1398
Majestät der Königin Victoria gaben Lord. Camoys und Äberst
Harding Ihrer Masestät bis an Bord des Königlichen Dampfschiffes Vivid das Geleite, welches nach einer sehr glücklichen Ueberfahrt von Ramsgate nach Rotterdam daselbst am Tten früh eintraf.
Magdeburg, 6. Juli. Gestern fand hier die Feier des funfzig⸗ jährigen Gedenktages der Errichtung des 1. Magdeburgischen In— fanterie⸗Regiments Nr. 26, statt. Am Abend des Festes waren, nach der »Nordd. A. Z.“, die Offiziere des Regiments zu einem Fest— diner unter Vorsitz Sr. Königl. Hoheit des Fürsten von Hohenzollern⸗ Sigmaringen, dem Chef des Regiments, vereinigt.
Schcimm, 5. Juli. Gestern beging das Füsilier⸗Bataillon des 2. brandenburgischen Grenadier⸗Regiments Nr. 12 das 50 jährige Jubelfest seiner Errichtung. In der Nachbarstadt Fions wurden zu dieser Feier 30 Thlr., freiwillige Beiträge der dortigen Bürgerschaft, der daselbst dislocirten Compagnie des Regiments übergeben, und zu demselben Zwecke waren in Jaraczewo 14 Thlr. gesammelt und beigesteuert.
Sachsen. Dresden, S8. Juli. Der König hat, wie das »Dresd. Journ.« meldet, dem wegen seiner Betheiligung an den Maiereigmmssen des Jahres 1849 in Untersuchung gewesenen, jedoch flüchtig gewordenen und dermalen in Milwaukie im Staate Wis— confin in Amerika befindlichen vormaligen Advokaten Grahl aus Leipzig, auf dessen Gesuch, die straffreie Rückkehr nach Sachsen be— willigt.
Hessen. Kassel, 7. Juli. Die »Kass. Ztg.« berichtet: Der Ständeversammlung wurden gestern von der Landtags-Kommission zwei Gesetzentwürfe, die künftige Rechtsverfassung des durch den mit Bayern behufs Auseinandersetzung der Kondominatsverhältnisse ab— geschlossenen Vertrag in den ausschließlichen Besitz Kurhessens über— gegangenen Orts Züntersbach, und die Schuldverhältnisse der Leih⸗ und Kommerzbank betreffend, vorgelegt Zur Berathung stand als erster Gegenstand auf der Tagesordnung der gestrigen Sitzung der Bericht des Rechtspflege-Ausschusses über den Gesetzentwurf, das Verfahren in Rechtsstreitigkeiten betreffend, und wurde dieselbe vom Berichterstatter mit befonderer Rücksicht auf eine diesen Gegen— stand betreffende Denkschrift der Regierung eingeleitet. Bevor die Versammlung darüber abstimmte, ob auf die Berathung des Gesetz⸗ Entwurfs einzugehen sei, gab der Präsident zu erwägen, ob diese Berathung noch vor der wahrscheinlich morgen Abend eintretenden Vertagung der Ständeversammlung aufgenommen werden solle. Es wurde jedoch beschlossen, alsbald in die Berathung einzutreten, und dieselbe, nachdem die Sitzung gegen 2 Uhr geschlossen worden war, in einer Nachmittags-Sitzung von 5 bis 87 Uhr fortgesetzt.
Bayern. München, 5. Juli. In der gestrigen Sitzung der Abgeordnetenkammer wurden die Adreßdebatten geschlossen und nahm die Kammer mit 108 gegen 386 Stimmen den Adreßentwurf in der Fassung der Kommission an.
Großvritannien und Irland. London, 6. Juli. Die Königin Victoria hat sich mit ihren Töchtern Helene, Luise und Beatriz am Sonnabend nach Oshorne begeben. Da auf den Wunsch Ihrer Majestät die Reise durchaus einen Privatcharakter haben sollte, so unterblieben jegliche Begrüßungs- oder Empfangsfeierlichkeiten, mit der einzigen Ausnahme, daß die Kriegsschiffe ihre Flaggen senk⸗ ten, als die Königliche Jacht aus dem Hafen von Gosport zur Ueber— fahrt nach der Insel Wight auslief.
