1864 / 269 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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In Betreff der Schrift, welche unter dem Titel: »Oesterreichs Zukunft. Ein Nachwort zur österreichischen Ministerkrisis ! erschienen sst, bemerkt die ⸗General⸗Eorresp. : »Eine flüchtige Einsicht in die Schrift genügt, um sich zu überzeugen, daß die Annahme über den Ursprung der Broschüre ganz und gar jeder Begründung entbehrt.

Nach einer Mittheilung des österreichischen General-Konsulats in Warschau hat sich die russische Regierung bereit erklärt, alle seit Beginn der letzten polnischen Revolution in russische Gefangen— schaft gerathenen österreichischen Unterthanen an Oesterreich auszu⸗ liefern, in so fern sie sich keines anderen als blos politischen Ver⸗ gehens schuldig gemacht haben. In Folge dieses Entschlusses der russischen Regierung hat das österreichische Staats⸗Ministerium die nöthigen Verfügungen getroffen, daß die von Rußland zurückgelieferten Individuen erwähnter Kategorie an bestimmten Grenzpunkten recht zeitig von den Behörden übernommen und nach ihrer Nationalität an eigens bezeichnete Kriegsgerichte vertheilt werden.

12. November. Der „Wiener Abendpost u. Ztg.“ entneh⸗ men wir Folgendes:

Heute, am Tage der Eröffnung des Reichsrathes, wurde Vor⸗ mittags 10 Uhr in der Metropolitankirche zu St. Stephan durch den Herrn Kardinal Fürst⸗Erzbischof von Wien ein feierliches Hoch= amt abgehalten, um den Segen Gottes zu den beginnenden Be— rathungen zu erflehen. Ein Bataillon des Infanterie Regiments Herzog von Parma war als Ehrenwache ausgerückt und hatte sich vor dem Haupteingange der Kirche mit der Front gegen dieselbe auf⸗ gestellt, während eine Abtheilung in der Kirche Spalier bildete. Am 113 Uhr fand die Eröffnung der beiden Häuser des Reichs— rathes statt.

Im Herrenhausse stellte der Herr Erzherzog Rainer den Prässdenten Fürsten Carlos Auersperg und den Vice⸗Präsidenten Grafen Kuefstein der Versammlung vor. Präsident Fürst Auersperg richtete eine Ansprache an das Haus, worauf die Ver— sammlung ein dreimaliges begeistertes Hoch auf Se. Majestät den Kaiser ausbrachte. Der Präsident machte dann die Mittheilung, daß der Kaiser die Reichsrathssession in eigener Person Montag, den 14ten, im großen Ceremoniensaale der Hofburg eröffnen werde. (S. telegr. Dep.)

Im Hause der Abgeordneten stellte der Herr Staatsminister v. Schmerling den Präsidenten Dr. Ritter v. Hasner und die beiden Vice -Präsidenten Ritter v. Hopfen und Comes Konrad Schmidt dem Hause vor. Präsident Dr. 2c. Hasner hält eine längere Ansprache an das Haus, worin er alle schwebenden politischen Fra⸗ gen berührte und schließlich die Ueberzeugung aussprach, daß die gegenwärtige Lage Oesterreichs gebiete, alle Kräfte im Innern zu konzentriren. Hier gelte es, ohne Hast, aber auch ohne Rast vor⸗ wärts zu schreiten.

t In der Sitzung waren 137 Mitglieder, darunter 9 Polen, an— wesend. .

Die „Wiener Ztg. publizirt heute die bereits telegraphisch angezeigte Bekanntmachung des kommandirenden Generals von Ga—⸗ lizien und Krakau vom 10. November über Aufhebung des Belage rungszustandes daselbst.

Großbritannien und Irland. London, 11. November. Der Earl of Stair ist, 89 Jahre alt, auf seinem Familiensitze Oxenford Castle in Mid-Lothian gestorben. Seine Ländereien sind die umfangreichsten in Mid-Lothian, und außer diesen hatte er noch bedeutende Besttzungen in anderen Grafschaften. Es folgt ihm sein ältester Sohn John, bisher Viscount Dalrymple, früheres Par- lamentsmitglied für Wigtonshire und seit 1851 Lord - Statthalter dieser Grafschaft.

