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Mini sterium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Der bisherige Privatdocent an der Universität in Breslau,
Dr. Heinrich Neumann ist zum außerordentlichen Prosessor in der medizinischen Fakultät daselbst ernannt worden.
Der praktische Arzt 2c. Dr. Kalau von Hofe ist zum Kreis— Wundarzt des Kreises Darkehmen ernannt worden.
Der praktische Arzt 2c. Dr. Creutz ist zum Kreis-Physikus des Kreises Montjoie ernannt worden.
An der Realschule stadt und Dr. Evers
zu Crefeld sind die ordentlichen Lehrer Kop-— zu Oberlebrern ernannt worden.
Saupt⸗Verwaltung der Staatsschulden.
Bekanntmachung. Verloosung von Stamm- Aetien und Prioritäts— Obligationen Serie J., 11. und 1V. der Nieder⸗
schle sischMärkischen Eisenbahn.
Bei der am 1. d. M. öffentlich bewirkten Verloosung der für das laufende Jahr zu tilgenden Stamm-Actien und Prioritäts—
Obligationen der Niederschlesisch⸗Märkischen Eisenbahn sind diejenigen
838 Stück Stamm- Actien à 100 Thlr. 182 Prioritäts-Obligationen Ser. 3683 dergl. .
. dergl. 3 we gezogen, deren Nummern durch unsere in Nr. 154 dieses Blattes veröffentlichten Bekanntmachung vom 1. d. M. mitgetheilt und den Besitzern gekündigt worden sind.
Wir wiederholen hiermit, daß der Kapitalbetrag der Stamm— Actien zugleich mit den Zinsen für das 2. Semester d. J. vo m 16. Dezember d. J. ab, der Kapitalbetrag der Prioritäts-Obliga—⸗ tionen aber vom 2. Januar k. J. ab, gegen Quittung und Rück—
J. à 100 Thlr.
gabe der Actien und Obligationen und der dazu gehörigen, nicht
mehr zahlbaren Zinscoupons nebst Talons bei der Hauptkasse der Niederschlesisch⸗Märkischen Eisenbahn hierselbst, in den gewöhnlichen Geschäftsstunden zu erheben ist.
Der Betrag der etwa seblenden Zinscoupons wird vom Kapitale
gekürzt. Vom J. Januar k. J. ab hört die Verzinsung obiger Actien und Obligationen auf.
Zugleich werden die bereits früher ausgeloosten aber noch rück— ständigen, auf der Anlage der vorgedachten Bekanntmachung ver— zeichneten Actien und Obligationen wiederholt und mit dem Be— merken aufgerufen, daß ibre Verzinsung bereits mit dem 31. Dezem- ber des Jahres ihrer Verloosung aufgehört hat.
Uebrigens können wir uns wegen der Einlösung der gekündig- ten Effekten in einen Schriftwechsel mit den Inhabern nicht ein
lasen, müssen vielmehr bei uns etwa eingehende hierauf gerichtete
Gefuche unberücksichtigt lassen oder den Bittstellern portopflichtig zurücksenden.
Berlin, den 15. Juli 1863.
Haupt⸗Verwaltung der Staatsschulden. von Wedell. Gamet. Löwe. Meinecke.
Abgereist: Se. Excellenz der Staats- und Minister für die
landwirtbschaftlichen Angelegenbeiten von Selchow nach Hamburg. ergangen, mehrere Schiffe in Stand zu setzen, welche nach jener In sel abgehen sollten zum Schutze der dortigen Franzosen.
Berlin, 15. Juli. Se. Majestät der König haben Aller— gnädigst geruht: Dem Premier-Lieutenant von Lucadou L. vom
2. Schlesischen Jäger⸗Bataillon Nr. 6 die Erlaubniß zur Anlegung
des von des Herzogs von Sachsen-Altenburg Hoheit ihm verliehenen Verdienstkreuzes des Herzoglich Sachsen ⸗ Ernestinischen Hausordens, und dem Major von Knorr, aggregirt demselben Bataillon, zur
Anlegung des von des Herzogs von Anhalt -⸗Dessau Hoheit ihm ve, liehenen Commandeurkreuzes zweiter Klasse des Herzoglich Anhalh, schen Gesammt-Hausordens Albrecht des Bären, zu ertheilen.
icht amtliches.
