1864 / 169 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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statt, wozu sämmtliche Mitglieder beider Ständekammern geladen waren und sich nahezu vollständig einfanden. Der König brachte einen Toast auf die versammelten »Stände, Württemberg und das gesammte deutsche Vaterland aus. Der Präsident der ersten Kam⸗ mer, Graf von Rechberg, erwiderte denselben durch einen Toast auf das Wohl des Königs, worauf der Präsident der zweiten Kammer,

err Weber, einen Toast auf die Königin ausbrachte, welche gleich⸗ falls an der Tafel Theil nahm. Beide Toaste wurden mit drei⸗ fachem begeistertem Hochrufen aufgenommen. Nach beendigter Tafel ließen sich das Monarchenpaar viele von den anwesenden Abgeord—

neten vorstellen.

Auf der Tagesordnung der Sitzung der Kammer der Ab— geordneten stand der Bericht der Finanz- Kommission über den Gesetz⸗Entwurf, betreffend die Forterhebung der Steuern. Der Ent⸗ wurf lautet:

„a) Karl von Gottes Gnaden, König von Württemberg. Da der Ter— min, für welchen nach 8. 114 der Verfassungs Urkunde die für die Finanz periode 1861 641 verwilligten Steuern auf Rechnung der neuen Verwilli⸗ gung fortzuerheben sind, mit dem 31. Oktober d. J. abläuft, die Verabschie⸗ dung des neuen Finanzgesetzes bis dahin aber nicht zu Stande kommen wird, so verordnen und verfügen wir, nach Anhörung unseres geheimen NMaths und unter Zustimmung unserer getreuen Stände, daß der Zeitraum der provisorischen Steuererhebung bis zum 31. Dezember 1861 verlängert sein soll. Unser Finanzministerium ist mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt. «

Nach einer längeren Debatte wurde der Gesetzentwurf bei na— mentlicher Abstimmung mit allen 85 Stimmen gegen die eine von Hopf angenommen. Dann wurde auch bei der folgenden Berathung und Abstimmung über die Civilliste des Königs der ganze hier— auf bezügliche Gesetzentwurf mit 85 Stimmen gegen die einzige von Hopf angenommen. (Nach d. Staats⸗Anz.)

Schweiz. Bern, 17. Juli. In der vereinigten Bundes- ver sammlung wurde der neue Bundesrath, Challet-Venel, be⸗ eidigt. Präsident Jiger ermahnte ihn, unparteiisch über dem Kampf der Eisenbahn⸗Interessen zu stehen. Gestern haben beide Räthe ihre Sitzung geschlossen.

Auf der Konferenz der Kantone wegen eines Konkordats gegen das Lotteriewesen gaben Uri, Schwyz und Wallis die bestimmte Erklärung ab, daß sie nach Ablauf der Konzessionen keine Lotterie— und Spielhäuser mehr gestatten werden. Der schweizerische Alpen— klub hat sein höchst interessantes erstes Jahrbuch veröffentlicht. Mit— glieder desselben haben so eben den Schneestock und andere jungfräu⸗ liche Gipfel zum ersten Mal bestiegen.

Belgien. Brüssel, 19. Juli. König Leopold ist unter dem Inkognito eines Grafen der Ardennen nach Vichy abgereist, begleilet von einem Adjutanten und einem Arzte. Der Graf von Flandern, der sich in Paris befindet, wird den König nach Vichy begleiten.

