1864 / 160 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

1850

Kopenhagen, 9. Juli. Im »Fijens Avis wird mitgetheilt daß in der vorvergangenen Nacht deutsche Boote bei der Halbinsel Horne bei Hdarborg (Fühnen) gewesen, augenscheinlich um Rekognos-⸗

zirungen vorzunehmen. . Das Kriegs. Ministerium theilt mit: Am 7. Juli wurden bei einer Landung der Unsrigen bei Grenag drei preußische Husaren, darunter ein Unteroffizier, ferner vier Gemeine von der Garde ge⸗ fangen genommen. Das Kriegs ˖ Ministerium macht ferner bekannt: Von Fühnen nichts Neues. Bei Landgang bei Ashoved, zwischen Veile und Hor— sens Fjord hat ein Gefecht Statt gefunden, wobei der Feind zwölf Mann verloren, wovon acht gefangen; wir hatten keinen Verlust. In Neufahrwasser waren am 9. keine feindlichen Kriegs⸗

schiffc in Sicht; in Swinemünde waren am 8. Nachmittags füͤns dänische Kriegsschifse, von Westen kommend und ostwärts steuernd,

in Sicht.

Die Morning Post« hat den ersten Depeschen, deren Un⸗ echtheit neulich durch amtliche Erklärung konstatirt worden, noch eine ganze Anzahl anderer, zum Theil telegraphischer preußischer Depeschen nachfolgen lassen. Es bedarf kaum noch der besonderen Bemerkung, daß auch diese von Anfang bis zu Ende erfunden sind. Sie ver rathen sich diesmal selbst als ein ungeschicktes Machwerk durch Miß= griffe in der Chronologie, wie z. B. diejenige Mittheilung, welche gleich die erste telegraphische Depesche vom 21. Januar von dem Einzuge der Bundestruppen in Altona als noch bevorstehend

sprechen läßt.

Allenst ein, 8. Juli. Am 6. Juli wurde, wie die » Ostpr. Ztg. berichtet, zu Wartenburg die Festfeier des 0 (jährigen Jubiläums dieser Stadt begangen. Gegen die Einfälle der Littauer nämlich war eine Wartburg am Wadangsee, neben dem heutigen Dorse Alt⸗Wartenburg, errichtet. Diese Burg wurde durch die raubsüchtigen Horden der Littauer zerstört. Die Wälle und Schan⸗ zen der Burg sind noch heute zu fehen, der Platz heißt noch jetzt die alte Stadt. Die heutige Stadt Wartenburg ist durch den Bischof von Ermland, Johann Streifrock, gegründet. Die Stadt⸗ rechte sind ihr durch eine Urkunde vom 3. Juli 1364 verliehen wor⸗ den. Bis 1772 war Stadt und Amt Wartenburg ausschließliches Tisch⸗ und Kammergut der Fürstbischöfe von Ermland. Unter der preußischen Regierung hat der Wohlstand derselben gewaltig zuge⸗ nommen. ; .

Glogau, 8. Juli. Nachdem am Dienstag wiederum einige kriegsgefangene dänische Offiziers Aspiranten hier eingetroffen sind, befinden sich gegenwärtig aus hiesiger Festung 11 Offiziere sowie außerdem 225 Mann.

Hannover, 8. Juli. Eine wichtige Differenz beider Kam= mern in Betreff des Ein führungsgesetzes zum Handels- gesetzbuch veranlaßte heute in Zweiter Kammer längere Erörte⸗ rungen. Erste Kammer hat, dem Regierungsvorschlage entsprechend, beschlossen, daß Actiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Actien der staatlichen Genehmigung unterliegen, wogegen in Zweiter Kammer der Beschluß gefaßt ist, daß diese Gesellschaften einer Kon zession nicht bedürften. Minister Windthorst rieth heute, dem Be— schlusse des Adelshauses beizutreten, da man sonst das Zustande⸗ kommen des ganzen Gesetzes gefährde, auf v. Bennigsen's Anheim⸗ gabe lehnte die Kammer dies ab und beschloß, durch eine verstärkte Konferenz eine Ausgleichung herbeizuführen. Auch in der Dom ai⸗ nenfrage ist keine Einigung in beiden Häusern erreicht; das Adels haus hat den Antrag der Zweiten Kammer auf Revision der Do⸗ mainen-⸗Ausscheidung einstimmig abgelehnt und die Konferenz aus beiden Häusern hat keinen Vorschlag zur Ausgleichung aufzufinden vermochl. Die Zweite Kammer beschloß heute, bei ihrem Antrag zu beharren und durch eine verstärkte Konferenz eine Ausgleichung zu versuchen.

