1864 / 33 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Gablenz erklärt, die Proklamirung gehe ihn nichts an, sei Sache des Bundes und die Absetzung der dänischen Beamten sei Sache der Stadtbürger. Eine Deputation der Bürgerschaft ist nach Kiel ab gegangen, um dem Herzoge zu huldigen. Seit mehreren Stunden sindet bei Jübeck, nordwestlich von Schleswig, ein Gefecht zwischen der Brigade Rostiz und den auf dem Rückzuge begriffenen Dänen statt.

Die „Hamburger Nachrichten, melden ferner aus Kiel von Sonnabend, Abend: Der von der dänischen Regierung eingesetzte Hardesvogt in Eckernförde, Zülow, wird den Herzog Friedrich anerkennen. Der Advokat Spethmann ist zur Uebernahme des Bürgermeisterpostens nach Eckernförde abgereist.

Sachsen. Altenburg, 5. Februar. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Karl und Prinzessin von Hessen⸗-Darmstadt sind mit ihrer Tochter Prinzessin An na, Braut Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin, zum Besuch am hiesigen Hofe eingetroffen, wo dern alen noch die Mutter und Kinder des Großherzogs verweilen. (CL. Ztg.)

Hessen. Darmstadt, 6. Februar. Da der Minister v. Dalwigk verboten hat, die Landesversammlung innerhalb der Stadt unter freiem Himmel abzuhalten, so findet dieselbe nun mit Be— willigung des Kriegsministers auf dem Exerzierplatz vor dem Rhein— thor statt.

Frankfurt a. M., 6. Februar. Die offizielle Mittheilung über die Bundestagssitzung vom 4. Februar lautet: Die Verhand⸗ lungen bezogen sich hauptsächlich auf Berichte der in den Herzog thümern Holstein und Lauenburg befindlichen Bundes Civil⸗Kom— missaire und des Oberbefehlshabers der dortigen Bundestruppen, welche theilweise sofortige Entschließungen der Bundesversammlung veranlaßten. Außerdem wurden, nach Erklärungen einzelner Regie— rungen über laufende Angelegenheiten, mehrere Ausschußvorträge über Privateingaben erstattet und schließlich ward in Beziehung auf Bedürfnisse der hiesigen Bundesgarnison Vorkehrung getroffen. (F. B.)

Bayern. München, 7. Februar. Die von Bayern be⸗ rufenen Ministerkonferenzen werden, nachdem die Hindernisse beseitigt sind, gegen Ende der Woche eröffnet werden.

Oesterreich. Wien, 6. Februar. Die »Wiener Zeitung« enthält über die Ereignisse auf dem Kriegsschauplatze Folgendes: Bericht des Feldmarschalls Freiherrn von Wrangel an Seine

Majestät den Kaiser d. d. Rendsburg, den 2. Februar 1864.

Ew. K. K. Majestät melde ich in tiefster Ehrfurcht, daß, da von Seiten der Königlich dänischen Regierung zum 31. v. M. be— deutende Requisitionen im Herzogthum Schleswig ausgeschrieben

waren, ich mich bewogen gefunden habe, schon am gestrigen Tage

zum Schutze der bedrängten Einwohner in dasselbe einzurücken.

Demgemäß hat gestern die meinem Kommando unterstehende Armee zwischen 7 und 8 Uhr Morgens die Eider überschritten. Von dem K. K. österreichischen 6. Armee⸗Corps defilirte die Brigade von Nostiz und Graf Gondrecourt von 7 Uhr an durch Rendsburg.

Nachdem die Brigade von Nostiz sich in Rendsburg verdeckt gesammelt, rückte um 8 Uhr Morgens die Spitze der Avantgarde gegen die Eiderbrücke und das Kronwerk vor.

Die auf dem Kronwerk hinter den Pallisaden aufgestellten däni—⸗ schen Posten eröffneten sogleich ihr Feuer gegen die Avantgarde, zogen sich jedoch sogleich zurück, als dies Feuer erwiedert wurde.