Der Herzog und die Herzogin von Aumale gaben vorgestern Abend ein Diner mit folgendem Ball in ihrer Wohnung Orleans⸗ House in Twickenham. Unter andern hohen Personen waren dort anwesend der Prinz von Wales — dessen Gemahlin wegen des Ab— lebens ihres Großonkels der schon angenommenen Einladung Folge zu leisten verhindert war —, der Herzog, die Herzogin und Prin— zessin Marie von Cambridge, die Mitglieder der Familie Orleans, der österreichische Botschafter Graf Apponyi.
Lord Palmerston darf nun als von seinem Gichtanfalle erlöst betrachtet werden; er war bereits im Stande, einer Kabinetsberathung in seiner Amtswohnung beizuwohnen und wird heute Abend wohl wieder im Unterhause zu erblicken sein.
In Liverpool hat vorgestern eine Feuersbrunst für 160,000 Pfd. St. Schaden angerichtet. Für 110,900 Pfd. St. Baumwolle st verbrannt.
Frankreich. Paris, 6. Juli. In dem schon erwähnten Bericht des Kriegsministers Marschall Randon über die vorgeschlage— nen Reformen im Invalidenwesen heißt es: »Schon in den ersten Zeiten der französischen Monarchie giebt sich der Gedanke kund, den im Kampfe verstümmelten oder im Lager ergrauten Kriegsleuten zu Hülfe zu kommen. Der Organisationsgeist Karl's des Großen machte es den Abteien und Klöstern Königlicher Stiftung zur Pflicht, die zu Krüppeln gewordenen Soldaten als Laienbrüder bei sich aufzu⸗ nehmen. Später richtete der heilige Ludwig die Quinze Vingts ein, wo die erblindeten Kreuzfahrer aufgenommen wurden; Heinrich 17. stiftete in dem Hause der Charité Chretienne ein Asyl für verkrüppelte und hinfällige Offiziere, aber diese Anstalt hatte keinen langen Bestand. Ludwig AllII. gründete, auf Vorschlag des Kardinals Richelieu, im Schloß Bictre
eine Kemthurei des heiligen Ludwig, wo alle, die nachweislich im königlichen Kriegsdienste verstümmelt worden, bis an ihr Lebensende
beköstigt und unterhalten werden sollten. Endlich gründete und do. tirte aufs reichlichste Lodwig XIV. die großartige Anstalt, um welche
Frankreich so lange vom Auslande beneidet worden ist und deren
Glanz Napoleon 1. durch eine Dotation von 6 Millionen Einkünf.
ten so sehr steigerte. Die der Invaliden- Stiftung gehörigen Kapi—
talien und die verschiedenen Einkünfte, aus denen dieselbe ihre Nah.
rung zog, fielen 1832 an den Staat zurück, und die fortan auf die Kredite der Gesetzgebung angewiesenen Ausgaben bildeten alljährlich ein besonderes Kapitel des Kriegsbudgets. In den ersten Zeiten hatte die Invaliden-Stiftung, trotz ihrer großen Verhältnisse, der Zahl der Bewerber nicht hinreichend entsprechen können. Man sah sich damals schon genöthigt, vielen derselben eine Pension oder den unbestimmten Genuß ihres Soldes zu gewähren. Diese neue Art von Remuneration dehnte sich immer weiter aus; neben die Natural-Ver— pflegung trat die Geldunterstützung, und diese nahm allmälig den Cha— rakter eines Rechtes an. Dieses Recht wurde zuerst anerkannt durch das
Gesetz vom 14. Dezember 17906 sodann durch das Gesetz vom 11. April J 1831, dessen Tarif unter der gegenwärtigen Regierung namhafte Erwei⸗ terungen erfahren hat. Diese Erweiterungen, in denen das Land