Schleswig. Sonderburg, 6. Juli. Dem Alt, Merkur berichtet man: »Allmälig kehren die Bewohner wieder in die un⸗ glückliche Stadt zurück und wird eine Völkerwanderung stattfinden, wenn erst die Bedürfnisse des Militairs befriedigt und ihnen mehr Wagen zur Disposition stehen. Bis jetzt haben die Zurückgekehrten nur erst die nothdürftigsten Sachen hereingebracht, um wenigstens in ihren Wohnungen fein zu können und dieselben nicht gänzlich den Soldaten zu überlassen. Jetzt sieht man schon einige elegant gekleidete junge Damen in den Straßen und zwischen den Ruinen umherwandern, auch werden jeden Tag mehr Läden geöffnet. Am schlimmsten sieht es hier mit den Lebensmitteln aus, wer ein Mittag- essen, bestehend aus Suppe, Fleisch und Brod erhascht, kann sich glücklich preisen, denn es ist kaum möglich, für die größeren Wirth⸗ schaften fo viel Fleisch anzuschaffen, als sie für ihre Gäste bedürfen. Kartoffeln habe ich hier noch nicht gesehen, eben so wenig ein Beef⸗ steak. Schwarzbrod gehört zu den Seltenheiten, und wenn die Sol⸗ daten nicht mit dem ihrigen aushelfen, so giebt es gar nichts. Heute ist die neue Schiffbrücke fertig geworden, zu der die Flensburger ihre

Yachten haben hergeben müssen. Bereits sind eine Menge schwern Kanonen, meist 81 Pfünder,

Dänen abgenommen, auf das Festland hinüberbefördert.

Sachsen. Dresden, 9. Juli. Ihre Majestät die vr. wittwete Königin von Preußen sind, nach dem Dresdn. Jour. heute Nachmittag 2 Uhr von Sanssouei hier eingetroffen und haben Sich nach Pillnitz begeben.

Die Erste Kammer hat heute die den Pensionsetat um. fassende Abtheilung des Ausgabebudgets erledigt. Bezüglich dez

zweiten Gegenstandes der Tagesordnung, das Königl. Dekret wegen

der durch Anlegung von Beständen der Depositen · Hauptkasse gebil deten Fonds und wegen der Forst- und Jagddiener ⸗Wittwen und Waisen · Unterstützungskasse betreffend, nahm die Kammer den An— trag der Deputation ebenfalls an, den Beschlüssen der Zweiten Kun mer unverändert beizutreten.

Weimar, 9. Juli. Als Resultat der am 1. und 5. Juli hier vorgenommenen Wahlmännerwahlen giebt die ⸗Weimarsche Itg« Folgendes an: Von 1850 stimmberechtigten Urwählern haben 150 also nicht ganz der 13. Theil, gewählt; im 23. Wahlbezirk ist ga kein Wähler erschienen. In fünf Bezirken mußte, weil mehren Personen gleichviel Stimmen erhalten batten, das Loos entscheiden Doppelwahlen sind, hauptsächlich in Folge der Loosziehung, 6 vor, gekommen und es müssen daher für 6 Wahlbezirke Neuwahlen an— geordnet werden. Die höchste Anzahl Stimmen, welche ein Wahl. mann erhalten hat, sind 5, die höchste Anzahl Stimmen, welch überhaupt in einem Bezirke abgegeben worden, sind 11 (im 18. V zirke), die niedrigste 1 (im 10, 13, 22. 29. 30. Bezirke). Mit! Stimme sind gewählt worden 10, mit 2 Stimmen 8 mit 3 Stim. men 7, mit 4 Stimmen 2, mit 5 Stimmen 1.