Die Pallisaden wurden sogleich fortgeräumt, jedoch gelang es

selbst den schnell folgenden Husaren vom Regiment Liechtenstein nicht, die sich noch eiliger zurückziehenden Dänen einzuholen.

An der Sorge wurde der Verfölgung durch die gesprengte Brücke ein Ziel gesetzt. Die Husaren folgten zwar noch mittelst K durch die Sorge und wurden hier die Vorposten auf⸗— gestellt.

Die Gros beider Brigaden kantonnirten dahinter, die Brigade Thomas um Rendsburg, die Brigade Dormus um Nortorf. Das Königlich preußische Armee ⸗Corps hatte gleichzeitig mit dem K. K. österreichischen Corps die Eider weiter oberhalb bei Levensau, Königs-

̃förde und Cluvensiek überschritten, ohne auf ernsthaften Widerstand zu stoßen, und nahm mit seinen Vorposten die Linie Windeby bis Gr. Wittensee ein.

Bei Eckernförde beschossen drei gezogene Batterieen zwei dänische Schiffe, die sich eilig zurückzogen.

Verluste sind bei der ganzen Armee nicht vorgekommen, dagegen haben die Dänen einige Gefangene verloren.

Das K. K. österreichische 6. Armeecorps wird sich heute zwischen dem Wittensee und der Eisenbahn konzentriren, während die König⸗ lich preußische Garde⸗Infanterie⸗Division westlich der Eisenbahn die Stellung an der Sorge einnehmen wird.

Dem voranstehend mitgetheilten Berichte des Feldmarschalls Freiherrn von Wran gel, den Uebergang über die Eider betreffend, trägt die ⸗Wien. Ztg. aus einem Berichte des FMC. Baron Gablenz Folgendes im Auszuge nach:

Den Brigaden GM. Nostiz und Gondrecourt folgten die

Brigade GM. Thom as und die Kavallerie-Brigade GM. Baron Dobrzens ky. Die Uebergänge über die Sorge waren noch in der Nacht zum

L, so wie am Morgen dieses Tages vom Feinde gesprengt worden. Daselbst angelangt wurden unsere Vortruppen von einigen schwachen dänischen Abtheilungen mit wirkungslosen Schüssen empfangen.

Es wurden einzelne kleine Abtheilungen auf das jenseitige Ufer vorgeschoben und allsogleich zur Herstellung der gesprengten Strecken geschritten.

Um der auf unserem linken Flügel im Aufmarsche begriffenen Garde⸗Division Raum zu verschaffen und näher an das bis in die Linie Eckernförde⸗Holm vorgegangene Königlich preußische Armeecorps zu rücken, wurden am 2. d. M. sämmtliche Kantonnirungen östlich der Eisenbahn verlegt und die Brigade GM. Thomas derart vorge— zogen, daß ihre Vorpoften in der Linie Hütten, Ascheffel und Brecken. dorf standen und häufig Patrouillen gegen die Eckernförde-Schles— wiger Chaussee und gegen Schleswig streiften.

Zu diesem Zwecke war auch am Morgen des gestrigen Tages von der Brigade GM. Thomas ein Zug Liechtenstein- Husaren gegen Lottorf entsendet worden, den ich durch eine Eskadron des Dragoner⸗Regiments Fürst Windisch-Grätz unter Führung des Ma— jors Kutschenbach dieses Regiments verstärken ließ und anwies, so weit vorzugehen, um auf den Feind zu stoßen.

Es handelte sich darum, einige Gefangene zu machen und die Fühlung mit dem Feinde zu gewinnen.

Die genannten Kavallerie⸗Abtheilungen stießen in der Nähe von Lottorf auf eine größere Infanterie⸗Abtheilung, attakirten dieselbe mit dem besten Erfolge trotz des heftigen Gewehrfeuers, so daß sich die feindliche Infanterie in ein Haus flüchtete, bis zu welchem sie unsere Kavallerie verfolgte und durch ihre Haltung so einschüchterte, daß kein Feuer mehr gegeben wurde.