seine Schuld gegen die Armee abtrug, haben die Lasten des Staats— schatzes gesteigert, was ein Grund mehr für das Kriegsministerium wurde, die Invaliden⸗Verwaltung den Grundsätzen weiser Sparsam— keit zu unterziehen und den Regeln, auf denen die Einrichtung die— ser Anstalt beruht, eine neue Bestätigung geben zu lassen.« Bis auf diesen Tag hat, dem weiteren Inhalt des Berichts zufolge, für die Invaliden-Stiftung kein General-Reglement bestanden; es giebt nur eine lange Reihe von Verfügungen verschiedenster Art die zum Theil einander aufheben oder außer Gebrauch gel kommen sind. Die Spezial-Kommission hat dieselben alle geprüft und neue General-Regeln für das Kommando, die Verwal— tung und die Verwendung der Fonds aufgestellt. Diese sind es nun, die mit dem nächsten Jahre in Kraft treten sollen. Die wesentlichsten Bestimmungen darin sind folgende: Aufnahme im Invaliden. Hotel finden solche Militairs denen Alter, Blessuren oder Schwäche nicht mehr zu arbeiten gestatten. Der Ungehörigkeit, daß Aufgenommene aus Laune oder Unüberlegtheit wieder auszuscheiden und bald darauf wieder aufgenommen zu werden begehren, wird das neue Reglement steuern. Der Verwaltungsrath wird zum Oberrath erhoben und hat künftig nur mit den wichtigeren Fragen, namentlich mit der Entwerfung des Budgets zu thun. Ein Militair-Intendant wird künftig die Leitung und Kontrose der Verwaltung führen. Der Archivar wird künftig nicht mehr zugleich Zahlmeister sein; diese Stelle wird einem Beamten übertragen, der Caution zu stellen hat und unter der Kon— trole des Rechnungshofes steht. Kein Invalide darf außerhalb des Hotels ein Geschäft betreiben, z. B. Lebensmittel verkaufen; doch bleibt ihnen unbenommen, in ihren Mußestunden bezahlte Arbeit zu thun. Kein Invalide darf Lebensmittel aus dem Hotel heraustragen, weil damit höchst bedauerlicher Mißbrauch getrieben worden ist. LÄlusge— nommen sind die verheiratheten Invaliden, deren Frauen in der Stadt wohnen. Uniformrock und Hut werden abgeschafft, jeder Invalide er— hält einen zweiten Mantel und eine zweite Mütze. Für die kleinen Bedürfnisse wird der Sold, der seit 50 Jahren derselbe geblieben war, namhaft erhöht. Die Offizier-Invaliden erhalten fortan Diener. Barbieren, Haarschneiden und Waäsche wird künftig auf Kosten des Hotels besorgt. Ein neuer Tarif der Beköstigung wird eingeführt; alle Morgen soll Kaffee verabreicht werden. Das bei offiziellen Be— suchen zu beobachtende Ceremoniell ist bis ins Einzelne klar be— stimmt und in Erinnerung gebracht, daß bei der Aufnahme von Kriegstrophäen oder bei den letzten Ehren hoher Würdenträger des Staates keine Truppen Abtheilung in Waffen durch das Gitter des Hotels kommen darf, das ist ein altes Vorrecht der Invaliden.
Der »Moniteur« meldet, daß das auf der Fasanen-⸗Insel vor der Mündung der Bidassoa ins biscayische Meer errichtete Denkmal jetzt fertig ist. Auf der nach Spanien gerichteten Seite ist eine spa— nische, auf der französischen Seite eine französische Inschrift angebracht. Auf den anderen Seiten, welche nach der Bidassoa und nach dem Meere schauen, stehen die Jahreszahlen 1659 (Pyrenäen⸗Friede) und 1861 (Wiederherstellung der Fasanen⸗ oder Konferenz-Insel). Die Insel ist mit Gras besäet und mit Bäumen bepflanzt. Hiermit ist der §. 3 des Art. 27 des Bayonner Grenzberichtigungs⸗Vertrages vom 2. Dezember 1856 vollständig zur Ausführung gekommen.
Ein Telegramm aus Marseille meldet die Ankunft des Prinzen und der Prinzessin Napoleon.
Heute hat die Preisvertheilung an die Künstler der nunmehr geschlossenen Kunstausstellung stattgesunden. Der Haus⸗ und Kunst⸗ Minister Marschall Vaillant eröffnete die Sitzung durch eine Rede, der sich eine Ansprache des Intendanten Grafen Nieuwekerke anschloß. Das Ritterkreuz der Ehrenlegion wurde 5 fremden Malern: Achen— bach, Alfred Stevens, Schwertschkow, Vela und Wilmann, 5 fran⸗ zösischen Malern: Gustav Brion, Cibot, de Rudder, Benouville und Desjobert, 3 französischen Bildhauern: Brion, Iselin und Leveel, und dem Lithographen Desmaisons verliehen.