Baden. Karlsruhe, 9. Juli. Die »Karlsruher Zeitung bringt heute folgenden Artikel;

„Auf die in öffentlichen Blättern erwähnte Vorstellung der Mannbeimn Handelskammer vom 4. d, worin sie vom Staatsministerium Genugthuum wegen Aeußerungen in der Zweiten Kammer fordert, wurde ihr gestern öffnet, daß das Staatsministerium in dieser Eingabe einen in jeder V ziehung ungeeigneten Schritt erkenne, und diesem keine weitere Folge R geben vermöge. Betreffend die Erklärung über den Abbruch des Verkcht mit dem Großherzoglichen Handelsministerium werde dieses Ministerium dab Sachgemäße verfügen «

Der für die Errichtung eines Barackenlagers in dau Nähe der Residenz in Aussicht genommene Platz, eine Stunde sk— westlich von Karlsruhe, ist, wie dem ⸗Schwäb. Merk.« berichtet wird definitiv aufgegeben, da die betreffenden Gemeinden wegen Abtretun des erforderlichen Areals Schwierigkeiten erhoben haben. Das Ba rackenlager wird nun einige Richtung hergestellt werden, wo die ausgedehnten Staatswaldungen sehr geeignete Stellen zur Aufnahme dieses Friedenlagers darbieten.

Schweiz. Bern, 6. Juli. Nation alrath. In die Kom

mission für den Handelsvertrag wurden gewählt: Heer, Ruffy, Fiet;

Challet⸗Venel, Feer ⸗Herzog, Peyer im Hof, Philippin, Schneiden Hoffmann, Benzinger, Pedrazzini.

Belgien. Brüssel, 9. Juli. Nachdem Minister Tesch zu rückgekehrt, waren 58 Mitglieder in der Repräsentanten Kamma anwesend. Die Kammer war aber nicht stimmfähig, da eins du liberalen Kammermitglieder, Cumont, am Abend vorher einen Blit—

sturz bekommen hatte und der Sitzung nicht beiwohnen konnte Di

Kammer wurde auf den 12. d. M. vertagt.

Großbritannien und Irland. London, S8. Jul Parlamentsverhandlungen. Unterhaus. In der gestern fortgesetzten D. batte über Disraeli's Rißtrauens. Antrag ergreift der Staatssecretair de Auswärtigen, Herr Layard, das Wort und bemerkte: die Angriffe auf d Regierung seien beinahe ausschließlich gegen Earl Russell gerichtet gewel dessen Verhalten, wie er beweisen könne, durch verstümmelte, aus dein Fi sammenhange gerissene, ja, wie er wohl sagen dürfe, beinahe gefälschte Au züge aus seinen Depeschen in ein falsches Licht gestellt worden sei. All

Dänemarks angenommenen Vorschläge würden dem Zwist ein End gemacht haben, und es sei sehr zu bedauern, daß Dänemain sie verworfen habe. Gewisse Aeußerungen des Premiers, wi Earl Russells, habe man mit Unrecht als Drohungen ausgeleg und ebenso grundlos sei die Behauptung, daß Dänemark zu der Er wartung verleitet worden sei, daß England ihm materiellen Beistand leist werde. Auch in Bezug auf das, was auf der Konferenz vorgegangen sc

fehle es nicht an Entstellungen der Wahrheit und an Mystificationen. Wi auch Herr Disraeli sich davor gehütet habe, sich zu einer bestimmten Pell zu bekennen, so habe das doch, einer seiner Parteigenossen, General ö. Dessen Politik aber sei keine andere, als eine Kriegs-⸗Politz Ein Regierungswechsel würde seines Erachtens unter den obwaltenden llt ständen fehr bedenkliche Folgen für die auswärtige Politik Englandẽ,

gethan.

wie für das Land im Allgemeinen haben. Hardy, Konservativer um Vertreter von Leominster, erklärt die Behauptungen des Vorredners, dn