Ein zur Unterstützung vorrückendes feindliches Bataillon veran— laßte die Kavallerie, gegen unsere Vorposten zurückzugehen, was sie in größter Ruhe und ohne vom Feinde belästigt zu werden, aus— führte.

Es gelang, drei dänische Soldaten gefangen zu nehmen, nach deren Aussage das vorgerückte Bataillon das zweite des 2. Infanterie— Regiments war.

Von uns wurde ein Husarenwachtmeister, dessen Czako von fünf Kugeln durchlöchert ist, am Kopfe leicht verwundet, einem Husaren durch die Hand geschossen; bei Windischgrätz⸗Dragoner blieben zwei Mannschaftspferde todt, dem Major Kutschenbach wurde das Pferd verwundet.

Von den Abtheilungen, deren ganze Haltung eine ausgezeichnete war, haben sich bei Liechtenstein⸗Husaren ein Wachtmeister und ein Husar, bei Windischgrätz⸗Dragoner 3 Mann durch besonders kühnes und herzhaftes Benehmen ausgezeichnet.

Auf Befehl des Oberkommando's rückt heute Nachmittags das Armeecorps gegen Schleswig mit den Vortruppen in die Linie Fah— rendorf⸗Oberselck⸗Jagel vor, um die allenfalls vorgeschobenen feind lichen Vorposten in die Hauptstellung zurückzudrängen.

Um 4 Uhr Nachmittags hat Se. Excellenz der Oberkomman— dant mich und den Kommandanten des dritten Armeecorps zu einer Besprechung nach Oberselck beordert.

Ich habe nur noch zu erwähnen, daß wir nicht nur Truppen und Verschanzungen, sondern auch die Elemente zu bekämpfen haben, daher vorerst die Hoffnungen nicht zu hoch gespannt sein sollten.

Hauptquartier Holz⸗Bünge, am 3. Februar 1864.

Verluste am 3. Februar an Offizieren:

18. Jäger⸗Bataillon, todt: Ober⸗Lieutenant Schlemmer, Wanka, . Lieutenant Reyl; verwundet: Hauptmann Kossen, Lieutenant Schürch.

Regiment Nr. 30, todt: Major Stampfer, Ober-⸗Lieutenant

Krolikewicz, Lieutenant Battlogg, Peyerl; verwundet: Hauptmann

Kopetzky, Dolliak, Reymann, Driancourt, Ober-Lieutenant Gassich, Tarler, Desloges, Lieutenant Padovinaes, Dillinger, Schäffler, Schumefda, Heimerle.

Regiment Nr. Id, todt: Major Stransky, Lieutenant Braunj verwundet: Oberst Benedek, Hauptmann Petter, Ober-Lieutenant

Müller, Graf Thurn.

Großbritannien und Irland. London, 5. Februar. Die erste Sitzung des Oberhauses begann den 4. Februar um 5 Uhr Nachmittags. Das Haus ist ungewöhnlich voll, vor dem Beginn der Ver— handlungen tritt der Prinz von Wales, in Begleitung des Herzogs von Cambridge ein und nimmt auf einer der Querbänke dem Wollsack gegen— über Platz. Nachdem der Lord-Kanzler die schon um 2 Uhr bei der Eröffnungsceremonie verlesene Thronrede nochmals verlesen hat, beantragt drr Marquis of Sligo die Adresse und Lord Aberecrombie sekundirt sie. Lord Derby kritisirt die Thronrede und die auswärtige Politik der Re— gierung mit großer Schärfe. Die Thronrede findet er inhaltslos und im schlechtesten Englisch geschrieben, das je solch ein Aktenstück verunziert habe. Seit die Regierung die große Parlamentsreformfrage, mittels deren sie sich ans Ruder verhalf, über Bord geworfen, gründe sie ihren Anspruch auf das Vertrauen der Nation auf ihre auswärtige Politik. Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten des Auslandes Ausbreitung liberaler Prin— zipien durch Geltendmachung von Englands moralischem Einfluß und vor Allem eine ununterbrochene entente cordiale mit dem Kaiser der Fran— zosen, dies seien die Losungsworte, welche die Palmerston ⸗Russell'sche Regierung auf ihre Fahne schrieb. Was die Nichteinmischungspolitik be— treffe, so könne man vom edlen Staatssecretair des Auswärtigen sagen:

solches Unternehmen wäre unausführbar gewesen. nung Englands gegen einen Krieg zur Wiederherstellung Polens war, und

Kongreß blos eingeladen

es in langen Depeschen sorgfältig motivirt.

sollten.