In noch höherem Alter ist vorgestern Hudson Gurney ver, schieden, er hat 90 Jahre erreicht. Wie er seine Generation überlebt hat, so konnte er in den letzten Jahren auch schon als eine vergessene Celebrität bezeichnet werden; vor Zeiten aber hat er als Parlaments mitglied für Newport eine wichtige Rolle gespielt; Handels.! und Finanzwesen waren seine bevorzugten Felder. Er war ein Theil⸗ haber in der großen Brauer - Firma Barclay u. Perkins; sein Ver⸗ mögen wird auf 2 Millionen Pfd. St. geschätzt.

Herr Berryer und seine Reisegefährten kehren heute nach Paris zurück; Lord Brougham begleitet seine bisherigen Gäste.

Die preußische Schraubenkorvette Vi ne tan, von Kiel kom⸗ mend, ist gestern in Spithead vor Anker gegangen. Sie tauschte mit der Bastion von Portsmouth und dem Königlichen Schiffe Victory ⸗, Flaggenschiff des Hafenadmirals, die üblichen Salutschüsse aus.

Das Comité des deutschen-Rechtsschutzvereins zeigt in den heutigen Blättern an, daß es, bis die Antwort Sir George Grey's auf die ihm übersandte Petition in Sachen Franz Müller's ein⸗ treffe, in permanenter Sitzung in dem Seyd'schen Hotel versammelt sein werde, und richtet an alle Personen, welche noch eine auf die Müller'sche Angelegenheit bezügliche Mittheilung zu machen wüßten, die Bitte, sich mit dem Comité in Verbindung zu setzen. Außer der Denkschrist nebst Beilagen ist an den Staatsseeretair des Innern noch ein Schreiben des Geistlichen Battiscombe von Blackheath ab⸗

gegangen. den Verurtheilten mehrmals in der Gefängnißzelle besucht, um ihn wo möglich zu einem Geständnisse zu vermögen. Die Unterredungen mit dem Unglücklichen haben jedoch den entgegengesetzten Erfolg ge— habt, sie haben dem Geistlichen die volle Ueberzeugung von des Ver⸗ urtheilten Unschuld eingeflößt.

12. November. Wie bereits telegraphisch gemeldet, ist laut »Gazette« Peter Scarlett, bisheriger außerordentlicher Gesandter und Bevollmächtigter beim König der Hellenen, in derselben Eigen schaft am Hofe des Kaisers von Mexiko beglaubigt. Henry Haughton ist als Konsul für die freie Hansestadt Hamburg in Otago in Kanada bestätigt.

Gestern fand im Hause der Lords unter den üblichen Förmlich— keiten die weitere Vertagung des Parlaments statt. Das Parlament wurde bis Freitag, den 13. Januar 18355, prorogirt. Da die bezeichnenden Worte »zur Erledigung verschiedener dringen= der und wichtiger Angelegenheiten« in dem Prorogations- Erlaß fehlen, so werden der Lordkanzler und die andern Kommissarien am 13. Januar wieder nur pro forma zusammenkommen, und das Parlament wird wie gewöhnlich an einem der ersten Februartage zusammentreten.

Die Offiziere der Royal Engineers gaben gestern Abend im Conzertsaal Willis's Room dem General Todleben ein glänzendes Bankett. Mehr als 100 Offiziere und Generale haben sich an der Demonstration betheiligt. Den Vorsitz führte General Sir John Fox Burgoyne, dem zur Linken Admiral Boutakoff und zur Rechten General Todleben saß.