Sachsen. Dresden, 14. Juli. Das »Dresdener Journal.
sagt in einem gegen die »Wiener Zeitung« polemisirenden Artikel.
In der Zollvereinsfrage sei die zwölfte Stunde noch nicht gekom. men; schon die nächste Zeit werde Anzeichen bringen, daß der An. näherung und Verständigung neue Wege sich öffnen.
Nassan. Wiesbaden, 13. .Der bereits früher in der zweiten Kammer und am 11. d. M. in der ersten Kammer un.; verändert angenommene Gesetzentwurf, die Einführung einer Civil für gewisse Religionsgesellschaften betreffend, lautet wie folgt: .
»Wir Adolph, von Gottes Gnaden ze., haben in der Erwägung, daß den Mitgliedern einiger Religionsgesellschaften die Eingehung einer gültig Ehe wesentlich erschwert ist, mit Zustimmung unserer Landstände beschlosnn und verordnen wie folgt: §. 1. Vor dem Amte kann unter Beobachtun⸗ der Vorschrift der folgenden Paragraphen eine Ehe gültig abgeschlossen werden; wenn das Brautpaar oder ein Theil desselben einer Neligionsgesellschaft an gehört, deren Geistlichen oder Vorstehern die Befugniß zur Copulation mii; bürgerlicher Wirkung nicht zusteht. 5. 2. Das nach bestehenden Vorschriftn zuständige Amt hat die in der Verordnung vom 16. September 1836 vor. geschriebene Proclamation in der Art vorzunehmen, daß eine beglaubig:; Abschrift des Proclamationsscheins in dem Wohnorte beider Verlobtin während 14 Tagen angeheftet wird. Der Bürgermeister hat den Voll zu bescheinigen. S. 3. Nach bescheinigtem Vollzug der Proclamation odn erlangter Dispensation von derselben können die Brautleute die Ehe gültig abschließen durch ihre bei dem Amte eines der beiden Theile persönlich ab.! zugebende, durch unseren Beamten auf Stempelpapier Nr. J zu Protokol zu nehmende Erklärung, daß sie sich als ehelich mit einander verbunden bi trachten wollen. §. 4. Eine beglaubigte Abschrift dieses Protokolls hat daß Amt zur Eintragung in die Civilstandsregister dem Fuhrer desselben mitzu theilen. So gegeben ꝛc.* .
Oesterreich. Wien, 14. Juli. In der heutigen Sitzuns des Unterhauses legte der Justizminister den Entwurf einer Kon, kursordnung vor. Der Abgeordnete Giskra brachte demnächt einen Antrag auf Regelung des Vereins, und Versammlungsrechtes und der Abgeordnete Mühlfeld einen Antrag auf Zulassung der Israeliten zu Notarstellen ein. Der Abgeordnete Tinti interpellitt darauf den Minister der auswärtigen Angelegenheiten von Rechberg wegen ungenügender Genugthuung Seitens Rußlands für die in Galizien vorgekommenen Grenzverletzungen.
Lemberg, 13. Juli. Die »Lemb. Ztg.« dementirt die Nach. richt von einem Einbruche der Insurgenten aus der Moldau übtt Bessarabien mit dem Beisatze, die Dniester-Uebergänge seien streng bewacht, auch die Grenze gegen Galizien sei stark besetzt und durch den Landsturm bewacht. .
Großbritannien und Irland. London, 13. Juli Der amtliche Bericht über die Auswanderung während des ver. flossenen Halbjahres weist im Vergleiche mit früberen Jahren außer. gewöhnlich hohe Zahlen auf. Der Strom der Auswanderung hät trotz des in Amerika tobenden Bürgerkrieges noch immer die Rich tung nach Westen beibehalten. Besonders viele dienstfähige« Irlän. der waren unter den Emigranten zu bemerken, und es scheint, daß auch in den Bergwerksdistrikten das Beispiel derselben viel Nach. folger gefunden hat. Während in dem vorigen Jahre von Jann bis Ende März 17.826 und von April bis Ende Juni 25,596, alo' in Summa im ersten Semester 45,422 Auswanderer den Hafen von Liverpool verließen, stellen sich für dieses Jahr die beiden ersten Za len auf 24,807 und 54,076, mithin in Summa auf 78,877 Seelen. Die Zahl der Emigranten für das vergangene Jahr betrug in Ganzen 64,814; in dem eben abgelaufenen Halbjahr ist diese Zall bereits um mehr als ein Viertel übertroffen worden. ⸗
Frankreich. Paris, 13. Juli. »Moniteur« heute anzeigt, vom Könige und der Königin von Spa nien, vom Könige von Preußen und vom Könige der Niederland Glückwünsche zur Einnahme von Megiko erhalten. 4
Nun meldet auch das ⸗Pays«, das noch vor Kurzem eine Ezpe dition nach Madagaskar abgeleugnet hatte, nach Toulon sei Ordtt
Die In, dépendance« fügt hinzu, jenen Schiffen würden gleich zwei oder dri
Regimenter mitgegeben werden, welche in Tamatave zu landen hätten.
Gestern ist der französische Botschafter beim päpstlichen Stuhl Fürst de Latour d'Aupergne, wie aus Rom telegraphirt wird, au dem Landwege von dort nach Frankreich abgereist. Baron Baud wird ihn inzwischen vertreten. Der Fürst ist sehr leidend und be giebt sich nach Vichy ins Bad.
Der Kaiser hat, wie dä;
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Heute hat die Kaiserin in St. Cloud wieder dem Ministerrathe präsidirt. .
Der älteste Redacteur des »Journal des Débats«, Deleeluse, ist am 10. d. in Versailles, 83 Jahre alt, gestorben.
Die nach Vera - Cruz beorderte Dampf -Korvette »Forfait ⸗ ist am 1. Juli von Funchal Madeira) nach Martinique weitergefahren, wo sie bis zum 1. August bleiben soll, um dann nach Vera-Cruz zu gehen. .
Die anamitische Gesandtschaft von 12 — 15 Personen, an deren Spitze der Mandarin erster Klasse, Phan Tan Yang, steht, wird, dem »Pays« zusolge, in der zweiten Hälfte vorigen Monats von Hue nach Saigun abgereist sein und sich dort bereits nach Suez eingeschifft haben. .
Von der Depesche, welche Herr Drouyn de Lhuys an den Bot— schafter des Kaisers Napoleon in Petersburg, Herzog von Montebello, in der polnischen Angelegenheit am 17. v. M. gerichtet hat, bringt der »Moniteur« heute folgenden Wortlaut:
Paris, 17. Juni 1863.
Herr Herzog! Die Antwort des Petersburger Kabinets auf die Mit- theilungen, die ihm gleichzeitig von den drei Höfen Frankreichs, Englands und Oesterreichs wegen der Exreignisse in Polen gemacht worden sind, hat unsere Erwartung nicht getäuscht. Den Gefühlen, die uns geleitet und, nach seinem eigenen Ausdruck, keiner menschenfreundlichen Regierung fremd sein können, volle Gerechtigkeit widerfahren lassend, hat das Kabinet nicht gesäumt, uns der tiefen Betrübniß, welche es selber bei einer solchen Lage der Dinge empfindet, so wie seines brennenden Verlangens zu versichern, jenem Zustande bald ein Ende machen zu können. Wir hatten an die Weisheit, so wie an die Freisinnigkeit des Kaisers Alexander appellirt und auf die Zweckmäßigkeit hingewiesen, nach den Bedingungen zu forschen, unter denen in jenem durch das Schicksal so hart geprüften und der Theil— nahme so würdigen Lande Ruhe und Friede würden wiederhergestellt werden können. Der russische Hof erklärt uns, daß seinen Wünschen nichts besser entsprechen würde, und mit den Mächten über die Tiefe des Uebels einver: standen, giebt er zu, daß es wünschenswerth sei, sich auch über die Mittel zur Abhülfe zu verständigen. Er ladet uns außerdem ein, uns mit4ihm näher zu expliciren.