Großbritannien und Irland. London, 18. Juli. Die »Times« bringt heute einen Leader über die große Tagesfrage, in dem sie sich folgendermaßen äußert: »Die Aussicht auf einen baldigen Friedensschluß zwischen Deutschland und Dänemark muß Jedermann willkommen sein. Ohne die von den deutschen Mächten beabsichtigten Bedingungen errathen zu wollen, glauben wir doch die schwachen Umrisse des, was zu erwarten ist, zeichnen zu können. Der Vertrag von 1852 ist für immer dahin, und mit ihm die Integrität Dänemarks, oder richtiger die Integrität der dänischen Monarchie, wie sie durch diesen Traktat anerkannt worden war. »Sein oder nicht sein«, ist jetzt für Dänemark die Frage, und es muß sich zeigen, ob seine nationale Ezistenz nicht auch ohne jene Provinzenzen, die bisher als wesent · liche Bedingung derselben angesehen worden sind, verlängert, werden könne. Ein Kranker sträubt sich lange gegen den Gedanken, ein Glied zu verlieren und behauptet, ohne dasselbe lohne es sich nicht zu leben; und doch entschließt er sich in der Regel für die Amputation, wenn er zwischen dieser und dem Tode wählen müß. In Bischof Monrad's letzter Depesche wird die »Confiscation« Schleswigs als gleichbedeutend mit der »Vernichtung« Dänemarks behandelt. Wir, die wir die aggressivwen Pläne Deutschlands gegen diese Provinz so oft getadelt, können deren Trennung von Dänemark nimmermehr als etwas Unbedeutendes gelten lassen, doch könnte auch ohne sie ein unabhängiges Dänemark immerhin bestehen. Ein solcher Staat könnte ohne den Beistand seiner Allürten sich nicht gegen Deutschland behaupten, aber das hat, wie die Erfahrung lehrt, Dänemark auch bisher nicht vermocht. Der Unterschied bestünde höchstens in dem Grade der Widerstandskraft, und der etwaige Vortheil oder Nachtheil, daß der Sund unter der Gewalt einer schwachen Macht stehe, würde praktisch derselbe bleiben. Eine andere Lösung, welche seit dem Abbruch der Kon⸗ ferenzen die Diplomatie stark beschäftigt, ist das Aufgehen Dänemarks im deutschen Bunde. Es ist zu früh an der Zeit, die Wahrscheinlichkeit und die möglichen Folgen einer derartigen Lösung zu erörtern, welche mit den Zwecken einer gewissen Partei in Deutschland im Einklang stünde. Gewiß ist nur, daß ein so großer Zuwachs für das norddeutsche Staatensystem, ja selbst die Konstituirung eines Schleswig Holsteins unter preußischem Schutze, dazu beitragen würde, die Spaltung der Interessen zu vergrößern, durch welche, zufolge der Ansicht Vieler, Deutschland schließlich in große Staaten zerschlagen werden muß Wenn dies das Ergebniß des dänischen Krieges wäre, oder wenn die Eroberer über die Beute mit ein

ander in Zwist e. und die Hoffnungen auf eine Einigung Deutsch⸗ lands durch die Ansprüche von Oldenburg und Augustenburg vereitelt wer. den sollten, dann ließe sich in der Entwickelung der Exrei uuf eine Art von vergeltender Gerechtigkeit erblicken. Und was uns betrifft, hätten wir in einem solchen Falle einen Grund mehr uns Glück zu wünschen, daß wir uns nicht in einen Krieg hineinziehen ließen, der, mit der dänischen Frage . uns in zehnfach schwierigere deutsche Fragen hätte verwickeln önnen

Folgendes ist der Wortlaut einer Depesche Earl Russell's an den britischen Gesandten in Kopenhagen, Sir A. Paget, welche eine Antwort auf die bekannte, vom 28. ult. datirte Depesche Bischof Monrads an Herrn v. Bille enthält:

»Auswärtiges Amt, 6. Juli 1864. Sir, der dänische Gesandte in London hat mir eine Depesche, welche er von Bischof Monrad empfing, eingehändigt, und hiermit sende ich Ihnen eine Abschrift derselben. Ihrer Majestät Regierung sympathisirt mit dem Könige und dem Volke von Dänemark in den schweren Leiden, die sie erfahren mußten. Ihrer Majestät Regierung anerkennt die Gerechtigkeit vieler von der dänischen Regierung jenen Mächten gemachten Vorwürfe, welche, nachdem sie den Lon. doner Traktat von 1852 mitunterzeichnet, von den Stipulationen desselben abwichen und unter dem Deckmantel einer Bundesexecution in Holstein und einer vorübergehenden Besetzung Schleswigs, die Autorität des Königs von Dänemark in diesen beiden Herzogthümern thatsächlich gestürzt haben. Doch ist es für Dänemark dringend nothwendig, daß die dänische Regie rung die gegenwärtige Lage klar ins Auge fasse. Als die dänischen Be— vollmächtigten im Laufe der Konferenz den Bevollmächtigten Ihrer Ma— jestät erklaͤrten, daß die von den deutschen Mächten vorgeschlagenen Grenz linien für Dänemark unannehmbar seien, da hatte Ihrer Majestät Regie. rung sich zu der Frage verpflichtet gefühlt, wie denn die dänische Regierung vermittelst eines Krieges günstigere Bedingungen zu erlangen hoffen könne. Dem entsprechend ist jetzt keine Rede weiter von dem Besitze Düppels und Alsens, deren Verbleiben bei Dänemark der preußische Bevollmächtigte, unterstützt durch den Bevollmächtigten Oesterreichs, ihren Regierungen hatten empfehlen wollen, für den Fall, daß Dänemark eine nördlich von Flensburg zu ziehende Grenzlinie ohne Verzug annehmen würde. Jede Hoffnung auf eine Erneuerung des vom Grafen Bernstorff ausgegangenen Vorschlages ist durch den Kriegswiederaus . bruch binnen wenigen Tagen vernichtet worden. Die letzte Hälfte der von Bischof Monrad abgefaßten Depesche spricht die Hoffnung aus, daß die Mächte, welche sich während der Verhandlungen so lebhaft für Dänemark interessirt hatten, es im Kriege nicht im Stiche lassen werden. Nun ist es allerdings wahr, daß die neutralen Mächte, beseelt von dem ernsten Wunsche, die Unabhängigkeit Dänemarks zu wahren und von der Bewunderung für den heldenmüthigen Widerstand eines tapferen Volkes in einem so ungleichen Kampfe, aufs eifrigste bemüht gewesen waren, der dänischen Regierung so gute Friedensbedingungen zu erwirken, als vermöge des offenbaren Ueber gewichts der Waffen Oesterreichs und Preußens und der in Deutschland herrschenden Ansichten zu erzielen waren. Doch erlaube ich mir, die dänische Regierung aufmerksam zu machen, daß Ihrer Majestät Regierung gemein- sam mit den übrigen neutralen Mächten sich zwar enthielt, die dänische Re— gierung zur Annahme von Bedingungen zu drängen, welche diese unverein⸗ bar mit der Ehre und Sicherheit Dänemarks erachtete, aber deshalb keine Verpflichtung zu irgend einer Zeit eingegangen war oder jetzt eingehen könnte, die dänische Sache mit Waffengewalt zu unterstützen, oder Deutsch⸗ land die in der Konferenz vorgeschlagenen Bedingungen aufzuerlegen. Sie werden die Güte haben, diese Depesche dem Minister der auswärtigen An— gelegenheiten vorzulesen und ihm Abschrift derselben zu übergeben. Ich bin u. s. w. Russell.

z Außer dieser Depesche veröffentlicht die Regierung noch einige ältere, vom Earl of Malmesbury an Sir A. Mallet, Mr. Elliot,

Mr. Grey und den Obristen Stodges aus dem Jahre 1858. Der

edle Lord hatte deren Veröffentlichung zu seiner Rechtfertigung ge— fordert, doch haben sie heute fürs große Publikum kein Inter esse mehr. . Die Kanalflotte läuft heute von Spithead auf eine Kreuzfahrt nach Westen hin aus; sie wird wahrscheinlich in Torbay, in Bristol und anderen auf der Fahrt im vorigen Sommer nicht besuchten Häfen anrufen, und dann nach der Nordküste Irlands abgehen. Wie sie bis jetzt in Spithead vor Anker lag, bestand die Kanalflotte aus dem hölzernen Schraubenlinienschiff »Edgar«, 71, den eisernen Schrau— benfregatten »Warrior«, 40, »Black Prince« 40, »Defence« 16, und dem hölzernen Schraubenkanonenboot »Trinculo«. . = 19. Juli. »Wolff's Telegr. Büreau« meldet: In der heu tigen Sitzung des Unterhauses fragte Wyld, ob es wahr sei, daß preußische Truppen am 13. d. M. auf einen norwegischen Post⸗ dampfer, welcher Passagiere, darunter auch Engländer, in Jütland landen wollte, gefeuert haben. Der Unterstaatssecretair Layard erwiederte, daß die Preußen den Postdampfer irrthümlich für ein mit Truppen besetztes dänisches Schiff gehalten haben.