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„Nihil intaetum reliquit, nihil tetigit quod non (nicht ornavit, sondern conturbavit.“ Die Nichteinmischung bestand in Mengen und Mantschen med dle and muddle), und die ganze Korrespondenz mit fremden Staaten, großen und kleinen, in Schulmeistern und Schelten, Renommiren und Re— siriren. Nach einer Vergleichung Earl Russells mit Bottom, dem Weber, aus dem Sommernachtstraum, lenkt Lord Derby in einen ernsteren Ton ein. Die Sache sei für bloßen Scherz zu schwer und gewichtig. Er fühle sich als Engländer gekränkt und gedemuͤthigt, wenn er sehe, wie die Russellsche Führung des Auswärtigen dazu geführt habe, daß England keinen einzigen Freund in Europa besitze, daß alle Mächte, groß und klein, seine Drohungen unbeachtet lassen, seine hochtrabende Sprache verlachen, und seine Vorstellun« gen mit verachtungsvoller Gleichgültigkeit aufnehmen. Wenn die Regierung auf den Fuß kordialen Einvernehmens zu Frankreich stehe, dann müsse der Kaiser der Franzosen der versöhnlichste und nachsichtigste aller Potentaten auf Erden sein, da es kaum eine einzige neuere Frage gebe, in der man ihm nicht 4 wenn auch nicht absichtlich in den Weg getreten sei und ihm eine peinliche, den Stolz seiner Nation demüthigende Stellung bereitet habe. Der Redner führt vorerst die mexikanische Expedition an, ob⸗ gleich er in diesem Punkt weniger streng sein will, dann die Angelegenheit der amerikanischen Conföderation, zu deren Anerkennung der Kaiser Napo— leon bereits Schritte habe thun wollen; hierauf die ohnmächtige diplo— matische Einmischung für Polen, welche die Leiden dieses Landes verschlim— merte, Frankreich im Stich ließ, Rußland vor den Kopf stoßen sollte und England eine schnöde Abfertigung einbrachte. Was den Kongreßplan des Kaisers Napoleon betreffe, so möge seine Ausführung ihre Schwierigkeiten gehabt haben, aber wenn es ein Land gab, das wenig Interesse hatte, mit einem trockenen Nein zu antworten, so sei dies England gewesen. Wenn man Frankreich nicht die Hand bieten wolle, um ihm aus einer Verlegenheit herauszuhelfen, wie könne man verlangen, daß der Kaiser in schwierigen Lagen, die ihn selber nichts angehen, der englischen Regierung beistehe? Grade in der Zeit, als er so un— manierlich auf die Einladung zum Kongreß antwortete, hätte der Staats— secretair des Auswärtigen voraussehen sollen, daß die deutsch-dänische Frage wieder gefährlich zu werden drohte. Wenn England seinen früheren Ein— fluß besäße, müßte ihm die Schlichtung einer solchen Frage bei einiger Festig« keit und etwas gutem Takt leicht werden. Jetzt aber, da England sich isolirt habe, sei es machtlos. Es gebe keine gefährlichere Lage als die gegen wärtige. Er müsse offen gestehen, daß er vor einem Kriege gegen die ver—— einigte Macht Deutschlands als vor dem größten Ungluͤck fuͤr England zurückschrecken würde. Hoffentlich werde der edle Lord dem Lande die Ueber— zeugung beibringen können, daß es durch keinen Schritt der Regierung in das furchtbare Dilemma versetzt sei, entweder sein Wort brechen und seine Ehre opfern oder in einen verhängnißvollen Krieg gegen Deutschland sich stürzen zu müssen. Allein er beschwöre auch Deutschland, zu erwägen, welche Folgen ein solcher Krieg haben, wie er alle Neider des steigenden deutschen Wohlstandes in Bewegung setzen, welche Feinde er in ganz Europa ihm erwecken, daß er die revolutionairen Elemente entfesseln und schließlich Frankreich zum Herrn der Lage erheben würde.