Stunden von hier in nordwestlicht

1851

. die amtlichen Schriftstücke in den Seitens der Oppofition angeführten Cita⸗ wie auch Munitionswagen, die de ten unrichtig ausgezogen und gefälscht seien, n bpedient sich dabei einer Wendung,

Veranlassung giebt, aber schließlich gütlich beigelegt wird. Im weiteren

für durchaus grundlos und die zu einer lebhaften Zwischendebatte

Sprache Earl

dann Hardy, die ziemlich allge⸗

Verlauf seiner Rede behauptet t Russell's sei allerdings drohend gewesen und sei mein so aufgefaßt worden. Offenbar habe Europa. bis vor Kurzem geglaubt, daß England interveniren werde. Sir F. Goldsmid sagt, er koͤnne sich weder mit dem Verhalten der Regierung, noch mit dem Antrage Disraeli's einverstanden erklären, und werde sich, wenn es ihm irgend möglich sei, der Abstimmung enthalten. Ben tinck, meint, die in der Resolutien Disraeli's enthaltene Anklage gegen die Regierung sei noch viel zu schwach ausgedrückt. Die Regierung habe noch viel schlimmere Dinge gethan, als der Antrag ausspreche. Auch Pe acocke spricht gegen die Reglerung. Der Attorney General betont bei seiner Vertheidigung der Regierung besonders stark den Umstand, daß das englische Ministerium den Dänen nie Versprechungen gemacht habe, denen es untreu geworden sei. Der Antrag sei bloß dazu bestimmt, Parteizwecken zu dienen, und sei einer großen Partei unwürdig. Lord J Manners behauptet, das Be—⸗ nehmen der Regierung sei durch eine Schwäche, ein Schwanken und eine Unentschiedenheit charakterisirt gewesen, welche erheischten, daß das Haus sich verurtheilend darüber ausspreche. Er seinestheils glaube, daß die Resolution der getreue Ausdruck der Meinung des englischen Volkes sei. Nachdem hierauf Onslow gegen die Resolution gesprochen hat, wird die Debatte auf den Antrag Oösboxrne's vertagt.