Frankreich. Paris, 18. Juli. Der Kaiserliche Gerichts⸗ hof hat vorgestern das Erkenntniß des Civil-Tribunals bestätigt, wo⸗ nach der Klage des Herzogs von Aumale gegen den Polizei⸗ Präfekten wegen Beschlagnahme der Druckbogen einer noch gar nicht in die Oeffentlichkeit gebrachten »Geschichte des Hauses Condé“ « nicht ohne Genehmigung des Staatsrathes gerichtliche Folge gegeben wer— den dürfe. Dufaure, der den Herzog von Aumale vertrat, hat be— reits das Cassationsgesuch angemeldet.

. Prinzessin Clotilde befindet sich den Umständen nach wohl. Prinz Napoleon kam gestern früh von Cherbourg schleunigst hier an. Die Kaiserin begab sich gestern auch zu der Wöchnerin. Im Civil—

standsakt, den Minister Baroche gestern aufnahm, erhielt der junge

NMrinz die Namen Louis Napoleon. t Ein, die Pathen werden der König von Portugal und die Prin⸗

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Die Taufe soll später statt⸗

Mathilde sein. Auch der erste, am 18. Juli 1862 geborene Hm, Prinz RKapoleon Vietor Jerome ist noch nicht ge—

tauft; an beiden Prinzen soll die Taufe im November d. J. voll⸗ zogen werden. .

Sämmtliche Minister sind, laut ⸗France- angewiesen worden, spätestens bis zum 15. September ihre resp. Bu dgets dem Staatsrath einzureichen, damit dem gesetzgebenden Körper gleich bei Eröffnung der nächsten Session das Gesammtbudget vorgelegt wer⸗

könne. ͤ ; , . hat die Reise, welche der K önig der Belgier zun ach st nach Vichy unternehmen will, mit der Löͤsung der dänischen An⸗ gelegenheit in Verbindung gebracht. Jedoch mit Unrecht, schreibt man der »Köln. Ztg.“ König Leopold geht im Interesse und auf Wunsch seines Schwiegersohnes, des Kaisers Maximi⸗ lian, nach Vichy, dessen ziemlich verwickelte Verhältnisse ein weiteres Uebereinkommen mit dem französischen Gouvernement dringend er⸗

heischen sollen.

Der hier weilende Gesandte des Bey von Tunis, Herr von

Lesseps, Bruder des Erbauers des Suey Kanals, hat für Rechnung seiner Regierung nach ertheilter Bewilligung des französischen Gou⸗ vernemenks mit französischen Kapitalisten ein Anlehen im Betrage von 10 Millionen abgeschlossen. Zu gleicher Zeit machte er ver- schiedene Einkäufe an Waffen, Schießbedarf,. Montirungsstücken und Lagerbedürfnissen, welche für die Armee bestimmt sind, die der Bey in diesem Momente zusammenzieht, . nun selbst der Insurrection i egentschaft kräftig entgegenzutreten. . ö 3 ö an ist e n n,, Mae Mahon wirklich zum General Gouverneur von Algerien bestimmt. Derselbe be⸗ fehligt gegenwärtig im Lager von Chalons. Seine Gemahlin 9 findet sich ebenfalls im Lager. Sie bewohnt den Pavillon 6 Kaiserin und der Kaiser hat ihr die Erlaubniß ertheilt, auch dort während seines Aufenthaltes im Lager zu residiren.

180 Zuli. Der ‚Constitutionnel · sagt: Einige Journale haben glauben lassen, daß der Titel eines Herzogs von ont moren wel cher dem Fürsten von Talleyrand⸗Perigord bewilligt ist, in Aussicht einer Verbindung desselben mit der Prinzessin Anna Murat verliehen sei. Von dieser Heirath ist aber niemals die Rede gewesen.

Herr Drouyn de Lhuys hat sich nach Vichy begeben.

Italien. Turin, 19. Juli, Wolff s el. Büreau meldet: Nach einem hier eingegangenen s elegramm aus Ischia ist ö baldi heute Morgen, von seinem Sohne und mehreren Freunden begleitet, auf dem Postdampfer nach Caprera zurückgereist.