Am Donnerstag starb in Edinburgh nach längerer Krankheit der Admiral Sir Montagu Stopford. Er war der vierte Sohn des Earl von Courtown und im Jahre 1798 geboren. Im Jahre 1810 trat er in den Dienst der Flotte auf dem Flaggenschiff feines Oheims, des verstorbenen Admirals Sir Rob. Stopford, und im nächstfolgenden Jahre machte er die Eroberung Java's mit. Später diente er auf der »Alceste« und begleitete Lord Amhersi's Gesandt - schaft nach China, und litt auf der Heimkehr im Jahre 1817 Schiff⸗ bruch. Im Jahre 1855 nahm er endlich am Kriege gegen Rußland im Schwarzen Meere Theil. Den Admiralstitel erlangte er erst im November 1863.

Der »Globe« meldet, daß der Staatssecretair des Innern, Sir G. Grey, nachdem er die Richter, welche den Prozeß gegen Müller geleitet haben, zu Rathe gezogen, keinen Grund gesehen habe, der Königin ein Einschreiten gegen den Gang der Justiz zu empfehlen, und daß folglich die Hinrichtung Franz Müllers am Montag Morgens um 8 Uhr stattfinden werde. (S telegr. Dep.)

Die britischamerikanische Conföderation ist fertig, wie neulich schon in Nr. 262 mitgetheilt wurde. Die sechs Colonieen, Ober- und Unter⸗Canada, Neu⸗Braunschweig, Neu⸗Fundland, Neu⸗= Schottland und Prince Edwards Island bilden jetzt eine nationale Einheit, wenn das englische Parlament und die Krone nichts dagegen haben. Den General⸗Gouverneur ernennt die Krone, die Lieutenant⸗ Gouverneure in den vereinigten Colonieen ernennt der General- Gouverneur. Die Mitglieder des Oberhauses werden von der Krone auf Lebenszeit ernannt, die des Unterhauses auf 5 Jahre gewählt. Der General-Gouverneur (Vicekönig) wird von einem Kabinet mit der englischen parlamentarischen Form berathen. Auf etwa 27/000 Einwohner kommt ein Abgeordneter. Um wählbar zu sein, bedarf es eines Besitzthums zum Werthe von mindestens 1000 Doll. in liegenden Gruͤnden. Die Verfassungen der einzelnen Colonieen sind an keine Einförmigkeit gebunden. Die Befugnisse der Centralregierung sollen dem Muster der Vereinigten Staaten angepaßt werden. Den übrigen englischen Colonieen auf dem Continente ist eventuell der

Beitritt vorbehalten.

Frankreich. Püris, 12. November. Der Moniteur⸗ erklärt, daß die »Patrie« übel unterrichtet war, als sie über die Bautenkasse Einzelnheiten brachte, und fügt hinzu, es sei noch kein Entwurf dieser Art von der Regierung angenommen worden.

Von Compiègne aus hat der Kaiser eine Reihe von Marine Offizieren und Schiffs- Chirurgen der mexikanischen Expedition mit Ehrenlegions⸗Kreuzen bedacht.

Nach einer Verfügung des General-Gouverneurs von Algerien, Marschalls Mac Mahon, hat der Moniteur de lAlgärie⸗ mit dem 31. Oktober aufgehört, ein von der Administration direkt ver= öffentlichtes offizielles Blatt zu sein. Es behält immer noch einen offiziellen Theil, erscheint jedoch fortan auf Verantwortung seines Eigenthümers und Druckers.

Die Patrie versichert, daß das englische Kabinet beabsichtigt, die verschiedenen Mächte aufzufordern, auf diplomatischem Wege bei der Regierung von Washington gegen das Verfahren zu protestiren, dessen Opfer die „Florida. geworden.

Der Prinz Latour d' Auvergne ist heute Abend nach Lon

don auf seinen Posten zurückgekehrt. . Die ⸗»Opinion nationale⸗ meldet, daß Thouvenel bedenklich

erkrankt ist.