In der heutigen Sitzung wurde die dreimal vertagte Debatte über Dis- raeli d Resolutions · Antrag wieder aufgenommen, nachdem Mr. Layard auf eine Anfrage von Lord R. Montagu erklärt hatte: ein authentisches an das auswaͤrtige Amt gelangtes Telegranim besage, daß die Geschichte von 400 schwedischen Freiwilligen, welche das preußische Militair auf Alsen ermordet habe, aller und jeder Begründung entbehre. Mr. Osborne wünschte dem Hause Glück dazu, daß es sich endlich entschlossen habe, Ver nunft anzunehmen, und daß, mit Ausnahme Mr. Newdegate's, alle Mit⸗ glieder fuͤr Frieden seien. Freilich der Weg, auf dem diese Rückkehr zu Vernunft und Frieden stattgefunden, werde niemals stolze Erinnerungen wecken. In der Vertheilung des dem Minister zukommenden Tadels sollte man einige Billigkeit herrschen lassen. Es sei mehr als lächerlich, Earl Russell, der erst vor einigen Jahren ins auswärtige Amt trat, für die Verfahrenheit der ganzen anglodänischen Politik verantwortlich zu machen Der jetzige Staatsseeretair des Auswärtigen habe arge Fehler begangen, aber konnte er, auch bei größerer Weisheit und Erfahrung, möglicherweise entwirren, was der wahre und langjaͤhrige Mann des Auswärtigen in Eng- land, Lord Palmerston, verfitzt hatte? Die Laufbahn Lord Palmerstons, den die Volksmeinung als den Hort Dänemarks preise, stehe mit den Schick salen dieses Königreichs in ganz eigenthümlichem Zusammenhange. In feiner Jungfernrede am 3. Juli 1808 vertheidigte er den Anno 1807 be- gangenen Gewaltstreich, den Raub der dänischen Flotte nämlich, und jetzt fei es ihm beschieden, dem Leichenbegängniß der von ihm Jahre lang pro tegirten dänischen Monarchie beizuwohnen. Von ihm, dem vorzugsweise liberalen Staatsmann, sei Anno 1848 zuerst der Plan angeregt worden, die Herzogthümerfrage von oben herab, diplomatisch eigenmächtig, ohne Be⸗ fragung des Volkes, abzuthun und die Erbfolge aus bloßen Zweckmäßig · keitsrlcksichten abzuändern. So wurde dem russischen, weder auf Recht noch auf Rationalität gegründeten Londoner Protokoll von 1850 der Weg ge— bahnt. Unter den vielen Unrichtigkeiten, die der Unter ⸗Staatssecretair des Auswärtigen (Layard) jüngst zum Besten gegeben, sei auch die, daß auch Preußen das Protokoll unterzeichnet habe. Er wolle zur Wider legung den seiner Zeit von Herrn von Bunsen erhobenen energischen Protest verlesen (was er thut). Lord Palmerston habe das Protokoll unterzeichnet, um das wegen der Pacifico⸗-Geschichte erbitterte Rußland zu versöhnen. Was Preußen vermocht habe, zwei Jahre später den Londoner Vertrag zu unterzelchnen, sei ihm stets schwer begreiflich gewesen, aber er vermuthe, daß Neufchatel damit zu schaffen gehabt haben könne. Er komme nun zu den faulen Früchten des Vertrages. Christian IX, begann seine Regierung mit dem illegalen Versuch, Schleswig zu inkorporiren, und auch diese Willkür wurde in England beschönigt, ja gepriesen. Die Dänen hätten sich durch die kriegerischen Artikel eines Blattes, welches für Lord Palmerstons Organ gelte, irre führen lassen, und Herr Hall habe echt Palmerstonisch renom⸗ mirt; dafür würden die Dänen jetzt sich direkt an Preußen um gnädige Friedensbedingungen wenden. Englands auswärtige Politik aber sei über all in Verruf gekommen. Der Redner skizzirt zuletzt die Mitglieder des Ka= binets mit sehr sarkastischen Strichen, und meint, daß es seine Po— pularität und den Beistand der Liberalen lediglich den Verdiensten des Schatzkanzlers verdanke. Ueber die. Auflösung des Ministeriums würde ein aufrichtig liberaler Politiker sich schwerlich grämen. Mr. Whiteside spricht für die Resolutionen, ebenso Mr. B. Cochrane, der ihnen sogar eine stärkere Fassung gewünscht hätte. Mr. Monsell und Lord Elcho vertheidigen die Regierung. Mr. Walpole glaubt, daß

was Earl Russell bei Beginn der deutsch dänischen Händel geschrieben un . das Volk von Schleswig und Holstein selber die Ursache der nordeuropãi

gethan habe, sei mit völliger Zustimmung Frankreichs geschehen. d Anfangs von ihm gemachten und von ailen Mächten mit Ausnahn

schen Wirren sei. Im Gegentheile, die Störung sei von außen importirt, geschürt und benützt worden. Ihrer Majestät Minister hätten eine schwäch= liche, inkonsequente und zaudernde Politik befolgt und den Dänen dadurch den Wahn beigebracht, daß England noch in der elften Stunde ihnen ma— teriellen Beistand gewähren werde. Zur Zeit der russisch - türkischen Ver wickelung habe die Regierung sich so lange den Wogen des Zufalls und der Laune überlassen, bis sie in den Krimmkrieg hineintrieb. Diesmal trieb sie in Schmach und Schande hinein. Zu spät habe fie die andern Mächte um Cooperation angesprochen, zu spät habe sie den Eiderübergang abzu—⸗ wenden gesucht, und zu spät werde sie kommen, um Kopenhagen zu schützen, da sie ja weiter nichts zu beabsichtigen scheine, als ihren Entschluß noch. mals zu überdenken, wenn erst die dänische Hauptstadt genommen und der König gefangen sei. Es sei daher Pflicht des Hauses,

gerade auszusprechen und zu erklären, auf wen die Verantwortlichkeit falle.