Türkei. Aus Bukarest, 17. Juli, wird der Ind ep. belge« telegraphirt, es sei unrichtig, daß die Gesandten⸗ Konferenz in Konstantinopel den Söhnen der ehemaligen Fürsten das Necht zuge⸗ sprochen habe, Mitglieder des Senats zu sein. Die Mitglieder dieses Staatskörpers würden zur Hälfte vom Fürsten aus den Mitgliedern der Generalräthe ernannt, zur anderen Hälfte vom Volke direkt ge⸗ wählt werden; der für die Wählbarkeit zur Deputirtenkammer, auf 200 Dukaten festgesetzte Census sei nur provisorisch und die nächste Kammer werde darüber zu beschließen haben, ob der Census defini⸗ tiv beizubehalten oder ganz abzuschaffen sei. Der Romanul⸗ greift die Abänderungen, welche das Staatsgrundgesetz erlitten hat,

heftig an.

Rußland und Polen. Der

Warschau, 17. Juli. Mangel an Arbeitskräften zur bevorstehenden Ernte hat, wie der »Schles. Ztg.‘ geschrieben wird, einzelne Gutsbesitzer veranlaßt, sich an die Vilitair⸗Kommandanten ihrer Distrikte mit der Bitte zu wenden, den gemeinen Soldaten die Dienstleistung bei den land—

wirthschaftlichen Arbeiten zu gestatten. In Folge dessen ist am 13. d. ein dankenswerther Tagesbefehl an die Truppen im Königreich er⸗ gangen, durch welchen erlaubt wird, daß Soldaten in kleinen Ab⸗ theilungen zu jenen Arbeiten verwendet werden, sosern dies nach dem Urtheil der Lokalbefehlshaber in Anbetracht der gegenwärtigen Verhältnisse und ohne Behinderung der militairischen Uebun—⸗ gen möglich ist. Auch ist Befehl gegeben, die von Mili⸗ tair besetzten Scheuern, welche zur Unterbringung des Ge— treides nöthig sein werden, den respektiven Gutsbesitzern wieder zum Gebrauch einzuräumen. Ueberhaupt sucht Graf Berg durch mögliche Rücksichten gegen die Guts besitzer die von diesen erlittenen Schläge einigermaßen zu lindern und hat sich dadurch schon vielfache Anerkennung errungen. Die Nachricht eines ausländischen Blattes, daß ein auf die neuliche Amnestie· ver⸗ trauender Emigrant in Wloclawek von den Russen gehängt worden sei, ist unrichtig. Bisher sind diejenigen, welche Bittschriften an die Gesandtschaften eingereicht und von Warschau aus die Erlaubniß zur Rückkehr in die Heimath erhalten haben, stets von hier, nachdem sie den Eid der Treue erneuert hatten, nach ihrem Domizil entlassen und dann nicht weiter behelligt worden. Russischerseits wird er zählt, es seien sogar Fälle vorgekommen, daß Russen im Ausland

unter sich Geld gesammelt haben, um armen Polen, die von der Amnestie e e machen wollten, die Rückkehr nach der Heimath u ermöglichen.

x 3 der polnischen Grenze schreibt man der Ostsee · Ztg. unter dem 18. Juli, -Die Ver luste, welche die chemals polnischen Landestheile an Menschen und Geld durch die Insurrection erlitten haben, lassen sich jetzt mit annähernder Genauigkeit angeben. Nach den von russischen und polnischen Blättern zum Theil aus amtlichen Quellen gegebenen Notizen wurden während des 16monatlichen Kampfes ca. 30,000 Insurgenten in Gefechten getödtet oder schwer verwundet, 361 Personen wegen unmittelbarer Betheiligung am Aufstande oder Förderung desselben kriegsrechtlich hingerichtet und S5s000 weniger kompromittirte politische Gefangene nach dem Innern Rußlands oder nach Sibirien theils zur Inter nirung oder dauernden Ansiedlung, theils zu schwerer Straf⸗ arbeit deportirt. Außerdem wurden 945 Personen, meist Beamte und Landleute, wegen ihrer Anhänglichkeit an die russi⸗ sche Regierung oder wegen der Dienste, die sie derselben geleistet hatten, Seitens der Revolutionspartei durch Meuchelmörder oder Hängegendarmen ermordet. An außerordentlichen Contri- butkonen und anderen Strafgeldern wurden von der russischen Regierung erhoben: im Königreich Polen 6, in den litthauischen Gouvernements 8, in Volhynien, Podolien und Kiew 63 Mill. SRo. Güter sind unter Sequester gestellt oder bereits konfiszirt: im Königreich Polen ca. 700, in den litthauischen Gouvernements, so wie in Volhynien, Podolien und Kiew über 2009). An Rationalsteuer wurden von der Nationalregierung erhoben: im Königreich Polen 6, in Litthauen 3 in Volhynien, Podolien und Kiew 2, in Galizien 23, im Posenschen und in Westpreußen 1 Million Silber? Rubel. Die Gesammtsumme der auf zwei allgemeine National- Anleihen gezeichneten Beträge wird auf ca. Millionen SRo. angegeben. Am reichlichsten flossen die ge=

