h. Stuhle zu schließen geruhten, in der Regelung der Sache nichts geändert; denn Ew. Majestät fanden Sich nur bewogen, zu versprechen, daß die darüber bestehenden Gesetze in ihrer bisherigen Geltung verbleiben würden. Diejenigen aber, welche die Ge⸗ setze Joseph des Zweiten preisen, können nichts dagegen einwenden, wenn die Verpflichtung, welche Joseph II. dem protestantischen Ehegatten auf— legte, aufrecht erhalten bleibt. ;
Unter die Schlagwörter, welche als Hebel der kunstgerechten Wüh⸗ lerei gebraucht werden, nimmt gegenwärtig „Toleranz“ eine vorzügliche Stelle ein. Die katholische Kirche übt die wahre Toleranz, indem sie die Nächstenliebe, deren Vorbild uns der Heiland in dem barmherzigen Sa— mariten zeigt, als eine heilige Pflicht, als die nothwendige Folge der reinen und thatkräftigen Liebe Gottes verkündet. Dagegen wird wider die katholische Kirche von allen Seiten her die roheste Intoleranz geübt. Alle Einrichtungen und Anstalten derselben werden berleumdet und vex⸗
dächtigt, jede Kundgebung der kathölischen Ueberzeugung mit Hohn und
Schmähung überschüttet. Es ist das Christenthum, es ist na— mentlich das christliche Sittengefetz, welchem die Wuth nies 9 griffe gilt. Die Änerkennung einer höheren Bestimmung und Aufgabe soll ausgetilgt werden und der Mensch nur für die Zwecke und Gelüste des Augenblickes leben. Ein Volk kann der politischen Freiheit nur in dem Platze genießen, in welchem es sich selbst zu beherrschen ver⸗ steht. Wo die Ueberzeugungen, welche die Zeit mit der Ewigkeit ver⸗ knüpfen, bis zu einem gewissen Grade ihren Einfluß verloren haben, dort können freie Verfassungs formen zu keiner ruhigen und kraftvollen Ent⸗ wickelung gelangen. Zuerst überwiegt die Partel der halben Revolution; dann siegen die Männer des Umsturzes, welche die Konsequenz für sich haben, und führen Zustände herbei, in welchen bie Diktatur der Waffen⸗ gewalt als eine Wohlthat erscheint. Frankreich weiß davon zu erzählen: denn es hat din Kreis schon zweimal unter vielfachen Erschütterungen durchlaufen und würde weit Schlimmeres erfahren haben, wenn die ka⸗ tholische Gesinnung nicht eben bei den höheren Ständen, welche die ersten waren, dem Unglauben zu huldigen, sich wieder gekräftigt hätte. Indem also die treugehorsamst Unterzeichneten für die Rechte der Kirche einstehen, wirken sie zugleich für die segenreiche Entwickelung der bon Allerhẽchst⸗ demselben gegebenen Verfassung und für die Befestigung einer Freiheit, welche in dem Pflichtgefühle ihre Kraft, weil ihre Schranke findet—
Die treugehorsamst Unterzeichneten können nicht umhin, auch dem
Schmerze Worte zu leihen, mit welchem die Zustände Roms und des Kirchenstaates sie erfüllen. Die Sache des heiligen Stuhles ist die Sache der Kirche, des Völkerrechtes und der eurepaäischen Ordnung, welche kraft der Grundsätze, denen die italienische Revolution huldigt, in den Krieg Aller gegen Alle verwandelt würde. Der Herr wird früher oder später Hülfe bringen und mögen Ew. Majestät es sein, welchen er beruft, in , Holger des heiligen Petrus das Reich Gottes auf Erden zu be⸗ 26. . 9 9. Juni 1861. Friedrich Kardinal Schwarzenberg, Fürst-Erzbischof von Prag. Jo⸗ seph Othmar Kardinal Rauscher, . . ua s . Ra ua zzotti, Patriarch bon Venedig. Maximilian Joseph v. Tar⸗ n czy, Fürstbischof von Salzburg. Joseph Alois Tredisanato, Erz⸗ bischef von Udine. Friedrich Landgraf v. Fürstenberg, Fürsterzbischof bon Olmütz. Andreas Gollmayr, Fürsterzbischof von Görz. Gregor Sztyzmonowiez, Erzbischof von Lemberg (ar men. Nit.) Franz aber 6. Wierzchleys ki, Erzbischof von Lemberg (lat. Rit). Gregor Freiherr v. Jachimoviez, Erzbischof von Lemberg (griech. Rit.). Heinrich Förster, Fürstbischof von Breslau. Anton Martin Stom⸗ schek, Fürstbischof von Lapant. Johann Jirsik, Bischof bon Budweis. Ottokar Maria Graf von Attems, Fürstbischof von Seckau. Benedikt Ri ccabona von Reichenfels, Fürstbischof von Trient. Valentin Wiery, Fürstbischof von Gurk. Vincenz Ga sser, Fürstbischof von Brixen. Bartholémäus Widmer, Fürstbischof von Laibach. Spiridion Litwinowiez, Bischof von Canata und General-Vikar von Lemberg (griech. Rit.)