Earl Russell beginnt seine Entgegnung, indem er versichert, daß Ihrer Majestät Regierung in freundschaftlichen Beziehungen zu den andern Mächten stehe und täglich mit fremden Regierungen korrespondire, die ihr Vertrauen schenken. Freilich, wenn sie die Politik befolgen sollte, die man dem Führer der konservativen Partei im Hause der Gemeinen zuschreibe, so dürfte sie keine andere Meinung als die Meinung Frankreichs, keinen Willen als den französischen, keine Politik als die französische haben; aber eine solche Polikik könne die englische Regierung nicht annehmen. Nach einigen Worten über Mexiko und die Konföderirten Staaten kommt der Staats—

secretair des Auswärtigen auf die Einmischung für Polen zu sprechen und

vertheidigt die im Einvernehmen mit Oesterreich beobachtete Politik, die Unterzeichnung einer identischen Note abzulehnen. Sonst hätte es nicht ge—

nügt, Polen anzuerkennen oder für Polen zu kämpfen; es wäre nothwendig

gewesen, ein Polen zu schaffen und so zu konstituiren, daß es die ehemals polnischen Provinzen Ost und Westpreußen in sich geschlossen hätte. Ein Er wisse, daß die Mei—⸗

indem er öffentlich im Parlament den Entschluß der Regierung kundgab, in keinem Falle das Schwert zu ziehen, habe er die Polen vor einer Selbst—— täuschung gewarnt. Er glaube auch, daß England zum pariser worden sei; und eine Einladung könne ablehnen. Verpflichtet sei England doch gewesen. Und die Ablehnung habe Endlich kommt Earl Russell

zur deutsch - dänischen Frage und erklärt, daß der im Jahre 1852 ge—

oder

man annehmen Annahme

keinesfalls zur

schlossene Vertrag von London sehr weise und wohlthätig sei, und seines

besonderen Erstaunens würdigt er jenen Minister Sachsens, der einst die Heilsamkeit des Vertrages anerkannt habe und jetzt als Hauptagitator gegen denselben auftrete. Daß die dänischen Versprechungen von 1851 nicht einem Vertrage einverleibt worden selen, müsse man bedauern. Wenn die Deut-

schen uͤber Nichterfüllung und die Dänen über die Nichterfüllbarkeit der

Stipulationen von 1851 klagen, so sei in beiden Beschwerden sehr viel Wah—

res. Das jetzige Verfahren des Bundestages und der deutschen Großmächte

sei gleich unverständlich. Letztere hätten sich von dem Londoner Vertrage weder losgesagt, noch denselben, wie man von ihnen erwartet hatte, offen anerkannt, sondern die Erbfolgefrage suspendirt. Das Unternehmen gegen

Schleswig habe angeblich den Zweck, die Zurücknahme der November -Ver—

fassung zu erzwingen, aber es zeige sich doch, auch einige Geneigtheit, die Sache des Prinzen von Augustenburg zu begünstigen. Daß die deutschen Großmächte die Angelegenheit in die eigene Hand genommen, begreife er, denn lächerlich wäre, es geivesen, zu erwarten, daß sie die Entscheidung solcher Fragen dem Herzog von Koburg oder anderen kleinen Potentaten überlassen Auch er sei der Ueberzeugung gewesen, daß die November— Verfassung den Versprechungen von 1851 widerstreite ; Rußland, Frank⸗ teich und zum Theil Schweden hätten derselben Ansicht gehuldigt und ihre Aufhebung empfohlen. Höchst unglücklicherweise habe der vorige vänische Minister (Hall) zu den extremen und leidenschaftlichen Patrioten gehört, deren Ansich-