Derselbe hat, in vollem Glauben an Müller's Schuld,

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Spanien. Madrid, 3. Kovember. Die General. Corresp. meldet: »Zwischen der spanischen und der französischen Regierung soll ein förmlicher Vertrag zu Stande gekommen sein, der genau seststellt, in welcher Weise und bis zu welchem Maße Frankreich in dem fest beschlossenen und auch unvermeidlich gewordenen Kriege mit Peru Beistand leistet. Bekanntlich weigert sich die peruanische Re⸗ gierung auch Frankreich gegenüber die geforderte Genugthuung für die Beleidigung und Verletzung französischer Regierungsorgane und Unterthanen zu leisten. Spanien und Frankreich sind der strikten Neutralität Englands sicher. Die Washingtoner Regierung hat sich zwar die Freiheit ihrer Entschlüsse vorbehalten, scheint aber keines wegs geneigt, für Peru, so lange wenigstens dessen Selbstständigkeit nicht bedroht ist, Partei zu ergreifen. Die Nachbarstaaten von Peru fürchtet man nicht, und was Brasilien anbelangt, so zeigt dessen Regierung so eben in dem Streit mit Uruguay deutlich genug, daß sie weit entfernt davon ist, das tumultuarische Treiben der Mehrzahl bieser central⸗ und südamerikanischen Republiken irgendwie zu be⸗ günstigen oder zu beschützen. ö

Der in Madrid erscheinenden »Epoca« vom 12. November zu⸗ folge hat die Regierung den Demokraten die Ermächtigung, sich zu versammeln, verweigert. Die peruanische Frage wird in den Cortes zur Sprache gebracht werden, Die in der Nähe von Valencia stattgehabten Ueberschwemmungen haben zahlreiche Opfer gefordert

und die Bewässerungs⸗Kanäle zerstört, welche 27 Dörfer mit Wasser versahen. Herr Barrot wird am 16. November abreisen.

Italien. Turin, 12. November. In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer bedauerte Lamarmora nach Mittheilung des Wolff schen Büreaus« die in der Debatte über die Convention gegen Frankreichs Absichten geäußerten Verdächtigungen und kon- statirte, was der Kaiser für Italien gethan habe. Er meinte, daß der Kaiser, wie mehrere Italiener selbst, vielleicht früher über die Möglichkeit der Einheit Italiens in Zweifel gewesen sei; heute aber sei er fest überzeugt, daß der Kaiser die Einheit Italiens als un— widerruflich betrachte. Die italienische Regierung werde keinen Schritt rückwärts thun, vielmehr bedächtig und langsam, aber ohne Rast, vorwärts schreiten. Die römische Frage sei noch nicht vollstän⸗ dig klar in allen Gemüthern, darum sei es gut, daß man noch Zeit vor sich habe. Er habe großes Vertrauen zum Kaiser, der die römische Frage genau kenne und glaube auch, daß der Kaiser in der venetianischen Frage Italien unterstützen werde. Lamarmora hob ausdrücklich hervor, daß er hierbei nur seine Privatansicht ausspreche. Welche Lösung, meinte er, in Bezug auf Venedig auch möglich werde, er glaube, daß der Kaiser von Oesterreich dazu bewogen wer⸗ den könne, in dieser Angelegenheit neue Entschließungen zu fassen.

Die Rede Lamarmora's wurde mit vielem Beifall aufge⸗ nommen. Bei Abgang der Depesche sprach Mu olina gegen die Convention. ö

Die päpstliche Regierung hat in der Bank der Gebrüder Rothschild 37 Mill. Fres. zur Zahlung des halbjährigen Coupons der römischen Schuld, der am 1. Dezember fällig ist, nieder

legen lassen.