Lord Palm erston (der mit enthusiastischen und anhaltenden Cheers von ministerieller Seite begrüßt wird) sagt: Sir, zum erstenmal wird es uns

jetzt deutlich und gerade aus gag, daß der Wortlaut des Antrages nich t einfach einen bestimmten Akt der Regierung für tadelnswerth erklären, son dern ein allgemeines Mißtrauensvotum sein soll. Gegen Vieles, was in dieser Debatte vorgegangen ist, habe ich Einwendungen zu machen, aber vorzugsweise gegen zwei Dinge erstens gegen den Versuch, meinen edlen Freund an der Spiße des Auswärtigen vom Rest seiner Kollegen zu tren. nen, was ein höchst verfassungswidriger, höchst unredlicher Versuch ist. Ich erkläre im Ramen meiner Kollegen, daß wir für das, was mein edler Freund an der Spitze des Auswärtigen gethan hat, Alle gleich ver antwortlich sind, und ich hoffe daher, daß wir nichts mehr von diesen rein persönlichen Angriffen auf Lord Russell hören wer- den. Zweitens bedaure ich, daß so viele der Sprecher sich bemüht haben, England zu schmähen und herabzusetzen. Sie haben behauptet, Eng⸗ land sei erniedrigt, sei in der Achtung fremder Nationen gesunken, und seit wann? Seit dem Schluß der Konferenzen, die vor einigen Tagen aus waren. Sir, ich sage, England steht so hoch, wie es nur je gestanden hat. Nun, Sir, der sehr edle Gentleman, der die Anklage gegen uns erhoben hat, sagte selbst im Anfange seiner Rede, daß der Vertrag von 1852 ein weises und gutes Arrangement gewesen sei. Ich glaube sagen zu dürfen, die preußische Regierung war so sehr für den Vertrag eingenommen, daß sie ihrem Gesandten den Vertrag nach London zurücksandte mit dem speziellen Befehl, ihn so wie er war zu unterzeichnen, Die preußische Regierung theilte eben nicht die Gesinnungen des Ritters von Bunsen, der als ein großer Enthusiast für die deutsche Einheit bekannt war. Sachsen war mit dem Vertragsschluß ebenfalls zufrieden. Wenn der Vertrag gescheitert ist, so wissen wir, daß die Schuld daran liegt, daß einerseits die dänische Regierung ihren deutschen Unter— thanen in Schleswig nicht die liberale Verwaltung gab, auf welche sie ein Recht hatten, und daß der vorige König von Dänemark die selben Fehler wie der König von Holland in Belgien beging indem er Spꝛache Gesetze und Religion des Landes anzutasten suchte. Ich stelle es in Abrede, daß meine Aeußerung vom Juli 1863 eine Drohung enthielt, daß England Krieg beginnen werde. Der Zusammenhang der Worte zeigt, daß ich auf die Möglichkeit eines europäischen Krieges, nicht auf einen Krieg zwischen England und den deutschen Mächten hindeuten wollte. Als die Befttzung Holsteins erfolgte, erhielt Dänemark nicht von England allein, sondern von England und andern Mächten den Rath, keinen Widerstand zu leisten. Und als die Invasion Schleswigs androhte, suchten wir den König zur Zurücknahme der Verfassung, die der Grund der Invasion war, zu be— reden. Es war im Winter, einer Jahreszeit, wo Land oder See— operationen nicht möglich waren. Was thaten wir also? Wir bemühten uns von Anfang an, Frankreich und Rußland zur Betheiligung an jedem unserer Schritte zu bewegen. Der sehr ehrenwerthe Gentleman billigt unser Verhalten bis zum September. Er sagt, es sei klug und vernünftig gewe⸗ sen, weil Frankreich mit uns war. Aber im September trat eine Verände⸗ rung ein und wir verloren Frankreichs Unterstützung. Wieso kam dies? Es kam wegen Polens und des Kongresses. Wir ließen Frankreich in der pol⸗ nischen Sache allein. Hat man uns hier nicht aber und abermals aufge— muntert, für Polen diplomatisch einzuschreiten? Wir thaten dies, machten uns aber nie anheischig, Krieg zu führen. Hat nicht der sehr ehrenwerthe Gentleman selbst unser Verfahren gebilligt und gesagt, daß ein Krieg für Polen ein Akt des Wahnsinns gewesen wäre? Dann kam der Kongreßvorschlag, dessen Ablehnung von dem sehr ehrenwerthen Gentleman ebenfalls gebilligt wurde. Auf der Konferenz endlich gingen die neutralen Mächte Frankreich, Rußland und Schweden Schritt fuͤr Schritt mit uns, und doch wirft man uns allein vor, von den Bestimmungen des Londoner Vertrages abgegangen zu sein; ein Schritt, zu welchem die Nothwendigkeit zwang. Nachdem die streitenden Theile sich über keine Theilung Schleswigs einigen konnten und kein Schieds⸗ gericht annehmen wollten, behielten wir den höheren Zweck, die Aufrechthal⸗ tung des europäischen Friedens, im Auge. War dies Streben ein unwür- diges? Es ist eine Verleumdung Englands, durch ein Votum des Hauses zu erklären, was nicht der Fall ist daß sein Einfluß und Ansehen gesun⸗ ken seien. Der Einfluß eines Landes hängt von anderen Dingen ab, als von Depeschen und Protokollen. Er hängt ab von seiner Kraft der Selbst⸗ vertheidigung, von seinem Vermögen und seiner Woblfahrt, von seiner Intelligenz und Bildung. So lange England diese Elemente behält, serde ich es in Abrede stellen, daß sein Einfluß gelitten hat. Zur Begründung eines Mißtrauens⸗Votums muß man alle Maß regeln einer Reglerung in Erwägung ziehen. Während der 5 Jahre daß uns das Haus sein Vertrauen schenkte, hat sich das Land einer beispiel- losen Wohlfahrt erfreut. Zwischen 1860 und 1864 haben wir die Steuer- last um 12060000 Pfd. gemindert. Wir haben einen Handelsvertrag mit Frankreich geschlossen, der segensreiche Früchte trägt. Die Nationalschuld wurde um 11,006,060 Pfd., die Staatsausgabe um 3000000 Pfd. reducirt. Unsere Bauwerften werden befestigt. Unser auswärtiger Handel hat sich in den wenigen Jahren um 67 006,000 Pfd. gehoben. Ein großer Ausfall in unsern indischen Finanzen hat sich in einen steigenden Ueberschuß ver⸗ wandelt. Wir haben während dieses Zeitraumes den Frieden erhalten und gegen das Andrängen vieler Polltiker einen unweisen Krieg mit Amerika! vermieden. Während ich zugebe, daß die ehrenwerthen Gent - lemen gegenüber berechtigt sind, nach dem Besitz der Regierung gewalt zu streben, behaüpte ich, daß wir Anspruch auf das Ver- irauen des Hauses haben. (Der Premier nimmt seinen Sitz unter lautem Beifall ein. Nachdem Mr. Dis raeli rekapitulirt hat und Mr. New: degate's kriegerisches Amendement ohne Abstimmung abgelehnt ist, sucht Mi,. Kinglake zu sprechen, vermag aber in dem Geschrei nach Abstim · mung« nicht zu Worte zu kommen. Endlich schreitet man zur Abstimmung. Sie ergiebt für Disraeli's Antrag 295, gegen 313 Majorität für die Regierung 18 Stimmen. Auf die Ankündigung des Resultats werden die ministeriellen Bänke lebendig. Die Cheers und das Hüteschwenken dauern mehrere Minuten lang. Die Sitzung schließt 10 Minuten nach 2 Uhr Wangen, um 5 Uhr, und wie gewöhnlich bei hochwichtigen Gelegenheiten bot die goldene Kammer« einen glaͤnzenden Anblick dar. Die rothen Bänke waren

Juli. Oberhaus. Die Sitzung des Oberhauses am 8. begann z g