Der Augenblick war also für die Regierung des Kaisers und für die Kabinette von London und Wien gekommen, ihre Ideen über die Richtung auszutauschen, in welcher das Ziel ihrer gemeinsamen Bemühungen zu er— reichen sein würde, und in dem versöhnlichen Geiste, der schon ihre ersten Schritte beseelte, sind sie übereinkommen, der russischen Regierung als Unter— handlungs-Basis folgende sechs Punkte vorzuschlagen: 1 Vollständige und allgemeine Amnestie; 2) National ⸗Repräsentation mit solchen Gewalten, wie sie die Charte vom 15. 27. November 1815 bestimmt hatte, 3) Berufung der Polen zu den Staatsämtern, um eine gesonderte, nationale und das Ver- trauen des Landes erweckende Verwaltung herzustellen; 4) vollständige Ge wissensfreiheit und Abschaffung aller der Ausübung des katholischen Kultus auferlegten Einschränkungen; 5) ausschließliche Anwendung der polnischen Sprache als der amtlichen in Verwaltung, Rechtspflege und Schule, 6) Ein richtung eines regulairen und gesetzlichen Rekrutirungssystems. Mehrere der in diesem Programme enthaltenen Bestimmungen, Herr Herzog, sind bereits in den Plan, den das Petersburger Kabinet sich selbst gemacht hat, aufge⸗= nommen; die anderen gehen über das, was es versprochen oder hat hoffen lassen, kaum hinaus; sie sind alle nur der einfachste Ausdruck der Elementar- gefetzs des Rechts und der Billigkeit, und haben nichts an sich, was nicht den Stipulationen der Verträge gemäß wäre, an welche die russische Regie— rung in Bezug auf Polen gebunden ist. Wir halten uns nun gern über— zeugt, daß diese Vorschläge Seitens des Petersburger Kabinets keinen Wider- spruch erfahren, und daß dasselbe eilen wird, sie zur Grundlage der Be— rathungen zu machen.
Andererseits haben, wie Sie wissen, Herr Herzog, wenn die Kabinette, sich an Rußland wendend, den Gründen des allgemeinen Interesses gehorch- len, doch auch die Gefühle der Menschlichkeit ihren Antheil an dem Schritte, den sie thun. Polen bietet in diesem Augenblicke ein schmerzliches Schau— spiel. Je länger der Kampf dort dauert, desto blutiger macht ihn die gegen= seitige Wereiztheit und Rache. Sicherlich liegt es in dem Wunsche des russi- schen Hofes, den Feindseligkeiten ein Ziel gesetzt zu sehen, welche in den ehemaligen polnischen Provinzen wie im Königreiche Trauer und tiefes Leid verbreiten. Die Fortdauer dieser Kalamität während der Unterhand— lungen würde die Besprechung irritiren, die ungestört bleiben muß, wenn sie von Nutzen sein soll. Man würde also unter Beibehaltung des mili— tairischen Status quo einen vorläufigen Friedensschluß in Aussicht nehmen müssen, den der Kaiser von Rußland bekannt zu machen und den die Polen ihrerseits auf eigene Verantwortung zu beobachten haben würden.