nannten beiden Geldquellen für den Aufstand in der Zeit vom

April bis Oktober v. J, später, seitdem der Terrorismus nachließ, flossen sie immer spärlicher und versiegten Anfangs April d. J. ganz. Wie groß die Geldopfer waren, welche von einzelnen Gutsbesitzern für den Aufstand verlangt wurden, kann man daraus abnehmen, daß ein mir bekannter, nur mäßig wohlhabender Gutsbesitzer in der Provinz Posen im Laufe des Jahres 1863 zu drei ver schiedenen Malen je 5000 Poln. Gulden 833 Thlr. 20 Sgr.) zah⸗ len mußte. Von notorisch reichen Gutsbesitzern wurden Steuerraten im Betrage von 20 30,000 poln. Gulden eingetrieben. Manchen Gutsbesitzern, welche die ihnen auferlegten Steuerraten nicht zahlen wollten, wurden in der Blüthezeit des Terrorismus ihre Besitzungen von der National- Regierung mit Sequester belegt. Die Zahl der nach Niederschlagung des Aufstandes ins Ausland geflüchteten Polen beträgt mindestens 10000 und etwa 6000 befinden sich gegenwär⸗ tig noch in Untersuchungshaft. Indeß dauern die Verhaftungen, wenn auch in geringerem Umfange, noch immer fort.

Dänemark. Kopenhagen 158. Juli. Während der Adreß-⸗Debatte im Folkething sprach Minister Bluhme sich, einem Telegr. der „Hb. Börs. Halle. zufolge, dahin aus: Er hoffe sehr bald, möglich noch heute, Nachricht über den Abschluß einer vierzehn⸗ tägigen Waffenruhe zu erhalten, worauf hoffentlich Friedens Anter⸗ handlungen folgen würden. Er rathe deshalb von der Eingabe der Adresse ab.

, bespricht die Auflösung der konzentrirt gewesenen schwedisch⸗norwegischen Truppen ⸗Abtheilungen und Flotten und glaubt es keinem Zufall zuschreiben zu können, daß diese Maßregel wenige Tage nach dem Eintritt des dänischen Ministeriums beschlossen wor⸗ den; man könne vielmehr vielleicht daraus ableiten, daß man es fernerhin überflüssig gehalten habe, die angenommene Proteltorrolle gegenüber Dänemark weiter fort zu spielen, nachdem jetzt Männer im dänischen Rathe seien, die sich so leicht keinen Illusionen hingeben. »Flyveposten« sagt, daß Grund anzunehmen sei, daß die schwedische Regierung bis in die letzte Zeit versucht habe, diese Illusionen zu unterhalten. Jedesmal, wenn Dänemark ein Unglück betroffen habe, wie z. B. die Einnahme der Düppelstellung und die Ein⸗ nahme von Alsen, sollen von Schweden Aufmunterungen zum Aushalten und Versicherungen, daß Hülfe nicht ausbleiben werde, eingelaufen sein, und noch am 4. Juli soll von einem Mitgliede der norwegischen Regierung ein Schreiben in Kopenhagen einge gangen sein, dahin gehend, daß Schweden und Norwegen jetzt bereit seien, aus ihrer Passivität herauszutreten. n FIlyveposten. will jedoch nicht glauben, daß die Absicht dabei gewesen sei, Dänemark in fort⸗ gesetztem Kampf sich so weit verbluten zu lassen und so weit her. unter zu bringen, daß das dänische Volk mit dem Rest seines Landes freiwillig seine Rettung in den über den Sund ihm ent- gegengestreckten Armen habe suchen sollen, denn das wäre doch eine zu macchiavellistische Politik, um es nicht schlimmer zu benennen,

ewesen. ; 3 der bereits mitgetheilten in Kopenhagen in Umlauf be⸗· findlichen Gesammtstaats⸗Adresse wird eine zweite auch in Jütland

verbreitet, in der es unter Anderem heißt: