1863 / 224 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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1950

Angekommen: Se. Excellenz der Wirkliche Geheime Rath und Gesandte am Königlich dänischen Hofe, von Balan, von Kopenhagen. .

Berlin, 23. September. Se. Majestät der König haben Aller—=

gnädigst geruht: Dem Kammerherrn Gustav Gans Edlen Herrn zu Putlitz auf Retzin bei Perleberg die Erlaubniß zur Anlegung des von des Herzogs von Sachsen-Eoburg-Gotha Hoheit ihm ver— liehenen Ritterkreuzes des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Haus⸗ ordens zu ertheilen.

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200 Thaler Belohnung!

Am gten d. Mts. ist bei Beförderung der Kempen Breslauer Personen⸗ Post der Fahrpostbeutel von Bralin nach Breslau, einen Geldbrief mit 1060 Thlr. enthaltend, abhanden gekommen.

Der Inhalt des Briefes besteht aus:

1 Stück Pr. Banknote à 500 Thlr. und 5 Stück Pr. Banknoten à 100 Thlr.

Auf der Rückseite sämmtlicher Banknoten befindet sich folgender, mit schwarzer Dinte geschriebener Vermerk:

B. R. Bis. 8963.

Wer den bezeichneten Fahrpostbeutel mit seinem Inhalte unbeschädigt wieder herbeischafft, erhält obige Belohnung von 200 Thalern.

Alle Königlichen Kassen und Behörden werden ersucht, auf das Vor— kommen derartiger Banknoten zu achten und dieselben im Präsentationsfalle anzuhalten; das Publikum wird davor gewarnt, Banknoten, welche den obigen Vermerk enthalten, in Zahlung zu nehmen und Jeder, der über den Verbleib des Fahrpostbeutels oder seines Inhalts Auskunft geben kann, aufgefordert, hiervon bei der nächsten Post. oder Polizei⸗Behörde Anzeige zu machen.

Breslau, den 21. September 1863.

Der Ober- Post ˖ Direktor Schroeder.

Nichtamtliches.

Frankfurt a. M., 22. September. Auf den von dem Professor Phillips aus Wien erstatteten Ausschußbericht über die Gründung einer katholischen Universität hat der Katholikenkongreß sich einer speziellen Beschlußnahme enthalten in Erwägung, daß auf die Bitte des in Aachen niedergesetzten Ausschusses der Papst durch ein Breve vom 23. August den Erzbischof von Köln zu seinem Stell— vertreter in Betreff dieser Frage ernannt und dieselbe dadurch der unmittelbaren Initiative des Kongresses entrückt habe.

Bayern. München, 20. September. Das Postulat der Staatsregierung, die Zoll- und Handelsverhältnisse für die Zukunft betreffend, durch welches der Staatsregierung in herkömm— licher Weise die Ermächtigung zum Abschluß von Zoll- und Han— delsverträgen, welche dem nächsten Landtag zur nachträglichen Zu— stimmung vorzulegen sind, ertheilt werden soll, ist gestern im Finanz- ausschuß der Kammer der Abgeordneten berathen und unverändert angenommen worden. Die Berathung dieses Postulats in der Kam- mer dürfte eine nochmalige Zolldebatte bringen.

21. September. Wie die »Bayer. Ztg.“ vernimmt, hat der hiesige Stadtmagistrat und nach Mittheilung der »Augsb. Abdztg.« auch der von Augsburg den Beschluß gefaßt, der Einladung des Stadtrathes zu Leipzig bezüglich einer gemeinschaftlichen Feier des 18ten Oktober keine Folge zu geben. Für's erste sind nämlich hier bereits Einleitungen zu einer Säkularfeier im Gang, sodann ist in der Leip— ziger Einladung die Art der Feier nicht präzisirt, vielmehr das Pro⸗ gramm erst einer definitiven Feststellung vorbehalten worden, so daß sich über die Betheiligung, unter Anderem auch über den Kosten— punkt, eine genügende Beurtheilung der Sache im Voraus nicht bilden konnte. Sonst sind von verschiedenen städtischen Behörden zustimmende Beschlüsse gefaßt, wie in Magdeburg, Cöln, Mannheim, a g Coburg. Dagegen hat Hannover und auch Cöthen ab⸗— gelehnt.