Das Beispiel, das der König von Italien durch Verzichtleistung auf 33 Million von der Civilliste zu Gunsten des bedrängten Staats-⸗Budgets gegeben, findet in andern Kreisen Nachahmung: die Generale und Srdonnanz-⸗Offiziere des Königlichen Hauses und des Thronfolgers haben, jene auf die 4000, diese auf die 2000 Fres. Jahresgehalt, die sie von der Civilliste bezogen, verzichtet. Rom, 5. November. Der General Corresp.« schreibt man: Für eine sehr entschiedene Besserung unserer Beziehungen zu Ruß⸗ land sprechen viele Anzeichen. Der russische interimistische Geschäfts⸗ träger Baron Meyendorff verkehrt häufig im Vatikan, und über die Verhältnisse der katholischen Kirche im russischen Reiche haben die Congregationen der Bischöfe und der Riten neue Erhebungen einzuleiten, die zu Vorlagen an das Staatssekretariat zu verarbeiten sind. Gewiß ist, daß der Besuch des Großfürsten Thronfolgers dem h. Vater in einem eigenhändigen Schreiben des Kaisers Alexander angekündigt wurde und daß der Papst sich beeilte in seiner Erwie⸗ derung der großen Freude, welche ihm dieser Besuch verursachen würde, Ausdruck zu verleihen. Wenn gleichwohl in den letzten Tagen verlautete, die Hieherkunft des russischen Kronprinzen sei wie⸗ der zweifelhaft geworden, so wird doch auch hinzugefügt, es sei der Grund hiervon lediglich in dem Umstande zu suchen, daß der Groß⸗ fürst nicht wohl den Boden Italiens betreten könne ohne auch am Turiner Hofe sich zu zeigen, während doch der Besuch von Rom und der von Turin gerade im gegenwärtigen Augenblick sich nicht wohl mit einander vereinigen ließen.

Griechenland. Das neue Staatsgrundgesetz des Königreichs Griechenland ist zu Stande gekommen und tritt, sobald der König es bestätigt hat, in Kraft. Die Grundzüge sind: Der König, selber unverletzlich, regiert durch verantwortliche Minister unter Mitwirkung einer einzigen aus allgemeinen Wahlen hervor- gegangenen Kamm er. Die Prärogative der Krone sind dieselben wie in Belgien. Die Thronfolge steht den direkten und legitimen

Descendenten des Königs Georg zu, nach der Ordnung der Erstge⸗

burt; doch gehen männliche Descendenten den weiblichen stets vor. Der Erbe der Krone muß sich zur griechischen Religion bekennen. Die Kammer und deren Mitglieder haben dieselben Rechte wie in allen anderen konstitutionellen ändern. Auch ihnen steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen. Ein Staatsrath redigirt die Gesetzentwürfe. Der König darf die Kammer vertagen und auflösen. Die Richter werden vom Könige ernannt, sollen aber, um die Unabhängigkeit der Justiz zu sichern, in bestimmter Frist für unabsetzbar erklärt wer · den. Die Todesstrafe für politische Vergehen ist abgeschafft. Sämmt- liche Hellenen sind vor dem Gesetze gleich und haben gleiche Staats- steuerpflichten. Persönliche Freiheit und Wohnung sind unverletzlich. Vereinigungs. und Versammlungsrecht ist nach den Bedingungen der öffentlichen Sicherheit gesetzlich gewährleistet. Die Presse ist frei, Beschlagnahme der Zeitungen darf nicht stattfinden, „es müßte denn die christliche Religion oder die Person des Königs angegriffen sein .. Eine vervollkommnende Revision der Verfassung ist vorbehalten. Nach dem Wahlgesetz ist jeder großjährige Hellene, der im Vollbesitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte ist, Wähler. Jeder Wahl⸗ bezirk ernennt auf 10000 Seelen einen Deputirten.