ten sic keineswegs mit einer gerechten Politik gegen die deutschen Unterthanen des Königs vereinen lassen. Die Empfehlung sei daher unbeachtet geblieben. Aber mit dem neuen Ministerium Monrad-Quaade habe die ganze dänische Politik sich geändert, und jedes mit der Integrität der Monarchie verträgliche Zu⸗ geständniß wäre gern gemacht worden. Leider erforderte die verfassu ngsmäßige Auf hebung der November -Constitution eine Zeitfrist. Aber je nachgiebiger die Dänen wurden, desto weniger waren Oesterreich und Preußen geneigt, Zeit zu geben. Unter diesen Umständen schlug die englische Regierung vor, im Namen von Frankreich, Großbritannien, Rußland und Schweden ein Pro— tokoll zu entwerfen, worin die Absicht der dänischen Regierung, die Noövem— ber-⸗Verfassung aufzuheben, verzeichnet werden sollte;, und falls Dänemark dann nicht Wort hielt, wäre es ohne Entschuldigung geblieben. Beide Schritte hatten die Zustimmung Frankreichs, Rußlands und Schwedens in Bezug auf, die zu gewährende Zeitfrist, obgleich nicht in Bezug auf die Zurücknahme der Verfassung. Der erste Vorschlag, sechs Wochen Zeit zu geben, ging von Frankreich aus, der zweite kam von Großbritannien, der dritte von Rußland, und alle drei wur— den von Oesterreich und Preußen unbedingt zurückgewiesen. Von ODesterreich, welches bisher die konservative Macht in Mitteleuropa gewesen, sei dieser Entschluß doppelt überraschend und traurig. Beide Mächte erklärten, es sei zu spät, den Frieden zu erhalten, und ihre Entschuldigungen seien ihm peinlich. In allen ihren Depeschen werde die Vorstellung betont, h wenn sie nicht nach Schleswig zögen, solch eine Aufregung in Deutschland entstehen, und solch ein Freiwilligenheer nach Holstein aufbrechen würde, daß sie der Gefahr eines Bürgerkrieges ausgesetzt wären. Dies möge wahr sein, aber traurig und ungerecht dünke es ihm, daß Dänemark der Ruhe Deutschlands geopfert werden solle. Es werde gleichzeitig von zwei Parteien angefallen, die eine sage: »Wir wünschen ein einiges Deutsch-⸗ land zu werden, greifen wir also Dänemark an « die andere tufe: »Wir wünschen die demokratische Agitation in Deutschland aufzuhalten, also auf gegen Dänemark. « Er habe nun durch Sir A. Buchanan in Berlin an— fragen lassen, ob die beiden Mächte den Vertrag von 1852 noch anerkenn— ten oder in Schleswig Zwecke verfolgten, die mit dem Vertrage unverein⸗ bar sind? Hierauf sei folgende Antwort erhalten worden:

2Berlin, 31. Januar 1864. Herr Graf! Indem die Königliche Re gierung auf die Stipulationen von 1851 1852 die Rechte gründet, deren

Heilighaltung sie, im Verein mit Oesterreich, von Dänemark zu erzwingen sich anschickt, hat sie durch diesen selben Akt das Prinzip der Integrität der dänischen Monarchie, wie es durch die Transactionen von 1851 - 1852 fest· gestellt wurde, anerkannt. Indem die Regierung des Königs zur Occupa— tion von Schleswig schreitet, hat sie keine Absicht, von diesem Prinzip ab- zuweichen. Wenn jedoch in Folge von Verwickelungen, welche durch die hartnäckige Weigerung der daͤnischen Regierung, ihte Versprechungen von 1852 zu erfüllen, oder durch die bewaffnete Einmischung anderer Mächte in den deutsch -dänischen Kampf entstehen können, die Königliche Regierung sich gezwungen sehen sollte, Combinationen fallen zu laäͤssen, die ein den Opfern, welche die Ereignisse den deutschen Mächten auferlegen dürften, nicht mehr entsprechendes Resultat bieten würden, so könnte ohne die Zustimmung der Mächte, die den Londoner Vertrag unterzeichnet haben, keinẽ endgültige Vereinbarung getroffen werden. Die britische Regierung würde dann die Königliche Regierung bereit finden, sich mit ihr Über die endgültige Fest⸗- stellung der deutsch dänischen Frage zu verständigen. Ihre Excellenz werden ersucht, Lord Russell diese Depesche vorzulesen und ihm eine Abschrift der⸗ selben zu überreichen. (gez Bismarck.«