Die Dampf⸗Fregatte »Mogador« hat Ordre nach Alexandrien
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bekommen, um die nächstens in Suez eintreffende anamitische Ge⸗ sandtschaft des Kaisers Tudue nach Frankreich zu führen. — Aus Brest meldet die »France«, daß die Liniendampfer Jean Bart, Ville de Lyon⸗ und Wagram ⸗ sich verproviantiren und nächster Zeit nach Mexiko abgehen werden. Statt des mit dem Marschalls— sabe für Forey nach Vera Eruz abgesandten Forfait! wird der Jransport-Dampfer »Rhin« von Toulon nach dem Stillen Ocean, und zwar nach Acapulco, abgefertigt. Jm, Heute haben sich, wie die „ France⸗ meldet, die Minister in Fontainebleau beim Kaiser zur Berathung versammelt. Herr Billault kehrt heute Abend nach Paris zurück. Während des Kaisers Ab⸗ wesenheit wird er im Ministerrathe den Vorsitz führen. . Die »France« sagt, es sei nicht wahr, was viele italienische Blätter melden, »daß die italienische Flotte unter Contre⸗ Admiral Provano nach Cherbourg gehen werde, um dort vor dem Kaiser der
Franzosen Revue zu passiren.«
dren e n ö. (i Moniteur .; publizirt einen Bericht des französischen Konsuls zu Tananariva vom 15. Mai. Es wird darin über die auf Madagaskar stattgehabte Revolution ge— sagt, daß diese aus einer Rivalität zwischen den Großen und jungen Leuten entstanden sei, die bei Radama's Thronbesteigung ans Ruder gelangten, jede Art von Gunst an sich rissen und den König zu Maß— regeln bewogen, welche die Bevölkerung mißbilligte; sie wurden der Ungerechtigkeit, der Erpressungen und überhaupt großer Unsittlichkeit angeklagt. Der König hatte, indem er ein. Gesetz verkünden ließ, welches den Zweikampf und selbst den Kampf der Stämme und der Dörfer gegeneinander, ohne andere Förmlichkeit als beiderseitige Zu⸗ stimmung, für zulässig erklärte und auf diese Weise den Bürgerkrieg pro⸗ klamirte, hiermit einen Vorwand zu den Feindseligkeiten dar— geboten. Die Offiziere und die Großen unter dem Volke flehten den König an, dieses Gesetz zurückzunehmen, er weigerte sich aber entschieden; darauf trafen die Großen Vorbereitungen, ihn anzu⸗ greifen. Der Konsul versammelte die auf Madagaskar befindlichen Franzosen, der englische Konsul die Engländer, und es wurden Maßregeln hinsichtlich der Methodisten-Missiongire ergriffen, die seiner Aufforderung nicht gefolgt waren. Nachdem der König sich noch- mals geweigert hatte, jenes Gesetz zu widerrufen, versammelten sich das Volk, Sklaven und Soldaten auf den öffentlichen Plätzen und suchten nach 33 Personen von der Umgebung des Königs, die von den Verschworenen proskribirt waren; 11 fielen unter ihren Streichen. Unterdessen entspannen sich Unterhandlungen mit dem Könige, der für die noch nicht umgebrachten Unglücklichen um Gnade bat und versprach, daß er sie für immer verbannen wolle. Die Ver⸗ schwornen blieben unerbittlich und verlangten ewige Einkerkerung der Schuldigen. Dies verweigerte der König anfangs! genehmigte es aber doch nach vielen Unterhandlungen. Am nächsten Tage wurde der König ermordet. Das Conseil proklamirte die Königin Rabodo und verkündete, der König habe, außer sich über den Verlust seiner Freunde, sich felbst den Tod gegeben. Die Königin genehmigte die Verfassung, welche unter Anderem die Zulassung von Spirituosen verbietet, das Recht über Leben und Tod in die Hände des Conseils giebt und die Religionsfreiheit aufrecht erhält. Der Premierminister zeigte Herrn Laborde an, daß er den Befehl an die Gouverneure ge⸗
sandt habe, die Weißen in Schutz zu nehmen.