Agram, 17. Juni. In der heutigen Landtagssitzung theilt
der Abgeordnete Zivkovie mit, daß in der gestern abgehaltenen ge⸗ heimen Sitzung beschlossen worden sei, den Banus zu erfuchen, das Proteßschreiben des Patriarchen Rajacie dahin zu beantworten, der kroatisch-stawonische Landtag habe die Existenz der serbischen Nation in Kroatien und Slavonien nie geleugnet.
Hierauf folgte die Generaldebatte uber die Frage der Union mit Ungarn.
Im Prinzip scheint der Landtag sich für eine bedingte Union aussprechen zu wollen. Der Beschluß-Entwurf des Central-Aus⸗ schusses enthält im wesentlichen Folgendes: „Das dteieinige König⸗ reich erklärt in seinem heutigen Territorial-Umfange, — einschließ⸗ lich auch seiner virtüalen Territorialrechte, — daß zwischen dem⸗ selben und dem Königreiche Ungarn seit 1848 jeder andere Ver⸗ band rechtlich aufgehört habe, ausgenommen der, daß Se. Majestät als gemeinschaftlicher König, mit derselben Krone und demselben Krönungsaklte gekrönt wird, und daß diesen Königreichen die bis 1847 gebrachten constitutionellen Staats- und Grundgesetze gemein⸗ schaftlich zustehen. Demungeachtet sei das dreieinige Königreich bereit, nach Maßgabe seiner Vortheile, mit Ungarn in einen näheren staatsrechtlichen Verband zu treten, sobald letzteres dessen Selbst⸗ ständigkeit und Unabhängigkeit, und sein Real⸗ und Virtual⸗Ter⸗ ritorium unbedingt anerkennt, wornach ein internationaler Vertrag durch beide Landtage mittelst Deputirter von gleicher Anzahl abzu— schließen wäre.“
Frankreich. Paris, 17. Juni. Die französische Regie⸗ rung ließ sich in der heute schwarz verhängten, mit den in Tro⸗ phäen verbundenen französischen und italienischen trikoloren Fahnen verzierten und von Italienern und Freunden der Einheit Italiens überfüllten Kirche durch ihre ersten Würdenträger, durch Marschall Vaillant als Hausminister, durch Herrn Thouvenel als Minister des Auswärtigen, durch Herin von Persigny als Minister des Innern, durch Herrn von Morny als Präsidenten des gesetzgeben⸗ den Körpers, durch den Marschall Magnan als Befehlshaber des ersten Armee⸗Corps, durch Herrn von Lagueronniere u. s. w. ver⸗ treten. Der Pfarrer der Madeleine, Deguerry, las die Messe, derselbe Geistliche, der die Ernennung zum Bischofe von Marseille angenommen hat. Von Gesandtschaften war nur das turiner Lega⸗ tions-Personal und das persische anwesend, dagegen hatten sichͥ Deputationen der Schulen, piemontesische Offiziere, einige Garibal⸗ dianer, so wie viele Polen und Ungarn eingefunden; auch die pari⸗ ser Blätter waren fast alle durch Mitglieder der Redactionen ver⸗