Nach Verlesung dieser Depesche schließt Earl Russel mit der Bemer⸗ kung, daß, wenn nach der Besetzung Schleswigs oder eines Theils von Schleswig, die deutschen Mächte gemäßigte Vorschläge machen sollten, ein dauerndes Arrangement möglich wäre. England habe der dänischen Regie—⸗ rung nie ein unrechtes Zugeständniß empfohlen und niemals materielle Hül. fe versprochen. Der daͤnische Gesandte selbst habe wiederholt gesagt: »Wir erwarten« keine materielle Hülfe von England, nur Sympathie.« Earl Gran« ville vertheidigt die Regierung, und die Adresse wird angenommen.

In der gestrigen Unterhaussitzung hielt die Einleitungsrede Lord N. Grosvenor, um die Antwortadresse auf die Thronrede zu motiviren. Ihm sekundirte das neue Citymitglied, Mr. Göschen. Einer scharfen Kritik wurde die Thronrede darauf von Mr. Di sraeli unterzogen. Wäre es nicht um den einen Paragraphen, welcher die Geburt eines zukünftigen Thronerben anzeigt, so hätte sagte er jenes Schriftstück in jedem be— liebigen anderen Jahre verfaßt werden können, als im Jahre 1864. Warum sei Irlands jetzige Lage, welches leider nicht mit eincr so günstigen Einte gesegnet worden wie die Schwesterinsel, nicht einmal einer vorübergehenden Notiz gewürdigt? Warum mit keinem Worte Amerikas und der wahr— scheinlichen Dauer des verhängnißvollen Krieges gedacht? Es wäre doch beruhigend und befriedigend gewesen, zu erfahren, daß das Prinzip strenger Neutralität noch immer der Leitstern der englischen Politik bleibe. Auch über China, mit welchem Lande England doch in beachtungs— werthen Beziehungen stehe, hätte man gerne etwas gehört. Keine offene Erklärung, was die Regierung von dem polnischen Aufstande denke, nicht einmal eine flüchtige Erwähnung des bedeutsamen Vorschlages, welchen einer der mächtigsten Souveraine Eurbpa's vor wenigen Monaten der britischen Regierung gemacht, zum ersten Male bei Eröffnung des Parlaments keine Versicherung von freundschaftlichen Beziehungen zu den ausländischen Mäch— ten nichts davon sei in der Thronrede zu finden. Konfusion von Anfang bis zu Ende sei das charakterisirende Merkmal der auswärtigen Politik. Was seien Englands Ziele, wer Englands Verbündete? Der Nedner tadelt die Politik der Regierung, welche die Polen zum Widerstande aufgemuntert und dann verlassen, und den Griechen ein halbes Geschenk gemacht habe, dem die Bedingungen nachgehinkt kamen. Statt dem Kaiser der Franzosen aus der Verlegenheit zu helfen, in welche doch England ihn zum großen Theil verwickelt habe (durch Polen), habe die Re— gierung den Kongreßantrag, der ein geschicktes Manöver, wenn auch ein ungesunder Vorschlag gewesen sei, in geradezu beleidigender und sare kastischer Weise zurückgewiesen. Was schließlich die Herzogthümerfrag betreffe, so werde diese von der Thronrede allerdings dreier längerer Ab- schnitte gewürdigt, aber erklärt werde durch letztere nichts, ja geradezu ver