Bamberg, 19. September. Gestern Nachmittags traf Ihre Majestät die Königin Amalie von Griechenland mit dem Courier— zuge von Würzburg kommend hier ein und wurde im Bahnhofe vom König Otto und dem Großherzog von Hessen empfangen und nach der Residenz geleitet.

Schweiz. Genf, 19. September. Der Staatsrath hat die Sitzungen des Großen Raths geschlossen wegen eines Tadelvotums gegen die Spielbank. (Schwäb. Merk)

Niederlande. Haag, 21. September. Heute hat der König die Generalstaaten eröffnet. In seiner Rede hob derselbe hervor, daß die Finanzen des Landes sich in einem sehr günstigen Zustande befänden und daß trotz der außergewöhnlichen Mittel, welche die Erbauung der Staatsbahnen in Anspruch nehme, die Amortifation der Schulden nicht gehemmt werden würde; auch die Lage aller übrigen Zweige der Verwaltung wurde in der Thronrede in aner— kennender Weise hervorgehoben. Die zunehmende Bevölkerung des

Reiches erfordert nach der Verfassung eine Vermehrung der Mitglie— der der Zweiten Kammer. Hr. Philipse ist aufs Neue zum Prä. sidenten der Ersten Kammer ernannt. (Köln. Z.)

Großbritannien und Irland. London, 21. Septem. ber. Dem Mr. Ellice, Unterhaus⸗Mitglied für Coventry, widmen heute die Blätter aller Parteien einen ehrenvollen Nachruf. Er war beinahe 80 Jahre alt geworden und hatte, wie wenige seiner Lands— leute Gelegenheit gehabt, nicht blos die britischen Besitzungen in Amerika, sondern auch die Vereinigten Staaten gründlich kennen zu lernen. Politik so schreibt die »Times« war es nicht aus— schließlich, womit dieser strebsame Mann sein Leben ausfüllte. Als Erbe ausgedehnter Besitzungen im Staate New⸗York und in Canada lebte er als junger Mann lange in Amerika, leitete große Colonisa— tions Unternehmungen und machte noch im hohen Alter mehrere Reisen nach den Vereinigten Staaten. Er hatte in seinem Leben viel gesehen und erfahren. Er befand sich an Bord des ersten in Fulton erbauten Dampfers bei dessen erster Probefahrt, er stand mit den großen Staatsmännern der Vereinigten Staaten in der Glanz— periode der Republik in vertraulichem Verkehr; er lernte als prakti—⸗ scher Kaufmann in London die Verhältnisse und Bedürfnisse des Handelsstandes kennen; er gehörte zu dem Ausschusse, welcher ge— meinsam mit Lord Byron die Leitung vom Drurylane-Theater in die Hand genommen hatte; er stand an der Spitze einer Compagnie, welche der Hudsonsbay⸗ Compagnie im Pelzhandel nicht erfolglos Konkurrenz machte, bis endlich die beiden sich vereinigten; er war großer Grundbesitzer und bei dem allen ein so gewiegter Politiker, daß die Whigs ihn bis zu seinem Tode in jeder wichtigen Angele— genheit zu Rathe zogen. Was Amerika betrifft, hatte er lange vor Ausbruch des Bürgerkrieges diesen prophezeiht, und in den letzten wechselvollen Jahren hat er unverändert an der Ansicht festgehalten, daß die Union auf die Dauer nicht wiederhergestellt werden könne, gleichviel, ob der Süden mit Waffengewalt bezwungen werde oder nicht.

Frankreich. Paris, 21. September. Die mexikanische Deputation, welche dem Erzherzog Maximilian die Krone antragen soll, hat, wie der »Moniteur« heute meldet, von der provisorischen Regierung in Mexiko die Weisung erhalten, vor ihrer Abreise nach Wien in Frankreich zu verweilen, um Sr. Majestät dem Kaiser die Hochachtung und den Dank der mexikanischen Nation auszusprechen. Wie die »France« hinzufügt, werden die Herren, deren Wortführer Gutierrez de Estrada ist, sich übermorgen nach Biarritz zum Kaiser begeben und erst dann nach Wien reisen.

Aus Vera-Cruz, 17. August, bringt der »Moniteur« heute noch weitere Nachrichten, welche die bereits mitgetheilten ergänzen. In Vera, Cruz war der Napoleonstag festlich begangen worden. Tabasco ist schon ganz paeifizirt; dasselbe geschieht in Tamaulipas und auf dem Isthmus von Tehuantepec, wo 200 mexikanische Frei= willige unter Stöcklin's Führung Minatitlan besetzt haben. Selbst Yucatan, das seit 25 Jahren sich von allen in Mexiko einander ge— f olgten Regierungen unabhängig erhalten hat, scheint sich dem neuen Kai— serreiche einordnen zu wollen. Carmen ist ganz frei und das Farbholz kommt massenhaft den Strom herab. Nachdem Tampico am 11. August genommen worden, bleibt nur noch Matamoras und Campeche zu he— setzen; dann sind die Franzosen Herren der ganzen Küste. Mehrsach war in Mexiko gewünscht worden, die Franzosen möchten auch die Städte im Innern des Landes besetzen. In einem zu Mexiko er— scheinenden Blatte in französischer Sprache, der »Estafette⸗«, war am 6. August eine Petition in diesem Sinne abgedruckt. Marschall Forey hat darauf an die Redaction des Blattes ein Schreiben ge— richtet, welches der »Moniteur« heute vollständig mittheilt. Der Oberbefehlshaber erklärt darin, daß es jetzt nicht an der Zeit sei, ins Innere zu marschiren; die Bittsteller schienen ihr Land nicht zu kennen, sonst würden sie nicht von ihm verlangen, in dieser Jahres- zeit, wo es täglich in Strömen regne, eine regulaire Armee mit Ar— tillerie und Bagage ins Innere, d. h. ins sichere Verderben zu sühren. »Ich habe den Üngeduldigen Frankreichs, welche meinen Marsch auf Puebla zu saumselig fanden, zu widerstehen gewußt und mich wohl dabei befunden; ich werde jetzt auch den Ungedul— digen Mexico's, und zwar in ihrem eigenen Interesse, zu widerstehen wissen; denn die Armee ins Innere vorrücken lassen, hieße in dieser Jahreszeit, ich wiederhole es, Alles aufs Spiel setzen. Mögen diese Ungeduldigen sich ein wenig gedulden und versichert sein, daß wir nicht müßig bleiben. Die französisch-mexikanische Armee hält zur Zeit 66 Städte, Flecken und Dörfer von Vera-Eruz bis Mexiko be⸗ setzt und bewacht die Umgegend der Hauptstadt in einem Umkreise von 25 30 Meilen gegen die Juaristischen Banden durch stets schlagfertige Kolonnen. Heißt das Unthätigkeit? frag' ich. Die Pa— eification Mexiro's kann nicht das Werk eines Tages sein; sie wird nur nach und nach erreicht. Ich bitte die Ungeduldigen, auf das Sprüchwort zu vertrauen: »Wer warten kann, dem kommt Alles zur rechten Zeit!“ Juarez befindet sich noch immer in San Luiz de Potosi. Doblado hat sich nicht der neuen Ordnung gefügt, sondern den Titel eines Gouverneurs vom Staate Guanajuato an—

genommen und sich dorthin zurückgezogen. Weiter meldet dann der

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„Moniteur⸗«, Marschall Forey habe die Finanzverwaltung reorgani⸗ sirt und den Schulanstalten die sequestrirten Güter und Fonds zurück⸗ egeben. 4 Die »France« erklärt, der Herzog von Morny befinde sich augenblicklich in Paris und nicht in Neapel, wie ein Telegramm gemeldet habe.

Spanien. Aus Madrid, 19. September, wird telegraphirt: Man versichert, der Kaiser von Marokko habe erklärt, er würde es gar nicht ungern sehen, wenn die störrigen Riff⸗Stämme von den Spaniern tüchtig gezüchtigt würden.«

Italien. Der König Victor Emanuel ist am 21. 8d. Mts. nach dem Lager von Somma abgereist, um den dortigen Manövern beizuwohnen.

Der Provinzialrath der neapolitanischen Provinz Principato citeriore hat beschlossen, ein Anlehen von 4 Millionen Lire aufzu— nehmen, welches für öffentliche Bauten, hauptsächlich Straßen, ver⸗ wandt werden soll. Auch der Gemeinderath von Caltanisetta will pon einer englischen Gesellschaft 3 Millionen Lire entlehnen und dieselben für Straßen ausgeben.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 21. Septem⸗ ber. Der Kaiser Alexander ist gestern und der König Georg pon Griechenland heute früh hier eingetroffen.

Schon häufig haben wir Gelegenheit genommen, zu berichten, bemerkt die -St. Petersb. Ztg.“ vom 20. d. M., daß Insurgenten aus den Banden freiwillig zurückkehren und um Gnade bitten. Die Zahl derselben vermehrt sich fast mit jedem Tage. So erschienen „B. am 7. September in der Stadt Sslonim 30 Mann bei dem Militair-Chef. Auch in Kowno kehren täglich Aufständische aus den Wäldern zurück und reden wir nur von Edelleuten, so haben schon über 40 Personen in Gegenwart des Gouvernements Chefs den Eid der Treue geleistet. Sowohl die Aussagen dieser Zurück— kehrenden, als auch die Berichte der Ortsobrigkeiten bestätigen, daß die Insurgentenbanden fast überall auseinandergehen und in den Wäldern nur die Anführer mit 5 bis 6 Mann zurückbleiben, da diese ihrer Stellung wegen nicht auf Gnade hoffen dürfen. Unab⸗ hängig hiervon finden sich fortwährend in verschiedenen Kreisen bei den Militairchefs Leute aus niederem Stande und Schljachtizen in großer Zahl ein und bitten um Gnade. Sie werden beeidigt und in ihre Heimath entlassen.

Am vergangenen Sonntag, den 13. September, legten in Wilna in der Kirche des heil. Johannes in Gegenwart des Gouvernements— chefs und des Wilnaschen Kreis- Adelsmarschalls Grafen Plater die Edelleute Bronislaw Minejko und Johann Sachecki den Eid der Treue ab.

Änsiedler aus Polen nach Rußland übersiedeln wollen, auch zum Theil schon übersiedelt sind, ist bereits gemeldet worden. Nun haben in jüngster Zeit auch viele Deutsche aus der Klasse der Arbeiter, weil sie in Polen den Verfolgungen und Gefahren, denen sie von Seiten der Aufstandspartei unaufhörlich ausgesetzt sind, zu entgehen, ihre Wünsche zum Uebertritt nach Rußland zu erkennen gegeben, und die Regierung kommt ihren Wünschen um so lieber enigegen, als es im russischen Reiche nicht an Arbeit aller Art und lohnendem Verdienst, aber noch sehr an Arbeitskräften und besonders an Feldarbeitern fehlt. Aber nicht allein in Rußland ist der deutsche Arbeiter gesucht und beliebt, son— dern auch in den baltischen Provinzen öffnet man ihm bereit— willig die Thore und nimmt die gerne auf, die Polen durch ihren Fleiß so viel Nutzen brachten, nun aber von den Feinden des armen zerrütteten Landes verdrängt werden, um dessen Ruin auch von dieser Seite durch Entziehung der ihm so nöthigen Arbeitskräste zu beschleunigen.

Das livländische Landraths- Kollegium bringt zur öffentlichen

Kenntniß, daß eine nicht unbeträchtliche Zahl deutscher Arbeiter und

Kolonisten aus Polen in das Kaiserreich übersiedeln wolle, und for⸗— dert die Gutsbesitzer auf, von dieser Gelegenheit Gebrauch zu

machen, um dem Mangel an Arbeitskräften abzuhelfen und ihre

Anträge, mit Angabe der Zahl und Art der benöthigten Arbeiter,

recht bald zu machen, damit das Weitere dieserhalb veranlaßt wer den könne.

An der Grenze von Litthauen haben einzelne Bauern sich zu Patrouillen formirt, um die Wälder abzusuchen und was sich etwa

Verdächtiges zeigt, aufzuheben. Im Lublinschen haben an mehreren

Stellen offene Äuftritte der Bauern gegen den Adel stattgehabt und

es sich nicht wehren lassen, ihr Vieh auf den gutsherrlichen Wiesen . ) e en , ; Winter fortzuführen. Dafür spricht u. A. auch die völlig ver⸗

zu weiden. Dies und andere für den Aufstand ungünstige Anzeichen scheinen die weniger exaltirten Theile des Adels endlich zu der Ein— sicht bringen zu wollen, zu welcher der größte Theil des litthauischen Adels bereits gelangt ist, daß nämlich Polen nicht in den Lagern der Umsturzpartei, fondern einzig und allein im engen Anschluß an den Kaiser zu suchen sei; denn nicht allein aus dem westlichen Gou— vernement und Litthauen, sondern auch aus dem Lublinschen, Augustowschen und Radomschen sind Adressen, von Edelleuten unter—

zeichnet, eingegangen, und der Bruch des Adels mit der Rebellen⸗ partei scheint bereits ein offener zu sein.

Wie eine heute eingegangene Nachricht aus dem Lublinschen mittheilt, sind am 9gten d. M. in einer Kolonie drei Henker des geheimen Tribunals von acht Bauern erschlagen worden, als sie einen Kolonisten erdolchen wollten, sich gegen die zur Hülfe herbei⸗ geeilten Bauern zur Wehr fetzten und einen derselben durch einen Schuß verwundet hatten. Die durch die Bauernlynch Gerichteten hatten außer Revolvern und Dolchen auch Schnüre bei sich und 44 ein Päckchen mit einem weißgrauen Pulver, wahrscheinlich ein Gift.

Ein eben aus Petersburg ankommender Reisender erzählt, daß man gestern die Leiche eines Offiziers aus Polen angebracht, und daß dieser von dem Volke eine fast abgöttische Verehrung erwiesen worden, indem man sich von allen Seiten herangedrängt habe, den Sarg zu berühren und zu küssen.

Aus Warschau, 20. September, enthält die »Osts. Ztg.!“ noch nachstehenden Bericht über das Attentat auf den Grafen Berg: Dasselbe fand auf dessen Fahrt aus Lazienki nach dem Stadtschlosse in der Weise statt, daß vom ersten Balkon des von Miethern (mehr als 1600 Personen) bewohnten Hauses des Grafen Andreas Za⸗ moyski (welches neben dessen Palais auf der Neuenwelt und Kra⸗ kauer Vorstadt belegen ist) mehrere Schüsse abgefeuert, und zugleich einige Orsinische Bomben geworfen wurden. Einer der Schüsse ging dem Grafen Berg durch den Paletot und durch den Wagensitz, ohne den Grafen oder den Kutscher zu verletzen; die Bomben da⸗ gegen beschädigten ein Wagenpferd, den Wagen an mehreren Stellen, und verwundeten zwei von den den Grafen begleitenden Kosaken. Die andern neben dem Wagen reitenden Kosaken besetzten sofort das gedachte Zamoyskische Haus, und die alsbald herbeigeeilten Trup— pen begannen nun die angeordnete Repision und Arretirung der ganzen in diesem Hause befindlichen männlichen Bevölkerung, so wie

eines Theiles der männlichen Bewohner des benachbarten Palais

des Grafen Andreas Zamoyski. Im Ganzen wurden gegen 200 Personen verhaftet, darunter Fürst Lubomirski, mehrere Standes- personen, der Kaufmann Leon Krupecki, viele Beamte und andere Personen, Bediente u. s. w. Sie wurden gegen Mitternacht zu Fuß nach der Citadelle eskortirt. Das ganze Haus wurde (gemäß den vor einigen Monaten publizirten Kriegsgesetzen, wonach im Fall aus irgend einem Hause Schüsse fallen

würden, dasselbe demolirt werden soll) den Soldaten

preisgegeben. Alle Möbel, große Spiegel, Hausgeräth, Bilder, Flügel (allein fünf solche kostbare Instrumente aus dem ersten

Stockwerk), Uhren, Kleider und alles bewegliche Eigenthum der Bewohner wurde durch die Fenster auf die Straße geworfen

Aus Rußland, 16. September, wird der ⸗Posener Zeitung.“ geschrieben: Daß eine bedeutende Anzahl deutscher

und in drei großen Haufen auf der Breitenstraße (Krakauer Vor— stadt) vor dem Copernikus⸗Monument verbrannt. Das bedeutende Wein- und Kolonialwaaren Lager des in diesem Hause wohnenden Kaufmanns L. Krupecki, welches sofort versiegelt wurde, soll morgen dem Militair als Beute überantwortet werden. In dem neben dem Zamoyskischen Miethshause belegenen Zamoyskischen Palais sind

gestern ansehnliche Waffen⸗ und Munitions⸗Niederlagen entdeckt und

heute ist auch die Kreuzkirche und das Kloster, welche unterirdische

Verbindungen mit gedachten Zamoyskischen Gebäuden haben sollen,

besett und revidirt worden. Fortwährend finden Verhaftungen statt, und um in der Citadelle Platz zu gewinnen, sind heute 500 Ge⸗ fangene und Militairpflichtige per Extrazug nach Wilna abgesandt worden. Graf Sigismund Wielopolski hat seinen Posten als

Stadtpräsident niedergelegt, und an seine Stelle ist General Wit—

kowski getreten. Kavallerie-⸗Patrouillen sprengen durch die Stadt. Es herrscht große Erbitterung, aber auch große Furcht. Nirgends Aufläufe oder Excesse. Laut hier eingegangener telegraphischer Nachricht ist Großfürst Constantin bereits Freitag, den 18., in der Krim eingetroffen.

Von der polnischen Grenze, 21. September, wird der »Osts. Ztg« mitgetheilt: Die polnischen Blätter gestehen offen, daß die diplomatische Action für Polen als beendigt zu betrachten sei, und daß die russische Diplomatie den Sieg gewonnen habe. Den⸗ noch fahren sie fort, für die energische Fortsetzung des Aufstandes zu agitiren, indem sie die Ueberzeugung aussprechen, daß, wenn der Aufstand sich bis zum Frühjahr behauptet, alsdann die bewaff⸗ nete Intervention Frankreichs nothwendig erfolgen werde. Bis dahin verlangen sie von den drei Mächten nur die moralische Unterstützung, daß sie die Insurgenten als kriegführende Partei anerkennen. Es unterliegt also keinem Zweifel, daß die Revo⸗ lutionspartei entschlossen ist, den Kampf gegen Rußland auch im

bürgte Thatsache, daß die geheime National⸗Regierung nicht blos eine neue Anwerbung von Zuzüglern in allen ehemals polnischen Landestheilen angeordnet, sondern auch bedeutende Bestellungen von Winterpelzen für die Insurgenten im Ausland gemacht hat. Doch wenn nicht alle Anzeichen trügen, so bereitet sich in der polnischen Gesellschaft nach dem Fehlschlagen der diplomatischen Action in Bezug auf den Aufstand ein völliger Umschwung der Meinung vor, und die