Italien. Turin, 4. Juli. Der Ausschuß des turiner Ab⸗ sich Posen ꝛ 5 cz. . des Langiewiezschen Corps organisirte er eine Insurgenten⸗Abtheilung
geordnetenhauses, der die Aufgabe hatte, eine Repartirung der auf das unbewegliche Vermögen gelegten Steuer von 30 0006000 Fr. vorzuschlagen, hat, nach der „Köln. Ztg.“ die von den einzelnen Provinzen des Königreichs Italien zu entrichtenden Steuer-Beiträge solgendermaßen vertheilt: Neapel 8059, 029 Fr., alte piemontesische Provinzen mit Einschluß von Pavia 7,641,591 Fr. Lombardei „222,904 Fr., ehemalige päpstliche Provinzen 3/044, 997 Fr,, Si⸗ eilien 2.84733 16 Fr., Toscana 2457402 Fr., Modena 87/244 Fr. Parma und Piacenza 669,517 Fr.
Rom, 30. Juni. Wie dem »Moniteur« gemeldet wird, war auf die durch den Befehlshaber der französischen Gendarmerie am 23. und 24. Juni vorgenommenen Verhaftungen Tristany's und Stramenga's die Verhaftung eines gewissen Durrholz, ehemaligen Offiziers im 2. Schweizer-Regimente zu Neapel, gefolgt. Man fand bei ihm wichtige Papiere, die gegenwärtig in Händen der französi— schen Militair⸗Behörden sind.
Griechenland. Athen. Dem pariser »Moniteur« zufolge wäre die in Athen ausgebrochene Militair-Revolte durch die Ver— haftung eines sich gegen die Regierung iauflehnenden Offiziers ver⸗ anlaßt worden. — Die »France« will wissen, die Gesandten Frank⸗ reichs, Englands und Rußlands hätten in einer an die National= Versammlung gerichteten identischen Note erklärt, sie würden, falls die Rational-Versammlung nicht sofort die Ruhe im Lande wieder herstelle, ihren Posten verlassen. — Aus Turin vom 6. Juli, wird der »Indep. belge« telegraphirt: Die Lage der Dinge in Athen hat sich noch nicht gebessert. Admiral Vacca hat Truppen zum Schutze des italienischen Gesandtschafts- Hotels und der in Athen lebenden Italiener landen lasfen. Mehrere Italiener haben sich an Bord der Schiffe unseres (des italienischen) Geschwaders geflüchtet.«
Türkei. Konstantinopel, 5. Juli. Der »Indep. belge«
wird telegraphirt: »Der im Daghestan gegen die Russen ausge⸗ brochene Ausstand greift um sich. Die Tscherkessen haben das be— festigte Dorf Zakatal genommen; den Russen sind dabei ga0 Sol- daten und zwei Generale, deren einer Citianew ist, getödtet worden.“
Rußland und Polen. Von der polnischen Grenze, 6. Juli, wird der »Ostsee - Zeitung« geschrieben: -Die von einem flüchtig gewordenen Postbeamten in Warschau am 2. d. ent⸗ wendete Summe von nahe an 60000 SRo. war soeben von der russischen Intendantur der Post zur Beförderung nach Plock an die dortige Garnison übergeben worden. Es ist noch zweifelhaft, ob die— ser Diebstahl auf Befehl und im Interesse der geheimen National⸗ Regierung oder lediglich zum Vortheil des Diebes verübt worden ist. Ein gut unterrichtetes polnisches Blatt will wissen, daß die entwendete Summe bis zum Abend des 2. Juli noch nicht an die Kasse der ge⸗ heimen Regierung abgeliefert war. Sogleich nach Entdeckung des Dieb- stahls wurde auf der Post und in mehreren der Bank gegenüber gele—⸗ genen Wechsel-Comtoirs die strengste Nachsuchung vorgenommen, aber ohne Erfolg. — Für den Ober⸗Prokurator Johann Wolowski ist aus St. Petersburg die Entlassung aus dem Staatsdienste einge⸗ sendet worden, das Urtheil gegen denselben ist aber noch nicht er⸗ gangen. Als Kandidaten für die erledigte wichtige Stelle des Ober— Prokurators hat der Marquis Wielopolski vorgeschlagen: den Staats-Referendar Szymanowski, den Advokaten Grabowski, das Senatsmitglied Porzelsti und den Kanzlei-Direktor in der Justiz⸗ Kommission, Cholewinski. Die Vorgeschlagenen haben aber sammt⸗ lich die Annahme der Stelle entschieden abgelehnt. — Die ge⸗ heime »National-Regierung, hat so eben zwei Instructionen für die Formirung von Parteigänger⸗Abtheilungen der In⸗ fanterie und für die Organisation des Volksheers in den Krei⸗ sen veröffentlicht. Nach diesen Instructionen sollen im Kö⸗ nigreich neue Abtheilungen organisirt und in möglichst kurzer Zeit schlagfertig gemacht werden. Personen, welche die Verhältnisse und namentlich die Stimmung der ländlichen Bevölkerung im Königreich genau kennen, sind überzeugt, daß die erneueten Anstrengungen der Revolutions-Partei nur sehr geringen Erfolg haben werden. Das größte Hinderniß für dieselben ist nächst dem Widerstande der Bauern der bereits sehr fühlbar gewordene Mangel an Waffen und Muni⸗ tion.“ — Ueber die Vergangenheit des am 19. v. M. gefallenen Insurgenten-Anführers Bordan Boncza theilt der Korrespondent der »Osts. Ztg.« folgende Data als zuverlässig mit: »Derselbe hieß Konrad Blaszezynski (war also kein Prinz Radziwill, wie eine Zeitlang ver— breitet wurde) und war 1854 in Warschau geboren. Nach dem Tode seiner Eltern trat er in die russische Armee ein und nahm Dienste bei der Artillerie. Mit besonderem Eiser widmete er sich der Mathematik und den Kriegswissenschaftin. Im Jahre 1859 wurde er zum Lehrer an der Artillerieschule in Warschau ernannt. Nachdem er Anfangs d. J. vom Central⸗Comitèé die Ernennung zum Chef der bewaffneten Macht der Woiwodschaft Plock erhalten hatte, reiste er am 15. Januar von Warschau ab und begab sich nach der genannten Woiwodschaft. Hier unternahm er Ende Januar einen Angriff auf die Stadt Plock, der aber von den Russen zurückgeschlagen wurde. Voll Mißmuth über das Mißlingen seines Planes und über den geringen Anklang, den der Aufstand bei der Masse der Bevölkerung fand, verließ Blaszezynski bald darauf die Woiwodschaft Plock und begab sich über Posen in das Lager des Langiewiez. Nach Zertrümmerung
im Gouvernement Radom und später nach Zersprengung derselben eine Reiterschaar in der Woiwodschaft Krakau, die durch ihre Raub⸗ züge und Gewaltthätigkeiten gegen friedliche Einwohner mehrere Wochen hindurch der Schrecken der ganzen Woiwodschaft war.“ — Aus Warschau vom 6. Juli schreibt man demselben Blatt: »In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wurden viele Einwohner Warschau's durch eine in der Mitte der Stadt aussteigende große Rakete erschreckt, denn man glaubte sie als ein Signal zum Aufstande ansehen zu müssen, da man schon lange von einem solchen spricht. Indessen eilte sofort Mili⸗ tair und Polizei zur Stelle, und sowohl auf der Straße als in den zunächst liegenden Häusern wurden mehrere Verhaftungen vorgenommen; das Nähere werden wir wohl später erfahren. Gestern Morgen ist hier auf der Gartenstraße wieder ein Mann als russischer Spion erdolcht worden. Solche Morde sind schon so gewöhnlich bei uns, daß man es kaum werth hält, davon zu sprechen. — Am 30. v. M. ist beim Dorfe Gozdzikow in den Opoczner Wäldern (Gouvernement Radom) abermals eine der klei nen Banden, 10 Mann stark, durch ein Dragoner-Detachement unter Lieutenant Schmidt vollständig bis auf 6 Mann, dar⸗ unter der Anführer Wisniewski, niedergehauen worden. Diese Bande, der sogenannten polnischen Gendarmerie angehörig, hatte den Zweck, alle Bauern, welche sich dem Aufstande entziehen wollten und nicht die Mittel besaßen, durch möglichst viel Geld sich loszukaufen, aufzuhängen, ohne Unterschied des Geschlechts und Alters, ähnlich der unlängst aufgehobenen Bande des Boneza (Bleszezynski), der mit seinen den höheren Ständen angehörenden Leuten nur das voraus hatte, daß er sich vornehmlich mit dem Hängen der russischen Gendarmerie befaßte. — Die Insurgenten machen sich jetzt