Türkei. Bukarest, 5. November Dem Wanderer wird geschrieben: Der Widerstand des griechischen Klerus in Sachen der Klostergüterfrage hat eine gewisse Feindseligkeit des Fürsten Cusa und der Regierung gegen die griechische Kirche überhaupt zur Folge. Man ist sogar schon so weit gegangen, dem Fürsten Cusa die Ab⸗ sicht, zum Katholizismus überzutreten, zuzuschreiben, um sich nur von dem Einflusse des griechischen Klerus zu emanzipiren. Auch die neuesten Anordnungen des Fürsten Cusa, nämlich die Botschaft an den Staatsrath, einen Gesetzentwurf über Einführung der Eivil⸗ ehe auszuarbeiten, und die Verfügung, daß in Jassy ein katho— lisches Seminar errichtet werde, werden in diesem Sinne ausgelegt. Für die zu Tirgowescht zu errichtende Kanonengießerei hat sich die Regierung von der Kaiserlich ottomanischen Stückgießerei zu Konstantinopel einige Werkmeister und Maschinisten erbeten. Der Getreidehandel zu Galacz und Braila hat in den letzten Tagen einen merklichen Aufschwung genommen, was übrigens alljährlich, wenn das Ende der Schifffabrkssaison bevorsteht, der Fall ist. Die auf den Markt gebrachten Vorräthe sind bedeutender als in den früheren Jahren, weil die Gutsherren und Gutspächter auch den größeren Theil jener Vorräthe, welche sie sonst zur Aussaat zurückbehielten, zum Verkaufe ausbieten. Da nämlich durch das Ruralgesetz an circa zwei Drittel der herrschaftlichen Güter an die Bauern über— gehen, so brauchen die Gutsherrn und ihre Pächter um zwei Drittel weniger Frucht zur Aussaat als früher.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 10. Novem ber. Der Kaiser ist von seiner Reise ins Ausland nach Zarskoje⸗Sselo zurückgekehrt und hat auf dem Marsfelde eine Parade über die Truppen der Garde und des St. Petersb. Militair-Bezirks insgesammtꝛ, in der Stärke von 295 Bat. Infan⸗ ferie, 31 Schwadronen Kavallerie und 42 Batterieen Artillerie, abge⸗ halten.

Nach Berichten aus Kronstadt war dort nach allen Richtungen, sowohl nach St. Petersburg und Oranienbaum, wie nach der See zu, soweit das Auge reichte, überall stehendes Eis. Das Schiff »Napoleon«, welches im Eise lag, wurde von einem Dampfboot hereinbugsirt.

Vom Comité zur Verbreitung des Lesens und Schreibens ist eine Schule für Dorfschullehrerinnen gegründet worden. Es ist dies endlich einmal, bemerkt die Petersb. Itg; ein ernster und praktischer Schritt zur Beseitigung eines der fuͤhlbarsten Mängel in Rußland: des Mangels an Lehrern für Volksschulen.

Die Veröffentlichung des Reichsbudgets sagt die WVetersb. Ztg. hat gezeigt, daß die Post bei uns nicht durch sic selbst hesteht. Bei uns sigurirt das Postdepartement zwar mit einer Rein ˖ einnahme von 484,509 Rbl. 957 Kop, dieselbe wird aber nur dadurch erzielt, daß ihm aus den Landsteuern ein Zuschlag von 733773555 Rbl. 22 Kop. zur Haltung der Postpferde auf den Stationen gezahlt wird und noch 52006 Rbl. zur Versendung solcher d die außerhalb der Telegraphenlinien liegen, dazu kommen. Die Brutto einnahme ist 7,705,966 Rbl. 69 Kop. die Erhebungskosten betragen 110483811 Rbl. 953 Kop es fehlen also zur Deckung der Aus⸗ gaben aus den eigenen Mitteln der Host noch 3, 344.851 Rbl. 263 Kop. Es ist hierbei allerdings zu berücksichtigen, daß auf der Post die un⸗ geheure Last ruht, die ganze Korrespondenz und alle Frachtstücke der Staatsbehörden unentgeltlich befördern zu müssen, deren Porto nach Inem Verichte des Ober-DSirigirenden vom Jahre 1862 allein mit 73,516 Rbl. zu veranschlagen ist, und daß von der zu Bestreitung der Fahrkosten bestimmten Summe nur 3 zur Fortschaffung der Post⸗ tquihagen perwendet werden, während die anderen n , , der Reisenden dienen. Außerdem kommen die ungeheuren gan, die ungünstigen klimatischen Verhältnisse in den Theilen des Landes, in denen die Post gerade die größte Thätigkeit zu entfalten hat, und die mangelnden Straßen dazu, um zu begreifen, da unsere Post mit ganz anderen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, als die des Aus-

landes und daß eine direkte Vergleichung beider eine große Ungerech ·