Was die Form der zu eröffnenden Unterhandlungen anlangt, so hat die russische Regierung selbst in ihren Mittheilungen an die drei Kabinette ihre Meinung darüber zu verstehen gegeben. Sie hat in ihrer Depesche an Herrn Baron von Budberg den zur Regelung des politischen Systems von Europa unlängst berufenen Mächten das Recht zuerkannt, sich mit den Ver— wicklungen zu beschäftigen, welche jenes System stören könnten. Noch aus— führlicher hat sie sich gegen Herrn Baron von Brunnow ausgelassen. Se. Majestät«, sagte der Herr Fürst Gortschakoff zum Botschafter Rußlands in London, »stimmt dem bei, daß bei der besonderen Lage des Königreiches die Wirren desselben die Ruhe der angrenzenden Staaten angreifen können, zwischen denen am 3. Mai 1815 Separat - Verträge abgeschlossen worden sind, welche das Loos des Herzogthums Warschau bestimmen sollten, und daß die Mächte, von denen die General-Vereinbarung vom 9. Juni, welche die Hauptbestimmungen jener Separat-Verträge in sich aufgenommen hatte, unterzeichnet worden ist, ebenfalls dabei interessirt sind.«
So hat das Kabinet von Petersburg vorweg und aus freien Stücken zu verstehen gegeben, daß es die Mitwirkung der acht Mächte, welche an der General- Akte des Wiener Kongresses Theil genommen haben, annehmen würde. Die Regierung Sr. Majestät (des Kaisers Napoleon) will solchen
Dispositionen, deren versöhnlichen Charakter sie wohl würdigt, selber entgegen= kommen und ist, so weit es sie betrifft, bereit, sich den Berathun gen anzu- schließen und in der Konferenz, deren Einberufung zweckmäßig sein wird, sich vertreten zu lassen, wenn, was wir hoffen, . den 8 undlagen beistimmt, welche von den drei Kabinetten ihm zur Annahme vorgelegt wor= den sind. Wir werden uns freuen, wenn die Entschließung, zu welcher der Kaiser Alexander gelangen wird, mit den großen 6 3 im Einklange steht, welche seiner erleuchteten Erwägung zu empfehlen uns eben so berech tigte als mächtige Bedenken veranlaßt haben, denn diese Frage, dem Richter spruche der Gewalt unterzogen, von der sie vielleicht wieder einmal durch- hauen, aber nicht gelöst werden würde, träte von nun an in die Bahn freundschaftlicher Besprechung, die allein geeignet ist, endlich eine bis auf den heutigen Tag vergeblich gesuchte Lösung herbeizuführen, welche der Einsicht dieses Jahrhunderts, so wie der Hochherzigkeit, von der alle Kabinette befeelt sind, n sein würde.
ie haben die Güte, diese Depesche Sr. Excellenz dem Herrn Fürsten Gortschakoff vorzulesen und Abschrift davon zu 5 t ; .
Rußland und Polen. Warschau, 10. Juli. Die Ver—⸗ haftungen, welche sowohl auf der Straße als in den Häusern vor⸗ genommen werden, beziehen sich vorzugsweise auf Personen, welche durch nationale Tracht Aufsehen erregen. — Der Direktor der Peters burger Eisenbahn, Windisch, hat an die Beamten dieser Bahn eine Verfügung erlassen des Inhalts: »Täglich wird die Präsenz der Beamten und Handwerker festgestellt; wer nicht anwesend ist oder ohne erheblichen Grund seine Entlassung verlangt, wird vor ein Kriegsgericht gestellt. Dieser Befehl hat den Zweck, den bekannten Erlaß der National⸗Regierung, betreffend die Einstellung des Bahn⸗ betriebs, zu entkräften. Die Station Czyzew an der Petersburger Bahn hat eine starke Besatzung erhalten.
In Goroszewo, einem größtentheils deutschen Orte des Bialy⸗ stoker Bezirks, besteht eine große Tuchfabrik, deren deutsche Arbeiter General Maniukin gegen die Aufständischen bewaffnet hat. Sie haben vorläufig 300 Schießgewehre erhalten. Eben so sind an die deutschen Fabrikarbeiter in Lodz Waffen verabreicht. Pos. Ztg.)
Aus Warschau, 13. Juli, berichtet die »Osts. Ztg.“: Die Verwirrung steigt bei uns täglich und Niemand weiß recht, wer eigentlich regiert. Die Einziehung der Nationalsteuer erfolgt fast öffentlich. — Unter den 36 wegen der Crinolinen-Excesse zur Ein⸗ stellung in die Straf⸗ Compagnie Verurtheilten befinden sich auch zwei polnische Gensdarmen; drei andere hat man eingefangen, als sie im Begriff waren, ihr Handwerk an einem russischen Gensdarmen anzuwenden. Ihr Lohn wird wahrscheinlich kein so geringer als der ihrer obigen zwei Kollegen sein. — Für die Zeit der Abwesenheit des Grafen Wielopolski soll General⸗Lieutenant Kryzanowski, früher hier General⸗Kriegs⸗Gouverneur, ein sehr energischer Mann, als sein Stellvertreter ernannt sein. Graf Berg soll in seiner Eigenschaft als Stellvertreter des Großfürsten Statthalter in dessen Abwesenheit be⸗ lassen werden. Ob die jetzigen polnischen General-Direktoren unter Kryzanowski, als Chef der Civil⸗Verwaltung, werden dienen wollen, ist eine andere Frage. — In den letzten Tagen voriger Woche haben drei Gefechte stattgefunden, das eine bei der Stadt Betchatow, 3 Meilen von Petrikau, wobei der Insurgentenführer Lüttich gefan⸗ gen und seine Bande zerstreut wurde; das zweite bei Lowicz, in welchem etwa 500 Russen gegen 1000 Insurgenten engagirt waren und 2 Unteranführer blieben; das dritte endlich bei dem Städtchen Janow hinter Czenstochau, in welchem die Russen unter Oberst Ehrnroth gegen 2000 Mann stark über 2600 Insurgenten den Sieg davon trugen. Alles drehte sich dabei wieder um Zerstsörung der Warschau⸗Wiener Eisenbahn, und hatten die Aufständischen wegen Mangel an Artillerie natürlich viel größere Verluste als die Russen.
Wie die »Pos. Ztg.“ unter dem 8. »aus Rußland berichtet, gehen aus den westlichen Provinzen, besonders aus dem Kiewschen und Wytebskischen, fortwährend Nachrichten ein über Züge der Bauern gegen die Aufständischen, und einige Vorfälle zeugen dafür, daß der Aufstand auf Fortschritte bezüglich der Bauern nicht zu bauen, wohl aber viel von dieser Seite zu fürchten habe; denn die Bauern gehen gegen den Adel und alle diejenigen mit Besorgniß erregender Strenge vor, welche sich direkt am Aufstande betheiligen oder auch selbst nur verdächtig gemacht haben. In voriger Woche haben die Bauernwachen im Wytebskischen Gouvernement einen Edel- hof verbrannt, dessen Besitzer Gäste aus dem benachbarten Adel bei sich hatte und die Thore nicht öffnen wollte, als die Bauern Einlaß begehr-⸗ ten oder die Auslieferung eines dieser Gäste, eines Edelmannes aus Polen, verlangten. Statt aller Antwort schoß man aus den Fen⸗ stern des Schlosses auf die an den verriegelten Thoren polternden Bauern, worauf diese Feuer an das ganz hölzerne Gebäude legten und die versammelten Edelleute sich durch eine Hinterpforte flüchten mußten und auch glücklich entkamen. Die übrigen Bewohner des Edelhauses ließen die Bauern nicht nur unbelästigt aus dem bren— nenden Hause sich flüchten, sondern halfen von der beweglichen Habe aus dem Feuer retten, was irgend noch zu retten war, ohne sich etwas anzueignen oder etwas gewaltsam zu zertrümmern. Diese bewiesene Mäßigung ist an den Bauern um so mehr zu be— wundern, als sie durch die auf sie aus dem Hause abgefenerten Schüsse, wobei zwei der Ihrigen getödtet und drei schwer verwundet
worden, sehr gereizt waren. 52